Perry Rhodan 3057: Thantur-Lok brennt - Verena Themsen - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3057: Thantur-Lok brennt E-Book und Hörbuch

Verena Themsen

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Beschreibung

Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner, die ihre Erde und das Sonnensystem hinter sich gelassen haben. In der Unendlichkeit des Alls treffen sie auf Außerirdische aller Art. Ihre Nachkommen haben Tausende Welten besiedelt, zahlreiche Raumschiffe fliegen bis zu den entlegensten Sternen. Perry Rhodan ist der Mensch, der von Anfang an mit den Erdbewohnern ins All vorgestoßen ist. Nun steht er vor seiner vielleicht größten Herausforderung: Er wurde vorwärts durch die Zeit katapultiert und findet sich in einem Umfeld, das nicht nur Terra vergessen zu haben scheint, sondern in dem eine sogenannte Datensintflut fast alle historischen Dokumente entwertet hat. In der Milchstraße spielen die Cairaner eine maßgebliche Rolle; die Liga Freier Galaktiker und die Arkoniden sind nur noch von untergeordneter Bedeutung. Der unsterbliche Arkonide Atlan hat beschlossen, an dieser Situation etwas zu ändern. Vor allem versucht er dem Geheimnis des hermetisch abgeschlossenen Arkonsystems auf den Grund zu gehen, das nur noch als die "Bleisphäre" bekannt ist. Atlan unterstellt sich dem Thantur-Baron als dessen oberster militärischer Befehlshaber und bekommt es mit Rebellen, Naats und Ladhonen zu tun. THANTUR-LOK BRENNT ...

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Zeit:3 Std. 56 min

Sprecher:Martin Bross
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Nr. 3057

Thantur-Lok brennt

Unterwegs in M 13 – Atlan ist auf verzweifelter Mission

Verena Themsen

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Entrée

1. TARTS

2. Pas de Deux

3. TARTS

4. BOSTICH I

5. Pas de Chat

6. BOSTICH I

7. Grand Jeté

8. BOSTICH I

9. Battement en tournant

10. Attitude

11. Pirouette

12. Arabesque

13. TARTS

14. Révérence

Fanszene

Leserkontaktseite

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner, die ihre Erde und das Sonnensystem hinter sich gelassen haben. In der Unendlichkeit des Alls treffen sie auf Außerirdische aller Art. Ihre Nachkommen haben Tausende Welten besiedelt, zahlreiche Raumschiffe fliegen bis zu den entlegensten Sternen.

Perry Rhodan ist der Mensch, der von Anfang an mit den Erdbewohnern ins All vorgestoßen ist. Nun steht er vor seiner vielleicht größten Herausforderung: Er wurde vorwärts durch die Zeit katapultiert und findet sich in einem Umfeld, das nicht nur Terra vergessen zu haben scheint, sondern in dem eine sogenannte Datensintflut fast alle historischen Dokumente entwertet hat.

In der Milchstraße spielen die Cairaner eine maßgebliche Rolle; die Liga Freier Galaktiker und die Arkoniden sind nur noch von untergeordneter Bedeutung. Der unsterbliche Arkonide Atlan hat beschlossen, an dieser Situation etwas zu ändern. Vor allem versucht er dem Geheimnis des hermetisch abgeschlossenen Arkonsystems auf den Grund zu gehen, das nur noch als die »Bleisphäre« bekannt ist. Atlan unterstellt sich dem Thantur-Baron als dessen oberster militärischer Befehlshaber und bekommt es mit Rebellen, Naats und Ladhonen zu tun. THANTUR-LOK BRENNT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Mascant der Vereinigten Sternenbaronien entsinnt sich alter Taktiken.

Mava da Valgathan – Die Kommandantin des Flaggschiffs beobachtet einen Unsterblichen in seinem Element.

Gucky – Der Mausbiber träumt von einem neuen Mutantenkorps.

