Pleiten, Pech und Pflaumbaum - Herbert Friedmann - E-Book

Pleiten, Pech und Pflaumbaum E-Book

Herbert Friedmann

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Marco Pflaumbaum, zwölf Jahre, schreibt seine Memoiren, denn er will ein lebender Dichter werden.Er versteht es, die Dinge haarscharf aus seiner Perspektive zu betrachten. So auch seine skurril-verrückte Familie. Leider sind alle gertenschlank, nur Marco hat Speckringe, eine ausgeprägte Abneigung gegen Sport und - gegen Mädchen. Das ändert sich schlagartig, als bei den Ferienspielen Lisa auftaucht. Sie ärgert ihn zunächst gewaltig, aber eines Tages flüstert sie ihm zärtlich zu, dass er von hinten so aussähe, als wenn er von vorn schön wäre ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 49

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Herbert Friedmann

Pleiten, Pech und Pflaumbaum

Die Lebenserinnerungen des Marco Pflaumbaum, 12 Jahre

Edition@melie

Ein lebender Dichter

Hallöchen!

Ich heiße Marco Pflaumbaum, bin zwölf Jahre und zwei Monate alt und habe gerade einen großen Entschluss gefasst. Ich schreibe meine Memoiren! Das ist Französisch und heißt - frei übersetzt - Lebenserinnerungen. So habe ich es jedenfalls heute in der Schule gelernt. Und das kam so:

„Ich habe eine Überraschung für euch“, sagte Frau Zanker.

Die Überraschung stand grinsend neben ihr und war lang wie ein amerikanischer Basketballspieler und fett wie ein japanischer Sumo-Ringer. Der Mann steckte in einer blauen, an den Beinen ausgefransten Latzhose, in der sich wahrscheinlich die halbe Klasse hätte verstecken können.

„Vor euch steht ein lebender Dichter“, sagte die Deutschlehrerin mit feierlicher Stimme.

„Sieht eher aus wie ein Bahnhofspenner“, kreischte Thorsten Mayer.

Der lebende Dichter lachte. Frau Zanker schickte Thorsten vor die Tür.

„Sind die lebenden Dichter nicht schon lange ausgestorben?“, fragte Nelly Edelmann. „So wie die Dinosaurier ...“ Nelly durfte Thorsten Gesellschaft leisten.

„Wer von euch kennt denn einen lebenden Dichter oder eine lebende Dichterin?“, fragte Frau Zanker.

Ihr Blick blieb an mir hängen, und ich spürte, wie ich rot anlief. Ich kenne nämlich zufällig eine lebende Dichterin, darf es aber niemand erzählen, weil es ein Familiengeheimnis ist. Die lebende Dichterin heißt Martina Pflaumbaum und ist meine Mutter. Sie schreibt wahre Geschichten und Liebesromane, die man an jedem Kiosk kaufen kann. Sie sind billiger als Bücher und heißen deshalb auch Groschenromane. Es steht aber nicht Martina Pflaumbaum auf den Heftchen, sondern ein Pseudonym. Das ist Griechisch und bedeutet Deckname. Nur Spione, Verbrecher und lebende Dichter haben Decknamen. Mama hat sogar zwei Decknamen: Uta-Maria von Mahrenfels und Antonia Bleistein. Papa ist tagsüber Finanzbeamter und ein Feierabendschauspieler, aber ohne Pseudonym.

Der Dichter hatte einen Hund dabei, eine schwarze Promenadenmischung, die in Eva Müllers Schultasche schnüffelte.

„Platz Goethe!“, rief der Dichter.

Der Hund sprang auf Frau Zankers Tisch und legte sich flach. Der lebende Dichter schob den Hund ein wenig zur Seite und quetschte sich neben das Tier. Mit großer Geste zog er ein zerfleddertes Buch aus der Brusttasche der Latzhose und schnaufte: „Ich werde euch jetzt aus meinem neuen Taschenbuch ein paar Seiten vorlesen. Nachher dürft ihr mir Fragen stellen.“

Er schlug das Buch ungefähr in der Mitte auf und las mit wichtiger Miene vor. Weil er kaum die Zähne auseinanderbrachte, habe ich nicht jedes Wort verstanden. Jedenfalls ging es um einen Hund namens Goethe, der von einem traurigen Mann in einem Kornfeld gefunden wird. Sie freunden sich an. Goethe kann sprechen und erzählt dem traurigen Mann die Lebenserinnerungen eines Hundes. Der Mann tippt alles in seinen Computer. Und daraus las er in der 7b vor. Ungefähr eine halbe Stunde lang. Dann bat er um einen Schluck Wasser für sich und den Hund. Der lebende Dichter durfte aus Frau Zankers Blümchentasse trinken, Goethe aus dem Unterteller des Klassengummibaums. Jan Effel und Eva Müller tranken Cola und mussten das Klassenzimmer verlassen.

