Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In der 2. Auflage gibt es über 90 neue und exklusive Seiten, ergänzt und aktualisiert, zu entdecken! Inklusive des neuen Kapitels »Programme anpassen« sowie »Westside For Skinny Bastards« von Joe DeFranco. Dieses praxisbezogene Nachschlagewerk ist ideal für Einsteiger und Fortgeschrittene, die den Überblick über die internationale Programmlandschaft behalten wollen und nach dem richtigen Trainingssystem für ihre Bedürfnisse suchen. Sportwissenschaftliche Grundlagen des Krafttrainings, Trainingsvariablen und Periodisierungskonzepte werden praxisnah thematisiert. Es warten 24 ausführliche Besprechungen zu den wichtigsten und bekanntesten Powerlifting und Basic Strength Programmen, inklusive Beispielplänen. Das Buch bietet detaillierte Analysen, Hintergründe und Empfehlungen zu bewährten Systemen, u.a. von Westside Barbell, Squat Every Day, Sheiko, Smolov, 5 x 5 Routinen, Starting Strength, Texas Method oder Jim Wendlers 5/3/1. Auch die neuen Klassiker von Mike Tuchscherer (RTS), Brandon Lilly (Cube Method), Bryce Krawczyk (Calgary Barbell), Jonnie Candito (Candito Training HQ), Chad Wesley Smith (Juggernaut Training Systems), Paul Carter (Lift Run Bang) oder Francesco Virzi (Powerlifting Academy), sind hier vertreten.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 469
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Für Klarheit sorgen
Ein Wort zur zweiten Auflage
I.
Powerlifting Training
Grundlagen
Allgemeines Anpassungssyndrom
Superkompensation
SRA-Kurve
Arten der Hypertrophie
SAID Prinzip
Spezifität
Progressive Überlastung
Ermüdungsmanagement
Individuelle Unterschiede
Trainingsvariablen
Intensität
Beschreibung der Intensität: RPE & RIR
Intensität & Spezifität
Intensität & Wiederholungsbereiche
Intensität & Hypertrophie
Maximalkrafttests
Volumen
Frequenz
Übungsauswahl
Übungsreihenfolge
Satzpausen
Kadenz & Time Under Tension
Periodisierungsmodelle
Lineare Periodisierung
Nicht-lineare Periodisierung
Radikale Blockperiodisierung
Holistische Periodisierung
Konjugierte Methode
Wellenförmige Periodisierung
Periodisierung für Anfänger, Geübte & Fortgeschrittene
Der Powerlifting Anfänger
Der geübte Powerlifter
Der fortgeschrittene Powerlifter
II.
Powerlifting Programme
Westside Barbell
Louie Simmons
Reactive Training Systems
Mike Tuchscherer
Cube Method
Brandon Lilly
10/20/Life
Brian Caroll
Base-Building
Paul Carter
Sheiko Routine
Boris Sheiko
Smolov Routine
Sergey Smolov & Pavel Tsatsouline
Squat Every Day & The Bulgarian Method
revisited
Abadschiew feat. Perryman & Broz
3 x 3 System
Stephan Korte
6 Week Strength Program
Jonnie Candito
Destroy the Opposition
Jamie Lewis
5/3/1 for Powerlifting & Beyond 5/3/1
Jim Wendler
20 Wochen Classic Vorbereitung
Francesco Virzi
ProgrammingToWin2
Izzy Narvaez
Calgary Barbell 16 Week Program
Bryce Krawczyk
The Prep – Build Your Total
Simon Wetzel & Thomas Gajda
III.
Daywalker Programme
Starting Strength
Mark Rippetoe
Strong Lifts 5 x 5
Mehdi
5 x 5
Madcow
Texas Method
Mark Rippetoes
5/3/1 Original
Jim Wendler
The Juggernaut Method 2.0
Chad Wesley Smith
Grey Skull Linear Progression
John Sheaffer
Westside For Skinny Bastards
Joe DeFranco
IV.
Programme anpassen
Warm-Up
Nachbelastung
After Sets
AMRAP/Plus Sets
Joker Sets
Back-Off Sets
Myo-Reps
Dynamic Effort
Isometrics
Vorteile und Möglichkeiten der
Nachbelastungsphase
Organisation der Übungsreihenfolge
Strikte Trennung: Blocked Approach
Supersätze
Filler
Supersatz Oberkörper-Unterkörper
Supersatz Einfach-Komplex
Supersatz mit Vorermüdung
Supersatz mit Nachermüdung
Supersatz mit Verbundübungen
Supersatz mit Isolationsübungen
Giant-Sets
Antagonistische Supersätze
Supersätze nach der Kontrastmethode: grinden vs. ballistisch
Supersätze als Zirkeltraining
Komplexes
Combos
Kombinierte Übungen
Hub & Spoke Methode
Kontakt
Quellen
Von Herzen gilt mein Dank
meiner Frau & unserer Tochter,
meinen Eltern,
Freunden & Trainingskameraden
Wenn ihr dieses Buch in erster Linie erworben habt, um möglichst schnell einen Überblick über die Grundlagen der Trainingsplanung und die Programmlandschaft des Powerliftings zu gewinnen, dann dürft ihr sofort auf Seite → weiterblättern.
Das folgende Intro dient lediglich dazu, euch meine Hintergründe für die Relevanz dieser Lektüre zu schildern. Ich lege alle Fakten dazu auf den Tisch, greife etwas zynisch, aber stets liebevoll, in die Psychotrickkiste und möchte euch davon überzeugen, dass ich es am Ende stets ehrlich mit euch gemeint habe.
Immer wenn sich jemand dazu entscheidet ein Buch zu schreiben, dürfen vorangestellte Zitate nicht fehlen. Ganz frappierend ist es bei deutschen Autoren, die einen Bildungshintergrund in Geisteswissenschaften vorzuweisen haben und dies mit belesenen Zitaten untermauern möchten. Oder sie verwenden hochgestelzte Begriffe wie "frappierend", um ihren Intellekt und ihre geschulte Rhetorik der Leserschaft zu demonstrieren.
Damit zwischen uns beiden während der Lektüre dieses Buches so wenig wie mögliche peinliche Momente entstehen, sag ich dir, wie es tatsächlich um mich, meinen Bildungshintergrund und das Verwenden von Zitaten, bestellt ist. Im realen Leben unterrichte ich als Lehrer an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg, ungefähr 40 Kilometer südlich von Stuttgart. Auch wenn ich Sprach- und Geisteswissenschaften studiert habe, so bin ich einer von vielen, die beim Verwenden von Zitaten nur eines im Sinn haben: Angeberei. Da geht es mir doch nicht darum, dass eine Person des öffentlichen Lebens etwas besser formuliert hat, als ich es je könnte. Nein – ich will dir einfach nur zeigen, dass ich einer bin, der genau weiß, was andere einmal gesagt haben. Und wenn dieser Mensch zu alldem eine beeindruckende Persönlichkeit war oder noch ist, so färbt das doch auch etwas auf mich ab. Das sind ganz stumpfe, kleine menschliche Motive. Jeder, auch ich, möchte sich doch so gut wie möglich darstellen und Eindruck schinden.
Zitate sollen unterhaltsam sein, Tiefe erzeugen und zum Nachdenken anregen. Diese beiden Eigenschaften vermisst man bei vielen Büchern, Artikeln oder Blogposts nur allzu oft. Also wertet man diese am besten mit passenden Zitaten auf. Wenn der Leser den genannten Urheber eines Zitates kennt, hat man ihn sofort auf seiner Seite, das erzeugt Augenhöhe. Sollte man den Zitatgeber nicht kennen, so darf man als Leser immerhin noch hoffen, an der Fortbildung durch den Autor teilhaben zu dürfen. So oder so, mit einem ausgewiesenen Zitat kann man nichts falsch machen. Wenn ich an neuen Artikeln schreibe, dann liebe ich es, Henry Rollins zu zitieren.
»The Iron never lies to you. You can walk outside and listen to all kinds of talk, get told that you’re a god or a total bastard. The Iron will always kick you the real deal. The Iron is the great reference point, the all-knowing perspective giver. Always there like a beacon in the pitch black. I have found the Iron to be my greatest friend. It never freaks out on me, never runs. Friends may come and go. But two hundred pounds is always two hundred pounds«.
Henry Rollins1
Da geht doch jedem Kraftsportler sofort das Herz auf, selbst wenn man nur den ersten und den letzten Satz gelesen oder verstanden haben sollte. Wer Rollins nicht kennt, muss wissen, dass er seit Jahrzehnten in der Lage ist, eine beeindruckende körperliche Verfassung mit einem hochgradig reflektierten Geist und Unterhaltungstalent zu vereinen. Er war Sänger der einflussreichen Hardcore-Punk Band Black Flag in den 1980ern, Schauspieler, Schriftsteller, Fotograf und, im Rahmen seiner legendären Spoken Word Touren, weltweit unterwegs.
Ach ja, und er hegte schon immer eine Leidenschaft fürs Powerlifting, Tätowierungen und er lebt tatsächlich den Straight Edge Lifestyle. Eine Ikone für die Iron Community. Natürlich klingt sein Zitat absolut spannend und motivierend, erst recht, wenn man weiß, wer Henry Rollins ist. Selbiges Prinzip gilt auch bei den Programmen in diesem Buch. Wenn man die Personen im Hintergrund etwas besser kennt, hat das immensen Einfluss auf die Durchführung. Es macht einen Unterschied, ob das Programm X von einem Internet-Papst stammt oder von einem renommierten Strength Coach wie Mark Rippetoe oder Mike Tuchscherer. Die Autorität im Hintergrund spielt eine wichtige Rolle. Dieser Tatsache geschuldet, gibt es zu den meisten Autoren der Programme einen kurzen Abriss ihrer Biografie.
