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Problemorientiertes Lernen (POL) stellt eine ganz besonders effektive Form des Lernens dar. Diese Lehr- und Lernmethode beansprucht für sich den Ansatz, viele Forderungen an zeitgemäße Vermittlungsmethoden in sich zu vereinigen. POL versteht Lernen als das Resultat der aktiven Auseinandersetzung mit komplexen, praxisnahen Problemen, wobei sowohl die Fach- als auch die Methodenkompetenz gefördert werden sollen. Zusätzlich entwickeln die Lernenden durch die teamorientierte Arbeitsweise in der Kleingruppe ihre Sozial- und Personalkompetenz. Dieses Buch orientiert sich an den aktuellen gesetzlichen und strukturellen Rahmenbedingungen für die generalistische Pflegeausbildung in Deutschland und beinhaltet sowohl den theoretischen Rahmen als auch konkrete Umsetzungsstrategien. Neu in der 2. Auflage sind die alle Lebensphasen und verschiedene pflegerische Settings thematisierenden Fallbeispiele sowie Vorschläge für zu bearbeitende Pflegediagnosen.
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Seitenzahl: 250
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Die Autorin
Dr. phil. Renate Fischer, Dipl.-Pflegepädagogin (FH), ist als stellvertretende Schulleiterin der Schule für Pflegeberufe am Bildungscampus Koblenz, Katholisches Klinikum Koblenz ⋅ Montabaur tätig.
Für Eberhard
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Zur leichteren Orientierung im Text:
2., erweiterte und überarbeitete Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
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ISBN 978-3-17-038338-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-038339-5
epub: ISBN 978-3-17-038340-1
mobi: ISBN 978-3-17-038341-8
Vor dem Hintergrund des neuen Pflegeberufegesetzes mit der entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ist Problemorientiertes Lernen (POL) als didaktisches und curriculares Konzept aktueller denn je! So ist es auch kein Zufall, dass genau zu diesem Zeitpunkt die zweite vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage des Buches »Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis« erscheint.
16 Jahre sind seit dem Ersterscheinungsjahr 2004 vergangen. Den Ursprung hatte das Buch seinerzeit in einer exzellenten Diplomarbeit im Fachbereich Gesundheit und Pflege, die von mir betreut wurde. In meinem Gutachten hatte ich damals formuliert: »Die Arbeit überzeugt in allen Teilen. Sie kann als Grundlagenarbeit zu Überlegungen systematischer Implementierung problemorientierten Lernens in die deutsche Pflegeausbildung betrachtet werden.«
Als die erste Auflage erschien, betrat die Pflegeausbildung mit der Abkehr von einem fächerstrukturierten Curriculum hin zu handlungs-, lernfeld- und kompetenzorientiertem Lehren und Lernen pädagogisch-didaktisches Neuland. Nun stand die pflegerische Handlung im Mittelpunkt, nicht mehr die Aneinanderreihung von Fächern. »Fälle« bildeten diese Handlungen curricular und didaktisch ab, das POL war zugleich curriculares, didaktisches und methodisches Konzept.
Mit dem Pflegeberufegesetz und den auf ihm basierenden Rahmenlehrplänen der Fachkommission auf Bundesebene findet dieser Ansatz seine konsequente Weiterführung im curricularen Rahmen einer generalistischen Ausbildung. Die zugrundeliegenden curricularen Konstruktionsprinzipien rücken Pflegeprozess und Pflegesituation absolut prominent in den Fokus. Aus bildungswissenschaftlicher Sicht ist dabei besonders anmerkenswert, dass es sich nicht nur um eine nochmals verschärfte Fokussierung auf Pflegeprozess und –situation handelt, sondern dass die Bedeutung gerade des »klassischen« didaktischen Prinzips der Exemplarik im Sinne der kategorialen Bildung nach Wolfgang Klafki eine unmittelbare und unverzichtbare Aktualität erfährt.
Frau Dr. Fischer beschreibt mit dieser zweiten Auflage diese Entwicklung theoretisch fundiert und zugleich absolut praxistauglich. Teil II des Buches ist quasi das historische Bindeglied zwischen 2004 und 2020, Teil III konkretisiert am Beispiel von zwölf problemorientierten Lerneinheiten Umsetzung bzw. Implementierung.
Liebe Leserinnen und Leser, vor Ihnen liegt ein Buch, dem ich schon jetzt mit großer Überzeugung prognostiziere, zu einem absoluten Standardwerk der pflegerischen Fachdidaktik zu werden. Machen Sie sich an die Arbeit der Umsetzung, damit können Sie einen wesentlichen Beitrag zu einer hochwertigen Ausbildungsqualität in der Pflege leisten.
Prof. Dr. phil. Susanne Schewior-Popp
Katholische Hochschule Mainz
Fachbereich Gesundheit und Pflege
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Ausbildung in der Pflege hat unlängst einen neuen gesetzlichen Rahmen erhalten. Aus drei ursprünglichen Berufen wird nun ein Beruf: der Beruf der Pflegefachfrau bzw. des Pflegefachmannes. Damit verbunden sind aber nicht nur eine neue Berufsbezeichnung, sondern erstmalig auch bundesweit anzuwendende Rahmenlehr- und Ausbildungspläne nach § 53 Pflegeberufegesetz. Die Veränderungen, die hier richtungweisend sind, dürfen sich jedoch nicht in formalen Aspekten erschöpfen. Sie müssen mit Inhalten gefüllt werden, welche die generalistische Pflege zukunftsweisend gestalten.
