Perry Rhodan 1974: Hetzjagd am Black Hole - Rainer Castor - E-Book

Perry Rhodan 1974: Hetzjagd am Black Hole E-Book

Rainer Castor

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Beschreibung

Eine Superintelligenz in Gefahr - MATERIA wird aktiv Im Frühjahr 1291 Neuer Galaktischer Zeitrechnung strebt ein Konflikt seinem Höhepunkt entgegen: Auf der einen Seite kämpft die Koalition Thoregon, die sich für den Frieden im Kosmos einsetzt, auf der anderen Seite wirkt ein Wesen namens Shabazza, hinter dem eine bisher unbekannte Entität namens Torr Samaho steht. Ziel ihrer Aktivitäten ist die Zerstörung Thoregons - und diese Zerstörung will Perry Rhodan verhindern. Der Terraner ist seit einiger Zeit als Sechster Bote von Thoregon in Amt und Würden und will die Freiheit der Milchstraßenvölker verteidigen. Während in der Galaxis Chearth die GILGAMESCH unter dem Kommando des Arkoniden Atlan operiert, um die Völker dieser Sterneninsel zu beschützen, sehen sich in der Galaxis DaGlausch die Menschen von Alashan einer neuen Gefahr ausgesetzt: Die komplette Sterneninsel wird in absehbarer Zeit von einem sogenannten Superbeben vernichtet werden. Um eine ganz andere Konflikte geht es in der heimatlichen Milchstraße. Die Kosmische Fabrik MATERIA bedroht im Zentrum der Menschheitsgalaxis die Superintelligenz ES, den Wegbegleiter der Menschheit seit undenklichen Zeiten. Nachdem erste Attacken fehlgeschlagen sind, bleibt nur noch ein Kommandounternehmen übrig. Ein Haluter, ein Oxtorner und ein Ilt starten gegen MATERIA und dringen in die Kosmische Fabrik ein. Sie treffen auf die letzten Erranten, und sie werden Zeuge einer unglaublich erscheinenden HETZJAGD AM BLACK HOLE ...

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Nr. 1974

Hetzjagd am Black Hole

Eine Superintelligenz in Gefahr – MATERIA wird aktiv

von Rainer Castor

Im Frühjahr 1291 Neuer Galaktischer Zeitrechnung strebt ein Konflikt seinem Höhepunkt entgegen: Auf der einen Seite kämpft die Koalition Thoregon, die sich für den Frieden im Kosmos einsetzt, auf der anderen Seite wirkt ein Wesen namens Shabazza, hinter dem eine bisher unbekannte Entität namens Torr Samaho steht.

Ziel ihrer Aktivitäten ist die Zerstörung Thoregons – und diese Zerstörung will Perry Rhodan verhindern. Der Terraner ist seit einiger Zeit als Sechster Bote von Thoregon in Amt und Würden und will die Freiheit der Milchstraßenvölker verteidigen.

Während in der Galaxis Chearth die GILGAMESCH unter dem Kommando des Arkoniden Atlan operiert, um die Völker dieser Sterneninsel zu beschützen, sehen sich in der Galaxis DaGlausch die Menschen von Alashan einer neuen Gefahr ausgesetzt: Die komplette Sterneninsel wird in absehbarer Zeit von einem sogenannten Superbeben vernichtet werden.

Um eine ganz andere Konflikte geht es in der heimatlichen Milchstraße. Die Kosmische Fabrik MATERIA bedroht im Zentrum der Menschheitsgalaxis die Superintelligenz ES, den Wegbegleiter der Menschheit seit undenklichen Zeiten.

Nachdem erste Attacken fehlgeschlagen sind, bleibt nur noch ein Kommandounternehmen übrig. Ein Haluter, ein Oxtorner und ein Ilt starten gegen MATERIA und dringen in die Kosmische Fabrik ein. Sie treffen auf die letzten Erranten, und sie werden Zeuge einer unglaublich erscheinenden HETZJAGD AM BLACK HOLE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Blo Rakane – Die zwei Gehirne des weißen Haluters stehen in permanentem Dialog.

Monkey – Auf Gefühlsregungen scheint der Oxtorner keinen Wert zu legen.

Gucky – Wieder einmal findet der Mausbiber neue Freunde in der Not.

