Verdächtige Geräusche - Gunter Gerlach - E-Book

Verdächtige Geräusche E-Book

Gunter Gerlach

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Beschreibung

Wenn es eine Allergie gegen Lärm gäbe, Kollege Bartzsch hätte sie! Der Hamburger Detektiv a. D. kennt seine Nachbarn mindestens so gut wie die Milben in seiner Matratze. Ähnlich verdrießlich gestaltet sich das Leben mit ihnen. Vor allem dann, wenn ein Verbrechen den Mikrokosmos Mietshaus erschüttert. »›Das Schlimmste ist, dieser Kerl hat die Suppe regelmäßig mit uns gegessen. Verstehen Sie das? Ich nicht. Und diese perverse Sau ist unser Sohn. Das muss man sich mal vorstellen. Und jetzt sagen Sie mal was!‹ Nein, da muss Herr Bartzsch passen. Entführt hin oder her – in die mit Mutterliebe zubereitete Gemüsebrühe zu pinkeln, steht keinem Sohn gut.« Auch nicht Andreas Neumann, der mal eben von Nachbar Karzek (3. Stock, Rentner und Hundebesitzer) gekidnappt wird. Die Neumanns (Erdgeschoss, ehemalige Kioskinhaber mit horrendem Verkaufserlös) aber weigern sich, das Lösegeld zu bezahlen. Immerhin ergäbe sich so eine Möglichkeit, den renitenten Stubenhocker (1 Zimmer, Faultier mit Messie-Syndrom) endlich aus dem Nest zu schubsen. Interessanter Fall, denkt sich Bartzsch, und beginnt, seine niesreizgebeutelte Spürnase in sämtliche Türspalten zu stecken. Schnell wird klar, dass sich hinter der Sache mehr verbirgt als eine gewöhnliche Entführung. Und die Zeit drängt. Denn Karzeks Gesundheit ist nicht die beste ... »Verdächtige Geräusche« ist der elfte Band der Kurzkrimi-Reihe hey! shorties – garantiert abhörsicher!

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Seitenzahl: 73

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Gunter Gerlach

Verdächtige Geräusche

Copyright der eBook-Ausgabe © 2013 bei Hey Publishing GmbH, München

Originalausgabe © 1998 by Hamburger Abendblatt in der Reihe Schwarze Hefte erschienen, herausgegeben von Volker Albers

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: FinePic®, München

Autorenfoto: © Björn Luelf

ISBN: 978-3-942822-30-5

Verdächtige Geräusche ist der elfte Band der Krimireihe hey! shorties. Jede Folge ist in sich abgeschlossen. Eine Auflistung der bereits erschienenen Titel befindet sich am Ende dieses eBooks.

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Verdächtige Geräusche

Wenn es eine Allergie gegen Lärm gäbe, Kollege Bartzsch hätte sie! Der Hamburger Detektiv a. D. kennt seine Nachbarn mindestens so gut wie die Milben in seiner Matratze. Ähnlich verdrießlich gestaltet sich das Leben mit ihnen. Vor allem dann, wenn ein Verbrechen den Mikrokosmos Mietshaus erschüttert.

»›Das Schlimmste ist, dieser Kerl hat die Suppe regelmäßig mit uns gegessen. Verstehen Sie das? Ich nicht. Und diese perverse Sau ist unser Sohn. Das muss man sich mal vorstellen. Und jetzt sagen Sie mal was!‹

Nein, da muss Herr Bartzsch passen. Entführt hin oder her – in die mit Mutterliebe zubereitete Gemüsebrühe zu pinkeln, steht keinem Sohn gut.«

Auch nicht Andreas Neumann, der mal eben von Nachbar Karzek (3. Stock, Rentner und Hundebesitzer) gekidnappt wird. Die Neumanns (Erdgeschoss, ehemalige Kioskinhaber mit horrendem Verkaufserlös) aber weigern sich, das Lösegeld zu bezahlen. Immerhin ergäbe sich so eine Möglichkeit, den renitenten Stubenhocker (1 Zimmer, Faultier mit Messie-Syndrom) endlich aus dem Nest zu schubsen.

Interessanter Fall, denkt sich Bartzsch, und beginnt, seine niesreizgebeutelte Spürnase in sämtliche Türspalten zu stecken. Schnell wird klar, dass sich hinter der Sache mehr verbirgt als eine gewöhnliche Entführung. Und die Zeit drängt. Denn Karzeks Gesundheit ist nicht die beste ...

