Percy Stuart - Die Abenteuer eines Multimillionärs No.04 - Martin Winfried - E-Book

Percy Stuart - Die Abenteuer eines Multimillionärs No.04 E-Book

Martin Winfried

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Beschreibung

Percy Stuart, ein millionenschwerer Gentleman aus Amerika, möchte in den angesehenen Excentric Club aufgenommen werden. Dafür muss er ungewöhnliche Aufgaben lösen.Mit Humor und innovativem Improvisationstalent geht er stilvoll und zielstrebig ans Werk.Dieses Buch enthält die folgenden Aufgaben:13. Aufgabe: Der Untergang des M 114. Aufgabe: Als Schmuggler über die Pyrenäen15. Aufgabe: Marinelli16. Aufgabe: Auf den Gletschern des Montblanc

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Martin Winfried u. a.PERCY STUART 4

In dieser Reihe bisher erschienen:

1001 Edgar Rice Burroughs Caprona - das vergessene Land

1002 Ernst Konstantin Sten Nord - der Abenteurer im Weltraum

1003 Unbekannter Autor Jack Franklin, der Weltdetektiv

1004 Robert E. Howard Die Geier von Wahpeton

1005 Robert E. Howard Abrechnung in den Los Diablos

1006 Robert E. Howard Steve Costigan – Seemann und Boxer

1007 Murray Leinster Der tollwütige Planet

1008 Robert E. Howard Grabratten

1009 Martin Winfried u. a. Percy Stuart

1010 Egon Schott Zurück vom Amazonas

1011 Gerd Frank (Übersetzer) Das Spukschloss

1012 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 2

1013 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 3

1014 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 4

1015 Egon Schott Die Expedition

Martin Winfried u. a.

PERCY STUART 4

Die Abenteuer einesMultimillionärs

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Bezeichnungen wie Neger, Zigeuner, Irre usw. Bestandteil der allgemeinen Umgangssprache – heute gelten diese Begriffe als diskriminierend. Trotzdem wurde in der vorliegenden Erzählung hierzu keine Überarbeitung vorgenommen, um den Zeitgeist der 1920er Jahre zu erhalten.

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2023 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckErstmals erschienen 1921 im Mignon-Verlag, DresdenHerausgeber 1921: Otto EickeRedaktion: Gerd Lange

Scan- und Textbearbeitung: Peter Emmerich Titelbild: Mignon-Verlag, DresdenLogo und Umschlaggestaltung: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-785-6

Einleitung

Percy Stuart, jung, sehr reich, unabhängig, liebens­würdig, ein Meister aller sportlichen Künste, hat es sich in den Kopf gesetzt, Mitglied des berühmten Excentric Clubs zu werden.

In diesen Klub werden nur Männer der vornehmsten Gesellschaft aufgenommen, die durch die tollsten Streiche, die man sich denken kann, den Beweis geliefert haben, dass sie keine Dutzendmenschen, sondern ungewöhnliche und merkwürdige Naturen sind. Aber Percy Stuart kann lange Zeit das heißersehnte Ziel nicht erreichen. Denn die Statuten des Klubs bestimmen ausdrücklich, dass niemals mehr als 197 Mitglieder aufgenommen werden können. Überdies hat Percy Stuart in dem ­Baronet Mac Hollister einen Todfeind, der unerbittlich mit allen Mitteln die Aufnahme des jungen Mannes hintertreibt. Aber Percy dringt mit Gewalt in den Sitzungssaal des Clubs ein und erreicht durch sein mehr als exzentrisches Auftreten, dass man um seinetwillen eine Ausnahme von den Statuten machen will. Es wird jedoch die Bedingung gestellt, dass er, Percy Stuart, ebenso viele, ihm durch die Klubleitung zu stellenden Aufgaben löst, als Mitglieder vorhanden sind, nämlich – 197.

