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Ravic der Elfenkrieger: Ravic 3 von Alfred Bekker Der Umfang dieses Buchs entspricht 177 Taschenbuchseiten. Ravic ist der Sohn eines Orks und einer Elfin. Im Orkland verspottet man ihn deshalb als Elfensohn, bei den Elfen hingegen verachtet man ihn als Orkling. Ein tiefer Zorn erfüllt Ravic deshalb - ein Zorn, der ihn als Krieger zu einem Berserker macht. Ein blutiger Raubzug führt ihn ausgerechnet ins Herz des Elfenreichs… Alfred Bekker ist Autor zahlreicher Romane und Erzählungen mit einer Gesamtauflage von über 4,5 Millionen Exemplaren. Seine Fantasy-Zyklen um Elben, Orks, Zwerge, Drachen und den Magier Gorian machten ihn einem großen Publikum bekannt. Alfred Bekker schrieb auch unter den Pseudonymen Jonas Herlin, Henry Rohmer, John Devlin, Neal Chadwick.
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Seitenzahl: 214
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Ravic der Elfenkrieger: Ravic 3
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
Title Page
Ravic der Elfenkrieger: Ravic 3
Copyright
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
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von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 177 Taschenbuchseiten.
Ravic ist der Sohn eines Orks und einer Elfin. Im Orkland verspottet man ihn deshalb als Elfensohn, bei den Elfen hingegen verachtet man ihn als Orkling. Ein tiefer Zorn erfüllt Ravic deshalb - ein Zorn, der ihn als Krieger zu einem Berserker macht. Ein blutiger Raubzug führt ihn ausgerechnet ins Herz des Elfenreichs...
Alfred Bekker ist Autor zahlreicher Romane und Erzählungen mit einer Gesamtauflage von über 4,5 Millionen Exemplaren. Seine Fantasy-Zyklen um Elben, Orks, Zwerge, Drachen und den Magier Gorian machten ihn einem großen Publikum bekannt.
Alfred Bekker schrieb auch unter den Pseudonymen Jonas Herlin, Henry Rohmer, John Devlin, Neal Chadwick.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
Cover: Werner Öckl, 2021
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Ravic Elfenstirnspalter erreichte zusammen mit Branagorn von Yevroc das Schamanenkloster Parathwena. Die Schamanenklosteranlagen selbst waren sehr viel größer, als Ravic es je bei einem anderen Schamanenkloster gesehen hatte. Und es war auch keinesfalls wehrlos. Ravic bemerkte gut ausgerüstete bewaffnete Wächter auf den Befestigungen, die das Schamanenkloster umgaben.
Auch wenn die Elfen-Schamanen ihre einfachen Kutten trugen, so schienen sie es doch zumindest teilweise mit den Grundsätzen ihrer Lebensweise nicht ganz so genau zu nehmen wie andernorts. Dies war nicht ausschließlich ein Ort der Buße und der Besinnung auf den Pfad des Geistes, sondern auch ein Ort der Macht. Ein Herrschaftssitz, der in dieser Hinsicht so manchen Hof eines Hordenfürsten im Orkland durchaus wie eine schäbige Hütte erscheinen ließ.
"Es wäre gut, wenn du überwiegend schweigst, Ravic", sagte Branagorn von Yevroc, nachdem sie das Tor passiert hatten.
"Was immer du verlangst", meinte Ravic.
"Und noch etwas: Du wirst diesmal nicht von meiner Seite weichen. Bei keinem Gespräch, keinem Treffen und selbst in der Nacht wirst du im selben Raum schlafen und deine Waffen immer griffbereit halten."
"Anscheinend hast du aus den Vorfällen während unserer bisherigen Reise etwas gelernt", sagte Ravic.
"Ja, das habe ich. Dass die Welt nicht so brüderlich ist, wie sie unserem Glauben nach sein sollte, ist mir natürlich nie verborgen gewesen. Und dass meine Mission nicht nur Freunde hat, war mir auch längst bekannt. Nur habe ich nicht im Traum vermutet, wie weit die Arme meiner Feinde reichen. Nicht einmal im schlimmsten Albtraum hätte ich das vermutet..."
