Perry Rhodan 509: Die Banditen von Terrania - Ernst Vlcek - E-Book

Perry Rhodan 509: Die Banditen von Terrania E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Er ist der große Unbekannte - er befehligt die Armee der Marionetten Der August des Jahres 3441 Terrazeit geht seinem Ende zu. Perry Rhodan, vor Monaten aus der Galaxis Gruelfin zur Erde zurückgekehrt, stand vor den Trümmern dessen, was in jahrhundertelanger Arbeit mühsam aufgebaut worden war. Er ließ die bewährte MARCO POLO auf dem Flottenhafen von Terrania zurück und begab sich zusammen mit 60 Gefährten, unter ihnen Gucky und Atlan, mit der GOOD HOPE II, einem kleinen, speziell ausgerüsteten Raumkreuzer, erneut ins Ungewisse. Perry Rhodan versucht, den mysteriösen "Schwarm" zu erforschen, der unaufhaltsam immer weiter in die Galaxis eindringt. Er geht von der Annahme aus, dass es gelingen könnte, ein Gegenmittel gegen die vom Schwarm ausgehende Manipulierung der Gravitationskonstante, die die Verdummung der meisten Intelligenzen bewirkt, zu finden, oder die Beherrscher des Schwarms wenigstens davon abzubringen, die Milchstraße zu durchqueren. Auch Reginald Bull mit seiner INTERSOLAR hält sich in der Nähe des Schwarms auf. Der Staatsmarschall und seine Leute leisten Hilfe, wo und wann immer es ihnen möglich ist. Wie aber sieht es inzwischen auf der Erde aus? - Hier sind auf einigen Sektoren gewisse Fortschritte erzielt worden. Dennoch ist es der kleinen, erschöpften und überlasteten Gruppe um Galbraith Deighton und Roi Danton nicht möglich, sich um alles zu kümmern, denn zu viele Probleme müssen bewältigt werden. Ein Unbekannter macht sich die prekäre Lage der Immunen zunutze. Er strebt nach Macht - und seine Helfer sind DIE BANDITEN VON TERRANIA ...

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Nr. 509

Die Banditen von Terrania

Er ist der große Unbekannte – er befehligt die Armee der Marionetten

von ERNST VLCEK

Der August des Jahres 3441 Terrazeit geht seinem Ende zu. Perry Rhodan, vor Monaten aus der Galaxis Gruelfin zur Erde zurückgekehrt, stand vor den Trümmern dessen, was in jahrhundertelanger Arbeit mühsam aufgebaut worden war. Er ließ die bewährte MARCO POLO auf dem Flottenhafen von Terrania zurück und begab sich zusammen mit 60 Gefährten, unter ihnen Gucky und Atlan, mit der GOOD HOPE II, einem kleinen, speziell ausgerüsteten Raumkreuzer, erneut ins Ungewisse.

Perry Rhodan versucht, den mysteriösen »Schwarm« zu erforschen, der unaufhaltsam immer weiter in die Galaxis eindringt. Er geht von der Annahme aus, dass es gelingen könnte, ein Gegenmittel gegen die vom Schwarm ausgehende Manipulierung der Gravitationskonstante, die die Verdummung der meisten Intelligenzen bewirkt, zu finden, oder die Beherrscher des Schwarms wenigstens davon abzubringen, die Milchstraße zu durchqueren.

Auch Reginald Bull mit seiner INTERSOLAR hält sich in der Nähe des Schwarms auf. Der Staatsmarschall und seine Leute leisten Hilfe, wo und wann immer es ihnen möglich ist.

Wie aber sieht es inzwischen auf der Erde aus? – Hier sind auf einigen Sektoren gewisse Fortschritte erzielt worden. Dennoch ist es der kleinen, erschöpften und überlasteten Gruppe um Galbraith Deighton und Roi Danton nicht möglich, sich um alles zu kümmern, denn zu viele Probleme müssen bewältigt werden.

Die Hauptpersonen des Romans

Serkano Staehmer – Ein Dolmetscher übernimmt eine lebensgefährliche Aufgabe.

