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Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Denker, hat nicht nur unvergängliche literarische Werke wie 'Faust' erschaffen, sondern auch bedeutende naturwissenschaftliche Schriften verfasst. In 'Physik und andere naturwissenschaftliche Schriften Goethes' präsentiert Goethe seine Ansichten über die Natur und die Physik. Sein literarischer Stil zeichnet sich durch Präzision und Klarheit aus, während er komplexe wissenschaftliche Konzepte auf verständliche Weise darstellt. Goethes Interesse an Naturwissenschaften spiegelt sich in diesem Werk wider, das einen Einblick in sein multidisziplinäres Denken bietet und seinen Beitrag zur Entwicklung der Naturwissenschaften verdeutlicht. Durch die Verknüpfung von Poesie und Wissenschaft zeigt Goethe die enge Verbindung zwischen den beiden Disziplinen auf und eröffnet damit eine neue Perspektive auf die Natur.
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Seitenzahl: 302
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Ob gleich der Titel dieser kleinen Abhandlung einen Versuch über die Gestalt der Tiere überhaupt verspricht: so wird sie sich doch vorzüglich mit den vollkommensten, den Säugetieren beschäftigen. Und auch diese besonders in osteologischer Rücksicht betrachten, und sich nur insofern auf die übrigen nächsten Tierklassen und auf die weicheren Teile des Gebäudes verbreiten; insofern es zur Aufklärung gewisser Erfahrungen und Folgerungen nötig sein sollte. Das Übrige behält sich der Verfasser für die Zukunft vor.
1
Bemühungen der vergleichenden Anatomie und Hindernisse welche dieser Wissenschaft entgegenstehen
Die Ähnlichkeit der vierfüßigen Tiere unter einander, konnte von jeher auch der oberflächlichsten Betrachtung nicht entgehen. Auf die Ähnlichkeit der Tiere mit dem Menschen, wurde man wahrscheinlich zuerst durch das Anschauen der Affen aufmerksam gemacht. Daß die übrigen vierfüßigen Tiere in allen ihren Hauptteilen mit dem Menschen übereinkommen, war nur durch eine genauere wissenschaftliche Untersuchung festzusetzen möglich, deren Bemühungen zuletzt noch viel weiter entfernt scheinende Gestalten, aus dem Weltmeere in diese Verwandtschaft herbei zogen.
Wieviel in der letzten Hälfte dieses Jahrhunderts die Naturwissenschaft durch Beschreiben Zergliedern und Ordnen gewonnen, ist, ich darf wohl sagen allgemein bekannt. Wie manches in derselben noch zu tun sei, wie manche Hindernisse einer ganz genauen Bearbeitung entgegen stehen, wird demjenigen bald bekannt, der sie mit gewissenhafter Genauigkeit bearbeitet.
Es war natürlich, daß die Zergliederer welche sich mit dem Bau des Menschen eine Zeitlang ausschließlich beschäftigten, die Teile des menschlichen Körpers, wie sie ihnen sichtbar wurden benannten, beschrieben und an und vor sich ohne weitere Verhältnisse nach außen betrachteten. Eben so natürlich war es daß diejenigen welche sich mit der Behandlung der Tiere beschäftigten, Reiter, Jäger, Fleischer, denen verschiedenen Teilen der Tiere jeder für sich Namen beilegten, welche auf keine Weise das Verhältnis der Tiere untereinander, noch weniger das Verhältnis der Tiere zu den Menschen ausforschten, vielmehr durch falsche Vergleichung, zu Irrtümern Gelegenheit gaben. So nennt z.B. der Reiter denjenigen Teil des Pferdevorderfußes wo der carpus das Gelenk zwischen der ulna und dem metacarpus machet das Knie den Knochen des metacarpus selbst das Schienbein.
Nun ist zwar durch die Bemühungen so vieler eifriger Beobachter, welche vorzüglich die Tieranatomie oder auch nur selbige gelegentlich neben der menschlichen behandelt, die Terminologie der tierischen Teile soviel es sich wollte tun lassen auf die Terminologie der menschlichen Teile reduziert worden, und es möchte wohl die Base der vergleichenden Anatomie auf immer festgestellt worden sein. Allein es sei uns erlaubt; hier einige Bemerkungen über die Hindernisse zu machen, welche noch Überbleibsel der alten empirischen Behandlungsart zu sein scheinen, und die der Wissenschaft eben jetzt am beschwerlichsten im Wege stehen, da sie ihrer Vollendung näher und näher rücket.
Man hat bisher wie oben schon erwähnt worden, bald die Tiere unter einander, bald die Tiere mit dem Menschen, bald den Menschen mit den Tieren verglichen, man hat also, mit dem tertio comparationis immer gewechselt, und dadurch oft den Faden der Beobachtung verloren. Ferner mußte da die Methode des Tierzergliederers mit der Methode des Menschenzergliederers, nicht völlig übereinstimmen kann, eine Art Schwanken in der Methode der vergleichenden Anatomie entstehen, welches wie mich dünkt noch bis jetzt nicht hat ins Gleichgewicht gesetzt werden können.
2 Vorschläge diese Hindernisse aus dem Wege zu räumen
Wie nun aber gegenwärtig bei so vielen trefflichen Vorarbeiten bei täglich fortgesetzten Bemühungen so vieler einzelner Menschen, ja ganzer Schulen, die Wissenschaft auf einmal zur Konsistenz gelanget, ein allgemeiner Leitfaden durch das Labyrinth der Gestalten gegeben ein allgemeines Fachwerk, worin jede einzelne Beobachtung zum allgemeinen Gebrauch niedergelegt werden könne, aufzubauen wäre, scheint mir der Weg zu sein wenn ein allgemeiner Typus, ein allgemeines Schema ausgearbeitet und aufgestellt würde, welchem sowohl Menschen als Tiere untergeordnet blieben, mit dem die Klassen, die Geschlechter die Gattungen verglichen, wornach sie beurteilt würden.