"Du hast Darnuc von Dalabor wirklich vertraut", stellte Ravic fest.
"Nur der Elfengott enttäuscht uns nicht in seiner Güte - alle anderen Geschöpfe leider immer wieder", seufzte Branagorn. "Und dies muss man anscheinend immer wieder auf bittere Weise von Neuem lernen."
Ein Novize nahm ihnen die Laufdrachentiere ab und der Abt persönlich begrüßte Branagorn am Eingang des Hauptgebäudes. Sein Name war Sutrebogir, ein Orks von ungewöhnlicher Größe. Er war sogar einen ganzen Kopf größer als Ravic, dabei aber sehr dünn und feingliedrig. Im Gegensatz zu manch beleibtem Glaubensbruder glaubte man es ihm auch, dass er es mit dem Gelübde der Bescheidenheit auf dem Pfad des Geistes auch tatsächlich ernst nahm. Sutrebogir musterte Ravic stirnrunzelnd und Branagorn erklärte dazu einfach nur: "Mein Begleiter und Schutzschild."
"Sollten wir uns nicht auf den Schutz des Geistes und unseres Elfengottes zu verlassen?", fragte Sutrebogir.
"Ich befand, dass es opportun war, dem Elfengottt das Werk etwas zu erleichtern", gab Branagorn von Yevroc zurück.
"Schön gesagt, Branagorn. Den Humor, den man in Yevroc pflegt, habe ich immer geschätzt."
"Unser Gott hat uns das Lachen gegeben, um das Grauen leichter ertragen zu können."
"Ein Novize wird euch die Schlafstellen zeigen."
"Ehrlich gesagt bin ich in Eile und würde es vorziehen, so schnell wie möglich mit König Lerak zu sprechen."
"Er ist in der Kapelle und betet. Ich würde niemandem empfehlen, ihn dabei zu unterbrechen, aber du als sein ehemaliger Lehrer hast gewiss diesbezüglich Rechte, die anderen nicht zustehen."
*
Ravic folgte wenig später Branagorn von Yevroc zur Schamanenklosterkapelle von Parathwena. An der Tür standen Wachen, was ungewöhnlich war und schon darauf hindeutete, dass hier etwas nicht so war, wie gewöhnlich. Die Wachen waren Fremde. Elfen zwar - aber von anderer Art, als Ravic sie bisher kennengelernt hatte. Sie unterhielten sich in anzanischer Sprache und schienen sich gut zu amüsieren. Jedenfalls lachten sie immer wieder. Aber als Branagorn und Ravic Einlass begehrten und die Tempelstätte betreten wollten, richteten sie ihre Lanzen auf Ravic. Was sie sagten, verstand Ravic nicht. Aber das brauchte auch kaum übersetzt zu werden. Es lief darauf hinaus, dass sie Ravic den Zutritt zur Kapelle verweigern wollten.
Branagorns Erwiderung war ebenfalls auf Anzanisch - und sie klang sehr bestimmt und barsch. Eine Art zu sprechen, die Ravic bei einem Schamanen in dieser Form nicht erwartet hätte.
Vielleicht war das ja doch kein Witz, als er behauptete, mit einem übellaunigen Gedanken töten zu können!, dachte Ravic in diesem Moment.
Jedenfalls traten die Wächter schließlich zur Seite. Sie verlangten noch nicht einmal, dass Ravic seine Waffen ablegte.
"Schwierigkeiten?", fragte Ravic an Branagorn gerichtet, während sie den Vorraum der Tempelstättenhalle bereits betreten hatten. Seine Stimme hallte so sehr wider, dass er fast erschrak. In dieser Tempelstätte schien schon ein Flüstern zu einem lauten Getöse werden zu können.
"Keine, die sich nicht lösen ließen", gab Branagorn zurück und flüsterte dabei nur.
Dann traten sie in die Tempelstättenhalle. Auch hier gab es Wächter, die zweifellos etwas irritiert darüber waren, dass ein Schamane in Begleitung eines bewaffneten Beschützers eingetreten war.
Vor dem Altar kniete jemand. Er - den breiten Schultern nach war es zweifellos ein Elf - trug einen Umhang aus edel gewebtem, purpur durchwirkten Stoff, dessen Kapuze sein Haupt bedeckte, sodass man davon nichts sehen konnte.
