Raumkreuzer in Doppelmission: Zwei Science Fiction Romane - Alfred Bekker - E-Book

Raumkreuzer in Doppelmission: Zwei Science Fiction Romane E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Romane: Höllenplanet (Alfred Bekker) Im Tempel der alten Sternengötter (Mara Laue) Rena Sunfrost blickte auf den großen Panoramabildschirm auf der Brücke des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER. Eine braune Kugel mit mehreren blauen bis blaugrünen Flecken tauchte dort auf. Das war Genet, der zweite Planet des Aurelis-Systems. Vor etwa drei Stunden war die STERNENKRIEGER aus dem Sandström-Raum ausgetreten und hatte seitdem abgebremst. »Captain, ein Funkspruch aus Future City auf Genet trifft ein«, meldete Lieutenant David Kronstein, der Kommunikations- und Ortungsoffizier. Rena atmete tief durch. »Auf den Schirm damit!« »Aye, Captain.« Das Gesicht eines hageren, bärtigen Mannes, dessen schwarzes Haar zu einem Zopf zusammengefasst war, erschien auf dem Schirm. Rena erhob sich vom Sitz des Kommandanten. »Ich bin Commander Rena Sunfrost, Captain des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER. Wir befinden uns auf Patrouillenflug im Aurelis-System, um Ihre Sicherheit vor eventuellen Angriffen der Qriid zu gewährleisten.« Ein kaltes Lächeln huschte über das Gesicht ihres Gegenübers. »Ich bin Jurij R. Zaid, gewählter Lordmanager der Genetiker-Föderation und damit oberster Repräsentant der Systeme Aurelis, Epikur und Einstein. Ich fordere Sie auf, das Aurelis-System umgehend zu verlassen. Falls Sie dieser Anordnung nicht Folge leisten, sehen wir uns gezwungen, Gewalt anzuwenden.«

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Mara Laue, Alfred Bekker

Raumkreuzer in Doppelmission: Zwei Science Fiction Romane

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Inhaltsverzeichnis

Raumkreuzer in Doppelmission: Zwei Science Fiction Romane

Copyright

Die Mission

Höllenplanet

Mission Space Army Corps 4: Im Tempel der Alten Sternengötter

Roman

Übersicht über die Serie Chronik der Sternenkrieger

Raumkreuzer in Doppelmission: Zwei Science Fiction Romane

von Alfred Bekker, Mara Laue

Dieser Band enthält folgende Romane:

Höllenplanet (Alfred Bekker)

Im Tempel der alten Sternengötter (Mara Laue)

Rena Sunfrost blickte auf den großen Panoramabildschirm auf der Brücke des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER.

Eine braune Kugel mit mehreren blauen bis blaugrünen Flecken tauchte dort auf. Das war Genet, der zweite Planet des Aurelis-Systems.

Vor etwa drei Stunden war die STERNENKRIEGER aus dem Sandström-Raum ausgetreten und hatte seitdem abgebremst.

»Captain, ein Funkspruch aus Future City auf Genet trifft ein«, meldete Lieutenant David Kronstein, der Kommunikations- und Ortungsoffizier.

Rena atmete tief durch. »Auf den Schirm damit!«

»Aye, Captain.«

Das Gesicht eines hageren, bärtigen Mannes, dessen schwarzes Haar zu einem Zopf zusammengefasst war, erschien auf dem Schirm.

Rena erhob sich vom Sitz des Kommandanten. »Ich bin Commander Rena Sunfrost, Captain des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER. Wir befinden uns auf Patrouillenflug im Aurelis-System, um Ihre Sicherheit vor eventuellen Angriffen der Qriid zu gewährleisten.«

Ein kaltes Lächeln huschte über das Gesicht ihres Gegenübers. »Ich bin Jurij R. Zaid, gewählter Lordmanager der Genetiker-Föderation und damit oberster Repräsentant der Systeme Aurelis, Epikur und Einstein. Ich fordere Sie auf, das Aurelis-System umgehend zu verlassen. Falls Sie dieser Anordnung nicht Folge leisten, sehen wir uns gezwungen, Gewalt anzuwenden.«

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER A. PANADERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Die Mission

Vier Science Fiction Romanserien - ein Kosmos!

CHRONIK DER STERNENKRIEGER - die kontinuierlich fortlaufende SF-Serie über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger. Bislang 47 Romane.

CHRONIK DER STERNENKRIEGER EXTRA - Extra-Romane und Stories aus dem Sternenkrieger-Universum. Bislang 4 Titel.

COMMANDER REILLY - das kontinuierlich fortlaufende Prequel über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger unter seinem ersten Kommandanten. Bislang 22 Romane.

MISSION SPACE ARMY CORPS - Romane aus dem Sternenkrieger Kosmos über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger und anderer Schiffe des Space Army Corps der Humanen Welten in den Weiten der Galaxis. Mehr als 30 Titel in Vorbereitung.

Im Verlauf des 23.Jahrhunderts wird die Menschheit durch Angriffe aggressiver Alien-Zivilisationen bedroht. Die Raumschiffe des Space Army Corps stellen sich diesen Bedrohungen entgegen und erforschen die Weite des Alls.

Höllenplanet

Chronik der Sternenkrieger 7

von Alfred Bekker

Ein CassiopeiaPress E-Book

Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Grüne Hölle“.

