Perry Rhodan 1365: Die Astrologen von Hangay - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 1365: Die Astrologen von Hangay E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Auf der Suche nach ESTARTU - ein Roboter und ein Träumer weisen den Weg Zwei Universen begegnen sich, und Teile einer fremden Galaxis materialisieren in direkter kosmischer Nähe der Milchstraße. Die unglaublichen Vorgänge im Jahr 447 Neuer Galaktischer Zeitrechnung verändern das Weltbild der raumfahrenden Völker der Lokalen Gruppe. Doch kaum einer weiß, was wirklich geschieht. Der einzige Mensch, der bislang tiefere Einblicke erhalten hat, ist Perry Rhodan. Aufgrund einer Fehlfunktion des Kosmonukleotids DORIFER wurde der Terraner in das fremde Universum verschlagen. Dort stieß er auf die Propheten des Hexameron, die den bevorstehenden Untergang ihres Kosmos beschleunigen möchten. Der Terraner ist jedoch ein Fremder im Universum Tarkan - er kommt aus Meekorah, wie "unser" Universum im sterbenden Kosmos genannt wird. Trotzdem gibt er sich größte Mühe, die wichtigsten Zusammenhänge in Tarkan zu verstehen. Denn diese Ereignisse hängen eng zusammen mit den Vorfällen im heimatlichen Universum. Und Perry Rhodan ist trotz aller Schwierigkeiten bereit, seine Suche nach ESTARTU in der fremden Galaxis Hangay fortzusetzen. Und das, obwohl der Terraner bei allen Erkundigungen nach der verschollenen Superintelligenz im Grunde nur auf Spekulationen angewiesen ist. In der Folge weisen ihm ausgerechnet ein Roboter und ein Träumer den weiteren Weg. Und Perry Rhodan trifft DIE ASTROLOGEN VON HANGAY ...

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Nr. 1365

Die Astrologen von Hangay

Auf der Suche nach ESTARTU – ein Roboter und ein Träumer weisen den Weg

von Ernst Vlcek

Den Völkern der Galaxis ist nach der Zerschlagung des Kriegerkults und dem Tod des Sothos nur eine kurze Verschnaufpause vergönnt. Die neue Bedrohung, die auf die Galaktiker zukommt, wird Anfang des Jahres 447 NGZ, das dem Jahr 4034 alter Zeitrechnung entspricht, erstmals erkennbar. Teile einer riesigen Galaxis aus dem sterbenden Universum Tarkan gelangen in unseren eigenen Kosmos, was wohl als Folge der verheerenden Paratau-Katastrophe im Tarkanium der Kartanin-Kolonisten von ESTARTU geschehen ist.

Aber bald wird klar, dass eine solche Deutung allein nicht genügt, zumal noch weitere Materiemassen in der Lokalen Gruppe auftauchen – im Austausch für Materie aus unserem Kosmos.

Den wildesten Spekulationen sind Tür und Tor geöffnet, und nur wenige Galaktiker können sich gegenwärtig vorstellen, was da eigentlich vor sich geht und wie groß die Gefahr in Wirklichkeit ist. Einer dieser Galaktiker ist Perry Rhodan. Er wurde via DORIFER nach Tarkan verschlagen und erwehrt sich dort der Propheten des Hexameron, die mit allen Mitteln den Untergang des sterbenden Universums beschleunigen wollen.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner landet auf der Welt der Astrologen.

Beodu und Jordan – Perry Rhodans Begleiter.

Eserfim – Ein Benguel, der seinen wahren Namen nennt.

Namenlos – Ein Fremder unter den Benguel.

Sterngucker

1.

»Bist du sicher, dass wir hier richtig sind, Jordan?«, fragte Perry Rhodan.