So, wir nähern uns dem Kernthema dieser Lektüre. Bei der Zusammenstellung und Analyse der Programme und Trainingssysteme bleibt kein Urheber ungenannt, sie stehen sogar im Inhaltsverzeichnis gleich unter ihren Werken. Sich mit fremden Federn zu schmücken wäre nicht nur falsch, sondern reduziert die Klarheit. Vieles, was ich im Laufe meiner eigenen Kraftsportlaufbahn zunächst geglaubt, recherchiert und versucht habe praktisch umzusetzen, ist gescheitert. Teilweise wusste ich zu wenig. Aber so geht es den meisten. Anstatt die Grundlagen zu verstehen, ballern wir sofort mit Trainingsprogrammen los, für die wir noch nicht bereit sind.
Das liegt zum einen daran, dass wir zu gierig sind. Viel hilft viel denken wir. Zum anderen täuschen uns die Schöpfer vieler Trainingsprogramme. Einige erfolgreiche Programme sind nur abgeänderte Varianten eines noch älteren Programmes, kommen aber in einem neuen, stylischen Format und in Verbindung mit einem charismatischen und erfolgreichen Athleten um die Ecke, und schon glauben wir, dass damit alles besser wird. Fast jeder schreibt vom anderen ab und hofft, dass er damit durchkommt. Und ich meine dies gar nicht despektierlich und frei von Ironie: Viele Programme sind sinnvolle und erfolgreiche Weiterentwicklungen bestehender Systeme. Das ist weder schlecht, noch unehrenhaft. Aber man muss darüber sprechen und die Basics verstehen.
Wie soll ich ein neues Programm, das großflächig gefeiert wird, beurteilen können, wenn ich die zugrundeliegenden Basics oder verwandte Programme nicht kenne? Wird schwierig werden. Schließlich will jeder auch etwas verkaufen und wird sich hüten, die Grundstruktur seines Systems bis ins kleinste Detail zu offenbaren und mit ähnlichen, älteren Systemen zu vergleichen. Kann ich verstehen. Würde ich aber nicht machen wollen.
Man erfindet im Kraftsport das Rad auch nicht mehr neu. Alles basiert auf Erkenntnissen, die schon vor vielen Jahrzehnten gewonnen wurden. Die aktuelle Forschung kann vieles einfach nur bestätigen, was schon vor dreißig oder vor über fünfzig Jahren erfolgreich in der Trainingspraxis umgesetzt wurde. Ungern möchte ich hier das Feld in wissenschaftlich und evidenzbasiert, praxisbasiert oder Bro Science aufteilen, das wird der Sache nicht gerecht.
Es ist aufregend, was die neuere Forschung mit Leuten wie (Namedropping!) Brad Schoenfeld, Mladen Jovanovic, Alan Aragon, Greg Nuckols, Eric Helms oder Mike Israetel von Renaissance Periodization im Bereich Kraft- und Muskelaufbau gerade erfährt und noch erfahren wird, da sind wir uns sicherlich einig.
Aber bevor wir uns von der Paralyse durch Analyse völlig lähmen lassen und kein Eisen mehr in die Hand nehmen, ohne dass wir dazu ein aktuelles Paper aus der Studie X gelesen haben, arbeiten wir mit dem, was es schon immer gab: Ein ganzer Haufen guter Programme, die es alle wert sind, mal ganz pragmatisch und die Lupe genommen zu werden – Studienlage hin oder her!
Lasst uns gemeinsam herausfinden, aus wessen Feder die Programme in diesem Buch stammen, wie sie funktionieren und für wen und wann sie geeignet sind.
Markus Beuter
Sommer 2020
Seit dem Release von Powerlifting Training sind fast zwei Jahre vergangen und ich bin während dieser Zeit nicht müde geworden, ergänzendes und neues Material zu sichten und einzupflegen. Die Ergänzungen zu bereits bestehenden Kapiteln sind im Inhaltsverzeichnis mit Update gekennzeichnet – alle Neuerungen wurden mit dem originellen Stempel Neu versehen. Da ist mir nichts Besseres eingefallen.
In Unterscheidung zur Erstauflage sind im Wesentlichen drei neue aufschlussreiche Kapitel mit einem Umfang von gut neunzig Seiten entstanden. Die Grundlagen wurden um das ausführliche Kapitel SRA-Kurve ergänzt, deren Verständnis maßgeblich dazu beitragen kann, zu verstehen, wie Stress, Erholung und Anpassung aufeinander abgestimmt werden müssen, um starke Ergebnisse zu erzielen.
Die Daywalker Programme wurden um das bekannte Westside for Skinny Bastards von Joe DeFranco erweitert – man könnte es als den Paten für alles, was sich Powerbuilding nennen darf, bezeichnen.
Im letzten großen Kapitel erwartet dich unter der Überschrift Programme anpassen genau das, was hier verkündet wird: du kannst dein gewähltes Programm anpassen, was aber nichts mit einer Veränderung zu tun haben soll. Speziell die Parts des Warm-Ups, der Nachbelastung und die Organisation der Übungsreihenfolge sind bei den meisten Programmen absolut unterrepräsentiert und man weiß zu wenig darüber, wie sich diese drei Bereiche effizient und effektiv gestalten lassen – damit ist nun ein für alle Mal Schluss und es wird für Klarheit gesorgt.
Markus Beuter
Frühling 2022
Es gibt einen entscheidenden Faktor, wenn es darum geht, ob ein Powerlifting Programm funktioniert, oder eben nicht. Die Grundlagen, wie sie in diesem Kapitel definiert werden, sind nur ein untergeordneter Baustein. Der Hauptfaktor ist der Athlet selbst. Sogar ein nach allen Kriterien der Kunst gestaltetes Programm taugt nicht das Papier, auf dem es verfasst wurde, wenn der Athlet nicht die nötige Arbeitshaltung und Beständigkeit aufbringt, um in diesem unglaublich fordernden Sport des Powerliftings, die für ihn bestmöglichsten Ergebnisse, zu erzielen.
Umgekehrt gilt das Gleiche: Wenn ein Sportler absolut alles daransetzt, sein Ziel zu erreichen, dann wird das bis zu einem kritischen Zeitpunkt X auch mit einem miserablen Programm und widrigen Trainingsbedingungen möglich sein. Ausreden gibt es schließlich genug, manchmal muss man es eben einfach kompromisslos durchziehen.
Da man mit der Wahl des richtigen Programmes natürlich versucht, das Optimum herauszuholen, sollte eines klar sein: Die einzige Objektive eines Powerlifting Programmes ist es, Wettkampfleistungen zu verbessern.
Powerlifting Programme wurden nur für dieses eine Ziel geschaffen. Ihr Zweck liegt nicht darin, Muskelmasse aufzubauen oder Muskelgruppen zu definieren. Es ist nicht ihre Aufgabe, dich schneller zu machen oder deine Körperzusammensetzung zu verbessern. Diese Faktoren werden zwar bei bestimmten Programmen berücksichtigt und sind wünschenswerte Begleiterscheinungen, aber kein Primärziel. Du sollst in erster Linie mit ihrer Hilfe mehr Gewicht auf einem Wettkampf oder Testtag in den drei Disziplinen Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben, beugen, drücken und heben können.
That´s it!
Sollte man hauptsächlich in der englischsprachigen Literatur zu Hause sein, kennt man das AAS unter der Bezeichnung GAS General Adaption Syndrom. Das klingt meiner Meinung nach etwas cooler, aber in der Kraftsport- und Fitnesswelt wimmelt es ohnehin schon von zu vielen Anglizismen. Das AAS ist ein Stress-Reaktionsmodell und basiert auf der Arbeit von Hans Selye2. Im Wesentlichen geht es darum, wie der Körper auf Stress reagiert und in der Lage ist, sich zu wehren und kurzfristig anzupassen. Ist ein Körper längere Zeit einem externen Stressor wie Hitze, Lärm, Hunger oder auch psychischer Belastung ausgesetzt, reagiert er mit einer kurzfristen Erhöhung der Widerstandskraft. Langfristig kann dies aber bei zu hohem Stress nicht aufrechterhalten werden und es folgen Schädigungen, Krankheiten oder sogar der Tod. Die Arbeit von Selye unterscheidet drei Phasen der Stressreaktion:
Alarmreaktion (alarm stage)
Die unmittelbare Anpassungsreaktion erfolgt mit Hilfe von Stresshormonen (Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol), die es ermöglichen, Energiereserven zu mobilisieren. Erhöhte Aktivität und Leistungsbereitschaft sind die Folgen.
Widerstandsstadium (resistance stage)
Der Körper möchte nach der Alarmreaktion wieder den Zustand der Homöostase einleiten, versucht zu regenerieren und das aktuelle Stressniveau durch Beseitigung der stressauslösenden Reize zu reduzieren. Die Stresshormone aus Phase 1 werden abgebaut. Die Widerstandsphase kann aber nur begrenzt aufrechterhalten werden, wenn der Stressor bestehen bleibt. Die Leistungsbereitschaft ist bereits reduziert.
Erschöpfungsstadium (exhaustion stage)
Permanenten Stressreizen ausgesetzt zu sein fordert seinen Tribut und es kommt zu Schädigungen des gesamten Systems. Es treten Störungen auf kognitiver, muskulärer und emotionaler Ebene auf. Die Denkweise ist verzerrt, Ängstlichkeit entsteht, die Leistungsbereitschaft sinkt und die gesamte Handlungsfähigkeit wird ineffektiv. Der Körper gerät schneller in den Alarmzustand, die Reaktion hierauf wird intensiver und die Phasen der Erholung dauern länger an. Stressinduzierte Krankheitsbilder können entstehen, z.B. Hautkrankheiten, Magen-Darm-Krankheiten, Burnout Syndrom, Depressionen, Rückenschmerzen und Bandscheibenprobleme sowie Schlafstörungen oder Übertraining.