Das musste König Lerak sein, den man den Kahlen nannte. Er sprach Worte vor sich hin, die Ravic nicht verstand. Eine Mischung aus Alt-Elfisch, Anzanisch und hin und wieder kleineren Passagen in normaler elfischer Sprache. Aber auch wenn Ravic die genaue Bedeutung nicht zu erfassen vermochte, so war doch eindeutig, dass es sich um Gebete handeln musste.
Branagorn und Ravic warteten in einem respektvollen Abstand geduldig, bis der König seine Zwiesprache mit dem Elfengott auf dem Pfad des Geistes beendet hatte und sich wieder erhob. Dann drehte er sich um und schlug die Kapuze seines Umhangs zurück.
Ravic glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Erstens war der Elf, der da im Gewand eines Königs vor ihm stand, sehr viel jünger als er es erwartet hatte. Und zum zweiten wunderte ihn die Mähne aus dichtem, elfenhaft feinem Haar, die Lerak bis weit über die Schultern fiel. Bei Roht, wieso nennt man diesen Elf nur Lerak den Kahlen?, ging es ihm durch den Kopf.
"Lerak! Mein König", sagte Branagorn und kniete nieder. Ravic hielt es unter den gegebenen Umständen für das Beste, diesem Beispiel zu folgen. Auch wenn er solche Gesten der Unterwerfung aus tiefster Seele hasste und sie als unwürdig empfand, so wollte er im Moment doch lieber nichts tun, was die Lage unnötig verkomplizierte.
Lerak trat näher, blieb dann stehen und machte ein Zeichen, das ihnen bedeutete, sich zu erheben.
"Es ist schön, dass du gekommen bist, Branagorn von Yevroc, mein Lehrer."
"Die Freude liegt ganz auf meiner Seite."
"Und seit wann kniest du vor mir? Du wirst ewig mein Lehrer bleiben. Ganz egal, welchen Rang ich inzwischen eingenommen habe."
"Es freut mich, dass Ihr das so seht."
Lerak blickte kurz zu Ravic hinüber, wobei die Hand des Königs den prachtvoll verzierten Schwertgriff umfasste. "Anscheinend traust du deinem Schüler nicht mehr über den Weg. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass du dich nur in Begleitung eines bewaffneten Wächters in meine Gegenwart traust?"
Lerak sprach Elfisch, aber mit einem sehr starken anzanischen Akzent, was wohl der Tatsache geschuldet war, dass er die letzten Jahre vorwiegend im westlichen Teil des Reiches verbracht hatte, vornehmlich in Anzanien. Ravic hatte daher erhebliche Mühe, gleich zu verstehen, was der König meinte. Zudem waren seine Sätze mit anzanischen Wörtern durchsetzt, was das Verständnis zusätzlich erschwerte.
"Ich bin nur vorsichtig, mein König", sagte Branagorn von Yevroc.
"Und du hast Grund zu dieser Vorsicht?"
"Den habe ich. Nicht allen gefällt, was ich versuche!"
"Nicht allen gefällt der Verrat. Das mag wohl sein."
"Welcher Verrat?", fragte Branagorn. Ravic bemerkte, dass sich die Stimmung des Königs jetzt sichtbar veränderte. Hatte er zunächst weitgehend zu verbergen gewusst, was in ihm vorging, so brach es nun ungehemmt aus ihm hervor. Er ballte die Hand zur Faust. "Du reitest für meinen Halbbruder Giwdul durch die Lande und versuchst ein Bündnis mit Kaiser Rahtol zur schmieden!"
"Um der Gefahr durch die Eindringlinge Herr zu werden, die von der See aus in unser Land eingefallen sind!", verteidigte sich Branagorn.
"Und was ist mit dem Schwur von Grubsarst? Was ist mit dem großen Pergament, dessen Text mit den Namen von Giwdul und mir unterzeichnet ist, verfasst in zwei Sprachen, elfisch und anzanisch, damit nicht irgendjemand unter den Zeugen des Schwurs irgendwann behaupten kann, er habe nicht gewusst, worum es geht!"