© 2005,2008,2012 by Alfred Bekker

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)

www.AlfredBekker.de

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Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.

In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...

Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.

>+++<

Rena Sunfrost blickte auf den großen Panoramabildschirm auf der Brücke des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER.

Eine braune Kugel mit mehreren blauen bis blaugrünen Flecken tauchte dort auf. Das war Genet, der zweite Planet des Aurelis-Systems.

Vor etwa drei Stunden war die STERNENKRIEGER aus dem Sandström-Raum ausgetreten und hatte seitdem abgebremst.

»Captain, ein Funkspruch aus Future City auf Genet trifft ein«, meldete Lieutenant David Kronstein, der Kommunikations- und Ortungsoffizier.

Rena atmete tief durch. »Auf den Schirm damit!«

»Ave, Captain.«

Das Gesicht eines hageren, bärtigen Mannes, dessen schwarzes Haar zu einem Zopf zusammengefasst war, erschien auf dem Schirm.

Rena erhob sich vom Sitz des Kommandanten. »Ich bin Commander Rena Sunfrost, Captain des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER. Wir befinden uns auf Patrouillenflug im Aurelis-System, um Ihre Sicherheit vor eventuellen Angriffen der Qriid zu gewährleisten.«

Ein kaltes Lächeln huschte über das Gesicht ihres Gegenübers. »Ich bin Jurij R. Zaid, gewählter Lordmanager der Genetiker-Föderation und damit oberster Repräsentant der Systeme Aurelis, Epikur und Einstein. Ich fordere Sie auf, das Aurelis-System umgehend zu verlassen. Falls Sie dieser Anordnung nicht Folge leisten, sehen wir uns gezwungen, Gewalt anzuwenden.«

*

Ganz schön dreist der Kerl, ging es Rena durch den Kopf.

»Sie vergessen da offenkundig ein paar wesentliche Dinge«, erklärte Rena. »Nach den Gesetzen der Humanen Welten muss ein Schiff des Space Army Corps vor Durchführung einer Mission die betroffene planetare Administration nur unterrichten, aber keineswegs um Erlaubnis fragen. Die Befehlsbefugnis liegt ausschließlich beim Humanen Rat und damit beim Flottenoberkommando. Wenn Sie also Einwände gegen unsere Mission vorzubringen haben, sollten Sie sich dorthin wenden.«

»Wie ich sehe, hat man Sie vor Ihrem Einsatz gut gebrieft«, erwiderte Jurij Zaid.

»Ich werde Ihnen noch mehr sagen, was Ihnen nicht gefallen wird, Mister Zaid.«

»Ich bin gespannt, Commander.«

»Sie sind noch nicht einmal eine Instanz, mit der ich offiziell reden muss. Schließlich gilt meine Informationspflicht nur für die offiziellen Mitgliedsregierungen der Humanen Welten.«

»Was Sie nicht sagen!« Zaid verzog das Gesicht.

»Sie wissen so gut wie ich, dass lediglich die Systemregierungen von Aurelis, Epikur und Einstein diesen Status innehaben. Die Genetiker-Föderation ist ein inoffizieller Zusammenschluss, der keine Rechtsverbindlichkeit hat – ähnliches gilt vom Amt eines Lordmanagers.«

»Betreiben Sie keine Haarspalterei, Commander«, erwiderte Zaid. »Da ich gleichzeitig der Vorsitzende des regierenden Wissenschaftsrates des Aurelis-Systems bin, dürfte es wohl keine Schwierigkeit für Sie sein, mit mir zu reden, ohne dass Sie dadurch die Ihnen gegebenen Direktiven verletzten.«

Rena zuckte mit den Schultern. »Ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen zu einem Meinungsaustausch an einem Ort Ihrer Wahl zu treffen. Aber was Ihre Forderung betrifft, nach der wir das System zu verlassen haben, kann ich Ihnen nur sagen, dass ich keine Möglichkeit sehe, dies zu verhandeln. Unsere Anwesenheit im Aurelis-System steht nicht zur Diskussion.«

Ein spöttischer Zug erschien jetzt um die Mundwinkel ihres Gegenübers. »Sie glauben doch nicht wirklich an einen bevorstehenden Angriff der Qriid auf Aurelis.«

Ich hasse diese Spielgefechte, dachte Rena. Es hat schon seinen Grund, dass ich Captain eines Raumschiffs geworden bin und nicht etwa Diplomatin!

»Das zu beurteilen obliegt anderen«, erklärte sie.

»Sie weichen meinem Argument aus, Commander Sunfrost.«

»Ich habe alles gesagt, was es zu sagen gibt«, erwiderte die Kommandantin der STERNENKRIEGER kühl.

Zaid lachte kurz und heiser auf. »Die Qriid sind doch wieder auf dem Rückzug. Erst wurde Wega zurückerobert, jetzt hört man, dass sie sich aus dem New-Hope-System zurückgezogen haben – und Sie wollen mir weismachen, dass uns Gefahr durch einen Angriff der Vogelköpfe droht?«

Was er sagte, entsprach tatsächlich der allgemeinen Lage.

Nachdem das Heilige Imperium der vogelartigen Qriid zunächst mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Humanen Welten angegriffen hatte, war das Vorrücken der Aggressoren jetzt zum Stillstand gekommen.