Jede dieser Aufgaben bringt ihn in Lebensgefahr, jede dieser Aufgaben stellt an Percys Kraft, körperliche und geistige Gewandtheit, an seine Energie und seinen Ehrgeiz die größten Ansprüche. Es sind Aufgaben, die irgendein Alltagsmensch gewiss nicht versuchen würde zu lösen. Percy Stuart unterschreibt jedoch sofort freudig die Bedingung und erhält durch den Präsidenten des Excentric Clubs, Mr. William Spencer, einen versiegelten Brief, der die erste Aufgabe enthält. Diese Aufgabe löst Percy Stuart. Er besiegt drei Weltmeister, die bis dahin unüberwindlich galten, in drei Tagen. Kaum ist die erste Prüfung bestanden, so wird ihm ein zweiter Brief mit der zweiten Aufgabe zugestellt. Auch diese löst Percy Stuart. Nun folgt eine unlösbar erscheinende Aufgabe der anderen.

Die dreizehnte Aufgabe lautet:

In den letzten Wochen sind in den ausländischen Zeitungen Artikel erschienen, die mit verblüffender Sach­kenntnis die bisher geheime Konstruktion der neuen Unterseeboote schildern. Es ist Verrat im Spiel, ein ausländischer Spion muss sich auf einem unserer Unterseeboote befinden. Percy Stuart wird aufgefordert, binnen sieben Tagen diesen gefährlichen Spion zu entlarven.

Der Excentric Club.

Der Untergang des M 1 

von Herbert Wulfner

1. Ein ungeschickter Diener

Wenige Stunden nach Empfang des Briefes, in dem der Excentric Club Percy Stuart seine dreizehnte Aufgabe gestellt hatte, reiste der nimmermüde junge Sportsmann wieder nach New York ab. Sein Ziel war diesmal der Kriegshafen, wo er seine Nachforschungen nach dem geheimnisvollen Spion eröffnen wollte.

Percy Stuart war nicht der Mann, der die Stunden einer Reise untätig verstreichen ließ, die Zeit der Überfahrt vertrieb er sich mit der Lektüre einer ganzen Reihe von ausländischen Zeitungen, die er mit großem Eifer studierte. Als sich der Dampfer dem Ziele näherte, legte er die Zeitungen mit einem zufriedenen Lächeln in einen kleinen Koffer zurück.

Es war kein Zweifel mehr möglich, der Mensch, der den ausländischen Blättern und somit überhaupt der Öffentlichkeit die Zeichnungen und Beschreibungen der neuen Unterseeboote lieferte, musste sich an Bord des M 1 befinden. Denn gerade dieser Typ war genau geschildert worden, und hier schien der Verräter jede einzelne Maschine genau zu kennen, als hätte er täglich mit ihr zu tun.

Über den M 1 wusste Percy Stuart zufällig selbst einiges zu erzählen, denn er verkehrte viel mit Seeoffizieren. Und die hatten ihm berichtet, dass ein Ingenieur namens Merkins vor einigen Jahren schon damit begonnen hatte, ein Unterseeboot zu erbauen, das als Taucher Hervor­ragendes leisten sollte.

Die Regierung hatte den Mann unterstützt. Aber er war noch vor Vollendung seines Werkes gestorben, und Marine­offiziere und Ingenieure hatten seine Arbeit fortgesetzt.

So war der M 1 entstanden, vorläufig das einzige Boot dieses Typs, über das die Regierung verfügte. Aber schon erzählte man sich von dem Unterseeboot die seltsamsten Dinge. Es sollte alle anderen seiner Art bei weitem übertreffen, und die Versuche, die in der Nähe der Küste stattgefunden hatten, sollten überraschende Ergebnisse gezeitigt haben.

Dass sich ein Verräter gefunden hatte, der gerade diesen Erfolg der Schiffsbaukunst durch Preisgabe der Pläne und Beschreibungen der Maschinen so gut wie zunichte gemacht hatte, rief natürlich in Fachkreisen die größte Erregung hervor. Aber trotz eifrigsten Forschens war man bisher noch nicht auf die Spur des Spions gekommen.