"Ich habe den Schwur nicht vergessen."
"Aber dein König Giwdul hat ihn anscheinend vergessen!" Lerak trat jetzt sehr nahe an Branagorn heran. Seine Worte waren leise gesprochen, aber trotzdem sehr klar zu verstehen. "Giwdul und ich haben uns geschworen, gemeinsam gegen Rahtol zu ziehen, ihm die Kaiserwürde zu nehmen und sein Reich unter uns aufzuteilen, denn zwei Könige sind schon mehr als genug für das Reich der Elfen! Es war ein geheimer Schwur, der mit Blut besiegelt wurde und was erfahre ich jetzt? Giwdul schickt seinen Unterhändler Branagorn von Yevroc zu unserem gemeinsamen Feind Rahtol, um mit ihm ein Bündnis zu schmieden! Wie konnte man mich nur so hintergehen?"
"Niemand will Euch hintergehen, Lerak!"
"Weißt du was, mein verehrter Lehrer? Einem anderen würde ich gar nicht die Gelegenheit geben, eine so schändliche Absicht noch irgendwie zu entschuldigen oder zu erklären!" Er warf einen kurzen Blick in Ravics Richtung. "Kein Wunder, dass du dich nicht mehr allein auf deinen unheiligen Weg traust. Aber glaub ja nicht, dass dich ein stummes Ungeheuer wie dieser Orkling dort davor bewahren kann, deiner gerechten Strafe zu gehen."
"Lerak!"
"Ich gebe dir nur einen Augenblick, um zu entkräften, was ich bisher weiß. Und im Übrigen bin ich hier im Reich meines Halbbruders Giwdul und werde ganz sicher hier nichts gegen dich unternehmen oder dir etwa eigenhändig die Kehle durchschneiden, wie du es verdient hättest!"
"Lerak, nun hört mich doch an! Es ist notwendig, dass Giwdul und Rahtol ihren Krieg beenden. Und wenn es nur für kurze Zeit ist!"
"Das musst du mir erklären!"
"Schiffe sind den Großen Strom hinaufgefahren. Schiffe mit Kriegern aus dem Orkland, die plündernd und mordend in unser Land eingefallen sind. Sie haben Xalanor besetzt und Nivandrum angeblich dem Erdboden gleichgemacht. Sie rauben die Schamanenklöster aus und auf einer Insel im Strom haben sie sich offenbar auch niedergelassen - und niemand weiß, wie lange sie bleiben werden."
"Ein paar Räuber, die das Meer hin und wieder anspült. Die werden auch wieder verschwinden. So etwas gibt es auch an anderen Küsten."
"Die Gefahr aus dem Orkland wurde lange unterschätzt. Im Land der Insel-Elfen und in Dalirland haben die Orks schon eigene Reiche gegründet und an der Nordgrenze unseres Reiches fallen sie immer wieder ein und fahren den Westfluss hinauf bis Grubammah. Nur interessiert das in anderen Teilen unseres Reichs leider kaum jemanden. Zumindest bisher."
"Wie gesagt, das rechtfertigt alles keineswegs den Bruch eines gültigen Geheimschwurs!" Leraks Gesicht war sehr finster geworden. "Es ist immer dasselbe", meinte er. "Das Halbbrüderpack schlägt sich und verträgt sich wieder. Ich hätte mich nie darauf einlassen sollen, auch nur einem der beiden zu trauen. Die haben mich immer verachtet, mich nie als ihren königlichen Bruder akzeptiert, so wie sie meine Mutter nie als Gemahlin meines Vaters anerkannt haben!"
"Ich verstehe Euch durchaus, Lerak..."
"Ach ja? Ihr dient ihnen doch!"
"Nein, ich diene dem Pfad des Geistes. Und wenn dazu nötig ist, Königen zu helfen, dann tue ich auch das. Aber nie zum Selbstzweck."
"Ja, so hast du schon geredet, als du noch mein Lehrer warst..." Leraks Nasenflügel bebten. Diese Angelegenheit ging ihm offensichtlich sehr nahe. "Viel zu weich ist mein Vater gegenüber Giwdul und Rahtol gewesen! Sie haben Krieg gegen ihn geführt! Sie haben ihn gezwungen, in dieses Schamanenkloster zu gehen! Unsere Familie war hier gefangen! Und als er dann das Blatt wendet und seine Söhne besiegen konnte, was hat er da getan? Sie vielleicht bestraft, wie es sich gehört hätte? Nein! Er hat ihnen verziehen, diesen Schweinehunden und Schwurbrechern!"