»Dann werde ich Ihnen erklären, weshalb der Humane Rat Sie hierher geschickt hat«, fuhr Zaid fort. »Oder sollte ich namentlich Admiral Raimondo erwähnen? Ihre Aufgabe ist es, uns militärisch einzuschüchtern!«

Wo du Recht hast, hast du Recht, dachte Rena. Mochte die gegenwärtige Mission der STERNENKRIEGER auch offiziell nur eine Routine-Patrouille sein, so hatte Sunfrost natürlich erkannt, dass es darum ging, im wichtigsten System der so genannten Genetiker-Föderation im wahrsten Sinn des Wortes Flagge zu zeigen.

*

Die Gesetzgebung der Humanen Welten im Hinblick auf genetische Manipulationen – insbesondere des menschlichen Erbgutes – war theoretisch eindeutig. Eine Menschenzüchtung nach Kosten/Nutzen-Erwägungen sollte vermieden werden.

Die Gentechnik war zum therapeutischen Gebrauch bei der Heilung von Krankheiten legal, nicht aber, um Menschen mit besonderen Eigenschaften für spezielle Aufgaben heranzuzüchten: Klon-Soldaten, die physisch besonders widerstandsfähig waren und so schnell heranwuchsen, dass sie während eines Krieges die Verluste schnell ersetzen konnten; Arbeiter für Extremwelten, auf denen aber wichtige Mineralien abgebaut wurden; die Züchtung von Klonen, die lediglich als Organ-Ersatzteillager ihrer Originale dienten…

Dieses und Ähnliches wurde von der Mehrheit der Menschen als unethisch angesehen. Solche – biotechnisch machbaren – Auswüchse verstießen gegen die Menschenwürde und damit gegen eines der Fundamente, auf denen auch die Verfassung der Humanen Welten ruhte.

In jenen drei Systemen, die sich vor kurzem zur inoffiziellen Genetiker-Föderation zusammengeschlossen hatten, sah man diese Fragen sehr viel liberaler. Schleichend hatte man sich seit Jahrzehnten von dem im Rest der Humanen Welten etablierten Standard in Fragen der Gentechnik entfernt. Genet – die mit ihrer Einwohnerzahl von etwa 9 Milliarden Menschen wichtigste Welt der Genetiker-Föderation – war seit langem ein Ort, an dem Reiche und Superreiche sich medizinische Leistungen oder Hilfe bei der Zeugung von Nachwuchs mit Eigenschaften nach Wunsch kauften. Ein wichtiger Teil des Bruttoplanetarprodukts wurde mit diesen Dienstleistungen erwirtschaftet. Genet – benannt nach Frank Genet, dem Captain des ersten Raumschiffs, das die Sonne Aurelis erreicht hatte – war zu einem der reichsten Planeten innerhalb der Humanen Welten geworden. Der Übergang von therapeutischen und lebensverlängernden Eingriffen bis hin zu menschenverachtenden Manipulationen, die den Menschen auf einen Zweck reduzierten, war dabei fließend. War Ersteres noch legal, so verstieß Letzteres eindeutig gegen die Gesetze der Humanen Welten. Die Behörden des Aurelis-Systems dachten jedoch gar nicht daran, in diesen Fällen eine Strafverfolgung zu unterstützen, geschweige denn, sie selbst in Gang zu setzen.

Vor einigen Wochen hatten die drei Systeme Epikur, Aurelis und Einstein nun auch offiziell erklärt, dass sie die Genetik-Gesetze der Humanen Welten nicht mehr als bindend betrachteten. Offenbar hatten die Genetiker damit kalkuliert, dass der Humane Rat nicht eingriff, solange ihm auf Grund der Qriid-Gefahr das Wasser buchstäblich bis zum Hals stand.

Jetzt hatte sich die militärische Lage etwas entspannt – und die nötigen Machtmittel waren frei.

Im Rat debattierte man darüber, den Genetikern ein Ultimatum zu stellen.

Die Wogen schlugen dabei hoch. Manche Redner waren der Meinung, dass man den Genetikern dieses Maß an innerer Autonomie zugestehen sollte, andere warnten, dass die Aufgabe einer gemeinsamen Rechtsgrundlage mit Sonderregelungen in drei Systemen der Anfang vom Ende der Humanen Welten als politische Einheit wäre. Wieder andere sahen in der Zuspitzung dieses Streits – in dem es nur vorgeblich um die Autonomie von drei Systemen ging – eine willkommene Möglichkeit, die Gentechnik-Gesetze im gesamten Bereich der Humanen Welten in der bestehenden Form zu kippen und letztlich zu liberalisieren. Diese Linie verfolgten vor allem die Lobbyisten von TR-Tec, dem von Ted Reich gegründeten Biokonzern, der die Politik der Genetiker-Föderation maßgeblich aus dem Hintergrund heraus bestimmte und sich eine gigantische Steigerung seiner Gewinne versprach.

»Zwingen Sie uns nicht, Verteidigungsmaßnahmen gegen Sie zu ergreifen«, erklärte Jurij Zaid, der erst vor gut einer Woche von den regierenden Wissenschaftsräten der drei Genetiker-Systeme in sein Amt eingesetzt worden war. Rena hatte zuvor ein Geheimdienst-Dossier über Zaid gelesen.

Intelligenzquotient 180, besitzt ein für vernetzte Denkoperationen die Entwicklung von Strategien optimiertes Gehirn, so erinnerte sie sich. Mag sein Auftreten noch so plump wirken, man sollte nicht den Fehler begehen, ihn zu unterschätzen.