Vadkuin da Chao

Prolog

Entrée

»Du bist weit genug außerhalb des planetaren Magnetfeldes und nahezu auf Übertrittsgeschwindigkeit. Bereit für den Test, Lykander?«

»Jederzeit, Chef.«

Vadkuin da Chao knurrte in das Sendefeld. »Dein Tonfall ist unangemessen, Pilot. Du hast zwar bei den Terranern angeheuert, dienst aber den Vereinigten Sternenbaronien Thantur. Hier weiß man, wie man den Umgang miteinander pflegt und dass man Respekt vor Angehörigen des Hochadels hat. Insbesondere hier auf Murnark.«

»Jawohl, Eure Erhabenheit. Bitte um Verzeihung, Eure Erhabenheit.« Der Unterton von Spott war trotz einiger Störgeräusche im Funk kaum zu überhören.

Vadkuin gab mit einem Seufzer auf. Er wusste nicht genau, was bei Lykander schiefgelaufen war, aber es war in jedem Fall nicht mehr zu reparieren. Vielleicht war er zu oft der Streustrahlung der Rha'Nostol-Kompressoren ausgesetzt gewesen. Selbst im Leerlauf war sie auf den Raumjägern der Testflotte nicht unerheblich, wie man am Funk hörte.

»Also gut. Fahr den Kartuschenlader hoch!«, wies der Ingenieur seinen Testpiloten an. »Status der Kartuschenkammern?«

»Alle Kammern geladen.«

»Kartuschenstatus?«

»Volle Integritätsmeldung von allen zwölf Rhano-Len-Kartuschen.«

Zwölf Kartuschen. Der Lader war eine hochbrisante Bombe, falls irgendetwas schiefging. Aber wenn er funktionierte ... das Verfahren würde den Wirkungsgrad der Hyperkristalle noch einmal signifikant erhöhen. Und wenn Salkis' Gruppe dann irgendwann mit der Programmierung der äußerst zeitkritischen Prozesse beim Doppelkomprimator so weit war ...

»Übertrittgeschwindigkeit erreicht. Ich aktiviere den Lader. Kartusche eins – geladen. Initiiere Sprung – jetzt!«

Das Knistern stieg hörbar an. Es mochte einen Moment in der Größenordnung der Planckzeit gegeben haben, in dem es ausgeblieben war, weil der Sender sich im Hyperraum befand, doch schon die Elektronik des Empfängers war nicht in der Lage, Aussetzer dieser Kürze überhaupt festzustellen.

»Phase Eins: Blau. Beginne Phase Zwei. Start – jetzt.«

Die codierten Angaben waren erforderlich, weil der Testsprung Lykander über 30 Lichtjahre katapultiert hatte. Niemand konnte wissen, wer bei der für den Kontakt erhöhten Sendeleistung zufällig mithörte. Was die Talur-Werft auf Murnark gerade entwickelte, unterlag aber der höchsten Sicherheitsstufe.

»Rücksprung erfolgreich.«

»Lass die Checkroutine über die benutzte Kartusche laufen und schick mir die Daten.«

»Verstanden. Initiiere Kartuschentausch.« Einen Moment herrschte Schweigen, dann sagte Lykander: »Fehlermeldung. Initiiere Rücksetzroutine.«

Wieder einen Moment Schweigen. Dann: »Abgeschlossen. Soll ich es gleich wieder versuchen, oder möchtest du noch etwas überprüfen?«

Vadkuin überflog die Daten aus der Telemetrie. Alles schien in bester Ordnung. »Versuch es noch einmal.«

»Initiiere Kartuschentausch.« Wieder die Pause, dann: »Kartusche geladen. Transferiere Altkartusche in die Analysekammer.«

Vadkuin wollte bereits aufatmen, als ihm ein rasch ansteigender Wert ins Auge fiel. »Lykander, was ist mit der Kompressorkammer los?«

»Ich sehe es. Rasch ansteigende Temperatur- und Strahlungswerte. Die räumliche Verteilung deutet auf eine ungleichmäßige Wandungsspannung hin, wodurch das vorverdichtete Hyperkristallinsubstrat ungleichmäßig belastet wird. Ich schaue mir den Lader an.«

»Lykander, nein! Die Kartusche geht durch! Der Jäger ...«

Lykander unterbrach ihn. »Wir müssen wissen, was beim Transfer schiefgegangen ist, oder alles war umsonst. Datenübermittlung meiner Sensoren läuft.«

»Lass das, Lykander! Steig aus! Wir bekommen das per Simulation raus!«

»Viel zu unsicher! Wir brauchen diese Daten! Da ist ein Mikroab...«

»Lykander!«

Die Explosion geschah lautlos, weit draußen im All. Das Einzige, was Vadkuin hörte, war die plötzliche Stille, als die Verbindung abriss. Trotzdem kam es ihm vor, als zitterten die Wände seiner Experimentalstation.

