Reed (Carolina Cold Fury-Team Teil 10) - Sawyer Bennett - E-Book

Reed (Carolina Cold Fury-Team Teil 10) E-Book

Sawyer Bennett

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Beschreibung

Die Sommerpause wird für den Herzensbrecher des Cold Fury-Eishockeyteams doppelt heiß, denn er will unbedingt seine Nachbarin erobern. Nach zwei aufeinanderfolgenden NHL-Meisterschaften sehnt sich der Spieler Reed Olson nach ein wenig Erholung und Entspannung. Reed steht auf einen bestimmten Typ Frau – blond, volle Brüste, in jeder Hinsicht aufgeschlossen – und zum Glück hat er ein kleines schwarzes Buch voller Optionen. Warum kann er dann nicht aufhören, von seiner neuen Nachbarin zu fantasieren? Sie ist eine wahre Intelligenzbestie und scheint nichts mit dem durchtrainierten Sportler zu tun haben zu wollen. Die Ärztin Josie Ives braucht dringend etwas, was ihr prominenter Nachbar offensichtlich nicht benötigt: Ruhe. Reed ist genau so, wie sie ihn sich vorgestellt hat – gutaussehend und ausgestattet mit einem Körper, der die griechischen Götter in den Schatten stellt. Aber sie hätte nicht erwartet, dass er auch noch witzig und charmant ist. Josie weiß, dass sie das genaue Gegenteil von seinem Beuteschema ist, und das ist für sie in Ordnung. Dennoch ist die Chemie zwischen ihnen unbestreitbar. Ihre neu gefundene Freundschaft hat sicherlich ihre Vorteile, aber sie beginnt sich zu fragen, ob sich Gegensätze womöglich doch anziehen. Teil 10 der Reihe rund um das Eishockeyteam der Carolina Cold Fury von New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett.

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Seitenzahl: 299

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Sawyer Bennett

Carolina Cold Fury-Team Teil 10: Reed

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Sandra Martin

© 2018 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Reed: A Cold Fury Hockey Novel“

© 2024 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-718-5

ISBN eBook: 978-3-86495-719-2

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Autorin

Kapitel 1

Reed

„Wir passen so gut zusammen, Baby“, keucht sie unter mir. „Die Paparazzi haben heute Abend ein paar tolle Fotos von uns gemacht. Deine silberfarbene Krawatte hat wunderbar zu meinem Kleid gepasst.“

Eine Schweißperle rinnt mir die Schläfe hinunter, als ich noch tiefer in sie eindringe.

Härter.

Schneller.

Ich gebe alles, damit sie endlich den Mund hält. Es ist mir ein Rätsel, wie sie einen zusammenhängenden Satz formulieren kann, während ihre Knöchel auf meinen Schultern ruhen. Im Gegensatz zu ihr kann ich keinen klaren Gedanken fassen. Ich will sie nur noch zum Höhepunkt bringen und mich selbst erleichtern.

„Ich fliege nächste Woche nach Fidschi“, sagt sie mit abgehackter Stimme, wobei ihr jedes Wort im Takt meiner Stöße über die Lippen kommt. „Du solltest mit…“

Auf keinen Fall.

Ich löse mich von ihr, drehe sie auf den Bauch und ziehe sie auf alle viere. Dann dringe ich erneut in sie ein und werde mit einem langen Stöhnen belohnt, das kein Ende zu nehmen scheint.

Endlich. Ihre Worte sind einem lustvollen Laut gewichen und ich kann mich wieder auf das Wesentliche konzentrieren.

Während ich sie mit einer Hand an der Hüfte und mit der anderen an der Schulter festhalte, stoße ich kräftig in sie hinein. Sie hat mir erzählt, was ihr gefällt. Allerdings war ihr nicht anzumerken, ob sie Lust empfindet, da sie die ganze Zeit über geredet hat.

Aber in dieser Position habe ich mehr Erfolg, denn das Gerede über eine Reise nach Fidschi scheint vergessen zu sein. Mein Atem beschleunigt sich und meine Hoden ziehen sich zusammen, als ihr Stöhnen plötzlich in Schreie übergeht.

Schrille, durchdringende, ohrenbetäubende Schreie. Ich habe das Gefühl, dass mir jeden Moment das Blut aus den Ohren laufen wird, und wünsche mir fast, dass sie wieder anfängt zu sprechen.

Ich überlege kurz, ob ich ihr den Mund mit einer Hand zuhalten soll, doch dann stößt sie einen letzten markerschütternden Schrei aus und erklimmt den Gipfel der Ekstase. Wahrscheinlich mehr aus Erleichterung als alles andere lasse ich mich gehen. Ich dringe noch einmal in sie ein und werde von einem bestenfalls mittelmäßigen Orgasmus durchströmt.

Ich lasse mich auf die Matratze fallen und bin verblüfft, als sie sich umdreht und weiterplappert: „Wie ich schon sagte, du solltest mich auf die Fidschis begleiten. Ich habe dort ein Bikini-Shooting und …“

Sie redet weiter, aber ich höre nicht mehr zu. Mein Gott, seit wann ist es so schwer geworden, sich gelegentlich zu vergnügen? Ich frage mich, ob es nicht besser wäre, einfach nur meine Hand zu benutzen oder dem Sex ganz abzuschwören. Ich steige aus dem Bett und ziehe das Kondom ab. Sie setzt sich auf und redet weiter auf mich ein, doch ich starre sie lediglich an und höre kein einziges Wort, das aus ihrem Mund kommt.

Seufzend gehe ich in mein Badezimmer, werfe das Kondom in die Toilette und spüle es hinunter. Dann stütze ich mich mit den Händen am Waschtisch ab, beuge mich vor und betrachte mich eingehend im Spiegel.

Ich sehe nicht aus wie ein Typ, der gerade tollen Sex mit einem Supermodel hatte.

