Regency Secrets - Constance Hall - E-Book
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Regency Secrets E-Book

Constance Hall

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Beschreibung

Drei Ladies aus bestem Hause und das Abenteuer Liebe: Der Romantik-Sammelband »Regency Secrets« von Constance Hall jetzt als eBook bei dotbooks. Rauschende Ballnächte voller Musik und Tanz? Davon können diese drei Schönheiten nur träumen: Meagan ist außer sich vor Zorn, als ihr Bruder das Familienvermögen verspielt … und ihre Hand noch dazu! Niemals, so schwört sie sich, wird sie den Marquis von Waterton lieben – der zwar überaus attraktiv ist, aber möglicherweise ein dunkles Geheimnis hütet … Auch die willensstarke Regan hat andere Pläne als das Eheglück: Sie will Abenteuer erleben und auf der Isle of Skye einen verborgenen Schatz finden – wobei ihr der verflixt charmante Schlossbesitzer Lachlan MacGregor im Wege steht … Und Kelsey? Die lächelt zwar sittsam, als sie nach Stillmore Castle kommt, doch in ihrem Herz lodert ein Feuer: Endlich wird sie Rache nehmen an dem ruchlosen Lord, der ihren Vater ins Unglück gestürzt hat! Und tatsächlich scheint Edward Noble ein Schuft zu sein, der ihre ungezügelte Wut verdient. Aber warum fühlt Kelsey sich trotzdem wie magisch zu ihm hingezogen? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Romance-Sammelband »Regency Secrets« von der erfolgreichen Romantik-Autorin Constance Hall versammelt die erfolgreichen historischen Liebesromane »Das Verlangen des Marquis«, »Das Geheimnis des Lords« und »Der Herzog und die Schöne«. Wer liest, hat mehr vom Leben! dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 1528

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Über dieses Buch:

Rauschende Ballnächte voller Musik und Tanz? Davon können diese drei Schönheiten nur träumen: Meagan ist außer sich vor Zorn, als ihr Bruder das Familienvermögen verspielt … und ihre Hand noch dazu! Niemals, so schwört sie sich, wird sie den Marquis von Waterton lieben – der zwar überaus attraktiv ist, aber möglicherweise ein dunkles Geheimnis hütet … Auch die willensstarke Regan hat andere Pläne als das Eheglück: Sie will Abenteuer erleben und auf der Isle of Skye einen verborgenen Schatz finden – wobei ihr der verflixt charmante Schlossbesitzer Lachlan MacGregor im Wege steht … Und Kelsey? Die lächelt zwar sittsam, als sie nach Stillmore Castle kommt, doch in ihrem Herz lodert ein Feuer: Endlich wird sie Rache nehmen an dem ruchlosen Lord, der ihren Vater ins Unglück gestürzt hat! Und tatsächlich scheint Edward Noble ein Schuft zu sein, der ihre ungezügelte Wut verdient. Aber warum fühlt Kelsey sich trotzdem wie magisch zu ihm hingezogen?

Über die Autorin:

Constance Hall lebt mit ihrer Familie in Richmond, Virginia. Sie hat bereits zahlreiche Romane unter ihrem eigenen Namen und unter Pseudonymen veröffentlicht; unter anderem schrieb sie erfolgreiche Filmromane. Ihre große Leidenschaft gilt aber dem Historischen Roman, und ganz besonders hat es ihr das 19. Jahrhundert angetan.

Bei dotbooks veröffentlichte Constance Hall neben den in diesem Sammelband vorliegenden Romanen außerdem »Der Ritter und die Lady«.

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Sammelband-Originalausgabe Dezember 2022

Die amerikanische Originalausgabe von »Das Verlangen des Marquis« erschien 1999 unter dem Titel »My Wicked Marquess« bei Kensington, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Tausend Küsse in der Nacht« im Bastei Lübbe Taschenbuch. | Copyright © der Originalausgabe 1999 by Connie Koslow. Published by Arrangement with Kensington Publishing, Corp., New York, NY 10018 USA. – Copyright © für die deutschsprachige Erstausgabe 2003 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach. – Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe von »Das Geheimnis des Lords« erschien 2002 unter dem Titel »Isle of Skye« bei Kensington, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2005 unter dem Titel »Im Herzen des Verlangens« im Bastei Lübbe Taschenbuch. | Copyright © der Originalausgabe 2002 by Connie Koslow. Published by Arrangement with Kensington Publishing, Corp., New York, NY 10018 USA. – Copyright © für die deutschsprachige Erstausgabe 2005 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach. – Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe von »Der Herzog und die Schöne« erschien 1998 unter dem Titel »My Darling Duke« bei Kensington, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Dunkle Nächte des Verlangens« im Bastei Lübbe Taschenbuch. | Copyright © der Originalausgabe 1998 by Connie Koslow. Published by Arrangement with Kensington Publishing, Corp., New York, NY 10018 USA. – Copyright © für die deutschsprachige Erstausgabe 2003 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach. – Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Diese Werke wurden vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von adobestock.com und shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-98690-121-9

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Constance Hall

Regency Secrets

Drei Romane in einem eBook: »Das Verlangen des Marquis«, »Das Geheimnis des Lords« und »Der Herzog und die Schöne«

Aus dem Amerikanischen von Joachim Honnef, Bettina Albrod und Britta Evert

dotbooks.

DAS VERLANGEN DES MARQUIS

Aus dem Englischen von Joachim Honnef

***

London im Jahre 1823. Die schöne Meagan Fenwick ist außer sich vor Zorn: Ihr nichtsnutziger Bruder hat das Familienvermögen verspielt … und ihre Hand noch dazu! Niemals, so schwört sie sich, wird sie auch nur ein freundliches Wort finden für ihren zukünftigen Ehemann Barrett Rothchild, den Marquis von Waterton. Doch dann wird sie ihm offiziell vorgestellt und bekommt weiche Knie: Barrett ist jener geheimnisvolle Fremde, dem sie schon zweimal begegnet ist und der jedes Mal ein ungeahntes Feuer in ihr entfachte. Gegen ihren Willen verliebt Meagan sich nun in ihn – doch sie ahnt nicht, welches Geheimnis Barrett hütet …

Für meine Schwester Cathy und meine Nichte Meagan. Möget ihr Spaß und Liebe bei allem finden, was ihr tut. Dieses Buch widme ich euch mit all meiner Liebe.

Kapitel 1

London, Dezember 1823

Barrett Rothschild, der Marquis von Waterton, verharrte vor dem Zelt. Auf einem Schild vor dem Eingang stand geschrieben:

GESELLSCHAFT FÜR DIE BEDÜRFTIGENZwölfter jährlicher Weihnachtsbasar

Er fragte sich, weshalb Sir James Neville, sein Cousin und Leiter der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten, ihn an einem solch öffentlichen Platz treffen wollte – besonders, weil er in seiner Nachricht mitgeteilt hatte, dass es um eine Sache der nationalen Sicherheit ging.

Barrett passierte einige lächelnde Gentlemen und betrat das Zelt. Die Hitze zweier Kohlenfeuer wärmte seine kühlen Wangen, als er die Stände an den Zeltwänden betrachtete. Eine Ansammlung von Handarbeiten, handgefertigten kleinen Teppichen, Töpferwaren, Aquarellen und Gebäck lag auf den Theken, wo sich einige Damen tummelten; doch der am meisten besuchte Stand befand sich im hinteren Teil des Zeltes.

Sieben Leute standen in einer Schlange vor dem Eingang, der mit Mistelzweigen und roten Bändern dekoriert war. Ein großes Holzschild verkündete:

DIE WINTERPRINZESSIN SAGT IHR GLÜCK VORAUS – NUR EINEN SHILLING

Barrett hob sein Lorgnon. Derjenige, der für den Stand verantwortlich gewesen war, hatte ihn geschickt mit Tüchern verhängt, sodass er geheimnisvoll und verlockend wirkte. Er wurde von einem hellen Licht erleuchtet, das die Silhouette der »Prinzessin« und die des Besuchers auf die Plane warf.