Vom Hafen aus fuhr Percy Stuart sofort in das erste Hotel von New York. Hier blieb er aber nicht lange, denn er verfolgte mit seiner Reise ja einen ganz bestimmten Zweck.

Ein Wagen brachte ihn bald darauf in eine der Vorstädte, einem entzückenden Villenort, der dicht am Meere lag, wo nebeneinander dicht gedrängt kleine ­Einfamilienhäuser mit Vorgärtchen lagen. Sie wurden größtenteils von Seeleuten, Marinebeamten oder Offizieren bewohnt.

Vor einem dieser Gärten hielt der Wagen. Percy Stuart stieg aus und drückte auf den Knopf einer elektrischen Glocke, der sich neben der Gittertüre des Gartens befand. Nicht lange dauerte es, und ein kleiner, untersetzter Mann mit einer blauen Schürze kam herbei und fragte, die Tür öffnend, nach dem Begehr des Besuchers.

„Ist Mrs. Nelly Shagan zu sprechen?“

„Gewiss, die Lady ist zu Hause, aber Mister Shagan ist nicht zu sprechen. Er ist vor einer Stunde etwa nach dem Admiralitätsgebäude gefahren.“

„Ich habe nur nach Mrs. Shagan gefragt“, sagte Percy Stuart, neben dem Diener einherschreitend. „Melden Sie mich bitte der Dame!“

Während Percy Stuart noch in die Tasche griff, um seine Karte hervorzuziehen, wurde er dieser Mühe schon überhoben. Von der Veranda des Hauses, dem er sich näherte, erklang plötzlich eine helle Frauenstimme: „Sehe ich recht? Percy Stuart besucht eine alte Jugendfreundin! Nein, welch eine Überraschung!“

Eine schlanke Frau, in ein helles Morgenkleid gehüllt, kam über die Treppe der Veranda dem jungen Manne entgegen. Zwei feine weiße Hände streckten sich ihm zur Begrüßung entgegen.

„Nelly, Nelly Neers!“, rief Percy Stuart, indem er auf die Herzlichkeit der Begrüßung einging und die Hände der schönen, jungen, blonden Frau kräftig schüttelte. „Wie schön Sie geworden sind, kleine Nelly. Ich kann Ihnen dieses Kompliment nicht ersparen.“

„Alter Schmeichler!“, erwiderte die junge Frau. „Aber kommen Sie nur, Percy, mein Mann wird sich freuen, wenn er Sie endlich einmal kennenlernt. Ich habe ihm ja so viel von Ihnen erzählt. Sie waren ja mein erster, freilich unglücklicher Anbeter.“

Während beide herzlich lachten, schritten sie die Treppe empor, und bald darauf saß Percy Stuart vor der Dame des Hauses in einem bequemen Korbsessel, und die Erinnerung an eine schöne, bunte Jugendzeit stieg vor ihnen auf.

Nelly Neers hatte vor etwa vier Jahren an einem Varietétheater durch ihre Schönheit und ihre klangvolle Stimme Aufsehen erregt. Die Herrenwelt lag zu ihren Füßen, aber die kleine Nelly hatte es vorgezogen, einem jungen Marineoffizier, der ihr vielleicht ehrlichere Gefühle entgegenbrachte, als alle ihre anderen Anbeter, die Hand fürs Leben zu reichen. Sie war eine ehrbare, sehr schöne Frau geworden, und war Fred Shagan, ihrem Gatten, hierher gefolgt.

