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In seinem Buch erzählt Pferdetrainer Mark Rashid, wie ihn ein Sturz von seinem Pferd aus der Bahn wirft. Was läuft nach Jahren der Arbeit mit Pferden und Menschen plötzlich falsch? Warum fehlen ihm auf einmal die nötige Klarheit und Sicherheit? Mark Rashid besinnt sich der Lehren seines alten Pferdemannes und beginnt mit Aikido, der japanischen Kampfkunst. Er lernt, die Energie des Pferdes aufzunehmen, sie mit der eigenen verschmelzen und findet so zum inneren Gleichgewicht zurück.
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Seitenzahl: 345
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Von Mark um ein Vorwort zu seinem bahnbrechenden Werk gebeten zu werden, ist mir ebenso eine Ehre wie ein Vergnügen. Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie feststellen, dass es mehr ist als ein Buch über Pferde und Reiter – viel mehr sogar. Es geht um einen Menschen, der seiner Leidenschaft folgt, der erfüllt ist und wieder leer wird und den vollen Kreis beschreibt vom Anfänger zum Meister und wieder zurück zum Anfänger.
Diese Reise ist nichts für jedermann, denn sie ist alles andere als leicht. Sie erfordert Zeit und harte Arbeit und nimmt Ihnen manchmal buchstäblich den Atem. Sie ist nichts für Schwächlinge oder Kleingeister. Man braucht dafür den Willen zu lernen, bescheiden zu sein und zuzeiten zuzugeben, wie viel man doch nicht weiß.
Bei den asiatischen Kampfkünsten gibt es ein altes Sprichwort: „Wenn der Schüler bereit ist, erscheint auch der Lehrer.“ Genau das habe ich vor über zwanzig Jahren erlebt und erleben unzählige Lehrer und Schüler seit vielen Jahrhunderten. Menschen brauchen manchmal eine Weile, bis sie sich durch alles, was sie beunruhigt und von dem abhält, was sie eigentlich erreichen wollen, hindurchgearbeitet haben. Haben sie erst einmal einen einzelnen, fokussierten Punkt erreicht und sind bereit, die Dinge so, wie sie sind, zu akzeptieren, können sie sich auch mit dem aktuellen Stand auseinandersetzen.
Es ist diese Fähigkeit, mit Dingen im gegenwärtigen Zustand umzugehen, die schließlich uns allen hilft, voranzukommen. Wenn wir uns dagegen auf alles konzentrieren, was falsch ist, können wir nicht mehr erkennen, was richtig ist. Wer immer nur an die Verletzungen denkt, die ihn daran hindern, etwas zu tun, macht nicht nur oft die Verletzungen selbst schlimmer, sondern hält sich auch höchst persönlich von dem ab, was er durchaus tun könnte, und das ist gewöhnlich sehr viel mehr, als er selbst für möglich hält.
Als Mark mit mir über diese Gedanken und Ideen rund um Aikido und Horsemanship sprach, packte mich der Gedankengang sofort. Marks Arbeit ist sehr wertvoll, für das Pferd wie für den Reiter. Von meinem Lehrer habe ich gelernt, dass nur der gut in den Kampfkünsten sein kann, der seine Kunst auch lebt, jeden einzelnen Tag seines Lebens. Genau dies tut Mark, in seiner Arbeit wie in seinem Leben. Über kaum etwas freut sich ein Lehrer so sehr wie über einen Schüler, der seinen Lernstoff versteht, anwendet und danach lebt. So bleibt DER WEG lebendig.
Viel wichtiger als die Technik ist der Geist, den ein Mensch in seine Arbeit legt. Wir müssen aus der Reise lernen, nicht vom Ziel. Mark verkörpert diesen Gedanken, und ich bin voller Respekt und stolz auf das, was er erreicht hat. Es macht mich demütig, dass auch ich zu einem kleinen Teil an dieser Reise beteiligt war.
Von ganzem Herzen hoffe ich, dass Sie das, was dieses Buch zu geben hat, annehmen können und Sie durch das, was Mark auf seiner Reise mit Ihnen teilt, Ihr Leben bereichern und schöner gestalten können.
Osu, Shihan Eric Adams
Eric Adamswurde in Colorado geboren und wuchs in Alaska auf. Kampfsport und Pferde gehörten schon immer zu seinem Leben – seine Eltern waren Reitstallbesitzer. Als Jugendlicher erlernte er in Alaska asiatische Kampfsportarten und erwarb diverse Schwarze Gürtel u. a. in Shudokan Karate, Yoshinkan Aikido und Jiu-Jitsu Kobudo (Waffen). Heute betreibt er einen Dojo in Colorado.