Nun, sie ist zwar ein Supermodel, aber der Sex war alles andere als atemberaubend.

Scheiße … Vielleicht werde ich langsam frigide. Ich hoffe bei Gott, dass das nicht der Fall ist, denn ich habe wirklich keine Lust, mich in Enthaltsamkeit zu üben.

„Reed“, ruft sie aus dem Schlafzimmer. „Ich werde mir ein Wasser holen. Willst du auch eins?“

„Ja“, antworte ich, obwohl ich eigentlich gar kein Wasser will. Viel lieber würde ich mich ins Bett legen und die Augen schließen.

Allein.

Ich würde gern ausschlafen und morgen den ganzen Tag faulenzen. Schließlich ist dies der Beginn meines Sommerurlaubs. Als Eishockeyspieler, der gerade den Stanley Cup gewonnen hat, kann ich mir auch mal eine Auszeit gönnen. Ich muss lediglich dafür sorgen, dass ich in Form bleibe.

Ein Klingeln an der Tür schreckt mich auf. 

Was zum Teufel? Es ist nach ein Uhr morgens.

Ich gehe zurück in mein Schlafzimmer, schnappe mir meine Jeans vom Boden und ziehe sie an. Dann eile ich die Treppe hinunter und erreiche den Eingangsbereich, als es erneut klingelt.

Ohne einen Blick durch den Spion zu werfen, reiße ich die Tür auf und erblicke eine zierliche Brünette auf meiner Veranda. Ich starre sie entgeistert an. Sie trägt einen Schlafanzug, der aus einer hellblauen Baumwollhose und einem passenden T-Shirt besteht. Letzteres sitzt zwar locker, aber es ist nicht zu übersehen, wie prall ihre Brüste sind. Ihr langes Haar ist zerzaust und sie hat einen mürrischen Ausdruck im Gesicht.

„Kann ich Ihnen helfen?“, frage ich, während ich die Tür aufhalte.

Im nächsten Moment schlingen sich zwei warme manikürte Hände von hinten um meine Taille und ich spüre einen nackten Körper an meinem Rücken. In einer der Hände hält sie eine Flasche Wasser und sie flüstert mir ins Ohr: „Bitte sehr, Baby.“

Ich nehme die Flasche entgegen, würdige sie aber keines Blickes, sondern betrachte weiter die Brünette, die nun ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammenkneift.

„Ja, Sie können mir durchaus helfen“, erwidert sie mit heiserer, rauer Stimme. Ich frage mich, ob sie immer so klingt oder ob sie einfach verschlafen ist. Mit einem Finger zeigt sie auf die Frau, die sich von hinten an mich klammert. „Sie können der schrillen Barbie hier einen Maulkorb verpassen. Mit ihren Schreien könnte sie Tote zum Leben erwecken. Mich hat sie auf jeden Fall aus dem Schlaf gerissen.“

„Du Miststück“, kreischt die schrille Barbie hinter mir, doch ich ignoriere sie. Stattdessen bemühe ich mich, ein Lachen zu unterdrücken.

„Ich nehme an, Sie sind meine Nachbarin“, sage ich in einem entschuldigenden Tonfall zu der dunkelhaarigen Frau. Es ist wahr … diese Schreie könnten Tote aufwecken. Zudem grenzt mein Reihenhaus an ihres. Und da die großen Schlafzimmer in diesen Häusern für gewöhnlich die hintere Hälfte des zweiten Stocks einnehmen, liegen unsere wahrscheinlich direkt nebeneinander.

„Ja, ich bin erst vor ein paar Wochen eingezogen. Wir hatten noch nicht das Vergnügen, uns offiziell vorzustellen.“

Ich bewundere sie dafür, dass sie die nackte Blondine hinter mir nicht einmal eines Blickes würdigt, obwohl diese sie gerade als Miststück beschimpft hat. Stattdessen starrt sie mir unumwunden in die Augen.

Ich strecke ihr meine Hand entgegen. „Reed Olson. Ich denke, wir können uns die Förmlichkeiten sparen, Nachbarin.“

Sie überrascht mich, als sie meine Hand ergreift. „Josie Ives.“

Sie hat einen festen Händedruck, der von einem gesunden Selbstbewusstsein zeugt. Das gefällt mir, denn meiner Meinung nach ist das überaus sexy. Ja, mir ist bewusst, dass ich mich wie ein Arsch verhalte, weil die schrille Barbie direkt hinter mir steht, während ich diese Frau anstarre, die wir mit unserem geräuschvollen Liebesspiel geweckt haben.

„Es ist nicht zu fassen. Erst kommst du hierher und beschimpfst mich, und jetzt hast du obendrein die Frechheit, ihm die Hand zu schütteln“, schimpft die schrille Barbie.

Ich kann mich beim besten Willen nicht an ihren Namen erinnern. Beim Abendessen wusste ich ihn noch, doch nun ist er mir entfallen. Und nachdem meine Nachbarin ihr den Spitznamen gegeben hat, sehe ich in ihr nur die Barbie.

Josie würdigt sie immer noch keines Blickes, sondern starrt mich weiter an. „Hör zu“, beginnt sie und lässt meine Hand mit einem Seufzer los. „Mein Gefühlsausbruch tut mir leid, aber ich habe gerade eine Sechsunddreißig-Stunden-Schicht hinter mich gebracht und bin völlig erschöpft. Könntet ihr bitte etwas leiser sein?“

„Sechsunddreißig-Stunden-Schicht?“, frage ich neugierig und entziehe mich dem Griff der wütenden Blondine. Ich stütze mich mit einem Arm am Türrahmen ab und kreuze lässig die Füße an den Knöcheln.