Und der Juatafu-Roboter gab ihm die Antwort:

»Wer etwas über ESTARTU erfahren will, der muss sich auf Tuyon umsehen.« Nachdrücklich fügte er hinzu: »Auf diesem Planeten leben Benguel.«

»Kannst du mir nicht auch sagen, was der Planet Tuyon und das Volk der Benguel mit ESTARTU zu tun haben?«, erkundigte sich Rhodan weiter. »In welchem Zusammenhang stehen sie mit der Superintelligenz aus dem Universum Meekorah?«

Wie nicht anders zu erwarten, gab Jordan darauf keine Antwort. Er ignorierte die Frage einfach, als sei es unter seiner Würde, sich über eine solche Selbstverständlichkeit zu unterhalten.

»Hast du von diesem Planeten schon mal geträumt?«, wandte sich Perry Rhodan an seinen zweiten Begleiter, den zwergenhaften Attavenno Beodu.

»Nicht, dass ich wüsste«, sagte Beodu auf Kartanisch, und die von seinem Transthesizer übertragenen Worte wurden von dem Gezwitscher seiner Muttersprache begleitet – das machte sein Sprechen fast zu einem Gesang. Er fügte hinzu: »Aber ich möchte mich noch nicht festlegen. Und das solltest du auch nicht, Perry. Wir haben noch zu wenig zu sehen bekommen.«

Eigentlich hatte Perry Rhodan wirklich noch keinen Grund, an Jordans Behauptung zu zweifeln, dass sie hier eine Spur von ESTARTU finden würden. Das heißt, es gab keinerlei Hinweise darauf, dass der Juatafu-Roboter irrte. Nur der Gesamteindruck, den Rhodan bisher bekommen hatte, nährte seine Skepsis. Sie waren mit dem Robotschiff auf einem überaus primitiven Raumhafen gelandet – falls es sich überhaupt um einen solchen handelte: Es waren nämlich keinerlei Raumschiffe hier geparkt, nicht einmal so etwas wie eine Orbitalfähre von der Größe LEDAS.

Kaum waren Perry Rhodan und seine beiden Begleiter ausgestiegen, war die JUATAFU auch schon wieder gestartet, und weg war sie.

Die anderen Roboter hatten sie einfach auf der Welt der Benguel ausgesetzt, vermutlich, weil Jordan ihnen mitgeteilt hatte, dass sie am Ziel waren und das Schiff nicht mehr benötigten.

Und wie sollten sie jemals wieder von hier wegkommen? Vielleicht wusste Jordan die Antwort darauf, aber er gab sie Rhodan nicht.

Jordan war ein sehr eigenartiger Roboter.

Er hatte vier kurze, abgewinkelte Beine, auf denen er unglaublich schnell war, darüber saß der längliche Rumpf, aus dessen oberem Abschluss ebenfalls vier Extremitäten ragten, und darüber dann der annähernd kugelförmige Schädel. Die Augen lagen in Höhe des Schädeläquators, und zwar seitlich, und waren an Stielen bis zehn Zentimeter ausfahrbar. Das breite, froschähnliche Maul ragte fast von einem Auge zum anderen, aber es diente nicht zum Sprechen, sondern war das Versteck einer Waffe, die auf dem Desintegratorprinzip beruhte. Sein Sprechorgan war in die Falten seines Halses eingebettet, und er sprach mit einer quakenden Stimme.

Und er sprach Sothalk, die Sprache der Ewigen Krieger aus den zwölf Galaxien der Mächtigkeitsballung ESTARTU – aus dem Standarduniversum. Jordan aber stammte aus Tarkan, dem sterbenden Universum. Genauer, aus der Galaxis Hangay, in der sich Perry Rhodan befand und von der bereits zumindest ein Viertel ins Standarduniversum transferiert worden war. Und dies vermutlich aufgrund einer Initiative der Superintelligenz ESTARTU, die einen solchen Transfer bereits vor über 50.000 Jahren geplant hatte.

Der Pikosyn-Kalender von Rhodans Netzkombination nannte als Datum den 20. April 447.