„Jetzt seid ihr an der Reihe“, sagte der lebende Dichter. „Fragt nur ...“

Niemand wusste eine Frage. Und weil es nach viereinhalb bis fünf Minuten irgendwie peinlich wurde, hob Frau Zanker zögerlich die Hand: „Wann und warum haben Sie mit dem Dichten begonnen?“

Der lebende Dichter konnte sich nicht mehr erinnern. Die Deutschlehrerin wusste noch eine Frage: „War es schwer, sich beim Schreiben in einen Hund zu versetzen?“

Der lebende Dichter schüttelte den Kopf und brummte: „Nicht besonders, aber selbstverständlich kann ein wirklich gutes Hundebuch nur von einem Hund geschrieben werden.“

Goethe bellte, sprang vom Tisch und pinkelte gegen den Papierkorb neben der Tafel. Frau Zanker errötete. Der Rest der 7b klatschte Beifall.

„Kann der Hund noch mehr Kunststücke, Herr Goethe?“, fragte Sven Ottermann.

Das haben wir leider nicht mehr erfahren, denn es klingelte. Goethe und der lebende Dichter mussten in die 7a. Wir bekamen alle ein Foto von Goethe mit Pfotenabdruck. Und dann stürmten wir in die Pause, denn niemand wollte die Hundepisse wegwischen, auch wenn sie von einem Goethe stammte ...

Höhere Gerechtigkeit

Hallöchen!

Noch zweiunddreißig Tage bis zu den Ferienspielen!

Ich habe der Familie erzählt, dass ich ein lebender Dichter werden will. Und alle haben gelacht. Papa hat gesagt, er habe als Junge Cowboy werden wollen, aber da man als Cowboy heutzutage keine Familie ernähren könne, habe er dann doch beim Finanzamt angefangen. Außerdem ist das eine Familientradition, weil mein Opa Moritz auch schon Finanzbeamter war und der Vater von Großvater, also mein Urgroßvater. Der ist aber schon lange tot.

Mama hat gesagt, ich hätte das Talent von ihr geerbt. Papa hat das Gesicht verzogen und gesagt, es wäre schade, wenn ich den gleichen Käse schreiben würde wie Mama. Da hat sie geheult und die Tür zugeknallt. Opa Moritz hat gemeint, ein Junge in meinem Alter müsste auch etwas für seine Körperertüchtigung tun. Da habe ich die Tür zugeknallt, weil ich eine sportliche Niete bin und demnächst den Club der Dicken gründen werde, damit wir Übergewichtigen ins Gewicht fallen und Sportunterricht für Dicke eingeführt wird: Augenblinzeln und Fingergymnastik oder so. Aber manchmal gibt es eine höhere Gerechtigkeit. Und das kam so:

Sven Ottermann und ich waren in der Mannschaft, die vier zu zwei beim Fußballmatch verloren hatte. Daran bin ich gewöhnt, weil ich immer in der Verlierermannschaft bin. Aber diesmal hatte Herr Wolfram sich etwas Neues einfallen lassen.

„Unterschied mal zwanzig gleich Liegestütze“, sagte er.

Wahrscheinlich ist er Sportlehrer geworden, weil er ein Sadist ist. Da darf er Menschen quälen, und es wird nicht einmal bestraft, und er bekommt sogar Geld dafür.

„Zwei mal zwanzig ist vierzig“, sagte Herr Wolfram grinsend.

Die Gewinner zählten, Herr Wolfram pfiff mit. Nach der zehnten Liegestütze bekam ich Puddingarme und legte mich flach.

Herr Wolfram wollte losbrüllen, vergaß aber die Trillerpfeife aus dem Mund zu nehmen und bekam sie in den falschen Hals. Sein Gesicht wurde krebsrot. Er hechelte, als hätte er gerade tausend Liegestütze gemacht.

Thorsten Mayer rannte zum Hausmeister, der telefonierte einen Notarztwagen herbei. Und so wurde Herr Wolfram in letzter Sekunde vorm Erstickungstod gerettet. Seitdem glaube ich an eine höhere Gerechtigkeit.

Ein lebendiger Hund

Hallöchen!

Noch dreißig Tage bis zu den Ferienspielen!

Ich habe mir ein dickes Heft mit einem festen Umschlag gekauft und bin wahrscheinlich der einzige lebende Dichter, der in einem Bahnhof wohnt. Wir haben den Bahnhof günstig gekauft, weil Himmelpforten keinen Bahnhof mehr braucht. Es fahren keine Züge mehr, nur noch Omnibusse.