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Jeder Schuss ein Treffer! Während eines Spiels des FC St. Pauli fällt ein Zuschauer tot um. Herzinfarkt? Hirnblutung? Hat unsachgemäßer Gebrauch von Pyrotechnik etwa das erste (längst überfällige) Todesopfer gefordert? Unglaublich, aber nein! Denn der Fan wurde durch eine Kugel niedergestreckt. 1:0 für den Mörder. Und abgepfiffen wird noch lange nicht … »Du wirst dich morgen Nachmittag mit mir treffen müssen.« »Ha, morgen schon gar nicht, da spielt Pauli.« »Noch immer Fan.« »Und immer noch dieselben Plätze.« Einen Augenblick herrschte Stille. »Ich komme mit«, sagte Torben. Julia blies die Luft ins Telefon. »Gibt schon lange keine Karten mehr.« »Ich komme trotzdem rein.« »Versuch es doch. Tschüs.« »Warte …« »Was willst du?« »Weißt du, wie dein Blut geschmeckt hat?« Sie legte auf. Sie wusste, dass ihr Blut nach Kräuterlikör schmeckte. Liebschaften hatte Julia schon einige, Exklusivrecht auf ihr Herz aber hat eine Horde Totenköpfe in Strümpfen: der FC St. Pauli. Allein ein Stadionbesuch am Millerntor vermag Julia aus dem Haus zu locken, ist sie doch seit ihrem dreißigsten Geburtstag auf dem Anti-Aging-Trip und meidet die Sonne wie der Teufel das Weihwasser. Zum Glück ist auch ihr Freund Krallo mit Leib und Seele ‘Zecke’, ansonsten würde es diese Beziehung wohl kaum über die erste Halbzeit schaffen. Blöd nur, dass beim nächsten Spiel ein Fan in der Reihe vor ihnen erschossen wird. Richtig blöd, dass Krallo den Toten kennt. Tags zuvor hatte jener nämlich - freilich noch in vitalerem Zustand - Krallos Versicherungsbüro überfallen. Und nun haben die Bullen Krallo auf dem Kicker, äh, Kieker. Als dann auch noch Julia spurlos verschwindet, sieht sich Krallo endgültig gezwungen, die Augenklappe zu lüften, den noch unbekannten Feind ins Visier zu nehmen und Flagge zu zeigen. Die mit dem Totenkopf. Welche sonst. Pauli, Tod und Teufel ist der siebzehnte Band unserer Kurzkrimi-Reihe hey! shorties – you’ll never walk alone!
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Seitenzahl: 77
Copyright der eBook-Ausgabe © 2013 bei Hey Publishing GmbH, München
Originalausgabe © 2002 by Hamburger Abendblatt in der Reihe Schwarze Hefte erschienen, herausgegeben von Volker Albers
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: FinePic®, München
Autorenfoto: © privat
ISBN: 978-3-942822-94-7
Pauli, Tod und Teufel ist der siebzehnte Band der Krimireihe hey! shorties. Jede Folge ist in sich abgeschlossen. Eine Auflistung der bereits erschienenen Titel befindet sich am Ende dieses eBooks.
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Pauli, Tod und Teufel
Jeder Schuss ein Treffer! Während eines Spiel des FC St. Pauli fällt ein Zuschauer tot um. Herzinfarkt? Hirnblutung? Hat unsachgemäßer Gebrauch von Pyrotechnik etwa das erste (längst überfällige) Todesopfer gefordert? Unglaublich, aber nein! Denn der Fan wurde durch eine Kugel niedergestreckt. 1:0 für den Mörder. Und abgepfiffen wird noch lange nicht …
»Du wirst dich morgen Nachmittag mit mir treffen müssen.«
»Ha, morgen schon gar nicht, da spielt Pauli.«
»Noch immer Fan.«
»Und immer noch dieselben Plätze.«
Einen Augenblick herrschte Stille.
»Ich komme mit«, sagte Torben.
Julia blies die Luft ins Telefon. »Gibt schon lange keine Karten mehr.«
»Ich komme trotzdem rein.«
»Versuch es doch. Tschüs.«
»Warte …«
»Was willst du?«
»Weißt du, wie dein Blut geschmeckt hat?«
Sie legte auf. Sie wusste, dass ihr Blut nach Kräuterlikör schmeckte.
Liebschaften hatte Julia schon einige, Exklusivrecht auf ihr Herz aber hat eine Horde Totenköpfe in Strümpfen: der FC St. Pauli. Allein ein Stadionbesuch am Millerntor vermag Julia aus dem Haus zu locken, ist sie doch seit ihrem dreißigsten Geburtstag auf dem Anti-Aging-Trip und meidet die Sonne wie der Teufel das Weihwasser. Zum Glück ist auch ihr Freund Krallo mit Leib und Seele ‘Zecke’, ansonsten würde es diese Beziehung wohl kaum über die erste Halbzeit schaffen.