Der Übertrag für das Krafttraining lässt sich einfach herleiten. Im Idealfall ist das Heben von schweren Gewichten ein Wechselspiel innerhalb der Alarmreaktion und des Widerstandsstadiums. Der Körper wird belastet, sowohl auf muskulärer Ebene durch Mikrotraumata in den Muskelfibrillen (Muskelkater), als auch auf neuraler Ebene durch eine Belastung des zentralen Nervensystems bei sehr schweren Gewichten (85% des 1RM und höher). Der Körper antwortet mit einer Reihe hormoneller Reaktionen um Stoffwechselprozesse in Gang zu setzen. Die Homöostase wird unterbrochen, der Stress wird als solcher erkannt und die daraus resultierenden Schäden müssen repariert werden. Durch Essen, Schlafen und Ruhezeiten zwischen den Trainingseinheiten können wir uns von diesem Stress erholen. Die Belohnung für das Durchlaufen dieses Prozesses ist eine fortgeschrittene Anpassung (Adaption): Wir sind stärker und muskulöser geworden.
Das Modell der Superkompensation bezieht sich ebenfalls auf die Anpassung an äußere Reize bei sportlichem Training. In der Trainingslehre beschreibt es die Leistungssteigerung, die nach dem Training eintritt3.
Die Superkompensation ist ein theoretisches, stark vereinfachtes Modell, das uns aber wunderbar dabei helfen kann, ein grundlegendes Verständnis für die Auswirkungen des Trainings zu entwickeln.
In der ersten Phase führt die Belastung (Training) zu einer Zerstörung der Homöostase. Die Linie in der Grafik4 sinkt. Energiereserven werden entleert (ATP, Glykogen), die Muskulatur ermüdet und es entstehen die bekannten Mikrotraumata in den Muskelfibrillen.
Die zweite Phase zeigt die Regeneration, wobei die Linie in der Grafik wieder das Ausgangsniveau trifft. Energiespeicher füllen sich auf und das geschädigte Muskelgewebe erholt sich.
Die dritte Phase ist die Phase der Superkompensation, wobei die Linie in der Grafik das Ausgangsniveau sogar übersteigt. Der Körper bereitet sich auf eine erneute Belastung vor und wappnet sich sogar darüber hinaus, um erneute Schäden zu vermeiden.
Die vierte Phase ist die Phase der Reversibilität (Umkehrphase), wobei das Ausgangsniveau wieder erreicht wird und sogar unter dieses sinken kann. Wenn nun kein erneuter Reiz gesetzt wird, entsteht der sogenannte Detraining Effect, man könnte auch use-it-or-loseit dazu sagen. Trainiert man zu selten, verliert man also seine Ergebnisse wieder und fängt bei null an. Wer wiederum zu früh, zu lange oder zu unverhältnismäßig intensiv trainiert und die Erholungsphasen vernachlässigt, wird ins Übertraining abrutschen und in einen katabolen (abbauenden) Zustand geraten.
In der neueren Forschung wird das seit den 1970er Jahren bestehende Modell kritisiert, was durchaus berechtigt ist. Die Erholzeiten sind für die unterschiedlichen Funktionssysteme auch unterschiedlich lang, somit kann man nicht von einem einzigen, isoliert betrachteten Zeitraum sprechen. Bei der Regeneration bezog man sich ursprünglich nur auf die aktiven Energiesysteme wie die Muskulatur. Für die Steigerung der sportlichen Leistung sind es aber gerade die passiven Strukturen wie Sehnen und Bänder, die sich anpassen müssen und die länger dafür brauchen als die Muskeln. Die spezifische Belastbarkeit über das Bindegewebe erfordert andere Anpassungszeiten, die man respektieren muss. Sehnenreizungen, Bänderrisse und ähnliche Verletzungen, können sonst die Folge sein. Im Powerlifting kommt diesen passiven Strukturen eine größere Bedeutung zu, als beispielsweise im Bodybuilding, was wiederum die Trainingsplanung vor andere Herausforderungen stellt.
SRA steht für Stimulus-Recovery-Adaptation und beschreibt die Abfolge von Prozessen, die während und nach dem Training auftreten, eben jene Prozesse, die zur Verbesserung und Zunahme von Muskelmasse und Kraft führen. Es ist eine sportwissenschaftliche Ableitung des viel älteren und bereits erklärten Allgemeinen Adaptionssyndroms (GAS).
Stimulus
Der Stimulus ist die Phase, in der das eigentliche Training stattfindet. In dieser Zeit werden verschiedene mechanische und molekularbiologische Systeme in ihrer Leistungsfähigkeit geschwächt und eine Signalkaskade ausgelöst, die diese geschwächten Systeme auf die Erholung und Anpassung vorbereitet. Je nach Art der Belastung kann die Leistung auch noch Stunden und Tage nach dem eigentlichen Stimulus weiter abnehmen. Die funktionelle Muskulatur ist nach einem harten Training tagelang beeinträchtigt, da das Immunsystem und die Satellitenzellen geschädigte Muskelfasern reparieren, die in dieser Zeit teilweise nicht auf Aktivierung und Nutzung reagieren. Ähnliche Prozesse laufen auch im Nervensystem ab, so dass sich die Leistung der gesamten Bewegung über mehrere Stunden und Tage nach einem Training mit Überbelastung verschlechtern kann, bevor sie sich zu erholen beginnt5.
Innerhalb der Anpassungsfähigkeit des Körpers führen Reize, die am stärksten stören und die Leistung am längsten beeinträchtigen, tendenziell auch zu den stärksten Anpassungen, aber der gesamte SRA-Zyklus dauert dann länger.
Recovery/Erholung
Unmittelbar nach der Reizung beginnen die Erholungssysteme, die homöostatischen Beeinträchtigungen zu reparieren und versuchen, die Leistung des Systems wieder auf ein normales Niveau zu bringen. Wenn die Störung sehr groß ist, kann es Stunden oder Tage dauern, bis einige Systemleistungen ihren Tiefpunkt erreicht haben und wieder auf das Ausgangsniveau ansteigen. Es ist sehr wichtig zu beachten, dass während dieser Zeit weitere Überlastungen die Leistung noch weiter stören können und werden. Wenn die zusätzliche Störung innerhalb der langfristigen Fähigkeit des Systems liegt sie zu überwinden, kann nach der Erholung eine noch größere Leistungssteigerung erreicht werden, was dem Prinzip des Overreaching entspricht. Wenn jedoch während der Erholung eine oder mehrere Überlastungen auftreten, deren Ausmaß die Systeme nicht bewältigen können, kann es zu einer unvollständigen Erholung mit geringer oder gar keiner Anpassung kommen6.
Abgesehen von der gelegentlichen Anwendung geplanter Überlastungen bedeutet dies, dass auf ein Überlastungs-Training Ruhephasen oder ein Training ohne Überlastungen folgen sollten, um eine Störung der Erholung zu vermeiden.
Adaption/Anpassung
In dem Maße, wie die Erholung eintritt, erfolgt auch die Anpassung. Die Adaptation wird technisch als der Grad der Leistungssteigerung gegenüber dem Ausgangswert, bei dem der Reiz auftrat, gemessen. Tatsächlich kann die Anpassung unmittelbar nach Abschluss des Reizes oder kurz danach erfolgen und verläuft parallel zur Erholung, endet aber in der Regel nach der Erholung, da es ein physiologisch aufwändigerer und komplizierterer Prozess ist, neue Gewebestrukturen zu bilden oder vorhandene neu anzuordnen, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern. Es ist fast immer einfacher, ältere Leistungen wiederherzustellen als neue zu schaffen.
In der Zeit, in der die Anpassung stattfindet, können Überbelastungen den Anpassungsprozess direkt stören und den Gesamtanpassungsgrad, der durch den Stimulus erreicht wird, einschränken. Dies ist eine sehr wichtige Überlegung, denn sie impliziert, dass Training und Erholung außerhalb der funktionellen Überlastung in einer abgestimmten Weise strukturiert sein müssen. Insbesondere die Kombination von Reiz, Erholung und Anpassung macht das Paradigma "Training-Erholung-Training" erforderlich: Anstatt einfach wahllos in der Woche zu trainieren oder viel zu viel Training viel zu dicht aneinander zu reihen und dann die nächste Woche zu pausieren, schafft das SRA-Prinzip die Notwendigkeit, einen gezielten Reiz (Trainingseinheit) zu setzen und genügend Zeit für Überlastungsunterbrechungen (Erholung und Anpassung) einzuplanen, bevor der nächste Reiz (Trainingseinheit) gesetzt wird.
Anders ausgedrückt: Das Ziel des Trainings besteht darin, ein Programm so zu gestalten, dass die nächste Trainingseinheit auf dem adaptiven Höhepunkt der generierten SRA-Kurve der vorangegangenen Sitzung stattfindet, und so weiter und so fort – vergleiche dazu die Grafik auf der vorigen Seite.
Auf diese Weise lassen sich die schnellsten Verbesserungen erzielen, da die Anpassungen aufeinander aufbauen, ohne dass das Training zu früh erfolgt, um weitere Anpassungen zu stören, oder zu spät, um die erzielten Fortschritte unnötigerweise zu verlieren.
Ok, an diesem Punkt scheinen das AAS, die Superkompensation und die SRA-Kurve am Ende doch alles mehr oder weniger dasselbe zu erklären. Ja, da stimme ich zu – aber das SRA-Prinzip vermag darüber hinaus vier wesentliche Prozesse zu unterscheiden, die für das Powerlifting absolut wichtig sind zu verstehen.
