Perry Rhodan Neo 247: Die Welt jenseits der Zeit - Kai Hirdt - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan Neo 247: Die Welt jenseits der Zeit E-Book und Hörbuch

Kai Hirdt

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Beschreibung

Das Jahr 2090: Ein halbes Jahrhundert nachdem die Menschheit ins All aufgebrochen ist, bildet die Solare Union die Basis eines friedlich wachsenden Sternenreichs. Aber die Sicherheit der Menschen ist gefährdet: durch interne Konflikte und externe Gegner, zuletzt durch das mysteriöse Dunkelleben. Eigentlich hat Perry Rhodan gehofft, diese Gefahr gebannt zu haben. Doch überall dort, wo der skrupellose Iratio Hondro aktiv ist, bleibt das Dunkelleben eine Bedrohung. Nun nimmt der Plophoser das Solsystem ins Visier. Hondro setzt Jessica Tekener als unfreiwillige Helferin ein. Die junge Frau infiltriert NATHAN, die Künstliche Intelligenz auf dem Mond, mit sogenannten Technosporen. Währenddessen betreten der Arkonide Sofgart, der Oxtorner Omar Hawk mit seinem Okrill Watson sowie der Mausbiber Gucky auf dem Mars einen Zeitbrunnen. Sie wollen so schnell zum Mond kommen, aber es verschlägt sie an einen Ort voller kosmischer Geheimnisse – auf DIE WELT JENSEITS DER ZEIT ...

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Seitenzahl: 224

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Zeit:5 Std. 58 min

Veröffentlichungsjahr: 2021

Sprecher:Hanno Dinger

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Band 247

Die Welt jenseits der Zeit

Kai Hirdt

Cover

Vorspann

1.

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7.

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Impressum

Das Jahr 2090: Ein halbes Jahrhundert nachdem die Menschheit ins All aufgebrochen ist, bildet die Solare Union die Basis eines friedlich wachsenden Sternenreichs. Aber die Sicherheit der Menschen ist gefährdet: durch interne Konflikte und externe Gegner, zuletzt durch das mysteriöse Dunkelleben.

Eigentlich hat Perry Rhodan gehofft, diese Gefahr gebannt zu haben. Doch überall dort, wo der skrupellose Iratio Hondro aktiv ist, bleibt das Dunkelleben eine Bedrohung. Nun nimmt der Plophoser das Solsystem ins Visier.

Hondro setzt Jessica Tekener als unfreiwillige Helferin ein. Die junge Frau infiltriert NATHAN, die Künstliche Intelligenz auf dem Mond, mit sogenannten Technosporen.

Währenddessen betreten der Arkonide Sofgart, der Oxtorner Omar Hawk mit seinem Okrill Watson sowie der Mausbiber Gucky auf dem Mars einen Zeitbrunnen. Sie wollen so schnell zum Mond kommen, aber es verschlägt sie an einen Ort voller kosmischer Geheimnisse – auf DIE WELT JENSEITS DER ZEIT ...

1.

Sie konnte es nicht verhindern. Ihre Hand, ihr ganzer Körper tat nicht, was Jessica Tekener wollte, sondern, was Hondro befahl. Mit dem Daumen schnippte sie das Kästchen an ihrem Gürtel auf und entließ den unsichtbaren, todbringenden Inhalt.

NATHAN reagierte. Strahlend blauer Glanz blendete Jessica, als blicke sie an einem perfekten Sommertag in einen wolkenlosen Himmel. Von der Wahrheit hätte das nicht weiter entfernt sein können. Sie befand sich tief unter der Oberfläche des Erdmonds, eine hilflose Marionette des Puppenspielers Iratio Hondro.

Sie hatte die Technosporen freigesetzt, die in NATHANS Nervensystem eindringen sollten – falls diese Bezeichnung auf die anorganische Intelligenz überhaupt anwendbar war. Gelang der Plan, konnte Hondro die Hyperinpotronik unter seine Kontrolle zwingen, so wie er Jessica unter Kontrolle hatte. Sie musste jedweden Befehl von ihm ausführen.

Nicht widerspruchslos. Es amüsierte Hondro, wenn sie widersprach. Beugen musste sie sich am Ende trotzdem.

NATHAN wollte ein ähnliches Schicksal verständlicherweise vermeiden und hatte ein großvolumiges, blau gleißendes Energiefeld um Jessica und die nähere Umgebung errichtet. Reichte das als Schutz, nachdem alle anderen Abwehrmittel nichts gefruchtet hatten?

Jessica glaubte es nicht. »Es tut mir leid«, wimmerte sie.