„Ich arbeite als Ärztin in der Notaufnahme“, erklärt sie. „Es ist völlig egal, wie müde ich bin, ich habe immer einen leichten Schlaf.“

„Das tut mir leid“, erwidere ich aufrichtig und neige den Kopf zur Seite. „Ich glaube, ich habe irgendwo noch einen Ballknebel, den werde ich das nächste Mal benutzen.“

Ich bin völlig sprachlos, als Josie in schallendes Gelächter ausbricht, wobei sie einen empörten Schrei aus dem Mund der Frau hinter mir ignoriert. Auf ihren Wangen zeichnen sich zwei tiefe Grübchen ab und ihre Augen funkeln belustigt.

Sie nickt mir zu und sagt: „Das weiß ich zu schätzen, Nachbar.“

Mit diesen Worten macht sie auf dem Absatz kehrt und stapft die Verandastufen hinunter. Mit einem amüsierten Lächeln beobachte ich, wie sie sich nach links wendet, zehn Schritte geht und die Stufen zu ihrer eigenen Veranda hinaufjoggt.

Ich wohne in einem Stadthaus in einer sehr wohlhabenden und exklusiven Gegend von North Raleigh. Das Haus habe ich gekauft, weil es wunderschön ist, über eine individuelle elegante Innenausstattung verfügt und das Viertel ein koloniales Flair versprüht. Die Gebäude sind dreistöckig, mit einer Veranda vor dem Eingangsbereich und einem Balkon im oberen Stock. Zudem gibt es ein Untergeschoss, in dem ich eine Männerhöhle eingerichtet habe.

Ich lehne mich ein wenig aus der Tür und lasse Josie nicht aus den Augen, bis sie in ihrem Haus verschwunden ist. Auf ihre ganz eigene Art ist sie verdammt sexy und ich bewundere ihren Schneid.

„Reed“, jammert die Blondine und zerrt am Bund meiner Jeans. Plötzlich fällt mir ein, dass sie Natasha heißt. „Das war sehr unhöflich.“

Seufzend trete ich zurück in den Eingangsbereich und schließe die Tür. Als ich mich zu Natasha umdrehe, lasse ich bewundernd den Blick über ihren schönen nackten Körper gleiten. Ich gehe hauptsächlich mit Models aus, und Natasha vereint viele der Eigenschaften, die ich an einer Frau zu schätzen weiß. Sie ist groß, hat eine schmale Taille, riesige Brüste und blondes Haar. Das genaue Gegenteil von der kleinen, kurvigen und dunkelhaarigen Ärztin, die vor einer Minute noch vor meiner Tür stand.

„Ich habe Lust auf dich“, säuselt Natasha, zieht einen Schmollmund und tritt dicht vor mich. „Ich brauche mehr.“

Ich versuche, bei dem Gedanken, dass sie wieder anfangen könnte zu schreien, nicht zusammenzuzucken, und frage stattdessen: „Was hältst du von Ballknebeln?“

Für einen Moment starrt sie mich ausdruckslos an, dann scheint sie die Bedeutung meiner Worte zu verstehen, denn sie kneift die Augen zu dünnen Schlitzen zusammen. „Ist das dein Ernst?“

„Ich meine ja nur“, erwidere ich und hebe abwehrend die Hände in die Höhe. „So ein Knebel kann verdammt sexy sein und die Lust steigern. Außerdem verärgern wir damit nicht die Nachbarn.“

„Zufällig mögen viele Männer meine Schreie. Vor allem gefällt ihnen, was sie ausgelöst hat“, erklärt sie mit einem gekränkten Schnauben.

„Viele Männer?“, entgegne ich verschlagen, um von mir abzulenken.

„Nun ja, ich bin wählerisch“, rudert sie zurück. „Ich bin keine Schlampe. Nur damit du es weißt.“

„Das habe ich auch nie behauptet“, erwidere ich in höflichem Tonfall.

„Ich kann leise sein“, murmelt sie und tritt erneut einen Schritt auf mich zu. Dabei leckt sie sich verführerisch über die Lippen. „Versprochen.“

Ich betrachte ihr stark geschminktes Gesicht und ihr perfekt gestyltes Haar. Ihre Frisur sitzt immer noch genauso gut wie zu Beginn des Abends, was wahrscheinlich der Menge an Haarspray geschuldet ist. Ich lasse den Blick tiefer zu ihren Brüsten wandern, die wie riesige Ballons wirken. Zudem sind sie übermäßig fest, was vermutlich von der Flüssigkeit herrührt, mit der der plastische Chirurg ihre Implantate gefüllt hat.

„Wie wäre es, wenn ich dich nach Hause bringe“, erwidere ich in sanftem Tonfall. „Ich denke, wir sollten den Abend jetzt beenden.“

„Aber ich dachte, ich bleibe die ganze Nacht“, erwidert sie gekränkt und schiebt dabei die Unterlippe weit vor. Für eine erwachsene Frau ist die Geste ziemlich übertrieben.

Verdammt, ich bin auch davon ausgegangen, sie würde die ganze Nacht bleiben.

Aber mir ist die Lust vergangen, sogar ein Ballknebel könnte mich nicht umstimmen. Mein Schwanz zeigt momentan keinerlei Interesse. Die schrille Barbie übt heute Abend keinen Reiz mehr auf mich aus.

Kapitel 2

Josie

Zwei Wochen später

Mit einem Seufzer lehne ich mich in meinem Liegestuhl zurück und schließe die Augen. Ich habe eine anstrengende Schicht im Krankenhaus hinter mir und will mich ein wenig am Pool entspannen. Mit dem Geld, das ich als Notärztin verdiene, habe ich mir hier ein protziges Stadthaus gekauft, das in einer bewachten Wohnanlage liegt, zu der auch ein Schwimmbecken gehört. Unter der Woche ist hier kaum jemand, also nutze ich die Gelegenheit so oft wie möglich.