Die 4 systemspezifischen SRA-Kurven
Jedes Mal, wenn ein Reiz dargeboten wird und eine Überlastung das System stört, wird eine SRA-Kurve (wie oben dargestellt) erzeugt. In Wirklichkeit handelt es sich bei einer SRA-Kurve lediglich um einen Durchschnittswert der verschiedenen SRA-Kurven, die bei jeder Trainingseinheit erzeugt werden. Jedes Mal, wenn eine Überlastung auftritt, erlebt jedes System seine eigene SRA-Kurve, und zwar auf einer anderen Zeitskala. Beim Krafttraining erzeugt jede harte Trainingseinheit mindestens vier verschiedene SRA-Kurven, die für diese Untersuchung von Bedeutung sind, wobei jede Kurve eine andere durchschnittliche Zeitspanne aufweist: die Kurve für die technische Fähigkeit des Nervensystems (1), die Hypertrophiekurve (2), die Kurve für die Kraftentwicklung des Nervensystems (3) und die Kurve für die Faserausrichtung des Bindegewebes (4).
(1) Technische Fähigkeiten des Nervensystems
Während einer Trainingseinheit erhält das Nervensystem viel Übung in der technischen Ausführung der Übungen. Sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem sind an der Erzeugung der Abfolge von Muskelkontraktionen und -entspannungen beteiligt, die dazu führen, dass sich die Knochen in genau dem gewünschten Muster bewegen. Je mehr Übung eine Trainingseinheit zulässt, desto größer ist der Anreiz für technische Verbesserungen, aber desto mehr Ermüdung tritt auch auf und desto mehr bricht die Technik zusammen. Am Ende einer Trainingseinheit und noch Stunden danach ist die technische Ausführung schlechter als vor der Trainingseinheit. Innerhalb weniger Stunden nach der letzten Trainingseinheit führen Erholung und Anpassung jedoch zu einer Verbesserung der technischen Fähigkeiten. Bei den meisten menschlichen Bewegungen (und erst recht bei relativ einfachen Bewegungen wie dem Powerlifting) dauern die Anpassungsprozesse, die die Technik bestimmen, selten länger als einen Tag, und oft sogar noch viel kürzer. Daher gibt es in fast allen Sportarten ein mehrtägiges Techniktraining innerhalb einer Woche und oft auch mehrere Trainingseinheiten am selben Tag. Wenn wir nur die Hebetechnik verbessern wollten, könnten wir an fast jedem Tag der Woche mehrmals täglich trainieren. Wenn wir nur die Technik beibehalten wollten, würden mehrere Trainingseinheiten pro Woche ausreichen, vor allem, wenn die Technik gut etabliert ist. Aber natürlich geht es beim Powerlifting nicht nur um das Techniktraining, denn Hypertrophie und neurale Kraftproduktion sind mindestens gleichwertige, wenn nicht sogar wichtigere Anliegen.
(2) Die Hypertrophiekurve
Da der grundlegendste physiologische Faktor für die Kraft die Muskelgröße ist, ist die SRA-Dynamik für den Aufbau eines Krafttrainingsprogramms von großem Interesse. Während einer Trainingseinheit mit Überlastungen steigt der Muskelabbau an und die Muskelmasse geht verloren! Nach einer Trainingseinheit steigt die FSR-Kurve (fraktionierte synthetische Muskelwachstumsrate: die gemessene Rate des Muskelzuwachses im Körper7) jedoch in den Plus-Bereich und bleibt in der Regel mehrere Tage lang erhöht. Die Länge der SRA-Kurve für Muskelhypertrophie ist sehr unterschiedlich und hängt vom Grad der homöostatischen Störung, dem Fasertyp der Muskeln, dem Trainingsniveau der Person, ihrer Muskelgröße, der trainierten Muskelgruppe und verschiedenen anderen Faktoren ab. Diese Kurve wird jedoch in der Regel in Tagen gemessen, und wenn unser einziges Ziel darin bestünde, auf Muskelgröße zu trainieren, würden wir zwischen zwei und vier Mal pro Woche den Muskel überlasten. Es ist keine Ironie des Schicksals, dass die noch dünnen Anfänger, bei denen die technischen und hypertrophen Anpassungen den größten Unterschied ausmachen, die Heber sind, die scheinbar am meisten von der Programmierung mit der höchsten Frequenz profitieren. Erfahrenere Heber haben eine stabilere Technik und sind resistenter gegen Muskelwachstum (bereits hohes Maß an Muskelmasse) und müssen sich daher mehr auf die nächsten beiden Faktoren verlassen, um ihre Kraftdreikampf-Fähigkeiten zu verbessern.
(3) Kraftentwicklung durch das zentrale Nervensystem
Das Nervensystem hat hier zwei Funktionen, die für uns von Interesse sind. Die eine, bereits erwähnte, ist die Koordination von Muskelkontraktion und -entspannung in einer bestimmten Reihenfolge, um ein bestimmtes Bewegungsmuster zu entwickeln. Die andere Funktion, die es zu berücksichtigen gilt, ist das Ausmaß dieser Bewegung. Genauer gesagt, wie viel Kraft das Nervensystem den Muskeln signalisieren kann, um sie zu erzeugen. Dies ist eine Eigenschaft, die trainiert werden kann. Jedes Mal, wenn diese Fähigkeit des Nervensystems eine Überlastung erfährt folgt es der SRA-Kurve durch kurzfristige Depression, Erholung und Anpassung. Im Durchschnitt dauert die SRA-Kurve für die durch das Nervensystem vermittelte Kraftleistung etwa eine Woche, um den Höhepunkt der Anpassung zu erreichen, aber der Grad der Varianz scheint hoch zu sein, da stärkere Lifter SRA-Kurven haben, die wesentlich länger sind, bis zu zwei Wochen bei höheren Trainingsumfängen und -intensitäten. Wenn unser einziges Ziel darin bestünde, ausschließlich die Fähigkeit des Nervensystems zur Kraftproduktion zu verbessern, könnten wir nur einmal pro Woche oder sogar noch seltener eine Überlast realisieren. Equipment Lifter, die Überlastungen von mehr als 100 Prozent ihres RAW 1RM durchführen, tun genau das! Das Westside-System sieht vor, dass jede Muskelgruppe genau einmal pro Woche überlastet wird, was sehr sinnvoll ist, wenn man bedenkt, dass die Heber dort bereits über ein gutes technisches Können und Muskelmasse verfügen, die sie unterstützen.
(4) Faserausrichtung des Bindegewebes
Bei schwerem Training erleidet das Bindegewebe Schäden. Diese Schäden stimulieren Anpassungsprozesse, aber die Erholungszeit ist unglaublich lang, was zum Teil auf die schlecht durchblutete Struktur von Sehnen, Bändern und Knochen zurückzuführen ist. Die Reize der strukturellen Veränderungen des Bindegewebes können die Funktionsfähigkeit dieses Gewebes wochen- und monatelang beeinträchtigen, bevor die Erholung überhaupt eine Chance hat, sich zu erholen. Durch ein immer härteres Training werden vor allem die Sehnen immer weiter geschädigt, und nur in Phasen leichteren Trainings (Hypertrophie oder aktive Erholung) können Erholung und Superkompensation in bestmöglicher Geschwindigkeit erfolgen. Wenn wir nur für die Anpassung des Bindegewebes trainieren würden, könnten wir Wochen mit wahnsinnig schwerer Belastung mit Wochen fast ohne Belastung abwechseln. Die ultimative Veranschaulichung der Länge der SRA-Kurve ist in diesem Fall die Heilungszeit einer Stress-Fraktur (z.B. Sehnenentzündung), für die monatelang eine eingeschränkte Aktivität erforderlich ist8.
Zusammengefasst
Jede Krafttrainingseinheit erzeugt immer individuelle SRA-Kurven für jede spezifische Kategorie aus den vier oben genannten Bereichen. Jede Trainingseinheit bewirkt eine gewisse technische Verbesserung, Hypertrophie, Verbesserung der Kraftproduktion des Nervensystems und Stärkung des Bindegewebes. Aber verschiedene Trainingsformen führen zu einer Erhöhung der Werte bestimmter Systeme, und zwar in folgender Weise:
Leichtes Techniktraining: Die technischen neuralen Anpassungen erfahren die größte Veränderung der Amplitude in der erzeugten SRA-Kurve, wodurch sowohl eine größere Ermüdung als auch eine größere Anpassung eintritt.
Hypertrophietraining: Ein hohes Trainingsvolumen im Hypertrophie-Intensitätsbereich stimuliert die SRA-Kurven des Muskelwachstums am stärksten, während andere Systeme weniger betroffen sind.
Krafttraining: Die Kurven des Nervensystems für die Kraftproduktion steigen am stärksten an, andere Qualitäten in geringerem Ausmaß.
Direkte Wettkampfvorbereitung: Das Training mit niedrigen Volumina bei einer Intensität von 90 Prozent und mehr hebt die technischen und kraftproduzierenden Kurven beträchtlich an, aber wahrscheinlich hebt es die Kurven für den Wiederaufbau des Bindegewebes am meisten an. Um nur für ein System zu trainieren und alle anderen zu ignorieren, müssen wir die nächste Trainingseinheit auf den adaptiven Höhepunkt der SRA-Kurve der letzten Trainingseinheit ausrichten.
Wenn wir nun darauf trainieren würden, dass die Ausprägung aller oben genannten Systeme gleichmäßig ist, könnten wir einfach den Durchschnitt der Dauern ermitteln, die alle vier systemspezifischen SRA-Kurven benötigen, um einen Spitzenwert zu erreichen und unser Training auf diese Spitzenwerte abstimmen.
Für den durchschnittlichen fortgeschrittenen Lifter könnte das dazu führen, dass er jede(n) Übung/Körperteil etwa alle 3-5 Tage trainiert9. Dies würde zu einer angemessenen allgemeinen Entwicklung aller Systeme führen, würde aber die Phasenpotenzierung verletzen (lies dazu das Kapitel über Blocktraining) und wäre daher nicht der beste Ansatz. Stattdessen können wir das Training so strukturieren, dass alle Systeme trainiert werden, aber bestimmte Systeme je nach den Erfordernissen der Trainingsphase vorrangig behandelt werden. Auf diese Weise können wir die Häufigkeit der Trainingsmaßnahmen so ausrichten, dass sie den phasenspezifischen Bedürfnissen besser entsprechen.