"Man nannte Euren Vater nicht umsonst ‘den Frommen’", gab Branagorn zu bedenken.
"Pah, so fromm darf nicht einmal ein Elfengott-Priester sein!", entfuhr es Lerak. "Wenn mein Vater meine Brüder bestraft und ins Schamanenkloster geschickt hätte, damit sie ihre Sünden büßen, wie es sich gehört hätte, dann wäre ich jetzt Kaiser und Alleinherrscher. Ich, der ich für meine Brüder immer nur der kleine Nachzügler aus der zweiten Ehe meines Vaters war. Ein Halbbruder, den man verachten und um sein Erbe bringen kann, wie es einem gefällt!"
"Am Ende habt Ihr den besten Teil des Reiches bekommen", gab Branagorn zu bedenken.
"Ja, nachdem eine Versammlung der Fürsten das durchgesetzt hat!" Er atmete tief durch. "Mein Vater starb an einer Elfenkrankheit, die man Lebensüberdruss nennt. Viele sagen, dass es die natürliche Folge elfischer Langlebigkeit ist. Aber in diesem Fall war der Streit mit seinen Söhnen der Auslöser!"
"Ich kann Euren Schmerz nachempfinden", sagte Branagorn. "Denn ich verlor einst meine große Liebe durch dieselbe Krankheit."
Einige Augenblicke herrschte jetzt Schweigen. Lerak drehte sich um und ging ein paar Schritte. Dann blieb er stehen und kehrte zurück. "Wenn du Giwdul siehst, dann erinnere ihn an seinen Schwur zu Grubsarst."
"Das kann ich gerne tun", sagte Branagorn.
"Und falls ihm die Erinnerung daran schwerfällt oder er nicht mehr wahrhaben will, was er damals schriftlich niedergelegt hat, dann sollte er bedenken, dass ich mich durchaus gegen ihn wenden und mit Rahtol zusammentun könnte. Es muss nicht unbedingt Rahtols Reich sein, das aufgeteilt wird!"
"Lerak! Alles, was jetzt notwendig ist, ist eine kurzfristige Einigung zwischen Euren beiden Brüdern - und eine Beendigung ihrer Auseinandersetzungen um die Gebiete am Großen Strom. Denn diese Uneinigkeit ist der einzige Grund dafür, dass sich die Invasoren breitmachen konnten. Nicht nur das! Sie werden die Kunde davon in ihre Länder tragen und man muss damit rechnen, dass in Kürze sich weitere Flotten auf den Weg machen werden. Diese Einigung will ich! Mehr nicht! Alles was dann geschieht, muss in Nudrev verhandelt werden."
"Nudrev!" Lerak machte eine verächtliche Handbewegung. "Dort streiten sich unsere Unterhändler doch schon ein Jahre oder mehr und es wird sich nichts bewegen!"
"Weil die Herren dieser Unterhändler sich nicht bewegen wollen! Deshalb geht dort nichts voran. Und weil keiner dem anderen traut. Nicht einmal den beiden Königssöhnen aus erster Ehe!"
"Ja, sie sind sich nur darin einig, dass jeder von ihnen die Vorherrschaft über die anderen will. Und zwar für sich allein."
"Ein Spiel zu dritt ist ein gefährliches Spiel, Lerak."
"Wie wahr, mein Lehrer! Wie wahr."
"Dann solltet Ihr es aufgeben!"
"Ach, ja?"
"Ihr alle drei, Lerak! Denn keiner der Könige ist in der Lage, es zu gewinnen und endgültig für sich zu entscheiden. Wenn ihr zu keiner Einigung findet, werdet ihr alles verlieren. Und das ist dann nicht die Schuld von ein paar Ork-Barbaren, die mit ihren Schiffen unsere Flüsse hinauffahren und sich nehmen, was ihr nicht mehr in der Lage seid zu schützen."
