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Der Plastik-Fußabdruck – Plastik im Alltag Rachel Salt, Umweltbiologin und Wissenschaftsautorin aus Kanada, hat sich dem Thema Plastikmüll verschrieben. In diesem Buch erklärt sie zunächst die Grundlagen: die Herstellung und den Einsatz von Kunststoff, um das Bewusstsein für den Ursprung und das Ausmaß unserer heutigen Probleme zu schärfen. Angesichts schwindender Ressourcen und steigender Energiepreise werden massive Verschiebungen auf individueller wie auch politisch-systemischer Ebene gebraucht. • Kunststoffe: Geschichte, Produktion und Einsatzgebiete • Lebenslanger Einsatz versus einmaliger Gebrauch: Kunststoff im Alltag • Umweltverschmutzung durch Plastikmüll und Mikroplastik • Den eigenen Plastic Footprint gezielt reduzieren • Plastik überall: mit faszinierenden Grafiken und aufrüttelnden Fotos Die weltweite Verbreitung des Plastikmülls – Plastik sparen oder vermeiden! Etwa acht Millionen Tonnen Plastikmüll gelangen jedes Jahr in die Ozeane. Plastikmüll ist mittlerweile auch an den entlegensten Küsten der Welt zu finden. Inzwischen haben Wissenschaftler sogar Mikroplastik eingebettet im arktischen Eis entdeckt. Die Umweltverschmutzung durch Plastik ist ein globales Thema, das sich nichtsdestotrotz auf jeden Einzelnen herunterbrechen lässt. Wir müssen etwas ändern! Welche Lösungen gibt es? Rachel Salt liefert Fakten über die bereits entstandenen Schäden und gibt praktische Hinweise, wie wir unseren Plastikverbrauch senken können. Mit ihrem Buch vermittelt sie anschaulich die wichtigsten Informationen für bewusste Konsumenten. Denn mit der Reduzierung des individuellen Plastik-Fußabdrucks können wir einen essenziellen Beitrag zum Umweltschutz leisten!
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Seitenzahl: 202
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RACHEL SALT
Wie Du DeinenPlastic Footprintreduzierenkannst
AUS DEM ENGLISCHENVON JUTTA ORTH UND DÖRTE FUCHS
Für Cameron
Einleitung
Kapitel 1Plastik-Einmaleins
Die Geschichte des Plastiks
Fossile Energieträger: Rohstoffe für die Plastikproduktion
Die Kunststoffherstellung
Kunststoffarten
Wie viel Plastik?
Kapitel 2Das Plastik-Problem
CO2-Emissionen
Plastikherstellung und Gesundheit
Plastikmüll und die Umwelt
Kapitel 3Das Plastik-Problem lösen
Müllvermeidung im Alltag
Müllvermeidung auf nationaler und globaler Ebene
Kapitel 4Langfristig genutztes Plastik
Plastik ersetzen: Ein paar Grundregeln
Autos
Elektronik
Spielzeug
Innenausstattung und Textilien
Sonnenbrillen
So berechnen Sie Ihren Plastik-Fußabdruck für langfristig genutztes Plastik
Kapitel 5Einwegplastik und kurzzeitig genutztes Plastik
Plastik ersetzen: Ein paar Grundregeln
Strohhalme
Plastiktüten
Getränkeflaschen aus Plastik
Kaffee und Tee
Produktverpackungen
Lebensmittelverpackungen
Menstruationsprodukte
Körperpflegeprodukte
Zigaretten
Plastik und die COVID-19-Pandemie
So berechnen Sie Ihren Fußabdruck für Einweg- und kurzzeitig genutztes Plastik
Kapitel 6Den Plastik-Fußabdruck verkleinern
Wegweiser in eine plastikmüllfreie Zukunft
Gute Gründe zur Hoffnung
Ihr neuer Plastik-Fußabdruck
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Literatur
Weitere Quellen
Dank
Bildnachweis
Register
Wissen Sie, wie viel Plastik Sie täglich wegwerfen? Nein? Oder jährlich? Oder in Ihrem ganzen Leben? Wahrscheinlich wissen Sie es nicht. Und das muss Ihnen auch nicht unangenehm sein. Obwohl Plastik ein unglaubliches Material ist – stark, flexibel und preiswert – werfen wir es oft in den Müll, ohne groß darüber nachzudenken. Doch all die Bonbonverpackungen, Wasserflaschen, T-Shirts aus Polyester (ja, unsere Kleidung besteht zu mehr als 60 Prozent aus Kunstfasern) summieren sich mit der Zeit. Im Durchschnitt werden in Deutschland täglich 1,3 Kilogramm Abfall produziert, 8 Prozent davon entfallen auf Kunststoffe. Hochgerechnet auf Deutschland sind das also 8.975.342 Kilogramm Plastikmüll – an einem einzigen Tag.