Eine Frau mittleren Alters stand lustlos vor dem Stand. Sie schien für das Einsammeln des Eintrittsgeldes verantwortlich zu sein. Die Frau war blond, von stattlicher Gestalt und wie ein Dienstmädchen gekleidet. An der Art, wie sie den Eingang mit dem Blick eines Wachtmeisters bewachte, war offenkundig, dass ihre Herrin die Winterprinzessin sein musste.

Barrett betrachtete die Silhouette der Prinzessin genauer. Ihr Haar floss in Wellen bis auf ihren Rücken hinab. Das Gesicht wurde so von einem Schleier verhüllt, dass nur ihre Augen sichtbar waren. Ihr fülliger Busen, deutlich umrissen von dem Licht, nahm Barretts Aufmerksamkeit zunächst in Anspruch; dann schweifte sein Blick über ihre schmale Taille bis zu den sinnlich gerundeten Hüften. Seine Fantasie beschwor allerlei Bilder herauf, wie sie in natura aussehen mochte. Die fünf Gentlemen, die in der Schlange warteten, um sich die Zukunft vorhersagen zu lassen, mussten das Gleiche gedacht haben.

Barrett rief sich in Erinnerung, weshalb er hier war, und hielt unter den Basarbesuchern Ausschau nach der breitschultrigen Gestalt und dem rabenschwarzen Haar seines Cousins James. Er entdeckte ihn, als dieser gerade den Stand der Winterprinzessin verließ. Bevor James die Segeltuchplane fallen ließ, wandte er sich um und schenkte der Prinzessin noch ein charmantes Lächeln. Dann verabschiedete er sich von ihr. Als James Barrett bemerkte, ging er zu ihm. Seine schwarzen Augen funkelten belustigt.

»War es so amüsant, dir wahrsagen zu lassen?«, fragte Barrett und beobachtete, wie ein anderer Gentleman der blonden Frau einen Shilling überreichte und zur Winterprinzessin eingelassen wurde.

»In der Tat, vor allem wenn die Wahrsagerin so intelligent und verlockend wie die da drinnen ist.« James' Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. Nach einem abschätzenden Blick auf Barrett wechselte er das Thema. »Warum bist du so spät dran? Du solltest mich doch vor einer halben Stunde schon treffen.«

»Ich wurde bei Tattersall's aufgehalten.«

»Dein Stall ist bereits voller Pferde.« James kannte Barrett besser als sich selbst, und dies bewies er jetzt, indem er fragte: »Leidest du wieder an deiner Weihnachts-Melancholie? Jeden bei Tattersall's zu überbieten, wird es nicht besser machen.«

»Ich brauchte ein paar neue Jagdpferde.« Barrett behielt seine ausdruckslose Miene bei und verbarg damit, dass er soeben gelogen hatte.

»Klar brauchtest du die.« James musterte seinen Cousin mit wissendem Blick.

Barrett würde James gegenüber niemals zugeben, dass er das Gefühl hatte, Weihnachten würde dieses Jahr noch trostloser als einige vergangene aus Kindertagen. Deshalb hatte er das Bedürfnis nach ein wenig Zerstreuung gehabt, um sich aufzuheitern. Er erkannte, dass James wohl seine Gedanken las und wechselte hastig das Thema. »Warum hast du ausgerechnet den Basar zu diesem Treffen ausgewählt?«

»Ich unterstütze ihn jedes Jahr und dachte mir, ich könnte so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.« James lächelte.

»Was gibt es so dringend?« Barrett hängte seinen Spazierstock über den Arm und zog seine Schnupftabakdose hervor.

»Ich brauche deine Hilfe bei einem Fall.« Eine Gruppe von Damen schritt mit raschelnden Seidenkleidern an ihnen vorbei. James senkte die Stimme. »Ich muss diesmal außerhalb des Außenministeriums ermitteln. Ein Verräter arbeitet für mich, und ich habe noch nicht herausgefunden, wer es ist.«

»Muss ich wieder nach Frankreich reisen?«

»Nein. Diesmal spielt sich der Fall hier ab. Ich brauche dich, um Lord Fenwick Knüppel zwischen die Beine zu werfen.«

»Fenwick.« Barrett klopfte mit seinen behandschuhten Händen auf den gerundeten Griff seines Spazierstocks und runzelte die Stirn. Er dachte angestrengt nach. »Ich habe den Gentleman in der Stadt gesehen. Steht in dem Ruf, ein leichtsinniger Spieler zu sein. Spielt um hohe Einsätze, glaube ich. Erbte vor ein paar Jahren ein Vermögen mit seinem Titel.«

»Ja. Seit Fenwick geerbt hat, hat er nahezu sein gesamtes Vermögen auf den Kopf gehauen. Er hat fast bei jedem in der Stadt Schulden.«

»Was hat Fenwick denn getan?«

»Meine Quellen sagen mir, dass er ein Mitglied der Advokaten des Teufels ist.«

»Ein ziemlich unangenehmer Kreis radikaler Extremisten. Hervorgegangen aus der Thistlewood-Gruppe, nicht wahr?«

James nickte. »Nach der Cato-Affäre. Bis jetzt sind sie harmlos gewesen.«

Barrett runzelte die Stirn und erinnerte sich an die Sensation, die Arthur Thistlewood im Jahre 1820 verursacht hatte. Er hatte versucht, die Mitglieder des Kabinetts zu ermorden und die Macht zu ergreifen. Doch er wurde mit seinen zwanzig Gefolgsleuten auf einem Speicher in der Cato Street gefangen genommen. Thistlewood und vier andere wurden gehängt.

»Was planen sie jetzt?«, fragte Barrett, den Blick auf die Silhouette der Winterprinzessin gerichtet.

»Ich habe erfahren, dass sie ein hohes Tier der Regierung ermorden wollen, aber ich bin mir nicht sicher, wen. Wir werden das durch Fenwick herausfinden.«

»Das sollte nicht schwierig sein.« Barrett blickte wieder zum Stand der Winterprinzessin. Sie betrachtete die Handfläche des Mannes, ihre Lippen bewegten sich.

»Nicht für jemanden mit deiner Art skrupellosem Charme. Nach dem, was ich gehört habe, ist er nur Spieltischen gegenüber loyal.« James blickte Barrett fragend an. »Wirst du es machen?«

»Selbstverständlich. In letzter Zeit habe ich mich zunehmend gelangweilt.«

»Großartig. Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann.« James klopfte Barrett auf den Rücken. »Du lässt mich wissen, wann es erledigt ist?«

»Ja.« Barretts Blick glitt wieder zur Silhouette der Winterprinzessin.

James wandte sich zum Gehen und bemerkte, dass Barrett sich nicht rührte: »Kommst du?«

»Nein. Ich habe eine Verabredung mit meinem Glück.« Barrett schritt durch das große Zelt und stellte sich an der Schlange am Stand der Wahrsagerin an. Die Silhouette der Prinzessin faszinierte ihn, und er wollte den Basar nicht verlassen, ohne sie in natura gesehen zu haben.

Auf seinem Weg aus dem großen Zelt warf James einen Blick in Barretts Richtung, und seine dunklen Augen funkelten vor Zufriedenheit.

Eine Viertelstunde stand Barrett schon in der Schlange, als eine Frau, die fast so breit wie groß war, den zeltartigen Stand verließ. Ihr pausbäckiges Gesicht zeigte ein strahlendes Lächeln. Sie sah, dass Barrett als Nächster an der Reihe war und richtete die Spitze ihres Sonnenschirmes auf ihn. »Oh, die Prinzessin ist einfach wunderbar! Merken Sie sich meine Worte, sie ist den Shilling wirklich wert.« Ohne auf eine Erwiderung zu warten, rauschte sie davon zu einem Stand, an dem Duftkugeln verkauft wurden.

Barrett überreichte dem Dienstmädchen, deren Augenausdruck an den eines Wachhundes erinnerte, den Shilling. »Ihr habt fünf Minuten, Sir«, sagte sie und starrte auf die Münze in ihrer Hand.

»Mehr brauche ich auch nicht.« Er sah ihr Stirnrunzeln, als er das Zelt betrat.

Sein Blick traf den der Prinzessin. Er erkannte, dass seine Fantasie ihr nicht gerecht geworden war. Sie trug ein Bauernkleid und ein gelbes Umhängetuch. Ihr Haar war dunkler, als er es sich vorgestellt hatte, ein tiefes rot- bis kastanienbraun. Die langen Locken wurden von einem Tuch zurückgehalten. Sie trug große Ohrringe, unzählige metallene Armreife klimperten an ihren Handgelenken.