Die erste Auflage dieses Buches ist 2004 erschienen, unmittelbar nach Inkrafttreten des damals neuen Krankenpflegegesetzes von 2002 und angepasst an die damaligen Ausbildungsbedingungen. Die Frage ist nun, passt das Problemorientierte Lernen noch in die neue, generalistische Pflegeausbildung? Ich denke ja und vielleicht sogar besser als je zuvor. Problemorientiertes Lernen im Sinne des Problem-based-Learning-Konzepts ist exemplarisches Lernen, geht von konkreten Pflegesituationen aus, ist schüleraktives Lernen und eine handlungsorientierte Vermittlungsmethode – ganz im Sinne des Pflegeberufegesetzes und der Rahmenlehrpläne.
Problemorientiertes Lernen ist darüber hinaus ein Ansatz, der für sich beansprucht, viele Forderungen an zeitgemäße Vermittlungsmethoden in sich zu vereinen. Problemorientiertes Lernen versteht Lernen als das Resultat der aktiven Auseinandersetzung der Lernenden mit komplexen, praxisnahen Situationen. Situationen, die problembehaftet sind, die nicht aus der Routine bewältigt werden können und denen sich Pflegende im beruflichen Alltag täglich stellen müssen. Das vorliegende Buch richtet sich in erster Linie an Lehrer in den Berufen im Gesundheitswesen, insbesondere in der Pflegeausbildung. Es bietet ihnen sowohl einen theoretischen Begründungsrahmen als auch konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Methode, jeweils unter Berücksichtigung der individuellen Rahmenbedingungen. Auch bereits POL-erfahrene Kollegen finden hoffentlich noch Anregungen und Ideen, z. B. für die Erstellung von Fallbeispielen.
»Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis« ist im ersten Teil aus einer Diplomarbeit zum Thema »Chancen und Grenzen des problemorientierten Lernens am Beispiel des Hygieneunterrichts in der Pflegeausbildung« an der Katholischen Fachhochschule in Mainz entstanden. Frau Prof. Dr. Susanne Schewior-Popp, die die Arbeit betreut und eine Veröffentlichung angeregt hat, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Die Ergebnisse der Diplomarbeit sowie des damit verbundenen Praxisprojekts bildeten 2001 den Anstoß zur Implementierung des problemorientierten Lernens als ergänzende Methode in die Pflegeausbildung am Bildungscampus Koblenz. So sind Teil II und III des Buches aus den Erfahrungen entstanden, die mit der Einführung und Umsetzung der Methode in nunmehr 19 Jahren gewonnen wurden. »Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis« ist insofern als ein Prozess zu sehen, der ständig evaluiert und weiterentwickelt wurde und auch jetzt nicht als abgeschlossen betrachtet werden soll.
Mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die über so viele Jahre hinweg mit mir gemeinsam die Methode und ihre Umsetzungsvarianten immer wieder evaluiert, an sich verändernde Bedingungen angepasst und immer wieder neue Wege der Umsetzung gefunden haben: Der Leitung des Bildungscampus, die Innovationen stets unterstützt, den ehemaligen und aktuellen Auszubildenden, die über so viele Jahre hinweg mit uns die Methode immer wieder kritisch konstruktiv diskutiert haben und meinen Kollegen, die mir ihre bewährten Fallbeispiele für diese Veröffentlichung zur Verfügung gestellt haben. Euch und Ihnen allen ein herzliches Dankeschön!
Als Autorin wünsche ich mir Leserinnen und Leser, die sich mit den angesprochenen Inhalten kritisch auseinandersetzen und einen fachlichen Diskurs beginnen. Nur mit ihrer konstruktiven Rückmeldung kann es gelingen, die weitere Entwicklung problemorientierten Lernens in der Pflegeausbildung voran zu bringen.