Jordan sprach Sothalk und behauptete zu wissen, welche Spuren zu ESTARTU führten, obwohl sonst noch niemand in der Galaxis Hangay etwas von der Superintelligenz aus Meekorah gehört zu haben schien. Aber der Roboter Jordan aus der JUATAFU hatte eine Spur gefunden – so sagte er.

Auf Tuyon waren alle Antworten zu finden. Alle Antworten? Das wiederum hatte Jordan nicht behauptet, wie er sich überhaupt eher wie ein Orakel ausdrückte, als eine der Ratio und den Gesetzen der Logik gehorchende Denkmaschine.

Manchmal handelte und benahm sich Jordan wie ein fühlendes Wesen, ein Geschöpf mit einem Intellekt, das nur aus irgendeiner Laune der Natur heraus in einem synthetischen Körper steckte – und zwar in einem, der gar nicht so sehr robotisch wirkte, weil er von Kopf bis Fuß in einer elastischen Haut steckte, die fast an Leder erinnerte.

Doch sprachen Jordans manchmal irrationales, gelegentlich verträumt wirkendes Verhalten, seine Zerstreutheit und geistige Abwesenheit nicht dagegen, dass er ein Roboter war. Perry Rhodan konnte auch mit seiner DORIFER-Kapsel LEDA geradezu rührselige Gespräche führen, und selbst die Gespräche mit dem Pikosyn seiner Netzkombination waren alles andere als »unpersönlich« – er zog diese den Gesprächen mit so manchem Artgenossen vor.

Wirklich widersprüchlich an Jordan war nur, dass er vorgab, eine Spur ESTARTUS gefunden zu haben, ohne sich darüber näher auslassen zu wollen oder zu können. Vielleicht hatte er auch nur Ahnungen, was immer man darunter verstehen wollte.

Perry Rhodan wünschte sich, dass LEDA da sei. Mit der DORIFER-Kapsel hätte er diesen Planeten rasch erforschen und sein Geheimnis ergründen können, falls es eines zu ergründen gab.

Aber LEDA war im Anklam-System zurückgeblieben. Perry Rhodan hatte keine Verbindung zur DORIFER-Kapsel.

Sie waren schon ein seltsames Trio. Beodu, der Attavenno, wollte das aber poetischer ausdrücken.

»Perry, Jordan und ich – was für ein hell strahlendes Dreigestirn«, hatte er gesagt, als sie die Reihe der Gebäude am Rand des Raumhafens erreichten. »Wir sind dazu auserwählt, den Kosmos neu zu ordnen.«

Er plapperte einfach drauflos, ohne sich über das Gesagte tiefschürfende Gedanken zu machen.

»Hast du das geträumt?«, erkundigte sich Rhodan, weil Beodu seinen Träumen große Bedeutung beimaß und voller Stolz erklärt hatte, dass man ihn auf seiner Heimatwelt Ven beziehungsvoll den Träumer nannte.

»Nein, wieso?«, sagte Beodu irritiert.

Perry Rhodan winkte ab. In der Tat hatte ihm Beodu einen recht eindrucksvollen Traum erzählt, der aber erst später Bedeutung erlangte, nämlich als der Attavenno mit Jordan zusammentraf.

Beodu hatte Perry Rhodan diesen Traum lange vor dieser Begegnung erzählt, und Rhodan hatte ihn sich fast wörtlich gemerkt.

BEODU: Ich schwebe hoch in den Lüften. Unter mir breitet sich eine eintönige Ebene aus. Ich glaube, sie ist mit Sand bedeckt. Ich sehe zwei Wesen. Das eine hat vier Arme und vier Beine und ist von exotischer Gestalt. Das andere hat das Aussehen eines Baumbewohners. Ich senke mich auf die beiden Wesen hinab. Als ich ihnen bis auf wenige Meter nahe gekommen bin, gibt es einen Blitz. Die beiden Wesen fallen um und rühren sich nicht mehr. Offenbar bin ich es, der dies bewirkt hat. Sie sind tot. Ich habe sie getötet. Eigentlich sollte ich darüber Bedauern empfinden, aber es gelingt mir nicht. Ich bin stattdessen von Freude erfüllt. Ich glaube, einen wichtigen Auftrag erfolgreich erledigt zu haben.