Man würde sich bei Ausarbeitung dieses Typus vor allen unnötigen Neuerungen hüten, man würde, die von der menschlichen Gestalt hergenommene Benennungen, immer mehr auf die Gestalt der Tiere über zu tragen suchen, und sich vielleicht nur um weniges von der Methode und Ordnung wornach bisher die Anatomie des menschlichen Gebäudes vorgetragen worden entfernen um nicht empirisch, nach der besondern Bildung eines Geschöpfes das Gebäude der andern zu betrachten und zu beurteilen, sondern eine Methode aufzufinden, wornach vorerst die vollkommensten Tiere rationell betrachtet und vielleicht in der Folge die übrigen Klassen näher erkannt werden können.
Sollte das bisher Gesagte, nicht einen jeden gleich von der Notwendigkeit einer solchen Einrichtung überzeugen; so wird folgende Betrachtung vielleicht die Sache einleuchtender machen. Da die Vergleichung so sehr verschiedener Gestalten als die Säugetiere sind nicht anders als teilweise geschehen kann; so war es natürlich, daß man bei den verschiedenen Tiergattungen die verschiedenen Teile aufsuchte und sie mit den Teilen der andern verglich. Die meisten durch große Verschiedenheit der Gestalt und Richtung der Teile entstandenen Irrtümer rektifizierten sich nach und nach nur hat man sich von dem Irrtume der mehr in dem Ausdrucke als der Sache zu liegen scheint nicht völlig losmachen können daß man einigen Tieren gewisse Teile ableugnete ob man gleich, die durch eben diese Teile hervorgebrachte Gestalt, gerne zugab. So wollte man den Menschen das os intermaxillare beharrlich absprechen, der Elefant sollte kein Tränenbein keinen Nasenknochen haben, da man doch im Gegenteil, wenn auch alle Suturen verwachsen wären, von der übereinstimmenden Gestalt, auf die Konsequenz des Baues hätte schließen sollen.
Wenn wir nun von einer Seite behaupten, daß alle Hauptteile woraus die Gestalt eines vollkommenen Tieres zusammengesetzt ist, sich bei dem andern Tiere gleichfalls finden müssen, so läßt sich von der andern nicht leugnen daß gewisse völlig gleichartige Teile besonders gegen die Extremitäten zu in der Zahl variieren, so variiert die Zahl der Rückgratwirbel und Rippen der Schwanzwirbel, die Zahl des carpus metacarpus und der Finger des tarsus metatarsus und der Zehen. Andere Abteilungen als die der ulna und des radius der tibia und fibula verwachsen mit einander und lassen kaum noch Spuren ihrer ursprünglichen Trennung zurück.
Dieses alles würde ein völlig ausgearbeiteter Typus schon bestimmen und festsetzen: inwiefern ein jeder Teil notwendig und immer gegenwärtig sei, ob er sich manchmal nur durch eine wunderbare Gestalt verberge durch eine Verwachsung der Suturen zufällig verstecke in verminderter Zahl erscheine sich bis [auf] eine kaum zu erkennende Spur verliere, für überwiegend untergeordnet oder gar als aufgehoben betrachtet werden müsse. Ehe wir weiter gehen wird es rätlich sein, den Typus selbst und zwar vorerst bloß osteologisch herzusetzen.
3
Vorschlag zu einem osteologischen Typus
Ehe ich die Ursachen weiter ausführe welche mich bewogen das vorstehende Schema dergestalt zu ordnen und was für Vorteil ich daraus zu ziehen hoffe ist es nötig noch einige Betrachtungen voraus zu schicken. Da die Natur eben dadurch die Gestalten der Tiere so bequem zu verändern scheint, weil die Gestalt aus sehr vielen Teilen zusammengesetzt ist, und die bildende Natur dadurch nicht sowohl große Massen gleichsam umzuschmelzen nötig hat sondern die große Mannigfaltigkeit bewirkt, indem sie auf viele zusammen geordnete Anfänge bald so bald so ihren Einfluß zeigt, welches wie wir in dem Folgenden sehen werden, von der größten Bedeutung ist, so wird die größte Aufmerksamkeit derjenigen, welche besonders den osteologischen Typus ausarbeiten, dahin gerichtet sein daß sie die Knochenabteilungen auf das schärfste und genauste aufsuchen, es mögen solche an einigen Tierarten in ihrem ausgewachsenen Zustande sich deutlich sehen lassen oder bei andern nur an jüngeren Tieren vielleicht gar nur an Embryonen zu erkennen sein.
Denn ich darf wohl hier schon dasjenige behaupten, wovon ich einen jeden den diese Wissenschaft wirklich interessiert durch diese Abhandlung völlig überzeugen möchte daß der Fortschritt der ganzen Wissenschaft bloß auf diesem Wege schnell zu hoffen sei. Hat sich nicht in anderen Teilen die Zergliederungskunst in die feinsten Bemerkungen ausgebreitet; hat sie nicht schon die Teilbarkeit der Nerven bis ins Unendliche verfolgt; sollten wir nicht den Knochenabteilungen, welche vielleicht einen größeren Einfluß auf die Bildung haben, eine ähnliche Aufmerksamkeit widmen.
