Pete Hackett Western Duo 1003 - Die großen Western von Pete Hackett - Pete Hackett - E-Book

Pete Hackett Western Duo 1003 - Die großen Western von Pete Hackett E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: (349) Ein Outlaw namens Ned Christie Und ich gab den Stern zurück Ich hielt mein Pferd an. Der schrale Wind trieb Brandgeruch heran. Das Tier unter mir, ein Pinto, trat unruhig auf der Stelle und schnaubte. Ein Zweifel war ausgeschlossen. Weiter westlich brannte etwas. Kurzentschlossen trieb ich das Pferd an. Der Brandgeruch wurde intensiver. Vor mir lag ein langgezogener Hügel. Er dehnte sich von Norden nach Süden. Rauch stieg hinter dieser Anhöhe zum Himmel und ballte sich vor der blauen Kulisse. Vom Kamm des Hügels aus sah ich dann die niedergebrannte Farm. Das Farmhaus war nur noch ein Haufen verkohlter Trümmer, aus denen dunkler Rauch stieg. Im Hof lag ein Mann auf dem Gesicht. Ich ritt hinunter. Funken stoben, Aschefetzen trieben über den Hof. Bei dem Mann saß ich ab und kniete neben ihm nieder. Er stöhnte. Ich drehte ihn auf den Rücken. Seine Brust war voll Blut. Der nahe Tod zeichnete bereits sein bleiches Gesicht.

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Pete Hackett

Pete Hackett Western Duo 1003 - Die großen Western Romane von Pete Hackett

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Inhaltsverzeichnis

Pete Hackett Western Duo 1003 - Die großen Western von Pete Hackett

Copyright

Ein Outlaw namens Ned Christie: Pete Hackett Western Edition 93

Über den Autor

Und ich gab den Stern zurück

Pete Hackett Western Duo 1003 - Die großen Western von Pete Hackett

Pete Hackett

Dieser Band enthält folgende Western:

Ein Outlaw namens Ned Christie

Und ich gab den Stern zurück

Ich hielt mein Pferd an. Der schrale Wind trieb Brandgeruch heran. Das Tier unter mir, ein Pinto, trat unruhig auf der Stelle und schnaubte. Ein Zweifel war ausgeschlossen. Weiter westlich brannte etwas. Kurzentschlossen trieb ich das Pferd an.

Der Brandgeruch wurde intensiver. Vor mir lag ein langgezogener Hügel. Er dehnte sich von Norden nach Süden. Rauch stieg hinter dieser Anhöhe zum Himmel und ballte sich vor der blauen Kulisse. Vom Kamm des Hügels aus sah ich dann die niedergebrannte Farm. Das Farmhaus war nur noch ein Haufen verkohlter Trümmer, aus denen dunkler Rauch stieg. Im Hof lag ein Mann auf dem Gesicht. Ich ritt hinunter. Funken stoben, Aschefetzen trieben über den Hof. Bei dem Mann saß ich ab und kniete neben ihm nieder. Er stöhnte. Ich drehte ihn auf den Rücken. Seine Brust war voll Blut. Der nahe Tod zeichnete bereits sein bleiches Gesicht.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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Alles rund um Belletristik!

Ein Outlaw namens Ned Christie: Pete Hackett Western Edition 93

Western von Pete Hackett

Ein Western-Roman um Ned Christie (1852-1892)

(O.: Der Outlaw)

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

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Es waren drei Männer, die an dem schmalen Creek kampierten. Ein Lagerfeuer brannte. Licht und Schatten wechselten. Lichtreflexe zuckten über die Büsche am Flussufer und über das Wasser hinweg.

Bei den drei Männern handelte es sich um US-Deputy-Marshals aus Fort Smith. Sie waren auf Verbrecherjagd im Oklahoma-Territorium unterwegs. Keiner ahnte in dieser Minute, dass nach einem von ihnen der Tod bereits die knöcherne Klaue ausstreckte.

Sie waren mit einem Fuhrwerk unterwegs, einem so genannten Tumbleweed-Wagen, einem rollenden Gefängnis also. Vier Männer waren in dem Fuhrwerk angekettet.

Der Wind säuselte leise in den Büschen und Kronen der alten Pappeln am Flussufer. Grillen zirpten. Das Murmeln des Creeks vermischte sich mit diesen Geräuschen. Die Pferde ruhten in einem kleinen Seilcorral. Es waren zwei Maulesel, die das Fuhrwerk zogen, und drei Reittiere.

Der Feuerschein legte dunkle Schatten in die Gesichter der Männer. An diesem Tag hatten sie in Tahlequah einen jungen Cherokee verhaftet. Einen angeblichen Pferdedieb. Es war zu einer Auseinandersetzung mit anderen Cherokees gekommen. Ein Mitglied des Cherokee Nationalrates hatte sich sogar eingemischt. Die Marshals hatten sich durchgesetzt und den jungen Indianer festgenommen.