Rena blieb kühl. »Wir haben alles besprochen. Sie haben Ihre Befehle, ich die meinen. Ich werde meinen Vorgesetzten Grüße von Ihnen ausrichten – so wie Sie bitte die meinen an Mister Reich übermitteln.«

Diesen Seitenhieb hatte sie sich einfach nicht verkneifen können. Natürlich ging sie davon aus, dass letztlich Sven Reich, der gegenwärtige Vorstandsvorsitzende von TR-Tec, die graue Eminenz im Hintergrund war.

Zaid lächelte dünn. »Sie täuschen sich bei weitem, Commander.«

»Inwiefern?«

»Bei uns herrscht das Prinzip vor, dass der jeweils Fähigste die Entscheidungen treffen sollte. Und Mister Reich ist sich sehr wohl bewusst, dass in dieser Situation meine Fähigkeiten die seinen auf Grund der unterschiedlichen genetischen Disposition um ein Vielfaches übersteigen.«

»Nun, wenn das wahr ist, was Sie sagen, dann hat der Captain eines Raumschiffs mit dem Lordmanager der Genetiker-Föderation zumindest eins gemeinsam: Er muss ab und zu Befehle von Dummköpfen annehmen. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag. Sunfrost Ende.«

Die Verbindung wurde unterbrochen, aber Jurij Zaids Gesicht blieb gerade lang genug auf dem Schirm, um die Verwunderung sichtbar werden zu lassen, die sich in dessen Gesichtszügen deutlich widerspiegelte.

*

Rena atmete tief durch und wandte sich in Richtung des Kommandantensitzes.

Lieutenant Commander Raphael Wong, seines Zeichens Erster Offizier der STERNENKRIEGER, blickte von den Anzeigen seiner Konsole auf und hob die Augenbrauen.

»Sagen Sie jetzt bitte nichts, Raphael«, sagte Rena Sunfrost.

»Ich hatte nicht vor, Ihre Begegnung mit Lordmanager Zaid zu kommentieren«, erwiderte Wong mit fast ausdruckslos neutralem Gesicht.

»Aber ich weiß, was Sie darüber denken.«

»So?« Wong zog fragend die Brauen hoch.

»Und soll ich Ihnen was sagen? Sie haben Recht! Man hätte das wirklich diplomatischer über die Bühne bringen können.«

»Wenn Sie das sagen…«

»Zaids hochnäsiges Auftreten hat in mir einfach etwas überkochen lassen.«

»Captain, uns erreichte so eben eine Transmission des Space Army Corps Oberkommandos«, meldete Lieutenant Kronstein.

»Dann stellen Sie das Gespräch durch, David«, forderte Sunfrost.

»Die Transmission ist für Sie persönlich, Ma'am.«

Rena atmete tief durch, erhob sich vom Kommandantensitz und strich ihre blaue Uniform glatt. »Ich werde die Botschaft des Oberkommandos in meinem Raum entgegennehmen.«

Rena wandte sich in Richtung der Tür, die das Besprechungszimmer des Captains von der Brücke trennte, als Kronsteins Stimme sie noch einmal stoppen ließ.

»Da ist noch etwas, Ma'am. Meine Geräte zeigen an, dass mindestens vier Raumschiffe ihre bisherige Position im Orbit von Genet verlassen und Abfangkurs auf uns genommen haben. Bei einigen weiteren Einheiten bin ich mir noch nicht sicher, ob sie sich nicht ebenfalls schon auf den Weg gemacht haben. Rendezvous in etwa drei Stunden.«

»Es handelt sich um bewaffnete Einheiten«, fügte Wong hinzu, während seine Finger über die Touchscreens seiner Konsole glitten. Offenbar hatte er sich die Ortungsanzeigen auf seinem Display anzeigen lassen. »Kleinere Raumboote, die der lokalen Verteidigung dienen.«

»Allerdings scheinen sie mit Sandströmaggregaten ausgestattet zu sein«, ergänzte jetzt Kronstein.

Rena nickte leicht. Dann wollen die Genetics also tatsächlich die Muskeln spielen lassen!

Es war bekannt, dass die Genetiker – oder Genetics, wie man sie auch nannte, obwohl eigentlich dieser Begriff ausschließlich als Bezeichnung der Einwohner des Planeten Genet verwendet wurde – eine Reihe von Raumschiffen, die entweder lokalen Verteidigungsverbänden angehörten oder ursprünglich als Handelsschiffe vom Stapel einer Raumwerft gelassen worden waren, mit zusätzlichen Gauss-Geschützen und Sandströmaggregaten ausgerüstet hatten.

Maßnahmen, die der Humane Rat bisher im Sinne einer Stärkung der Verteidigungsbereitschaft immer unterstützt hatte.

Schließlich wurden auf diese Weise Einheiten des Space Army Corps von ihren lokalen Verteidigungsaufgaben entbunden und standen für den Krieg gegen die Qriid zur Verfügung.

Rena wandte sich an Robert Ukasi, den Waffenoffizier.

»Lieutenant, lösen Sie Gefechtsalarm aus. Die Kontrolle über die Schiffssteuerung bleibt beim Ruderoffizier, aber bringen Sie die Gauss-Geschütze schon mal auf Touren.«

»Es dauert noch Stunden bis zum Rendezvous«, erinnerte Wong den Captain.