Für ein Training, das die technische Entwicklung und das Beibehalten maximiert, können wir unsere Trainingshäufigkeit auf eine kürzere Zeitspanne als die durchschnittliche SRA-Kurve für alle Systeme verlagern, die bei den meisten Sportlern zwischen täglichem und viermal wöchentlichem Training liegen kann.
Um den Muskelzuwachs zu maximieren (oder den Verlust beim Abnehmen/Reduktionsdiät zu verhindern), würden wir etwas seltener trainieren als bei einem technikdominierten Design, aber immer noch zwischen 2 und 4 Einheiten pro Woche für die einheitlichen Muskelgruppen der meisten Heber.
Das Krafttraining kommt mit 1-3 Einheiten pro Woche für die einheitlichen Muskelgruppen/Bewegungen dem SRA-Durchschnitt recht nahe. Leichte Trainingseinheiten können auch eingefügt werden, um das Ermüdungsmanagement zu verbessern und mehr hypertrophe und technische Anpassungen zu erhalten.
Die direkte Wettkampfvorbereitung/Leistungsmaximum mit den höchstmöglichen Intensitäten kann eine niedrigere Frequenz als die durchschnittliche SRA-Kurve des Gesamtsystems sein, aber nur geringfügig. Dies liegt daran, dass die SRA-Kurve des Gesamtsystems durch die unverhältnismäßig langen Bindegewebsumbaukurven so stark verzerrt ist. Das Training zur Erreichung von Spitzenwerten könnte nur einmal oder vielleicht zweimal für die einheitliche Bewegung/Muskulatur erfolgen, kann aber mit leichteren Einheiten unterbrochen werden, die die technische und hypertrophe Erhaltung fördern.
Bis jetzt haben wir alle Kurven berücksichtigt, mit Ausnahme derer des Bindegewebes. Glücklicherweise werden die SRA-Kurven des Bindegewebes nur durch das häufige schwere Training in den Kraft- und Spitzenbelastungsphasen absinken. Während der Hypertrophiephasen, der aktiven Pausen und der Entlastung aller Phasen versuchen die SRA-Kurven des Bindegewebes ihre Erholungs- und Anpassungsphasen zu durchlaufen. Die Anpassungen des Bindegewebes dauern so lange, dass sie einen ganzen SRA-Zyklus über die Länge eines Meso- oder sogar Makrozyklus benötigen, während technische Systeme im anderen Extrem nur Stunden brauchen, um ihre SRA-Zyklen zu durchlaufen!
Train! Eat! Sleep! Repeat!
Hat man die Modelle des AAS, der Superkompensation und der SRA-Kurve(n) verinnerlicht, ergeben auch markige Sprüche und Mottos, wie »Train! Eat! Sleep! Repeat!« auf den T-Shirts, Kaffeetassen oder Profilbanner von Kraftsportfans, plötzlich Sinn. Ob wir es wussten oder nicht, aber genau dieser Ablauf beschreibt die vorhin dargelegten Modelle eigentlich ganz gut: Du trainierst (Stress), musst essen und schlafen (Wiederherstellung und Erholung), dein Körper hat sich angepasst (Adaption und Superkompensation), und wenn alles richtig dosiert und getimt war, bist du leistungsfähiger als zuvor. Nun wiederholst du diesen Prozess, immer wieder und wieder. Wie bereits erwähnt, ist dies sehr vereinfacht und eindimensional dargestellt, im Kern trifft es aber die Sache ganz gut.
Mit dieser simplen Vorannahme im Gedächtnis gehen wir im nachfolgenden Abschnitt eine Stufe weiter. Egal ob es sich um Powerlifting oder Bodybuilding handelt, beide Sportarten sind sehr spezifisch und verlangen, dass sich der Körper auf entsprechende Weise individuell anpasst.
Ohne die Details von Umkleidekabinen-Konversationen besprechen zu wollen, so komme ich nicht umher, zu konstatieren, dass ich schon vor Jahren zu hören bekam, dass es wohl einen Unterschied zwischen "Gewichtheber"- und "Pumper-Muskeln" gäbe. Da fielen gerne mal Worte wie nicht wirklich stark, nur aufgepumpt, richtige Muskeln und nicht funktional. Nun, es gibt tatsächlich zwei Arten der Hypertrophie, die durch unterschiedliche Trainingsreize provoziert werden können. Und es ist somit nicht verwunderlich, dass Wachstum sowohl durchs Pumpen, als auch durch schweres Heben ausgelöst werden kann.
Spoiler
Die nachfolgend beschriebenen Hypertrophiearten stellen die Extreme auf beiden Seiten eines breiten Spektrums an Mischformen dar. Es ist ein hypothetisches Modell, um die Prozesse voneinander zu trennen und zu erklären.
Sarkoplasmatische Hypertrophie
Diese Muskelquerschnittsverdickung wird durch Training mit hohen Wiederholungszahlen, kurzen Pausen und hohen Laktatwerten erreicht. Zatsiorsky & Kraemer beschreiben diesen Prozess10 durch das Wachstum (Zunahme im Volumen) des Sarkomerplasmas (eine halbflüssige, interfibriläre Substanz) und nichtkontraktiler Proteine. Beide sind nicht an der direkten Kraftentwicklung des Muskels beteiligt. Schneidet man eine Muskelfaser quer durch, würde man sehen, dass sich der Muskelquerschnitt vergrößert hat, die Myofibrillen aber im Verhältnis weniger sind, da sie sich weder verändert, noch erhöht haben. Man denke wieder an das Beispiel des 130kg IFBB Bodybuilders, der im Vergleich zu einem 85kg Olympischen Gewichtheber gigantisch breit ist. Was die Fähigkeit zur Maximalkraft betrifft, ist der Gewichtheber aber deutlich effektiver.
Myofibrilläre Hypertrophie
Die Herren Zatsiorsky & Kraemer sind sich einig, dass dieser Vorgang genau das Gegenteil zum sarkoplasmatischen Modell beschreibt. Die Muskelfasern nehmen an Volumen zu. Diese Verdickung entsteht nun aber durch einen Zuwachs an Myofibrillen, sprich, mehr Aktin- und Myosinverbindungen. Diese sind besser bekannt als die kontraktilen Elemente des Proteins. Das sind die Elemente, die die Arbeit verrichten und Muskelkontraktionen erzeugen. Wenn die Filamentdichte zunimmt, steigert dies auch die Kraft, die ein Muskel erzeugen kann. Es entsteht somit bei geringerem Massezuwachs mehr Kraft.
Der 85kg Gewichtheber nimmt durch seine Art des Trainings im niedrigen Wiederholungsbereich mit hoher Intensität zwar konstant an Kraft zu, aber weniger an Gesamtmuskelmasse. Wäre das Gegenteil der Fall, würden Athleten, die stärker werden, in regelmäßigen Abständen in die nächst höheren Gewichtsklassen wechseln müssen.
Versucht man das Akronym SAID (Specific Adaptations to Imposed Demands) aus dem Englischen zu übersetzen, würde es die spezifische Anpassung an die gestellten Anforderungen heißen.
Dieses Prinzip wird in erster Linie im Sport berücksichtigt, zum besseren Verständnis ziehe ich das Beispiel von Austin & Mann11 heran: Stell dir einen Bauarbeiter vor, dessen Aufgabe neuerdings darin besteht, täglich mit einem 4-Kilo Vorschlaghammer Betonwände einzureißen. Wenn er nach Feierabend nach Hause kommt, ist er so fix und fertig, dass er nur noch auf seine Couch fallen kann und ohne zu duschen schlafen geht.
Drei Wochen später schwingt er denselben 4-Kilo Hammer, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Nach Feierabend kann er sich wieder problemlos mit seinen Jungs zum Fußballspielen treffen. Wenn man ihm aber nun einen 6-Kilo Hammer für seine Tätigkeit in die Hand gibt, wird er nach dem ersten Tag wieder völlig abgekämpft abends auf die Couch fallen, bis er sich an den neuen Hammer gewöhnt hat. Sein Körper hat sich lediglich an den Stimulus des ersten Hammers gewöhnt. Der Hammer war eine Anforderung an seinen Körper, die zu einer spezifischen Anpassung in seinen Muskeln geführt hat. Sein Körper war noch nicht bereit, mit einem schwereren Hammer zu arbeiten.
Unser Körper versucht so effizient wie möglich mit seinen Ressourcen zu arbeiten. Er veranlasst den Arbeiter nur, sich an die gestellten Anforderungen anzupassen (4-Kilo Hammer), hat aber keinen Grund zusätzliche Energie für darüberhinausgehende Leistungen bereitzustellen. Erst wenn die neue Belastung eintritt (6-Kilo Hammer), muss der Körper nachlegen und sich anpassen. Aber das dauert und funktioniert nicht von heute auf morgen.
So erklärt es sich auch, dass manche Fitnessstudio-Krieger, die beim Bankdrücken monate- oder jahrelang dieselben fünf Arbeitssätze mit acht Wiederholungen und 75kg Hantelgewicht absolvieren, keine Fortschritte mehr machen. Hier muss sich der Körper an nichts mehr anpassen. Erst wenn der Stress erhöht wird (dazu mehr im Kapitel Trainingsvariablen), können sich Verbesserungen einstellen.
Das SAID Prinzip kann sowohl vertikal, als auch horizontal verstanden werden. Vertikal, im Sinne einer ansteigenden Leistungskurve, bedeutet, wenn ich mich an 5x8 Wiederholungen und 75kg gewöhnt habe, bedeuten 5x8 Wiederholungen mit 80kg einen neuen Stimulus, an den ich mich anpassen muss. Ich spreche hierbei von einer Intensivierung innerhalb einer motorischen Aufgabe (z.B. Bankdrücken) durch die Erhöhung der Gewichtsbelastung.