Nachdem ich etwa drei Minuten lang die Ruhe genossen habe, nimmt mir plötzlich jemand die heiße Junisonne. Ich öffne ein Auge und erblicke die Umrisse eines großen, gut gebauten Mannes, der vor meinem Liegestuhl steht. Seine dunkle Silhouette wird von hellen Sonnenstrahlen umrahmt.

„Sind die Liegen besetzt?“ Ich erkenne Reeds Stimme und reiße auch das andere Auge auf.

Ich setze mich auf und halte mir eine Hand vor Augen, damit ich sein Gesicht gegen die Sonne sehen kann. Er deutet auf die beiden Liegestühle neben mir und zieht fragend eine Augenbraue in die Höhe.

„Ähm … nein“, antworte ich zögernd und lasse den Blick über die Umgebung schweifen. Es sitzen nur eine Handvoll Leute am Pool, was bedeutet, dass etwa zwei Dutzend weitere Liegen verfügbar sind.

„Cool“, sagt er, wirft ein Handtuch auf den Liegestuhl direkt neben mir und ein weiteres auf den daneben. „Meine Freundin kommt auch gleich. Sie ist noch im Haus und tut das, was Mädchen eben tun, bevor sie schwimmen gehen.“

„Lass mich raten“, erwidere ich trocken und zeige mit einem Nicken auf die Liegen. „Blonde Haare, gut gebaut, trägt einen String-Bikini?“

Reed schenkt mir ein breites Grinsen und lässt sich auf der Liege neben mir nieder. „Du solltest nicht vorschnell urteilen.“

„Du stehst eindeutig auf einen bestimmten Typ Frau“, stelle ich fest, zucke mit den Schultern und lege mich wieder hin.

„Ein bestimmter Typ?“

Ich drehe ihm mein Gesicht zu und halte wieder schützend eine Hand vor Augen, bevor ich seinem Blick begegne. „Ja, du hast eine Vorliebe für Barbie-Püppchen.“

Er grinst mich weiterhin an und seine Augen funkeln belustigt. „Oh, wirklich?“

„Ja, wirklich“, entgegne ich. „Blond, hochgewachsen, große Brüste.“

„Woher willst du das wissen?“, fragte er, während er sich königlich zu amüsieren scheint.

„Weil ich Notärztin bin und eine erstaunliche Beobachtungsgabe habe“, antworte ich leichthin. „Seit ich dich vor zwei Wochen gebeten habe, der schrillen Barbie einen Maulkorb zu verpassen, habe ich einige der Püppchen in deinem Haus ein und aus gehen sehen. Da war die dürre Hunger-Barbie, die aussah, als würde sie sich nur von Salat ernähren. Außerdem habe ich eine Fashionista-Barbie gesehen, die scheinbar gerade einer Seite der Vogue entsprungen war, und dann …“

„Bist du etwa ein Modemuffel?“, fällt er mir ins Wort.

„Da ich die meiste Zeit in OP-Kitteln herumlaufe, hat Mode für mich keine große Bedeutung.“

„Verstanden“, sagt er mit einem bedächtigen Nicken. „Das waren also Hunger-Barbie und Fashionista-Barbie. Wer sonst?“

„Mehr habe ich nicht gesehen. Aber ich bin mir sicher, dass da noch andere waren. Ich habe keine von ihnen zweimal erspäht.“

„Stalkst du mich etwa?“, fragt Reed.

Ich stoße ein Schnauben aus. „Ich bitte dich.“

„Da nun das Thema Barbies erschöpft ist“, sagt er, lehnt sich in seinem Liegestuhl zurück und stützt die Füße auf, „erzähl mir etwas über deine Arbeit.“

Ich lege meinen Kopf zurück und schließe die Augen, bevor ich antworte. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe an der Duke University Medizin studiert und meine Assistenzzeit abgeleistet und arbeite aktuell im Raleigh Memorial Hospital.“

 „Woher kommst du ursprünglich?“, fragt er. Seine Stimme klingt träge, und ich vermute, dass er inzwischen ebenfalls die Augen geschlossen hat.

„Aus Kalifornien“, antworte ich. „Und du?“

„Minnesota“, antwortet er. „Erzähl mir etwas Ungewöhnliches über dich.“

Unwillkürlich verziehe ich die Lippen zu einem Lächeln. Dieser Kerl – und ich möchte klarstellen, dass es sich um einen wahnsinnig gut aussehenden und gut gebauten Kerl handelt, der nebenan geräuschvollen, leidenschaftlichen Sex hat – fragt mich nach meinem Privatleben.

Seltsam.

„Ich bin süchtig nach Puzzles“, gebe ich zu. „Ich habe immer eines auf meinem Küchentisch liegen.“

„Ach wirklich?“

Während ich mir mit geschlossenen Augen die Sonne aufs Gesicht scheinen lasse, stelle ich mir vor, wie er dasselbe tut und dabei lächelt.

„Ja, wirklich“, erkläre ich. „Es hilft mir, nach der Arbeit meine Gedanken zu beruhigen. Auf diese Weise kann ich mich entspannen.“

„Interessant“, sagt er und klingt … aufrichtig interessiert.

Ich drehe ihm wieder mein Gesicht zu, öffne die Augen und sehe, dass er mich eindringlich mustert. Er hat die Lider halb geschlossen, aber ich kann die grün-goldenen Sprenkel in seinen haselnussbraunen Iriden erkennen, die von dichten Wimpern umrahmt sind. Herrje … wie habe ich das bei unserer ersten Begegnung übersehen können?

Wahrscheinlich, weil ich so wütend war.

„Ich brauche Hilfe, Reed“, ertönt eine hohe Stimme.