Heilberscheid, im Frühjahr 2020
Renate Fischer
Geleitwort
Vorwort
Teil I: Problemorientiertes Lernen – Lerntheoretischer Begründungsrahmen und Umsetzungsmöglichkeiten einer Unterrichtsform
1 Problemorientiertes Lernen in der Berufsausbildung
1.1 Problemorientiertes Lernen als didaktische Grundorientierung
1.2 Problemlösendes Lernen in der Pflegeausbildung als wesentliche Qualifikation für die Zukunft
1.3 Konzept des lebenslangen Lernens
1.4 Vermittlung von Problemlösefähigkeit in der Ausbildung
1.5 Fazit
2 Problemorientiertes Lernen im Sinne des Problem-based-Learning-Konzepts
2.1 Geschichte des Problem-based Learning
2.2 Ziele des Problem-based Learning
2.3 Problemorientiertes Lernen nach niederländischem Vorbild
2.4 Enquiry-based-Learning im Pflegestudium an der englischen University of Southampton
2.5 Issue-based-Learning im Studiengang Sozialarbeit an der australischen University of New South Wales
2.6 Fazit
3 Implementierung von Problem-based Learning
3.1 POL-Projekt am Klinikum Neubrandenburg
3.2 Überlegungen zur Einführung von Problem-based Learning in die deutsche Pflegeausbildung
3.3 Fazit
4 Lerntheoretischer und didaktischer Begründungsrahmen problemorientierten Lernens
4.1 Konstruktivistische Ansätze in der Pädagogik
4.2 Kompetenzentwicklung und Schlüsselqualifizierung
4.3 Handlungsorientierter Unterricht
4.4 Fazit
5 Fallbeispiele – Schlüsselelement zum problemorientierten Lernen
5.1 Entwicklung von Fallbeispielen an der Harvard Medical School
5.2 Planung von problemorientierten Lerneinheiten und Entwicklung von Fallbeispielen in der Pflegeausbildung
5.3 Inhaltsentscheidungen bei der Gestaltung von Fallbeispielen
5.4 Fazit
6 Das Projekt »POL im Fach Hygiene und medizinische Mikrobiologie«
6.1 Vorbereitung der Unterrichtseinheit
6.2 Durchführung der Unterrichtseinheit
6.3 Auswertung der Unterrichtseinheit
6.4 Fazit
Teil II: Umsetzung problemorientierten Lernens in der generalistischen Pflegeausbildung
7 Problemorientiertes Lernen als komplementäre Methode
7.1 Problemorientiertes Lernen im Kontext der Rahmenlehrpläne nach § 53 Pflegeberufegesetz (PflBG)
7.2 Rahmenbedingungen für problemorientiertes Lernen in der Pflegeausbildung
7.3 Organisation problemorientierter Lerneinheiten in der Pflegeausbildung
7.4 Der »modifizierte Siebensprung« für die Pflegeausbildung
7.5 Lernerfolgskontrolle im problemorientierten Lernen
7.6 Prozessevaluation im problemorientierten Lernen
7.7 Entscheidungen, die mit der Einführung problemorientierten Lernens einhergehen
Teil III: Problemorientierte Lerneinheiten
8 Hinweise zur Anwendung der Unterrichtsbeispiele
8.1 Fallbeispiel
8.2 Einordnung in das Curriculum
8.3 Pflegediagnosen
8.4 Erwünschte Lernergebnisse
8.5 Zeitplanung
9 Unterstützung bei der Hilfsmittelversorgung im Zusammenhang mit dem Hören bei einem 70-jährigen Mann
9.1 Fallbeispiel
9.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
9.3 Lernergebnisse/Ressourcen
9.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
10 Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme am Beispiel eines 23-jährigen Mannes nach einem Skiunfall
10.1 Fallbeispiel
10.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
10.3 Lernergebnisse/Ressourcen
10.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
11 Postoperative Versorgung einer 75-jährigen Frau am Beispiel einer Hüftvollprothesen-Operation bei Koxarthrose
11.1 Fallbeispiel
11.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
11.3 Lernergebnisse/Ressourcen
11.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
12 Pflegerische Versorgung eines 62-jährigen Mannes mit chronischer Herzinsuffizienz
12.1 Fallbeispiel
12.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
12.3 Lernergebnisse/Ressourcen
12.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
13 Pflegerische Versorgung eines 3-jährigen Mädchens mit obstruktiver Bronchitis
13.1 Fallbeispiel
13.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
13.3 Lernergebnisse/Ressourcen
13.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
14 Beratung einer 76-jährigen Frau mit chronischen Obstipationsbeschwerden in der häuslichen Pflege
14.1 Fallbeispiel
14.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
14.3 Lernergebnisse/Ressourcen
14.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
15 MRSA-Sanierung am Beispiel einer 90-jährigen Bewohnerin mit demenzieller Erkrankung in der stationären Langzeitpflege
15.1 Fallbeispiel
15.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
15.3 Lernergebnisse/Ressourcen
15.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
16 Regionale Unterstützungsangebote für ältere Menschen
16.1 Fallbeispiel
16.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
16.3 Lernergebnisse/Ressourcen
16.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
17 Pflegerische Versorgung eines 2-jährigen Jungen mit akuter infektiöser Gastroenteritis
17.1 Fallbeispiel
17.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
17.3 Lernergebnisse/Ressourcen
17.4 Zeitplanung
18 Pflegerische Versorgung eines onkologisch erkrankten Menschen am Beispiel eines 51-jährigen Mannes mit einem Larynxkarzinom
18.1 Fallbeispiel
18.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
18.3 Lernergebnisse/Ressourcen
18.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
19 Gesundheitsförderung bei einer 34-jährigen Frau mit chronischer Niereninsuffizienz und Dialysetherapie
19.1 Fallbeispiel
19.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
19.3 Lernergebnisse/Ressourcen
19.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
20 Palliative Pflege am Beispiel einer 47-jährigen Frau mit Brustkrebs
20.1 Fallbeispiel
20.2 Einordnung in das Curriculum und Pflegediagnosen
20.3 Lernergebnisse/Ressourcen
20.4 Zeitplanung und Zusatzelemente
Literatur- und Quellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Problemorientiertes Lernen im Sinne des Problem-based Learning-Konzepts ist ein Ansatz, der seit vielen Jahren, ausgehend von der McMaster University im kanadischen Hamiliton/Ontario, international in der Hochschulausbildung etabliert ist. Seine Wurzeln hat das Problem-based-Learning-Konzept im Medizinstudium, wo es entwickelt wurde, um isoliertes, disziplinäres Wissen in eine interdisziplinäre Ausbildung zu integrieren, die Lernenden in selbstständiges Problemlösen einzuführen und gleichzeitig die Anwendung von Wissen und Können bereits im Lernprozess zu fördern (vgl. Klauser 1998, S. 273–274). Als erste europäische Universität übernahm die Medizinische Fakultät der Rijksuniversiteit Limburg in Maastricht 1979 das Konzept als zentrale Lernform.
