Pogo und Polente - Jochen Till - E-Book

Pogo und Polente E-Book

Jochen Till

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Beschreibung

Pogo Dosenbier Patzke hat es nicht leicht. Seine Eltern sind Punks und nehmen ihr Punk-Sein sehr ernst. Pogo darf beispielsweise in der Schule nicht gut sein, weil sich das für einen echten Punk nicht gehört. Pogo ist aber ein schlaues Kerlchen mit guten Noten, was zu Hause immer wieder zu Ärger führt. Außerdem soll Pogo nicht zu ordentlich essen, laute Musik hören und niemals sein Zimmer aufräumen. Dann sind seine Eltern stolz auf ihn. Eines Tages zieht ein Mädchen mit ihrem Vater ins Nachbarhaus ein. Ihr Name ist Vanessa und sie ist ein bisschen seltsam. Sie spielt gerne Polizistin, ist überkorrekt, meckert ständig herum und schreibt selbst gemalte Strafzettel für alles Mögliche. Es stellt sich heraus, dass Vanessas Vater tatsächlich Polizist ist – »der natürliche Feind eines jeden guten Punks«, wie es Pogos Vater immer betont. Dies sorgt für eine Menge Konfliktpotenzial in der Nachbarschaft. Doch als Pogos Fahrrad bei einer Diebstahlserie geklaut wird, ist Ermittlerin Vanessa, von Pogo nur Polente genannt, zur Stelle. Gemeinsam versuchen die beiden, den Täter zu schnappen, wodurch sie sich trotz aller Unterschiede annähern und eine wahre Freundschaft entsteht. Und sogar ihre Väter lernen sich nach und nach besser kennen und finden sich am Ende gar nicht mehr so unsympathisch.

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Seitenzahl: 114

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Über dieses Buch

Pogo hat es nicht leicht. Seine Eltern sind Punks und nehmen ihr Punk-Sein sehr ernst: Pogo bekommt Ärger, wenn er gute Noten hat, sein Zimmer aufräumt oder zu leise Musik hört! Eines Tages zieht Vanessa in die Nachbarschaft. Sie ist überkorrekt, meckert ständig herum und schreibt selbst gemalte Strafzettel. Vanessas Vater ist Polizist – der natürliche Feind eines jeden guten Punks! Damit sind Nachbarschaftsstreitigkeiten vorprogrammiert …

Der Autor

Jochen Tillwurde 1966 in Frankfurt am Main geboren. In der Schule war er nicht besonders fleißig und träumte von einer Karriere als Rockstar, bis ihn irgendwann eine Muse küsste, die ihn zum Schreiben inspirierte.

Der Illustrator

Raimund Frey, geboren 1982 in Isny im Allgäu, studierte Kommunikationsdesign an der FH Mainz und arbeitet seit 2008 als freischaffender Illustrator für Unternehmen, Agenturen, Buch- und Spieleverlage.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

© 2018 Tulipan Verlag GmbH, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Text: Jochen Till

Bilder: Raimund Frey

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Agentur Brauer

Umschlaggestaltung: Anette Beckmann

E-Book-Erstellung: Rainer Zenz

ISBN 978-3-641-32902-0V001

www.tulipan-verlag.de

Inhalt

§ 1 – Lärmbelästigung

§ 2 – Verunreinigung öffentlicher Gehwege

§ 3 – Hausfriedensbruch

§ 4 – Geruchsbelästigung

§ 5 – Besitz von Diebesgut

§ 6 – Umweltverschmutzung

§ 7 – Wildpinkeln

§ 8 – Versprechenbrechen

§ 9 – Polizeibehinderung

§ 10 – Vorsätzliche Langeweile

§ 1 – Lärmbelästigung

§ 2 – Verunreinigung öffentlicher Gehwege

»Guten Morgen, Pogo«, sagt meine Mutter, als ich die Küche betrete. »Wieso bist du denn schon wach? Es sind doch Ferien.«

»Guten Morgen«, sage ich. »Ach, ich weiß auch nicht. Wahrscheinlich die Gewohnheit.«

Das ist glatt gelogen. Ich weiß genau, wieso ich schon wach bin. Das hat nämlich einen sehr guten Grund.

»Ein guter Punker steht nie vor elf Uhr auf«, behauptet mein Vater.

Ich wusste es. Das sagt er immer, wenn ich früher wach bin als nötig. Dass es heute wirklich nötig ist, werde ich ihm aber sicher nicht verraten, sonst gibt es mächtig Ärger.