Wir wenden uns beide dem Fußende der Liegen zu und ich erblicke eine weitere Barbiepuppe. Sie muss mindestens einen Meter achtzig sein, wobei sie immer noch kleiner als Reed ist. Ihr Bikini besteht nur aus winzigen Fetzen Stoff, die gerade das Nötigste bedecken. Sie hat eine überaus schmale Taille und einen flachen Bauch, dessen Anblick mich dazu veranlasst, den meinen einzuziehen. Da Letzterer von meinem konservativen einteiligen schwarzen Badeanzug verhüllt ist, ist meine Reaktion wahrscheinlich übertrieben.

Es ist nur ein Reflex.

Barbie streckt Reed eine Flasche Sonnenmilch entgegen und fragt in einem beschwingten Tonfall: „Kannst du mich eincremen?“

Reed erhebt sich von seinem Liegestuhl und nimmt ihr die Flasche aus der Hand. „Ich dachte, du hättest dich schon im Haus eingecremt.“

„Das wollte ich eigentlich“, erklärt sie mit fröhlicher Stimme, die zugleich süßlich und luftig-leicht klingt. „Aber auf der Flasche steht: nur zur äußerlichen Anwendung. Also dachte ich mir, ich warte damit besser, bis wir hier draußen sind.“

Mir fällt die Kinnlade hinunter, und ich drehe mich um zu Reed, der meinem Blick begegnet. An dem leichten Zucken seiner Gesichtsmuskeln kann ich erkennen, dass er ein Lachen unterdrücken muss.

Er wendet sich wieder Barbie zu und erklärt mit sanfter Stimme: „Das bedeutet nur, dass du sie ausschließlich auf die Haut auftragen und nicht konsumieren sollst.“

„Konsumieren?“ Sie neigt den Kopf zur Seite und betrachtet ihn mit einem fragenden Blick.

„Du sollst sie nicht essen“, stellt er klar.

„Oooohhhh“, stößt sie gedehnt hervor, da es ihr langsam dämmert. „O Gott, wie dumm von mir. Ich dachte, es bedeutet, dass ich sie im Freien auftragen muss.“

Reed zieht den Kopf ein und ich beiße mir auf die Innenseite meiner Wange. Ich fasse mich jedoch schnell wieder, als Reed uns einander vorstellt. „Kiki, das ist Josie.“

Ich setze mich unbeholfen auf. Barbie – ich meine Kiki -– dreht sich zu mir um und schenkt mir das strahlendste und fröhlichste Lächeln, das ich je gesehen habe. Wahrscheinlich haben ihre blendend weißen, geraden Zähne ein Vermögen gekostet.

„So wie in dem Film Josie and the Pussycats?“, fragt sie mit dieser luftigen Stimme.

„Es ist die Abkürzung für Josephine“, antworte ich, während ich ihr Lächeln erwidere und meinen Bauch noch weiter einziehe.

„Nun, Reeds Freunde sind auch meine Freunde“, zwitschert sie fröhlich.

Ich will mich gerade wieder zurücklehnen, um mich zu entspannen und aus der Unterhaltung auszuklinken, als Kiki aufgeregt ruft: „O mein Gott, o mein Gott, o mein Gott. Ich war neulich bei meinem Hellseher, der zugleich mein Friseur ist. In letzter Zeit war ich ziemlich einsam und habe daran gedacht, mir ein Haustier zuzulegen. Er sagte mir, er sei sich nicht sicher, ob er ein Haustier in meiner Zukunft sieht, aber eine Katze konnte er auf jeden Fall erkennen. Ich habe mich gefragt, was es damit auf sich hat, da ich allergisch bin, also musste ich darüber nachdenken. Und ich kann euch sagen, das ist gar nicht so einfach. Doch ich habe mir lange den Kopf zerbrochen, und jetzt ahne ich, was er gemeint haben könnte. Vielleicht hat er von dir gesprochen. Du weißt schon … die Pussycats sind schließlich auch Katzen.“

Ich blinzle sie an und mir fehlen die Worte. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Reed sich umdreht und sich über die Liege beugt, um das Handtuch zu richten. Mir ist allerdings klar, dass er sich abgewandt hat, damit sie nicht sieht, wie er gegen ein Lachen ankämpft.

Bevor ich antworten kann, schlägt sich Kiki mit einer Hand an die Stirn und sagt, als hätte sie gerade eine Erleuchtung gehabt: „Oder … es könnte die streunende Katze sein, die ich seit ein paar Tagen vor meiner Wohnung füttere.“

„Okay“, platzt Reed heraus, richtet sich auf und fischt eine Brieftasche aus der Gesäßtasche seiner Badeshorts. Er zieht einen Hundertdollarschein hervor und reicht ihn Kiki. „Wie wäre es, wenn du uns in der Cabana was zu trinken holst? Ich nehme ein Bier. Josie, möchtest du auch etwas?“

Ich schüttle den Kopf, als Kiki das Geld entgegennimmt, mit den Schultern zuckt und ein strahlendes Lächeln aufsetzt. Dann geht sie in Richtung der Freiluftbar, die zu den Annehmlichkeiten unserer Wohnanlage gehört. Dabei schwingt sie die Hüften hin und her, und ich stelle fest, dass sie High Heels trägt.

Wer zur Hölle trägt Stöckelschuhe am Pool?

Reed setzt sich wieder auf den Liegestuhl. Als ihm ein Seufzen entfährt, sehe ich ihn an.

„Also schön“, murmelt er. „Ich habe einen Typ.“

„Das war die dämliche Barbie“, verkünde ich mit einem Nicken. „Aber hey, sie ist wirklich nett.“

Reed stöhnt und lehnt sich zurück. „Ich hatte eigentlich vor, diesen Sommer ausgiebig zu feiern und eine Menge Spaß zu haben, doch ehrlich gesagt … war es bisher ziemlich anstrengend.“

„Wegen der Barbies?“, will ich wissen. 

„Ich schäme mich, es zuzugeben, aber ja“, antwortet er mit einem verlegenen Lächeln.