»Ich weiß, aber die Herstellung der Gefechtsbereitschaft wird man auf der anderen Seite orten können. Dieser Zaid soll wissen, dass wir es ernst meinen.«

»Aye, Captain«, bestätigte Wong.

»Sie haben das Kommando, Raphael.«

*

Rena betrat ihren Raum, in dessen Mitte sich ein Konferenztisch befand, der gerade genug Platz für die Offiziere der STERNENKRIEGER bot.

Rena aktivierte über eine Konsole den in die Wand eingelassenen Bildschirm.

Gesicht und Oberkörper von Admiral Raimondo erschien auf dem Schirm. Der Admiral war Mitglied des Humanen Rates und vertrat dort im Allgemeinen eine Minderheitenposition. Sein Dienstverhältnis als Offizier des Space Army Corps ruhte, während er sich seiner politischen Karriere widmete.

»Guten Tag, Commander Sunfrost«, sagte der dunkelhaarige Raimondo sachlich.

Er hat deutlich sichtbare Ränder unter den Augen, erkannte Rena. Die Auseinandersetzungen im Humanen Rat scheinen ihm ziemlich an die Nieren gegangen zu sein.

Bevor die STERNENKRIEGER ziemlich überstürzt zu dieser eiligen Mission im Aurelis-System aufgebrochen war, hatte Raimondo zusammen mit Renas direkten Vorgesetzten Commodore Tim Bray Jackson und Admiral Norman Fabri an der Einsatzbesprechung teilgenommen. Er hatte dadurch zweifellos die Bedeutung dieses Einsatzes unterstreichen und seine besondere Anteilnahme daran hervorheben wollen.

Raimondo ließ sich zunächst von Sunfrost die Lage schildern.

Äußerlich blieb der Admiral dabei unbewegt. Rena hatte schon bei anderen Gelegenheiten festgestellt, dass Raimondo sein Inneres sehr gut zu verbergen wusste. Vielleicht ist es das, was ihn letztlich zu einem erfolgreichen Politiker und Diplomaten macht. Ihr selbst lag die Diplomatie und das Lavieren zwischen verschiedenen Interessen weit weniger, wie sie bereits in so mancher Situation hatte feststellen müssen. Aber als Raumsoldatin war das auch nicht ihre primäre Aufgabe.

Unbeeindruckt nahm Raimondo auch zur Kenntnis, dass einige bewaffnete Raumboote auf Abfangkurs zur STERNENKRIEGER gegangen waren.

»Ich habe Gefechtsbereitschaft angeordnet, um unsere Entschlossenheit zu demonstrieren«, berichtete die Kommandantin der STERNENKRIEGER.

Raimondo schien damit sehr zufrieden zu sein.

»Das haben Sie richtig gemacht, Commander. Ich denke nicht, dass Sie sich vor einer Eskalation wirklich zu fürchten brauchen. Erstens dürfte die STERNENKRIEGER mit einer ganzen Reihe dieser Raumboote fertig werden, wenn es tatsächlich hart auf hart käme, und zweitens halte ich die Regierungen der Genetiker-Systeme nicht für Narren. Die haben sich ganz genau überlegt, wie weit sie gehen.«

»Ich nehme an, Zaid geht davon aus, dass der Humane Rat im Augenblick gar nicht die Möglichkeit hätte, tatsächlich einzugreifen und die Gesetze der Humanen Welten in den Genetiker-Systemen durchzusetzen«, stellte Rena fest. »Schließlich führen wir Krieg gegen die Qriid, und auch wenn deren Angriffe in letzter Zeit etwas nachgelassen haben, heißt das für das Space Army Corps eigentlich nur, dass wir eine kurze Atempause bekommen haben – aber nicht, dass der Krieg bereits gewonnen und die Gefahr gebannt ist. Und die K'aradan verhalten sich ja auch nicht gerade ruhig.«

»Sie sprechen mir aus der Seele, Commander Sunfrost«, bekannte Raimondo. »Und ich fürchte, Ihre Einschätzung trifft genau das, was in den Führungsgremien der Genetiker gedacht wird. Übrigens ist in diesem Zusammenhang Sven Reich und seine völlig abgeschottete Firmenzentrale von TR-Tec im Einstein-System eine viel wichtigere Instanz als dieser gernegroße Lordmanager oder die Wissenschaftsräte aller drei Systeme zusammen!«

Rena musste unwillkürlich schmunzeln. »Zaid konnte nicht umhin, mir gleich bei unserem ersten Funkkontakt ein paar seiner genetischen Vorzüge unter die Nase zu reiben. Für ihn scheinen wir Normalsterblichen wohl nichts weiter als primitive Neandertaler zu sein.«

»In gewisser Weise hat er da sogar Recht«, meinte Raimondo. »Sein Gehirn ist leistungsfähiger als das jedes anderen Menschen. Wir besitzen leider nur spärliche Berichte über die genetischen Optimierungsprogramme von TR-Tec, aber angeblich soll er, was Merkfähigkeit und ein paar andere Parameter angeht, an ein beliebiges Rechnersystem herankommen. Außerdem soll er gegenüber Normalmenschen mit einer deutlich höheren Lebenserwartung ausgestattet sein…«

»Was sich aber wohl erst erweisen wird, wenn er tatsächlich deutlich älter als hundertzwanzig Standardjahre wird«, schloss Rena.