Shabazza – An Bord von MATERIA sieht sich der Gestalter in der »zweiten Reihe«.

Ki thaRao

1.

20. Januar 1291 NGZ; 07:12:23 Uhr

Bericht Blo Rakane

MATERIA jagt ES!

Wanderer war eindeutig zu erkennen.

Seit sechs Sekunden befand sich die Kosmische Fabrik unterhalb des Ereignishorizonts von Dengejaa Uveso. Sie hatte den bislang nur als graue Linsenstruktur erkennbaren Aufenthaltsort der hier versteckten Superintelligenz erreicht.

Mit dem Eindringen in den schätzungsweise 50.000 Kilometer großen Bereich war die scheibenförmige Kunstwelt sichtbar geworden. Damit gab es keinen Zweifel mehr, dass es sich bei der Superintelligenz um ES handelte.

Gucky hatte auf meiner linken Schulter Platz genommen, schräg neben mir standen Oberstleutnant Monkey und der Errante Ki thaRao. Kurz vor dem Abtauchen MATERIAS hatten die Kosmischen Ingenieure ihre Vollversammlung mit einstimmiger Entscheidung für eine Flucht beendet.

Seit fast zwei Tagen hielten wir uns nun schon in der Kosmischen Fabrik auf. Vor allem die Begegnung mit den Erranten hatte uns bemerkenswerte Informationen vermittelt – doch MATERIA jagte weiterhin die Superintelligenz ...

Schon mit dem Abtauchen waren meine Gehirne vom Synchronisations- in den Separatmodus übergegangen. Das Planhirn besaß Priorität und verfolgte sämtliche Vorgänge mit erhöhter Wahrnehmungssensibilisierung.

Ich konzentrierte mich voll und ganz auf die optischen Inputs, bei denen es sich um hochauflösende Computersimulationen handelte. Die Panoramaprojektion vermittelte den überaus realistischen Eindruck, körperlos mitten im Geschehen zu schweben, statt in der Kuppelhalle des Beobachtungszentrums ReBeo 2973-12 zu sein.

Sie offenbarte deutlich mehr Einzelheiten als beispielsweise die Direktbeobachtung bei unserer Ankunft und dem erstmals miterlebten Abtauchen der Kosmischen Fabrik. Die abgeflachte graue Sphäre hatte bei der jetzigen Annäherung verstärkt eine leicht körnige »Struktur« gezeigt, vereinzelt überzogen von dunkelgrauen Schlieren und Fäden. Ihr Rand war keineswegs glatt, sondern aufgeraut wie ein sturmgepeitschter Ozean.

Ähnliche Feinstrukturen gab es auch im Inneren, ein dunkleres Wogen und Wabern vor hellgrauem Hintergrund. Nur Wanderer selbst zeigte sich in voller Farbenpracht.

Die Kunstsonne im Zenit der Energiekuppel beleuchtete Steppen von staubigem Graugelb, riesige Wälder breiteten sich in allen Grünschattierungen aus, der Firn der Gebirgsgipfel glitzerte, und Lichtsplitter schienen auf trägen Strömen und ausgedehnten Binnenmeeren zu tanzen.

An einer mehr oder weniger scharfen Grenze, zehn bis zwanzig Kilometer über der Scheibenlandschaft, zogen vereinzelte Wolkenfasern und -türme vorüber, von denen manche an wirr aufgeschichtete Wattehaufen erinnerten.

Die atembare Atmosphäre in der Kuppel ist maximal hundert Kilometer stark, besagte die Planhirnanalyse. Weiter oben dünnt sie rasch aus; im Bereich der Kunstsonne herrscht zweifellos Vakuum.

Im Vergleich zur Ausdehnung der Scheibenwelt und der Kuppel war die Atmosphärendicke kaum mehr als eine hauchdünne Schicht.

Mit Beginn der siebten Sekunde bemerkte ich schräg hinter und oberhalb von Wanderer, halb von der bläulichen Wölbung des Energieschirms verdeckt, zwei kleine Objekte.

Unter der Voraussetzung, dass sich die Größe Wanderers nicht maßgeblich von den bekannten Werten unterschied, ließ sich ihre Ausdehnung grob ermitteln. Leider blieb ihr Äußeres sehr verschwommen ...