»Das braucht es nicht.« NATHANS volle Samtstimme klang aus allen Richtungen zugleich, voller Wärme, voller Mitgefühl. Als er sprach, erschien vor Jessica das Hologramm eines blau leuchtenden Tetraeders in der Luft. »Sie tragen keine Verantwortung für die zurückliegenden Ereignisse.«

So fühlte es sich aber nicht an. Sie hatte die Waffe geführt, deren Strahlen NATHANS Verteidiger getötet hatte. Sie hatte ihre Begleiter zum Sterben zurückgelassen, um ans Ziel zu gelangen: zu NATHANS Herz, seinem Hirn, oder was auch immer die beste Analogie für diese völlig fremdartige Intelligenz sein mochte.

Finde heraus, was das Energiefeld soll, hörte sie Hondros Stimme in ihren Gedanken.

»Was geschieht jetzt?«, hörte sich Jessica sagen. Die rechte Hand hielt noch immer das Verderben bringende Sporenkästchen. Mit der Linken deutete sie in einer weiten Geste auf den gleißenden Schirm, der sie und die kreisrunde, schwarz wabernde Fläche des Zeitbrunnens in NATHANS Zentrum umschloss. Erst eine Minute war es her, dass ihr letzter Verfolger dort hineingestürzt war. Nichts an der schwarzen Fläche zeugte noch davon; keine sich ringförmig ausbreitenden Wellen erinnerten an den in Erfüllung seiner Pflicht gestorbenen Raumsoldaten Clyde Callamon.

Das Tetraederholo verwandelte sich in einen Würfel, dann in einen regelmäßigen Achtseiter. »Es versteht sich«, antwortete NATHAN, »dass die von Ihnen freigesetzten Sporen meine Kernsysteme nicht infiltrieren dürfen. Das Schutzfeld verhindert ihre Ausbreitung, während ich die Entsorgung vorbereite.« Ein Dodekaeder. Ein Ikosaeder. Und zurück auf Anfang zum Tetraeder.

Jessica hörte Hondro nicht in ihrem Kopf, aber sie spürte ihn. Sein Gefühl von Hohn und Genugtuung. Die Technosporen waren zäh. Egal was NATHAN gegen sie ins Gefecht führen wollte: Die Hyperinpotronik mochte viele von ihnen vernichten, aber es blieb immer etwas zurück – und jede einzelne konnte Keimzelle einer neuen Kolonie werden. Die Sporen würden auf ihre Chance warten, jahrelang, wenn es nötig war, und sich dann auf ihr Opfer stürzen. Keine Form von künstlicher oder anorganischer Intelligenz konnte sich ihnen widersetzen.

Jenseits des Zeitbrunnens, dieser mysteriösen, schwarzen Fläche, flackerte der blaue Schirm. Jessica erschrak. Hatten die Sporen schon einen Ausweg gefunden? Hatte Hondro so schnell gewonnen? Sie spürte ihr Entsetzen als Ziehen im Nacken.

Nein! Der Schirm wurde nicht durchbrochen, er änderte nur die Form. Eine Blase wölbte sich nach innen. Darin konnte sie schemenhaft eine Gestalt erkennen: eckig, technisch, definitiv nicht menschlich.

Die eingewölbte Blase erlosch, doch zuvor hatte der Schirm außen wieder seinen ursprünglichen Radius angenommen. NATHAN hatte offenbar kurzzeitig eine Schleuse geschaffen, um den Neuankömmling in die verseuchte Zone zu bringen: einen riesigen Roboter, der Jessica um mindestens einen Meter überragte.

»Das ist Oriel«, stellte NATHAN ihn vor.

Oriel war unverkennbar ein Posbi. Seine Zellplasmaleitungen lagen teils offen – ein ungewöhnliches Design. Normalerweise schützten die positronisch-biologischen Maschinen den organischen Teil ihrer oft bizarr geformten Körper tief im Innern.

Nicht so Oriel. Sein Korpus bestand aus zwei schlichten geometrischen Formen, zwei identischen Kegeln, die an ihren Spitzen aufeinanderstanden. Darüber zog sich ein Aderngeflecht, durch welches das Plasma strömte. Sechs lange dünne Arme, kleinfingerdicke Stahltrossen, hingen vom Rand des oberen Kegels herab. Jessica sah sie im gleißenden Licht blitzen und schlenkern.

Ein breiter, metallener Steg führte rings um die Einfassung des Brunnens. Oriel umrundete die schwarze Fläche im Uhrzeigersinn. Jessica musste den Kopf immer weiter in den Nacken legen, um zu ihm emporzuschauen. Sie fühlte sich nicht akut bedroht, obwohl sie nicht verstand, warum NATHAN den Roboter zu ihr geschickt hatte.

»Oriel kann nicht sprechen«, erläuterte NATHAN, »jedenfalls nicht in einer für Menschen verständlichen Weise. Er bittet mich daher, Ihnen auszurichten, dass Sie seinetwegen keine Schuldgefühle haben sollen. Er wusste, was von ihm erwartet wird.«

Oriel schwebte an Jessica vorbei, ohne sie zu beachten, und drehte eine weitere Runde.