Horizontal würde bedeuten, ich arbeite mehrere Wochen an einem Kraftausdauergerät, sagen wir ein Rudergerät, und bin nach sechs Wochen problemlos in der Lage, für 20min einem Widerstand von 400 Watt standzuhalten. Wechsle ich jetzt zu einem Crosstrainer, werde ich sehr wahrscheinlich große Probleme haben, dieselben 400 Watt leisten zu können. Mein Körper hat sich zwar an die 400 Watt für 20min gewöhnt, aber die Anpassung war spezifisch auf das Rudergerät ausgelegt. Der Crosstrainer hat ein völlig anderes Bewegungsmuster, welches mein Körper erstmal adaptieren muss. Wer kennt es nicht: Obwohl man monatelang regelmäßig intensiv joggen gegangen ist und Intervallsprints absolviert hat, bekommt man aber nach einer Mountainbike-Tour dennoch Muskelkater.
Das Powerlifting ist sehr spezifisch. Neben der Belastung an die Muskulatur, das zentrale Nervensystem und die passiven Strukturen, müssen motorische Muster verinnerlicht werden, um die Wettkampfübungen regelgerecht ausführen zu können. Auch im Bodybuilding spielt die Motorik eine spezielle Rolle. Versucht der Powerlifter in erster Linie so viele Muskelgruppen wie möglich mit einzubeziehen, um möglichst effizient ein schweres Gewicht von Punkt A zu Punkt B zu bewegen, so versucht ein Bodybuilder gezielt einzelne Muskelgruppen anzusteuern, um dort den größtmöglichen Wachstumsimpuls (Hypertrophie) auszulösen.
Oder wie Dr. Christian Zippel es formuliert hat »Je besser und erfolgreicher wir in Etwas werden wollen, desto öfter und exakter müssen wir genau dies auch ausführen.«12
Das Fundament eines ordentlichen Powerlifting Trainingsplans sollte gemäß diesen vier Prinzipien gestaltet werden.
Spezifität
Schwere, korrekt ausgeführte Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben
Progressive Überlastung
Stetiges Steigern von Trainingsgewichten um sich daran anzupassen.
Ermüdungsmanagement
Ausgeglichene Planung der Trainings- und Erholungsphasen
Individuelle Unterschiede
Jeder Athlet reagiert unterschiedlich auf die gestellten Trainingsreize
Wenn wir im Powerlifting, entsprechend den Prinzipien des AAS (Allgemeinen Anpassungssyndrom), der Superkompensation und SAID, erfolgreich sein wollen, müssen wir auch trainieren wie ein Powerlifter. Das klingt jetzt banal, aber man verliert sich gerne in den Details und das Hauptziel fällt hinten vom Tisch runter. Wenn man sich für ein Programm entscheidet, welches nicht regelmäßig einfordert, dass man schwere Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben ausführt, dann ist dieses Programm vielleicht nicht spezifisch genug, um die entsprechende Adaption auszulösen.
SAID hat uns gezeigt, dass sich der Körper in erster Linie an den Stress anpasst, dem er ausgesetzt wird. Widmest du dich primär hohen Wiederholungszahlen, Cardio und dem Training an Maschinen, anstelle von Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben, erwarte bitte keine großartigen Ergebnisse im Powerlifting.
Spoiler!
Ich betone dies aus gutem Grund, da die in diesem Buch ebenfalls besprochenen Daywalker Programme nicht spezifisch genug sind, um optimale Resultate für das Powerlifting zu produzieren. Sie verbessern die allgemeine Kraft und somit auch deine drei Powerlifts, aber sie sind, wie der Name schon sagt, Programm, die eine gute Basis für Kraft und Muskelmasse schaffen sollen.
Der Stress, der durch das Training induziert wird, muss wiederholt und gesteigert werden. Hat sich unser Körper an eine bestimmte Dosierung angepasst, sind rückläufige Ergebnisse die Folge, wenn man diese Dosierung nur noch gelegentlich anwendet.
Zu einem bestimmten, nicht willkürlichen Zeitpunkt im Training, muss man mehr machen, als man zuvor gemacht hat, um neue Ergebnisse zu erzielen. Der Körper muss regelmäßig und wohldosiert überlastet werden. Je weiter deine Anpassung fortgeschritten ist, desto größer muss die Dosierung ausfallen. Höhere Gewichte, mehr Arbeitssätze, mehr Gesamtvolumen und vor allem eine höhere Trainingsfrequenz, sind entscheidende Faktoren, das Stress-Erholung-Anpassung-Prinzip zu deinen Gunsten zu manipulieren.
Das Ermüdungsmanagement ist eng mit der progressiven Überlastung verbunden. Im Powerlifting, aber auch in anderen Kraftsportarten, ist alles stets nach dem Use-it-or-lose-it-Muster gestrickt: Wenn du weniger trainierst, wirst du deine Anpassungen verlieren. Wenn du eine spezifische Übung nicht ständig übst und verfeinerst, wird sich die Fähigkeit diese Übung effizient zu absolvieren, verlieren.
Wie bei der progressiven Überlastung erklärt, muss die Trainingsbelastung schrittweise erhöht werden. Ein fortgeschrittener Athlet benötigt einen höheren Trainings-aufwand, um sein Niveau halten zu können bzw. noch mehr Aufwand, um sich zu verbessern. Ein blutiger Anfänger könnte seine Kniebeugeleistung schon durch Intervallsprints auf einem Spinning-Bike verbessern, allein schon aus dem Grund, dass ein völlig unvorbereiteter Körper auf jede Art von Belastung, spezifisch oder nicht, zunächst mit einer Anpassung reagiert, die sein gesamtes System verbessert. Aber dieser Anfänger ist noch soweit am unteren Ende seines Leistungsspektrums, dass er sich von den Auswirkungen seines Trainings schnell erholt, da die Intensität noch sehr gering ausfällt. Ein Anfänger verdaut ein bis zwei Einheiten Kniebeugen pro Woche, mit der Hälfte seines Körpergewichts auf der Stange für 5er Serien, besser, als ein etablierter Athlet, der regelmäßig das Zweifache seines Körpergewichts für 3er Serien beugen muss.
Je höher die Leistung, desto höher der Stress, desto länger die Regeneration. Programmiert die Arbeitslast im Kreuzhebetraining zu hoch und ist für die nächsten sechs Tage unfähig, erneut schwer zu heben, setzt eventuell schon der Detraining Effect ein. Stress muss sinnvoll erzeugt und angehäuft werden, um zwischen zwei Einheiten die bestmögliche Regeneration zu erlangen, ohne dass zu viel Zeit verstreicht und ein unnötiger Detraining Effect einsetzt.
Das Ermüdungsmanagement eines Programmes muss es irgendwie schaffen, die optimale Dosierung (Stress) und den optimalen Zeitpunkt (Erholungsphase) für das Training zu vereinen. Sollte das Programm den Athleten unterfordern oder überfordern, sind Untertraining oder Übertraining die Folge.
Ein weit unterschätzter Faktor ist das Gesetz der individuellen Unterschiede13. Angesichts der Tatsache, dass es unzählige Faktoren gibt, die das Training beeinflussen, so wird auch jeder Athlet etwas unterschiedlich darauf reagieren. Selbstverständlich haben sich unsere menschlichen Körper alle nach demselben Bauplan entwickelt, aber dennoch bestehen genügend Unterschiede, die sich bemerkbar machen. Offensichtliche Unterschiede bestehen im Geschlecht, Proportionen, Körpergröße, Gewicht oder der jeweiligen Hormon- und Stoffwechselsituation. Ebenso zählt die Verletzungshistorie oder sonstige körperliche Einschränken dazu.
Übungsauswahl
Im Sport des Powerliftings kommt diesem Phänomen eine Schlüsselrolle zu. Wenn es um die Auswahl der Übungen geht, so sind wir hier limitierter, als beim Bodybuilding. Ein Powerlifter muss seine drei Disziplinen abliefern, er kann hierbei lediglich seine Technik innerhalb seiner Wettkampfübung den körperlichen Voraussetzungen anpassen. Beispielsweise kann er sich zwischen dem Sumo-Kreuzheben und dem Kreuzheben im konventionellen Stand entscheiden. Und auch hier gibt es für den jeweiligen Stand weitere technische Modifikationen, die die Hebelverhältnisse der individuellen Anatomie begünstigen. Tatsache ist aber, er muss Kreuzheben. Ähnlich verhält es sich bei der Kniebeuge und beim Bankdrücken. Die Kniebeuge muss mit einer Langhantel in der Wettkampftechnik trainiert werden, Varianten sind natürlich möglich, aber nur als Ergänzungsübung. Ein Powerlifter muss ebenfalls mit einer Langhantel auf einer horizontal ausgerichteten Bank drücken, Varianten bei der Wahl der Langhantel (z.B. eine Swiss- oder Football Bar) oder des Neigungswinkels, sind ebenfalls nur als ergänzende Maßnahmen zu verwenden.
Ein Bodybuilder verwendet jede Übung als Mittel zum Zweck des optimalen Muskelaufbaus. Bei der Wahl seiner Grundübungen, die vorzugsweise aus eher komplexen Mehrgelenksübungen bestehen, ist er wesentlicher freier in seiner Entscheidung. Für die Maximierung seiner Oberschenkelmuskulatur steht ihm ein breites Arsenal an Übungen zur Verfügung, z.B. Olympische Kniebeugen (hohe Hantelablage), Powerlifting Kniebeugen (tiefere Hantelablage), Frontkniebeugen oder Safety Bar Squats. Was aber, wenn eine aktuelle Verletzung ihn dabei einschränkt, diese freien Langhantelkniebeugen auszuführen? Dann entscheidet er sich für geführte, aber dennoch anspruchsvolle Übungen, wie Hackenschmid Kniebeugen oder die Beinpresse. So einfach ist das.