*

... starke Antiortungswirkung, die gegen die hochentwickelten Systeme MATERIAS schützt, meldet das Planhirn. Länge rund hundert Kilometer, Basisdurchmesser etwa siebzig. Sonderbares Leuchten, gleicht UV-Fluoreszenz.

Terranischen Tannenzapfen vergleichbar, ergänzt das Ordinärhirn. Schwarzlicht-Zapfen!

Zwei weitere Zehntelsekunden sind verstrichen, als vielfarbige Strahlen zu Wanderer hinüberzucken. Und obwohl Wanderer deutlich größer als MATERIA ist, scheint die Kosmische Fabrik die Oberhand zu gewinnen: Eine Art Rucken verzerrt die Konturen der Kunstwelt, versetzt sie in Vibrationen.

Dann gibt es einen Sprung – Wanderer bewegt sich abrupt innerhalb einer halben Sekunde um etliche tausend Kilometer auf MATERIA zu, die leuchtenden Strahlen gewinnen Regenbogenglanz ...

Das Planhirn erkennt: Optische Simulation – Streustrahlung von sonst unsichtbaren, superstarken Traktorfeldern! Prognose: MATERIA versucht Wanderer aus der grauen Zone herauszuziehen. Weil es sich bei dieser um eine nicht näher klassifizierbare Region handelt, dürfte die Kunstwelt nur so lange sicher sein, wie sie Teil dieses Bereichs bleibt.

Der große Kampf! Innerliches Stöhnen kommt vom Ordinärhirn. MATERIA versus ES!

Das Planhirn bestätigt diese Einschätzung.

Wir können nur sekundäre Randbedingungen beobachten. Die Primärmechanismen bleiben unbekannt. Der Endzustand ist nicht zu bestimmen; noch scheinen die ausgetauschten Kräfte eher auf ein Patt hinauszulaufen. Vermutung: Verlässt Wanderer die Schutzsphäre, dürfte das mit einer Niederlage von ES identisch sein!

Erneut ruckt die Kunstwelt, diesmal springt sie jedoch Richtung Linsenzentrum zurück, entzieht sich somit dem Zugriff der Kosmischen Fabrik.

Diese reagiert augenblicklich. Orangefarbene Bahnen, die ebenfalls nur eine optische Simulation sind, stehen plötzlich in der grauen Umgebung.

Fünf, zehn, fünfzehn Strahlen richten sich auf die Zapfenkonstruktionen.

Es müssen jene Offensivwirkungen sein, als deren Ursprung wir ein- und ausfahrbare Antennenkonstruktionen entlang den Oberseitenrändern der fünfeckigen Hauptplattform MATERIAS erkannt haben. Sie »beschießen« die Schwarzlicht-Zapfen. Diese zeigen jedoch nicht die geringste Reaktion, scheinen die Waffenstrahlen einfach zu verschlucken.

Was immer ES dort »geparkt« hat – es besitzt besseren Schutz als Wanderer selbst!, signalisiert das Ordinärhirn freudig.

Bestätigung – hohe Wahrscheinlichkeit!, gibt das Planhirn zurück. Und die bislang stets beobachteten 9,554 Sekunden sind vorbei ...

Eine deutliche Erschütterung durchzieht den riesigen Körper der Kosmischen Fabrik, die unvermittelt zur Grenzschicht der grauen Zone zurückgeschleudert wird und offensichtlich bemüht ist, nicht über den Ereignishorizont hinausgetrieben zu werden.

Für mehrere Zehntelsekunden umlodert mich ein blauweißes Funken- und Flammenmeer, von dem vage erkennbare Jet-Ströme sprühen – sie weisen radial vom Mittelpunkt der Schutzsphäre fort.

Das Beschleunigungsvermögen MATERIAS beträgt im Standarduniversum 1950 Kilometer pro Sekundenquadrat, erinnert das Planhirn. Unabhängig von den sonstigen Fortbewegungsmöglichkeiten – im Bereich unterhalb des Ereignishorizonts scheint innerhalb der grauen Linse zumindest teilweise eine konventionelle Raum-Zeit-Struktur vorhanden zu sein. Die normalen Sublichttriebwerke können zum Einsatz kommen. MATERIA versucht, den Aufenthalt hier zu stabilisieren! Konsequenz: Die ermittelte Dauer pro Abtauchphase ergibt sich aus den hier herrschenden Randbedingungen! MATERIA wird durch diese gezwungen, nach 9,554 Sekunden wieder aufzutauchen!