Blöd nur, dass beim nächsten Spiel ein Fan in der Reihe vor ihnen erschossen wird. Richtig blöd, dass Krallo den Toten kennt. Tags zuvor hatte jener nämlich - freilich noch in vitalerem Zustand -- Krallos Versicherungsbüro überfallen. Und nun haben die Bullen Krallo auf dem Kicker, äh, Kieker. Als dann auch noch Julia spurlos verschwindet, sieht sich Krallo endgültig gezwungen, die Augenklappe zu lüften, den noch unbekannten Feind ins Visier zu nehmen und Flagge zu zeigen. Die mit dem Totenkopf. Welche sonst.
Kein Lichtstrahl drang in Julias Zimmer. Seit ihrem dreißigsten Geburtstag vor vier Wochen versuchte sie, ihr Leben in abgedunkelten Räumen zu verbringen. Mit einer Ausnahme: das von Tages- und oft Sonnenlicht überschwemmte Stadion bei den Heimspielen des FC St. Pauli. Julia war überzeugt, mit Dunkelheit und Kunstlicht den Alterungsprozess aufhalten zu können. Sie lauschte, hob den Kopf aus den Kissen. Nie bemerkte sie, wenn Krallo das Bett verließ. Sie erwachte immer erst, wenn er seine Schuhe anzog, seine Absätze über den Flur zur Wohnungstür klackten. Jetzt konnte sie noch eine halbe Stunde in Dunkelheit baden. Wenn sie auf das Duschen verzichtete, noch länger. Duschen ist ab dreißig sowieso schädlich. Sie lauschte Krallos harten Schritten auf den Stufen im Treppenhaus.
Dann kam das Quietschen der Haustür. Sie drehte sich um und befreite sich mit den Füßen von der Bettdecke. Sie durfte nicht wieder einschlafen. Im Verlag nahm man es zwar nicht so genau mit ihrem Arbeitsbeginn, neuerdings aber schaute ab und zu ihre Chefin zur Tür herein. Alles nur, weil sie tagsüber mit heruntergelassenen Jalousien bei Lampenlicht am Schreibtisch saß.
Das Telefon im Flur klingelte. Sie kroch auf allen vieren bis zur Zimmertür, dann zog sie sich an der Klinke hoch. Ein Sonnenstrahl aus der offenen Küche wie eine Messerklinge. Auf der anderen Seite das Telefon. Sie fluchte, dann sprang sie über den Todesstreifen.
»Du kannst dich nicht dagegen wehren«, sagte der Anrufer, bevor sie sich meldete. »Du weißt, dass es nur uns beide gibt. Wir können nicht leben ohne den anderen. Wir sind zwei Dinge des gleichen Teils.«
»Torben, bist du das? Spinnst du! Weißt du, wie spät es ist?« Gestern Abend war Torben plötzlich wieder aufgetaucht. Sie hatte mit Pauli-Fans an der Bar vom Zoé über das bevorstehende Spiel diskutiert. Plötzlich stand er neben ihr, hatte sie geküsst, bevor sie ihn abwehren konnte. Er wohnte wieder in Hamburg. Vor sechs Jahren war sie kurz mit ihm befreundet gewesen. Aber sie war seitdem gewachsen. Mindestens drei bis vier Zentimeter. Torben nicht.
»Wehr dich nicht, Julia. Es gibt keinen anderen Weg als zu mir zurück.«
Der Fußweg vom Pferdemarkt bis zur Seilerstraße war Zitrone auf Krallos Haut. Er hörte seinen Schritten zu und dachte nicht an das bevorstehende Gespräch mit Hase, einer Kiezgröße. Die kleinen Eisen nagelte er sich seit den Tagen der Hausbesetzungen unter seine Absätze. Sie gaben Halt. Krallo betrat das auf dem Weg liegende Sonnenstudio. Diese zehn Minuten mussten sein. Christoph, sein Partner, kam sowieso immer erst später. Er schlief bis mittags. Das war schon damals so, als sie noch zu den Hausbesetzern gehörten. Vor Jahren hatten sie gemeinsam ihre Versicherungs- und Finanzberatung gegründet. Christoph schleppte die Kunden an. Typen vom Kiez. Es war besser, man wusste nicht so genau, wie sie ihr Geld verdienten. Krallo hatte sein Jurastudium eingebracht. Es lief gut. Nur nicht für einige Kunden. Dafür konnten sie nichts. Der Aktienmarkt war schuld.
Krallo öffnete die beiden Sicherheitsschlösser des Büros, ein ehemaliger Lebensmittelladen. Jetzt hatte er dreißig Sekunden Zeit, die Alarmanlage zu deaktivieren. Einige Briefe waren unter der Tür durchgeschoben worden. Er bückte sich. Als er wieder hochkam, spürte er einen Druck im Rücken.