Wie zahlreiche Veröffentlichungen zeigen, hat das Problem-based-Learning-Konzept auch in die pädagogische Diskussion hierzulande Einzug gehalten. Als Ansatz, dessen Grundannahmen, Zielformulierungen und Gestaltungsgrundsätze sowohl große Nähe zu aktuellen Themen der Berufsausbildung wie Kompetenzentwicklung, Schlüsselqualifizierung und Handlungsorientierung als auch zum Ansatz des konstruktivistischen Wissenserwerbs haben, scheint das Problem-based-Learning-Konzept eine Antwort auf vielfältige Probleme von Bildung und Ausbildung zu bieten (vgl. Klauser 1998, S. 275 und Kohler 1998, S. 10–18).
Traditionell gestaltete Lernumgebungen mit strukturorientiertem Vorgehen, strengen Fächergrenzen und Lernen als vorwiegend rezeptivem Prozess werden offensichtlich nicht mehr als geeignet angesehen, um Auszubildende auf eine Arbeitswelt vorzubereiten, in der die Halbwertszeit von Wissen stetig abnimmt und ein ständiger Wandel der situativen Herausforderungen stattfindet. Gefragt ist neben Kreativität, Flexibilität und Problemlösungsfähigkeit vor allem die Entwicklung von persönlichen und sozialen Kompetenzen. Diese Kompetenzen, davon wird ausgegangen, entwickeln sich im Besonderen durch problembezogenes, reflektierendes Lernen. Zudem fördert die selbstständige und multiperspektivische Auseinandersetzung mit Inhalten sowohl das Prinzip des lebenslangen Lernens als Voraussetzung, sich ein Berufsleben lang situativ auf die jeweils aktuellen Erfordernisse einzustellen, als auch die Fähigkeit zu Transferleistungen (vgl. Dohmen 1996, S. 3–4, Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000, S. 3–8).
Diese Ziele von Lernen und beruflicher Bildung sind in besonderem Maße auch für die Pflege von Bedeutung. Im Gesundheitswesen spiegeln sich die gesellschaftlichen Entwicklungen mit den Grenzen der Finanzierbarkeit des sozialen Systems und einer »zunehmende[n] Verdrängung gemeinwesenbezogener Werteorientierung« (Dohmen 1996, S. 2) besonders eindrücklich wider.
Auch die berufliche Pflege kann sich diesen Veränderungen nicht entziehen und gibt mit dem Bestreben, das pflegerische Handeln als einen eigenständigen Beitrag der Gesundheitsversorgung zu gestalten, Denkanstöße für eine Neuorientierung der Pflegeausbildung. Die Umstrukturierungen im Gesundheitswesen, der medizinische Fortschritt und die Weiterentwicklung der Pflegewissenschaft – hierzulande eingeleitet durch die Akademisierung der Pflege zu Beginn der 90er-Jahre – erfordern Pflegepersonen, die fähig sind, diese Veränderungen verantwortlich mitzugestalten. Dazu sind Kompetenzen, wie vorher beschrieben, und die Fähigkeit erforderlich, sich selbst Wissen anzueignen und dieses situationsbezogen einzusetzen (vgl. Bögemann-Großheim u. a. 1999, S. 4). Auch wenn der beruflichen Fort- und Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens hier ein hoher Stellenwert zukommt; die Grundlage dazu muss bereits in der Ausbildung geschaffen werden.
Teil I: Theoretische Grundlagen und Praxisprojekt
»Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis« besteht aus drei Teilen.
Teil I geht zunächst auf verschiedene Umsetzungsvarianten des problemorientierten Lernens im Sinne des Problem-based-Learning-Konzepts ein. Gestaltungsmöglichkeiten aus den Niederlanden, England, Australien sowie ein Implementierungsprojekt aus Deutschland werden vorgestellt und miteinander verglichen. Nachfolgend wird der Ansatz des problemorientierten Lernens in seinen lerntheoretischen und didaktischen Begründungsrahmen eingeordnet. Hierzu werden konstruktivistische Ansätze, handlungsorientierter Unterricht sowie Konzepte zur Kompetenzentwicklung und Schlüsselqualifizierung dargestellt und diskutiert. Im Anschluss an die theoretischen Vorüberlegungen erfolgt die Beschreibung eines POL-Projektes, welches im Rahmen der Diplomarbeit 2001 durchgeführt wurde. Das Projekt mit dem Thema »POL im Fach Hygiene und medizinische Mikrobiologie« wird in Vorbereitung, Durchführung und Evaluation dargestellt.
Teil II: Umsetzung des POL in der generalistischen Pflegeausbildung
Teil II des Buches analysiert zunächst die Rahmenbedingungen für problemorientiertes Lernen innerhalb der hiesigen Pflegeausbildung und im Kontext der Rahmenlehrpläne nach § 53 Pflegeberufegesetz. Nachfolgend wird dargestellt, wie POL unter den aktuellen Voraussetzungen an Pflegeschulen implementiert, geplant, umgesetzt und evaluiert werden kann.