»Aber du bist doch auch schon wach«, erwidere ich stattdessen. »Und es ist erst halb neun.«

»Das ist etwas anderes«, sagt mein Vater. »Ich denke über ein neues Projekt nach. Kreativität kennt keine Uhrzeit. Es soll etwas Großes werden. Ein Mahnmal gegen die Wegwerfgesellschaft. Mir fehlt nur noch die zündende Idee. Zündend. Vielleicht irgendwas mit Feuer? … Nein, zu vergänglich. Es muss etwas Bleibendes sein, etwas Wahrhaftiges.«

Jede Wette, es wird wieder irgendwas mit Kronkorken.

»Willst du frühstücken?«, fragt mich meine Mutter. »Ich habe noch Brötchen. Soll ich dir eins aufbacken?«

Bei uns gibt es immer aufgebackene Brötchen von vorgestern. Die sind zwar okay und auf jeden Fall besser als gar keine, aber als ich zum ersten Mal in ein frisches Brötchen mit Nutella gebissen habe, ist mein Kopf vor lauter Geschmack fast explodiert. Manchmal macht meine Mutter selbst Nutella aus abgelaufenen Schokoladentafeln, aber das ist irgendwie nicht das Gleiche.

»Nein, danke«, sage ich. »Ich muss los.«

»Du musst los? Wohin musst du denn so dringend?«, fragt mein Vater skeptisch.

Oh, Mist, da habe ich mich wohl verplappert.

»Du bist ein Punker«, fährt er fort. »Und ein Kind noch dazu. Punker und Kinder müssen nichts müssen müssen.«

»Äh … doch«, sage ich. »Wir müssen faulenzen. Vor allem in den Ferien. Und genau das muss ich jetzt unbedingt machen. Ich will an den See. Und zwar bevor die ganzen Spießer mit ihren Handtüchern kommen.«

»So, so, an den See«, sagt mein Vater. »Und das soll ich glauben?«

»Klar«, antworte ich. »Was sollte ich denn sonst in den Ferien machen?«

»Wer weiß? Jemand mit einem so ätzend guten Zeugnis wie du könnte sich ja vielleicht heimlich zum Lernen verabredet haben.«

Nein, ich habe mich nicht heimlich zum Lernen verabredet. Heimlich lernen kann ich sehr gut alleine. Was ich vorhabe, ist viel schlimmer.

»Lernen? In den Ferien?«, erwidere ich. »Das traust du mir wirklich zu?«

»Einem Sohn mit lauter Einsen im Zeugnis traue ich alles zu«, sagt mein Vater brummend.

»Jetzt lass ihn doch, Spritti«, schaltet meine Mutter sich ein. »Wenn er sagt, er trifft sich nicht zum Lernen, dann wird das schon stimmen. Er wird uns schließlich nicht anlügen, so haben wir ihn nicht erzogen. Nicht wahr, Pogo?«

Ich schüttle den Kopf. Gern lüge ich meine Eltern nicht an, aber manchmal geht es einfach nicht anders. Und in diesem Fall ist es auch quasi zu ihrem eigenen Schutz. Wenn ich ihnen sagen würde, was ich wirklich vorhabe, wären sie sehr, sehr enttäuscht von mir. Und stinksauer, zumindest mein Vater. Der würde ausrasten und hätte die nächsten sechs Wochen schlechte Laune. Die will ich ihm gerne ersparen – mir natürlich auch.

»Ich habe meine Eltern immer angelogen«, sagt mein Vater. »Jeder gute Punker lügt seine Eltern an.«

»Ja, was denn nun?«, frage ich. »Soll ich euch anlügen oder nicht? Was ist dir lieber?«

»Du darfst mich gern anlügen, wenn es darum geht, irgendwelchen Unfug anzustellen«, antwortet er. »Irgendwas, bei dem dich hinterher die Polizei nach Hause bringt oder sich ein paar Spießer bei mir über dich beschweren. Bei so was darfst du gern lügen, das machst du sowieso viel zu selten. Aber wenn du heimlich lernst oder in den Ferien irgendwelche anderen schulischen Aktivitäten vorhast, dann will ich das bitte wissen, um es verhindern zu können. Damit schadest du nämlich nur dir selbst. Ich will dich einfach beschützen, Pogo. Vor dieser ekelhaften Spießer-Gesellschaft und vor dem Erwachsenwerden. Das macht nämlich überhaupt keinen Spaß, hab ich gehört.«

»Keine Sorge, Papa«, sage ich. »So schnell werde ich schon nicht erwachsen.«

»Nie!«, erwidert er. »Du darfst niemals erwachsen werden! Versprich mir das!«

»Okay, ich versprech’s.«

»Schwör’s! Du musst es mir schwören!«

»Ich schwöre, dass ich niemals erwachsen werde«, sage ich. »Großes Punkrock-Ehrenwort.«

»Sehr gut! Gib mir Fünf!« Er streckt mir seine offene Hand entgegen, ich klatsche sie ab. »Dann hab mal viel Spaß beim Faulenzen am See«, sagt er. »Und wenn die Spießer gerade im Wasser sind, furz ihnen auf die Handtücher!«

»Wird gemacht«, sage ich.