Stress & Anpassung
Jeder benötigt ein unterschiedliches Maß an Trainingsvolumen, Arbeitslast, Intensität und Frequenz, um Fortschritte zu machen. Einige können hohe Intensitäten ertragen, müssen aber beim Volumen und der Frequenz Abstriche machen, oder eben umgekehrt (ausführlich dargelegt im Abschnitt Trainingsvariablen).
Ein Powerlifter hat zudem drei Baustellen, mit denen er zurechtkommen sollte. Er muss die neurale Belastung des zentralen Nervensystems bei Belastungen zwischen 85-100% des 1RM (1-5 Wiederholungen), die muskulären Schäden bei Wiederholungen zwischen 5-7 sowie den Verschleiß der passiven Strukturen durch wenig Abwechslung in den drei Wettkampfübungen, unter einen Hut bringen. Pusht man sein Training zu hart in die eine oder andere Richtung, wird eines der Systeme (zentrales Nervensystem, Muskulatur, passive Strukturen) ausbrennen oder schlimmstenfalls nachhaltig geschädigt werden.
Das hört sich jetzt alles natürlich sehr vernünftig und logisch an, aber ich betone es aus gutem Grunde: die meisten s.g. Cookie Cutter Programme (dt. Ausstechform, wie beim Plätzchenteigbacken) ignorieren diesen Umstand der individuellen Unterschiede. Die weniger guten Programme drücken dem Anwender scheinbar kompromisslose Vorgaben auf, denen man Folge zu leisten hat. Wären sie ordentlich individualisiert, könnte man sie aber wohl nicht großangelegt an die Massen verkaufen. Es ist ein Marketingproblem. Man hätte dann auch kein Programm, sondern ein System. Diesen Umstand werden wir bei der Analyse der Programme in diesem Buch genau prüfen. Abschließend sei aber zur Versöhnung erwähnt, dass natürlich auch Cookie Cutter Programme ganz gut funktionieren, das darf ich vorab schon mal verraten. Würden sie das Gesetz der individuellen Unterschiede berücksichtigen, könnte man mit ihnen aber noch bessere Ergebnisse produzieren.
Das oberste Ziel eines guten Powerlifting Programmes liegt in der Verbesserung der Wettkampfleistung. Ein relevanter Faktor im Powerlifting ist die Perfektionierung der Übungstechnik. Der Unterschied zwischen einer guten und einer perfekten Technik kann beim RAW Bankdrücken den Unterschied zwischen 160kg und 175kg innerhalb derselben Gewichtsklasse ausmachen. Bei einem Anfänger hat dies sogar drastischere Auswirkungen. Zu Beginn einer Trainingslaufbahn ist es weniger ein Mangel an Kraft, sondern ein Defizit innerhalb der Motorik und der Fähigkeit, den Körper als Ganzes richtig einzusetzen. Diesen Bereich der Trainingslehre blende ich hier aber bewusst aus, da er mit der Programmierung der Trainingsplanung per se nichts zu tun hat.
Nachdem wir grundlegend besprochen haben, wie der Körper sich an die gestellten Anforderungen anzupassen versucht, gehen wir nun in die Details. In diesem Abschnitt besprechen wir die Trainingsvariablen, die wir korrekt manipulieren müssen, um den geschilderten Anforderungen gerecht zu werden.
Die Intensität ist der primäre Bestimmungsfaktor für den Trainingseffekt. In Bezug auf das Powerlifting Training, beziehen sich meiner Meinung nach, und auch der von Mike Tuchscherer, die wichtigsten Überlegungen auf die Intensität:
»Ich habe schon oft gesagt, dass bei den meisten Kraftsportarten die Intensität der Parameter ist, der den größten Teil des Trainingseffekts bestimmt. Wenn das Ziel darin besteht, absolute Kraft zu entwickeln, sind bestimmte Intensitätswerte erforderlich. Wenn das Ziel darin besteht, Hypertrophie zu entwickeln, macht es auch wenig Sinn, mit sehr leichten Gewichten zu trainieren. Das Gewicht auf der Hantel - oder genauer gesagt die Anstrengung, die erforderlich ist, um die Hantel zu bewegen - bestimmt den größten Teil des Trainingserfolgs. Das Volumen bestimmt das Ausmaß dieses Effekts. Wenn man also mit einem Ziel trainiert - egal welchem - und nicht auf die Intensität achtet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man nicht den gewünschten Effekt erzielt.«
Mike Tuchscherer14
Wer sich hier noch wenig auskennt, dem sei erklärt, dass die Intensität sich nicht auf einen psychischen Zustand oder das Level deiner Anstrengung im Gym bezieht. Sprechen wir über Intensität in Verbindung mit Trainingsplanung, dann beschreibt die Intensität wie schwer deine Gewichte in Relation zu deinem 1-Wiederholungsmaximum (1-Repetition-Maximum) sind, abgekürzt als 1RMgeschrieben. Das Limit an Intensität ist folgerichtig 100%. Liegt deine Leistung in der Kniebeuge für eine einzige, gerade noch so korrekt ausgeführte Wiederholung unter absoluter Anstrengung bei 100kg, ist dies dein aktuelles 1RM, sprich deine aktuellen 100% an Intensität. Führst du Trainingssätze mit 80kg im Beugen für mehrere Wiederholungen aus, liegt die relative Intensität dieser Sätze bei 80%. Soweit klar.
Beschreibung der Intensität: RPE & RIR
Diese beiden Kürzel stehen für Rates of Perceived Exertion (RPE) und Reps in Reserve (RIR). Diese beiden Werte drücken das subjektive Empfinden der Anstrengung bei der Ausführung einer Wiederholung oder Wiederholungsserie (Satz) aus. Im Grunde sind beide Begriffe gegensätzlich zu interpretieren, was die folgende Tabelle ganz gut verdeutlichen kann. Mehr zu RPE findest du auch im Kapitel zum Reactive Training System und Mike Tuchscherer.
Rates of Perceived Exertion vs. Reps in Reserve
RPE
Alles unter 5 RPE/über 5 RIR interessiert nicht!
RIR
@5,5
War das zu einfach, um überhaupt als Hauptsatz zu gelten?
@4,5
@6
War das eher so leicht wie ein Aufwärmgewicht? Noch 4 Wdh möglich.
@4
@6,5
War dies ein grenzwertiges Aufwärmgewicht? Noch 3-4 Wdh möglich.
@3,5
@7
War das Tempo so schnell wie bei einem leichten Eröffnungsversuch? Noch 3 Wdh möglich.
@3
@7,5
Hättest du
vielleicht
noch
drei
Wiederholungen mehr machen können?
@2,5
@8
Hättest du
definitiv
noch
zwei
Wiederholungen mehr machen können?
@2
@8,5
Hättest du
vielleicht
noch
zwei
Wiederholungen mehr machen können?
@1,5
@9
Hättest du
definitiv
noch
eine
Wiederholung mehr machen können?
@1
@9,5
Hättest du
vielleicht
noch
eine
Wiederholung mehr machen können?
@0,5
@10
Maximale Anstrengung 100%!
Mehr ist nicht zu schaffen! Muskelversagen und/oder technisches Versagen!
@0
Intensität & Spezifität
Bei der Arbeit im Bereich einer Intensität von 90% und höher, sind typische Arbeitssätze im Bereich von 1, 2 und höchstens noch 3 Wiederholungen, auszuführen. Diese Anforderungen haben hauptsächlich einen neuralen Trainingseffekt. Einfach ausgedrückt, dein zentrales Nervensystem verbessert seine Effektivität durch ein höheres Maß an muskulärer Rekrutierung. Zusätzlich wird die Koordination dieser Rekrutierung oder auch Aktivierung, die Leistungszuwächse in zukünftigen Situationen verbessern. Diese Trainingsform bezeichnet man auch als IK Training. IK steht hier für intramuskuläre Koordination und intermuskuläre Koordination.
Intramuskuläre Koordination15 bezieht sich auf die Zusammenarbeit der Nerven und Muskelfasern in einem Muskel während eines gezielten Bewegungsablaufes. Es ist ein Wechselspiel von Nervensystem (Impulsgeber) und Skelettmuskulatur (Impulsempfänger), in Bezug auf Einsatz (was soll gemacht werden?) und Beanspruchungsgröße (wie schwer ist das?) der motorischen Einheiten (Muskelfasern).
Die intermuskuläre Koordination beschreibt die Zusammenarbeit verschiedener Muskeln bei einem bestimmten Bewegungsablauf.16 Vorrangig geht es um das Zusammenspiel der ausführenden Agonisten und Antagonisten. Anschaulicher wird es, wenn wir uns einen Bizepscurl vorstellen. In der konzentrischen Phase (Verkürzung der Muskulatur/ Anheben des Gewichts) sind die Agonisten all diejenigen Muskelgruppen, die als Armbeuger vorgesehen sind: Bizeps, Brachialis und der Brachioradialis. In der exzentrischen Phase, wenn sich die Armbeuger unter Spannung wieder verlängern, dem Absenken, muss sich nun der Antagonist Trizeps verkürzen und kontrahieren, um eine ausgleichende Gegenspannung zu erzeugen.
Damit wir uns bei der Intensität und die damit einhergehenden Wiederholungsbereiche und Satzzahlen über dieselbe Bezugsnorm verständigen können, sei hier als ewiger Klassiker die Prilepin´s Table abgebildet17
Prilepin´s Table
Work Intensity (%)
Repetitions per set
Optimal volume
*
Volume range
*
55-69
3-6
24
18-30
70-79
3-6
18
12-24
80-89
2-4
15
10-20
90+
1-2
7
4-10
*
Gesamtwiederholungen pro Trainingseinheit
Zusammenfassend merken wir uns, durch den Einsatz hoher Intensitäten, verbessert das IK Training die Aktivierung aller beteiligten Muskelfasern und Muskelgruppen.
Für das Powerlifting bedeutet dies, dass häufig, oder zumindest regelmäßig, Trainingszeit für diesen 90%+ Bereich in bestimmten Phasen deines Programms eingeplant werden muss.