Wieder entstand eine Pause.
Der König des Westreichs schien nachdenklich geworden zu sein. Branagorn trat an ihn heran - näher als Ravic es in Anbetracht der Spannungen, die in der Luft lagen, für gut hielt. Dieser Jüngling auf dem Thron wirkte sehr impulsiv. Er hatte mit Ravic nicht nur die Jugend, sondern auch den unbändigen Zorn gemeinsam und so konnte sich der Orkling durchaus vorstellen, dass der Herrscher plötzlich zum Dolch griff...
Und in diesem Fall ist meine Lage äußerst heikel, wusste Ravic. Er sah sich um und beobachtete die Wachen, schätzte ihre Kampfkraft ungefähr ein und überlegte, wie er vorgehen konnte, wenn die Situation eskalierte.
"Seid Ihr jemals schlecht gefahren, wenn Ihr meinem Rat gefolgt seid, Lerak?", fragte Branagorn nun, der die Nähe zu seinem ehemaligen Schüler nicht zu fürchten schien. Vielleicht glaubte er, dass der noch immer spürbare Respekt vor einem ehemaligen Lehrer Lerak davon abhalten würde, seinem Zorn nachzugeben. In diesem Punkt irrst du dich, Schamane, dachte Ravic. Du irrst dich, weil du diese Art von Zorn nie selbst gefühlt hast.
Aber entgegen Ravics Erwartung hatten Branagorns Worte eine durchaus beruhigende Wirkung auf den jungen König.
"Was soll ich deiner Meinung nach tun, Branagorn von Yevroc?"
"Gebt mir etwas Zeit. Lasst es zu einer kurzfristigen Übereinkunft zwischen Giwdul und Rahtol kommen. Sie ist unumgänglich, wenn wir nicht auf Jahre hinaus fremde Räuber in unserem Land haben wollen."
"Und wenn diese Räuber fortgejagt sind - was vielleicht gar nicht so einfach sein dürfte? Dann geht es weiter, wie zuvor geschworen?"
"Es ist vielleicht gar nicht nötig, die Orks davonzujagen und dafür unnötig Blut zu vergießen."
"Und wie sieht dein Plan in dieser Sache aus?"
"Ich werde Euren Brüdern vorschlagen, ein Lösegeld zu zahlen, damit die Orks wieder aufs Meer hinausfahren und das Land verlassen."
"Das wird nur dafür sorgen, dass sie nächstes Jahr wiederkommen!"
"Aber es wird uns Aufschub geben. Wer weiß, was nächstes Jahr ist, Lerak! Niemand kann das vorhersagen. Wenn es bis dahin eine vernünftige Übereinkunft bei den Verhandlungen in Nudrev gibt, dann stehen die Chancen gut, dass ein erneuter Vorstoß der Orks abgewehrt werden kann. Nochmals werden sie uns nicht so unvorbereitet und unorganisiert zu treffen vermögen. Nochmals nicht!"
Lerak hob die Augenbrauen. "Du sprichst von einem Lösegeld. Wer wird das aufbringen?"
"Giwdul ist bereit dazu. Und es bestehen gute Chancen, auch Rahtol dazu zu bewegen, sich daran zu beteiligen, denn es liegt auch in seinem Interesse."
"Und die Schamanenheit?"
"Die wird auch ihren Teil dazutun", versicherte Branagorn. "Aber Euch, mein Herr, wird man vermutlich nicht darum bitten. Dieser Kelch wird an Euch vorübergehen. Doch Ihr müsst die Annäherung zwischen Rahtol und Giwdul dulden, sonst wird aus diesem Plan nichts."
Erneut entstand eine Pause.
"Gut, ich verlasse mich auf dich, Branagorn", sagte König Lerak schließlich.
"Dann werdet Ihr stillhalten? Ihr werdet kein Heer in Richtung nach Rahtolingien in Marsch setzen oder irgendetwas tun, was unseren Plan gefährden könnte?"
"Deinen Plan, Branagorn", erinnerte ihn Lerak. "Es ist dein Plan, nicht meiner. Aber ich bete für uns alle, dass er sich erfüllt. Bei Gott, ich bete dafür. Denn wenn nicht, wirst du es bereuen, mein Lehrer!"