„Was machst du eigentlich beruflich?“, frage ich, weil mir plötzlich einfällt, dass ich ihn noch nie zu gewöhnlichen Zeiten habe zur Arbeit gehen oder nach Hause kommen sehen. „Und was feierst du?“

Reeds verlegenes Lächeln verwandelt sich in ein amüsiertes Grinsen. „Ich nehme an, du bist kein Eishockeyfan?“

„Oh, ich schaue mir gern hin und wieder ein Spiel an“, erkläre ich. „Aber ich weiß nicht viel darüber.“

„Ich spiele für die Cold Fury“, sagt er.

Ich reiße verständig die Augen auf. Er ist der erste Profisportler, dem ich je begegnet bin. Tatsächlich habe ich noch nie einen berühmten Menschen getroffen. „Wow.“

Sein Grinsen wird breiter. „Demnach feiere ich unseren Stanley-Cup-Sieg.“

„Oh“, sage ich nur und nicke. „Dann hast du wohl vor, dich mit sämtlichen Barbies in Raleigh zu vergnügen.“

„Es ist dumm“, gesteht er, ohne dass sein Lächeln verblasst. „Aber es hat seine Vorteile.“

Ich schnaube, lehne mich in meinem Liegestuhl zurück und schließe die Augen. „Darauf wette ich.“

„Trotzdem“, fügt er gedehnt hinzu, „kann es ziemlich anstrengend sein.“

„Offenbar legst du keinen allzu großen Wert auf Intelligenz“, bemerke ich. „Das heißt wohl, dass die Konversation so ermüdend ist wie die Nachspielzeit.“

Reed stößt ein tiefes und sonores Lachen aus. Es gefällt mir. „Da hast du wahrscheinlich recht.“

„Puh.“ Als ich Kikis Stimme höre, öffne ich die Augen. Sie stelzt auf ihren lächerlich hohen Absätzen auf uns zu. In der einen Hand hält sie ein Bier und in der anderen einen Plastikbecher, der scheinbar eine Bloody Mary enthält. „Es ist heiß genug, um ein Ei auf den Bürgersteig zu legen, nicht wahr?“

Ich kann mich nicht mehr zurückhalten und breche in schallendes Gelächter aus. Sofort habe ich ein schlechtes Gewissen.

„Was ist so lustig?“, fragt Kiki in einem säuselnden, ahnungslosen Tonfall.

„Nichts“, antworte ich und schüttle den Kopf. „Ich habe mich nur gerade an einen Witz erinnert, den mir neulich jemand erzählt hat.“

„Oooh“, quietscht Kiki aufgeregt, drückt Reed sein Bier in die Hand und setzt sich ans Fußende seiner Liege. „Ich liebe Witze.“

Daraufhin beugt sie sich vor und sieht mich eindringlich und mit einem einnehmenden lächeln an. Sie ist wirklich ein nettes Mädchen, und ich fühle mich noch schlechter, weil ich über sie gelacht habe. Ich kann mich jedoch kaum auf ihr Gesicht konzentrieren, da ihre gigantischen Brüste praktisch aus ihrem Bikinioberteil herausquellen. Also beschließe ich, dass ich für heute genug Zeit am Pool verbracht habe.

„Eigentlich“, erwidere ich und schwinge die Beine über die andere Seite der Liege, sodass ich Reed und Kiki meinen Rücken zuwende, „muss ich noch ein paar Dinge im Haus erledigen. Ich werde jetzt gehen.“

„Oh“, sagt Kiki enttäuscht. Als ich mich zu ihr umdrehe, wirkt sie niedergeschlagen. „Ich habe mich schon darauf gefreut, mit dir zu plaudern.“

Ich schenke ihr ein aufrichtiges Lächeln. „Vielleicht ein andermal. Aber es hat mich wirklich gefreut, dich kennenzulernen.“

„Gleichfalls“, zwitschert sie und nimmt einen Schluck von ihrer Bloody Mary.

„Bis bald, Reed“, murmle ich und nicke ihm zum Abschied zu.

„Warte mal“, sagt er und zieht sein Handy aus seiner Tasche. „Gib mir deine Nummer.“

„Wofür?“, frage ich und blinzle ihn dümmlich an.

„Ich werde für ein paar Tage verreisen und wäre dir dankbar, wenn du ein Auge auf mein Haus haben könntest. Vielleicht könntest du auch meine Post für mich entgegennehmen.“

„Warum brauchst du dafür meine Nummer?“, platze ich heraus.

„Nur im Falle eines Notfalls“, erklärt er und verdreht die Augen. „Nachbarn helfen sich gegenseitig.“

„Also schön.“ Ich rattere meine Nummer herunter. Er speichert sie in seinem Handy und zwinkert mir zu.

„Danke, Nachbarin“, sagt er gedehnt. „Gib mir Bescheid, falls ich mich revanchieren kann.“

„Sicher“, erwidere ich nur und wende mich zum Gehen.

Diese Begegnung war sowohl seltsam als auch peinlich, aber zugleich überaus unterhaltsam. Mich beschleicht das unbestimmte Gefühl, dass der Sommer mit Reed als Nachbar nicht langweilig werden wird.

Kapitel 3

Reed

Durch die Jalousien beobachte ich, wie Josie ihren Kleinwagen parallel vor ihrem Haus einparkt, wobei sie sich direkt hinter meinen spritfressenden Chevrolet Tahoe stellt. Gestern Morgen war ich schon früh joggen und bin ihr über den Weg gelaufen, als sie um sechs Uhr zur Arbeit fuhr. Wir unterhielten uns ein paar Minuten und sie erwähnte, dass sie in den nächsten drei Tagen Zwölf-Stunden-Schichten hat.