Intensität & Wiederholungsbereiche
Wir alle kennen die klassische Einteilung der verschiedenen Kraftqualitäten Maximalkraft, Hypertrophie und Kraftausdauer. Das Wiederholungsspektrum bewegt sich von einem neuralen Effekt (1-5Wdh), über die Muskelhypertrophie (5-12), bis hin zu einem Effekt auf die muskuläre Ausdauerleistung (12-25+). Sätze mit niedrigen Wiederholungen und hoher Intensität sind limitiert durch die Kraftproduktion, Sätze mit höheren Wiederholungszahlen sind wiederum abhängig von Stoffwechselprozessen wie der Entleerung von ATP, Laktatschwelle, Glykogenverbrauch, etc. Das äußere Ende dieses Spektrums ist für Powerlifter nicht allzu relevant, wenn aber auch nicht unwichtig.
Nachfolgend möchte ich mich auf die Gegenüberstellung der Muskelhypertrophie und der Muskelkraft beschränken, wie sie bei Zatsiorsky & Kraemer vorgenommen wird18:
Trainingspläne zur Entwicklung von Muskelhypertrophie oder Muskelkraft
(neurale Faktoren)
Trainingsvariable
Muskelhypertrophie
Muskelkraft (neurale Faktoren)
Zielstellung
Aktivierung und Ermüdung der einbezogenen Muskeln
Rekrutierung einer maximalen Anzahl motorischer Einheiten mit optimaler Entladefrequenz
Intensität
(Wiederholungsmaximum)
Von 5-7 bis 10-12
1-5
Pausen
zwischen den Sätzen
Kurz 1 -2 min
Lang 2 -5 min
Pause
zwischen Trainingseinheiten, die auf die gleichen Muskelgruppen zielen
Lang 48-72 Stunden
Kurz 24-48 Stunden
Übungen
in einer Trainingseinheit
3 oder weniger Muskelgruppen (Split-System)
Viele Muskelgruppen
Abwechseln
von Übungen in einer Trainingseinheit
Übungen für eine Muskelgruppe können variieren, Übungen für verschiedene Muskelgruppen wechseln einander nicht ab
Empfehlenswert
Trainingsvolumen
Last, Wiederholungen, Sätze
Größer 4 -5mal
Geringer 4 -5mal
Pauschal formuliert, würde tatsächlich so, oder so ähnlich in der Praxis aussehen, dass wir hohe Intensitäten mit niedrigem Volumen bei hoher Frequenz für die Kraft verwenden sollten. Für den Muskelaufbau hingegen moderate Intensität mit hohem Volumen und mäßiger Frequenz.
Intensität & Hypertrophie
Powerlifter trainieren auch in den niedrigeren Intensitätsbereichen, vermutlich aber nicht mit weniger als 75%, sieht man von ein paar Ausnahmen ab – dazu aber später mehr. Muskelhypertrophie ist ein notwendiger Bestandteil eines andauernden und konstanten Trainingsfortschritts. Es ist bis zu einem gewissen Punkt möglich, die Leistung durch Perfektionieren der Technik und neurale Effizienz zu steigern, aber irgendwann ist hier Schluss. Möchte man stärker werden, muss man einen größeren Motor bauen, sprich: man benötigt mehr Muskelmasse, um sein Kraftpotential zu erhöhen. Ein sinnvolles Powerlifting Programm arbeitet neben dem Maximalkraftbereich (90-100%) auch im moderaten Bereich von 75-85% und lässt den Athleten Arbeitssätze mit 4-8 Wiederholungen ausführen, um eine muskuläre Basis zu schaffen.
Maximalkrafttests
Das 1RM kann in drei Varianten eingeteilt werden:
Wettkampf Maximum
Nur unter Wettkampfbedingungen leistbar. Hohes Niveau an Erregung und Aufgeputscht sein. Höchstes Maß an Leistung möglich. Ein langer Vorbereitungszyklus wurde vorab durchgeführt, um die absolute Peak Performance zu erreichen. Manche sind hier besser, manche schlechter. Dieser Wert ist nur bedingt für die Trainingsplanung einsetzbar, da er bei guten Ergebnissen (starke Wettkampftypen) sehr hoch liegt. Für die Trainingsplanung müssen davon pauschal ca. 10 Prozent abgezogen werden.
Training Maximum
Höchstes Maß an Leistung unter Trainingsvoraussetzungen. Hohes Niveau an Erregung und Aufgeputscht sein. Alles wird passend gemacht: Timing, Musik, Helfer, Ablauf, etc. und man verwendet das bekannte Equipment in vertrauter Umgebung. Es gibt Trainingsweltmeister, die in dieser Komfortzone am besten performen. Für die Trainingsplanung entstehen hier aber meist recht verlässliche Werte. Nur sparsam austesten.
Tägliches Maximum (Every Day Maximum)
Das Every Day MaximumI beschreibt die Leistung, die man jederzeit vollbringen kann, ohne Vorbereitung, ohne Aufputschen und ohne harte Musik. Du gehst an einem x-beliebigen Tag ins Gym, wärmst dich auf und arbeitest dich auf dein Tagesmaximum hoch. Kein gequältes Hochkrüppeln bei RPE @10, eher im Bereich @8 bis maximal @9. Beinhaltet oftmals auch hohe Schwankungen in der Tagesform, bildet aber ein realistisches Bild der Tagesform ab.
Das 1RM testen - wozu?19
Für prozentbasierte Programme sehr wichtig.
Das 1RM beschreibt deine Kraft – es ist ein Indikator.
Die Erhöhung des 1RM ist relevant, aber nicht Selbstzweck, sonst könnte man durchgehend mit linearer Periodisierung und 1er Wiederholungen arbeiten.
Das 1RM ist keine objektive Größe, da sie von zu vielen Variablen abhängt und schwanken kann.
Ein hohes Tagesmaximum resultiert in einer Verbesserung des Trainings- und Wettkampfmaximums.
Das tägliche Maximum zeigt die
Entwicklung der Leistung
– das Training Max und das Wettkampf Max sind der
Ausdruck
bzw. die
Realisation dieser Leistung
.
Kann man mit Push-Pull Faktoren vergleichen:
Pull →Tägliches Maximum
Push → Training Maximum, Wettkampf Maximum
Die einzige Objektive sollte es ein, das Tagesmaximum zu fördern und nicht das Training Maximum zu pushen.
Das tägliche Maximum liegt ca. bei 80-90% deines Training Maximums. Liegt dein tägliches Maximum zu dicht am Training Maximum, besteht das Overshooting-Problem und du hypst dich zu hart beim Tagesmaximum.
Echter 1RM Test
Ein verlässlicher, sicherer Wert, der Goldstandard, der nicht umgerechnet werden muss. Ist aber sehr aufwendig und hinterlässt ein hohes Maß an Ermüdung (wenn man ein Wettkampf/Training Max plant) und kann nicht aus der laufenden Trainingswoche umgesetzt werden, ohne das weitere Training des Tages/der Woche zu stören. Alternativ dazu wäre das Tagesmaximum zu testen wesentlich milder.
Wiederholungstest
Wiederholungen bis zum technischen Versagen bei 2-5er Wiederholungen sind weniger aufwändig und weniger ermüdend für das zentrale Nervensystem. Das 1RM wird aus der Rep-Max-Formel oder der Load-Max Reps Table (S. →) abgeleitet – keine perfekte Abbildung deines 1RM, aber eine sehr praktikable Option, die sich im Training einplanen lässt, ohne die gesamte Trainingswoche zu stören.
Keine Missverständnisse: You have to go heavy!
Man erhält, wofür man trainiert. Besteht dein Training nur aus 5er Wiederholungen, erhältst du einen netten Mix aus Kraft- und Muskelaufbau. Genaugenommen sind 5er Wdh weder optimal für den Kraftaufbau, noch für den Muskelaufbau. Es gibt durchaus viele nützliche Gründe, phasenweise im 5er Bereich zu trainieren. Aber permanent damit zu arbeiten ist ein klares Signal dafür, dass solch ein Programm nicht spezifisch genug für das Powerlifting ist. Sorry! You have to go heavy, Bro!
Der Auszug aus Mike Tuchscherers Artikel im vorherigen Abschnitt Intensität bringt es auf den Punkt: Wenn die Intensität den Trainingseffekt bestimmt, dann bestimmt das Volumen das Ausmaß dieses Effekts.
Denken wir nochmal an die Ausführungen im Kapitel Allgemeines Anpassungssyndrom und Superkompensation zurück. Setzen wir unsere helle Haut der Sonne aus, erhalten wir eventuell eine schicke Sommerbräune (Trainingseffekt). Verbringen wir eine Minute in der Sonne, ist das vermutlich zu wenig Zeit, um diesen Effekt zu provozieren. Es ist zu wenig Stress (progressive Überlastung), um sich daran anzupassen. Halten wir uns aber ungeschützt für zwei Stunden in der Sonne auf, lösen wir eine sehr akute Stressreaktion aus, die vermutlich zu aggressiv ist und wir ziehen uns einen sehr schlimmen Sonnenbrand zu. In diesem Fall war unser Ermüdungsmanagement fehlerhaft.
Zwischen diesen beiden Resultaten (kein Bräunungseffekt vs. Sonnenbrand) gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Die Intensität kann hier nicht beeinflusst werden, da wir für dieses Beispiel einfach davon ausgehen, dass die Sonne um 12.00 Uhr in Mitteleuropa im August, bei wolkenlosem Himmel, stets gleich stark scheint. Also bleiben wir beim Sonnenbaden: 15min in der Sonne entspricht einem bestimmten Bräunungslevel. 30min in der Sonne entspricht einem weiteren, höheren Level. Die Zeit, die wir in der Sonne verbracht haben ist unser Stressvolumen und das Bräunungslevel ist das Ausmaß dieses Trainingseffekts.