Die Methode, wie die Lehre des menschlichen Knochengebäudes bisher vorgetragen worden, ist bloß empirisch und nicht einmal auf die Betrachtung der Gestalt des Menschen, geschweige in Betrachtung auf die Gestalt der übrigen Tiere rationell. Man hat die Knochen, nicht wie sie die Natur sondert bildet und bestimmt sondern wie sich solche ich möchte fast sagen zufällig in einem gewissen Alter des Menschen untereinander verbinden, angenommen und beschrieben, ein Weg aus welchem selbst die besten und genausten Bemühungen kaum weiter als zu einer empirischen Nomenklatur führen konnten. Auch sind die daraus entstehenden Unbequemlichkeiten schon in die Augen gefallen und einige sind schon gehoben. So hat man z.E. das Felsenbein vom Schlafbein mit dem größten Rechte getrennt; dagegen sind Verbindungen ganz heterogener Knochen, wie z.E. des Heiligen-und Kuckucksbeins mit dem Becken geblieben und werden auch wohl um physiologischer und pathologischer Demonstrationen willen in der Lehre welche bloß den Menschen betrachtet künftighin zusammen bleiben, worauf wir aber die wir uns einen höhern Standpunkt der Erkenntnis aufsuchen, nicht dürfen hindern lassen.
Wie ich nun, an einem jeden einzelnen Teil des vorgeschlagenen Typus, die Ursachen angezeigt, welche mich bewogen das Knochengebäude des tierischen Körpers, nach einer von der bisherigen abweichenden Methode zu betrachten, und die Absonderung verschiedener Teile von einander zu wünschen und mich dadurch, dem Verdachte der Neuerungsucht und dem Anschein einer Kleinigkeitsliebe entzogen zu haben hoffe; so wünsche ich durch nachfolgende allgemeinere Betrachtungen jene Methode noch mehr zu rechtfertigen und ihre Notwendigkeit allgemein überzeugender zu machen. Es ist schon oben im Vorbeigehen gesagt worden daß es der Natur dadurch leicht ja man darf sagen allein möglich wäre, so mannigfaltige Gestalten hervorzubringen, daß die Bildung aus so vielen kleinen Teilen bestehe auf welche sie wirkt, ihre Größe, Lage, Richtung und Verhältnis verändert und dadurch in den Stand gesetzt wird, teils himmelweit verschiedene Bildungen hervorzubringen, teils ganz nahe verwandte Bildungen durch eine ungeheure Kluft gleichsam wieder zu trennen. Geben wir genau auf diese Mannigfaltigkeit acht so werden wir in den Stand gesetzt, nicht allein die Tiere untereinander sondern sogar das Tier mit sich selbst zu vergleichen. In dieser bei genauer Betrachtung die größte Bewunderung erregenden Veränderlichkeit der Teile, ruht die ganze Gewalt der bildenden Natur.
Dagegen, ist die unveränderliche Verbindung der Teile unter einander, die Ursache der einem jedem Beobachter in die Augen fallenden Ähnlichkeit der verschiedensten Gestalten. Um diese beiden Begriffe nicht nur im allgemeinen hinzustellen sondern auch ins besondere anwendbar und anschaulich zu machen nehmen wir zuerst den Schädel der Tiere vor uns und hier kann nicht streng genug behauptet und nicht oft genug wiederholt werden daß die Natur nicht allein diesen Hauptteil des tierischen Gebäudes, nach einem und demselben Muster bildet, sondern daß sie auch ihren Zweck bei allen durch einerlei Mittel erreicht, daß die mannigfaltigen Knochenanfänge und die daraus entstehenden Knochenabteilungen, an den Schädeln aller Tiere völlig dieselben, und überall im Grunde auf einerlei Weise, obgleich in den mannigfaltigsten Modifikationen gegenwärtig seien. Ein fleißiger und treuer Beobachter kann sich hiervon auf das leichteste und schnellste überzeugen. Am aufmerksamsten wird man hinfort auf die noch nicht verwachsenen auf die Schädel noch junger und unreifer Tiere werden und unser oft wiederholter Grundsatz wird endlich keinen Widerspruch mehr zu fürchten haben. Die falschen oder schwankenden Ausdrücke, der Mensch habe kein os intermaxillare, der Elefant habe kein Tränenbein, der Affe habe auch kein Tränenbein, werden nicht mehr vorkommen. Man wird diese Teile sorgfältig aufsuchen und weil man gewiß daß man sie finden müsse nicht eher ruhen bis man sie ausgefunden und ihre Gestalt ihr Verhältnis gegen die übrigen Teile genau bezeichnet.
Selbst, wenn man die Konsequenz der Gestalt nur im allgemeinen ansieht, sollte man schon ohne genauere Erfahrung schließen daß lebendige einander höchst ähnliche Geschöpfe aus einerlei Bildungs-principio hervorgebracht sein müßten.
Könnte man sich nur einen Augenblick denken, daß der Tränenknochen bei einem Tier fehle, so hieße das eben so viel, als: der Stirnknochen könne sich mit dem. Jochbein, das Jochbein mit dem Nasenbein verbinden, und wirklich unmittelbar an einander grenzen, wodurch alle Begriffe von übereinstimmender Bildung aufgehoben würden; wenn dadurch eben, wie vorher erwähnt, [daß] ein Knochen die seltsamsten und wunderlichsten Gestalten annehmen, und dadurch seine Nachbarn zu Annehmung seltener Gestalten determinieren kann, die große Mannigfaltigkeit der Bildungen entstehet, so wird die Bildung dadurch von der andern Seite höchst konsequent weil kein Knochen seine Nachbarschaft verändern und dadurch wirklich ungeheuere Abweichungen niemals regellos werden können.
Zwar finden sich Fälle welche diesem allgemeinen Grundsatze zu widersprechen scheinen, die aber eben deswegen unsere ganze Aufmerksamkeit erregen, und uns zu weiteren Forschungen Anlaß geben.