Die Auswirkungen sind immens, denn der Plastikabfall sammelt sich in unseren Flüssen und erstickt das Leben in den Meeren. Jahr für Jahr gelangen 8 Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Das entspricht der Menge von mehr als einem Dutzend mit Plastikmüll gefüllten Einkaufstüten pro Meter Küste. Dass die Verwendung von Plastik so viel Müll erzeugt, ist jedoch nicht das einzige Problem. Auch die Plastikherstellung ist mit Belastungen für Mensch und Umwelt verbunden. Aus diesem Grund geht es in diesem Buch nicht nur um den Plastikmüll, sondern auch um die bei der Kunststoffproduktion entstehenden CO2-Emissionen und die negativen Auswirkungen von Plastik auf die menschliche Gesundheit.
Sie werden auf den folgenden Seiten einige erschreckende Zahlen und Bilder finden, doch dieses Buch hat nicht das Ziel, Sie betroffen zurückzulassen. Es ist vielmehr ein Aufruf zum Handeln, und es zeigt Ihnen, wie Sie Ihren Plastikkonsum analysieren und dann reduzieren können. Wenn Sie das Wachstum Ihres ganz persönlichen Plastikbergs berechnen können – von den Gegenständen, die Sie über lange Zeit begleiten, wie ein Auto oder ein geliebtes Spielzeug, bis hin zu Einwegartikeln, die nach Gebrauch umgehend im Müll landen, wie Coffee-to-go-Becher –, können Sie Ihren Plastikkonsum mit gezielten Maßnahmen verringern.
Dieses Buch, ursprünglich in Kanada erschienen, bezieht sich oftmals auf amerikanische Hintergründe, wurde aber wo möglich an deutsche Gegebenheiten angepasst. Es möchte Ihnen Ideen und Ressourcen zur Verfügung stellen, die Sie benötigen, um sich auch jenseits des privaten Umfelds zu engagieren. Es nimmt die bestehenden Systeme unter die Lupe und vermittelt Ihnen ein besseres Verständnis für die Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Lösungen für das Plastikproblem.
Der Plastik-Fußabdruck ist eine Kennzahl zur Bestimmung der Plastikmenge, mit der der eigene Lebensstil derzeit zum globalen Müllberg beiträgt – vergleichbar mit dem CO2-Fußabdruck, nur dass es beim Plastik-Fußabdruck um alle Plastikprodukte geht, die man im Lauf seines Lebens erwirbt, benutzt und irgendwann wegwirft.
Im Allgemeinen wird der Plastik-Fußabdruck durch ein sogenanntes Plastikmüll-Audit gemessen (am Ende der Kapitel 4 und 5 finden Sie mehr dazu). Dabei handelt es sich um eine Auflistung aller Plastikprodukte, die die betreffende Person innerhalb einer bestimmten Zeitspanne wegwirft. Das beinhaltet sowohl Gegenstände, die über einen längeren Zeitraum verwendet werden, wie z. B. Laptops, als auch Verpackungen und Einwegartikel, die oft nur wenige Minuten benutzt werden. Mithilfe dieser Liste können Sie herausfinden, wie viel Plastikmüll Sie innerhalb eines Jahres oder in Ihrem gesamten Leben verursachen.
Sie werden feststellen, dass es nicht einfach ist, den eigenen Plastik-Fußabdruck zu messen. Viele Ihrer Zahlen werden Schätzwerte sein, die auf der Basis Ihres momentanen Plastikverbrauchs gewonnen werden. Das Ergebnis bildet also womöglich nicht die Phasen in Ihrem Leben ab, in denen Sie weniger (oder mehr) Plastik verwendet haben, aber das Ziel der Übung besteht ja darin, ein allgemeines Bild von Ihrem Plastikverbrauch zu erhalten.