James Brown, einer der Marshals, warf ein paar Aststücke in die Flammen. Es knisterte und knackte, die Flammen loderten höher. Brown sagte: »Es war vielleicht nicht gut, dass du diesen Christie derart beleidigt hast, Dan. Er ist Abgeordneter und vertritt die Cherokee im Senat. Hast du gesehen, wie gehässig er dich gemustert hat, nachdem du ihn eine dreckige Rothaut nanntest?«

»Er ist eine dreckige Rothaut«, erwiderte Dan Maples. »Selbst wenn man ihn zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wählen würde, bliebe er eine dreckige Rothaut. Nein, es ist mir nicht entgangen. In seinem Blick lag ein tödliches Versprechen. Aber ich fürchte mich nicht. Außerdem wird ihn mein Stern davon abhalten, auf mich loszugehen.«

»Er hat geschworen, dass du für die Beleidigung büßen wirst. Und er vermittelte nicht den Anschein, ein Mann leerer Worte zu sein. Ich würde mich an deiner Stelle vorsehen. Nimm diesen Christie auf keinen Fall auf die leichte Schulter.«

»Du solltest seine Äußerung nicht überbewerten«, mischte sich John Parris, der dritte der Deputies, ein. »Die Cherokees sind keine Wilden, sie sind im Gegenteil ausgesprochen zivilisiert, verwalten sich selbst und...«

Seine weiteren Worte gingen unter im Peitschen eines Schusses. Dan Maples griff sich an die Brust, seine Augen weiteten sich, seine Lippen sprangen auseinander, aber der Schrei, der sich in ihm hoch kämpfte, erstickte im Ansatz.

Maples fiel nach hinten und lag still.

John Parris und James Brown saßen da wie gelähmt. Die Detonation war verklungen. Die Pferde im Corral hatten sich erhoben. Schnauben und Stampfen gesellte sich den anderen Geräuschen hinzu. Dann schüttelte zuerst Parris seine Erstarrung ab und sprang auf. Im nächsten Moment schnellte auch Brown auf die Beine. Brown trat das Feuer aus, sie zogen ihre Revolver.

»Der Schuss kam von der anderen Seite des Flusses!«, presste Parris hervor.

Sie schlichen geduckt zum Ufersaum, lauschten und witterten über den Fluss, dann setzte sich Parris in Bewegung. »Gib mir gegebenenfalls Feuerschutz«, forderte er.

In der Flussmitte rann ihm das Wasser in die Stiefel. Unbeirrt ging er weiter. Drüben war nichts zu hören. Anspannung erfüllte den Deputy und brachte seine Nerven zum Schwingen. Seine Kehle war trocken, er verspürte einen seltsamen Druck in der Magengegend.

Das Wasser platschte unter seinen Schritten. Ein Stein löste sich aus dem Untergrund, kippte, und der Deputy strauchelte. Seine Hand umkrampfte den Knauf des Sechsschüssers. Drüben war nichts zu hören. Der Deputy erreichte das andere Ufer und glitt in den Schutz eines einzeln stehenden Strauches.

Dann sah er einen Schemen, riss die Hand mit dem Revolver hoch und jagte eine Serie von Schüssen in die Dunkelheit hinein. Der Schemen jedoch verschwand lautlos wie ein Schatten in der Nacht. Und wenig später vernahm Parris Hufschläge. Deutlich drang das Geräusch an sein Gehör. Er entspannte sich. Schließlich versank das Getrappel in der Stille. Der Mörder war geflohen.

Parris kehrte über den Fluss zurück. Gleich darauf beugten er und Brown sich über ihren Kameraden. Die Kugel hatte Maples mitten ins Herz getroffen und ihn auf der Stelle getötet.

»Das war Ned Christie«, sagte Parris im Brustton der Überzeugung. »Nur er hatte ein Motiv. Wir holen uns den Schuft.«

Sie sattelten ihre Pferde. Einer der Gefangenen rief: »He, was ist, wenn ihr auch umgelegt werdet? Dann gehen wir hier elend vor die Hunde.«

»Dann habt ihr Pech gehabt«, versetzte Brown ungerührt.

Sie schwangen sich auf die Pferde und ritten davon. Der Himmel war wolkenbedeckt und ließ kein Mond- und Sternenlicht durch. Fledermäuse zogen lautlose Bahnen durch die Finsternis auf der Suche nach Beute. Die Hufe pochten, die Gebissketten klirrten, die Pferde schnaubten und prusteten.

Bis Tahlequah waren es drei Meilen. In der Nähe der Stadt, am Rand eines Canyons, hatte Ned Christie sein Haus errichtet. Er lebte dort mit seiner Frau Nancy und seinen beiden Kindern, und er hatte auch seine Eltern in dem soliden Holzhaus aufgenommen.

Nach einer halben Stunde erreichten die Marshals die Stadt. Es war keine Stadt im herkömmlichen Sinne. Die Cherokees hatten sie aufgebaut und ihren Bedürfnissen angepasst. Es gab kein Hotel und keinen Saloon und auch keinen Mietstall.

In einigen Häusern brannte Licht. Es fiel aus den Fenstern und streute auf die Straße. Die Häuser waren aus Holz, Feldsteinen und Lehm errichtet. Tahlequah erinnerte eher an ein mexikanisches Dorf als an eine Stadt auf dem Gebiet Amerikas.

Die Stadt war ruhig. Als die beiden Deputies zwischen die ersten Häuser ritten, begann ein Hund zu bellen. Ein anderer stimmte ein. Sie ritten zwischen der Ansammlung von Hütten und Schuppen hindurch. Es roch nach Tierkot und Urin. Brown und Parris ließen das Dorf hinter sich zurück und folgten dem von Hufen aufgewühlten Weg in die Richtung des Rabbit Trap Canyon.

Die Hütte Ned Christies lag in Dunkelheit. Im Corral ruhten vier Pferde. Es gab einige weitere Schuppen und Ställe. Die Marshals saßen ab und nahmen ihre Gewehre, riegelten Patronen in die Kammern und setzten ihren Weg zu Fuß fort.