Galbraith Deighton – Der SolAb-Chef lässt den großen Unbekannten jagen.

Dada – Anführer einer Gruppe von Banditen.

Memo – Ein Ezialist auf schiefer Bahn.

Grohaan Opinzom – Ein Mann, der keine Aufregungen verträgt.

Perry Rhodan

1.

Dada

Es ist ein verdammt harter Job, mit einer Bande von hundert Verdummten durch den Betondschungel zu ziehen. Sie sind schwerer zusammenzuhalten als ein Sack voll Flöhe und noch schwerer sind sie abzurichten. Selbst eine so einfache Sache wie die Beschaffung von Nahrung kann zu einem lebensgefährlichen Unternehmen werden.

Dabei lagen Tonnen von Frischfleisch direkt vor unserer Nase. Wir brauchten nur in den Zoo zu gehen und uns Exemplare jener Tiergattungen auszusuchen, die uns als essbar erschienen.

Während ich mit dem Gros meiner Leute außerhalb des Zoos wartete und die Gegend absicherte, schickte ich Moro, Ole und Vast los, die sich auf dem Gelände nach einem Wärter umsehen sollten. Es war nicht anzunehmen, dass Danton und Deighton einen ihrer Männer abgestellt hatten, um den Zoo zu bewachen. Denn erstens waren sie knapp an halbwegs intelligenten Leuten, und zweitens wurde der Tiergarten von Terrania City während des Chaos vollautomatisch versorgt. Doch wollte ich kein Risiko eingehen und schickte deshalb die drei los. Ich hatte ausdrücklich angeordnet, dass sie von barbarischen Spielereien Abstand nehmen sollten.

Vielleicht klingt es bei einem Mann meiner Sorte, der schon vor dem Zusammenbruch der Zivilisation ein Außenseiter der Gesellschaft war, seltsam, aber ich hielt nichts von gräulichen Extravaganzen. Wer den eigenen Interessen im Wege stand, musste beseitigt werden ... aber schnell und ohne Mätzchen.

Als die drei nach zwei Stunden zurückkamen, merkte ich ihnen schon von weitem an, dass sie meinen Befehl missachtet hatten.

Memo, das verdummte Genie und meine rechte Hand, sagte an meiner Seite: »Die befinden sich jetzt noch im Blutrausch.«

Voll böser Ahnungen erkundigte ich mich bei den drei Kundschaftern: »Hat es Schwierigkeiten gegeben?«

Sie schüttelten die Köpfe und kicherten dabei wie Jungen, die sich einen albernen Scherz geleistet hatten.

»Keine Schwierigkeiten, Dada«, antwortete Moro schließlich. Er gehörte zu meinen intelligentesten Leuten, obwohl er sich geistig kaum mit einem normalen achtjährigen Jungen hätte messen können.

»War kein Wärter da?«, fragte ich nun geradeheraus.

»Ach wo«, sagte Moro und grinste breit.

Meine Stimme bekam einen drohenden Unterton. »Du weißt, dass ich euch untersagt habe, euch an einem Wärter abzureagieren.«

Auf Moros Gesicht zeichnete sich grenzenlose Überraschung ab. »Das hast du gesagt, Dada? Ich habe es glatt vergessen.« Sein Gesicht entspannte sich wieder. »Aber es macht nichts, denn es gab sowieso keinen Wärter.«

»Glaubst du ihnen so ohne weiteres?«, stichelte Memo. »Ich sehe diesen Kerlen doch an, dass sie irgendeine Teufelei inszeniert haben.«

Ich überhörte Memos Einwand. Manchmal fiel er mir so auf die Nerven, dass ich ihn am liebsten zum Teufel geschickt hätte. Aber leider benötigte ich seine Unterstützung.

»Dann ist die Luft im Zoo rein?«, fragte ich Moro.

»Die Luft ist rein«, versicherte er grinsend.

Vast fügte eifrig nickend hinzu: »Ja, ja, und wir haben auch schon die Vorbereitungen für das große Halali getroffen.«

Moro wirbelte herum und schlug Vast mit einem Faustschlag nieder.