Teil III: Praxiserprobte Fallbeispiele
Teil III ermöglicht es dem Leser, den Ansatz des problemorientierten Lernens in der eigenen Einrichtung auszuprobieren und umzusetzen. Er besteht aus 12 problemorientierten Unterrichtseinheiten, die an den Rahmenlehrplänen orientiert sind. Die POL-Lerneinheiten beinhalten größtenteils bereits praxiserprobte, aber nun an die generalistische Pflegeausbildung adaptierte Fallbeispiele, verbunden mit zu bearbeitenden Pflegediagnosen, erwarteten Lernergebnissen sowie Angaben zu Zeitmanagement und zu Zusatzelementen wie praktischen Übungen und Exkursionen.
Für die Fallbeispiele wurden Situationen mit zu pflegenden Menschen verschiedenster Altersgruppen und in unterschiedlichen Pflegesettings ausgewählt und in ihrer Komplexität an die jeweilige Ausbildungsphase angepasst.
Problem als Ausgangspunkt für Lernen
Der Begriff »problemorientiertes« oder »problemlösendes Lernen« wird international für unterschiedliche methodische Ansätze verwendet. Allen gemeinsam ist, dass der Ausgangspunkt für das Lernen ein Problem ist, welches von den Lernenden in Gruppen- und/oder selbstständiger Arbeit bearbeitet wird. Das jeweilige zu bearbeitende Problem wird in Form eines Fallbeispiels geschildert. Ein solches Fallbeispiel oder eine Situationsbeschreibung kann sowohl als schriftlich geschilderter Fall als auch in Form z. B. eines Videoclips, einer CD-ROM oder in einer anderen beliebigen Form vorliegen. Problemorientiertes Lernen ist aktives Lernen und hat zum Ziel, bei den Lernenden einen Erkenntnisprozess herbeizuführen.
Problem-Begriff
Um sich dem Ansatz des problemorientierten Lernens nähern zu können, muss zunächst geklärt werden, wodurch ein Problem gekennzeichnet ist. Dörner spricht von einem Problem, wenn ein Individuum »sich in einem inneren oder äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht für wünschenswert hält, aber im Moment nicht über die Mittel verfügt, um den unerwünschten Zustand in den wünschenswerten Zielzustand zu überführen« (Dörner 1987, S. 10).
Ein Problem ist für ihn gekennzeichnet durch drei Faktoren:
• unerwünschter Ausgangszustand,
• erwünschter Zielzustand und
• eine Barriere, die die Transformation vom Ausgangs- in den Zielzustand verhindert.
Damit grenzt Dörner den Unterschied zwischen Problemen undAufgaben insofern ab, als dass er Aufgaben als »geistige Anforderungen, für deren Bewältigung Methoden bekannt sind« (ebd., S. 10), definiert. Die Vorerfahrungen einer Person bestimmen demnach, was für sie ein Problem und was eine Aufgabe ist. Aus dieser Sicht ergibt sich, dass manche Sachverhalte für eine Person ein Problem darstellen, für eine andere lediglich eine Aufgabe sind (vgl. ebd., S. 10–11).
Werning und Kriwet differenzieren Probleme weiter in »prinzipiell lösbare«und »prinzipiell unlösbare«Probleme. Prinzipiell lösbare Probleme haben eine Lösung; prinzipiell unlösbare Probleme stellen die mit dem Problem konfrontierte Person vor die Situation, dass intensives Nachdenken über das Problem zu unterschiedlichen und widersprüchlichen Antworten führt. Dadurch benötigen diese Art Probleme die Entscheidung der mit der Problembearbeitung konfrontierten Person (vgl. Werning und Kriwet 1999, S. 7).
Die Problemorientierung als didaktische Grundorientierung wird von Kohler in Anlehnung an weitere Autoren so verstanden, »dass Problem- und Strukturorientierung zusammen eine Art polares Begriffspaar bilden« (Kohler 1998, S. 22) und somit Gegensätze darstellen. Ausgangspunkt für den Lernprozess beim problemorientierten Lernen bildet ein »komplexes, interessantes und intrinsisch motivierendes Problem« (ebd., S. 23), welches, angelehnt an Dewey, in einem mehrstufigen Vorgehen bearbeitet wird und in der Prüfung der erarbeiteten Lösung endet. Konträr dazu beziehen sich strukturorientierte Lernbedingungen auf die Struktur der jeweiligen Disziplin. Kohler sieht strukturorientierte Lernbedingungen für geeignet an, wenn es große Stoffmengen zu bewältigen gilt oder Lernende sich einen ersten Einblick in ein Thema in kurzer Zeit verschaffen wollen. Problemorientiertes Lernen dagegen eignet sich mehr für ein exemplarisches, entdeckendes und in die Tiefe gehendes Lernen, exemplarisches Lernen (vgl. ebd., S. 23–26).