»Er glaubt«, fuhr NATHAN fort, »dass etwas von ihm bleibt, solange man sich an ihn erinnert. Das ist seine Bitte: Ehren Sie sein Angedenken.«

Was redet der da?, erklang Hondros Gedankenstimme. Finde heraus, was das ... Halte ihn auf!

Er verstand es im selben Moment wie sie. Jessica Tekener wusste noch immer nicht, ob Iratio Hondros so lebensecht wirkende Mentalstimme lediglich ein Ausdruck der umfangreichen posthypnotischen Befehle war, die er tief in ihrem Verstand verankert hatte – oder ob Hondro mittlerweile leibhaftig irgendwo in der Nähe war und sie mittels seiner mysteriösen, vom Dunkelleben ermöglichten Kräfte und seiner Technosporen in Echtzeit steuerte. Vielleicht hatte sich aus der andauernden Manipulation auch eine Form von Schizophrenie entwickelt. Ob die Stimme tatsächlich Hondro gehörte oder nur in ihrem eigenen Kopf entstand, konnte sie selbst ohnehin nicht beurteilen.

Die Forderung allerdings war ultimativ. Halte ihn auf!, befahl Hondro. Halte ihn irgendwie auf!

Jessica rannte der lebenden Maschine hinterher, drängte sich zwischen den Posbi und das Schwarz des Zeitbrunnens. Sie trommelte mit den Fäusten auf den Metallkorpus ein, stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen.

Oriel konnte jederzeit einen Tentakelarm um ihren Hals schlingen und ihr mit einem Ruck das Genick brechen, vielleicht sogar den Kopf abtrennen. Doch Jessica schützte sich nicht. Sie versuchte stattdessen mit allen Mitteln, die Maschine irgendwie aufzuhalten, die sich ungerührt weiter an den Zeitbrunnen heranschob.

»Falls es Ihnen möglich ist«, empfahl NATHAN, »sollten Sie beiseitetreten. Ein Sturz in den Brunnen ist tödlich.«

Ihre Verzweiflung und Verbitterung brach sich in einem gehässigen Lachen Bahn. »Es ist mir nicht möglich. Er zwingt mich dazu.«

»Das habe ich befürchtet.« NATHAN klang mitfühlend, befahl Oriel aber nicht zurück.

Der Posbi war einmal rings durch den Raum gegangen, die Technosporen hatten sich gierig auf ihn gestürzt und infiltrierten nun seine positronische Komponente. Bald würde Hondro die Kontrolle über den Roboter haben – doch zuvor würde sich Oriel opfern. Er würde sich in das unerklärliche schwarze Phänomen stürzen und aus einem Gegenportal auf irgendeiner anderen Welt irgendwo im Universum wieder herauskommen. Seine organische Komponente würde die Raum-Zeit-Passage nicht überleben, und die Technosporen wahrscheinlich auch nicht. Selbst wenn doch, wären sie nicht mehr an einem Ort, wo sie Hondro etwas nützten.

Halte ihn auf, erklang die Stimme in ihrem Geist. Nur noch ein bisschen! Wenn ich ihn beherrsche, kann ich ihm sein Opfer verbieten!

Sie mobilisierte Kräfte, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß. Die Absätze ihrer Stiefel fanden Halt in den Gitterstegen. Die Muskeln ihrer Schenkel zitterten, als sie sich gegen die Maschine stemmte und sie millimeterweise zurückzwang.

Dann zerbrach Oriel einfach.

Jessica stürzte, als der Widerstand plötzlich schwand. Oriels untere Hälfte rollte zurück, die obere flog in die andere Richtung: über sie hinweg, in den Zeitbrunnen hinein. Der schwere Metallkegel wirbelte dabei umher wie ein Blatt im Wind. Jessica spürte den Sturm ebenfalls – wie Bordluft, die im Weltraum durch ein Leck im Raumschiffsrumpf ins Vakuum strömte. Diesmal war die Sogquelle die Schwärze des Brunnens.

Der Sturm riss sie mit. Einmal war sie bereits in einen Zeitbrunnen gestürzt. Sie hatte überlebt, wenngleich niemand erklären konnte, warum. Sie wollte sich nicht darauf verlassen, dass ihr das ein zweites Mal gelang.

Sie schlug um sich, versuchte hektisch, sich ins Gitter des Stegs zu krallen. Doch sie war schon zu schnell, ihre Finger glitten über das Metall, ohne Halt zu finden. Da schoss aus Oriels Unterkörper ein bislang verborgenes Stahlband auf sie zu. Es wickelte sich nicht um ihren Hals, sondern um ihre Hüfte, und bremste sie mit einem beherzten und schmerzhaften Ruck. Ihre Stiefelspitzen waren nur noch Zentimeter vom Brunnenrand entfernt.

»Danke«, sagte sie.