»Keine falsche Bewegung!«
Krallo hob die Arme halb, ließ sich in den Raum schieben. In zwanzig Sekunden würde die Sirene aufheulen.
»Los, weiter!« Der Mann hinter ihm stieß ihn vorwärts.
»Mach den Safe auf!«
Noch fünfzehn Sekunden bis zum Alarm. Krallo ging zu dem Büroschrank, in dessen unterem Teil sich ein kleiner Geldschrank befand.
Noch zehn Sekunden.
Krallo bückte sich, öffnete die Safetür, drehte sich um. Der Mann trug eine weiße Pudelmütze, stand vor der in der Wand eingelassenen Tastatur der Alarmanlage und tippte die richtige Zahlenkombination. Die schwarze Pistole war auf Krallo gerichtet. Der Lauf zitterte.
Der Telefonhörer roch nach Fleischbrühe.
»Weißt du noch, als ich dein Blut getrunken habe?« , fragte Torben. Er schmatzte.
»Hör auf mit dem Scheiß.« Sie erinnerte sich, wie er damals vor ihr gekniet und die Blutstropfen von der Wunde geleckt hatte. Sie war gestürzt, hatte sich die Hand aufgeschürft.
»Wir müssen uns noch einmal treffen.«
»Nein.«
»Einmal noch.«
»Nein.«
»Uns verbindet etwas, das stärker ist als die Zeit.«
»Quatsch. Hör auf. Es ist vorbei.«
»Wenn es zu Ende sein soll, dann muss ich noch einmal über alles sprechen.«
»Plötzlich bist du weg gewesen. Wo warst du all die Jahre überhaupt? Und was willst du? Du spinnst.«
»Du wirst dich morgen Nachmittag mit mir treffen müssen.«
»Ha, morgen schon gar nicht, da spielt Pauli.«
»Noch immer Fan.«
»Und immer noch dieselben Plätze.«
Einen Augenblick herrschte Stille.
»Ich komme mit«, sagte Torben.
Julia blies die Luft ins Telefon. »Gibt schon lange keine Karten mehr.«
»Ich komme trotzdem rein.«
»Versuch es doch. Tschüs.«
»Warte …«
»Was willst du?«
»Weißt du, wie dein Blut geschmeckt hat?«
Sie legte auf. Sie wusste, dass ihr Blut nach Kräuterlikör schmeckte.
Krallo kannte den etwa dreißigjährigen Mann mit der Pistole. Dünn, mit Kratzwunden im Gesicht. Er wohnte irgendwo gegenüber. Zu den St.-Pauli-Spielen kam er an der Hand seiner Mutter. Er wurde Fats genannt. Und wer von ihm sprach, wedelte mit der Hand vor dem Gesicht. Manchmal bettelte er in den Kneipen, ging von Tisch zu Tisch und führte ein Autorennen mit dem Mund auf. Er imitierte die Geräusche der sich jagenden Wagen. Dazwischen kommentierte er Ereignisse einer letzten Runde mit einem Sieg von Schumacher. Manchmal saß er unter einem Kneipentisch, sang Schlager, bis seine Mutter ihn nach Hause holte. Woher kannte er die Zahlenkombination?
»Was soll der Mist? Außerdem ist hier kein Geld.« Krallo deutete auf den leeren Safe.
Der eingebaute Geldschrank war beim Kauf der gebrauchten Büroausstattung dabei gewesen. Sie hatten beschlossen, ihn nicht zu benutzen. Seine Tür stand immer offen.
»Ich brauche eine Million«, sagte Fats. »Wenn dir dein Leben lieb ist, dann füll meinen Koffer mit kleinen gebrauchten Scheinen.« Er schwenkte die Pistole.
»Welcher Koffer?« Krallo ging auf ihn zu, um ihm die Wasserpistole wegzunehmen.
Fats sah an sich herunter. »Der Koffer? Oh, den habe ich jetzt vergessen. So ein Mist.« Er blickte Krallo an. »Das nächste Mal bringe ich ihn mit.«
Fats' Mutter kam zur Tür herein. Sie schlug ihm die weiße Pudelmütze vom Kopf. »Was machst du da?« Sie zog den Arm ihres Sohnes lang. »Komm schon!« Die Pistole fiel ihm aus der Hand. Er ließ sich lächelnd alles gefallen und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Was hat er getan?«, fragte sie. »Macht er Schwierigkeiten?«
Ihr Sohn versuchte sie weiter auf die Stirn zu küssen.
»Nein, nein.« Krallo hob die Pistole auf. »Seltsam ist nur, er kannte unseren Alarmcode.«
»Oh, das kann ich erklären. Wir wohnen da drüben im ersten Stock, und er hat ein Teleskop zu Weihnachten bekommen. Nur für die Sterne. Eigentlich.« Sie wendete sich zu ihrem Sohn. »Los, entschuldige dich.«