»Man spricht von 400 Jahren. Sein vollständiger Name lautet Jurij R. Zaid…«

»Ich weiß, das stand in seinem Dossier«, sagte Sunfrost.

»Auch wenn Zaid es noch fast schamhaft unterschlägt – das ›R‹ steht für ›Ruler‹ – Herrscher! Seine Aufgabe ist die Entwicklung und Durchsetzung langfristiger Strategien und Pläne.«

»Ich dachte, Sven Reich wäre der wahre starke Mann bei den Genetikern«, wunderte sich Rena.

»Das ist er auch. Noch. Zaid steht ja erst ganz am Anfang seiner Laufbahn. Und er hat viermal so viel Zeit wie Sie oder ich, um seine Ziele zu erreichen.« Raimondo seufzte. »Ich denke, Sie begreifen, was hier auf dem Spiel steht, Commander! Ich habe nichts dagegen, mit den Mitteln der Gentechnik, Leben zu verlängern, Krankheiten zu heilen und Leiden zu lindern. Aber das, was in der Genetiker-Föderation sich jetzt abspielt, ist der Beginn eines Ameisenstaates der Spezialisten mit Herrschern, Wissenschaftlern, Kriegern, Gebärerinnen und Arbeitern – nicht zu vergessen die Klone für den Organersatz! Das entspricht nicht meiner Vorstellung einer Menschheit, in der freie Bürger über ihr Schicksal selbst bestimmen.«

»In diesem Punkt teile ich Ihre Ansichten voll und ganz – aber es scheint im Humanen Rat starke Kräfte zu geben, die das anders beurteilen.«

»Julian Lang und seine Anhänger unterschätzen meiner Ansicht nach die Sprengkraft, die in dieser Frage steckt – obwohl Lang selbst ja die Genetiker-Gesetze auf die Tagesordnung gebracht hat. Wenn wir der Genetiker-Föderation einen Sonderstatus einräumen, kippen früher oder später die entsprechenden Gesetze, die der Rat für den Bereich der gesamten Humanen Welten erlassen hat.«

»Andererseits ist es angesichts des anhaltenden Qriid-Krieges völlig ausgeschlossen, die Genetiker-Systeme und ihre Planeten zu besetzen und die Ablösung der regierenden Wissenschaftsräte zu veranlassen«, erwiderte Rena. »Und ein Problem meiner Mission ist, dass die Superhirne der anderen Seite das natürlich einkalkulieren.«

»Sie treffen den Nagel auf den Kopf, Commander. Gegenwärtig geht es darum, dass sich im Rat eine Mehrheit findet, die mit der stillschweigenden Toleranz der Verstöße, die die Genetiker schon seit Jahrzehnten gegen die Gesetze begehen, ein Ende macht. Es muss ein Ultimatum gestellt werden.«

»Ein Ultimatum setzt voraus, dass man der anderen Seite tatsächlich drohen kann«, gab Rena zu bedenken.

Admiral Raimondo zog die Augenbrauen hoch. Er zögerte, ehe er Sunfrost eine Antwort gab. »Meiner privaten Einschätzung nach wird alles auf eine Trennung hinauslaufen, es sei denn, wir demonstrieren genügend Entschlossenheit, um die Genetiker-Welten zum Einlenken zu bewegen. In dem Fall ist die Lösung des Problems allerdings nur verschoben, wie ich meine. Ich weiß, dass manche Ratsmitglieder behaupten, dass dies der Anfang vom Ende der Humanen Welten bedeuten würde. Aber das glaube ich nicht. Für den nötigen Zusammenhalt wird schon die außenpolitische Lage sorgen.

Aber es kann ein Punkt erreicht werden, an dem es besser ist, sich von den Genetiker-Welten zu trennen, um zu verhindern, dass sie die Humanen Welten von innen heraus vergiften und die Menschheit zu einem Insektenvolk machen.«

»Das waren deutliche Worte, Admiral«, sage Rena nach einer kurzen Pause und fragte sich dabei: Warum dieses Gespräch? Will er sich nur vergewissern, dass ich ebenfalls den Ernst der Lage erkannt habe?

»Tun Sie mir einen Gefallen, Commander.«

»Sir?«

»Gehen Sie mit dieser persönlichen Einschätzung nicht hausieren. Die meisten Mitglieder des Humanen Rates wagen über eine Trennung von den Genetikern nicht einmal nachzudenken.

Die Genetics sind wirtschaftlich einfach zu wichtig.«

»Ich verstehe!«

»Aber ich finde, man sollte den Tatsachen offen ins Auge sehen.«

»Ja, Sir.«

»Viel Glück, Commander. Ich werde mich zu gegebener Zeit wieder mit Ihnen in Verbindung setzen.«

Damit unterbrach Admiral Raimondo den Kontakt. Auf dem Bildschirm erschien für einen Moment lang noch das Symbol des Humanen Rates und die Anmerkung, dass der Admiral eine geschützte Verbindung benutzt hatte.