Sie erreichten die Tür. Vor den Fenstern lagen die Blendläden. Die Menschen hier schliefen. Brown pochte mit dem Gewehrkolben gegen die Tür. Es dauerte kurze Zeit, dann wurde einer der Blendläden aufgestoßen. Er knarrte in den Angeln. »Was ist? Wer ist da?«

»Aufmachen!«, gebot Brown.

»Wer seid ihr?«

»Die Deputy Marshals Brown und Parris. Ist Ned Christie da?«

»Nein.«

»Wo ist er?«

»Er wollte auf die Jagd gehen und morgen zurückkehren. Was wollt ihr von ihm?«

»Mit wem spreche ich?«, fragte Brown.

»Ich bin Neds Vater. Was wollte ihr von meinem Sohn?«

»Er ist ein gemeiner Mörder.«

Ein abgerissener Ton kam von Ned Christies Vater. Dann fragte der Cherokee: »Wen soll er ermordet haben?«

»Deputy Marshal Dan Maples. Christie wird dafür hängen.«

»Mein Sohn ist kein Mörder. Ist das der Gesetzesmann, der ihn übel beleidigt hat?«

»Ja!«, fauchte Parris. »Dem Ihr Sohn Vergeltung geschworen hat.«

»Habt ihr meinen Sohn gesehen, als er diesen Marples erschoss?«

»Ja«, stieß John Parris zwischen den Zähnen hervor. »Außerdem kann nur er es gewesen sein. Jetzt machen Sie auf, und zünden Sie eine Laterne an. Wir wollen uns mit eigenen Augen überzeugen, dass Ned Christie nicht im Haus ist.«

Wenig später wurde die Tür geöffnet. Lichtschein huschte ins Freie und umriss scharf die Gestalt Jack Christies, des Vaters von Ned. Die Lampe schaukelte am Drahtbügel, leises quietschen war zu vernehmen.

Auch in der Küche war eine Laterne angezündet worden. Hier hatte sich die Familie versammelt. Ängstlich blickten die beiden Frauen und die beiden Jungen den Deputies entgegen. Brown nahm Jack Christie die Lampe ab und ging in den angrenzenden Raum. Dann durchsuchten sie die beiden anderen Räume und schließlich auch die Schuppen, die Scheune und den Stall.

»Er hat das Weite gesucht«, knurrte Parris. »Aber wir kriegen ihn. Niemand ermordet ungestraft einen US-Deputy-Marshal.«

Es klang wie eine tödliche Prophezeiung.

Die Menschen im Raum duckten sich wie unter Peitschenhieben.

*

Ned Christie jagte in der Nähe von Fort Gibson. Er war ein großer, hagerer Mann, um die eins neunzig, mit mongoliden Gesichtszügen und langen, schwarzen Haaren, die ihm über Rücken und Schultern fielen. Als der Morgen graute, schälte er sich aus seiner Decke. Sein Pferd hatte er ein Stück abseits an einem Busch festgebunden und zusätzlich gehobbelt, damit es keine großen Schritte machen konnte, falls es sich - von einem Puma oder von Wölfen erschreckt - losriss und zu fliehen versuchte. Den Sattel hatte der Cherokee als Kopfkissen benutzt.

Ein schmaler Creek floss vorbei. Ned Christie fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch die langen Haare, dann ging er steifbeinig zum Creek und wusch sich die letzte Müdigkeit aus dem Gesicht.

Er trug selbst gefertigte Rehlederkleidung. Seine Jacke war an den Ärmeln und über der Brust sowie auf dem Rücken mit Fransen besetzt. Über die Füße hatte er sich kniehohe Mokassins gezogen. Nachdem seine Muskeln durchblutet waren, mutete jede seiner Bewegungen geschmeidig und raubtierhaft an. Er sattelte das Pferd. Dann löste er die Fußfesseln des Tieres und leinte es los, ließ das Pferd saufen, dann saß er auf.

Im Osten hatte sich der Himmel schwefelgelb verfärbt. Der Tag zog herauf. Es war Mai. Die Nächte waren noch kühl, aber die Tage waren schon sehr warm.

Ned Christie verließ den Fluss. Er ritt am Rand eines Waldes entlang. Zwischen den Bäumen war es noch finster. Die Hufschläge wurden vom Gras geschluckt. Nur hin und wieder war ein Pochen zu vernehmen. Die Natur begann zum Leben zu erwachen, die ersten Vögel begannen zu pfeifen. Dann griffen die wärmenden Sonnenstrahlen nach dem Land. Die Dunkelheit im Wald lichtete sich. Die dichten Kronen filterten das Licht, die Lichtbahnen, die durchdrangen, malten goldene Kringel auf den Teppich aus abgestorbenen Nadeln.

Dann sah Ned Christie ein ganzes Stück vor sich die äsenden Antilopen nur wenige Schritte vom Waldrand entfernt. Er hielt an. Die Tiere hatten seine und die Witterung des Pferdes noch nicht aufgenommen. Der Wind kam ihnen entgegen. Christie griff nach der Winchester und zog sie vorsichtig aus dem Scabbard, repetierte, hob das Gewehr an die Schulter und zielte sorgfältig.

Er war ein hervorragender Schütze. Mit dem Peitschen seines Schusses brach eine der Antilopen zusammen. Die anderen warfen sich herum und flohen wie von Furien gehetzt in den Wald.

Christie stieß die Winchester in den Scabbard, ritt zu dem toten Tier hin und stieg vom Pferd. Er schlang den langen Hügel um den tief hängenden Ast einer Fichte, dann holte er sein Messer aus der Satteltasche und begann, die Antilope auszuweiden. Schließlich legte er das Wild quer über den Widerrist seines Pferdes, löste den Zügel vom Ast und schwang sich in den Sattel.