"Zweifellos", gab Branagorn dünnlippig zurück.
"Tue mir trotzdem einen Gefallen."
"Welchen?"
"Vergiss nicht Giwdul an den Schwur zu erinnern, den er geleistet hat und der schriftlich niedergelegt wurde. Und vielleicht könntest du dabei einfließen lassen, dass dieses zweisprachige Pergament eventuell auch Rahtol zu Gesicht gelangen könnte, was die Situation vielleicht auf eine Weise ändern würde, die für Giwdul äußerst prekär wäre..."
"Du willst deinem Bruder drohen?"
Lerak lächelte kühl. "Meinem Halbbruder. Er selbst hat auf diesen Unterschied immer den größten Wert gelegt. Ich wüsste also nicht, weshalb ich auf diese Unterscheidung verzichten sollte. Nein, ich bedrohe ihn nicht. Ich erinnere ihn nur an einen Schwur. Einen Schwur, an den er sich nur zu halten hat, wenn er ein Elf von Ehre ist!"
Branagorn verneigte sich. "Ich werde ihm ausrichten, was Ihr mir gesagt habt, mein König", versicherte er.
*
Noch vor Einbruch der Nacht verließ König Lerak mitsamt seinem Gefolge das Schamanenkloster Parathwena. Eine mehr oder minder unauffällige Gruppe von Reitern, die ohne großes Aufsehen zu verursachen gen Westen ritt.
Ravic und Branagorn übernachteten in einem der Schlafräume, die das Schamanenkloster Parathwena für Reisende bereithielt. Außer den beiden waren derzeit keine Fremden in Parathwena und so hatten sie den großen Schlafsaal für sich allein.
"Eins musst du mir sagen, Schamane", wandte sich Ravic an Branagorn. "Wieso wird dieser König Lerak der Kahle genannt?"
"Wieso nicht?", gab Branagorn zurück und lächelte hintergründig.
"Ich hatte einen alten Elf erwartet, der nur noch einen schmalen Haarkranz um das Haupt trägt. Stattdessen begegnete mir ein Jüngling mit einer so dichten Haarpracht! Richtiges Laufdrachentierehaar hatte der und er schien auch wenig davon zu halten, das Wachstum dieser Mähne auf irgendeine Weise einzuschränken! Einen Elf, dem man den Beinamen ‘der Kahle’ gegeben hat, stelle ich mir ehrlich gesagt anders vor."
Branagorn nickte. "Du bist kein Elf, auch wenn du von einer Elfin abstammst. Das merkt man an deiner Frage."
"Wie meinst du das?"
"Lerak der Kahle wird nicht deswegen so genannt, weil er kahl wäre, was ja nicht der Fall ist, wie du gesehen hast."
"Sondern?"
"Volles, langes Haar ist unter Elfen ein Zeichen königlicher Würde. Kein Elf, der ein lichtes Haupt hat, könnte den Thron besteigen und es sind schon im Zuge vom Thronstreitigkeiten Bewerber rasiert worden, nur um sie als für die Herrschaft unwürdig zu brandmarken und sie auf diese Weise auszuschließen."
"Eigenartige Sitten sind das!"
"Lerak der Kahle hat diesen Namen bekommen, weil er bei der ersten Teilung des Reiches leer ausging. Er war ohne Herrschaft - also kahl, wie man hier sagt. Seine beiden Halbbrüder hatten das Reich schon unter sich aufgeteilt und erst eine Fürstenversammlung hat dafür gesorgt, dass Lerak schließlich doch noch seinen Teil abbekam. Aber den Namen ‘der Kahle’ wird er jetzt wohl bis zu seinem Ende nicht mehr los werden."
"Hm", brummte Ravic. "Anscheinend geht doch nichts über eine nette Familie und die Zuneigung unter Brüdern!"
"Rahtol und Giwdul waren nicht begeistert, als ihr Vater nach dem Tod ihrer Mutter ein zweites Mal heiratete und einen weiteren, wesentlich jüngeren Thronfolger in die Welt setzte. Nach elfischem Recht wird das Erbe unter den Söhnen aufgeteilt. Und wenn dieser Nachzügler nicht gekommen wäre..."