Was man nicht misst, kann man auch nicht bewusst beeinflussen. Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie Ihren Plastikverbrauch ermitteln können, und erklärt, wie sich Ihr persönlicher Plastik-Fußabdruck verkleinern lässt. So kann die Beschäftigung mit dem, was Tag für Tag in unserem Müll landet, zum Anstoß werden, unsere Konsumentscheidungen und unser Wegwerfverhalten zu überdenken.
Das Ölfeld Kern River in Bakersfield, Kalifornien. Die weitaus meisten Kunststoffe werden aus fossilen Brennstoffen wie z. B. Erdöl hergestellt.
Kunststoffe sind unserem Alltag so allgegenwärtig, dass wir uns eine plastikfreie Welt nur schwer vorstellen können. Dabei gibt es Plastik erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit. Doch wann genau wurde es erfunden? Und was genau ist Plastik eigentlich? Dieses Kapitel ist eine Art Crashkurs, in dem Sie alles über die Ursprünge dieser einzigartigen Erfindung erfahren.
In den letzten 60 Jahren hat die Massenproduktion von Kunststoffen rasant zugenommen, doch ihre Anfänge liegen schon über 150 Jahre zurück.
Der Beginn der Plastikherstellung hat überraschenderweise mit Billardkugeln zu tun. Ohne diese hätten wir moderne synthetische Kunststoffe vielleicht nie kennengelernt. (Pool-)Billard war einst eine äußerst beliebte Freizeitaktivität. Mitte des 19. Jahrhunderts gab es allein in Chicago 830 Billardhallen (heute gibt es schätzungsweise weniger als 1.400 in den gesamten Vereinigten Staaten). Damals wurden Billardkugeln aus Elfenbein hergestellt, das aus den Stoßzähnen von Elefanten stammte. Aus einem Stoßzahn konnten im Schnitt gerade einmal drei Kugeln hergestellt werden, was den Tod vieler Elefanten zur Folge hatte. Mit der steigenden Nachfrage nach Elfenbein wuchs die Sorge, dass die Elefanten binnen Kurzem aussterben könnten, und die Betreiber der Billardhallen befürchteten, dass ihnen die Kugeln ausgehen würden. Aus diesem Grund schaltete Michael Phelan, der als Vater des amerikanischen Billards gilt, 1863 eine Zeitungsanzeige, in der er demjenigen, dem es gelingen würde, eine geeignete Elfenbein-Alternative zu finden, 10.000 Dollar versprach (heute entspräche das einer Summe von 3 Millionen Dollar).
Der Amateur-Erfinder John Wesley Hyatt nahm die Herausforderung an und entwickelte ein völlig neues Material, das er Zelluloid nannte. Es wurde aus der Zellulose von Baumwolle synthetisiert und gilt als einer der ersten Kunststoffe. Bedauerlicherweise gewann Hyatt das Preisgeld nicht. Zelluloid eignete sich nicht besonders gut für die Herstellung von Billardkugeln, da ihm die Elastizität des Elfenbeins fehlte. Dennoch erwies sich das Material als vielseitig und fand in anderen Bereichen Verwendung, unter anderem für Kämme und Filme.
Die Erfindung des Zelluloids wurde zur Inspiration für weitere Entwicklungen von Kunststoffen. Bakelit (1907 von Leo Baekeland erfunden) war der erste vollsynthetische Kunststoff, der aus fossilen Brennstoffen hergestellt wurde.
Und was wurde aus den 10.000 Dollar, die Phelan als Belohnung ausgesetzt hatte? Es wurde nie ein Gewinner bekannt gegeben, und kein Erfinder erhielt den Preis. Heute werden die meisten Billardkugeln aus Polyesterharz oder Phenolharz hergestellt. Interessanterweise ist auch Bakelit ein Phenolharz.
Während des Zweiten Weltkriegs galt es vorhandene Ressourcen zu schonen, daher wurden Stoffe wie Naturkautschuk und Seide rationiert. Daraus ergaben sich neue Chancen für synthetische Materialien.
Die Kunststoffproduktion stieg während des Krieges um 300 Prozent. Das Militär verwendete Kunststoffe für Fallschirme, Helmauskleidungen, Panzerfäuste und viele andere Zwecke. Sogar die Atombombe enthielt Kunststoff.