»Er kann Sie nicht mehr hören.« NATHANS holografischer Avatar, die leuchtenden platonischen Körper, erschienen wieder. »Der Teil von Oriel, der seine Individualität ausgemacht hat, ist zerstört. Dies war ein automatisches Rettungsprogramm.«

Tut mir leid, dachte Jessica voll Häme. Deine Sporen sind wohl hinüber.

Als Strafe schlug sie sich selbst ins Gesicht, mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte. Ihre Handfläche traf die Wange ungebremst. Ein brennender Schmerz loderte auf.

Nur ein Rückschlag, informierte Hondro sie, nun wieder völlig ruhig nach dem Augenblick unbändiger Wut. Die reingeschmuggelten Sporen sind weg, aber du selbst trägst noch ein paar in dir. Sie benötigen nur etwas Biomasse zur Vervielfältigung.

Jessica erschrak, als sie verstand, was das bedeutete – der Nährboden für Hondros zweiten Versuch war ihr eigener Körper! Auf dem Weg in NATHANS Herz war sie mit den Technosporen in Berührung gekommen. Wo befanden sie sich genau? Sie hatte sie eingeatmet, also waren sie definitiv in der Lunge. Und sonst? Herz? Hirn? Blutgefäße? Verdauungstrakt? Welchen Teil von ihr würden sie bei lebendigem Leib auflösen, um sich zu vermehren?

Panik brandete in ihr auf. Sie wusste, was Hondro nun wollte: dass sie Zeit gewann, NATHAN in Sicherheit wiegte, die Hyperinpotronik dazu brachte, sie möglicherweise sogar aus dem blauen Schutzschirm zu entlassen. Und genau das würde Jessica tun, auch wenn sich alles in ihr dagegen sträubte.

»Ich kann einen zweiten Roboter zur medizinischen Versorgung schicken«, bot NATHAN an. »Das war ein heftiger Schlag. Sie haben sich möglicherweise eine Gehirnerschütterung zugefügt.«

»Nein«, lehnte Jessica ab. »Wenn ich es lindere, wird die nächste Strafe nur noch schlimmer. Aber gegen die Verbrennung an meinem Arm und der Schulter könntest du etwas unternehmen. Hondro wird nicht dulden, dass ich ein Handicap habe, das etwas entschuldigen könnte.«

»Der Medoroboter ist unterwegs. Ich habe berechnet, welche psychologischen Konsequenzen diese Form der Beeinflussung nach sich ziehen muss«, äußerte die Hyperinpotronik. »Sie haben mein Mitgefühl.«

Wenn du nicht aufpasst, dachte Jessica, wirst du es bald nicht mehr theoretisch simulieren müssen, sondern selbst erleben. Verzweifelt überlegte sie, wie sie NATHAN warnen konnte. Aber ihr Körper verweigerte den Dienst bei jedem noch so kleinen Impuls oder Fingerzeig, der ihr einfiel.

Stattdessen plauderte sie und ließ ihre Strahlerverletzung von einem kleinen Medoroboter heilen. Hondro hatte ihr befohlen, Zeit zu schinden, während die Sporen sie innerlich zerfraßen. Also tat sie genau das. »Wie geht es jetzt weiter?«, fragte sie. »Nun, da du gewonnen hast?«

»Die überlebenden Kämpfer von Oberst Quintos Einsatzgruppe dürften bald in unserer Nähe sein«, antwortete NATHAN. »Natürlich kann ich sie nicht in diesen Bereich einlassen. Aber Sie können zu Ihrem Volk zurückkehren und sich medizinisch versorgen lassen. Tatsächlich gibt es keinen Ausweg, der Sie nicht auf die eine oder andere Art mit Quinto zusammenführt. Möglicherweise gelingt es ihm und seinen Spezialisten, Ihr Problem zu lösen.«

»Ich fühle mich schwach«, behauptete Jessica. »Ich würde mich gern noch ein wenig erholen, bevor ich zu ihnen gehe.« Nichts davon stimmte. Sie wollte in Wahrheit so schnell wie möglich weg, hinaus aus NATHANS innerster Kammer, bevor sich genug neue Technosporen für einen wirkungsvollen Angriff gebildet hatten. Aber wegen Hondros eiserner Kontrolle wartete sie still und geduldig.

»Das ist verständlich und angesichts Ihrer Verfassung empfehlenswert«, stimmte NATHAN zu. Ohne Hast wechselten die Formen seines Holoavatars iterativ, Vier-, Sechs-, Acht-, Zwölf- und Zwanzigflächner.

Jessica spürte, wie Hondro triumphierte.