Zwei Fälle welche mir bekannt geworden will ich hier anzeigen und zu erklären suchen. Durch die Verbindung des Stirnknochens mit der obern Kinnlade, in der Gegend der Nasenwurzel wird das Tränenbein von dem Nasenknochen gänzlich getrennt, und es sollte also wenn der oben festgestellte Grundsatz unumstößlich bleiben sollte, bei keinem Tiere, der Tränenknochen sich jemals mit dem Nasenknochen verbinden können. Nun findet sich aber sowohl an dem Schädel eines gemeinen Ochsens als eines Auerochsens daß das Tränenbein mit dem Nasenbein wirklich verbunden seie. Diesen Widerspruch hebe ich durch folgende Erfahrung: Es ist bekannt daß die Tiere welchen die Zähne in der obern Kinnlade fehlen, als Ochsen, Hirsche, Schafe, Ziegen, eine Fontanelle haben welche von dem Stirnknochen, dem Nasenbein, der obern Kinnlade und dem Tränenbein umgrenzet wird und wir dürfen sagen: daß diese Fontanelle durch das Unvermögen des Oberkiefers entstehet sich bis gegen den Stirnknochen fortzusetzen. Diese Fontanelle wird bei dem Ochsen durch ein os wormianum ausgefüllt welches in der Folge gewöhnlicher mit dem Tränenbein, als mit den übrigen benachbarten Knochen verwächst wodurch es dem ersten Anblick nach scheinen könnte als wenn das Tränenbein sich gleichsam als ein Keil zwischen den Stirnknochen und der obern Kinnlade hineinschöbe und den Nasenknochen berühre.
Ich wende mich zu dem zweiten Fall. Die obere Kinnlade und der Nasenknochen berühren einander; man kann besonders bei den reißenden Tieren bemerken, daß der Stirnknochen seinen processum nasalem sehr spitz und lang vorwärts das os intermaxillare seinen oberen processum auf gleiche Weise rückwärts fortsetze. Wir treffen bei allen Tieren diese beiden gleichsam gegen einander strebenden spitzen Keile durch die Fläche welche den Oberkiefer mit dem Nasenknochen verbindet abgesondert oder in mehr oder weniger Entfernung an. Bei dem Schädel eines Bären hingegen könnt ich bemerken: daß beide Fortsätze nur noch gleichsam die Fäden zwischen den benachbarten Knochen verlängerten, und sich mit einer jedoch etwas verworrnen Sutur mit einander verbanden. Ich glaube auch hier nicht zu fehlen, wenn ich leugnete daß diese Knochen einander auch wirklich berührten; sondern sie haben nur die ihnen eingepflanzte Triebkraft soweit als möglich gegeneinander ausgedehnt, und sind zuletzt durch einen dritten Knochenpunkt durch eine Art os wormianum zusammen verbunden worden. Es ist dieses ein Punkt, über welchen wir in der Folge nie zuviel, und nie scharf genug beobachten können.
Ähnlichkeit der Tiergestalten unter einander. Ähnlichkeit der Tiergestalt mit der menschlichen.
Die vergleichende Anatomie beschäftigt sich, diese Ähnlichkeit immer mehr aufzusuchen, und zu gleicher Zeit, den Unterschied genau zu bestimmen wodurch sie sich alle mehr oder weniger von einander entfernen.
Es sind in der neuern Zeit in dieser Wissenschaft große Fortschritte geschehen.
Bei fleißiger und genauer Bearbeitung derselben findet sich eine Schwierigkeit; [die] wie mir deucht die Wissenschaft bisher aufgehalten hat.
Da hier von Vergleichen die Rede ist; so fragt sich: soll man die Tiere unter einander, die Tiere mit dem Menschen, oder den Menschen mit den Tieren vergleichen. Es ist dieses alles bisher geschehen je nachdem der Naturforscher eine Absicht bei seinen Untersuchungen hatte, je nachdem er von einem oder dem andern Orte ausging.
Auch hat man ein Längenmaß gelegentlich angenommen, und nach diesem die Längen und Breiten der verschiedenen Teile zu bestimmen gesucht.
Alle diese verschiedenen Methoden haben ihre Beschwerlichkeit, und eine jede muß unter gewissen Umständen unzulänglich werden.
Vielleicht ließe sich, auf dem Punkte wo die Wissenschaft gegenwärtig steht, ein Schritt tun, der auf einmal um vieles weiter brächte.
Es könnte geschehen; wenn man einen Typus ausarbeitete der die tierische Natur überhaupt zuvörderst aber nur, um sich nicht ins Unendliche zu verlieren, die Natur der Säugetiere ausdrückte. Nach welchem Typus sodann alle Tiergeschlechter beschrieben, vor welchem sie verglichen werden könnten.
Wir können den Menschen nicht als das Urbild der Tiere, die Tiere nicht als das Urbild des Menschen ansehen, die Wissenschaft ist weit genug vorwärts geruckt, daß wir gegenwärtig die Gestalt finden können, auf welche sich die übrigen Gestalten beziehen lassen.
Es verstehet sich von selbst; daß wir, bei Ausarbeitung dieses Bildes, uns keine unnötige Mühe machen, daß wir alles dasjenige gebrauchen, was schon gegenwärtig da und in Ordnung gebracht ist, daß wir uns der bisher gebrauchten Methode so viel als möglich nähern, um allen Vorwürfen unnötiger Neuerung zu entgehen und von allen Seiten eher Mitwirkung hoffen als Widerstand fürchten zu dürfen.
Die Anatomie des menschlichen Körpers ist so fleißig durchgearbeitet daß dieselbige, billig bei neueren Vergleichungen zum Grunde gelegt worden [und] immer mehr zum Grund gelegt wird, je mehr man sich überzeugt daß sich bei den übrigen Säugetieren alle diejenigen Teile finden woraus der menschliche Körper bestehet. Man hat daher glücklich angefangen, die Terminologie welche bei den Teilen des Menschen gebraucht wird, auf die Tiergestalten anzuwenden und man wird wohltun hierin fortzufahren.
Da die Anatomie welche uns den menschlichen Körper in seiner Zusammensetzung beschreibt, besonders in den neuern Zeiten, bloß den Menschen wie er ihr vorlag nahm und ihn um sein selbst willen, und nicht in Bezug auf andere ihm ähnliche Geschöpfe behandelte; so läßt sich leicht schließen, daß in der Methode dieser Untersuchung und Beschreibung gewisse dem Menschen eigentümliche Eigenschaften, werden in Betracht gezogen sein, welche uns eher hindern als fördern, wenn wir uns ein allgemeineres Bild ausarbeiten wollen welchem der Mensch auch nur wieder untergeordnet ist.