Der Krieg erleichterte die Erfindung und Herstellung diverser industrieller Kunststoffprodukte. Die darauffolgenden Jahrzehnte waren eine Ära des Massenkonsums. Der Werbeslogan des Chemiegiganten DuPont – »Bessere Dinge für ein besseres Leben ... durch Chemie« – kann als charakteristisch für diese Epoche gelten. Kunststoffe ermöglichten die Entwicklung unzähliger Produkte, die den modernen Menschen das Leben erleichtern sollten. Plastik war billig, hygienisch, leicht und galt als sicher. Vor allem aber ließ es sich in jede gewünschte Form bringen. Seit 1950 ist die Produktion dieses »Traummaterials« weltweit um das 190-Fache gestiegen. Im Jahr 2017 wurden allein in den USA über 32 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Aber woraus genau bestehen moderne Kunststoffe? Dieser Frage widmen wir uns im nächsten Abschnitt.
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Wussten Sie, dass 99 Prozent aller Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen hergestellt werden? Obwohl das Interesse an Bioplastik (pflanzenbasierten Kunststoffen) wächst, wird der Großteil unserer Kunststoffe noch immer auf der Basis von Erdöl und Erdgas (und teilweise auch Kohle) erzeugt. Die fossile Industrie und die Kunststoffindustrie sind untrennbar miteinander verbunden. Um Plastik und seine Auswirkungen auf unseren Planeten zu verstehen, ist es daher wichtig, mehr über fossile Brennstoffe zu wissen: darüber, wie sie gewonnen, verarbeitet und rund um den Globus transportiert werden.
Fossile Brennstoffe stammen nicht aus Fossilien, sondern sind Abbauprodukte vor Jahrmillionen abgestorbener Pflanzen und Tiere, die unter Sand- und Gesteinsschichten begraben liegen. Unter dem Druck und der Wärme des Gesteins bildeten sich Substanzen, die über Millionen von Jahren zu Erdgas, Erdöl und Kohle wurden.
Um fossile Energieträger wie Öl und Gas zu erschließen, sind Bohrungen erforderlich. Dabei bohren die Unternehmen nicht einfach irgendwo ein Loch, in der Erwartung, auf eine Öl- oder Gaslagerstätte zu stoßen. Vielmehr werden zunächst geologische Probebohrungen vorgenommen. Mit reflexionsseismischen Messungen (dabei werden Schallwellen erzeugt, deren Reflexion dann Informationen über die vorliegenden Gesteinsarten und -schichten und mögliche Gas- und Flüssigkeitsvorkommen im Untergrund liefert), Kernproben (Boden- und Gesteinsproben, die Aufschluss über mögliche Lagerstätten geben) und anderen Technologien kann dann geprüft werden, ob eine Erschließung lohnt. Solche Bohrungen können sowohl an Land als auch im Meeresboden mitten im Ozean erfolgen.
Ist eine Lagerstätte gefunden, wird mit einem Bohrer und einem Standrohr ein vertikales Loch in den Boden gebohrt. In manchen Fällen, z. B. wenn ein Öl- oder Gasvorkommen unter bewohntem Gebiet liegt, wird auch winkelig gebohrt. Anschließend wird eine sogenannte Bohrspülung in das Bohrloch gepumpt, um zerkleinertes Gestein – das sogenannte Bohrklein – zu entfernen. Hat das Bohrloch die gewünschte Größe und Tiefe erreicht, wird es einzementiert. Anschließend werden kleine Löcher, die sogenannte Perforation, in die unteren Abschnitte der Verrohrung und des Ringraumzements gestanzt, damit das Rohöl oder Erdgas in das Bohrloch strömen kann.
Kann man Plastik auch aus Kohle herstellen?
Kurz gesagt: Ja. Es ist möglich, Kohle in die für die Kunststoffproduktion erforderlichen chemischen Substanzen umzuwandeln, aber dieser Prozess ist extrem energie-, wasser- und emissionsintensiv. Außerdem ist er recht kostspielig. Deshalb wird dieses Verfahren fast ausschließlich in China genutzt, das über Kohle im Überfluss verfügt.
Sogenanntes Schiefergas – in undurchlässigem Gestein gebundenes Erdgas – wird durch ein Verfahren erschlossen, das sich Fracking nennt. Dabei werden Wasser, Sand und verschiedene Chemikalien unter hohem Druck in das Gestein gepresst, um es aufzubrechen und das Gas zu extrahieren.