»Du Idiot!«, schrie er ihn wütend an. »Das war doch als Überraschung für Dada gedacht.«

Ich wechselte einen raschen Blick mit Memo.

»Welche Überraschung?«, fragte ich.

Moro blickte zu Boden und scharrte unruhig mit dem Fuß über den staubigen Straßenbelag.

»Nun«, begann er zögernd. »Als wir den Zoo durchstreiften, stießen wir auch auf das Hauptgebäude. Du weißt schon, dort befinden sich die ganzen Schaltanlagen, mit denen man die Schutzschirme und die Käfige für die Tiere kontrollieren kann. Ich wollte dir die Arbeit erleichtern, deshalb haben wir an den Schaltern herumgefummelt.« Jetzt strahlte Moro über das ganze Gesicht. »Und es ist uns gelungen!«

Ich brauchte nicht mehr zu fragen, was ihnen gelungen war. Wir alle sahen in diesem Augenblick das Ergebnis von Moros Bemühungen. Durch das Tor des Tiergartens kam ein Rudel exotischer Kleintiere geprescht und verschwand zwischen den Häuserschluchten. Dann erklang ein langanhaltendes Röhren, die Bäume im Park des Zoos teilten sich, und ein Saurier kam angestampft. Es schien, als hätte das Erscheinen des Monstrums einer Urwelt den Bann gelöst. Denn nun brachen aus allen Teilen des Parks Tiere ... es waren Raubkatzen, Riesenspinnen, Echsen und Saurier von Tausenden von verschiedenen Planeten der Galaxis. Raubvögel und Aasfresser aller Arten und Größen stiegen von den Bäumen auf und verschwanden im Luftraum von Terrania City.

Und dann erblickte ich den Welsch, auf dessen zartes und saftiges Fleisch ich es abgesehen gehabt hatte. Die Raubkatze mit dem schlangenförmigen Körper und den zehn muskulösen Beinen verharrte für Sekundenbruchteile am Rande des Tiergartens. Als sie uns mit ihren drei auf der zurückfliehenden Stirn zu einem Dreieck angeordneten Augen erblickte, hetzte sie in weiten Sprüngen davon.

Ich hob die Strahlenpistole und schoss. Aber ich verfehlte mein Ziel. Der Welsch war für mich verloren ... verschwunden im Betondschungel von Terrania City.

»Aus dem geplanten Festessen wird nun nichts werden, Dada«, ließ sich Memo an meiner Seite hören. »Dein kluger Moro hat die Energiebarrieren abgeschaltet, welche die Tiere in ihren Gehegen gefangen hielten. Es ist wahrlich jammerschade, dass er ausgerechnet den Hauptschalthebel erwischt hat! Aber du kannst dich damit trösten, dass er dir damit eine Freude bereiten wollte, Dada.«

»Du sollst mich nicht Dada nennen«, fuhr ich Memo an. »Du weißt, dass das nur für die Verdummten gilt, die sich meinen Namen nur schwer merken können.«

»Okay, Arlon«, sagte Memo. »Aber denke du bitte auch daran, dass ich ebenfalls einen Namen besitze.«

»Klar, Memo«, erwiderte ich. »Du heißt Grielman Long und bist Professor der Extra Zerebralen Integration ... und wahrscheinlich der einzige Ezialist, der nicht gänzlich verdummt ist.«

Als ein behäbiger Dickhäuter aus dem Tiergartengelände ausbrach, gab ich meinen Leuten einen Wink. Sie stimmten ein wildes Geheul an, schwangen ihre Brechstangen und Keulen und luden ihre Steinschleudern.

Zehn Minuten später war der Dickhäuter erlegt, und wir waren für einige Tage mit Fleisch versorgt. Aber es ärgerte mich doch, dass es sich nicht um zartes, saftiges Welschfleisch handelte.

Ich suchte nach Moro, der mich um diesen Genuss gebracht hatte.

2.

Das war vor zwei Tagen gewesen.