Er starrte auf das Holo, in dem das Symbol für den unterbrochenen Kontakt schwebte. Daneben schwebte ein anderes, in dem eine zarte Feuerblüte aufgegangen war und nun in der finsteren Kälte des Alls verwehte.

Vadkuin ballte die Hände zu Fäusten und schmetterte sie auf das Kontrollpult. Schmerz schoss seine Arme entlang. Er schloss die Augen.

»Ly-Zentra, hast du alle Daten?«, flüsterte er.

»Der Datenlink bestand bis zum letzten Augenblick. Die Analyse liegt vor. Die Fertigungstoleranzen der mechanischen Führung waren nicht ausreichend auf die unpräzise Handhabung durch ein Lebewesen ausgerichtet. Der Fehler wurde korrigiert und ein neuer Prototyp ist in der Fertigung. Soll auch ein neuer Lykander hergestellt werden?«

Vadkuin biss die Zähne zusammen. Selbstverständlich lag ein kompletter Klon von Lykanders Positronikinhalten vor, und es würde nur Stunden dauern, einen neuen Lyos vom Lykandertyp herzustellen. Dennoch hatte er Zweifel, dass es dasselbe sein würde. Der Lykander, dessen Existenz soeben beendet worden war, hatte im Laufe der Zeit einige Eigenheiten entwickelt.

Vielleicht war es tatsächlich der Strahlungseinfluss gewesen. Einiges wies allerdings auf einen harmlosen, aber folgenreichen Fertigungsfehler in der Individualpositronik hin – nichts Ungewöhnliches seit dem Posizid und der folgenden Datensintflut, unter der alles gespeicherte Wissen zeitweise ertrunken war.

Was genau anders war, hatte Vadkuin nicht herausgefunden. Er hatte auch wirklich anderes zu tun gehabt, als sich mit der Ursache der Marotten dieser Puppe herumzuschlagen. Als Leiter einer Experimentalwerft gab es für ihn wichtigere Aufgaben.

»Warte ein paar Tage!«, befahl er Ly-Zentra. »Vor dem nächsten Testflug muss der Lader ohnehin in den Teststand. Ich arbeite ein erweitertes Testprogramm aus. Wir können uns keine Materialverschwendung leisten.«

»Wie du wünschst, Hochedler.«

Vadkuin runzelte die Stirn. Hatte Ly-Zentra ihn schon immer mit der Adelsanrede bedacht, die er eben von Lykander indirekt eingefordert hatte? Oder hatte etwas aus Lykanders seltsamer Programmierungsvariante den Lyos-Zentralrechner quasi infiziert? Wenn das stimmte, mochte es sich über kurz oder lang auf alle Testpuppen ausbreiten. Ein grauenhafter Gedanke, der nur noch von der Sorge übertroffen werden konnte, dass der in Thantur-Lok herrschende Krieg irgendwann die Werftwelt erreichte.

1.

TARTS

15. April 2046 NGZ

Das Flackern der verwehenden Explosionen schimmerte in seinem Gesicht. Was darunter an Schmerz und Wut in den roten Augen und dem nur noch schwach sonnengebräunten Gesicht des Mascanten zu lesen war, versetzte Mava da Valgathan einen Stich. Seine Augen tränten ebenso wie die ihren vor Aufregung.

Egal, was sie über ihn und die Terraner sagen – Atlan hat nie die Bindung an sein Volk verloren, dachte die Kommandantin der TARTS. Jeder, der an seiner Seite in diesem Krieg kämpft, sieht das deutlich.

Sie ließ ihren Blick durch die kreisrunde Zentrale schweifen, deren Größe mit 40 Metern Durchmesser der Bedeutung des Flaggschiffs angemessen war. Trotz des gerade errungenen Sieges wirkte keiner der Offiziere an den Schiffsstationen oder denen der Flottenkoordination, als wäre ihm nach Feiern zumute.