"...hätte man nur durch zwei teilen müssen!"
"So ist es."
Ravic schüttelte den Kopf. "Eine dumme Sitte", sagte er. "Es wäre vernünftig, sie abzuschaffen."
"Ja - zumal hierzulande nach dem Tod eines Herrschers die überzähligen Erben entweder ermordet oder ins Schamanenkloster gesteckt werden müssen, wenn das Reich seine Einheit behalten soll."
"Oder man rasiert sie, wie ich jetzt gelernt habe", ergänzte Ravic.
"Wir brechen morgen in aller Frühe auf."
"Wohin wird es gehen?"
"Das wirst du schon noch sehen."
"Du traust mir noch immer nicht?"
Branagorn zögerte, ehe er schließlich doch antwortete. "Wir reiten morgen nach Elfgartenburg."
"Was ist dort?"
"Dort befindet sich ein Königshof. Rahtol pflegt dort sein Heer zu versammeln und es ist sehr wahrscheinlich, dass er jetzt dort ist. Abt Sutrebogir hat das bestätigt."
"Dann also auf zu diesem Königshof!", sagte Ravic, während er sich auf dem einfachen Bett ausstreckte, das er hier in Parathwena gefunden hatte.
*
Am nächsten Morgen ging es in aller Frühe weiter. Branagorn hatte am Abend zuvor noch eine längere Unterredung mit dem Abt gehabt, von der Ravic allerdings kein einziges Wort verstanden hatte, da das Gespräch auf Anzanisch geführt worden war. Am Morgen unterhielten sich Branagorn und Abt Sutrebogir noch einmal auf diese Weise und der Abt brachte sie sogar persönlich zum Haupttor des Schamanenklosters.
"Es scheint wichtige Dinge gegeben zu haben, die du mit Sutrebogir zu besprechen hattest", meinte Ravic, nachdem sie schon fast eine Stunde geritten waren und durch ein bewaldetes Gebiet kamen.
"Ein wenig geistlicher Trost", behauptete Branagorn.
"Und dazu bedarf es einer Geheimsprache?"
"Geheim ist die Sprache nur für diejenigen, die sie nicht gelernt haben."
"Du musst mich für einfältig halten!"
"Bist du das nicht auch?" Branagorn machte eine wegwerfende Handbewegung, wie sie für ihn so typisch war. "Es reicht, wenn du dein Schwert führen kannst und weiterhin auf der Hut bist."
"Der kahle Lerak wird ja jetzt wohl kaum noch einen Mörder schicken..."
"Da wäre ich mir nicht so sicher."
"Er schien mir mit deinen Plänen einverstanden zu sein."
"Ja, das war er, als ich mit ihm in der Kapelle sprach. Aber sein Gemüt ist schwankend. Und es kann sein, dass ihn dann doch plötzlich der Zorn packt und er etwas tut, wovon er selbst vielleicht nie geglaubt hätte, dass er dazu fähig wäre."
"Ja, das kann ich nachempfinden..."
"Es sind nicht nur die Könige, die vielleicht einen Grund dazu haben, mir den Hals aufzuschlitzen. Die vielleicht sogar am wenigsten, denn letztlich will ich nur ihr Bestes, auch wenn sie das selbst vielleicht nicht immer so sehen. Es sind die Elfen aus der zweiten Reihe, die mir genauso gefährlich werden können."
"Elfen wie Darnuc von Dalabor."
"Richtig. Diese Elfen haben vielleicht sogar mehr zu verlieren, wenn sich im Spiel der drei Elfenkönige eine Wende ergibt. Das hat mir das Beispiel von Darnuc vor Augen geführt."
"Wirst du etwas gegen ihn unternehmen, wenn du das nächste mal Darnucs Herrn triffst?"
"König Giwdul?" Branagorn zuckte mit den Schultern. "Manchmal ist es klüger, nichts zu tun."
"Aber es liegt auf der Hand, dass dieser Elfenritter namens Nondramil und seine Begleiter von ihm geschickt wurden!"
"Habe ich einen Beweis dafür? Kann ich sicher sein, dass König Giwdul mich mehr braucht, als er Darnuc braucht?"