Ein Schleier bedeckte ihre Nase und die untere Gesichtshälfte, doch Augen und Stirn der Prinzessin waren zu sehen. Unter langen Wimpern sah Barrett die tiefblausten Augen, die er jemals gesehen hatte. Viel zu schnell blickte sie fort. Sie wirkte beunruhigt durch seine Musterung. War sie wirklich scheu, oder handelte sie so, um das Geheimnis zu verstärken, das sie umgab?

Die Prinzessin drehte eine Sanduhr herum, die neben einer flackernden Lampe auf dem Tisch vor ihr stand. »Bitte, Ihr könnt Platz nehmen«, sagte sie mit leicht rauchiger Stimme und wies auf einen Stuhl ihr gegenüber.

Barrett hob seine Rockschöße und setzte sich.

»Lasst mich jetzt Eure Handflächen sehen.«

Er legte die Hände auf das Tischchen, begierig darauf, dass sie sie berührte.

Das tat sie nicht. Ihre fein geschwungenen Augenbrauen zogen sich zusammen, und sie blickte aus zusammengekniffenen Augen auf seine Handflächen. »Was wünscht Ihr zu wissen?«

»Ihr könnt mir sagen, ob Ihr heute Abend mit mir speisen könnt.«

Die Prinzessin hielt den Blick scheu gesenkt. »Gewiss wisst Ihr, dass Prinzessinnen nie mit Fremden speisen.« Sie betrachtete weiter seine Handflächen.

»Dann sagt mir Euren Namen.«

»Nein, nein.« Sie fuhr mit einer Hand durch die Luft. »Das ist nicht erlaubt. Lasst mich jetzt sehen, ob ich Euch etwas über Euch selbst sagen kann.«

»Bitte.«

»Hm!« Sie neigte sich vor und zog mit ausgestrecktem Finger eine der Linien nach, ohne seine Handfläche zu berühren. Die vielen Armreife klimperten. Der Klang verlockte Barrett, auf ihre zarten Handgelenke zu blicken. »Ich sehe, Ihr habt Kummer in Eurem Leben.«

»Tatsächlich?« Barrett betrachtete eine dichte Locke, die über ihre Schulter gefallen war und sich bis zur Brust hinabringelte. Fasziniert beobachtete er, wie das Haar unter den Atemzügen der Prinzessin erzitterte.

»O ja. Sehr großen Kummer. Ihr habt eine ruhelose Seele. Ihr findet keinen Schlaf.«

Barrett versteifte sich und verbarg seine Überraschung hinter seiner üblichen Maske. »Woher wisst Ihr, dass ich an Schlaflosigkeit leide?«

»Ich sehe es in Eurer Handfläche.« Sie blickte auf, Entrüstung in den Augen.

»Was sonst seht Ihr?«

Er glaubte zu erkennen, dass sie lächelte. »Ich sehe, Ihr seid ein Mann, der gern Geld ausgibt, doch es verschafft Euch wenig Freude. Ihr langweilt Euch.«

Barrett spürte, wie sich der Druck in seiner Brust verstärkte. Seinen Reichtum konnte sie aufgrund seiner Kleidung leicht erraten haben. Die Bemerkung über seine Schlaflosigkeit musste ebenfalls eine Vermutung sein. Aber wie konnte sie wissen, dass ihm das Leben wenig Freude machte und er an Langeweile litt? »Welche anderen Charaktereigenschaften könnt Ihr erkennen?«, fragte er, und das Misstrauen, das in seiner Stimme mitklang, war nicht zu überhören.

»Ihr seid besonders wählerisch bei der Auswahl eines Schneiders – oh! Und ich sehe, dass Ihr eine schwierige Vergangenheit hattet. Irgendetwas verfolgt Euch immer noch.«

»Könnt Ihr sehen, was es ist?«

»Hm! Die Linien – sie sind verschwommen. Vielleicht Probleme mit Familienmitgliedern.« Sie blickte auf und musterte ihn kurz. »Vielleicht mit Geschwistern oder Euren Eltern.«

Eine weitere Mutmaßung. Sie konnte nichts von der Entfremdung mit seinem Vater wissen. Diese Lady war nicht nur verlockend, sie hatte auch eine sehr große Fantasie. Dennoch konnte er ihr die unheimliche Fähigkeit, aus seiner Hand zu lesen, nicht ganz absprechen.

»Ah. Ich kann Euch am Gesicht ablesen, dass ich Recht habe.« Sie senkte den Blick wieder auf seine Hand und blickte dann zu den letzten Körnchen, die durch die Sanduhr sickerten. »Ich befürchte, das ist alles, was Euch die Prinzessin sagen kann. Die Zeit ist um.«

Er stand auf und ergriff ihre Hand. Dann fuhr er mit seinem Daumen über ihre warme, weiche Haut. Er nahm wahr, dass ihre Handfläche schweißfeucht war. Er spürte ein leichtes Zittern und wusste, dass er sie entnervt hatte. »Sagt mir, wer Ihr wirklich seid«, sagte er und neigte sich hinab, um ihre Hand an seine Lippen zu drücken. Ihre Haut fühlte sich zart wie eine Daune an seinem Mund an. Er fragte sich, ob ihre Lippen ebenso weich waren.

»Das kann ich nicht.« Sie hielt den Blick gesenkt, und die dunklen Wimpern warfen lange, halbmondförmige Schatten auf ihre Wangen.

Barrett löste nur ungern seine Lippen von ihrer Hand. Der Schauer, der ihren Arm hinauflief, ließ ihn innerlich lächeln. »Wie kann ich Euch überreden?«

Das Dienstmädchen öffnete die Plane am Eingang und spähte hinein. »Alles in Ordnung hier?«

»Ja, Mildred. Der Gentleman will gerade gehen.«

Als Barrett der Prinzessin einen weiteren Blick zuwarf und die Entschlossenheit, ihn loszuwerden, in ihren Augen sah, faszinierte sie ihn mehr denn je. Sie hatte seine Neugier geweckt und eine Saite tief in ihm berührt, von der er sich niemals würde lösen können.

Ein Tumult draußen zwang sie, hinauszublicken. Lord Collins, ein großer, schlanker Gentleman mit einem Raubvogelgesicht, stolperte an Mildred vorbei und warf ihr einen Shilling zu. Er blieb schwankend im Eingang stehen, sein Atem roch nach Alkohol. »Wo ist die süße kleine Wahrsagerin?«, brüllte er.

Dann fiel Collins' Blick auf die Prinzessin. Er grinste und zwinkerte ihr lüstern zu. »Ich hoffe, du kannst mehr als nur wahrsagen.«

Barrett sah, dass die Prinzessin zurückwich. »Geht, Collins«, sagte er mühsam beherrscht. »Ihr seid betrunken.«

Collins heftete den Blick auf Barrett. Sein Grinsen verschwand. »Bei Gott! Waterton! Welches Ungeziefer lässt man nur auf diesem Basar herumkriechen!«

»Ganz meine Meinung.« Barrett hielt Collins' Blick stand.

»Warum seid Ihr hier, wenn Ihr doch unterwegs sein könntet, um sonst jemandem die Existenz zu ruinieren?«, fauchte Collins

Barrett umklammerte seinen Stock fester, um Collins nicht damit zu schlagen. »Ihr habt die Dame beleidigt, und ich fordere Euch noch einmal auf, das Zelt zu verlassen.«

»Ich denke nicht daran. Ich habe meinen Shilling bezahlt.«

Mildred drückte ihm die Münze in die Hand. »Hier, nehmt Euer Geld und geht, Sir. Hier sind nur Gentlemen zugelassen.«

Collins verdrehte die Augen. »Oh, so ist das, wie? Mein Geld ist so gut wie seines.« Er wies mit dem Daumen auf Barrett und hob dann die andere Hand, um die Münze zu Mildred zurückzuwerfen.

»Ihr hört wirklich nicht zu.« Barrett ergriff Collins' Arm und stieß ihn zum Eingang.

Mildred hielt die Plane zur Seite, und Collins stolperte rückwärts hinaus.