Im Jahr 2021 lag die weltweite Ölfördermenge im Schnitt bei fast 90 Millionen Barrel pro Tag. Von der geförderten Menge werden laut Weltwirtschaftsforum etwa 4 bis 8 Prozent für die Kunststoffproduktion genutzt – die Hälfte für die Produkte selbst, die andere Hälfte liefert die für die Herstellung benötigte Energie. Selbst wenn man den konservativeren Schätzwert von 4 Prozent zugrunde legt, bedeutet dies, dass weltweit täglich mindestens 3 Millionen Barrel Erdöl für die Kunststoffproduktion verbraucht werden.
Ein Barrel (abgekürzt mit »bbl« oder »bl«) ist eine Volumeneinheit für Rohöl und andere Erdölprodukte. Ein Barrel entspricht rund 159 Litern.
72 Liter Benzin
Damit könnte ein Mittelklassewagen 1.200 Kilometer weit fahren, was etwa der Entfernung zwischen Prag und Paris entspricht.
8.500 Plastiktüten
15 Liter Flugzeugtreibstoff
Diese Menge ermöglicht eine Flugzeit von etwa 4 Sekunden (eine Boeing 747 braucht etwa 3,75 Liter Treibstoff pro Flugsekunde).
1.700 kWh (Kilowattstunden)
Diese Strommenge würde genügen, um ein Smartphone 242 Jahre lang jede Nacht aufzuladen.
Weil Erdgas nicht flüssig ist wie Rohöl, wird es nicht in Barrel, sondern in Kubikmetern gemessen. Im Jahr 2021 wurden schätzungsweise 4,0 Billionen Kubikmeter Erdgas gefördert. Experten schätzen, dass 1,8 Prozent der Fördermenge für die Kunststoffproduktion genutzt werden. Mit anderen Worten: Pro Jahr werden 72 Milliarden Kubikmeter Erdgas für die Herstellung von Plastik verbraucht – das entspricht einem Volumen von rund 24 Millionen Heißluftballons.
Woraus genau besteht Erdgas? Erdgas ist ein Gasgemisch, das hauptsächlich aus Methan und zu einem geringen Anteil aus weiteren chemischen Verbindungen besteht. Die folgende Grafik zeigt die typische Zusammensetzung.
Für die Plastikproduktion ist Ethan die wichtigste Erdgaskomponente. Dieses Gas wird durch »Steamcracken«, ein petrochemisches Verfahren (später mehr dazu), in Ethylen umgewandelt. Aus den Polymerketten des Ethylens entsteht Polyethylen, der meistverwendete Verpackungskunststoff.
Methan und Klimawandel
Methan (CH4) ist ein einfach strukturiertes Molekül aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen. Außerdem ist es ein potentes Treibhausgas mit erheblichen Auswirkungen auf unser Klima. Methan hat einen größeren Einfluss auf die Erderwärmung als Kohlendioxid (CO2). Tatsächlich nimmt es in den ersten zwei Jahrzehnten nach seiner Freisetzung in die Atmosphäre 84-mal so viel Wärme auf wie CO2. Die Wissenschaft ging zunächst davon aus, dass der Großteil der Methanemissionen auf die Viehhaltung zurückgeht, insbesondere auf die Rülpser und Furze von Rindern (ja, ernsthaft). Obwohl Methan aus der Landwirtschaft nach wie vor als problematisch gilt, kommen neuere Forschungen zu dem Schluss, dass vor allem das Fracking für die steigenden Methanemissionen verantwortlich ist, die den Klimawandel beschleunigen.
Die rund 1.287 Kilometer lange Trans-Alaska-Pipeline transportiert Erdöl von der Prudhoe Bay im Norden Alaskas bis nach Valdez im Süden und durchquert dabei drei Gebirgszüge.
Erdöl und Erdgas werden nur in manchen Ländern und Regionen gefördert, aber überall in der Welt als Energiequellen und zur Herstellung von Produkten gebraucht. Wie werden diese Rohstoffe transportiert? Nun, im Wesentlichen auf vier verschiedene Arten: durch Pipelines und mit Schiffen, Güterzügen und Lastwagen.
Pipelines. Die Vereinigten Staaten verfügen über das größte Pipelinenetz der Welt. Hier werden 70 Prozent des Rohöls und der flüssigen Erdölprodukte (vom Benzin bis zum Heizöl) über Pipelines transportiert. Würde man sämtliche amerikanischen Erdgas- und Ölpipelines aneinanderreihen, ergäbe sich eine Länge von 3,9 Millionen Kilometern – das sind fünf Reisen zum Mond und zurück.