Und als Beodu dann mit Jordan konfrontiert wurde, behauptete er, dass er der vierarmige Exot aus seinem Traum sei. Davon war er nicht abzubringen. Vielleicht sah er in dieser Traumgestalt auch gar nicht Jordan persönlich, sondern irgendeinen Juatafu-Roboter von dieser Gestalt. Aber die Juatafus waren von vielfältiger Gestalt, und es gab nur wenige, die so aussahen wie Jordan.

Beodu hatte auch andere Träume, doch dieser eine wiederholte sich am häufigsten. Und er war überzeugt, dass alle seine Träume »Schlüssel zu zukünftigen Geschehen« seien. Perry Rhodan versuchte zwar nicht, ihm diese Wundergläubigkeit auszureden, glaubte aber bei sich, dass es sich um eine Art Déjà-vu-Erlebnis handelte: nämlich dass sich aus der einmal früher stattgefundenen Begegnung mit einem Juatafu vom Typ Jordans dieser Wahrtraum geformt hatte. Entweder erinnerte sich Beodu nicht mehr bewusst an eine solche Begegnung, oder er gestand sie einfach nicht ein.

Vielleicht steckte auch mehr dahinter, diese Möglichkeit wollte Rhodan nicht völlig ausschließen.

Beodu war eine kleinere, nur etwas über einen Meter große Ausgabe eines Venno, wie Rhodan sie schon früher kennengelernt hatte, etwa in der Gestalt des verräterischen Liutalf.

Die Attavennok waren das Stammvolk der durch kontinuierliche Mutation hochgewachsenen Vennok. Und auf der Ursprungswelt sollte es etwa 3 Millionen Zwerg-Vennok geben.

Beodu hüllte seinen Körper in einen bis zum Boden reichenden Umhang, der seine mehrgelenkigen Beine verhüllte und unter dem er auch seine langen Arme mit den beiden Ellenbogengelenken verbarg.

Oft sah nur sein Kopf mit Sprechrüssel und mit den beiden Schädelschwingen heraus, an dessen Enden die Augen saßen. Beim Sprechen konnte Beodu seine Körpersprache auf seine Physiognomie reduzieren. Das heißt, er kam damit aus, die Schwingen mit den Augen pendeln zu lassen, den Rüssel beim Sprechen zu kräuseln, zu dehnen oder zu verlängern; er brauchte damit nicht unbedingt mit den dreifingrigen, klobigen Händen zu gestikulieren.

Das Vennisch, das Beodu sprach, kam einem Vogelgezwitscher sehr nahe, und da die Natur ihn und seinesgleichen nicht mit dem entsprechenden Organ ausgestattet hatte, um eine Sprache wie das Kartanisch zu beherrschen, trug er in seinem Rüssel einen halborganischen Translator-Synthesizer, der jedoch nicht in der Lage war, das vennische Gezwitscher auszuschalten. Und darum wurde Beodu beim Sprechen ständig von Vogelgesang begleitet. Das klang sehr melodisch, war jedoch auch insofern irritierend, als es eine beinharte Aussage verniedlichen konnte. Dies jedoch ganz allgemein, auf Beodu traf das nicht zu, denn der ließ sich nicht zu emotionsgeladenen Äußerungen hinreißen.

Beodu war in der Tat auch vom Temperament her ein Träumer.

Doch als sie die vermeintlichen Verwaltungsgebäude am Rand des Raumhafens erreichten, drehte er durch.