Barrett hörte die Prinzessin hinter sich nach Luft schnappen, als Collins zurück ins Zelt stürmte, den Blick seiner dunklen Augen auf Barrett gerichtet. Er holte zu einem Schwinger aus.

Barrett stieß ihm seinen Spazierstock gegen die Rippen. Collins krümmte sich und griff dann wieder wütend an.

Barrett duckte sich, hob seinen Stock und versetzte Collins damit einen Schlag ans Kinn. Bevor Collins zurücktaumelte, benutzte Barrett den gebogenen Griff des Spazierstocks, um ihn hinter Collins' Nacken zu haken und ihn nach vorn zu ziehen. Dann schlug er zu.

Sein Gegner flog zurück, prallte gegen die Seitenwand des Standes und rutschte dann an dem schweren Segeltuch herab. Collins blinzelte aus glasigen Augen. Blut sickerte aus seiner Nase.

Einige der Gentlemen in der Warteschlange eilten hinein, um ihm auf die Beine zu helfen.

Collins schob sie zur Seite und hob die Faust. »Ich sollte Euch töten!«, schrie er Barrett zu.

»Nennt den Ort und die Zeit.« Barrett hakte seinen Spazierstock wieder über den Arm; dann schnipste er einen Fussel vom seinem Mantel und sah Collins an.

Für einen Moment sagte keiner von ihnen etwas. Die Spannung zwischen ihnen schien die Luft zum Knistern zu bringen. Barrett behielt seine trügerisch ausdruckslose Miene – eine Maske, die er im Laufe vieler Jahre meisterhaft zu beherrschen gelernt hatte, um einzuschüchtern und zu demütigen.

Collins' Gesicht verzerrte sich vor Wut und Frustration. Dann blickte er fort und wischte sich das Blut von der Nase. »Das werde ich nicht vergessen!«, stieß er hervor, bevor er aus dem Zelt stolperte.

Barrett wandte sich um und sah die Winterprinzessin an. Sie stand dort mit weit aufgerissenen Augen. »Seid Ihr wohlauf?«, fragte er besorgt.

»Mir geht es gut.« Sie nickte bekräftigend und schien ihre Fassung schnell wiederzugewinnen.

Barrett hatte das Gefühl, dass die Prinzessin trotz ihrer offensichtlichen Scheu sehr beherrscht war. Er wandte den Blick von ihr ab und sah Mildred an. »Und Ihr seid auch wohlauf?«

»Ich habe mich erschreckt, Sir. Es war freundlich, was Ihr getan habt. Schwer zu sagen, wozu er sonst fähig gewesen wäre.« Ihre Stimme klang aufgeregt.

Die Prinzessin sah Barrett an. »Euch haben wir zu verdanken, dass es so glimpflich ausgegangen ist.«

Barrett bemerkte, dass ihre Stimme den gleichen rauchigen, verführerischen Klang hatte wie zuvor. »Erlaubt mir, Euch nach Hause zu begleiten.«

»Das ist sehr freundlich, aber ich habe versprochen, auf diesem Basar mitzuwirken.«

»Wie viel hattet Ihr erhofft, heute einzunehmen?«

Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß es wirklich nicht, Sir. Wir hofften, mindestens fünfundzwanzig Pfund für die Armen zu verdienen.«

Barrett griff in seine Jacketttasche und zog eine Hundert-Pfund-Note hervor. »Wird das reichen?«

Ihre Augen weiteten sich. »Ihr seid zu großzügig.«

»Nein, Mylady. Ich bin vieles, aber niemals großzügig.« Barrett zwinkerte ihr zu. »Ich gebe zu, dass ich es nur um Euretwillen tue.« Er schenkte ihr sein charmantestes Lächeln.

Sie lächelte scheu zu ihm auf, während sie nervös die Reife an ihren Handgelenken befingerte. »Dieser verachtenswerte Mann mag Euch anscheinend nicht.«

»Ja, wir kennen uns lange.«

»Bitte, sagt mir, dass Ihr Euch nicht meinetwegen mit ihm duellieren werdet.« Sie schaute ihn besorgt an.

»Ihr könnt unbesorgt sein. Als das Rückgrat verteilt wurde, bekam Collins ein sehr schwaches.«

Ein Lächeln erreichte ihre Augen.

Und irgendetwas an diesem Lächeln berührte Barrett wie nichts seit langer Zeit. »Genug zu Collins, Lady«, sagte er. »Kommt, Ihr müsst Euch von mir nach Hause begleiten lassen.«

Mildred warf Barrett einen misstrauischen Blick zu und reichte der Prinzessin ihr Retikül. »Ich werde sie nach Hause bringen.«

»Nein, Mildred«, sagte die Prinzessin. »Ich kann nicht weggehen. Mrs Pool verlässt sich auf mich.«

Eine grauhaarige, blasse Frau betrat den Stand. Sie eilte zur Prinzessin und tätschelte ihren Arm. »Oh, solch eine Aufregung! Hat man so was schon erlebt? Ihr solltet heimkehren, meine Liebe. Wir können auch ohne Euch auskommen.«

»Und was wird mit diesem Stand, Mrs Pool?«

»Die Leute werden sich einfach von mir wahrsagen lassen müssen.« Mrs Pool lächelte und gab der Prinzessin einen mütterlichen Klaps.

»Hier, Mrs Poole.« Die Prinzessin überreichte ihr die Hundert-Pfund-Note.

Die ältere Frau nahm sie und schnitt eine Grimasse. »Du meine Güte. Als ich die Organisation für diesen Basar übernahm, dachte ich nie an die Sicherheit. Ich kann eine solch große Summe nicht hier behalten. Nach dem, was soeben passiert ist, überrascht es mich, dass noch niemand versucht hat, uns auszurauben.« Mrs Pool erschauerte. »Ich bitte Euch, meine Liebe, nehmt dieses Geld mit Euch nach Hause. Ich werde mich erst ruhiger fühlen, wenn ich weiß, dass es von hier fort ist.« Sie drückte der Prinzessin den Geldschein in die Hand. »Ich werde meinen Mann vorbeischicken, um es abzuholen.« Sie schaute auf das Bauernkleid, das Umhängetuch und den Schleier und fügte hinzu: »Zusammen mit den Kleidungsstücken.«

»Wenn es Euch beruhigt, Mrs Pool.«

»Oh, das wird es.«

Die Prinzessin steckte die Banknote in ihr Retikül. Barrett beobachtete sie. Er wünschte, sie würde den Schleier abnehmen, damit er die untere Hälfte ihres Gesichtes sehen konnte.

»Ich werde dafür sorgen, dass sie sicher nach Hause kommt.« Nachdem Barrett sich vor der älteren Dame verneigt hatte, wartete er, während Mildred ihrer Herrin ein Cape um die Schultern hängte. Dann bot er der Prinzessin seinen Arm und führte sie hinaus.

Er bemerkte die enttäuschten Gesichter der Gentlemen, die in der Schlange standen. Ein Gefühl des Triumphes stieg in ihm auf, als er sagte: »Meine Kutsche wartet nicht weit entfernt.«

»Wir haben unsere eigene Kutsche, Sir«, sagte das Dienstmädchen und blickte ihn aus ihren schmalen braunen Augen an.

»Dann erlaubt mir die Ehre, Euch dorthin zu begleiten.«

»Nein. Wir haben Eure Freundlichkeit schon über Gebühr strapaziert.« Die Prinzessin lächelte scheu. Dann rannte sie fast fluchtartig aus dem großen Zelt hinaus, das Dienstmädchen an ihrer Seite.

Er erkannte, dass das Objekt seiner Begierde entkam, und folgte ihr hinaus zu einer Reihe von Mietdroschken, die auf der Straße parkten. Bevor die Prinzessin einstieg, ergriff er ihren Arm. »Ihr könnt nicht so einfach aus meinem Leben verschwinden, Mylady. Nennt mir wenigstens Euren Namen.«

»Das wird sie nicht tun, Sir«, fuhr Mildred ihn an und schlug seine Hand vom Arm ihrer Herrin fort. »Es wäre nicht schicklich, und das wisst Ihr.«

»Dann erlaubt mir, so vermessen zu sein, Euch meinen ...« Barrett verstummte, als Mildred ihre Herrin in die wartende Kutsche drängte und hinter ihr hineinsprang. Die Tür knallte zu.