Ihr Blick fiel auf Oriels unteren Kegel. Bleierne Resignation erfasste sie. »Oriel«, sagte sie. »Er hätte sich jederzeit teilen können, nachdem er die Sporen aufgenommen hatte. Warum hat er so lange gewartet? Das hat doch nur das Risiko erhöht, für dich und für ihn.«

»Sie gedenken seiner«, stellte NATHAN fest. »Das würde ihn freuen. Mich freut es ebenfalls.«

Jessica lächelte traurig. »Und das Rettungsprogramm? Warum hat es mich vor dem Sturz in den Brunnen bewahrt? Ich hätte den Tod verdient gehabt.«

»Noch einmal«, sagte NATHAN mit leichtem Tadel in der Stimme. »Nichts von dem, was hier geschieht, ist Ihre Schuld. Bitte vergegenwärtigen Sie sich das. Um Ihre Frage zu beantworten: Ich versuche, Leben zu schonen, insbesondere so faszinierendes und stets überraschendes Leben wie das menschliche. Oriels Opfer hat es möglich gemacht, Sie zu retten. Andernfalls hätte ich Sie wahrscheinlich frühzeitig in den Brunnen stürzen müssen, damit Sie die Sporen nicht freisetzen.«

»Ich habe einmal einen Sturz in einen Zeitbrunnen überlebt. Weißt du vielleicht, warum?«

»Nein«, gab die Hyperinpotronik freimütig zu. »Bei dem Vorgang handelte es sich um eine Anomalie. Außer in alternativlosen, letalen Bedrohungssituationen würde ich keine Strategie auf der Hypothese aufbauen, dass diese speziellen Umstände reproduzierbar sind. Die Passage durch einen Zeitbrunnen ist für Menschen üblicherweise nur mit einem speziellen Schutz möglich, den ich Ihnen leider nicht bieten kann.«

Die geschraubte Ausdrucksweise brauchte Jessica unwillkürlich zum Lächeln. Doch beim nächsten Atemzug verschwand die gelöste Empfindung sofort wieder. Sie bekam nicht so viel Luft, wie sie sollte. Nun wusste sie, welchen Teil ihres Körpergewebes die Sporen angriffen: Ihre Lunge löste sich auf.

Wunderbar, hörte sie Iratio Hondro frohlocken. Du opferst dich für einen guten Zweck. Sag ihm jetzt, dass du den blauen Schirm verlassen und zu Quinto gehen willst.

Sie tat, was er ihr befohlen hatte. Was auch sonst?

»Davon möchte ich abraten«, erwiderte NATHAN. »Die Sporenlast in Ihren Atemwegen ist mittlerweile so hoch, dass selbst die Anstrengung eines kurzen Fußwegs Sie töten könnte.«

»Du weißt es?«, fragte Jessica perplex. »Du weißt, was geschieht, und lässt mich trotzdem in deinem Innern?«

»Der blaue Schirm schützt mich nicht schlechter als zuvor«, versicherte NATHAN. »Für mich ist der Zeitpunkt Ihres Aufbruchs irrelevant. Für Sie hingegen sieht das anders aus. Sie haben im Kampf mit Sergeant Clyde Callamon Ihren Strahler verloren. Bitte heben Sie ihn auf. Ich habe das Energiemagazin neu aufgeladen.«

»Warum?« Automatisch griff sie nach der Waffe, während sie versuchte, NATHANS Worte mit Sinn zu füllen. Ein blaues Dodekaederholo wurde zum Zwanzigflächner.

»Ich darf Ihnen mitteilen, dass Ihr Moment gekommen ist. Vielen Dank für den netten Austausch.«

»Was?«, fragte Jessica verwirrt. »Was für ein Moment?«

Das Ikosaederhologramm erlosch. NATHAN antwortete nicht.

2.

Das eigene Niesen weckte Gucky auf. Er öffnete die Augen und fand sich von einem Glitzern in der Luft umflirrt. Es war aber nicht der Mondstaub, mit dem er hatte rechnen dürfen. Ihn umgab auch nicht die sterile Atmosphäre einer lunaren Untergrundanlage, sondern eine sanfte Brise und ein Duft wie von irdischen Tannennadeln. Waren sie auf der Erde rematerialisiert statt auf dem Mond?

Er blinzelte ein wenig Glitzerstaub aus den Augen und beantwortete die eigene Frage mit einem klaren Nein. Sofgart, Omar Hawk, dessen Okrill Watson und Gucky höchstselbst waren irgendwo aus dem Zeitbrunnen gefallen, aber ganz sicher nicht im irdischen Sonnensystem.

Denn das Licht dieser Welt stammte nicht von einer Sonne. Stattdessen verlief am Himmel über ihm ein glimmendes Band, das sich von Horizont zu Horizont zog. Es leuchtete nur schwach. Aber da es so eine große Gesamtfläche hatte, spendete es trotzdem genug Helligkeit, um die Umgebung in ein eigenartiges Dämmerlicht zu tauchen.