1. Nette Nachbarn

Irgendetwas ist anders als sonst. Ein wenig später als üblich zieht der arbeitslose Dreher in der Wohnung über mir die Toilettenspülung. Das Rauschen übertönt für einen Augenblick alle anderen Geräusche im Haus. Ich weiß schon, was als nächstes kommt: Er hinkt ins Wohnzimmer (ein Gabelstapler ist ihm über den Fuß gefahren, die Umschulung zum Bürogehilfen blieb erfolglos). Dann macht er den Fernseher an – am Anfang immer zu laut. Seltsam, es verzögert sich. Er hinkt zurück ins Schlafzimmer. Auf den ist kein Verlass. Der will sich doch nicht etwa wieder hinlegen? Meine Nachbarin Gönül dagegen (Türkin, schon zwanzig Jahre in Deutschland – ihr Mann Erdal arbeitet bei der Post, die Tochter geht noch zur Schule, der Sohn studiert) ist wie üblich beim Abwasch des Frühstücksgeschirrs. Wenn ich will, kann ich zählen, wie viel Messer und Gabeln sie in die Spüle wirft. In fünfzehn Minuten wird sie das Haus verlassen. Sie putzt nebenher bei einer Anwaltsfamilie. Von unten kommt der erwartete trockene Hustenanfall. Frau Weser ist zweiundachtzig, verwitwet, hat Asthma wie ich, und sie raucht bestimmt wieder mal verbotenerweise eine Zigarette. Ich rieche es durch die Ritzen des Fußbodens. Ich höre ihre Schritte auf dem Flur. Ich weiß genau, was sie jetzt tut: Sie leert den Ascher ins Klo. Spurenbeseitigung. Gleich wird sie spülen.

Plötzlich ist für einen Moment vollkommene Ruhe im ganzen Haus – als hätten sich die anderen sechs Mietparteien verabredet, die Ohren gegen die Türpfosten zu drücken, um zu hören, was ich gerade mache. Ich bleibe ganz still in meinem Bett liegen. Regungslos, mit angelegten Armen, halte ich den Atem an, bis mir die Luft ausgeht, meine Nachbarin das Besteck in eine Schublade fallen lässt und die alte Witwe endlich ihre Kippen runterspült. Dann drehe ich mich vorsichtig, damit es nicht knarrt, in meinem Bett zur Seite und schaue auf die Uhr. Es ist kurz nach halb acht morgens, und in zwei, drei Minuten müsste der Rentner Karzek aus dem Erdgeschoss seine Bierflaschen aus der Wohnung in den Keller tragen. Er trinkt jeden Abend vier Bier und ist in seinen Gewohnheiten der Verlässlichste und Pünktlichste von uns allen. Während ich den vertrauten Geräuschen nachlausche, die mir das in den Fünfzigerjahren mit wenig Komfort erbaute Mietshaus seit acht Wochen jeden Morgen bietet, geschieht das Unerwartete. Es perlt durch die Decke, läuft an der Wand entlang bis zu meinem Bettpfosten, lässt ihn fast vibrieren. Jemand lacht! Eine Frau. Ein junges Lachen, laut, ohne Scheu und herzlich. Erschrocken richte ich mich in meinem Bett auf. Das darf nicht sein. So hat hier noch niemand gelacht. Wer ist das? Woher kommt das? Ich presse mein Ohr gegen die Wand. Kein Zweifel, es kommt von oben. Der hat eine Frau bei sich. Das gibt's doch gar nicht. Das war noch nie da. Deshalb ist der wieder ins Schlafzimmer. Er hat eine Frau. Der! Unmöglich. Woher hat er die? Wie zur Bestätigung setzt das Lachen noch einmal ein. Was machen die da? Liegen die im Bett? Das Lachen versickert. Hat er sie umgebracht, mit einem Kissen erstickt?

Wieder herrscht für einen Moment absolute Ruhe. Plötzlich ein kurzes Röcheln. Würgt er sie? Doch was ist das? Stoßweiser Atem! Die treiben es doch nicht etwa um diese Zeit vor aller Ohren?

Das halte ich nicht aus. Ich richte mich auf, setze mich auf die Bettkante und warte, bis ich sicher bin, dass mir beim Aufstehen nicht schwarz vor Augen wird. In dieser Position hört man gar nichts mehr aus dem Haus. Wenn ich liege, wirkt mein Bett dagegen wie eine Art Verstärker. Wie ein Lautsprecher. Vielleicht liegt es daran, dass mein Bett von einem Zelt umhüllt ist. Mit dieser Konstruktion versuche ich die Staubmilben abzuwehren und die Effizienz meines elektrischen Luftfilters zu erhöhen. Ich bin Allergiker und Asthmatiker.