Er ritt nach Nordosten und folgte den Windungen zwischen den Hügeln. Die Hänge waren meistens bewaldet. Hier und dort erhob sich ein Felsen. An den Waldrändern wuchs Unterholz.

Die Sonne war über den Horizont geklettert und leckte den Tau von den Gräsern. Die Wälder schienen zu dampfen. Das Gras war hüfthoch. Kleine Stechmücken begannen den Mann und das Pferd zu piesacken. Der Himmel im Westen war bewölkt.

Ned Christie ritt zwei Stunden, dann lag Tahlequah vor ihm. In den Pferchen außerhalb des Dorfes weideten Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen, es gab auch einige Schweinekoben. Auf den staubigen Straßen bewegten sich Menschen. In der Ortsmitte gab es einen Brunnen. Kinder spielten am Fahrbahnrand, Hunde dösten in den Schatten. Verworrene Geräusche erfüllten die friedliche Atmosphäre.

Es war um die Mitte des Vormittags. Ned Christie ritt zwischen die ersten Hütten und Schuppen. Unter Sonnendächern, die auf krummen Stangen ruhten und aus Zweigwerk geflochten waren, saßen alte Indianer und rauchten oder vertrieben sich die Zeit mit würfeln. Hammerschläge erklangen. Irgendwo hinter den Häusern kreischte eine Säge.

Einer der älteren Männer erhob sich und kam in die Fahrbahn, in deren Mitte Ned Christie ritt. Der Reiter zügelte das Pferd und bannte es mit hartem Schenkeldruck auf der Stelle. Der ältere Mann griff nach dem Kopfgeschirr und hielt das Tier zusätzlich fest. »Gestern Abend wurde einer der Deputies erschossen, Ned«, sagte der Mann. »Es ist jener, der dich als dreckige Rothaut beschimpft hat. Er wurde aus dem Hinterhalt erschossen. Seine beiden Kollegen denken, dass du es warst.«

Christies Miene verschloss sich. »Ich war in der Nähe des Forts auf der Jagd, hatte allerdings erst heute Morgen Glück, als ich auf einige Antilopen traf. Wo sind die Marshals jetzt?«

»Sie haben den Ort verlassen. Aber Sie haben versprochen, wiederzukommen. Wie wollen dich für den Mord hängen sehen.«

»Ich habe keinen Mord begangen.«

Mit dem letzten Wort trieb Ned Christie sein Pferd an. Die Hand des Mannes löste sich vom Zaumzeug. Christie ritt weiter. Nach einer guten Viertelstunde erreichte er sein Haus am Rand des Rabbit Trap Canyon. Sein Vater saß auf der Bank neben der Tür. Von Nancy und seiner Mutter war nichts zu sehen. Aus dem Schornstein stieg Rauch. Auch von den beiden Jungs sah Ned Christie nichts.

Christie hatte angehalten. Misstrauisch ließ er seinen Blick schweifen. Gleich hinter dem Haus fiel die Felswand steil ab. Es handelte sich um eine große Blockhütte, die sechs Leuten Platz bot.

Ned Christie bewirtschaftete einige Felder und Äcker. Er besaß einige Stück Vieh, die Fleisch und Milch lieferten, im Hof pickten Hühner auf der Suche nach etwas Fressbarem in den Staub. Überschüssiges Gemüse und Korn verkaufte Christie an das Fort. Als Abgeordneter bezog er ein Gehalt. Nebenbei arbeitete er als Schmied und Büchsenmacher, ein Handwerk, das er von der Pike auf erlernt hatte. Es ging der Familie nicht schlecht.

Da war nichts, was Christies Misstrauen erregt hätte. Er ritt weiter und parierte das Pferd erst wieder im Hof der Farm. Dort saß er ab. Aufgewirbelter Staub senkte sich auf den Boden zurück.

Ned Christie nahm die ausgeweidete Antilope vom Pferd und legte sie sich über die Schulter. »Ich bin zurück, Vater, und habe uns einen Braten mitgebracht.«

Jack Christie hatte sich erhoben. Die Arme vor der Brust verschränkt schlenderte er näher. »Schlechte Nachricht, Sohn. Dan Maples wurde erschossen. Seine Kollegen verdächtigen dich.« Prüfend musterte der alte Indianer seinen Sohn. Ned Christie hatte das Gefühl, der Blick seines Vaters drang in sein Bewusstsein ein und analysierte seine Gedanken. Er winkte ab und sagte: »Ich war es nicht. Als dieser Marshal getötet wurde, befand ich mich in der Nähe von Fort Gibson. Dort gibt es gute Jagdgründe. Du glaubst mir doch, Vater?«

»Die Marshals werden wieder kommen.«

»Sie müssen mir den Mord beweisen.«

»Die Indizien sprechen gegen dich. Du hattest ein Motiv. Maples hat deinen Stolz verletzt, dich in deiner Ehre gekränkt. Er hat dir Schmach zugefügt.«

»Wir sind zivilisierte Menschen, Vater. Wegen einer Beleidigung würde ich niemals einen Mann aus dem Hinterhalt erschießen. Die Marshals sollen ruhig kommen. Sie haben nichts, um mich zu verhaften.«

»Du bist Indianer«, murmelte Jack Christie. »Für Leute wie uns gelten andere Gesetze. Außerdem hat einer der Marshals behauptet, dich gesehen zu haben. Sein Name ist John Parris. Er sagt, er hat dich ganz deutlich am anderen Ufer des Flusses erkannt und auf dich geschossen.«