Neben seinen drei Begleitern beleuchtete es die schwarz wabernde Fläche eines Zeitbrunnens, der das Zentrum einer fünfzig Meter durchmessenden Lichtung mitten in einem Urwald bildete. Der Boden rund um den Brunnen war mit unbearbeiteten, gelblichen Natursteinplatten gepflastert, auf denen eben jener Staub glänzte und schillerte, der in Guckys feine Nase geraten war und ihn geweckt hatte.

Drei Wege führten von der Lichtung fort, alle breit genug für mehrere Fahrzeuge nebeneinander. Allerdings sahen sie nicht so aus, als würden sie noch benutzt. Denn auch auf diesen Pfaden schillerte Kristallstaub, unberührt wohl seit Monaten, vielleicht sogar seit Jahren.

Watson regte sich. Der Okrill, das achtbeinige, krötenhafte Riesentier vom Planeten Oxtorne, stieß mit der Schnauze sein Herrchen an. Omar Hawk brummte und drehte sich auf die Seite.

Der Schwung der eigenen Bewegung beförderte ihn ein paar Zentimeter in die Luft. Der darauf folgende Aufprall weckte ihn endgültig. Vorsichtig richtete er sich auf. Seine Augen wurden schmal. Still musterte er die Umgebung. Erst nachdem er alles gesehen hatte, wandte er sich an Gucky. »Wo sind wir?«

»Gute Frage.« Der Ilt fegte mit seinem breiten Biberschwanz den Kristallstaub von einer Steinplatte und setzte sich. »Nicht auf Luna jedenfalls. Da müssen wir aber hin. Und zwar pronto.« Womöglich stand das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel. Der größenwahnsinnige Plophoser Iratio Hondro strebte nach der Herrschaft über die gesamte Solare Union, und er hatte wahrscheinlich irgendeine Schweinerei auf dem irdischen Mond ausgeheckt.

Sofgart hatte Gucky und Hawk versprochen, sie durch den Zeitbrunnen dorthin zu führen, wo sie dem Übeltäter das Handwerk legen wollten. In der Theorie klang es immer einfach.

Hawk stand endgültig auf und machte einen vorsichtigen Schritt auf den bewusstlosen Arkoniden zu. »Mein Mikrogravitator ist hinüber«, klagte der Oxtorner. »Ich kann die niedrige Schwerkraft hier nicht ausgleichen.«

Gucky verzichtete auf den Hinweis, dass die Gravitation für seinen Geschmack sogar ein wenig zu hoch war. Hawk stammte nun mal von einer Welt mit der mehrfachen Masse Terras. Entsprechend amüsant wirkte es, wenn er versuchte, sich ohne technische Hilfe auf erdähnlichen Planeten zu bewegen – seine Bewegungen glichen denen von normalen Menschen, die auf dem Mond außerhalb der künstlichen Schwerkraftzonen zu rennen versuchten.

Gucky prüfte die Technik seiner eigenen Bordkombination. Die Montur war nur ein schlichter Schutzanzug; er war unvermittelt und ohne große Vorbereitung zu diesem Einsatz aufgebrochen. Aber auch eine supersonder-iltangepasste Kampfrüstung mit ausfahrbaren Carbonfaserbiberschwanzschutzlamellen, Mäuseohrenhelm und Terminatorbewaffnung hätte ihm fraglos nichts gebracht. Denn sogar die wenigen in seine Kleidung integrierten Hilfsmittel waren sämtlich tot wie ein funkelnagelneues Spielzeuggeschenk ohne Energiezelle.

»Lebenszeichen?«, fragte Hawk.

»Bislang nichts gesehen.« Gucky betrachtete alle drei Straßen. Den Weg, der im rechten Winkel von dem schimmernden Band am Himmel fortführte, definierte er willkürlich als Norden. Die beiden anderen waren entsprechend Südwest und Ostsüdost. Auf keiner Route regte sich etwas.

»Und hier?« Hawk tippte sich an die Schläfe.

Gucky schüttelte den Kopf. Auch telepathisch nahm er nichts wahr, was auf intelligentes Leben hindeutete. Das allerdings konnte an dem dauernden, drückenden Kopfschmerz liegen, der ihn seit dem Aufwachen begleitete und ihm erstmalig richtig ins Bewusstsein rückte.

Hawk zog Sofgart vorsichtig auf die Beine. Der arkonidische Experte für planetare Koloniengründung taumelte und musste sich mit beiden Händen an dem Oxtorner festhalten.

»Wo sind wir?« Sofgart hustete, wobei er glitzernden Staub von seinem marsianischen Thermoanzug losschüttelte.