Jetzt schrieben wir den 21. August des Jahres 3441. Es war Mittag in Terrania City. Wir merkten nichts davon, denn wir hatten uns in die Station einer Rohrbahn zurückgezogen. Meine Männer waren an allen Zugängen und in dem Rohrbahntunnel postiert ... auf diese Art und Weise schützte ich mich vor unliebsamen Überraschungen. Außerdem hatte ich in jede Richtung des Tunnels je eine vierköpfige Gruppe ausgeschickt, die die nähere Umgebung erkunden sollte.

Der Grund, warum ich ausgerechnet diese Station zu unserem Lagerplatz auserwählt hatte, war, dass hier die Deckenbeleuchtung noch funktionierte. Elektrisches Licht war in Terrania City zu einem Luxus geworden. Diese Rohrbahnstation war auch sonst noch ganz gut erhalten, wenn man von den unzähligen Kritzeleien an den Wänden absah. Memo nannte die Schmierereien an den Wänden »Betonmalereien«, was in Anlehnung an die Höhlenmalereien der Steinzeit geschah.

Ich stand vor einer Wand, auf die in ungelenken Schriftzügen geschrieben worden war:

TOT DER ZIWILISAZION.

Das entlockte mir ein geringschätziges Lächeln. Meine Intelligenz hatte durch die allgemeine Verdummungswelle zwar auch gelitten, aber immerhin merkte ich die Rechtschreibfehler der Inschrift.

»Das ist eine Schande für die Menschheit«, sagte ich.

»Ganz deiner Meinung, Boss«, stimmte mir Memo zu.

Ich spuckte aus. »Schreibe du es richtig hin«, forderte ich den Ezialisten auf.

»Warum?«

»Weil ich es verlange.«

Memo bückte sich nach einem Stück grüner Ölkreide auf dem Boden und schrieb in schwungvollen Zügen an die Wand:

TOD DER ZIVILISATION.

»Jetzt kommst du dir wohl mächtig klug vor«, höhnte ich.

»Ich habe nur getan, was du mir befohlen hast«, verteidigte sich der Ezialist.

Ich betrachtete ihn. Er war klein und verwahrlost wie wir alle. Aber er unterschied sich in einem wesentlichen Punkt von den verdummten Kreaturen in meinem Gefolge: In seinen Augen spiegelte sich die Intelligenz, die ihm im Gegensatz zu den anderen erhalten geblieben war.

»Warum gehorchst du mir so bedingungslos?«, fragte ich ihn. »Du hättest es gar nicht nötig, dich von mir herumkommandieren zu lassen. Du bist intelligent und verschlagen genug, um dich in diesem Tollhaus durchzusetzen.«

»Ich gehöre zu dir«, entgegnete er. Nachdem er sich die Lippen beleckt hatte, fuhr er fort: »Du bist immer noch mein Patient, Arlon. Egal, was passiert, ich fühle mich für dich verantwortlich.«

»Du hast wohl einen Schuldkomplex auf dich geladen«, sagte ich ihm ins Gesicht. »Du fühlst dich schuldig, weil du mich, einen vielfachen Verbrecher, aus dem Gefängnis befreit und für deine ungesetzlichen Experimente verwendet hast. Gib es doch zu, du fürchtest dich davor, mich auf die Menschheit loszulassen.«

»Ich habe nichts Ungesetzliches getan«, verteidigte sich der Ezialist. »Meine Methode, durch einen operativen Eingriff in das Gehirn die Resozialisierung eines Asozialen zu erwirken, ist nicht ungesetzlich. Sie ist lediglich noch nicht anerkannt. Aber an deinem Beispiel sehe ich, dass ich den richtigen Weg beschreite.«

Ich lachte. »Nennst du es einen erfolgreichen Resozialisierungsprozess, wenn ich mit einer Bande plündernd und mordend durch Terrania City streife?«

»Ich sehe in dir nur ein Opfer der Umweltveränderung«, entgegnete er. »Aber meine Operation war erfolgreich. Denn während Millionen verdummten, hast du den Großteil deiner Intelligenz behalten.«

»Und wie kam es, dass du selbst nicht degeneriertest?«, wollte ich wissen.