ES hat einen schwer erreichbaren Schutz errichtet ..., beginnt das Ordinärhirn.

Das Planhirn reagiert ablehnend: Überflüssige Bemerkung, weil bekannte Trivialität!

Gucky-Zitat: Klugscheißer!, antwortet in der gleichen Mikrosekunde das Ordinärhirn spöttisch.

Fünfzehn Sekunden befinden wir uns inzwischen unterhalb des Ereignishorizonts, als die Kosmische Fabrik zum zweiten Mal tief in die Schutzsphäre vorstößt und mit den hypermechanischen Traktorfeldern nach Wanderer greift.

Für mehrere Sekunden gibt es ein zweifellos zähes Ringen, dessen primäre Wirkungen sich meiner Wahrnehmung entziehen.

Abermals scheint MATERIA das Übergewicht zu erringen. Mehrfach durcheilt das schon beobachtete Rucken die Kunstwelt. Sie wird zum Rand der grauen Linse gezerrt, verlässt diesmal sehr deutlich die Position im geometrischen Zentrum.

Gleichzeitig bewegt sich MATERIA, weiterhin von Lohen, Blitzen und Funkenkaskaden umgeben, ebenfalls nach außen, beschießt die Schwarzlicht-Zapfen, die unbeeindruckt im Fokus der orangefarbenen Bahnen verharren, und zieht Wanderer quasi hinter sich her.

Der auf meiner Schulter sitzende Ilt stößt einen gequälten Laut aus; seine Hände krallen sich um den Halsring meines Kampfanzugs. Von Monkey und Ki thaRao kommt dumpfes Stöhnen.

Sie schaffen es ...!, brüllt das Ordinärhirn.

Nein!

Die Erschütterungen werden stärker. Unvermittelt entgleitet Wanderer dem Zugriff, rutscht förmlich zur Zentralposition zurück – und MATERIA wird abrupt aus der grauen Zone herausgeschleudert, als sei ein flexibles Verbindungsband zerrissen.

Das »weiße Rauschen« erscheint.

Dann dunkle Bänder, die sich rasch verbreitern und die zuletzt sichtbaren kalkigweißen Risse durch Finsternis ersetzen.

Zuerst Dunkelheit – und die blendende Helligkeit der Akkretionsscheibe überschüttet die Kuppelhalle.

Diese wird augenblicklich in ihrer Grundform sichtbar, weil ich blitzschnell von der dreidimensionalen Panoramadarstellung auf schlichte Wandprojektion umschalte und Auswertungsergebnisse in der zentralen Holokugel anzeigen lasse.

Seit mich Ki thaRao in die Bedienung eingewiesen hat, ist es kein Problem, die Terminalpulte zu handhaben. Sie umgeben in mehrfach durchbrochenen Ringen den Zehnmeterglobus.

Gesamtaufenthalt unterhalb des Ereignishorizonts: 22,34 Sekunden!, meldet das Planhirn emotionslos. Rückkehr zum Synchronisationsmodus ...

Ortungsergebnisse werden reproduziert, die Translatorfunktion greift, die Umrechnung der Maßeinheiten ist abgeschlossen: Der Durchmesser von Wanderer ist mit 4800 Kilometern ermittelt – also kleiner als bei früheren Manifestationen, wie ein Datenvergleich des Planhirns ergibt.

Und die Schwarzlicht-Zapfen besitzen eine Länge von 110 Kilometern; ihr größter Durchmesser erreicht 75 Kilometer – winzig im Verhältnis zur Kunstwelt, jedoch ohne Zweifel wichtige Festungen im Kampf gegen MATERIA ...

*

Enzyklopädia Terrania; Wanderer: Als Kunstwelt umschriebener Sitz der Superintelligenz ES. Ursprünglich aus dem Planeten Ambur entstandenes Refugium, unter anderem mit der phantastischen Maschinenstadt Ambur-Karbush.

Zugleich Kernstück der als »Galaktisches Rätsel« umschriebenen Prüfung, welche von Perry Rhodan absolviert wurde und mit dem ersten Betreten Wanderers Anfang 1976 endete (erstmalige Gewährung von Zellduschen am 29. Januar 1976).