Die flachen, einstöckigen Gebäude wirkten verwahrlost und verwaist. Sie bestanden aus Pfeilern, die wie aus Lehm geformt oder aus ockerfarbenem Beton gegossen schienen. Dazwischen spannten sich dünne Trennwände, in die ebensolche filigrane, zerbrechlich wirkende Türen und Fenster eingehängt waren.

Aus dem Dach des größten Gebäudes ragte ein Mast heraus, zwanzig Meter hoch, mit einem Parabolspiegel versehen und einer Reihe weiterer technischer Anhängsel, bei dem es sich durchaus um eine Hyperfunkantenne handeln konnte. Aber das war das einzige Anzeichen einer Technik. Energiequellen, aktive Energiequellen, gab es keine, das verrieten Rhodan die Ortungsgeräte der Netzkombination. Ebenso herrschte Funkstille.

»Der Raumhafenstützpunkt scheint nicht besetzt zu sein«, sagte Rhodan gerade, als hinter dem Gebäude ein Tuckern wie von einem Traktordiesel erklang. Perry Rhodan erinnerte sich noch sehr gut an solche Geräusche seiner Kindheit. Und jetzt erst merkte er, dass Beodu nicht bei ihnen war.

Jordan schien denselben Gedanken wie Rhodan zu haben, denn er flitzte auf seinen vier Beinen die Gebäudefront entlang und um die Ecke. Gleich darauf rief er in Sothalk und auf Kartanisch:

»Mörder! Mörder! Feiger Meuchelmörder!«

Als Rhodan die andere Seite des Gebäudes erreichte, sah er nur noch eine sich entfernende Staubwolke, durch die ein kleiner werdendes Objekt unbekannter Form und Konstruktion undeutlich zu sehen war. Und aus der Sandwolke stieg im Rhythmus des Tuckerns Rauch auf – wie von einer Dampfmaschine.

Rhodan wandte sich ab und Jordan zu, der sich um den am Boden liegenden Beodu bemühte. Als Rhodan sich über ihn beugte, drehte ihm der Attavenno die beiden schwingenartigen Kopflappen zu und richtete beide Augen auf ihn.

Er zwitscherte verhalten, und der Transthesizer übersetzte:

»Habe ihn gesehen ... sie ... die zweite Traumgestalt. Jordans Leidensgenossen. Ich ...«

»Erhole dich erst einmal von dem Schock«, beruhigte Rhodan den Attavenno. Er brauchte keine weiteren Erklärungen und wusste auch so, welchen Traum Beodu meinte. »Wir reden später darüber, wenn du dich besser fühlst.«

Beodu schien nichts zu fehlen. Er dürfte nur beim Anblick eines Wesens, das er für eine seiner Traumgestalten hielt, das Bewusstsein verloren haben.

Rhodan blickte in die Richtung, in der das in eine Staubwolke gehüllte Gefährt verschwunden war. Dort lag auch die Stadt, die sie schon beim Landeanflug ausgemacht hatten. Sie war etwa fünf Kilometer entfernt. Dahinter erstreckte sich eine begrünte Hügelgruppe, und in der Ferne, ganz weit im Westen, schimmerten die Gipfel einer Gebirgskette durch den Dunst. In nördlicher Richtung lag das Meer, im Osten und Süden erstreckte sich die wüstenartige Steppe mit dem Raumhafen in ihrem Rücken und seltsamen Sandwällen, die in Form konzentrischer Kreise angelegt waren.

Aber weit und breit war kein Wald zu sehen. Dabei hatte Beodu von der zweiten Traumgestalt als Baumbewohner gesprochen.

»Das kann nur ein Benguel gewesen sein, der in der Dampfmaschine geflohen ist«, stellte Jordan fest. Mit Nachdruck fügte er hinzu: »Ein Benguel, was sonst.«

»Ich habe das Ergebnis der Analyse«, meldete der Pikosyn.

Das erinnerte Rhodan daran, dass er eine Laserdurchleuchtung der Verbindungswände des Raumhafengebäudes verlangt hatte; sie waren ihm doch sehr dünn und wenig dauerhaft erschienen.