Am jenem Abend ist mir aufgefallen, dass sie erst um zwanzig Uhr dreißig nach Hause kam. Aber das ist sicher nicht ungewöhnlich für eine Notärztin, schließlich kann sie nicht einfach gehen, wenn sie gerade jemanden behandelt. Mittlerweile ist es zwanzig Uhr fünfundvierzig und die Pizza wurde vor zehn Minuten geliefert, sie ist also noch warm.

Beeindruckt beobachte ich, wie sie die Treppen zu ihrer Veranda hinaufjoggt, obwohl sie erschöpft sein muss. Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und schreibe ihr eine kurze Nachricht.

Komm rüber. Ich habe etwas für dich.

Ich wende mich vom Fenster ab und gehe in die Küche. Noch bevor ich zwei Teller aus dem Schrank holen kann, erhalte ich eine Antwort. Wer ist das?

Reed, tippe ich schnell.

Sie antwortet sofort. Ich bin gerade erst nach Hause gekommen und völlig erschöpft. Ich brauche eine Dusche.

Vergiss die Dusche, schreibe ich. Komm einfach vorbei. Ich werde deine Zeit nicht lange in Anspruch nehmen.

Sie antwortet nicht, stattdessen klopft sie keine Minute später an meine Tür. Mit einem Grinsen rufe ich: „Komm rein.“

Josie öffnet die Tür und streckt ihren Kopf herein. Sie wirf einen Blick auf die Küche, in der ich stehe, und sieht mich an. „Hey“, begrüße ich sie.

„Hey“, erwidert sie zögernd, tritt ein und schließt die Tür leise hinter sich.

Sie trägt einen mintgrünen Kittel, der ihren zierlichen Körper locker umhüllt. Ich bin mir nicht sicher, warum, aber an ihr wirkt er sexy. Sie hat ihr langes, lockiges Haar zurückgebunden und ist ungeschminkt. Make-up hat sie auch gar nicht nötig. Es überrascht mich nicht, dass ich sie auf diese Weise betrachte, doch ich bin erstaunt, dass ich so viel an sie denke. Seit unserer Begegnung am Pool vor drei Tagen spukt sie mir immer wieder im Kopf herum.

„Das Abendessen ist fertig“, sage ich beiläufig, während ich die Teller neben der Pizzaschachtel auf die Anrichte stelle.

Josie rührt sich nicht vom Fleck, sondern blinzelt mich nur an.

„Komm schon“, ermutige ich sie und winke sie zu mir. „Ich beiße nicht und du hast doch sicher Hunger.“

„Ich soll mit dir Pizza essen?“, fragt sie dümmlich.

„Ja“, erwidere ich gedehnt. „Ich habe Pizza geholt. Iss etwas mit mir.“

„Ich verstehe das nicht“, murmelt sie, woraufhin ich ein Lachen unterdrücke.

„Josie“, sage ich mit fester Stimme. „Ich habe hier eine Pizza, die viel zu groß ist für mich allein. Du bist gerade erst nach Hause gekommen, und ich wette, du hast Hunger. Iss einfach etwas, in Ordnung?“

Ich wende mich ab, um zwei Gläser aus dem Schrank hinter mir zu holen, und als ich mich wieder umdrehe, steht sie auf der anderen Seite der Küchentheke, die die Küche vom offenen Wohnbereich trennt.

„Was möchtest du trinken?“, frage ich und halte die Gläser in die Höhe.

„Äh … Wasser“, antwortet sie, scheinbar immer noch völlig verwirrt.

„Kommt sofort.“ Ich gehe zum Kühlschrank, um einen Krug mit gefiltertem Wasser herauszunehmen. Als ich mich ihr wieder zuwende, sehe ich mit Genugtuung, dass sie sich einen Teller und ein Stück Pizza genommen hat.

Ich schiebe ihr das Wasserglas zu und lege drei Stücke auf meinen Teller. Mit einem Nicken in Richtung des Balkons vor meinem Wohnzimmer sage ich: „Lass uns draußen essen. Es ist ein schöner Abend.“

„Es herrschen über dreißig Grad und etwa tausend Prozent Luftfeuchtigkeit“, bemerkt sie nur und rümpft die Nase.

„Heulsuse“, stichle ich und mache mich auf den Weg nach draußen.

Sie erwidert nichts, aber ich höre, dass ihre Turnschuhe auf dem Parkett ein quietschendes Geräusch von sich geben, als sie mir folgt.

Ich setze mich an den kleinen Terrassentisch auf dem Balkon, von dem aus ich die Reihenhäuser auf der anderen Straßenseite überblicke. Dahinter schimmert das Licht eines großen Einkaufscenters.

Wir essen schweigend. Sie nimmt winzige Bissen und kaut genüsslich. Bevor sie das erste Stück Pizza gegessen hat, habe ich bereits zwei verdrückt.

„In der Küche steht noch mehr Pizza“, sage ich und zeige mit einem Nicken auf die Flügeltür. „Soll ich dir ein weiteres Stück holen?“

Sie schüttelt den Kopf und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. „Nein danke. Ich habe vor etwa einer Stunde einen Proteinriegel gegessen.“

„Wow“, erwidere ich mit einem belustigten Grinsen. „Da bist du bestimmt vollgestopft.“

Josie verdreht die Augen und ich greife lachend nach meinem letzten Stück Pizza. Bevor ich hineinbeiße, halte ich inne. „Weißt du, ich habe darüber nachgedacht, dass du mich einfach als Frauenheld abgestempelt hast. Du wirfst mich mit all den anderen Casanovas in einen Topf, und das kränkt mich.“

Sie zieht eine elegante Augenbraue in die Höhe und schürzt die Lippen, dann erwidert sie: „Du wirfst dich selbst mit ihnen in einen Topf, Kumpel.“

„Du kennst mich doch gar nicht“, erwidere ich selbstsicher. „Bisher hast du nur einen kleinen Teil von Reed Olson gesehen.“

Josie lacht schallend. „Du meinst also, du bist kein professioneller Eishockeyspieler und Playboy, der gerade dabei ist, sämtliche schönen Frauen in Raleigh zu vernaschen?“

Nicht alle, denke ich im Stillen, während ich ihre großen dunklen Augen betrachte, die vor Intelligenz und Humor sprühen. Ihr weiter Arztkittel verbirgt ihre Rundungen zwar, aber vor einigen Tagen am Pool habe ich einen ausgiebigen Blick auf ihre sinnlichen Kurven werfen können.