»Lord Wat...«

Der Fahrer schlug mit den Zügeln, die Kutsche fuhr an und gewann rasch an Geschwindigkeit.

Barrett presste die Lippen aufeinander, und der Rest seines Namens erstarb. Er murmelte einen Fluch.

Als er sich umwandte, um zu seiner Kutsche zu laufen, sah er, wie ein Ingwerkuchenverkäufer seinen Stand verließ, einen Hund an seinem Fell am Nacken packte und mit einem Gürtel schlug. Barrett blickte zu der Mietdroschke, die sich immer weiter entfernte, und dann zu dem Mann, der den Hund schlug. Der Lady folgen oder den Hund retten – was sollte er tun?

Kapitel 2

»Hölle und Verdammnis!«, stieß Barrett hervor und rannte er die Straße.

»Ich werde dir austreiben, hier wieder betteln zu kommen!« Der Mann holte aus, um den Hund von neuem zu schlagen.

Das klägliche Winseln des Tieres schoss Barrett wie Nadelstiche durch den Körper. Binnen Sekunden erreichte er den Verkäufer, stieß ihm seinen Spazierstock gegen die Brust und entriss ihm den Hund. Er schaute den Mann böse an. Fettiges Haar lugte unter dessen brauner Mütze hervor, in seinen Augen war keine Spur von Mitleid zu sehen.

»He, was soll das? Dieser Köter kommt dauernd betteln. Ich habe das Recht, ihm das Fell zu gerben!« Der Mann drohte mit dem Gürtel.

»Nicht in meiner Gegenwart. Wenn ich jemals wieder sehe, dass Ihr ein Tier schlagt, werdet Ihr die gleiche Behandlung von mir erfahren.«

»Jawohl, Mylord«, murrte der Verkäufer.

Barrett schritt zu seiner Kutsche. Er blickte auf den Hund hinab, der immer noch in seinen Armen zitterte. Große braune Augen, fast verdeckt von zottigen grauen Haarbüscheln, blickten zu ihm auf.

»Du brauchst mich nicht so anzusehen.« Barrett suchte die Straße nach der Mietdroschke ab. Sie war nirgends zu entdecken. »Sie ist fort, mein Junge. Ich habe sie verloren.« Er tätschelte den Kopf des Hundes und murmelte vor sich hin: »Wie schwer mag es sein, eine junge Dame mit einem Dienstmädchen namens Mildred ausfindig zu machen?«

***

»Ich bin froh, dass ich mich daran erinnert habe, dich Mildred zu nennen.« Lady Meagan Fenwick sah ihre Zofe Tessa an. Dann zog sie mit einem Ruck das Tuch von ihrem Kopf. Lange kastanienbraune Locken fielen bis über ihre Schultern hinab. Sie schob eine Strähne hinter ihr Ohr zurück und schaute aus dem Fenster der Kutsche auf die Bäume des St. James's Parks.

»Das ist gut. Ich glaube nicht, dass Lord Watt die Suche nach dir so leicht aufgeben wird.«

»Lord Watt?«

»Ja, der Gentleman nannte seinen Namen. Hast du das nicht gehört?«

»Nein.« In ihrer Hast, dem Gentleman zu entkommen, hatte Meagan überhaupt nichts gehört. Sie war viel zu durcheinander gewesen.

Sie rief sich in Erinnerung, wie Lord Watt sie geküsst hatte, wie sie seine Lippen auf ihrem Handrücken gespürt hatte, wie sein heißer Atem ein Prickeln ihren Arm hinaufgeschickt hatte.

Tessas Stimme riss Meagan aus ihren Gedanken. »Du hast kein Wort von dem mitbekommen, was ich gerade gesagt habe.«

»Entschuldigung, ich war in Gedanken.«

»Ich sagte, es war Glück, dass Lord Watt dort war, um diesen Collins rauszuwerfen. Es gibt immer einen in der Menge, der Ärger macht.«

»Ja.« Meagan sah geistesabwesend aus dem Fenster, in Gedanken bei Lord Watt. Obwohl sie wusste, dass sie nicht an ihn denken durfte, ihn vergessen musste. »Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, warum um alles in der Welt ich mich von Harold habe zwingen lassen, nach London zu kommen und meine Dienste für den Basar anzubieten.«

»Nun, ich missbillige vieles, was dein Bruder tut, aber es konnte nicht schaden, in die Stadt zu fahren und auf dem Basar zu arbeiten. Du warst verkleidet, also hat dich niemand erkannt. Es hat dir gut getan, vom Land fortzukommen – auch wenn dieser stupide Collins den Tag verdorben hat.« Tessa blickte Meagan von der Seite an. »Und mir missfällt auch dieser Lord Watt.«

Meagan sah Tessa fragend an.

»Er hatte ein hungriges Glitzern in den Augen. Oder nenne es meinetwegen ein begieriges Funkeln. Er hat dich betrachtet wie ein schmackhaftes Stück Roastbeef, ist dir zu der Kutsche hinaus gefolgt und hat dich nach dem Namen gefragt.« Tessa schnaubte missbilligend. »Nun, er mag ein Gentleman sein, aber ich traue ihm nicht. Es wird andere für dich geben.«

»Ich will keine anderen.« Meagan erkannte, dass sie ihre Worte überbetont hatte.

»Du bist erst zwanzig, und ich weiß, was du denkst. Es ist nicht nötig, dass du wegen deiner körperlichen Verfassung dein Leben wegwirfst. Seit fünf Jahren hattest du keinen Anfall mehr. Es ist unwahrscheinlich, dass es einen Rückfall gibt, nachdem wir jetzt wissen, wie dein Leiden zu beherrschen ist.«

»Ich hatte nicht daran gedacht.« Meagan schluckte hart. Ihre Krankheit lauerte stets drohend in ihrem Unterbewusstsein wie ein Schreckgespenst. Das Leiden hatte ihr Leben derart zerstört, dass sie sich vermutlich nie davon erholen würde. Sie blickte hinab auf die Hand, die Lord Watt geküsst hatte. »Ich bin entschlossen, dass nur tiefste Liebe mich zu einer Ehe bewegen kann. Ich bezweifle, dass irgendein Mann bereit sein wird, mich mit einer so kleinen Mitgift zu heiraten oder sich mit meiner Vorliebe für Bücher und wissenschaftliche Studien abzufinden.«

»Mach dir nicht selbst etwas vor. Irgendwo dort draußen wird es jemanden geben.«

»Ich werde ihn nicht finden. Du weißt, wie eigen ich in meiner Art bin. Und ich will keinen Mann haben, der mich nicht liebt, wie ich bin. Jedenfalls möchte ich nicht von einem Mann herumkommandiert werden.«

Tessa blickte Meagan von der Seite an. »Es ist nicht so schlecht, von einem Mann herumkommandiert zu werden, der einen liebt.«

Meagan winkte ab. »Lass uns nicht mehr von Liebe sprechen. Ich werde direkt heimfahren.« Der Gedanke an die Heimkehr veranlasste Meagan, auf den Schleier in ihren Händen zu blicken. Seit einiger Zeit war ihr die Langweiligkeit ihres Lebens zuwider geworden, doch das würde sie Tessa gegenüber niemals zugeben.

»Es wäre eine Schande, wenn du nicht ein bisschen länger bleiben würdest.«

»Dir gefallen einfach die Belustigungen hier.«

»Du solltest sie ebenfalls genießen. Es gibt mehr im Leben als Bücher und Astrologie. Bis jetzt haben wir nicht viel außer dem Museum gesehen. Du hast die ganzen zwei Tage in der Bibliothek herumgestöbert.«

»Es ist nicht irgendeine Bibliothek. Ist dir klar, dass sich darin Sir William Herschels Schriften und der Entwurf für sein Newton-Teleskop befinden?«

»Ja. Aber was willst du damit anfangen?«

»Ich habe die Entwürfe gesehen. Mehr konnte ich nicht erhoffen.« Meagans Stimme klang entzückt.