Verwundete mussten geborgen und versorgt, Schäden beseitigt und die Verlustlisten zusammengestellt werden – Arbeiten, die keinerlei Aufschub duldeten. Gleichzeitig durfte man sich noch nicht in Sicherheit wiegen; die Schirme blieben aktiv und der Feuerleitstand war bereit, jederzeit wieder die ganze Durchschlagskraft des riesigen GAUMAROL-Raumers gegen plötzlich auftauchende Gegner zum Einsatz zu bringen.

Trotz der Geschäftigkeit bemerkte Mava einige Blicke, die sich auf sie und den Mascanten geheftet hatten. Die Offiziere wandten sich jeweils hastig ab, doch sie sah ihre eigene Sorge gespiegelt.

Drei Wochen dauerte der Krieg in Thantur-Lok bereits an – keine lange Zeit im Vergleich zu anderen Konflikten der Geschichte Arkons, und doch erschienen sie endlos, wenn man mittendrin steckte. Viel zu lange mussten sie sich schon der Invasionsflotten von Naats und Ladhonen erwehren, die ihre Angriffe als Hilfestellung für ihre arkonidische Galionsfigur rechtfertigten: Jarak da Nardonn, den Anführer der imperialistischen Gos'Pothora.

Vor drei Wochen war die LORON III zum Flaggschiff des vom Thantur-Baron eingesetzten Mascanten geworden, der sie in TARTS umbenannt hatte. Seither diente Mava direkt unter dem einzigen Mann, dem Larsav da Ariga zugetraut hatte, die Vereinigten Sternenbaronien Thantur vor der Übernahme durch da Nardonn und seine Helfer zu schützen. Ausgerechnet ein Mann, der angeblich eine Zeit lang als Imperator über alle Arkoniden geherrscht hatte, sollte verhindern, dass ihr Reich erneut zu einem Imperium wurde.

Und er tat es mit einer Leidenschaft und Überzeugung, die Mava nie zuvor an einem ihrer Vorgesetzten erlebt hatte.

Mit einem Ruck wandte sich der uralte und doch wie ein Mann in den besten Jahren aussehende Arkonide vom Umgebungsholo ab. Übergangslos war sein Gesichtsausdruck wieder von nichts als Entschlossenheit und Konzentration geprägt.

Mava straffte sich. »Mascant? Hast du neue Befehle für uns?«

Die Andeutung eines Lächelns zupfte an den Mundwinkeln des Mascanten. »Entspann dich, Kommandantin. Diese Schlacht ist geschlagen und zu unseren Gunsten ausgegangen. Mannschaft und Offiziere der TARTS sollen sich erst einmal erholen, bevor wir zum nächsten Brennpunkt wechseln.«

»Und du?« Es war ihr herausgerutscht, ehe sie es verhindern konnte. Doch nachdem es passiert war, legte sie nach: »Du siehst ebenfalls so aus, als könntest du Erholung brauchen.«

Sie hatte die Schatten gesehen, die sich in den letzten Tagen zunehmend unter seinen Augen abzeichneten. Der Krieg zehrte selbst an dem relativ unsterblichen Zellaktivatorträger, trotz der Energien, die das Gerät ihm zuführte.

Atlan zuckte die Achseln, eine Bewegung, die er sich in den Jahrtausenden bei den Terranern angewöhnt hatte. »Für mich kommt die Zeit der Erholung, wenn das da«, er machte eine Geste zum Umgebungsholo, »beendet ist. Und es muss bald enden. Ruf bitte Aro Ma-Anlaan zum Strategieraum. Es gibt einiges zu besprechen. Dich hätte ich auch gerne dabei.«

Als die Kommandantin den Arm mit dem Kommunikationsarmband hob, um Ma-Anlaan zu rufen, spürte sie einen plötzlichen Luftstoß von der Seite. Sie ließ sich nicht irritieren und setzte ihre Nachricht ab, ehe sie ihre Aufmerksamkeit dem Neuankömmling zuwandte, dessen Materialisation die plötzliche Luftverdrängung verursacht hatte.