So ist z. E. die Methode nach welcher die Knochen des menschlichen Hauptes beschrieben werden, bloß zufällig, indem man das als einen besonderen Knochen annimmt und beschreibt was sich in gewissen Jahren trennen läßt, anstatt nach einer reineren Methode dasjenige als ein besonderer Knochen zu beschreiben wäre; den die Natur wirklich von andern abgesondert hat, weil wir dadurch auf den rechten Weg geführt werden, die Bildung des lebendigen Geschöpfs aus einem höheren Standpunkt zu beobachten.
Diese Absonderungen der Knochen, wovon sich ein Teil bei Kinderschädeln schon bemerken läßt, ist bei Tieren, wegen ihrer weniger zusammengedrängten Gestalt, sichtbarer ja greifbarer.
Da wir nun wie oben schon gesagt uns nur einem höheren Begriffe der Bildung nähern können; wenn wir diejenigen Teile, woraus sie bestehet, genau von einander trennen: so werden wir also bei Ausarbeitung unseres Typus, nicht verschmähen uns bei der Tiergestalt Rats zu erholen. Wir werden alle Teile genau kennen lernen, ihre Gestalt im einzelnen, ihr Anteil an der Bildung des Ganzen wird uns nicht verborgen bleiben, und wir werden uns nicht irre machen lassen, wenn dieser oder jener Teil bei irgend einer Klasse oder einem Geschlecht in einem gewissen Alter, unter gewissen Umständen, sich unsern Sinnen entzieht, und nur dem Verstände allein sichtbar bleibt. Im allgemeinen ist es in die Augen fallend und angenommen. Nur ins besondere hat man noch nicht sich völlig bestimmen und überein kommen wollen. So wird z. B. das os intermaxillare als der vordere Teil der oberen Kinnlade welcher die Schneidezähne enthält in so fern sie dem Tier nicht versagt sind, als abgesonderter Knochen unserer Aufmerksamkeit niemals entgehen, wenn wir auch einen Teil der Suturen, durch welche er mit seinen Nachbarknochen verbunden wird bei Menschen meistens oft auch bei Affen Löwen Bären und andern Tieren gedrängter Natur in einem gewissen Alter verwachsen finden.
So werden wir das os temporum, und die sogenannte partem petrosam sorgfältig trennen wie sie bei mehreren Tieren und gewissermaßen bei Kindern getrennt erscheint, wir werden das flache Schlafbein und den Körper des Knochens welcher die Gehörwerkzeuge enthält, nicht mehr als einen Knochen denken können, sobald uns nur ihre Verschiedenheit, Gestalt und Bestimmung einmal recht deutlich geworden ist. Wir werden das Hinterhauptsbein welches aus einem flachen und drei der Gestalt der Wirbelbeinteile sich nähernden Knochen zusammengesetzt ist, [und] das os ethmoideum, das auch in mehrere Teile zerfällt, nicht mehr als einzelne ganze, sondern als zusammengesetzte Knochen beschreiben, ja lieber einem jeden Teil einen besondern Namen, eine besondere Bezeichnung geben.
Ich weiß, daß sich hierauf die Einwendung machen läßt als seie eine solche genaue Abteilung nicht notwendig, da man ohne dies bei der bisherigen Methode solche Zusammensetzungen eines Knochens den man als Eins annimmt, schon nebenher bemerkte und daß also eine solche Neuerung nur schädliche Verwirrung machen würde.
Hierauf kann ich gegenwärtig nur so viel antworten daß diese Methode zu dem bisherigen Endzweck hinreichend sein mag, daß sie aber dem Fortschritt der Wissenschaft hinderlich ist. So wird man nicht leugnen daß wenigstens durch die bisherige Methode die Aufmerksamkeit des Studierenden von diesen Knochenabteilungen eher abgeleitet als auf dieselben hingewiesen werde.
Wenn sich nun in der Folge zeigen wird; daß nur aus der genausten Kenntnis dieser Knochenabteilungen der eigentliche allgemeine Typus ausgearbeitet und zuletzt der geistige Punkt der Vergleichung hervorsteigen kann; so wird hoffentlich die Ursache
Zweites Kapitel
Allgemeine Idee zu einem Typus
Rumpf Rückgrat Brustgrat. Länge und Stärke des ersten Kürze und Weiche des zweiten
Kopf oberer Teil
NB. eigentliche Existenzbase des Lebens, unter sich zusammenhängend.
Hülfsmittel des Lebens. Untere Kinnlade, Arme, Füße.
Drittes Kapitel
Daß die Sorgfalt womit wir die einzelnen Teile des Knochenbaus aufgesucht haben nicht eine vergebliche Spitzfindigkeit sei; wird sich gegenwärtig zeigen, wenn wir nähere Betrachtungen anstellen.
Wir dürfen behaupten daß der Knochenbau aller Säugetiere, um vorerst nicht weiter zu gehen, nicht allein im ganzen nach einerlei Muster und Begriff gebildet ist; sondern daß auch die einzelnen Teile, in einem jeden Geschöpfe sich befinden; und nur oft durch Gestalt, Maß, Richtung, genauere Verbindung mit andern Teilen unserem Auge entrückt und nur unserm Verstände sichtbar bleiben. Alle Teile, ich wiederhole es, sind bei einem jeden Tiere gegenwärtig nur unsere Bemühung unser Scharfsinn muß sie aufsuchen und entdecken; aber jener Begriff ist der
1. Abschnitt. Versuch einer Allgemeinen Knochenlehre
Wenn es natürlich war, daß man die Betrachtung des menschlichen Schädels mit dem Stirnknochen anfing, als dessen Gestalt die menschliche Natur am meisten bezeichnet; so finden wir uns dagegen, indem wir den Tierschädel beschreiben wollen, zu einer andern Methode genötiget, wozu uns das Anschauen die einfache Anleitung gibt.