„Wissen Sie auch, Percy, dass Sie mir immer der sympathischste von allen meinen Bekannten waren?“, gestand Nelly lächelnd ein. „Ach, wie habe ich gelacht, als Sie mir einmal den famosen Streich spielten und bei meinem Debut in einer Operette das ganze Theater aufkauften und mich vor einem 1eeren Hause singen ließen. Schön war das nicht, aber ein guter Witz war es doch.“

Percy Stuart lachte bei der Erinnerung an diese Tollheit. „Und wie geht es Ihnen in Ihrer Ehe, liebe Nelly?“

„Prächtig, mein Freund. Ich glaube, dass es ein verliebteres Ehepaar auf der ganzen Welt nicht mehr gibt. Mein Fred ist aber auch ein prächtiger Mensch, der es noch weit bringen wird.“

„Wissen Sie auch, dass ich seinetwegen hierhergekommen bin?“

„Seinetwegen? Wie soll ich das verstehen? Sie haben ihn doch noch nie gesehen. Oder vielleicht doch?“

„Shagan ist mir so fremd wie etwa Ihr Diener, der mir vorhin das Gittertor öffnete. Aber ich bin gekommen, Nelly, damit Sie mich mit ihm bekannt machen. Ich will durch ihn in gewisse Kreise eingeführt werden, für die ich mich im Augenblick sehr interessiere. Ich spreche von der Marine.“

„Ach, das wird mein Fred gewiss gern tun. Er muss übrigens bald zurückkommen. Ich erwarte ihn schon mit Sehnsucht, denn ich will ihn auffordern, mich von diesem Menschen zu befreien, den er mir da gestern mitgebracht hat.“

„Von wem sprechen Sie?“

„Von dem Diener, den Sie ja auch soeben erwähnt haben, Percy. Dieser Bursche ruiniert mir ja noch mein ganzes Haus. Seit gestern ist er bei mir und hat inzwischen schon auf einen Teppich Suppe geschüttet, dass er nicht mehr brauchbar ist, zwei kostbare Vasen zerschlagen, mehrere Gläser fallen lassen, ein Paar gelbe Schuhe mit schwarzer Wichse geputzt und noch einige andere kleinere Verbrechen begangen, so dass ich fürchten muss, Fred und ich müssen uns von neuem einrichten, wenn er bleibt.“

Percy Stuart lachte auf.

„Also ein Unikum von einem Diener! Aber der Mann sieht doch ganz brauchbar aus. Ich verstehe nicht, dass er so ungeschickt ist.“

„Und dabei hat er die besten Zeugnisse“, jammerte Nelly in komischer Verzweiflung, denn ihr war das Lachen näher als die Trauer über den von dem ungeschickten Diener angerichteten Schaden.

Nicht lange dauerte es, und Leutnant Shagan erschien, der Gatte Nellys, ein breitschultriger, hübscher Mann in der Uniform der Marine. Es erwies sich als wahr, was Nelly vorhin Percy Stuart versichert hatte. Der Offizier hatte aus dem Munde seiner jungen Frau schon so viel von Percy Stuart erfahren, dass er die aufrichtigste Freude über den Besuch an den Tag legte.

„Sie bleiben heute Mittag als unser Gast bei uns“, sagte Shagan sofort. „Nein, da gibt es keine Ausflüchte. Sie dürfen uns nicht so ohne weiteres wieder verlassen.“

„Ein Glück nur, dass die Köchin nicht ihre Absicht ausgeführt hat, zu streiken“, sagte Nelly. „Sie weigert sich, noch länger mit deinem neuen Diener John zusammen zu arbeiten.“

Und nun erfuhr der staunende Hausherr von den Verwüstungen, die der Diener angerichtet hatte.

Einige Minuten später, als man bei Tische saß, sollte er sich übrigens selbst davon überzeugen können, dass der Mann unbrauchbar war. Kaum hatte John mit der Suppenschüssel das Speisezimmer betreten, als er auch schon über den Teppich stolperte und einen Teil der Suppe vergoss. Die Bratensauce schüttete er Percy Stuart teilweise über die Weste, den Pudding wollte er mit einer Hand festhalten, weil er ihn nicht balancieren konnte.