Schiffe. Weltweit werden 61 Prozent der fossilen Brennstoffe (etwa 58 Millionen Barrel pro Tag) auf dem Seeweg transportiert. Legt man das Gewicht zugrunde, machen Öltanker 28 Prozent des gesamten internationalen Schiffsverkehrs aus. Am verbreitetsten sind große, für Langstrecken geeignete Tankschiffe (Long-Range-Tanker). Ein einziger Long-Range-Tanker kann zwischen 310.000 und 550.000 Barrel Rohöl transportieren.
Güterzüge. Im Jahr 2018 wurden über 200 Millionen Barrel Rohöl auf der Schiene transportiert – in den USA entsprach das gerade einmal 3 Prozent der Transporte.
Lastwagen. Lkw transportieren Öl und Gas über kurze Entfernungen; 4 Prozent aller Öl- und Gastransporte entfallen auf diesen Transportweg.
Auch die CO2-Emissionen, die beim Transport von Erdöl und Erdgas entstehen, tragen zu den schädlichen Auswirkungen von Plastik auf die Umwelt bei. Kommt es bei der Förderung oder beim Transport fossiler Brennstoffe zu einem Unfall oder Schaden, können die Folgen noch schwerwiegender sein.
Sowohl die Gewinnung als auch der Transport der Komponenten, aus denen Plastik hergestellt wird, ist mit Risiken verbunden. So haben vor allem Leckagen erhebliche Folgen für die Umwelt. Leider sind solche Ereignisse ziemlich häufig – ob an Bohrstellen oder in Raffinerien, in Pipelines oder auf Schiffen. Das Ausmaß der Umweltschäden hängt davon ab, wo der Rohstoff austritt und welche chemische Zusammensetzung er hat.
Im Wasser hat der Austritt von Öl in der Regel deutlich gravierendere Folgen als an Land, da das Öl sich über eine größere Fläche verteilen kann und sich schwerer eindämmen lässt; dementsprechend sind mehr Arten von der Kontamination betroffen. Ausfließendes Öl hat unmittelbare katastrophale Auswirkungen auf die Fauna, insbesondere auf Seevögel und Meeressäuger, die zum Atmen immer wieder an die Wasseroberfläche kommen müssen. Wird das Öl geschluckt oder eingeatmet, kann es sich im Gewebe anreichern und zu Erbgutveränderungen und -schäden und zu Herzversagen führen; Eier und Larven können absterben.
Ölverschmutzungen haben außerdem indirekte Auswirkungen auf die Tierwelt. Die Struktur von Meeresökosystemen ist komplex. Weil so viele Arten miteinander interagieren und voneinander abhängen, kann eine erhöhte Sterblichkeitsrate bei einer Art zu einer Effektkaskade führen, die die Struktur der gesamten Organismengemeinschaft einschließlich Räuber-Beute-Beziehungen, Fressverhalten und Konkurrenzdynamik verändern kann.
Ein Vogel mit ölverschmiertem Gefieder versucht nach dem Ölunfall im Golf von Mexiko eine Sperre in der Barataria- Bucht in Louisiana zu überwinden.
Das Zugunglück von Lac-Mégantic
Im Juli 2013 raste ein mit rund 8 Millionen Liter Rohöl beladener Güterzug ins Zentrum der Kleinstadt Lac-Mégantic in Quebec und entgleiste. Aus den Tankwagen liefen fast 6 Millionen Liter Öl aus und gerieten in Brand, was zu einer Explosion führte, die 47 Menschen tötete und große Teile der Stadt zerstörte. Etwa 100.000 Liter Öl strömten in den Fluss Chaudière, was Befürchtungen hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen auf die Tierwelt und die flussabwärts gelegenen Orte auslöste.
Am 20. April 2010 kam es auf einer Bohrplattform des Ölkonzerns BP im Golf von Mexiko zu einer Explosion, und die Plattform geriet in Brand. Bei dem Unfall kamen 11 Arbeiter ums Leben, und schätzungsweise 4,9 Millionen Barrel Öl flossen ins Meer. Erst am 15. Juli gelang es dem Konzern, das Bohrloch zu schließen, und erst am 19. September war das Leck endgültig unter Kontrolle.