Ich erhebe mich, öffne den Reißverschluss des Zeltes - ein Geräusch, das meine Nachbarn kennen müssten - und gehe in den Flur. Dort lege ich mein Ohr an einen Türpfosten. Das rhythmische Atmen wird deutlicher. Die treiben es doch nicht etwa bei geöffneter Wohnungstür oder im Treppenhaus! Es scheint direkt von meiner Eingangstür zu kommen. Das machen die, um mich zu ärgern, weil Sylvia, seit wir hier eingezogen sind, nicht mehr so oft mit mir schlafen will. Dann beruhigt sich meine vom Lauschen überreizte Phantasie. So hechelt und schnüffelt nur ein Hund. Ich reiße die Wohnungstür auf und weiche zurück. Petermann, der Schäferhund des Rentners Karzek, sieht mich ausdruckslos an und setzt sich erwartungsvoll auf meine Fußmatte. Hundehaare sind neben vierzehn anderen Allergenen das Allerletzte, was ich gebrauchen kann, wenn ich, ohne zu niesen, zu husten oder die Krätze zu kriegen, über den Tag kommen will.

»Petermann, brav!«, befiehlt Karzek. Er ist noch eine Treppe tiefer.

Petermann versteht nicht, weil er ein Hund mit wirklich sehr geringem Verstand und außerdem nie etwas anderes als brav gewesen ist. Karzek ist inzwischen bei mir im zweiten Stock angelangt, beugt sich herab, tätschelt seinen Hund und fragt, ob er mich mal was fragen dürfe. Aus seiner vorsichtigen Formulierung entnehme ich, dass er reinkommen möchte.

»Der Hund!«, sage ich und versuche, mit beiden Händen eine Art Atemschutzmaske vor meinem Gesicht zu bilden.

»Petermann, sitz!«, befiehlt Karzek dem sitzenden Hund und: »Schön warten!«

Ich führe den Rentner in meine Küche. Früher hätte ich Hunde- oder Katzenbesitzer nicht so nahe an mich herangelassen. Für einen hyperallergischen Menschen wie mich stellen selbst Besitzer von Haustieren eine große Gefahr dar. Aber seit mich Sylvia therapiert, geht es mir besser. Ich bin nicht mehr so anfällig. Der Arzt, bei dem Sylvia arbeitet, meint, es könne auch am Alter liegen. Ich ginge ja stark auf die Fünfzig zu, und da ließe die Sensibilität nach. Bei Heuschnupfen zum Beispiel sei das erwiesen.

Der Rentner räuspert sich und kratzt sich ausgiebig am Hals, als sei er der Allergiker und nicht ich.

»Ich hab da eine Frage«, sagt er, kratzt sich am Kopf (Vorsicht, das ist eine Perücke!) und zieht die Schultern hoch. »Ist Ihre Frau noch da?«

»Ist das Ihre Frage?« Ich will es kurz machen und biete ihm nichts an. Schließlich stehe ich noch im Nachthemd herum.

»Nein, nein«, lacht er. »Ich wollte nur wissen, ob noch jemand in der Wohnung ist.«

»Warum? Wollen Sie mich umbringen?« Ich habe keine Geduld mit ihm.

Er lacht. »Sie ist weg, nicht wahr? Schon zur Arbeit.

Was?«

»Das wissen Sie doch.«

»Ich frag ja nicht wegen mir, sondern wegen Neumanns.«

Das sind seine Nachbarn im Erdgeschoss. Ein nettes, sehr ruhiges Ehepaar (›nett‹ definiert man hier auf dem Dulsberg: unauffällig, kaum regelmäßige Geräusche, dafür regelmäßiges Fensterputzen und zum Wochenende ein sauberes Auto vor der Tür), die Frau hat früher den Zeitungskiosk am U-Bahnhof betrieben. Vor einem Jahr haben sie den Laden verkauft und sich zur Ruhe gesetzt. Bei ihnen wohnt ihr Sohn Andreas. Schon neunundzwanzig und noch immer zu Hause. Ich habe nicht feststellen können, dass er irgendeiner regelmäßigen Arbeit nachgeht.

Ich mache einen Schritt zur Tür.