In jener Zeit zeigte sich Wanderer als runde Scheibe mit einem Durchmesser von 8000 Kilometern und einer Dicke von 600 Kilometern. Wanderers Bewegung folgte einer langgestreckten Ellipsenbahn; einer der Ellipsenbrennpunkte war das Solsystem (Umlaufdauer: etwa zwei Millionen Jahre).

Von kuppelförmigem Energieschirm überspannt, in dessen Zenit eine Kunstsonne für Helligkeit sorgte, war die flache Scheibenoberseite als natürliche Landschaft (Gebirge, Flüsse, Wälder, Steppen) gestaltet, unterstand dennoch dem formenden Willen der auch als Fiktivwesen bezeichneten Entität. Es handelte sich somit quasi um die Realisierung des klassisch-antiken Scheiben-Weltbildes.

Ein als »Zeitfeld« umschriebenes Phänomen entrückte die Kunstwelt weitgehend einem normalen Zugang oder einer direkten Beobachtungsmöglichkeit.

Wanderer wurde von ES im April 2326 vernichtet: Durch Verdichtung nahm die Kunstwelt die Gestalt eines hausgroßen, unregelmäßig geformten Asteroiden-Brockens an, dessen Masse der Wanderers entsprach und sich weiterhin auf der Ellipsenbahn bewegte, dann aber, von einem »Zeitfeld« umhüllt, einer Anmessung entzog.

Eine Kunstwelt namens Wanderer-Beta wurde 3441 zur Zeit der Schwarmkrise entdeckt. Es handelte sich hierbei allerdings um eine Scheibe von 12.000 Kilometern Durchmesser und 2500 Kilometern Dicke; die rötlich-blaue Energiekuppel erreichte im Zenit eine Höhe von 6000 Kilometern.

In den Jahren 1169 bis 1174 NGZ wurde im Zusammenhang mit dem Verwirrungszustand der Superintelligenz an diversen Orten Wanderer II beobachtet.

Das inzwischen bessere Verständnis hyperphysikalischer Prozesse und Gesetze führte zu der These, dass es sich bei der Kunstwelt in erster Linie um eine »Kommunikationsplattform« und »Kontaktstelle« handelte, deren eigentliche Struktur weniger im Standarduniversum als vielmehr im übergeordneten Kontinuum angesiedelt sein muss und hierbei eng an die der Superintelligenz geknüpft ist.

Das in vierdimensionaler Raumzeit manifestierte Objekt wäre in diesem Sinne also eher Ausdruck einer Projektion als ein Stück natürlicher Materie ...

*

»Uff!«, stieß Gucky aus und hämmerte mit den Fäusten auf meinen Kopf. »Dieses verfluchte Dreigestirn des Schreckens kämpft gegen ES! Es gibt keinen Zweifel! Das war Wanderer, ich hab's ganz genau erkannt! Und sie scheinen diesmal verdammt knapp vor einem Erfolg gestanden zu haben, nicht wahr, Großer? Der Aufenthalt unter dem Ereignishorizont war deutlich länger als sonst!«

»Richtig.« Ich fuhr das linke Schläfenauge auf Maximallänge aus und richtete den Blick auf den erregten Mausbiber. »Dennoch konnte sich ES durchsetzen ...«

»Fragt sich, wie lange noch! Mann, streng deine beiden Gehirne an! Wir müssen was tun!«

Planhirnauswertungen strömten innerhalb weniger Mikrosekunden in mein dialogisches Bewusstsein; die meisten besaßen denkbar schlechte Wahrscheinlichkeitswerte.

Ich sagte bedächtig: »Sicher wäre es das beste, wenn es uns gelänge, die Kosmische Fabrik zu vernichten. Damit wäre die Bedrohung für ES ein für allemal ausgeschaltet. Leider zeigen sämtliche Berechnungen, dass ein solches Vorhaben mit unseren Mitteln nicht zu realisieren ist. Wir müssen froh sein, wenn wir mit dem Leben davonkommen und es schaffen, MATERIA lebendig mit den Erranten und den ermittelten Informationen zu verlassen!«

»Ich stimme dieser Einschätzung zu«, sagte Ki thaRao leise und senkte den von roten Bartzöpfen schalartig umgebenen Kopf. »Selbst unter Einsatz aller unserer Möglichkeiten lässt sich kein nennenswerter Schaden anrichten: Die Redundanzfunktionen sind zu vielfältig, und die maßgeblichen Kontrollen entziehen sich unserem Zugriff. Ganz zu schweigen von Schutz- und Sicherheitsfunktionen! Wir können in der Tat froh sein, wenn uns die Flucht gelingt – und selbst das wird noch ein hartes Stück Arbeit!«

»Die verteilten Bomben und Sprengsätze ...«, warf Monkey ein, verstummte jedoch angesichts Guckys wütenden Blicks und verzog das Gesicht.