»Die Kommandantin hat recht, weißt du?«, sagte das Pelzwesen im Schutzanzug mit hoher Stimme zu Atlan. »Du brauchst dringend mal wieder eine ordentliche Portion Schlaf. Hätte gute Lust, mit dir in dein Bett zu teleportieren und dich telekinetisch auszuschalten.«

Mava runzelte die Stirn. Der gerade mal einen Meter hohe Ilt, der so respektlos mit dem Mascanten umging, grinste zu ihr hoch, dass sein einzelner Nagezahn blitzte. Die dunkleren Linien in dem rotbraunen und weißen Gesichtsfell unterstrichen seinen verschmitzten Ausdruck noch. »Keine Sorge, ich habe deine Gedanken nicht gelesen, sondern die von der da.« Er deutete zu einer in der Nähe sitzenden Funkerin, die große Augen bekam und sich unwillkürlich tiefer duckte. Offenbar war es ihr peinlich, beim Lauschen ertappt worden zu sein.

Mava warf ihr einen verweisenden Blick zu. »Weitermachen! – Und du, Gucky, halt dich bitte aus den Köpfen meiner Mannschaft heraus. Sie ist auch so schon genug Belastungen ausgesetzt.«

»Entschuldige. Alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab«, gab er sich zerknirscht und streckte dann die Hände aus. »Taxi zur Besprechung?«

Auf Atlans Nicken legte die Kommandantin ihre Hand in die linke Hand des Ilts. Der Mausbiber ergriff zeitgleich die Atlans.

Ihre Umgebung wechselte so unvermittelt wie ein Szenenübergang im Trivid.

*

Sie fanden sich im Halbdunkel des Strategieraums wieder, direkt bei einer Gruppe Kontursessel. Die mit Kontrollschnittstellen in beiden Armlehnen versehenen Sitzgelegenheiten waren in Gruppen um den zentralen Holobereich angeordnet. Die Projektionen, die der Übersicht bei der Strategieplanung dienten, waren im Moment ausgeschaltet.

Ma-Anlaan traf wenig später ebenfalls ein. Mava vermutete, dass er sich schon bereitgehalten hatte. Es war durchaus üblich, nach einer Schlacht zügig die weitere Strategie zu besprechen, um bestehende Planungen im Licht neuer Gegebenheiten oder Erkenntnisse anzupassen und zu erweitern.

»Wie geht es Chariklis?«, fragte Atlan.

»Sie schläft«, antwortete Ma-Anlaan.

»Normaler Schlaf?«

Der Strategietheoretiker machte eine verneinende Handbewegung. »Langschlaf.«

Dass die Ablieferung der hermetischen Botschaft nichts am Zustand von Ma-Anlaans »Erbtochter« geändert hatte, war schon kurz darauf klar geworden. Nach wie vor erwachte die Frau, deren Körper wie der einer Dreizehnjährigen aussah, nur alle paar Tage. Es passierte allerdings auffallend oft dann, wenn etwas Besonderes anstand.

»Vielleicht ein gutes Zeichen«, führte Atlan Mavas Gedanken laut fort. »Eröffnungen wie die letzte bringen uns in der gegenwärtigen Situation sowieso nicht weiter. Wir müssen uns erst einmal darauf konzentrieren, diesen Krieg möglichst schnell zu beenden.«

»Die Botschaft hat allerdings durchaus Aspekte eröffnet, auf die wir Rücksicht nehmen müssen«, warf Ma-Anlaan ein. Er war in Atlans Gegenwart inzwischen deutlich entspannter als zu Beginn. »Die Hinweise darauf, dass die Ladhonen in Wirklichkeit mit den Cairanern zusammenarbeiten, verdichten sich immer mehr. Wenn das stimmt, wären also nicht nur die Cairaner und die Shenpadri hinter dir her, sondern auch die Ladhonen. Das erklärt das Ultimatum, das auf deine Auslieferung zielte.«

»Immerhin wollen sie mich lebend«, bemerkte Atlan trocken. »Das erhöht unseren Handlungsspielraum, solange wir sicherstellen, dass sie mich entweder gar nicht oder nur tot in die Hände bekommen.«

Mava zuckte zusammen. »Willst du etwa ...«

Er winkte ab. »Keine Sorge, ich habe keinerlei Neigungen, mein Leben vorzeitig zu beenden. Es gibt Dinge, für die ich zu sterben bereit bin. Aber sollte ich wider Erwarten in Gefangenschaft geraten, hoffe ich, dass meine Freunde mich herausholen, bevor die Cairaner mein Leben für die Öffnung des Transuniversellen Tors opfern.«

»Na klar tun wir das – ein Kinderspiel für mich und mein Transgalaktisches Korps!«, rief Gucky.