Wir mögen nämlich das Tier ansehen wie es im freien Zustand sein Haupt trägt, oder dessen Schädel zur Betrachtung vor uns legen; so finden wir immer, daß die Werkzeuge der Nahrung uns am stärksten in die Augen fallen.
1. Der Schneide Knochen
Am skelettierten Kopfe des Tiers bemerken wir zuerst denjenigen Knochen durch welchen es seine Nahrung ergreift. Ich darf ihn gegenwärtig getrost in den allgemeinen Typus einführen, da er nun auch an dem Menschen anerkannt wird, wo er sich selbst den scharfsichtigsten Beobachtern eine Zeitlang eigensinnig zu verbergen schien.
Es ist dieser Knochen höchst merkwürdig einem jeden welcher die Tiergestalt betrachtet; denn es können offenbar nach demselbigen, Tiere gewissermaßen zusammengestellt und beurteilt werden. Das Verhältnis des Tieres zu seiner Nahrung, wird durch die Gestalt und Bestimmung dieses Knochens sogleich deutlich, er bestimmt: ob das Tier ruhig Gras abrupfen und abweiden, festere Körper benagen, lebendige Geschöpfe gewaltsam festhalten und sich zueignen solle und könne. Da nun dieser Knochen in allen seinen Funktionen, durch die daranstoßende obere Kinnlade unterstützt wird, da eine allgemeine Harmonie in allen Teilen eines lebendigen Wesens notwendig ist; so läßt sich aus diesem Knochen fast allein, schon auf die Lebensweise eines Tieres schließen, wie denn überhaupt die Einteilung, Tiere nach ihrem Gebiß zusammenzustellen meist natürlich ist und uns wenigstens die Betrachtung derselben sehr erleichtern kann.
Es ist dieses ein doppelter Knochen, der aus zwei völlig gleichen Hälften besteht: die an dem vorderen Ende der ganzen tierischen Bildung zusammenstoßen, und gleichsam den Schlußstein des ganzen Gebäudes machen. Um nun aber die höchst abweichenden Gestalten desselben, übereinstimmender Weise zu beschreiben, wird man das Ganze in den Körper, den Kinnladenfortsatz, und den Gaumenfortsatz einteilen können. Diese Teile sind jederzeit beständig, obgleich die Gestalt derselben so sehr wechselt daß man in derselbigen Gegend, bei dem einen Tier einen Rand finden wird wo man bei dem andern eine Fläche zu beschreiben hat.
Der Körper ist beständig der vordere Teil, es enthält solcher die Schneidezähne, wenn das Tier mit solchen versehen ist; hat es keine Schneidezähne, so ist der Körper flach, unten schaufelförmig wie beim Ochsen, oder er wird fast ganz Null, wie bei dem Reh, sind Schneidezähne zugegen; so bildet er sich meistens nach ihrer Gestalt, bei den nagenden Tieren ist er nur eine leichte spitze Scheibe, worin die langen scharfen Zähne befestigt sind, bei denen fleischfressenden Tieren welche mehrere Schneidezähne haben fängt er erst an, den Namen eines Körpers zu verdienen, er wird stark, fest und unterstützt die gewaltige Zahnreihe. Es kommen Fälle vor, wo dieser Körper mächtiger ist als die in ihm wachsenden Schneidezähne, und derselbe gar keine Veränderung der Gestalt durch sie erleidet. So ist der Schneideknochen des Trichechus rosmarus, in dessen schwere plumpe Gestalt geringe Zähne eingesetzt sind, ohne sie nur im geringsten zu verändern.
Der Gaumenfortsatz dieses Knochens weicht von vorne nach hinten, und ist standhaft sowohl in seinen Teilen, als in seiner Verbindung. Es verbindet sich dieser Gaumenfortsatz zuerst mit seinem gepaarten Knochen, bildet eine mehr oder weniger entschiedenere Rinne zur Aufnahme der Scheidewand der Nase, indem er sich hinterwärts mit dem Gaumenfortsatz der obern Kinnlade verbindet. Die Kanäle sind sinuos. Es ist dieser Fortsatz manchmal ein bloßer Dorn, wie bei dem Reh, manchmal ein stärkerer Körper, bald eine wirkliche Fläche; so wie die durch diesen Fortsatz gebildete Rinne bald Null wird, bald eine sehr entschiedene Rinne, ja, manchmal am Ende der Rinne ein vertieftes Gefäß hervor bringt. Eben so beständig ist auch die Gegenwart des Nasenfortsatzes, obgleich derselbe, mit seinem hinteren und oberen Ende seine Nachbarschaft zu verändern pflegt. Es verbindet dieser Fortsatz den Knochen mit der oberen Kinnlade, und mit dem Nasenbein, indem sich dessen obere und hintere Spitze zwischen beide hineinschiebt. Ein seltener Fall aber läßt sich bei der Bildung des Hasen bemerken; wo dieser Fortsatz sehr spitz verlängert, die obere Kinnlade von dem Nasenknochen völlig trennt und, nachdem er vor dem Tränenbein vorbeigegangen, sich mit der spina nasalis des os frontis verbindet. Einen gleich merkwürdigen Fall habe ich an dem Schädel eines nordischen Bären gesehen: wo die spina nasalis des ossis frontis sich spitz herunter und vorwärts, der processus maxillaris des ossis incisivi mit eben einer solchen Spitze auf-und hinterwärts begibt, bis beide in der Mitte mit einer ganz zarten Spitze zusammenstoßen. Dadurch wird gleichfalls der Nasenknochen von der Kinnlade getrennt, und es gibt uns dieser Knochen das erste Beispiel, von jenen abwechselnden Verbindungen und Verschränkungen, von welchen wir oben gesprochen haben.