»Ich habe die gleiche Operation schon vor dir an mir selbst vornehmen lassen«, antwortete Memo. »Dazu war nicht mehr als ein entsprechend programmierter Medorobot nötig.«

»Du bist wirklich ein Genie«, sagte ich bewundernd. Manchmal hasste ich den Professor, aber ich war auf ihn angewiesen. Seine Überheblichkeit, die Art, wie er mir zu verstehen gab, dass ich ihm geistig nicht das Wasser reichen konnte, das fiel mir auf die Nerven. Aber andererseits hatten mir seine Ratschläge schon oftmals geholfen. Angenehm an ihm war auch, dass er mir nie mit Gesetzesparagraphen, mit Moral und Ethik kam. Er war anscheinend mit mir einer Meinung, dass die neuen Lebensbedingungen auch nach neuen Maßstäben verlangten.

»Ich bin kein Genie, nur ein Ezialist«, widersprach Memo. »Alles, was ich kann und was ich geleistet habe, verdanke ich der Extra Zerebralen Integration. Der Ezialismus ist eine alte Wissenschaft. Schon vor mehr als tausend Jahren versuchte ein Mann namens Flensh Tringel der Menschheit die Gefahren des Spezialistentums vor Augen zu halten. Er wollte mit dem Ezialismus bei den Menschen eine Zusammenfassung aller Gehirnfunktionen zu einem Ganzen erreichen. Er wollte, dass sich die Menschen nicht auf ein Gebiet spezialisierten, sondern sich ein umfassendes Allgemeinwissen aneigneten. Das ist Ezialismus. Ein Ezialist sollte Psychologe, Biologe, Kybernetiker und Handwerker zugleich sein. Natürlich weiß ein Ezialist nicht soviel wie beispielsweise ein Galaktopsychologe auf seinem Gebiet. Aber der Ezialist sollte genügend Begriffe aus der Galaktopsychologie kennen, um wirkungsvoll improvisieren zu können. Ich glaube, der Ezialismus hat sich nur deshalb nicht durchgesetzt, weil er eine Kampfansage an das Spezialistentum ist ...«

»Halt den Mund!«, unterbrach ich Memo, sonst hätte er sich wohl noch stundenlang über sein Lieblingsgebiet ausgelassen.

Eine Stunde später kamen meine Kundschafter zurück. Vast, der die eine Gruppe angeführt hatte, berichtete aufgeregt über eine unterirdische Halle, in der Rohrbahnzüge abgestellt waren. Aus seinen Worten ging hervor, dass die Halle mit Energie versorgt wurde.

Wir brachen sofort auf und verlegten unseren Lagerplatz in die Halle.

»Was willst du denn hier?«, erkundigte sich Memo. »Diese gigantischen Räumlichkeiten lassen sich mit den hundert Mann, die du hast, doch überhaupt nicht verteidigen.«

»Darauf kommt es gar nicht an«, erwiderte ich. »Wir werden hier ohnehin nicht lange lagern. Mir geht es hier nur um die Rohrbahnzüge. Mit einem von ihnen könnten wir den Stadtrand um vieles schneller erreichen.«

Es geschah selten, dass ich eine Idee hatte, noch bevor Memo auf den gleichen Gedanken gekommen war! Aber diesmal konnte ich mit Befriedigung registrieren, dass ich ihm um Längen voraus gewesen war.

3.

Der Traum kam jede Nacht wieder:

Ich sitze Danton-Deighton gegenüber. Zwischen uns steht ein 3-D-Schach. Ich kann nur verschwommene Umrisse meiner beiden Gegner erkennen. Wenn sie Bewegungen mit den Händen machen, dann zeigt sich das mir nur durch einen verwischten Streifen an.

Danton zieht den Königsbauern auf. Ich springe mit dem Rössel auf C3 hoch 3. Da macht Deighton einen seltsamen Zug. Er schlägt mit dem Turm den im Wege stehenden eigenen Bauern und geht damit auf H5 hoch 6. Das irritiert mich.Ich schwitze.