Atlan hob eine Augenbraue. »Transgalaktisches Korps? Was soll das denn nun wieder sein?«

»Na ja – mein neues Mutantenkorps, was sonst! Ich selbst bin natürlich der wichtigste Teil und könnte das locker allein schaffen, aber du hast ja noch einige Parabegabte mehr zusammengesammelt, die unter meiner Führung gedeihen könnten: Dancer und ihr Bruder Schlafner, der TARA-Psi und natürlich Chariklis. Zusammen sind wir unschlagbar!«

Ob man Chariklis als Parabegabte bezeichnen konnte, hielt Mava für fraglich, aber auf jeden Fall hatte der fremdartige Zellklumpen in ihrem Gehirn sie verändert. Es gab sogar deutliche Hinweise darauf, dass sie gelegentlich während ihres Langschlafs Ausblicke in die Zukunft bekam und dann Warnungen aussprechen konnte. Leider war diese Fähigkeit ungesteuert, und es hatte durchaus schon viele Situationen höchster Gefahr gegeben, vor denen sie nicht gewarnt hatte. Zumindest gab es aber überhaupt eine Chance auf Warnung.

Die Erwähnung des TARA-Psi irritierte Mava eigentlich mehr. Sie hatte zwar die Bezeichnung gehört, als der Kampfroboter vor fünf Tagen gemeinsam mit Gucky und dem terranischen Geschwisterpaar angekommen war, ihn aber nicht mit Psi-Kräften in Verbindung gebracht. Bei dem Gedanken, dass solch ein Machtfaktor technisch umsetzbar sein sollte, war ihr nicht wohl. Allerdings war im Moment nicht der geeignete Moment für Fragen dazu.

Atlan wiegte den Kopf. »Mit zwei Terranern, einem Ilt, einer Arkonidin und einem Roboter ist aber das transgalaktische Flair recht begrenzt«, stellte er fest.

Gucky zeigte seinen Nagezahn. »Stimmt, selbst wenn Donn wieder zurückkommt, trägt er nichts Neues dazu bei. Aber vielleicht bekomme ich Neseese Gaazkin dazu, mitzumachen. Streng gesehen wären wir dann sogar schon intergalaktisch, da die Cairaner ja aus einer anderen Galaxis stammen.«

»Eine Cairanerin in deinem Mutantenkorps? Würde das nicht einen zu großen Interessenkonflikt darstellen?«, gab Atlan zu bedenken.

Gucky stieß hörbar die Luft aus. »Neseese ist im Moment ein Kind und lange noch nicht bereit für eine Korps-Karriere! Ist doch klar, dass das Zukunftsmusik ist für die Zeiten, wenn der ganze Blödsinn mit dem Transuniversellen Tor vorbei ist und die Cairaner kapiert haben, dass es besser ist, einfach mit uns zusammenzuleben. Und apropos transuniversell: Warte nur ab, bis Shinae wiederkommt – mit einer anerkannten Bürgerin von Allerorten wäre auch mein Korps transuniversell!«

Jetzt musste Atlan lachen. Mava sah, wie gut es ihm tat, und dankte dem Ilt innerlich. Als habe er ihre Gedanken gelesen, zwinkerte er ihr zu.