Was in der tierischen Bildung diesem Knochen oberwärts verbunden ist kann hier nicht betrachtet werden, weil es als Knorpel und Fleisch, aus der osteologischen Betrachtung herausfällt.
2. Maxilla Superior. Obere Kinnlade
Um die Gestalt dieses Knochens allgemein genug zu beschreiben, ist es nötig von der gewöhnlichen Einteilung derselben abzugehen; man wird denselben am besten übersehen und vergleichen können, wenn man denjenigen Teil der Alveolen, worin sowohl die Backenzähne als der Eckzahn befindlich sind, den Körper nennet, und alsdann zwei Wände, eine welche das Gesicht, die andere welche den Gaumen bildet, annimmt. Beide stoßen unten in einem rechten Winkel zusammen, bilden die Alveolen und da wo sie zusammentreffen entsteht was ich den Körper zu nennen wünschte. Die innern Seiten dieser beiden Wände, machen entweder unmittelbar die innern Wände der Nase aus oder werden in der Gegend der mittlem Schneidezähne auswärts gedehnt, wo alsdenn noch eine dritte kleine Wand, von der Gegend des Eckzahns her hinzutritt und den vordem Teil des antrum Highmori mit bilden hilft welches übrigens von den untern Muscheln in diesem Falle zugeschlossen wird.
3. Os Zycomaticum
Es setzt sich dieser Knochen jederzeit an den obern Saum der Gesichtsfläche der obern Kinnlade nach hinten zu; seine äußere Fläche bildet einen mehr oder weniger hervorstehenden Teil der Wange eine andere Fläche welche mit dieser einen Winkel macht, bildet einen Teil der Augenhöhle; der Rand wo beide Flächen zusammenstoßen bildet jederzeit einen Teil des Augenrandes unter dem äußern Winkel des Augs. Eben so beständig ist der Fortsatz des Knochens welcher sich nach dem Schlafknochen verlängert, es verbindet sich durch diesen Fortsatz das Jochbein jederzeit mit dem Schlafbein, und ist diese Verbindung eine der beständigen in dem tierischen Schädelbau. Es ist bei derselbigen zu bemerken: daß die Fortsätze beider gedachter Knochen sich bei manchen Tieren durch ein Zwischenbein zu verbinden scheinen; es ist dieses ganz deutlich bei dem Eichhorn und bei der Wiesel, bei welchen Tieren sich der Wangenknochen mit dem Stirnbein nicht verbindet.
Die Verbindung des Wangenbeins mit dem Stirnknochen, ist sehr vielen Veränderungen ausgesetzt. Entweder sie verbinden sich wie eben gesagt gar nicht mit einander. Nur hier gibt es Fälle; nicht eine Spur eines processus frontalis am osse zygomatico; keine Spur eines Wangenfortsatzes an den Stirnknochen, manchmal sind beide Fortsätze gegenwärtig, aber sie reichen nicht an einander und sind nur durch Ligamenta verbunden, wie bei dem Katzen-und Hundegeschlecht.
Manchmal verbinden sie sich wirklich durch eine wahre Sutur, haben aber wenig Breite und lassen die Augenhöhle nach hinterwärts offen wie bei den schafartigen Tieren.
Endlich verbreiten sich diese Fortsätze dergestalt daß sie an das Keilbein anstoßen sich mit demselbigen verbinden, und durch diese Verbindung die Augenhöhle schließen. Durch diese Verbindung entstehen die sonderbaren oder zweifelhaften Fälle: welche allein bei Affenschädeln vorkommen können, daß sich der processus sphenofrontalis des Wangenbeins mit dem Schuppenteil des Schlafbeins, oder mit dem unteren Winkel der Scheitelbeine verbindet oder zu verbinden scheinet. Zugleich ist noch ein Fall zu bemerken; daß bei Pferdeschädeln: der Wangenfortsatz des Stirnknochens, mit dem Wangenfortsatze des Schlafbeins und nicht mit dem Stirnfortsatze des Wangenbeins [sich] zu verbinden scheint. Es läßt sich aber dieses aus jener Bemerkung erklären, welche wir eben gemacht: daß noch ein kleiner Zwischenknochen zwischen den Fortsätzen des Wangen-und des Schlafbeins [sich] befinde, dieser gibt wahrscheinlich den Stirnfortsatz des Wangenbeines her. Verwächst derselbe nun mit dem Schlafbein, ohne mit dem Wangenbein zu verwachsen, so scheint alsdann der Wangenfortsatz des Stirnbeins sich mit dem Wangenfortsatze des Schlafbeins zu verbinden.
Mit dem was bei dem menschlichen Schädel das Tränenbein genannt wird steht das Wangenbein in keiner Verbindung; desto genauer aber bei den Tieren wie wir sogleich vernehmen werden.
4. Das Tränenbein
Wir müssen ganz von dem Begriffe welchen uns das menschliche Tränenbein gibt abstrahieren, wenn wir uns von dem Tränenbein der Tiere eine deutliche Vorstellung machen wollen.
Haben wir wie schon in unserer Beschreibung geschehen, die obere Kinnlade zum Grund gelegt, und das Wangenbein an dieselbe befestiget, so müssen wir nun, um das Gebäude in der natürlichen Ordnung aufzuführen, das tierische Gebäude aufsetzen und beschreiben, und wir werden dadurch den Hauptbau der oberen Kinnlade erst vollendet sehen.
Wir teilen es am besten in den Gesichtsteil und in den Augenhöhlenteil, und bemerken sodann den Rand wo diese beiden Teile zusammenstoßen.
Der Gesichtsteil verbindet sich nach oben jederzeit mit dem Stirnknochen, nach unten mit der oberen Kinnlade, nach der Seite und hinten mit dem Wangenbein.