Wann ich den Begriff „horsemanship through life“ (wie mein Buch im amerikanischen Original heißt – etwa: Horsemanship immer und überall, im ganzen Leben) – erstmals verwendet habe, kann ich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Ich erinnere mich aber, warum ich ihn verwendet habe, und zwar als Antwort auf die Frage einer Dame, was für mich das Wichtigste an einem guten horseman, einem Pferdemann sei. Ich erklärte ihr, es gehe darum, Horsemanship auch im Alltag zu praktizieren, nicht nur mit Pferden. Die Dame blickte mich etwas verwirrt an.
Also erklärte ich weiter, dass viele Menschen (besonders solche, die ihre Pferde „im Hinterhof“ halten) meiner Erfahrung nach ihre Horsemanship, das Wissen um den guten Umgang mit Pferden, tatsächlich nur im Umgang mit ihren Pferden praktizieren. Gut möglich, dass sie sonst ihre Kinder anbrüllen, mit Kollegen streiten, sich in der Schlange an der Supermarkt-Kasse vordrängeln oder am Steuer ihres Autos Tobsuchtsanfälle bekommen. Und dann nehmen sie einfach an, sie könnten mit ihren Pferden arbeiten und plötzlich ruhig, geduldig, ihrer selbst bewusst und verständnisvoll sein.
Oder sie verbringen, am andern Ende des Spektrums, den ganzen Tag damit, sich verbal oder mental mit jeder Kleinigkeit auseinanderzusetzen (auch wenn das weder passend noch notwendig ist). Und sie glauben, sie brauchen nur zu ihrem Pferd zu gehen und können sich ihm gegenüber irgendwie in aller Ruhe behaupten, falls und sobald es nötig ist.
Das größte Problem besteht darin, dass die meisten Pferdebesitzer heutzutage nur wenig Zeit für ihre Pferde aufbringen können, von ein paar Minuten bis zu mehreren Stunden, falls überhaupt. Die restliche Zeit geht für Alltagsaufgaben drauf, die selten etwas mit Pferden zu tun haben. Ungefähr eine Stunde am Tag ist dem Pferd gewidmet, die restlichen dreiundzwanzig Stunden werden ohne Pferd verbracht. Gerade diese dreiundzwanzig Stunden aber könnten in meinen Augen die größten Verbesserungen in Bezug auf Horsemanship bringen!
Schauen Sie, wenn wir mit unseren Pferden zusammen sind, haben wir Gelegenheit, die normalen Utensilien eines Pferdemenschen zu gebrauchen – Halfter, Führstricke, Sättel, Trensen usw. Aber fern von unseren Pferden haben wir Gelegenheit, das wichtigste Handwerkszeug eines Pferdemenschen weiter zu verfeinern – unseren Geist und unseren Körper.
Gut in Horsemanship zu sein, bedeutet für mich nicht, wie wir uns verhalten, wenn wir mit Pferden umgehen. Es geht auch darum, wie wir uns verhalten, wenn wir nicht bei ihnen sind. Auch wer nur fünfzehn Minuten am Tag für sein Pferd übrig hat, kann den Rest des Tages an seiner Horsemanship arbeiten. Schließlich sind die Eigenschaften, die einen guten Pferdemenschen ausmachen, die gleichen, die auch für das Leben generell wichtig sind, und umgekehrt.
Die Chancen stehen gut, dass jemand, der im Alltag unschlüssig, zornig, zerstreut, zögerlich, aggressiv, streitlustig, herrisch oder ungeduldig ist, dieselben Eigenschaften auch in seine Horsemanship einbringt und dass sein Pferd diese Eigenschaften widerspiegelt. Gleichermaßen wird das Pferd höchstwahrscheinlich auch menschliche Eigenschaften wie Geduld, Ruhe, Selbstvertrauen, Bereitwilligkeit, Konzentration und Zuverlässigkeit widerspiegeln.
Ob positiv oder negativ: Die Eigenschaften, die unser Alltagsleben bestimmen, haben fast immer auch den größten Einfluss auf unsere Horsemanship. Das Größte dabei ist natürlich, dass wir nicht nur die Macht haben, uns die Eigenschaften auszusuchen, die wir im Alltag herausstellen möchten, sondern dass wir auch die Macht – und die Zeit – haben, uns darin zu üben!