Das Ausmaß der Ölpest ist umstritten. Laut einigen Wissenschaftlern trieb der Großteil des Öls an der Wasseroberfläche, nur etwa 10 Prozent trafen die Küste. Dennoch waren mehr als 1.600 Kilometer Küste verseucht. Andere Wissenschaftler berichteten, sie hätten eine dicke, 4.660 Quadratkilometer große Ölschicht mit toten Seesternen und anderen toten Meerestieren am Meeresgrund entdeckt. Ein Jahr nach der Ölpest verzeichnete der U.S. Fish and Wildlife Service mehr als 6.100 tote Seevögel, 600 tote Meeresschildkröten und 153 tote Delfine.
Löschboote bei dem Versuch, das nach der Explosion der Deepwater Horizon ausgebrochene Feuer zu bekämpfen.
Bei jeder Ölpest versammeln sich große Teams von Engagierten an den Küsten, um verschmutzte Seevögel zu retten und zu säubern. Die Ölgesellschaften setzen Sperren ein, um den Ölteppich einzudämmen, Feuer, um das Öl zu verbrennen, Dispersionsmittel, um es in kleine Tröpfchen zu zerlegen, und Skimmer, um es abzusaugen. Doch hat sich irgendeine dieser Maßnahmen tatsächlich als effektiv erwiesen? All diese Methoden können bei kleinen Ölverschmutzungen in ruhigen, geschützten Gewässern hilfreich sein, sind aber bei einer großen Ölpest völlig unwirksam. Eine von der Stadt Vancouver 2015 veröffentlichte Studie beispielsweise kam zu dem Schluss, dass die Entfernung des Öls von der Meeresoberfläche bei einer großen Schiffs- oder Pipelineleckage an der Südküste von British Columbia selbst bei ruhiger See schwierig und wenig erfolgreich wäre.
Die Säuberung ölverschmierter Vögel und anderer Tiere kann ebenso tödlich sein wie das Öl selbst, weil sie das Immunsystem schädigen kann. In einer Studie aus dem Jahr 1996 wurden gesäuberte und wieder ausgewilderte Braunpelikane beobachtet. Die meisten Vögel verendeten oder waren nicht mehr in der Lage, sich zu paaren, woraus die Wissenschaftler schlossen, dass sich durch das Säubern der Vögel die Brutgesundheit nicht wiederherstellen lässt.
Reinigungsaktionen geben uns ein gutes Gefühl, weil sie den Eindruck vermitteln, dass etwas unternommen wird, doch im Großen und Ganzen helfen diese milliardenschweren Projekte nicht. Derzeit gibt es keine wirklich erfolgreiche Methode, um eine Ölpest und ihre Folgen zu beseitigen.
Um Plastik zu produzieren, sind mehrere spezifische und komplizierte chemische Prozesse erforderlich, die jedoch – nachdem die fossilen Rohstoffe aus dem Boden geholt wurden – im Wesentlichen vier Stufen umfassen: Raffination, Cracken, Polymerisation und die Herstellung von sogenannten Nurdles, linsengroßen Plastikpellets.
Der Raffinationsprozess läuft bei Erdgas und Erdöl unterschiedlich ab. Roherdgas besteht aus einem Gemisch von Kohlenwasserstoffen: Methan, Ethan, Propan, Butan und Pentan, Wasserdampf und anderen Verbindungen (Schwefelwasserstoff, Kohlendioxid, Helium, Stickstoff usw.). Mit komplexen Verfahren werden Wasser und Verunreinigungen entfernt; übrig bleiben gereinigte Erdgaskondensate (Natural Gas Liquids/NGL) wie Ethan, das wichtigste Erdgasprodukt für die Kunststoffherstellung.
Kohlenwasserstoffe sind Moleküle, die nur aus Wasserstoff- und Kohlenstoffatomen bestehen.
Rohöl ist eine Suppe aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen. Als solches ist Rohöl nicht besonders nützlich, erst die Raffination zu Produkten wie Benzin, Diesel, Flugbenzin, Kerosin und Naphtha (eine brennbare Flüssigkeit, die hauptsächlich zur Verdünnung von Rohöl und als Kraftstoff verwendet wird) macht es brauchbar. Dazu wird das Rohöl erhitzt und in verschiedene Schichten, die sogenannten Fraktionen, zerlegt. Diese werden nach Gewicht und Siedebereich getrennt, wobei die schwereren Fraktionen nach unten sinken und die leichteren nach oben steigen. Die wichtigsten Fraktionen für die Kunststoffherstellung sind Naphtha, Kerosin, Gasöl und schweres Gasöl.