»Jetzt werdet aber mal ernst!«, mahnte er, als hätte nicht er selbst den Anstoß zur Heiterkeit gegeben. »Wir haben Pläne zu schmieden.«

*

»Es ist der Nachteil des Verteidigers, dass er schnell zum reinen Reagieren verdammt wird«, sagte Atlan. »Seit Beginn des Krieges springen wir nur von einem Brandherd zum anderen in der Hoffnung, die Invasoren am weiteren Vordringen zu hindern. Bislang konnten wir zwar wegen unserer technischen Überlegenheit alle diese Brände löschen, aber jedes Mal war inzwischen irgendwo anders ein neuer Funke geflogen. Unsere Gegenspieler sind uns zahlenmäßig einfach überlegen, auch wenn wir im Schnitt die bessere Technik haben. Wenn wir weiter lediglich reagieren, artet das alles zu einer reinen Materialschlacht aus.«

Mava runzelte die Stirn. »Haben wir denn Alternativen? Ich meine, seien wir ehrlich – theoretisch könnte der Gegner auch direkt nach Zalit springen, und es gäbe nichts, was wir dagegen tun könnten. Die Naats könnten wir vielleicht noch mit Linearraumtorpedos stoppen, aber die Ladhonen sind ebenso schlau wie wir und haben rein auf Transition gesetzt, was natürlich auch auf da Nardonns paar Hundert Unterstützerschiffe zutrifft. Wenn die komplette Flotte der Ladhonen entscheiden würde, einfach zeitgleich ins Vogasystem zu transitieren, müssten wir reagieren, egal wie ausgefeilt unsere sonstigen Pläne sind.«

»Ganz genau«, stimmte Atlan zu. »Wir werden dem Gegner weiterhin keine Welt kampflos überlassen. Die kurzen Entfernungen im Sternhaufen haben den Vorteil, dass wir fast umgehend reagieren können, egal wo er auftaucht.«

»Von Zalit aus können wir fast jeden Punkt in Thantur-Lok mit nur einem Sprung erreichen, wenn das notwendig ist.« Mava war nicht sicher, wieweit dem lange Verschollenen die neueren technischen Entwicklungen bewusst waren. »Unsere Lafeta-Transitionstriebwerke haben bei vollem Einsatz der Rha'Nostol-Kompressoren eine Sprungreichweite von fünfzig Lichtjahren. Nur die Beschleunigung bis zur Übertrittgeschwindigkeit bestimmt die Reaktionszeit.«

»Bekannt«, sagte Atlan, neigte aber leicht den Kopf, als wollte er sich dennoch bedanken. »Die Triebwerke heißen nicht umsonst Laktrot'Ferm-Taàrk, überlegener Transitionsantrieb. Der Verbrauch an Hyperkristallen ist aber immens, weshalb wir solche Direktsprünge wirklich nur in Notfällen einsetzen dürfen, solange nicht sicher ist, wie lange sich dieser Konflikt hinziehen wird. «

Ma-Anlaan ergänzte: »Wir dürfen keine Materialengpässe riskieren, die unsere Beweglichkeit einschränken, denn nur in dieser Beweglichkeit sehe ich unsere Chance, das Patt vorzeitig zu durchbrechen, Wir müssen mehr Energie in die Aufklärung stecken, um herauszufinden, wo da Nardonn als Nächstes auftritt. Er ist der Drachenkopf, der abgeschlagen werden muss, um alles auseinanderfallen zu lassen.«

Atlan wischte ablehnend mit der Hand durch die Luft. »Ich bezweifle, dass es so einfach sein wird. Erstens haben wir schon einmal geglaubt, da Nardonn sei tot, und dann ist er wieder aufgetaucht. Wenn das noch einmal passiert, erhält er einen Nimbus der Unsterblichkeit, der unsere Sache eher schwächen würde. Es sind Männer und Frauen mit solchen mystifizierten Glorienscheinen, die sich viele Leute als Herrscher wünschen, ohne zu begreifen, was sie damit aufgeben.«

Mava dachte kurz darüber nach, wie viel mystifizierter Glorienschein eigentlich Atlan umgab. Genug jedenfalls, um den Thantur-Baron da Ariga zu veranlassen, ihm die in Kriegszeiten zweithöchste Position der Kristallbaronien zu verleihen. Und es hatte funktioniert: Die Reihen der Flotte hatten sich unter Atlans Führung schon nach wenigen erfolgreichen Gefechten so eng geschlossen wie schon lange nicht mehr. Sogar die seltsame Scharade mit dem angeblichen Doppelgänger im Rahmen des misslungenen Putsches nahm man ihm angesichts seiner unbestreitbaren Fähigkeiten nicht mehr übel.