Der Oxtorner hegt weiterhin die fast irreale Hoffnung, etwas erreichen zu können, sagte das Planhirn. Zwar spricht alles gegen ihn, aber seiner grundsätzlichen Motivation ist zuzustimmen: Wir müssen es zumindest versuchen!

»... dienen bestenfalls der Ablenkung!«, ergänzte ich Monkeys angefangenen Satz. »Größeres Zerstörungspotenzial ist ihnen nicht beizumessen. Ki thaRao – wie sehen Ihre Planungen aus?«

Der Errante wiegte den kahlen Kopf. Seine ölig-schwarze Haut nahm einen gräulichen Schimmer an.

»Wir haben mehrere Alternativen durchkalkuliert. Zur Flucht benötigen wir ein ausreichend großes Transportfahrzeug. Ein Raumschiff. Davon gibt es in MATERIA eine ganze Reihe – vor allem walzenförmige Einheiten, die dem einfachen Rohstoffnachschub dienen ...«

Wir wussten von dem Kosmischen Ingenieur, dass sich durch Masse-Energie-Pendler, die an die Permanent-Zapfer angeschlossen waren, und mittels subatomarer Umformung beliebige Materialien und Fertigprodukte erzeugen ließen. Aber ein Nachschub durch diese Schürfschiffe war ein deutlich weniger energieaufwändiger Prozess.

Das Planhirn ergänzte: Hinzu kommt, dass eine ganze Reihe von exotischen Stoffen – allen voran unerlässliche Hyperkristalle – nur in Ausnahmefällen synthetisiert werden können.

»Und?«, knurrte Monkey ungeduldig.

»Es handelt sich um robotische Einheiten, die im allgemeinen von der Hauptzentrale ferngesteuert und kontrolliert werden oder nach von dort eingespeisten Vorgabeprogrammen weitgehend autark agieren. Selbst wenn es uns gelänge, sie diesem Zugriff zu entziehen, wären zu viele Umbauarbeiten nötig. Die Raumschiffe sind nicht für eine Steuerung durch Lebewesen eingerichtet. Hauptproblem ist der Zeitfaktor: Je länger es dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Aktivitäten auffallen. Wochenlange Umrüstung lässt sich sogar mit unseren Mitteln und Möglichkeiten nicht verheimlichen!«

Der Errante schnitt eine Grimasse.

»Cairols Riesenwalze kommt selbstverständlich ebenfalls nicht in Frage. Diesem Raumer dürfen wir uns nicht mal nähern, weil sonst augenblicklich Alarm ausgelöst wird. Unsere Hoffnung ist, dass sich in der Riesenwerft und in den Hangarhallen weitere Einheiten befinden, die für unsere Zwecke geeignet sind. Laut unseren Logspeicherungen müsste es einige Walzen und etliche Diskusraumer androidischer Kosmokraten-Beauftragter geben. Die wurden vor langer Zeit hier geparkt! Es wird keineswegs leicht!«

Eine dezentralisierte Flucht könnte die Chancen erhöhen, so dass wenigstens ein Teil entkommt, signalisierte das Planhirn kühl. Andererseits erschwert ein solches Vorgehen die Vorbereitungen, weil es ebenfalls mit einer Aufsplitterung der Kräfte verbunden ist.

»Was ist mit Shabazzas SHWOBAN?«, rief der Ilt mit schriller Stimme. »Ich habe den Kerl eindeutig espern können, und von Perry und SENECA wissen wir, dass er mit dieser 90-Meter-Röhre die SOL verlassen hat.«

Könnte sich in der Tat als geeignetes Fluchtmittel erweisen!, bestätigte eine augenblickliche Planhirnauswertung.

Ki thaRao hob in fast menschlicher Manier die Schultern und ließ sie wieder fallen.