Übersicht 1: Problemorientiertes Lernen und strukturorientiertes Lernen als polare Gegensätze
These von Werning und Kriwet
Die Frage, warum in der (allgemeinbildenden) Schule problemlösend gelernt werden sollte, lässt sich mit der Aussage von Werning und Kriwet beantworten, die verdeutlicht, dass problemlösendes Lernen die wesentliche Qualifikation für die Zukunft überhaupt ist. Werning und Kriwet begründen ihre These damit, dass die wirklich wichtigen Fragestellungen der Zukunft prinzipiell unlösbare Probleme darstellen, welche Entscheidungen erfordern, und dass Jugendliche in der Schule auf die »Komplexität und Offenheit ihrer Lebenswirklichkeit« (Werning und Kriwet 1999, S. 8) vorbereitet werden müssen. Der Umgang mit Problemen sei durch den Umgang mit Unsicherheit gekennzeichnet; und genau diese Tatsache betrachten die Autoren als den Bildungswert des problemlösenden Lernens (vgl. ebd., S. 7–8).
Unlösbare Probleme erfordern problemlösendes Lernen
Diese Überlegungen lassen sich gewissermaßen auf die Pflegeausbildung übertragen. Auch das gesamte Gesundheitswesen in Deutschland ist von prinzipiell unlösbaren Problemen im Sinne von Werning und Kriwet gekennzeichnet, die sich auf die Pflege auswirken und denen die Ausbildung Rechnung tragen muss. Zu nennen ist hier z. B. das Problem der zunehmenden Anzahl multimorbider alter Menschen, welches sowohl durch die höhere Lebenserwartung als auch durch den medizinischen Fortschritt bedingt ist. In Anbetracht dessen, dass die Kosten für die medizinische Behandlung von Menschen im Alter von über 80 Jahren fast sieben Mal so hoch sind als bei der Altersgruppe unter zwanzig (vgl. Wolf 2000, S. 113), gleichzeitig aber sowohl von Versicherten als auch von den Kostenträgern Beitragsstabilität gefordert wird, werden hier in näherer Zukunft Entscheidungen anstehen, die die Pflege letztlich mittragen muss. Konkrete Entscheidungen über im Grunde unlösbare Probleme werden von den Pflegenden, egal ob in der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege tätig, aber ebenso in der täglichen Praxis gefordert, wenn beispielsweise wegen knapper Zeit- und Personalressourcen den Patientenbedürfnissen nur eingeschränkt Rechnung getragen werden kann. Auch der Wissenszuwachs in der Pflege, bedingt durch die Akademisierung und die damit einhergehende Forschung, stellen wachsende Anforderungen an die Pflegenden; sich vergrößernde Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis fordern Pflegepersonen begründete Entscheidungen ab.
Definition: Gefragt ist, so Stark u. a., nicht die routinemäßige Verrichtung angeordneter Tätigkeiten, sondern die Fähigkeit:
• die gestellten Aufgaben erfolgreich zu bewältigen,
• wiederkehrende Aufgaben möglichst ökonomisch zu erledigen und
• neu sichtbar werdenden Problemen gewachsen zu sein.
Stark u. a. bezeichnen diese Fähigkeit als Handlungskompetenz (vgl. Stark u. a. 1995, S. 291).
Der rasche Wissenszuwachs in Pflege und Medizin zieht einerseits die schnelle Veralterung von Wissen nach sich, andererseits aber auch die immer stärkere Forderung nach Evidenz-basierter Medizin und Pflege. Die Ausbildung in den Pflegeberufen muss diese Entwicklungen berücksichtigen und die zukünftigen Berufsangehörigen darauf vorbereiten, sich mit »prinzipiell unlösbaren Problemen« adäquat auseinander zu setzen; nicht nur während ihrer Ausbildung, sondern ein Berufsleben lang. Damit ist problemlösendesLernenein Zugangsweg zum Konzept des lebenslangenLernens.
In unserer Zeit wirken in kürzeren Abständen immer mehr Informationen auf den Menschen ein. Aus einer Flut an Informationen müssen ständig neue, relevante Aspekte ausgewählt und geprüft werden, bevor sie internalisiert und verwendet werden. Auch die in einer Berufsausbildung erworbenen Fähigkeiten reichen nicht für ein ganzes Berufsleben aus. Sie bedürfen der ständigen Auffrischung und Ergänzung (vgl. Seyd 1994, S. 23).
Seyd zeigt an den Ausführungen verschiedener Autoren auf, dass es wenig sinnvoll ist, »den Lebenslauf in einen Lern- und einen Arbeitsabschnitt zu zerlegen« (ebd., S. 23); stattdessen sollten Lern- und Arbeitsphasen einander abwechseln. Schließlich hängt die Lernfähigkeit des Menschen weniger von seinem Alter ab als vom Lerngegenstand, vom Interesse des Lernenden, von der Übung, von intellektuellen Fähigkeiten, von den vorhandenen Vorkenntnissen und besonders von seiner Motivation (vgl. ebd., S. 22–23). Dohmen sieht das lebenslange Lernen als eine natürliche Grundfunktion menschlichen Lebens. »Ohne ständiges Lernen kann der Mensch in einer komplexen, instabilen Welt nicht als selbst denkendes, sein Verhalten selbst regulierendes und das gemeinsame Ganze verantwortlich mitgestaltendes Wesen überleben« (Dohmen 1996, S. 5). Der schnelle Wandel der situativen Herausforderungen erfordere lebenslanges Lernen, dessen Förderung eine zentrale Aufgabe aller Bildungsinstitutionen sei. Deshalb betrachtet Dohmen die Förderung des selbstständigen, kompetenzentwickelnden Lernens als Zentrum aller vorhandenen Ansätze und Konzepte der Bildungspolitik. Für ihn steht in erster Linie die Entwicklung der für Problemlösungen notwendigen Kompetenzen wie Analyse-, Interpretations- und Integrationsfähigkeit im Vordergrund. Diese Kompetenzen entwickeln sich vor allem durch problembezogen-reflektierendes Lernen (vgl. ebd., S. 1–6).