»Wenn er das sagt, dann lügt er.«

»Kannst du beweisen, dass du in der Nähe des Forts warst?«

»Nein. Mein Wort muss genügen.«

Jack Christie trat vor seinen Sohn hin und legte ihm die rechte Hand auf die hagere Schulter. »Dein Wort steht gegen das dieses John Parris. Du hattest ein Motiv, Maples zu töten. Wem, denkst du, wird man glauben?«

»Was soll ich denn tun?«

»Ich kann dir auch nicht raten, Sohn.«

»Ich reite nach Fort Smith und stelle mich Richter Parker.«

»Dann lässt er dich hängen. Das ist die Strafe auf Mord. Wenn Parris bei seiner Aussage bleibt, hat Parker gar keine andere Möglichkeit, als dich zum Tod zu verurteilen.«

Aus dem Haus kam Nancy. An einem der Fenster zeigte sich der ältere Sohn Ned Christies. Er war zwölf. Ned Christie atmete tief durch. In seinem Gesicht arbeitete es. Seine Augen blickten grüblerisch. Nur nach und nach kam das Begreifen, was es für ihn bedeutete, des Mordes an einem US-Deputy-Marshal beschuldigt zu sein. Er war vogelfrei, ein Geächteter, einer, auf den bald jeder Gesetzeshüter und jeder Kopfgeldjäger Jagd machen und ihn abschießen durfte.

Christie schluckte trocken. In seinen Mundwinkeln zuckte es. Unbehaglich griff er sich an den Hals. Plötzlich aber setzte er sich in Bewegung. Er schritt zum Haus hinüber und blieb vor seiner Frau stehen. »Ich habe den Marshal nicht getötet, Nancy.« Er ging an ihr vorbei und verschwand im Haus.

Nancy machte kehrt und folgte ihm. Sie war eine Frau von ungefähr dreißig Jahren, schlank, mittelgroß, und ziemlich hübsch. Ihre langen Haare waren blauschwarz, ihre Augen dunkel wie die Augen eines Rehs. Jetzt prägten Kummer und Sorge ihr hübsches Gesicht, auf dem Grund ihrer Augen wob die Angst vor der Zukunft.

In der Küche stand Ned Christies Mutter beim Herd und schälte Kartoffeln. Sie wandte sich ihrem Sohn zu und musterte ihn wortlos. Ned Christie legte die Antilope auf den Tisch, dann drehte er sich zu Nancy herum und sagte: »Vater ist zwar dagegen, aber ich reite nach Fort Smith und spreche mit dem Richter. Er muss mir glauben. Ich habe Marples nicht getötet.«

»Wenn du nach Fort Smith reitest, werden wir dich nicht mehr sehen«, versetzte Nancy leise. Sie hatte den Blick gesenkt. »John Parris behauptet, dich nach dem Schuss erkannt zu haben. Gegen sein Wort kommst du nicht an. Parker wird dich hängen lassen.«

»Ich kann doch nicht warten, bis sie kommen, um mich zu holen!« Ned Christie war erregt. Er sprach laut, seine Stimme klang belegt. »Oder soll ich fliehen? Ruhelos durchs Land ziehen, ständig auf der Flucht, als vom Gesetz gesuchter Mörder.«

Christie ging zu einer Bank und ließ darauf fallen. Am Fenster stand sein zwölfjähriger Sohn, der ebenfalls Ned hieß. Sam, der Achtjährige, befand sich wahrscheinlich in einem der anderen Räume.

»Ich reite nach Fort Smith«, sagte Ned Christie im jähen Entschluss.

Er ging hinaus. Sein Vater hatte das Pferd zu einem Tränketrog geführt und ließ es saufen. Er blickte seinem Sohn entgegen, einen fragenden Ausdruck in den Augen.

Ned Christie griff nach den Zügeln. »Ich stelle mich den Marshals. Man wird mir glauben müssen.«

Er stieg auf das Pferd, zog das Tier um die linke Hand und gab ihm den Kopf frei. Mit den Fersen trieb er es an.

*

Es war um die Mitte des Nachmittags, als er Fort Smith erreichte. Um den ehemaligen Militärstützpunkt hatte sich eine Stadt gebildet. Vor dem Gerichtsgebäude stand der große Galgen, an dem sechs Delinquenten auf einmal hingerichtet werden konnten. Als Ned Christie das Gestell passierte, verspürte er ein seltsames Kribbeln in der Magengegend.

In der Stadt herrschte reges Treiben.

Ned Christie zügelte das Pferd und saß ab, führte das Tier zum Hitchrack und schlang den langen Zügel lose um den Querholm. Wenig später betrat er das Gerichtsgebäude. Ein langer Flur nahm ihn auf. Es war düster hier. Türen zweigten nach beiden Seiten ab. Der Geruch von Bohnerwachs hing in der Luft. Im Gebäude war es ruhig wie in einem Totenhaus. Ned Christies Schritte waren auf den Dielen kaum zu hören. Er klopfte an die erste Tür auf der linken Seite, öffnete, sah hinter einem Schreibtisch einen Mann sitzen und fragte ihn, wo er Richter Parker fand.

»Im Obergeschoss«, erklärte der Mann freundlich. »Büro Nummer 12. An der Tür hängt ein Namensschild. Melden Sie sich beim Sekretär des Richters.«

Ned Christie schloss die Tür wieder und ging durch den Flur, erreichte die Treppe, setzte seinen Fuß hinauf, da hörte er oben Schritte. Es waren mehrere Männer. Ihre harten Lederabsätze tackten auf den Dielen. Sporen klirrten, Stiefelleder knarrte.