»Was ist mit Essen?«, fragt meine Mutter. »Kommst du mittags oder erst heute Abend zurück? Es gibt Gulaschsuppe.«

»Ich weiß es noch nicht«, sage ich. »Wartet nicht auf mich. Ich schnorre mir am See irgendwas zusammen.«

»So ist es richtig!«, sagt mein Vater stolz. »Wer schnorren kann, wird immer satt.«

Das stimmt. Und schnorren kann ich. Ich habe alle Tricks von ihm gelernt. Er hat mich schon zum Schnorren mitgenommen, da konnte ich noch gar nicht laufen. Ich mache es aber nur im äußersten Notfall – irgendwie ist es mir doch peinlich, Leute anzubetteln.

Ich gebe ihm noch mal Fünf, drücke meiner Mutter einen Kuss auf die Wange und verlasse das Haus.

Bevor ich mich auf den Weg machen kann, gibt es allerdings noch ein Problem zu lösen: Für das, was ich vorhabe, brauche ich mein Fahrrad. Wobei Fahrrad für dieses Gefährt eine stark übertriebene Bezeichnung ist. Es hat zwei Räder und fährt – so weit, so gut. Wenn es einen Fahrrad-TÜV gäbe, würde es diesen aber ganz sicher nicht bestehen. Mein Vater hat es aus zehn verschiedenen Schrott-Fahrrädern zusammengeflickt. Und genau so sieht es auch aus. Es hat unterschiedliche Schutzbleche, der vordere Reifen ist doppelt so dick wie der hintere, es gibt keine Gangschaltung, und ich bin mir sicher, an manchen Stellen wird es nur von Kronkorken zusammengehalten. Das Ding sieht aus, als würde es darum betteln, endlich sterben zu dürfen. Und wenn man sieht, mit welchen Geschossen die anderen Jungs so rumfahren, möchte man auf diesem Schrottesel auch lieber tot als lebendig gesehen werden. Deshalb benutze ich es so gut wie nie. Wenn ich damit in der Schule auftauchen würde, könnte ich mich auch gleich selbst mobben. Es ist bestimmt über zwei Jahre her, dass ich zum letzten Mal damit gefahren bin. Heute brauche ich es aber unbedingt, von daher bleibt mir nichts anderes übrig, als es aus dem Geräteschuppen zu holen.

Natürlich ist es platt und sehr, sehr dreckig. Ich wische es notdürftig mit einem Lappen ab und pumpe die Reifen auf. Alles quietscht und wackelt, als ich mich draufsetze und losfahre. Als ich zum ersten Mal bremsen muss, fliege ich fast über den Lenker. Stimmt, das Ding hat ja nicht mal einen Rücktritt, das hatte ich vergessen. Dafür hat es Satteltaschen. Ich weiß noch, wie ich meinen Vater damals angefleht habe, diese hässlichen Dinger wegzulassen, aber er hat darauf bestanden.

»Die sind perfekt für Pfandflaschen«, hat er gesagt. »Wenn du unterwegs eine am Straßenrand liegen siehst, steckst du sie einfach da rein, und schon hast du ganz nebenbei, ohne zu arbeiten, Geld verdient. Satteltaschen sind quasi das Portemonnaie eines Punkers.«

Sind sie nicht. Satteltaschen sind das Grab jeder Coolness. Aber heute muss mir das egal sein, ich brauche sie.

Zehn Minuten später erreiche ich mein Ziel, den Supermarkt. Ich gehe durch den Vordereingang hinein. Allein das würde meinen Vater schon sauer machen, normalerweise schleichen wir uns von hinten zum Containern an die Mülltonnen heran. Aber ich will hier nichts kaufen, im Gegenteil – ich bin hier, um Geld zu verdienen. Jawohl, ich habe einen Job. Einen Ferienjob, um genau zu sein. Und das darf mein Vater natürlich auf gar keinen Fall mitkriegen. Mit normaler Arbeit Geld zu verdienen verstößt gegen alle Punk-Regeln, das würde er mir nie verzeihen. Und wenn er dann noch erfahren würde, wofür ich das Geld verwenden will, wäre der Ofen endgültig aus.