Rena aktivierte eine Darstellung des Aurelis-Systems in Pseudo-3-D-Qualität. Drei Planeten umkreisten die Sonne Aurelis. Genet, die Hauptwelt der Genetiker mit ihrer ultramodernen Hauptstadt Future City, die während der letzten zehn Jahre einen Boom ohne Gleichen erlebt hatte und inzwischen zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszentren der Humanen Welten gewachsen war, hatte eine Entfernung von 1,1 astronomischen Einheiten von ihrem Zentralgestirn. Es herrschten ideale Lebensbedingungen. Das Klima war gemäßigt, die Atmosphäre enthielt mit fast 25 Prozent mehr Sauerstoff als die Erdatmosphäre, und die mit 0,89g nicht ganz das Erdniveau erreichende Gravitation sorgte dafür, dass jeder sich leicht und beschwingt fühlte und die Lebenserwartung allein schon auf Grund der geringeren Belastung des Herz-Kreislauf-Systems zehn Jahre über dem Durchschnitt der Humanen Welten lag. Schon die äußeren Bedingungen machten Genet also zu einem idealen Standort für medizinische Dienstleistungen aller Art.

Nur zwei weitere Planeten umkreisten Aurelis.

Weit jenseits der Umlaufbahn von Genet lief der von einer dichten Methanatmosphäre eingehüllte dritte Planet des Aurelis-Systems um seine Sonne, bei dem es sich um eine kalte, wasserarme Welt handelte, auf der es bis vor wenigen Jahren Mineralbergbau gegeben hatte. Die offizielle Bezeichnung Aurelis III wurde so gut nie wie benutzt. Der Planet trug seit der ersten Raumexpedition, die vor etwa einem Jahrhundert Aurelis erschlossen hatte, den Namen Poison, was auf die giftige Atmosphäre zurückzuführen war.

Green, der sonnennächste Planet des Systems, war eine Dschungelwelt, über die wenig bekannt war. Den Unterlagen nach, die Rena zur Verfügung standen, handelte es sich bei dem Planeten um eine von Dschungel überwucherte Welt, auf der es früher Forschungsstationen gegeben hatte. Seit einem Viertel Jahrhundert behandelte ihn die Systemregierung von Aurelis wie ein Quarantäne-Gebiet, obwohl offiziell nie der Antrag auf Einrichtung einer Sperrzone gestellt worden war.

In der Anfangszeit war die Systemregierung von Aurelis noch aus gewählten Administratoren gebildet worden, später nur noch aus Exekutiv-Mitglieder des Wissenschaftsrates, bei dessen Zusammensetzung Eignungstests und Fähigkeitskriterien einen immer größeren Stellenwert gegenüber der Bestätigung durch die Wähler erhalten hatten.

Ein schleichender Prozess, überlegte Rena, an dessen Ende vielleicht tatsächlich der von Raimondo befürchtete Ameisenstaat steht, in dem jeder nur noch die ihm von Geburt an zukommende Rolle einzunehmen hat – definiert durch die jeweils auf einen bestimmten Zweck hin manipulierte genetische Ausstattung.

Rena aktivierte eine Interkom-Verbindung mit dem Maschinentrakt.

Wenig später erschien das Gesicht von Lieutenant Simon E. Erixon, dem leitenden Ingenieur der STERNENKRIEGER.

»Captain?«

Erixon war auf Genet geboren worden und – wie die meisten »Genetics« gentechnisch optimiert. Das einzige äußerlich sichtbare Zeichen dafür waren die Facettenaugen, die ausschließlich eine Sicht im Infrarotbereich erlaubten.

»Lassen es Ihre Pflichten als L.I. zu, dass Sie sich zu einer Besprechung in meinem Raum einfinden?«, fragte Sunfrost.

»Ich bin gleich bei Ihnen, Captain.«

*

Wenige Minuten später traf Erixon ein. Zusätzlich hatte Rena noch Bruder Guillermo in ihren Besprechungsraum beordert. Guillermo – Mitglied des Wissenschaftsordens der Olvanorer – besaß zwar die Privilegien eines Offiziers, stand aber außerhalb der militärischen Hierarchie der Besatzung. Er war als Berater an Bord.

Sowohl Bruder Guillermo, als auch Erixon schienen ziemlich verwundert zu sein über die Zusammensetzung der Runde.

»Setzen Sie sich, Gentlemen«, sagte Rena. Die beiden kamen der Aufforderung nach. »Sie beide sind hier, weil ich Ihren Rat wünsche. Ich möchte mein Gegenüber – Lordmanager Juri Zaid – besser einschätzen können, die Motivation seiner Handlungsweise begreifen… Sie verstehen, was ich meine?«

»Nicht ganz«, erwiderte Erixon gedehnt.

Was er eigentlich sagen will ist: Wieso befragt man da einen L.I. ?, überlegte Rena. Erixon galt unter seinen Offizierskollegen teilweise als sehr offen, teilweise als sehr verschlossen. Ein seltsamer Widerspruch…

»Nun, warum Bruder Guillermo hier ist, dürfte sich von selbst verstehen«, erwiderte sie. »Und was Sie angeht, Lieutenant, so sind Sie einer der ganz wenigen Genetics unter den Raumsoldaten des Space Army Corps, die gegenwärtig im aktiven Dienst sind.«

»Beziehen Sie die Bezeichnung Genetic dabei auf meine Herkunft vom Planeten Genet oder auf die Tatsache, dass ich genetisch optimiert wurde, was Sie gewiss in meinen Personalakten gelesen haben und im Übrigen auch unübersehbar ist?«, gab Erixon ziemlich kühl zurück, wobei er auf seine Augen deutete.