»Das wüssten wir gern von Ihnen«, erwiderte Hawk. »Sie haben gesagt, der Zeitbrunnen bringt uns zum Mond.«

»Sollte er auch!« Sofgart griff in seine Umhängetasche und präsentierte den F'Atkor, seinen Flakon mit den drei mysteriösen Tropfen, die irgendwie mit den Zeitbrunnen in Beziehung standen und ihrem Besitzer Visionen über deren Nutzung ins Hirn pflanzten. Eigentlich keine Grundlage, auf die Gucky eine Einsatzplanung zu stützen pflegte. Aber bislang hatten sich Sofgarts Eingebungen stets als zutreffend erwiesen. Nur gerade in diesem Fall nicht, da Hondro auf dem Mond sein Unwesen trieb. Das Universum bewies ihnen mal wieder seinen eher unangenehmen Sinn für Humor.

»Watson ist nervös«, stellte Hawk fest. »Irgendwas ist nicht in Ordnung.«

Der Okrill versteckte sich zwar nicht hinter seinem adoptierten Herrn, wich ihm aber doch nicht vom Knöchel. Und er ging geduckt. Sprungbereit.

Gucky lauschte erneut telepathisch in die Umgebung, konnte aber nach wie vor nichts feststellen. Nur die Kopfschmerzen wurden schlimmer.

»Omar«, sagte er, »denk mal eben an nichts Verfängliches. Ich möchte etwas testen.«

»Bleib raus aus meinem Kopf!«

»Stell dich nicht so an. Glaubst du, ich schnüffele aus Spaß?«

Nicht, dass das völlig ausgeschlossen gewesen wäre. Aber im Moment hatte Gucky tatsächlich andere Sorgen. Er konzentrierte sich auf die Gedanken des Oxtorners, sah dessen Erinnerung, wie er einst Watson in gefährlicher Lage gefunden und befreit hatte – den Moment, seit dem die beiden unzertrennlich waren. Der Ilt spürte auch einen Hauch der Einsamkeit, die Hawk vor dieser Begegnung wie ein Panzer eingeschlossen hatte.

Aber sowohl die Erinnerung als auch das Gefühl waren blass, viel schwächer, als sie es auf die geringe Distanz hätten sein dürfen. »Meine Telepathie funktioniert nicht richtig«, klagte Gucky. »Es ist ...« Er suchte nach einem passenden Vergleich. »... als würde ich durch eine fast schwarze Brille sehen.«

»Was heißt das für uns?«, fragte Sofgart.

»Dass ich nicht sicher spüren kann, wenn uns jemand auflauert«, murrte Gucky. »Wartet!«

Er packte telekinetisch eine der gelben Steinplatten und versuchte, sie aus dem Boden zu lösen. Es gelang, war aber unverhältnismäßig anstrengend. Der Stein taumelte einen Meter über dem Boden und entglitt Guckys Zugriff. Mit lautem Klirren zerbrach er in Tausende Splitter.

»Kein guter Ort für Parabegabte«, stellte der Ilt fest. »Ich teste noch die Teleportation.«

»Nicht über den Zeitbrunnen springen!«, mahnte Hawk. »Wenn du es nicht ganz auf die andere Seite schaffst ...«

Gucky verdrehte die Augen. »Keine Angst, ich bin kein Anfänger.«

Sosehr es ihn wurmte, bei einer lächerlichen Distanz von nicht mal dreißig Metern auf Sicht sorgsam zu bleiben – der Oxtorner hatte recht. »Ich springe zum Anfang der Straße dort.« Er deutete Richtung Ostsüdost.

Von den angestrebten dreißig Metern schaffte er gerade mal fünfzehn. Er rematerialisierte und schrie auf. Der drückende Kopfschmerz war ein brutales Stechen geworden. Gucky presste beide Handballen gegen die Schläfen und ächzte. »Wirklich kein guter Ort für Parabegabte.«

»Da hat sich etwas bewegt!« Sofgart deutete auf den Waldrand.

Guckys Blick folgte dem Fingerzeig. In der Tat sah er eine rasche Bewegung knapp über dem Boden, ohne dass er genau ausmachen konnte, was dort umherwuselte. »Waldtiere?«, fragte er.

»Möglich«, antwortete Hawk. »Gefährlich?«

»Möglich.« Gucky raffte sich auf und watschelte zu den beiden anderen zurück. Dabei betrachtete er die Pflanzen in seiner Nähe eingehender. Sie unterschieden sich deutlich von denen auf der Erde. Es waren Schachtelhalmgewächse, jedoch nicht grün, sondern teils weißlich, zum weit überwiegenden Teil sogar völlig transparent. »Und der Wald selbst ist vielleicht auch nicht ganz ohne.«

»Vorsicht auf fremden Welten ist immer gut«, gab Sofgart eine Banalität zum Besten. »Aber hast du einen konkreten Grund für diese Äußerungen?«

»Mein Reisetagebuch«, antwortete Gucky. »Konkret: Layl. Eine fiese Welt. Dort gab es auch keine Sonne, und es hatte sich eine Flora mit durchsichtigen Blättern entwickelt, die ohne Fotosynthese auskam. Sie wandelte die allgegenwärtige Hintergrundstrahlung in Energie um, und sie war hochaggressiv. Fleischfressend, und die Pflanzen sonderten eine so starke Säure ab, dass sie sogar einem Haluter gefährlich werden konnte.«

Sowohl Hawk als auch Sofgart bedachten den Wald nun mit unbehaglichen Blicken.