»Ich verstehe nicht, was es dir bringt, irgendwelche Schriften anzusehen.« Tessa schüttelte den Kopf; ihre Miene zeigte an, dass sie ihre Herrin niemals verstehen würde. »Du solltest diese Sternguckerei vergessen. Bei den Sternen wirst du in der Ewigkeit sein, leben tust du nur einmal. Amüsier dich, geh zu Bällen und Vergnügungen!«

»Ich sollte heimgehen, wo ich hingehöre.«

»Du kannst dich nicht dein ganzes Leben lang vor den Leuten verstecken.«

Meagan wusste, dass Tessas Vorhaltungen aus Zuneigung und Loyalität geboren waren. Tessa war bis zum Tod ihrer Mutter deren Zofe gewesen; danach war sie Meagans Zofe geworden. Und Tessa war immer wie ein Familienmitglied behandelt worden, doch manchmal konnte sie nervtötend sein – wie jetzt.

Meagan sah ihre Zofe finster an. »Du weißt, wie unbehaglich ich mich in der Gesellschaft von Fremden fühle. Wenn ich mich nicht hätte verkleiden können, hätte ich mich niemals auf die Wahrsagerei eingelassen. Nein, ich fühle mich am wohlsten allein auf dem Land.«

»Nun, wenn das so ist!« Tessa schüttelte den Kopf. »Aber es ist nicht richtig. Es mag ja prima sein, sich in die Astrologie zu vertiefen und über das Schicksal anderer Leute in Büchern zu lesen, aber das ist nicht das Gleiche wie selbst das Leben zu genießen. So, jetzt habe ich's mir von der Seele geredet und werde still sein.«

Dankbar für Tessas Schweigen, konnte Meagan den Rest des Heimwegs etwas entspannen, doch sie empfand keine wirkliche innere Ruhe. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit Lord Watt.

Er hatte einen eleganten schwarzen Anzug getragen. Sein blondes, welliges Haar war in der Mitte gescheitelt und so lang, dass es bis auf seinen Kragen fiel. Sie rief sich seine scharf geschnittenen Gesichtszüge in Erinnerung, das energische Kinn, den breiten Mund und seine aristokratische Nase, die aussah, als wäre sie mal gebrochen gewesen. Alles in allem war er eine imposante Erscheinung.

Aber wenn sie ehrlich war, dann war es nicht sein gutes Aussehen, das sie anzog. Es war die kühle Distanz in seinen Augen. Sie würde diese Augen nie vergessen: Sie blickten durchdringend, räuberisch und unnachgiebig und waren so tiefblau wie ein Sommerhimmel.

Er hatte zwar versucht, das Gefühl darin hinter einer unbewegten Miene zu verbergen, doch es hatte einen Moment gegeben, als sie ihn mit ihren Vermutungen über seine Eltern verblüfft hatte, in dem etwas tief in ihm berührt worden war. Der Ausdruck seiner Augen war weicher geworden, und sie hatte einen Blick auf das Unnahbare in den blauen Tiefen erhascht.

In diesem Moment war sie ebenfalls verwirrt gewesen, denn er hatte einen mitleidsvollen Teil von ihr angerührt. Sie wusste, wie es war, sich einsam und elend zu fühlen, und für einen Moment hatte sie so viel Mitgefühl mit ihm empfunden, dass sie geglaubt hatte, seinen Schmerz zu spüren. Nie war ihr so etwas passiert – besonders nicht bei einem Mann.

Sie hielt die Hand, die er geküsst hatte, erinnerte sich daran, wie er sie durchdringend mit seinen blauen Augen angesehen hatte, wie bewusst ihr seine Nähe gewesen war. Allein bei der Berührung seiner Hand, einer warmen, kräftigen, aber sanften Hand, war Hitze durch ihren Körper geströmt. Nie würde sie seine Berührung vergessen. Nie.

Verloren in Tagträumen über diesen geheimnisvollen Mann, verpasste Meagan fast ihren Halt. Sie rief zum Kutscher herauf, dass er sie in der Fenchurch Street aussteigen lassen solle, und zog ihr Cape fester um sich, damit niemand das Bauernkleid darunter sehen konnte.

Die Kutsche hielt schließlich mit einem Ruck. Meagan stieg aus und bezahlte. Für den Fall, dass Tessa Recht hatte und Lord Watt tatsächlich versuchte, ihre Identität herauszufinden, wartete sie, bis die Mietdroschke im Strom der Kutschen verschwunden war. Dann mischten sie und Tessa sich in das Gewühl der Passanten auf dem Gehsteig. Dies war nicht der schönste Teil von Cheapside; die verrosteten Zäune und der dicke Rußfilm auf den schmutzigen Fensterbänken und Backsteinfassaden gaben Zeugnis davon.

Ein Junge passierte sie und warf eine Zeitung auf die Treppe ihres Nachbarn. Vor einer der Türen stand ein Diener und hängte einen Weihnachtskranz aus Stechpalmenzweigen auf. Das Haus Nummer 12 stand in der Mitte einer Reihe von Mietshäusern, die eine Seite der Straße säumten. Es war nicht das beste Stadthaus, das Harold jemals gemietet hatte, aber es war zumindest ein Platz zum Schlafen während ihres Aufenthaltes in London.

Sie hatten längst den teuren Luxus aufgegeben, einen Lakaien zu beschäftigen, und Reeves, ihr Butler, öffnete selten Besuchern die Tür. So dachte sich Meagan nichts dabei, als sie selbst die Tür aufschloss und eintrat.

Sie prallte mit Reeves zusammen und hielt seinen Arm, damit er nicht stürzte.

Reeves stand gebeugt über seinen Stock da. Er hatte einen Schal um die Schultern gewickelt, sein schütteres weißes Haar stand wirr von den Seiten seines kahl werdenden Kopfes ab. Er spähte mit zusammengekniffenen Augen – er konnte kaum noch sehen – und sagte: »Ah, Miss Meagan, Ihr seid heimgekommen. Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«

»Was hat Euch aus dem Bett getrieben, Reeves?«

»Ich fühle mich ein wenig besser, Mylady. Ich hörte jemanden an der Tür.«

Er streckte seinen zitternden Arm aus, um ihr Cape entgegenzunehmen.

Es strengte ihn schrecklich an, doch sie wusste, dass sein Stolz das Einzige war, was ihn noch am Leben und in Bewegung hielt. So legte sie ihr Cape behutsam über seinen Arm und stützte ihn, als er unter dem Gewicht zu zittern begann.

»Ich mache Tee, Mylady.« Tessa zog ihr Cape aus und schritt durch die Halle.

»Der Herr« – Reeves stieß das Wort Herr aus, als verursache es einen bitteren Geschmack in seinem Mund – »hat nach Euch gesucht.« Reeves hatte sein Leben lang ihrem Vater gedient und sich mit dem Tod des Earls ebenso wenig abfinden können wie mit der Tatsache, dass Harold seinen Titel und Grundbesitz geerbt hatte.

»Wo ist er?«

»Gleich hier«, antwortete Harold für Reeves. Er kam mit einem breiten Lächeln in die Halle. Die Wandtäfelung, von jahrelangem Polieren und dem Rauch des Kamins und der Kerzen dunkel geworden, bildete einen starken Kontrast zu Harolds burgunderfarbenem Anzug.

Harold war ihr Halbbruder und William Fenwicks Erstgeborener. Nachdem seine erste Frau an Fieber gestorben war, hatte ihr Vater Lady Lillian St. Clair geheiratet. Meagan war aus dieser Ehe hervorgegangen. Harold ähnelte mit seinem blonden Haar und den hellbraunen Augen sehr seinem Vater, im Gegensatz zu Meagan, die auf ihre Mutter kam. Sie hatte die rötlichbraunen Haare und die blauen Augen vieler Generationen von St. Clair-Frauen geerbt.

Mit seinen vierundzwanzig Jahren hatte Harold immer noch ein jungenhaftes Gesicht, das seinen Zügen einen unschuldigen Charme verlieh. Er wusste auch, ihn einzusetzen. Er war das makellose Kind, der zukünftige Erbe, derjenige, der von seinen Eltern verhätschelt und verwöhnt worden war. Meagan hatte nie an ihn heranreichen können – besonders nicht mit der Hautkrankheit, an der sie gelitten hatte. Sie hätte voller Groll gegen Harold sein können, doch er hatte eine einnehmende Art, deretwegen sie ihn liebte.