Es waren fünf. Sie kamen die Treppe herunter. Ned Christie wollte zur Seite treten, als einer der Männer rief: »Mich laust der Affe! Das ist der verdammte Indianer, der Dan erschossen hat. He, er ist von selbst gekommen. Wir können uns den Weg nach Tahlequah sparen.«

Ned Christies Gestalt krümmte sich. Er stand sprungbereit da. Die Gefahr, die von den fünf Deputies ausging, prallte geradezu gegen ihn.

Einige Sekundenbruchteile herrschte betroffenes Schweigen. Dann griffen die Marshals nach den Revolvern. Ehe Ned Christie sich versah, waren fünf Waffen auf ihn angeschlagen.

»Hände hoch!«, forderte einer der Deputies. Der Bursche lachte auf: »Dass er es uns so einfach macht, hätte ich niemals im Leben geglaubt.«

John Parris trat vor. Er drückte Ned Christie den Revolver gegen den Leib. »Du wirst hängen, Indsmen. Ja, du wirst dir am Ende eines soliden Strickes das Genick brechen. Mein Wort drauf.«

»Ich habe Marples nicht erschossen«, würgte Ned Christie hervor. »Als er starb, befand ich mich in der Nähe von Fort Gibson auf der Jagd.«

»Das mag deine Behauptung sein, Indsmen. Ich jedoch hab dich auf der anderen Seite des Creeks gesehen, an dem wir kampierten. Ein Zweifel ist ausgeschlossen. Es war deine lange, schlaksige Gestalt. Außerdem hattest du ein Motiv. Meine Aussage wird gegen deine stehen. Wem denkst du wohl, wird das Gericht glauben? Ich werde in vorderster Front stehen, wenn Sie dir den Strick um den Hals legen.«

Jetzt begriff Ned Christie, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er presste die Lippen zusammen. Sein Gesicht wurde kantig. In seine Augen trat ein gefährliches Schimmern. Seine Muskeln und Sehnen strafften sich. Mit der Linken erwischte er das Handgelenk von Parris, mit der Rechten entwand er ihm blitzschnell den Colt. Parris benötigte die Sekunde, die zwischen Begreifen und Reagieren liegt. Und diese kurze Zeitspanne genügte Ned Christie. Er versetzte dem Deputy einen Stoß, der diesen gegen seine Kollegen taumeln ließ, zwei von ihnen stolperten auf der Treppe und stürzten.

Ned Christie hatte sich herumgeworfen und stürmte nach unten, nahm die letzten drei Stufen im Sprung und wandte sich zum Ausgang. Er rannte, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken. Ehe er nach draußen lief, drehte er sich halb herum. Die Marshals folgten ihm. Als Ned Christie die Faust mit dem Revolver hochriss, spritzten sie auseinander, als wäre eine Granate zwischen ihnen eingeschlagen.

Ned Christie jagte einen Schuss zur Decke hinauf. Kalkstaub rieselte auf den Boden. Im Flur hörte sich der Schuss an wie Kanonendonner. Das Haus drohte in seinen Fundamenten erschüttert zu werden.

Dann war der Cherokee draußen. Er band sein Pferd los und kam mit einem einzigen, kraftvollen Satz in den Sattel. Das Pferd herumzerrend jagte er einen Schuss in die Tür, dann hämmerte er dem Tier die Fersen in die Seiten und warf seinen Oberkörper nach vorn. Das Pferd streckte sich, aus dem Stand verfiel es in raumgreifenden Galopp, die Hufe wirbelten und rissen Staubfontänen in die warme Luft.

Als sich die Deputies ins Freie wagten, war Ned Christie schon außer Revolverschussweite. Soweit sie die Waffen erhoben hatten, ließen die Gesetzesvertreter sie wieder sinken. John Parris knirschte: »Holt eure Pferde! Wir hetzen ihn, bis ihm die Zunge zum Hals heraus hängt.«

Sie rannten zum Stall.

Währenddessen jagte Ned Christie nach Nordwesten. Nur langsam legte sich ihm der Aufruhr der Gefühle. Mit erschreckender Schärfe wurde ihm bewusst, dass auf Seiten des Distriktgerichts seine Schuld festzustehen schien. Eine Welt brach für ihn zusammen. Er war ein Geächteter. Bald würde sein Steckbrief in den Dörfern des Indianer-Territoriums und in den Städten von Arkansas, Missouri und Kansas aushängen. Die Erkenntnis legte sich wie mit tonnenschweren Lasten auf ihn.

Dabei wusste niemand besser als er, dass er unschuldig war. Er war am späten Nachmittag des Vortages in die Nähe des Forts geritten, um zu jagen. Er war voll Zorn gewesen. Maples hatte ihn auf das Übelste beschimpft und beleidigt. Er, Ned Christie, war nahe daran gewesen, Maples deswegen zum Kampf herauszufordern. Da er aber wusste, dass Gewalt nur wieder Gewalt auslöste und er nicht der Stein des Anstoßes für eine Reihe von Gewalttaten werden wollte, hatte er sich zurückgezogen. Ja, als er sich auf die Jagd begab, war das wie eine Flucht gewesen. Eine Flucht vor seiner eigenen Impulsivität. Er wollte nicht Blut vergießen wegen einiger verbaler Entgleisungen. Er wollte seine Ruhe wieder finden.

Jetzt war Maples tot.

Und er galt als sein Mörder.