Memorandum der Kommission der EG
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat im Oktober 2000 ein Memorandum über lebenslanges Lernen veröffentlicht. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Lissabon wurde festgestellt, dass Europa sich auf dem Weg in das Zeitalter des Wissens befindet und dass dies Konsequenzen für das kulturelle, soziale und wirtschaftliche Leben nach sich zieht, die eine Änderung eingefahrener Handlungsmuster erforderlich machen. Es wird bekräftigt, dass der »erfolgreiche Übergang zur wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft mit einer Orientierung zum lebenslangen Lernen einhergehen muss« (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000, S. 3). Lebenslanges Lernen soll zum Grundprinzip werden, an dem sich Lernen in allen Kontexten ausrichtet, damit alle Europäer gleiche Chancen haben, an der Gestaltung der Zukunft Europas mitzuwirken (vgl. ebd., S. 3).
Für die hohe Priorität, die dem lebenslangen Lernen eingeräumt wird, werden zwei Gründe angegeben:
1. Der Zugang zu aktuellen Informationen und aktuellem Wissen sowie die Motivation und Befähigung zur Nutzung dieser Ressourcen sind der Schlüssel zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Verbesserung von Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte.
2. Europäer leben in einem komplexen sozialen und politischen Umfeld und müssen lernen, mit kultureller, ethnischer und sprachlicher Vielfalt umzugehen. Bildung ist der Schlüssel, diesen Herausforderungen zu begegnen (vgl. ebd. S. 5–6).
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften formuliert sechs Grundbotschaften zum lebenslangen Lernen. Botschaft Nr. 3 ist die Innovation in den Lehr- und Lernmethoden mit dem Ziel, »effektive Lehr- und Lernmethoden und -kontexte für das lebenslange und lebensumspannende Lernen zu entwickeln« (ebd. S. 16). Gefordert wird diesbezüglich, die pädagogischen Fähigkeiten der Lehrenden anzupassen und auf ihre zukünftige Berufsrolle als Berater, Mentoren und Vermittler vorzubereiten. Eine Grundqualifikation von Pädagogen soll zukünftig sein, Lernende zu unterstützen, ihr Lernen selbst in die Hand zu nehmen, sowie offene, partizipative Lehr-/Lernmethoden zu entwickeln und diese zu praktizieren (vgl. ebd., S. 16–17).
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann in Bezug auf die Pflegeausbildung gesagt werden, dass hier die Chance besteht, die Grundlagen für ein lebenslanges Lernen zu schaffen. Wenn die Fähigkeiten dazu u. a. von den vorhandenen Vorkenntnissen und von der Motivation des Lernenden abhängig sind, dann muss es ein Ziel der Ausbildung sein, neben der Vermittlung von Vorkenntnissen eben diese Motivation zum Lernen zu fördern. Dies entspricht den Forderungen der Europäischen Gemeinschaften, die darüber hinaus einen Wandel von der traditionellenLehrerrollehin zumLernberater postulieren. Es müssen also Unterrichtsformen gefunden werden, die neben der umfassenden Wissensvermittlung das Interesse am Lernen wecken und Schüler zur selbstständigen Arbeit befähigen. Problemlösendes Lernen wird als ein geeigneter Ansatz zum Erwerb beruflicher Kompetenzen betrachtet.
Untersuchungen zur Vermittlung von Problemlösefähigkeiten
Wenn Problemlösefähigkeit als eine wichtige und zukunftsorientierte berufliche Fähigkeit angesehen wird, ergibt sich die Frage, wie diese vermittelt werden kann. Zwei empirische Untersuchungen von Stark u. a. und Kohler haben sich mit der Frage beschäftigt, durch welche Herangehensweise an Problemlöseaufgaben die besten Ergebnisse bei Lernenden zu erzielen sind.
»Wie kann Handlungskompetenz erreicht werden?«
Stark u. a. sind mit einer Studie der Frage nachgegangen, durch welche Faktoren Handlungskompetenz gefördert werden kann. Sie gehen davon aus, dass die »oft abstrakte und künstlich systematisierte Form der Wissensvermittlung« (Stark u. a. 1995, S. 293) der Komplexität des Alltags oft nicht gerecht wird und problemorientiertes Lernen eine Möglichkeit bietet, Handlungskompetenz zu fördern. Weiterhin vertreten die Autoren, angelehnt an die Cognitive-Flexibility-Theorie ( Kap. 4.1.2), die Ansicht, dass die Problemlösungsfähigkeit verbessert werden kann, indem Probleme in verschiedenen Kontexten bearbeitet werden (vgl. ebd., S. 293).
Basierend auf diesen Voraussetzungen untersuchten sie mithilfe einer computerunterstützten Simulation an 60 Berufsschülern, ob die Vorgabe multipler Lernkontexte geeignet ist, Handlungskompetenz zu fördern. Gleichzeitig sollte überprüft werden, ob »eine mit der Darbietung multipler Lernkontexte verbundene Komplexitätserhöhung ein erhöhtes Ausmaß an instruktionaler Unterstützung der Lernenden (hier in Form geleiteten Problemlösens) notwendig macht« (ebd., S. 291). Neuere Befunde aus der Instruktionspsychologie weisen darauf hin, dass das Lernen anhand komplexer Probleme nicht selten zur Überforderung der Lernenden führt (vgl. ebd., S. 294).