Reeves bemühte sich um einen sicheren, aufrechten Gang, als er durch die Halle zur Garderobe schritt.

»Oh, du hast dich neu eingekleidet?« Meagan betrachtete Harolds teuren Samtanzug, die gelbgestreifte Seidenweste und die gestärkte weiße Krawatte, die so gebunden war, dass er kaum das Kinn senken konnte.

»Selbstverständlich. In meinen alten Anzügen kann ich mich hier in der Stadt nicht sehen lassen. Ich muss schließlich den Schein wahren.«

»Und woher hast du das Geld dafür? Schuldest du deinem Schneider nicht bereits neunhundert Pfund?«

»Ich hatte eine gute Nacht an den Spieltischen«, sagte Harold stolz, »Diese Kleidung habe ich in Gold bezahlt.« Als Harold Meagans Stirnrunzeln bemerkte, legte er einen Arm um ihre Schultern. Er neckte sie mit seinem charmanten, jungenhaften Lächeln. »Sei nicht so streng, Meggie.«

»Du hast mir gesagt, dass du nicht wieder spielen wirst.«

»Ich weiß, aber ich dachte, nur noch einmal um der alten Zeiten willen. Und ich bin froh, dass ich so dachte. Ich habe dreihundert Pfund gewonnen!« Harold musterte das Bauernkleid und den Umhang. »Was treibst du in dieser Aufmachung?«

»Ich habe am Stand der Wahrsagerin gearbeitet.«

»Kaum zu glauben, dass die alte Mrs Pool dir diese Aufgabe gegeben hat. Wie willst du jemanden kennen lernen, wenn du in diesen Lumpen herumläufst? Erst diese Gouvernantenkleidung, die du ständig trägst, und jetzt diese Bauernkleider.« Er wies auf Meagans verknittertes braunes Kleid. »So wirst du nie einen Mann finden.«

»Ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass ich gar nicht auf der Suche nach einem Mann bin?«

Harold verhielt sich, als hätte er sie nicht gehört. »Jede Frau will gefallen. Es ist nicht natürlich zu wünschen, eine alte Jungfer zu werden und auf dem Land zu versauern.«

»Wenn du mich gezwungen hast, nach London zu kommen, um nach einem Mann zu suchen, dann sage ich dir besser jetzt gleich, dass du deine Zeit verschwendest. Ich kehre heim.«

»Das wirst du nicht. Ich würde mich vor meiner Verantwortung drücken, wenn ich keinen Mann für dich suchen würde. Und es ist deine Pflicht, zu heiraten. Ich kann dich nicht dein ganzes Leben lang unterstützen.« Harold drohte ihr mit dem Finger. Der niedergeschlagene Ausdruck auf Meagans Gesicht veranlasste ihn, einen milderen Tonfall anzuschlagen. »Du wirst nicht heimkehren. Vergessen wir es einfach, ja? Erzähl mir, wie es lief. Du musst einiges Geld für den Basar eingenommen haben.«

Meagan blickte auf ihr Retikül, und es wurde ihr bewusst, dass es zu nichts führte, mit Harold zu streiten. Manchmal wollte er sie einfach nicht verstehen. »Ich habe hundert Pfund eingenommen.«

Harold stieß einen leisen Pfiff aus. Seine Augen nahmen bei der Erwähnung des Geldes einen gierigen Ausdruck an. Er warf einen schnellen Blick zu ihrem Retikül. »Da hast du aber oft wahrsagen müssen.«

Meagan schob ihr Retikül hinter den Rücken. »Da war ein freundlicher Gentleman, der das Geld gespendet hat.«

»Ich werde ihn ausfindig machen und an ihn herantreten müssen. Vielleicht ist er daran interessiert, dir den Hof zu machen. Ein Mann spendet nicht einfach grundlos hundert Pfund.«

»Vielleicht ist er schon verheiratet.« Meagan runzelte die Stirn bei ihren eigenen Worten. Wenn er verheiratet war, wollte sie nichts davon wissen und ihn auch nicht wiedersehen. Als sie ihn in der Verkleidung einer Spanierin kennen gelernt hatte, war ihre Scheu dahingeschmolzen. Aber der Gedanke, ihm unmaskiert gegenüberzustehen, entsetzte sie. Er würde eine verlockende exotische Schönheit erwarten, stattdessen würde er eine verschüchterte Jungfer sehen. »Bitte, suche nicht nach ihm«, flehte sie.

»Also gut, wenn du darauf bestehst.« Harold zuckte in seiner üblichen unbekümmerten Art mit den Schultern. »Nun, ich gehe in den Club.«

»Denk daran, dass du versprochen hast, nicht zu spielen.«

»Das habe ich, aber ich spüre, dass eine Glückssträhne auf mich zukommt.«

»Als du das beim letzten Mal gesagt hast, endete es im Verkauf unseres Hauses in der St. James Street.«

»Ich werde es zurückbekommen, keine Sorge.« Harold küsste sie auf die Wange und zwickte ihre Nase, damit sie nicht mehr schmollte. Als es nicht klappte, schenkte er ihr sein fröhlichstes Grinsen, schnappte sich seinen Mantel und schlenderte durch die Tür hinaus.

Meagan stieg die Treppe hinauf und starrte auf ihr Retikül. Sie dachte an das fast wahnsinnige Funkeln in Harolds Augen, als sie die hundert Pfund erwähnt hatte, die ein kleines Vermögen waren.

Sie hörte Tessas Schritte nahen und blickte zu ihr auf.

Tessa trug ein großes Tablett mit Teegeschirr und Gebäck.

»Warum blickst du so böse wie eine Katze, der man auf den Schwanz getreten hat?«, fragte Tessa stirnrunzelnd.

Meagan sah sie fragend an.

»Oh!« Sie strich mit der Hand über das alte Treppengeländer aus Eichenholz. »Harold weiß, dass ich dieses Geld habe. Er hat nie zuvor Geld von mir gestohlen, aber dieser Ausdruck in seinen Augen ...« Meagan beendete den Satz nicht.

»Du wirst es vor ihm verstecken müssen«, sagte Tessa. »Du solltest davon ausgehen, dass er durch und durch verkommen ist. Ich wusste, dass es so kommen wird, weil die Herrin ihn abgöttisch liebte. Ich versuchte, ihr die Augen zu öffnen – ihre Seele ruhe in Frieden –, doch sie wollte nicht auf mich hören. Schlimme Dinge passieren, wenn die Leute nicht auf mich hören wollen. Und jetzt ist es so weit. Er hat alles verspielt. Reeves und ich haben seit einem Jahr keinen Lohn mehr bekommen – nicht dass ich mich beklagen will, aber ...«

»Das tut mir Leid«, unterbrach Meagan ihre Zofe. Sie wusste, dass Harold Schulden hatte, aber sie hatte nicht gewusst, dass er die Bediensteten seit einem Jahr nicht bezahlt hatte.

»Oh, es ist nicht deine Schuld.«

Meagan konnte keine Worte finden, um das peinliche Thema zu entschärfen, und so schwieg sie, erzürnt über Harolds Egoismus und seine Spielsucht.

Schließlich sah sie Tessa wieder an. »Ich werde den Tee mit auf mein Zimmer nehmen, Tessa, und früh zu Bett gehen – aber vorher werde ich ein gutes Versteck für das Geld suchen.«

Die Uhr auf dem Kaminsims von Meagans Kammer schlug zwölf. Harold erstarrte. Meagan lag zusammengerollt auf der Seite unter den Decken, nur ihr Kopf war zu sehen. Sie rührte sich nicht. Er stieß den angehaltenen Atem langsam aus.

Das Kaminfeuer warf Schatten auf den Betthimmel und die Tagesdecke. Jetzt musste er die Beute finden. Er konnte Geld förmlich riechen wie ein Jagdhund. Die Tatsache, dass Meagan ein Gewohnheitsmensch war, würde dazu führen, dass er schnell fündig werden würde.

Harold schlich durch die Kammer, hob Porzellanfigurinen auf und schaute darunter, suchte hinter den schweren Brokatvorhängen. Den Blick auf die schlafende Meagan geheftet, schlich er zum Bett.