»Um welches Material handelt es sich?«, fragte er daher.

»Um Papier«, antwortete der Pikosyn.

»Papierwände?«, wunderte sich Rhodan.

»Jedenfalls um eine Art Papier«, berichtigte der Pikosyn. »Exakter um ein Material auf Zellulosebasis, das durch entsprechende Beimengungen in verschiedener Qualität und Dicke und sogar transparent hergestellt werden kann.«

»Für die Ewigkeit bauen die Benguel gerade nicht«, meinte Rhodan.

»Das trifft nicht auf die Gebäuderahmen, die Gerüste zu«, wandte der Pikosyn ein.

»Das reicht«, sagte Rhodan, der sich mit diesen Informationen zufriedengab. Der Pikosyn hatte sich über die Mikroempfänger gemeldet, so dass Rhodans Begleiter dem Dialog nicht hatten folgen können.

Beodu war inzwischen wieder auf die Beine gekommen. Rhodan fiel auf, dass er es vermied, Jordan anzusehen.

»Bist du wieder in Ordnung, Beodu?«, erkundigte sich Rhodan, und nachdem der Attavenno das mit einem Pfeiflaut bestätigt hatte, fragte er: »Und du bist sicher, eine deiner Traumgestalten gesehen zu haben?«

»Es kann nur ein Benguel gewesen sein«, behauptete Jordan.

Beodu wandte die Augen von ihm ab.

»Der Baumbewohner, ja«, sagte er. »Lange Arme, um sich damit von Ast zu Ast schwingen zu können. Der Körper behaart, wo nicht bekleidet. Der Kopf mit mehr Haar als du, Perry. Fast ein Tierkopf. Wie im Traum, ganz genauso. Und dann ... er machte shinshii.«

»Was heißt dieses Wort?«, fragte Rhodan. »Ich habe es noch nie gehört.«

»Er meint Anpassungsfähigkeit«, erklärte Jordan. »Benguel können die Farbe ihres Felles in Notsituationen der ihrer Umgebung anpassen.«

»So eine Art Mimikry-Fähigkeit also.«

»Ja, Mimikry«, bestätigte Beodu. »Zuerst hatte Fell Farbe von Hauswand, dann Fell wie Maschine. Fast unsichtbar.«

»Hm«, machte Rhodan. »Und weswegen diese Sprachstörungen?«

Beodu gab einen klagenden Pfeifton von sich, dann sagte er unter melodiösem Gezwitscher:

»Es war wie im Traum. Und würde der Benguel im Traum reden, er würde genauso reden. Aber – könnten wir nicht das Thema wechseln?«

»Warum nicht«, sagte Rhodan. Aber vielleicht würden sie irgendwann doch noch darauf zurückkommen müssen. »Jetzt suchen wir erst einmal die Stadt auf. Mal sehen, was uns dort erwartet.« Rhodan rechnete sogar damit, dass der geflohene Benguel Alarm geschlagen hatte und dass man ihnen ein Aufgebot entgegenschicken würde.

Aber warum hatte man dann nicht schon früher auf die Landung der geflügelten JUATAFU reagiert?

Auf dem Weg zur Stadt ereignete sich nichts. Die Benguel kamen nicht aus ihrer Stadt. Keine bewaffneten Truppen wurden aufgeboten, kein Begrüßungskomitee ließ sich blicken – überhaupt war das Umland der Stadt völlig verwaist, ganz genauso wie der Raumhafen.

Nach zwei Kilometern kamen sie in die Nähe des Ringwalls, und Rhodan beschloss, die kaum zweihundert Meter Umweg zu machen, um sich die Sache aus der Nähe anzusehen.

Er konnte nicht wissen, dass er damit einen Stein ins Rollen brachte, der schließlich eine Lawine auslöste.

2.

»Was stellt das dar?«