Alle diese Vorfälle wurden von dem Ehepaar zwar mit gutmütigem Humor ertragen, aber das Schicksal des guten John war schon jetzt bestimmt. Er konnte am Abend sein Bündel schnüren und das Haus wieder verlassen.

Dagegen war die Unterhaltung bei Tisch wieder sehr angeregt. Percy Stuart kam darauf zu sprechen, welcher Zweck ihn in das Haus Shagans geführt hatte.

„Den Wunsch kann ich Ihnen erfüllen“, antwortete der junge Marineoffizier sofort. „Ich werde Sie mit meinen Kameraden bekannt machen. Aber dürfte ich erfahren, was Sie damit beabsichtigen?“

„Natürlich will ich Ihnen das sagen. Ich habe die Absicht, den Spion zu entdecken, der die Pläne des M 1 an fremde Zeitungen und wahrscheinlich auch an fremde Regierungen verkauft hat.“ Es entging Percy Stuart nicht, dass eine düstere Wolke die Stirn des jungen Offiziers überflog. Shagan erblasste.

„Mein sehr verehrter Mister Percy Stuart“, begann er zögernd. „Ich fürchte, dass Sie da ebenso vergeblich hier weilen, wie all die Detektivs, die seit Wochen schon diese Stadt beobachten. Gerade ich sollte doch am ehesten Auskunft über die Person dieses nichtswürdigen ­Verräters geben können. Und auch ich kann nicht sagen, wer es ist, der uns so schwer schädigt.“

„Sie, Mister Shagan, wieso gerade Sie?“

„Weil ich Kommandant des M 1 bin“, entgegnete der junge Offizier, und dabei blickte er Percy Stuart fest an, als wollte er die Wirkung seiner Worte beobachten.

Percy Stuart war überrascht von dieser Eröffnung. Aber er hatte sich doch so sehr in der Gewalt, dass er sich nichts anmerken ließ. „Dann müssen Sie ja große Unannehmlichkeiten von den Vorfällen haben, Mister Shagan?“

„Allerdings, es geht jetzt sogar so weit, dass ich überzeugt bin, man lässt mich selbst schon beobachten. Erst heute Morgen wurde mir aus der Admiralität die Mitteilung gemacht, dass schon wieder neue Eröffnungen in einer ausländischen Zeitung erschienen sind, die alle darauf hinweisen, dass sich der Spion an Bord meines Fahrzeuges selbst befindet. Ich bin verzweifelt. Denn ich weiß nicht, was ich beginnen soll, um die Sache aufzuklären.“

„Wie wäre es, Mister Shagan, wenn Sie mich einmal mit auf Ihr Schiff nehmen würden?“

„Das wird angehen. Ich will die Verantwortung auf mich nehmen. Es würde mir sogar ganz angenehm sein, wenn ich in Ihnen einen Mann bei mir hätte, der die Augen offenhält und sich gut umsieht. Der Zufall ist günstig, wir haben morgen Geschwaderübungen auf der Reede.“

„Vortrefflich, wann muss ich mich hier einfinden, ­Mister Shagan?“

„Gegen acht Uhr früh. Kurz vor zehn Uhr laufen die Unterseeboote zur Übung aus. Wir gehen zusammen zur Station!“

Man erhob sich nach der Mahlzeit und nahm draußen auf der Veranda Platz, wo das Gespräch durch die lustigen Einfälle Nellys auf ein anderes, weniger ernstes Thema gelenkt wurde.

Percy Stuart fühlte das Verlangen, seiner Gewohnheit gemäß nach dem Essen eine Zigarre zu rauchen. Aber ein Griff nach seiner Tasche überzeugte ihn davon, dass er die Zigarrentasche in seinem Mantel hatte stecken lassen.