Der Schweiß rinnt mir in Strömen von der Stirn.

Ich komme nicht hinter den Sinn des Danton-Deighton-Zuges.

Wie kann ich kontern?

Setze sie schachmatt!, fordert meine innere Stimme.

Ja, das werde ich tun.

Aber wie?

Geh aufs Ganze!, rät meine innere Stimme.

Jawohl.

Aber wie kann ich sie schlagen?

Fege sie vom Brett!, befiehlt meine innere Stimme.

Ich bäume mich mit einem Wutschrei auf, stürze mich in den Kubus des 3-D-Schachs und befördere alle gegnerischen Figuren mit Händen und Füßen hinaus.

Danton-Deighton verblassen.

Ich bin der strahlende Sieger.

So ist es richtig, lobt meine innere Stimme. Vernichte ihre Station, zertrete ihre Helfer und töte Danton und Deighton. Unternimm alles, um die Versuche, Recht und Ordnung wiederherzustellen, schon im Keime zu ersticken.

Ich schwöre, dass ich dies tun werde!

Mit diesem Eid verblasste der Traum.

*

Jemand rüttelte mich wach.

»Ole ist zurück«, hörte ich Memos Stimme. »Er hat eine interessante Entdeckung gemacht.«

Ich war sofort hellwach.

»Was gibt's, Ole?«

Ole, der in seiner Tasche noch einen Identitätsausweis trug, der auf den Namen Joannes Olennson lautete, wischte sich mit dem Handrücken den Speichel vom Mund und berichtete: »Ich habe mit Tyll und Rick den Fernverbindungstunnel durchstreift. Wir verhielten uns so vorsichtig dabei, wie du es uns befohlen hast, Dada. Ehrenwort, wir haben uns an deinen Befehl gehalten. Zwei Echsen aus dem Zoo, die uns im Tunnel entgegenkamen, haben wir lautlos getötet. Tyll musste dran glauben. Aber er schrie nicht mal, bevor er starb. Siehst du, Dada, so haben wir uns an deinen Befehl gehalten. Und es war gut so. Denn bald darauf sind wir zu einer Rohrbahnstation gekommen, in der eine andere Bande ihren Lagerplatz aufgeschlagen hat.«

»Weißt du, um welche Bande es sich handelt?«, wollte ich wissen.

Ole nickte eifrig. »Es ist Neikos Bande. Ich habe den Fettwanst selbst gesehen.«

Mich durchfuhr es siedendheiß.

»Besteht kein Irrtum?«

»Ehrenwort, Dada. Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen.«

»In Ordnung, Ole, du bist ein guter Junge.« Ich gewährte ihm eine Sonderration Fleisch und schickte ihn weg. Mein Blick kreuzte sich mit dem Memos.

»Du willst Rache an ihm nehmen«, sagte er. Es war eine Feststellung. Als ich nichts antwortete, fuhr er fort: »Ich kann dir nachfühlen, dass du ihn hasst. Er war es schließlich, der unseren Unterschlupf zerstört und geplündert hat, als wir beide noch allein waren. Aber glaubst du, dass du schon stark genug bist, um dich mit ihm messen zu können? Ihm unterstehen doppelt so viele Leute, wie du hast.«

»Ich fürchte mich nicht vor ihm.«

»Mut allein genügt nicht«, hielt Memo dagegen. »Außerdem haben wir uns die Zerstörung des Hauptquartiers von Danton und Deighton zur Aufgabe gemacht. Wie willst du das schaffen, wenn Neiko Garnish deine Bande aufreibt?«

»Du wirst dir eine List einfallen lassen«, sagte ich. »Du wirst dir etwas einfallen lassen, wie wir Neikos Bande vernichten können, ohne unsere eigenen Leute zu gefährden.«

»Das werde ich nicht tun«, widersprach Memo. »Ich habe schon zuviel auf mein Gewissen geladen. Jetzt will ich nicht noch auch ein Massenmörder werden.«