Die Augen sind ein wichtiger Punkt!, dachte Sunfrost. Ist Erixon wirklich so unnahbar, wie Raphael ihn einschätzt? Oder liegt das nur daran, dass man Facettenaugen unbewusst mit etwas Nichtmenschlichem, Insektenhaften verbindet? Vielleicht ist dies der Zeitpunkt, um das herauszufinden…

»Ich war nie auf Genet und ich kann mir daher das Leben in Future City auch nicht vorstellen«, bekannte Rena. »Aber Sie können mir da helfen, Lieutenant.«

Sunfrost erhob sich, trat an eine Konsole heran und aktivierte den in die Wand integrierten Bildschirm. Die Aufzeichnung des Audio-Funkkontakts mit dem Lordmanager der Genetikerföderation wurde abgespielt.

Auf Bruder Guillermos Gesicht zeigte sich nach dem Ende der Aufzeichnung ein verhaltenes Lächeln. »Ihre Reaktion…«

»…war unbeherrscht, ich weiß!«

»Nein, Captain, darauf wollte ich nicht hinaus!«

»Sondern?«, fragte Sunfrost irritiert.

»Sie haben Zaid in die Schranken gewiesen. Er weiß, dass er nicht die Machtmittel besitzt, um sich ernsthaft mit dem Space Army Corps anzulegen. Das wurmt ihn. Er ist es nicht gewöhnt, dass man ihm Widerstand entgegensetzt, und das verunsichert ihn zutiefst. Mag dieser Zaid uns allen an IQ-Punkten so weit überlegen sein wie wir einem Schimpansen, so wird das Verhalten eines Menschen doch oft viel stärker von psychologischen Momenten als dem Ergebnis sachlicher Abwägung bestimmt.«

Er redet über Zaid, als hätte er sein halbes Leben mit ihm verbracht! Sunfrost konnte sich immer wieder aufs Neue über das geradezu gespenstische Einfühlungsvermögen des jungen Olvanorer-Mönchs wundern. Es kam vor, dass er Dinge aussprach, die sie kurz zuvor gedacht oder empfunden hatte.

Und seine Beurteilung von Zaid stimmt mit meiner überein!

»Zaid trägt das ›R‹ im Namen«, meldete sich Erixon zu Wort. »Er ist ein ›Ruler‹. Jemand, der zum Herrschen gezeugt wurde. Und jemand, der intellektuell und vor allem strategisch seiner Umgebung weit überlegen ist, was auf einer Welt wie Genet auch niemand anzweifeln würde!«

»Ich verstehe nicht, wie er dann mit den Anweisungen zu Rande kommt, die er zweifellos aus der TR-Tec-Zentrale auf Einstein II erhält?«, hakte Rena nach.

Erixon lächelte.

Ein Lächeln, das auf Grund der Facettenaugen kalt und berechnend wirkt, dachte Sunfrost. Welchen Eindruck würde es wohl machen, wenn Simon E. Erixon ganz gewöhnliche blaue Augen hätte?

Bruder Guillermo ergriff jetzt die Initiative. Er wandte sich an Erixon und fragte: »Wofür steht eigentlich das ›E‹ in Ihrem Namen?«

Sunfrost kannte die Antwort, mischte sich aber nicht ein.

Erixon wandte den Kopf und sah Bruder Guillermo einen Augenblick schweigend an. »Das ›E‹ steht für Engineering.«

»Ich wusste nicht, dass auf Genet bereits auch Schiffsingenieure genetisch optimiert werden«, bekannte Guillermo.

Wahrscheinlich ist es seine entwaffnende Offenheit, die ihn die indiskretesten Fragen so stellen lässt, dass er darauf sogar eine Antwort bekommt, auch wenn der Angesprochene nicht im Traum daran gedacht hat, etwas preiszugeben, ging es Rena durch den Kopf.

Die Kommandantin der STERNENKRIEGER entschied sich intuitiv dafür, der Sache einfach ihren Lauf zu lassen. Es war nicht das erste Mal, dass sich Bruder Guillermos untrüglicher Instinkt für Zwischenmenschliches als weitaus verlässlicher erwiesen hatte, als ihr eigener.

»Ich war Bergbauingenieur auf Poison«, erklärte Erixon. »Man hatte mich für den Einsatz auf Poison genetisch optimiert. Meine Fähigkeit zur Methanatmung, eine große Kältetoleranz und meine Netzhautrezeptoren für das Infrarotspektrum stellen die wichtigsten Anpassungen dar.«

»Ich weiß nicht, ob diese Frage vielleicht zu intim ist, aber welchen Grund haben Ihre Eltern dafür gehabt…«

»Aus mir einen Freak zu machen?«, schnitt Erixon dem Olvanorer das Wort ab. Er klang eher belustigt, als wütend.

»Auf Genet sieht man das wohl anders als auf der Erde.«

»Auf Grund meines Glaubens bin ich prinzipiell gegen gentechnische Eingriffe in die Keimbahn. Menschen sollten nicht nach wirtschaftlichen Aspekten normiert werden. Das ist unmenschlich für die Betroffenen, die keinerlei Möglichkeit haben, selbst darüber zu bestimmen, welche Manipulationen an ihrem Erbgut vorgenommen werden und welche nicht.«

»Bravo!«, rief Erixon. »Das Plädoyer für eine unberührte Schöpfung von einem Mann des Glaubens…« Erixon schnaubte abfällig.