Ich zucke leicht zusammen, als Josie sagt: „Darf ich dich etwas fragen? Was hast du von all diesen flüchtigen Abenteuern?“

Diesmal ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe. „Du weißt doch sicher, worin der Sex für gewöhnlich gipfelt, nicht wahr?“

Sie winkt ab. „Natürlich, aber dafür könntest du auch ganz allein sorgen. Also, was ist der Reiz an diesen One-Night-Stands?“

„Machst du dich etwa über mich lustig?“, frage ich und amüsiere mich köstlich darüber, dass sie das Thema überhaupt angesprochen hat.

„Ganz und gar nicht“, antwortet sie und winkt erneut ab. „Ich bin aufrichtig neugierig, denn ich habe so etwas noch nie getan.“

„Du hattest noch nie Sex?“

Wieder verdreht sie ihre wunderschönen Augen, mit denen sie mich anfunkelt. Offensichtlich findet sie Gefallen an mir.

„Ich hatte noch nie Gelegenheitssex“, erläutert sie.

„Dann hast du also nur mit deiner wahren Liebe geschlafen?“, frage ich mit einem Grinsen.

„So ähnlich“, erwidert sie und klingt dabei fast ein wenig wehmütig.

Mein Lächeln verblasst. Josie Ives hatte schon einmal die große Liebe gefunden. Ich habe keine Ahnung, was es ist, aber da steckt sicher mehr dahinter. Statt sie jedoch zu drängen, ihr Geheimnis preiszugeben, versuche ich, ihr meine Beweggründe zu erklären. „Du bist sicher auch der Meinung, dass Sex eine gute Sache ist, nicht wahr?“

„Sogar eine großartige Sache“, erwidert sie.

„Ganz richtig“, stimme ich ihr zu und mache mich bereit, ihr die Vorteile von gelegentlichen Abenteuern darzulegen.

Bevor ich dazu komme, ergreift sie wieder das Wort. „Du hast nur ‚gut‘ gesagt. Das führt mich zu der Annahme, dass du mit deinen Barbiepuppen zwar guten, aber keinen großartigen Sex hast.“

„Schalte einen Gang zurück, Freud“, erwidere ich trocken. „Das habe ich nicht gemeint.“

„Momentan scheinst du sogar ganz darauf zu verzichten“, stellt sie mit einem überzeugten Nicken fest. „Das Kopfteil deines Bettes hat in letzter Zeit geschwiegen.“

Damit hat sie recht. In den letzten drei Tagen hatte ich einfach nicht den Drang, eine der Telefonnummern aus meinem schwarzen Büchlein anzurufen. Aber es beunruhigt mich ein wenig, dass sie mich so leicht durchschaut.

„Hast du Lust, in zwei Tagen Fallschirmspringen zu gehen?“, frage ich. „Übermorgen ist doch dein freier Tag, nicht wahr?“

„Versuchst du etwa, das Thema zu wechseln?“, kontert sie.

Ich stoße ein beleidigtes Schnauben aus und antworte mit gekränkter Stimme: „Ich rede einfach nicht gern über Sex mit fremden Frauen. Das gibt mir das Gefühl, oberflächlich zu sein.“

Josie wirft den Kopf in den Nacken und stößt ein schallendes Lachen aus, das zugleich heiser und melodiös klingt. Als sie wieder meinem Blick begegnet, sagt sie kichernd: „Du bist alles andere als oberflächlich, Reed.“

„Findest du?“, frage ich und plustere mich übertrieben auf, in der Hoffnung, dass sie mich mit weiteren Komplimenten überhäuft.

Sie erfüllt mir den Wunsch jedoch nicht und beugt sich stattdessen vor. „Das Problem liegt nicht darin, dass du oberflächlich bist. Aber du triffst dich mit Frauen, die im Oberstübchen nicht viel zu bieten haben und keine Herausforderung für dich darstellen. Aus diesem Grund ist der Sex nicht befriedigend und deshalb hat dein Kopfteil in letzter Zeit auch nicht mehr gegen die Wand gehämmert.“

Verdammt, sie hat ins Schwarze getroffen. Ich bin zu dem gleichen Schluss gekommen, nachdem ich Josie und Kiki am Pool beobachtet habe. Kiki war mit ihrem fröhlichen Wesen und ihrem knappen Bikini, aus dem ihre Brüste fast heraushingen, zum Anbeißen. Ich weiß, dass ich bei dieser Art von Frauen immer landen kann. Aber an jenem Tag fiel es mir schwer, meinen Blick von Josie abzuwenden. Am liebsten hätte ich den ganzen Nachmittag lang mit ihr geplaudert und sie angestarrt.

Da ich das jedoch nicht zugeben will, sage ich nur: „Das ist wohl wahr. Kennst du vielleicht jemanden, mit dem ich ausgehen könnte?“

„In der Tat“, erwidert sie. Dabei schwindet ihr Lächeln kaum merklich. Die Geste ist viel zu subtil, als dass ich sie deuten könnte. „Ich kenne einige alleinstehende Ärztinnen im Krankenhaus. Müssen sie blond sein und große Brüste haben?“

„Große Brüste sind überbewertet“, erwidere ich mit einer abwinkenden Geste und versuche, meine Enttäuschung zu verdrängen, weil sie mir nicht angeboten hat, mit mir auszugehen.