Ergebnisse
Die Studie ergab, dass Schüler mit multiplen Lernkontexten ohne zusätzliche instruktionale Unterstützung die schlechtesten Problemlösefähigkeiten aufwiesen. Die besten Problemlösefähigkeiten erzielten Schüler, die bei der Bearbeitung multipler Lernkontexte durch geleitetesProblemlösen unterstützt wurden. Beim Erwerb handlungsrelevanten Sachwissens erwiesen sich multiple Lernkontexte als ungünstig; die besten Ergebnisse erreichten hier die Schüler, die mit uniformen Lernkontexten konfrontiert wurden. Bei den Transferaufgaben erzielten die Schüler, die sich mit uniformen Lernkontexten auseinanderzusetzen hatten und dabei instruktional unterstützt wurden, die besten Ergebnisse (vgl. ebd., S. 304–308).
Ähnliche Ergebnisse können bei Kohler beobachtet werden, die den Einfluss von problemorientierten Texten auf die Problemlösefähigkeiten von Schülern untersuchte. In ihren Untersuchungen waren die Leser eines problemorientiert gestalteten Textes bei Problemlöseaufgaben den strukturorientiert instruierten Schülern überlegen. Anders als bei Stark waren die problemorientiert instruierten Schüler den strukturorientiert instruierten Schülern jedoch auch bei der Lösung von Kenntnisaufgaben nicht unterlegen (vgl. Kohler 1999, S. 245).
Merke: Aus den beiden Untersuchungen zur Problemlösefähigkeit von Schülern ergeben sich Hinweise darauf, dass die Präsentation multipler Kontexte in Problemaufgaben zu verbesserten Problemlösefähigkeiten führen kann. Um eine Überforderung der Schüler zu vermeiden und die Aufgaben erfolgreich zu bewältigen, ist eine instruktionale Unterstützung der Lernenden unbedingt von Vorteil.
Problemlösendes Lernen kann als wesentliche Qualifikation für die Zukunft, besonders auch für die Zukunft der Ausbildung in pflegerischen Berufen betrachtet werden. Die Tätigkeit im Gesundheitswesen ist gekennzeichnet von einem rasanten Wissenszuwachs und dem damit gleichzeitig einhergehenden immer schnelleren Veralten von Wissen. Daher steht für die Ausbildung weniger die Anhäufung von Faktenwissen im Vordergrund als vielmehr die EntwicklungberuflicherHandlungskompetenz. Berufliche Handlungskompetenz zeichnet sich durch die Fähigkeit der Berufsangehörigen aus, wiederkehrende Aufgaben möglichst ökonomisch zu erledigen und neu auftretenden Problemen gewachsen zu sein. Darüber hinaus muss festgestellt werden, dass auf Grund der beschriebenen Entwicklungen der Lernprozess nach der Ausbildung nicht beendet ist, sondern lebenslang andauert. Auszubildende müssen demnach nicht nur Handlungskompetenz erwerben, sondern auch die Fähigkeit und Motivation zum lebenslangen Lernen. Problemorientiertes Lernen, betrachtet als polarer Gegensatz zum herkömmlichen strukturorientierten Vorgehen, ist eine Methode, welche die Umsetzung eben dieser Ziele verfolgt.
Da Problem-based Learning übersetzt zwar »problemorientiertes Lernen« bedeutet, wie aus den Ausführungen in Kap. 4 hervorgeht, jedoch nicht mit »problemorientiertem Lernen« insgesamt gleichzusetzen ist, wird im Folgenden von »problemorientiertem Lernen im Sinne des Problem-based Learning« gesprochen.
Definition: Wilkie (2000) definiert Problem-based Learning (PBL) als eine Unterrichtsmethode, bei der die Studierenden in Kleingruppen arbeiten, mit dem Ziel, Wissen und Problemlösungsfähigkeiten zu erwerben.
Charakteristika von PBL
Ein wesentliches Charakteristikum von PBL ist, dass den Studierenden das Problem vorgestellt wird, bevor dasHintergrundwissenerarbeitet ist; dieses Merkmal unterscheidet PBL von herkömmlichen Problemlösungsansätzen. Als zweites Kennzeichen des PBL wird das zu bearbeitende Problem in einem Kontext dargestellt, der Situationen nahekommt, in denen die Studierenden in der Praxis mit einem solchen oder ähnlichen Problem konfrontiert werden könnten (vgl. Wilkie 2000, S. 11). Mit der Methode des PBL erhalten Studierende Gelegenheit, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen und die zum Selbststudium notwendigen Fertigkeiten zu erwerben. Außerdem soll das Lernen so viel Freude bereiten, dass die zukünftigen Berufsangehörigen motiviert sind, den Lernprozess lebenslang fortzusetzen. Ausgestattet mit der Motivation und den Fertigkeiten zum lebenslangen Lernen sollen die Auszubildenden auf die Weiterentwicklung in den multidisziplinären Gesundheitsdienstleistungen des 21. Jahrhunderts vorbereitet werden (vgl. Bourns und Glen 2000, S. 4).
McMaster University in Kanada