Allein in den Vereinigten Staaten gibt es:
• 135 Erdölraffinerien
• 510 Erdgasaufbereitungsanlagen
• 29 Ethylen-Cracking-Anlagen
Beim Cracken werden, wie der Begriff schon vermuten lässt, lange Kohlenwasserstoffketten in kleinere Moleküle, sogenannte Monomere, aufgespalten. Das Wort »Monomer« ist aus den altgriechischen Wörtern »monos« (eins, einzeln, allein) und »meros« (Teil, Bestandteil) gebildet.
Je nach Brennstoff werden unterschiedliche Crackverfahren eingesetzt. So wird z. B. ein Gas wie Ethan mit einem Steamcracker aufgespalten, Naphtha mit einem Naphtha-Steamcracker und Kerosin, Gasöl und schweres Gasöl mit einem Verfahren, das Fluid Catalytic Cracking (FCC) genannt wird. Für all diese Prozesse benötigt man hohen Druck und hohe Temperaturen. Beim Steamcracken werden flüssige Kohlenwasserstoffe wie Ethan und Naphtha mit Wasserdampf vermischt und in einem Ofen sehr schnell erhitzt. Die Cracktemperatur und die Verweildauer im Ofen entscheiden darüber, welche Moleküle in diesem Prozess entstehen. Aus Naphtha lässt sich Ethylen (auch Ethan genannt), Propylen oder Butylen (auch Buten genannt) gewinnen. Für das FCC-Verfahren ist nicht nur Hitze, sondern auch ein fester saurer Katalysator erforderlich, damit die gewünschte Reaktion abläuft. Ein Katalysator ist eine Substanz, die es ermöglicht, eine chemische Reaktion entweder schneller oder unter bestimmten Bedingungen ablaufen zu lassen. Die dabei entstehenden Produkte, wie Ethylen, Propylen und Butylen, werden als Petrochemikalien bezeichnet. Petrochemikalien werden zur Herstellung von Kunststoffen verwendet, finden aber auch bei der Produktion von Klebstoffen, Papiererzeugnissen, Druckfarben und Arzneimitteln etc. Verwendung.
*»n« bedeutet: Das eingeklammerte Segment wiederholt sich n-mal.
In der nächsten Stufe werden die Petrochemikalien polymerisiert. Bei der Polymerisation werden Monomere in Polymere – vielteilige Verbindungen – umgewandelt. Dazu werden die Monomere bei bestimmten Temperaturen und mithilfe eines Katalysators zu Polymerketten zusammengefügt. Ethylen (C2H4) beispielsweise ist ein Molekül, das aus zwei durch eine Doppelbindung verbundenen Kohlenstoffatomen besteht. Durch die Reaktion mehrerer Ethylenmoleküle in Gegenwart eines Katalysators wird die Doppelbindung aufgebrochen, und die Kohlenstoffatome verbinden sich zu einer langen Polymerkette. So wird Polyethylen erzeugt. Mit ähnlichen katalytischen Polymerisationsprozessen kann Propylen in Polypropylen und Butylen in Polybutylen umgewandelt werden. Oft werden verschiedene Monomere in Kombination mit unterschiedlichen Katalysatoren getestet, um neue Arten von Polymeren herzustellen. Manchmal finden Raffination, Cracken und Polymerisation in ein und demselben Werk statt, manchmal werden die Komponenten aber auch rund um den Globus transportiert, und die einzelnen Schritte des Herstellungsprozesses werden unabhängig voneinander durchgeführt.
Adieu, Polybutylen
Wie Kleidungstrends und -stile kommen gelegentlich auch bestimmte Kunststoffe aus der Mode. Polybutylen wurde einst in Millionen von Haushalten für Rohrleitungen verwendet. Doch damit war bald Schluss, und zwar aus gutem Grund: Die Rohre wurden oft undicht oder brachen sogar, wenn sie mit Chlor in Berührung kamen, das in vielen Gemeinden zur Trinkwasseraufbereitung verwendet wird. In den USA kam es daraufhin sogar zu einer Sammelklage (Cox gegen Shell Oil), die 1995 nach Zahlung von einer Milliarde Dollar beigelegt wurde.
Im nächsten Schritt wird die polymerisierte Flüssigkeit heruntergekühlt und dann zu winzigen, kaum erbsengroßen Pellets, sogenannten Nurdles, zerkleinert. Dieses Granulat wird weltweit verschifft und dann zu unzähligen Kunststoffartikeln verarbeitet.