„Ich bitte für einen Augenblick um Entschuldigung. Ich bemerke soeben, dass ich meine Zigarren draußen im Mantel habe.“ Er erhob sich, bevor noch der Herr des Hauses ihn zurückhalten konnte.

Er durchschritt das Speisezimmer und trat in das Arbeitszimmer des jungen Marineoffiziers, durch das er nach dem Vorraum gelangen konnte. Als er hastig die Tür dieses Zimmers aufriss, blieb er überrascht an der Schwelle stehen. Vor dem Schreibtisch Shagans drüben am Fenster stand der ungeschickte Diener John. Er hatte sich beim Erscheinen Percy Stuarts von einer seltsamen Arbeit aufgerichtet.

Der Schub des Schreibtisches war offen. Einige Papiere lagen ausgebreitet auf dem Boden. Andere Papiere hielt der Überraschte in der Hand.

Percy Stuart erfasste sofort die Situation. Er lachte leise. „Verzeihung, wenn ich störe, mein Herr“, rief er gutgelaunt. „Ich irre wohl nicht, wenn ich vermute, dass ich einen Herrn der Geheimpolizei vor mir habe.“

Der vermeintliche Diener gewann ein wenig seine Fassung wieder.

„Hm, Sie haben das Richtige getroffen“, bekannte er ärgerlich. „Ein Zufall hat Sie meine Maske durchschauen lassen.“

„Wenn ich diese Maske nicht schon vorhin beim Essen durchschaut hätte, würde ich jetzt mit dem Bewusstsein durch die Welt laufen, ein Dummkopf zu sein. Wer nicht weiß, wie man serviert, mein Lieber, der soll nicht in der Verkleidung eines Dieners ein Haus betreten. Doch ich habe kein Recht, Ihnen Lehren zu geben.“

„Ich bin Kommissar Evans vom Polizeihauptquartier in New York!“, stellte sich der Detektiv vor. „Die Admiralität hat mich beauftragt, Mister Shagan zu beobachten!“

„Hat man denn Verdacht gegen ihn?“

„Gewiss! Der Verdacht beginnt sich sogar zu verdichten. Nur schade, dass ich zu früh von hier fort muss. Ich habe in dem Schreibtisch da so gut wie nichts gefunden.“

Percy Stuart dachte daran, dass sein langes Ausbleiben auffallen würde. Daher reichte er Evans freundlich lächelnd die Hand. „Ich wünsche Ihnen viel Glück, ­Mister Evans. Wenn Sie den Rat eines Mannes annehmen wollen, der sich einbildet, ein Menschenkenner zu sein, dann lassen Sie Shagan laufen. Er ist so unschuldig an der Geschichte, wie Sie und ich!“

Der Kommissar zuckte die Achseln. „Das werden wir sehen!“

Percy Stuart kehrte einige Minuten später zu Shagan und Nelly zurück. Er hatte sich ebenfalls vorgenommen, den jungen Offizier zu beobachten, um herauszufinden, ob dieser Mann nicht etwa doch mitschuldig an dem Verrat der Pläne des M 1 sei.

Aber während des Gesprächs, das jetzt in unbefangenem, heiterem Tone geführt wurde, kam er immer mehr zu der Überzeugung, dass Shagan keinesfalls ein schlechtes Gewissen besaß. Oder er war ein ganz hartgesottener Verbrecher, der es verstand, jede seiner Mienen zu beherrschen.

Erst spät am Nachmittag verabschiedete sich der junge Sportsmann von dem gastfreundlichen Paar, nachdem er vorher noch mit dem Offizier verabredet hatte, dass er am nächsten Morgen mit ihm hinab in die Tiefe des Meeres tauchen würde.

2. Die verräterische Zentralheizung

Percy Stuart freute sich. Er hatte schon viel erreicht. Am nächsten Morgen schon würde er eine Fahrt in dem geheimnisvollen M 1 mitmachen können. Er kehrte in sein Hotel zurück. Er hatte die Absicht, am Abend die Stadt ein wenig zu besichtigen. Was hätte er sonst wohl hier anfangen sollen, wo er keinen Freund besaß, mit dem er die Stunden des Abends verbringen konnte.