Für mich nahm der Gedanke von „horsemanship through life“ vor einigen Jahren eine völlig neue Bedeutung an, als ich nämlich von einigen alten körperlichen Beschwerden sowie von dem Anschein nach davon unabhängigen persönlichen Problemen geplagt wurde. Ohne es zu merken, ließ ich zu, dass diese Probleme sich in so ziemlich jeden Aspekt meines Lebens einschließlich meiner Horsemanship einschlichen, mit einem, sagen wir mal, nicht gerade günstigen Endergebnis.
Eine Zeitlang versuchte ich, die Probleme bei meiner Horsemanship in den Griff zu bekommen, ohne an den anderen Dingen zu arbeiten, aber wie sich herausstellte, wurden sie nicht nur nicht besser, sie verschlimmerten sich bis zu einem gewissen Grad sogar. Erst als ich begann, mich außerhalb der Pferdewelt umzusehen, und einen Weg einschlug, der mich letztendlich zu den asiatischen Kampfsportarten führte, fand ich die Antworten, nach denen ich gesucht hatte. Danach nahmen die Dinge allmählich ganz automatisch wieder ihren richtigen Platz ein.
Diese Erfahrung trug zuerst zu der Einsicht bei, dass das Konzept von „horsemanship through life“ viel mehr sein konnte als ein Weg, mit Pferden umzugehen – es konnte vielmehr ein Weg sein, freundschaftlich mit Pferden zusammen zu sein. Deshalb hoffe ich, dass der Bericht, den Sie nun lesen werden, Ihnen eine kleine Hilfe sein kann – ob Sie berufsmäßig oder in der Freizeit reiten oder Pferde nur aus der Ferne bewundern –, und dass er zur Illustration der Kraft beiträgt, die der Gedanke der Freundschaft mit Pferden für uns alle verkörpern kann.
Mark Rashid
Wenn wir unseren Pferden zuhören, wächst unsere Bildung.
Tun wir’s nicht, blühen uns Erfahrungen.
Mark Rashid
Es war ein eigenartiger Laut, aber irgendwie auch vertraut. Ich hielt inne, um darüber nachzudenken, versuchte, das ungewöhnliche, beinahe geisterhafte Geräusch unterzubringen. Es klang, als sagte jemand auf sehr seltsame Art „Hi“ – aber nicht so, wie man auf der Straße jemanden grüßt, sondern mehr wie ein lang gezogenes „Hiiiiiiiije“ mit atemloser, fast heiserer Stimme. Es verklang langsam, und dann konnte ich noch eines hören. Es hatte schon mehrere gegeben, obwohl ich nicht genau sagen konnte, wie viele, und jedes schien lauter zu sein als das vorherige.
Ich versuchte mich zu erinnern, wann zuletzt ich diese ungewöhnliche Resonanz gehört hatte, und zuerst fiel mir absolut nichts ein. Nach einer Zeit, die mir schrecklich lang vorkam, tauchte endlich vor meinem inneren Auge schlagartig, wie ein Kaltwasserguss, ein Bild davon auf, wo ich es zuletzt gehört hatte.
Es war eine Art Ritual. Zwei oder drei Mal im Monat fuhr Walter Pruitt, der alte Mann, für den ich damals arbeitete, zu irgendeiner Pferdeauktion und kaufte ein paar Pferde. Was er mit heimbrachte, gehörte nicht gerade zur Creme der Pferdewelt. Fast immer waren es Pferde mit beträchtlichen Ausbildungsmängeln einschließlich einiger eingefleischter „Bocker“. Aufgrund ihrer Ausbildungs„mängel“ konnte der alte Mann sie fast immer „für ’nen Appel und ’n Ei“ kaufen, manchmal sogar für weniger.
Daheim im Stall setzte er mich auf jedes Einzelne drauf und ließ mich losreiten. Selten erzählte er mir, was mit den Pferden los war; in Anbetracht meiner gerade mal zwölf Jahre erschien ihm das wohl unnötig. Es machte auch nicht wirklich etwas aus, denn in vielen Fällen stellten sich die Pferde als eigentlich ganz in Ordnung heraus. Auch wenn die Vorbesitzer sie als „Problempferde“ bezeichnet hatten, waren viele davon so nett, wie man es sich nur wünschen konnte. Wenn wir wirklich keine Mängel an einem Pferd entdeckten, arbeiteten wir eine Weile mit ihm, bis es richtig gut ging. Und dann verkaufte der alte Mann es mit erheblichem Gewinn wieder weiter.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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