In den Fällen wo der Stirnfortsatz der oberen Kinnlade sich nicht mit der Stirne verbindet, setzet sich dieser Teil des Tränenbeins bis zu dem Nasenknochen fort, wie bei Pferden, Ochsen und Schweinen, oder es bleibt an der Stelle ein Fontanell, wie bei Schafen und Hirschen.
Es ist dieser Teil des Knochens flach und hat wenig oder keine Dicke. Wie seine äußere Seite einen Teil des Gesichtes bildet, so hilft seine innere das antrum Highmori zudecken.
Der Rand dieses Knochens bildet: mit dem Rande des Wangenbeins an dem er unmittelbar anstößt den untern Rand der Augenhöhle. Die obere Kinnlade reicht bei einigen Tieren zwar bis an diesen Rand, tritt aber niemals in die Augenhöhle hinein, noch weniger, daß sie ein planum orbitale, wie beim Menschen bildete. Bei den Affen drängt sie den Tränenknochen einigermaßen in die orbita zurück, scheint ihn aber doch nicht von dem osse zygomatico zu trennen. In diesem Rande liegen eine oder mehrere Öffnungen welche in das antrum Highmori und in die Nasenhöhle zu dringen scheinen, außer diesen findet sich noch eine offne oder blinde Öffnung in dem Augenhöhlenteile dieses Knochens, welche den eigentlichen Tränengang zu bezeichnen scheint.
Der zweite oder Augenhöhlenteil dieses Knochens tritt besonders bei denen Tieren, wo der ganze Knochen groß und sichtbar ist an die Stelle welche bei den Menschen durch das planum orbitale der obern Kinnlade eingenommen wird. Es ist dieser andere Teil meist schwächer oder geringer als der Gesichtsteil, wenn beide Teile vorhanden sind. Er ist seiner Natur nach sehr schwach und papierartig, und hat bei einigen Tieren hinterwärts einen kleinen Sack, welcher Ähnlichkeit mit dem mittlem Muschelbein verwandter Tiere hat. Manchmal geht dieser Knochen so weit zurück in die Augenhöhle, daß er der oberen Kinnlade allen Anteil welchen sie allenfalls durch den Zahnfortsatz an der Bildung der Augenhöhle nimmt raubt.
5. Das Gaumenbein
Wir suchen uns auch bei Beschreibung dieses Knochens jener, wornach das menschliche Gaumenbein beschrieben wird so viel als möglich zu nähern ob wir gleich um all gemein zu werden auch hier in verschiednen Punkten abweichen müssen.
An dem horizontalen Teil betrachten wir zwei Flächen: die eine, welche nach dem Gaumen zu gekehrt ist; die andere, welche den Grund der Nase mit bilden hilft. Der vordere Rand derselben ist rauh und verbindet sich mit dem Gaumenfortsatze der obern Kinnlade, der hintere ist meistens glatt doch auf sehr verschiedene Weise ausgeschweift und gezackt. Der innere der stärkste Rand ist gleichsam rauh, und durch diesen verbinden sich die beiden Gaumenbeine mit einander. Der äußere Rand verliert sich in dem processu alveolari, von welchem bald die Rede sein wird.
An dem perpendikularen Teil betrachten wir:
Die superficiem nasalem, welche den innern Teil der Nasenhöhle bilden hilft, und an welche die concha inferior und media mehr oder weniger hinreichen.
Superficiem maxillarem, welche gegen die obere Kinnlade gerichtet ist, und entweder an dieselbe völlig anschließt oder mehr oder weniger davon absteht.
An dem perpendikularen Teil können keine Ränder beschrieben werden weil sie alle von Fortsätzen verschlungen sind. Unter diesen Fortsätzen ist ein processus communis besonders merkwürdig, welchen ich besonders zu beschreiben und besonders zu benennen genötigt bin. Es entsteht dieser Fortsatz da, wo die beiden Teile horizontal und perpendikular zusammenstoßen, und verbindet sich jederzeit mit der Seitenfläche der Alveolen der obern Kinnlade, ich gebe ihm daher den Namen processus alveolaris.
Es hat dieser processus das Bezeichnende, daß über demselbigen der sogenannte canalis pterygopalatinus durchgeht, sobald er nämlich vorhanden ist, der Knochen mag übrigens eine Gestalt haben welche er wolle; am eigentlichsten aber glaube ich sagen zu können, daß dieser Kanal zwischen gedachtem Fortsatz und der superficie maxillari des partis horizontalis nach hinten zu entspringt, und von oben herabwärts den partem horizontalem durchdringe. Dieser Fortsatz ist manchmal hohl und hilft zugleich den sinum maxillarem schließen. Man sieht daß derjenige Teil, welcher sonst processus nasalis genannt wird in diesem processu alveolari mit begriffen ist.
Es folgen nun noch drei Fortsätze, welche dem parti perpendiculari eigen sind.
Processus orbitalis, er steigt von dem processu alveolari in die Höhe, verlängert sich bis an die orbita, welche er mehr oder weniger berührt. Weiter nach hinten liegt der processus sphenoidalis, welcher jederzeit eine Rinne bildet, wovon der eine Rand sich mit den cornubus sphenoidalibus, der andere mit dem vomer verbindet. Diese beiden Fortsätze geben das foramen sphenopalatinum.
Der processus pterygoideus liegt ganz nach hinten und ist oft nur ein bloßer Rand; von seiner Verbindung mit den processibus pterygoideis des Keilbeins wird in der Folge zu handeln sein.
Überhaupt bleibt dieser Knochen in seinen Teilen sehr beständig, ob gleich die Gestalt und das Verhältnis derselben sehr verändert werden; auch bleibt er seinen Nachbarn, so viel ich bemerken können, getreu.
Derjenige Schädel, an dem die eben beschriebenen Teile dieses Knochens sichtbar sind, ist der Schädel eines Bocks.
Rekapitulation der fünf bisher beschriebenen Knochen