Christie ritt schnell. Er hatte zwar das Tempo das Tieres, nachdem er Fort Smith verlassen hatte, etwas gedrosselt, ließ das Pferd aber immer noch traben. Immer wieder schaute er auf seiner Spur zurück, manchmal ritt er auf einen Hügel, um besseren Ausblick zu haben.

Nach einer halben Stunde etwa sah er die Staubwolke tief im Südosten. Es war mehr Staub, als dass ihn der laue Wind oder sein Wild aufgewirbelt haben konnte. Christie gab sich keinen Illusionen hin. Da kamen seine Verfolger. Und sicher ritten sie mit Wut in den Gemütern, weil er sie im Fort überlistet hatte und ihnen entkommen war.

Die Spur, die Ned Christie zog, war im staubigen Gras deutlich auszumachen. Weit vor ihm buckelten die ersten Hügel und Felsen der Brushy Mountains. In der Felswüste hoffte Christie seine Verfolger abhängen zu können. Aber bis zu den Bergen war es noch weit.

Siedend durchfuhr es ihn. Wohin wollte er sich überhaupt wenden? Nach Hause konnte er nicht. Dort würden sie ihn zuerst suchen. Er musste sich in irgendeinem der Dörfer verkriechen, die die Indianer gegründet hatten. Es würde den Deputies schwer fallen, ihn zu erwischen.

Resignation wollte nach dem Mann greifen, als ihm klar wurde, dass er sich wahrscheinlich für den Rest seines Lebens verstecken musste. Wenn es ihm nicht gelang, seine Unschuld zu beweisen, ehe sie ihn töteten, gab es für ihn kein Zurück vom Pfad der Gesetzlosen. Ein tief greifendes Gefühl der Verlorenheit erfasste ihn, eine Bruchteile von Sekunden andauernde Blutleere im Gehirn ließ ihn taumeln. Dunkel und düster lag seine Zukunft vor ihm. Ein ungnädiges Schicksal hatte ihn in einen Strudel hineingerissen, aus dem es kein Entkommen zu geben schien.

Ned Christie ließ sein Pferd wieder laufen. Die erhabenen Felsengebilde rückten näher. Die Sonne stand weit im Westen und berührte schon den buckligen Horizont. Die Schatten waren lang. Wolkenbänke schoben sich vor die Sonne und schienen zu erglühen. Aber das Pferd hatte an diesem Tag schon viele Meilen hinter sich gebracht. Und so ermüdete es schnell. Schaumflocken bildeten sich vor seinen Nüstern, der Reitwind trieb sie gegen die Beine des Reiters und durchnässte die Hose.

Christie wusste, dass er am Ende Verlierer sein würde, wenn er das Pferd zuschanden ritt. Er saß ab und führte das Tier. Die Vegetation hatte sich verändert. Das Gras war karger und niedriger geworden, dazwischen zeigten sich Inseln verbrannten Bodens, auf denen gar nichts wuchs. Da lagen nur Sand und Staub. Es gab keine Wälder mehr, sondern nur noch vereinzelte Hickorys und sturmzerzauste Kiefern. Felsen erhoben sich aus dem Boden wie die Blasen in einer brodelnden Bohnensuppe.

Der Himmel im Westen hatte sich rot verfärbt. Die Sonne war untergegangen. Rötlicher Schein lag auf dem Land. Die Schatten verblassten. Manchmal klirrte es, wenn ein Huf gegen einen Stein stieß. Aus den Mulden und Felsspalten stiegen Dunstschwaden und hüllten Bäume und Sträucher ein.

Dann bewegte sich Ned Christie zwischen den Felsen. Sein Pferd hatte sich wieder ein wenig erholt. Düsternis hüllte das Land ein. Der rötliche Schein war erloschen. Der Himmel im Westen hatte sich von glutrot nach violett verfärbt. Ein einzelner Stern trat am Westhimmel hervor – der Abendstern. Manchmal verschwand er hinter Wolken.

Und plötzlich trieb vor Ned Christie ein Reiter sein Pferd um einen Felsen herum. Er hielt das Gewehr in beiden Händen. Das Pferd lenkte er mit den Schenkeln.

Ned Christie hielt an, seine Rechte zuckte zum Revolver, den er dem Deputy in Fort Smith abgenommen hatte und der in seinem Hosenbund steckte.

Der Marshal feuerte. Eine Handlange Mündungsflamme brach aus dem Lauf des Gewehres. Der Knall schien sich zwischen den Felsen zu stauen. Ned Christie hatte sich zur Seite geworfen. Die Kugel verfehlte ihn. Er hatte den Revolver herausgerissen und geschossen. Das Pferd des Marshals brach zusammen. Der Reiter brachte nicht mehr den Fuß aus dem Steigbügel und sein Bein wurde unter dem schweren Pferdeleib begraben.

Ned Christies Pferd scheute zur Seite. Dem Cherokee entglitt der Zügel. Er folgte dem Pferd und wollte es am Kopfgeschirr packen. Aber das Tier stieg auf die Hinterhand und vollführte mit den Hufen einen Trommelwirbel in der Luft. Um ein Haar wäre Ned Christie getroffen worden.

Er hörte hinter sich trappelnde Hufschläge. Sein Kopf flog herum. Zwischen zwei Hügeln stoben zwei Reiter hervor. Jetzt fingen sie an zu schießen. Ned Christie hatte nicht mehr die Zeit, auf sein Pferd zu springen und zu fliehen. Er zog sein Gewehr aus dem Scabbard und rannte, Haken schlagend wie ein Hase, zwischen die Felsen. Einige Kugeln folgten ihm, doch keine traf. Querschläger quarrten durchdringend.