Er begab sich auf sein Zimmer, das im ersten Stockwerk des Hotels nach einem schönen, schattigen Garten hinaus lag. Hier suchte er aus seinem Köfferchen einen Rasierapparat hervor und begann sich zu rasieren, eine Arbeit, die sonst sein Kammerdiener verrichtete, die er aber hier notgedrungen selbst besorgen musste. Denn einer fremden Hand wollte er sich nicht anvertrauen.

Schon hatte er sich vor dem hohen Spiegel eingeseift und war gerade im Begriff, die Schneide des Apparats an seine Wange zu führen, als er plötzlich zusammenzuckte. Er lauschte.

War er denn in diesem Zimmer nicht allein? Er hatte doch eben deutlich Stimmen gehört.

Kopfschüttelnd wollte er wieder mit dem Rasieren beginnen. Da horchte er von neuem auf. Ihm war, als hätte er soeben deutlich den Namen Shagan gehört. Und es war doch kein Mensch in der Nähe. Hier gingen offenbar seltsame Dinge vor, denen er auf den Grund kommen musste.

Gründlich durchsuchte er das ganze Zimmer. Er öffnete sogar die Schränke. Aber er fand nichts, vor allem keinen Menschen. Plötzlich blieb er in einer Ecke stehen. Er lächelte.

Nun glaubte er alles zu wissen. Man heizte hier noch nach einem veralteten System. In der Mauer stand ein kleines Türchen halb offen. Die breite Röhre, die das Türchen verschloss, führte nach dem Keller, wo ein großer Ofen stand, von dem aus die heiße Luft in alle Räume des Hauses strich. Eine Art Vorläufer der modernen Zentralheizung. Die Kanäle der Heizung verbanden auch die einzelnen Zimmer des Hauses und leiteten von einem zum andern nicht nur die Wärme, sondern auch den Schall.

Was er da hörte, war ein Gespräch in einem anderen Zimmer.

Und die Leute sprachen vom M 1.

Er neigte den Kopf zu der Öffnung und legte das Ohr fest darauf, so dass ihm kein Wort von dem entgehen konnte, was durch die Heizröhre deutlich zu ihm getragen wurde.

„Also her mit den Papieren, Dorrit! Ich bleibe nur noch bis morgen Abend hier und muss dann dem Lande den Rücken kehren. Der Boden brennt einem ja unter den Füßen. Hier scheint jeder Mensch ein Detektiv zu sein, der einem auf die Finger sieht.“

„Alles recht schön, Mister Stone, aber ich bin noch nicht ganz fertig mit den Zeichnungen für die Pumpenmotore. Ich habe es Ihnen doch soeben erklärt.“

„Und wann werdet Ihr fertig werden, Dorrit?“

„Morgen Abend schon will ich sie Ihnen hierher ins Hotel bringen. Noch besser wäre es, Sie holten sich die Sachen in meiner Wohnung ab. Hier sind wir zu sehr beobachtet.“

„Hier sind wir sicherer als in Eurer Wohnung, Mann, denn die wird sicher schon überwacht. Habt Ihr auch nicht vergessen, dass meine Auftraggeber besonderes Gewicht auf den Motor des M 1 legen? Den müssen wir haben.“

„Das sollen Sie alles bekommen, Mister Stone, nur muss ich auch gleichzeitig mein Geld erhalten. Diesmal sind zweihundert Pfund herzlich wenig, denn ich habe Nächte hindurch an den Zeichnungen gearbeitet und wage doch auch meine Stellung und mein Leben, indem ich sie Ihnen gebe.“

„Bah, wer sollte darauf kommen, dass Pitt Dorrit derjenige ist, der die Pläne des M 1