»Danke für die Warnung«, sagte der Oxtorner. »Wir sollten uns also davon fernhalten.«

»Wir sollten zusehen, dass wir von hier verschwinden!«, korrigierte Gucky. »Wir wollen zum Mond, also los! Worauf warten wir?« Herausfordernd starrte er Sofgart an.

Erneut steckte Sofgart die Hand in die Tasche mit dem F'Atkor. »Wenn die Tropfen uns hierhergeführt haben, hat das sicher einen Grund. Wir sollten ihn herausfinden.«

»Mit Verlaub: Wir sollten den Drecksack Hondro erledigen!«, korrigierte Gucky. »Und dafür müssen wir genau dorthin, wo du uns hinbringen wolltest!« Er ließ den Biberschwanz auf den Boden klatschen, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

Eine glitzernde Wolke stob um ihn auf. Gucky schwindelte, als er den Staub versehentlich einatmete, stützte sich jedoch mit dem Schwanz ab und hielt sich aufrecht.

Hawk war der Moment der Schwäche trotzdem nicht entgangen. »Alles in Ordnung?«

»Ja«, behauptete Gucky verdrossen. »Nur ein kleiner Aussetzer.«

»Haben wir etwas dabei, womit wir die Atmosphäre auf Mikroben untersuchen können?« Hawk klang alarmiert.

»Ich«, sagte Sofgart. »Eigentlich. Aber meine komplette Ausrüstung ist ausgefallen, wie es scheint.«

»Ein Grund mehr, hier schnellstens zu verschwinden«, konstatierte Gucky.

»Im Gegenteil«, widersprach Hawk. »Solange wir nicht wissen, ob wir nicht irgendwas einschleppen, sollten wir sehr vorsichtig sein.«

»NATHAN wird uns bei der Dekontamination schon helfen!«, beharrte Gucky.

Sofgart unterbrach den Streit. »Die Debatte ist ohnehin theoretisch. Ich kann die Tropfen nicht bewusst steuern. Sie haben ihren eigenen Willen. Ich kann ihn spüren und in Worte fassen, aber ich kann ihn nicht beeinflussen. Wenn sie uns hierherbringen wollten und nicht zum Erdmond, kann ich nichts dagegen tun.« Er hielt den F'Atkor testweise in Richtung des Zeitbrunnens.

Zu Sofgarts merklicher Überraschung reagierte die schwarze Fläche. Ihr Wabern verschwand, sie wurde glatt wie ein See bei absoluter Windstille. Oder wie ein Spiegel – ein Einwegspiegel in diesem konkreten Fall, denn tatsächlich konnte man plötzlich Schemen und Licht darin erkennen.

Ein blaues Leuchten, das Gucky sehr gut kannte. »Das ist das Innere von NATHANS Mondanlage!«, rief er. »Die Tropfen wollen uns sehr wohl nach Luna bringen!«

Hawk stolperte plötzlich vorwärts. In einer Blitzreaktion ließ er sich fallen, um den Sturz in den Brunnen zu verhindern. Dabei wirbelte er herum.

Endlich reagierte auch Gucky und tat es ihm gleich. Sie alle drei plus Watson hatten sich zum Zeitbrunnen gedreht und den Waldrand aus den Augen gelassen. Ein Tier, eine fast zwei Meter lange Raupe mit gewaltigen Krabbenscheren und einer hammerartigen Ausformung am Schwanz, bäumte die vordere Hälfte ihres Leibs auf. Es war lautlos und erstaunlich flink hinter sie gekrochen. Nun attackierte es Hawk – das saftigste Stück Beute oder den gefährlichsten Gegner aus ihrer Gruppe. Dabei stieß es schrille Kampfschreie aus, »Kriiiiiieh-kriiiiiieh!«, die in Guckys Ohren schmerzten.

Das Vieh schnappte mit den Scheren nach beiden Armen des Oxtorners. Hawk reagierte blitzschnell. Eine Hand bekam er noch außer Reichweite, um den anderen Arm schloss sich die Schere.

Das war es dann aber auch. Das Krikri zögerte. Vielleicht rechnete es damit, dass Arm und Hand wie ein abgetrenntes Blümchen zu Boden fielen. Denn woher sollte es etwas über die erstaunliche Körperkonstitution von Oxtornern mit ihrer nahezu unzerstörbaren Haut wissen?

Omar Hawk jedenfalls zögerte nicht. Er hämmerte die linke Faust vorwärts, mitten ins Gesicht des Krikri, das nur aus ringförmig angeordneten Zähnen zu bestehen schien.