Ned Christies Schicksal schien sich in einer Sackgasse verfahren zu haben. Alles in ihm lehnte sich dagegen auf. Aber die Situation sprach eindeutig gegen ihn. Er hatte das Empfinden, als ob ihm die tückischen Schlingen und grausamen Schläge der Vorsehung nach und nach den Todesstoß versetzen wollten.

*

Ned Christie rannte einen natürlich Pfad hinauf.

Er hörte ihre Stimmen. Was sie sich zuschrieen, konnte er nicht hören. Aber er wusste, dass sie das Gebiet nach ihm durchkämmten. Christie spürte keine Furcht. In ihm war nur die Angst, unschuldig verurteilt und schmählich gehängt zu werden. Der Gedanke daran beflügelte ihn. Er presste seinen Körper gegen einen mannshohen Felsen. Sein Atem ging stoßweise. Er hatte einen Höhenunterschied von hundert Yards auf eine Entfernung von vielleicht zweihundert Yards überwunden. Seine Lungen pumpten. Obwohl es kühl geworden war und Ned Christie kein Gramm überflüssiges Fett auf den Rippen hatte, drückte es ihm den Schweiß aus den Poren.

Die Dunkelheit nahm zu.

Immer wieder vernahm Ned Christie ihre Stimmen. Und dann hörte er ganz in seiner Nähe einen der Deputies rufen: »Er war hier und hat einen Stein losgetreten. Kommt hierher. Ich habe seine Spur gefunden.«

Ned Christies Herz schlug höher. Viele Hunde sind des Hasen Tod. Er hörte Absätze auf dem harten Untergrund tacken. Sporen klirrten leise. Er klang heran wie eine Botschaft von Untergang und Tod.

Noch hatte Ned Christie Hemmungen. Er konnte doch nicht einfach auf diese Männer schießen, die ihn in dem guten Glauben verfolgten, den Mörder eines ihrer Kameraden vor sich zu haben. Christie fragte sich, was Parris bewog, ihn als den Mörder Maples hinzustellen. Warum sprach der Deputy die Unwahrheit? Was hatte er davon? War er vielleicht überzeugt davon, dass er, Ned Christie, Maples Mörder war und wollte er dies, indem er log, fundamentieren?

Christie floh höher hinauf. Die Dunkelheit nahm zu. Er stieg zwischen die Felsen. Da wucherten dornige Büsche, denen er ausweichen musste. Einmal trat einen Stein los, der in die Tiefe klackerte und irgendwo aufschlug. Wegweisend für seine Gegner.

Er kroch unter einer überhängenden Felsen. Hier unten war es finster wie in einem Mausloch. In seiner Nähe vernahm er sie. Einer rief: »Es hat keinen Sinn. Wir verschwinden. Der Schuft hat ein Problem am Hals. Er hat kein Pferd. Kommt, verduften wir. Ich denke, ich weiß, wo wir ihn kriegen.«

Die Schritt entfernten sich. Dann kehrte Stille ein. Ned Christie wartete. Herzschlag und Atmung hatten bei ihm wieder den normalen Rhythmus aufgenommen. Er kroch aus seinem Versteck und lief den Pfad hinunter, den er hochgekommen war. Es war jetzt finster. Der Mond war noch nicht aufgegangen. Der Weg war halsbrecherisch. Aber der Cherokee kam heil unten an.

Da lag das tote Pferd. Sein Pferd hatten die Deputies mitgenommen. Vor Ned Christie lagen mindestens vierzig Meilen bis Tahlequah, eine Strecke, die zu Fuß kaum zu bewältigen war. Er befand sich mitten in der Einöde, ohne Wasser, ohne Proviant.

Ned Christie setzte sich auf das tote Pferd und überlegte. Östlich von Fort Smith, etwa zehn Meilen von der Stadt entfernt, gab es einen kleinen Ort namens Moffett. Dort musste er sich ein Pferd beschaffen.

Er erhob sich im jähen Entschluss.

In dieser Minute schlug Ned Christie den Weg ein, der ihn auf den Trail der Gesetzlosigkeit brachte. Im Laufe der nächsten Monate sollte er sich einen Ruf als Outlaw erwerben, der wie Donnerhall durchs Land ging.

Ned Christie setzte sich in Bewegung. Die Felsen und Hügel waren in der Finsternis nur schemenhaft wahrzunehmen. Immer wieder stolperte er. Seine Fußsohlen begannen zu brennen. Seine Beine wurden schwer wie Blei. Er verspürte Durst. Irgendwo zwischen den Felsen schrie ein jagender Puma. Schauerlich drang es durch die Finsternis. Mechanisch setzte Ned Christie einen Fuß vor den anderen. Irgendwann machte er Pause. Er setzte sich auf einen Felsen. Die Dunkelheit, die ihm umgab, verstärkte das Gefühl von Einsamkeit und Verlorenheit. Hatte er eine Chance? Er kam zu dem Ergebnis, dass er keine hatte. Aber der Gedanke, unschuldig zu sein, peitschte ihn wieder vorwärts. Er marschierte über Stock und Stein. Das felsige Gebiet hatte er hinter sich gelassen. Die Vegetation war wieder üppig. Christie gelangte an einen Bach, trank mit durstigen Zügen, wusch sich das Gesicht, dann zog er seine Mokassins aus und hielt die brennenden Füße in das Wasser.

Der Schmerz ließ nach. Es war eine Wohltat. Die Rastlosigkeit trieb ihn weiter. Und als der Morgen graute, lag vor ihm Moffett.