Er suchte an all den üblichen Stellen. Fuhr mit der Hand am Rand der Matratze entlang, schaute unter das Bett, unter die beiden Decken. Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, überprüfte er das Kissen unter ihrem Kopf. Als Nächstes die Frisierkommode, alle Schubladen. Nichts.

Vorsichtig zog er die Kleiderschranktür auf. Die Angeln quietschten leise. Sein Blick schnellte zu Meagan. Sie regte sich nicht. Für gewöhnlich bedurfte es eines Exekutionskommandos, um sie zu wecken, wenn sie erst einmal eingeschlafen war.

Er durchsuchte ihre Kleider und Unterröcke. Suchte in Handtäschchen, in Schuhen. Als er nichts finden konnte, sank er auf den Stuhl bei ihrer Frisierkommode, stemmte die Ellenbogen auf die Knie und stützte sein Kinn in die Hände. Das Holz des kleinen Stuhls ächzte unter seinem Gewicht. Er machte sich nicht mal mehr die Mühe, zu überprüfen, ob Meagan aufgewacht war. Was hatte sie mit dem verdammten Geld gemacht?

Er schüttelte den Kopf, dann hob er ihn. Ein dunkler, rechteckiger Schatten am Rand des Betthimmels hatte ihn aufmerksam gemacht. Der Kamin befand sich am Fuß des Bettes, und der Feuerschein sickerte durch die Rüschen des billigen Musselins. Etwas war in den Stoff eingenäht.

Harold holte sein Taschenmesser hervor. Aufregung stieg in ihm auf. Das Blut schien in seinen Ohren zu rauschen, so stark, als hätte er ein Gewinnerblatt und decke die Karten auf, beobachte, wie ein Mitspieler nach dem anderen ein langes Gesicht machte. Diese Art Hochgefühl war für ihn besser als den Höhepunkt mit einer Frau zu erreichen oder den ersten Schluck von hundert Jahre altem Scotch zu kosten. Nichts fand er so köstlich wie das Gefühl zu gewinnen, über würdige Gegner zu triumphieren – selbst wenn wie in diesem Fall der Gegner zufällig seine schlafende Schwester war.

Grinsend neigte er sich näher und untersuchte den Stoff. Das Bild der Banknote schien durch den grob gewebten Stoff. Sein Grinsen verstärkte sich, als er ein großes Stück um die Banknote herum ausschnitt. Dann eilte er mit dem Geldschein aus der Kammer, überzeugt, dass Lady Fortuna an diesem Abend auf seiner Seite sein würde.

Kapitel 3

Durch einen Schleier von Zigarrenrauch blickte Barrett zu Fenwick hinüber und wusste, dass der vom Glück verlassen worden war. Schweißperlen liefen an Fenwicks Schläfen herab. Er hatte seine Krawatte gelockert, sie hing ihm schief um seinen Hals. Sein Pech beim Würfeln hatte ihn zu hastigem Trinken veranlasst. Sein Gesicht war stark gerötet. Er umklammerte die Würfel in der Hand, als wollte er sie zerquetschen.

Stille senkte sich über den Club mit Namen White's. Die Mitglieder hatten ihre eigenen Spieltische verlassen und sich um Barretts Tisch geschart. Selbst die Kellner hatten eine Pause eingelegt und schauten neugierig zu. Das taten sie oft, wenn um hohe Einsätze gespielt wurde, und für gewöhnlich immer, wenn Barrett im Club spielte.

Barrett hatte die Nacht über in allen Spielhöllen der Stadt nach Fenwick gesucht. Vor einer Stunde hatte er ihn hier im White's entdeckt. Barrett hatte gewonnen, seit er sich an den Spieltisch gesetzt hatte, doch seine Gedanken waren nicht bei dem Spiel. Die Prinzessin ging ihm nicht aus dem Kopf. Tief in Gedanken klopfte er mit einem Fingernagel gegen sein kristallenes Weinglas. Das helle ging durchbrach die Stille.

Fenwick blickte finster zu Barrett hinüber. »Hört mit diesem störenden Lärm auf. Ich kann mich nicht konzentrieren.«

Barrett prostete Fenwick zu, trank das Rotweinglas leer und musterte dann seinen Gegner über den Rand des Glases hinweg.

Lord Stockmann sprach aus der Menge der Zuschauer, sein tiefer Bariton dröhnte durch die Stille. »Blödsinn, Mann! Man braucht sich nicht zu konzentrieren, um zu würfeln.«

Schallendes Gelächter ertönte rings um den Spieltisch.

Fenwick bedachte Stockman mit einem giftigen Blick.

Zu dickhäutig und arrogant, um sich einschüchtern zu lassen, blies der alte Gentleman seine rötlichen Wangen auf, verschränkte die Arme über seinem Schmerbauch und erwiderte Fenwicks wütenden Blick.

»Sollen wir bei dieser Partie den Einsatz ein wenig erhöhen?«, fragte Barrett, begierig darauf, die ganze Sache hinter sich zu bringen und sein Versprechen an James zu erfüllen. Er wollte seine Energie für die Suche nach dieser geheimnisvollen Prinzessin einsetzen, die in seinem Kopf herumspukte. Er schob den Stapel Chips vor sich in die Mitte des Tisches.

Fenwick wurde blass. »Ihr könnt nicht so viel setzen. Das müssen ja fünfzigtausend Pfund sein!«

»Zu viel für Euresgleichen?« Barrett nahm sein Lorgnon auf und betrachtete Fenwick damit. »Vielleicht solltet Ihr aussteigen, solange Ihr es noch könnt.« Barrett senkte den Blick auf die Stelle auf dem Tisch, wo sich vor einer Stunde noch sechs Stapel Chips befunden hatten.

Die Spielsucht zeigte ihre wahre Fratze in Fenwicks Augen. Er starrte auf Barretts Chips und leckte sich über die Lippen, als gehöre das Geld bereits ihm. »Nein, nein. Ich weiß, dass ich diesmal gewinnen kann.«

»Was habt Ihr zum Einsetzen?« Barrett legte das Lorgnon hin, streckte seine langen Beine unter dem Tisch aus und schlug sie übereinander.

»Ich habe meinen Besitz bei Weymouth – der ist gut dreißigtausend Pfund wert.«

»Was sonst?«, fragte Barrett in seinem kühlsten Tonfall.

Fenwick zögerte und umklammerte die Tischkante. »Eine kleine Jagdhütte bei Glasgow.«

»Ich werde etwas mehr brauchen. Besitz in Schottland ist heutzutage nicht viel wert.«

Fenwick wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Ich – setze meine Schwester. Wenn Ihr gewinnt, dürft Ihr sie heiraten.«

Geraune und Getuschel unter den Zuschauern wurde laut.

»Sie soll nicht die Schönste sein, nach allem, was ich gehört habe.«

»Ich hörte, sie soll so hässlich sein, dass ihre Eltern sie vor den Leuten versteckten.«

»Habe das Mädchen nie in der Gesellschaft gesehen.«

»Hieß es nicht, dass sie irgendeine Hautkrankheit hat, die ihren Körper verunstaltet?«

»Ich hörte, sie sei nur an wissenschaftlichen Studien interessiert.«

»Muss inzwischen eine alte Jungfer sein. Was soll denn Waterton mit der?«

Das fragte Barrett sich ebenfalls, doch er hatte gelernt, niemals einen Vorteil aufzugeben. James fand die Schwester vielleicht nützlich, um die Wahrheit aus Fenwick herauszubekommen. Vielleicht gab es auch eine Beziehung zwischen ihr und des Teufels Advokaten, ein Punkt, den James nicht angesprochen hatte.

»Also gut. Würfelt.« Barrett wies auf die Würfel.

Erneut senkte sich Stille über den Raum. Stockmaus Magen knurrte. Ein Kellner atmete schnaufend.

Fenwick nahm nicht den Blick von den Chips, während er würfelte. Die Zuschauer neigten sich näher über den Tisch, den Blick auf Fenwicks Wurf gerichtet. Barett behielt seine desinteressierte Miene bei. Er schnipste einen Flusen von seinem Jackett, bevor er würfelte.

Die Würfel blieben liegen.

Atemberaubende Stille.

Barrett schaute auf sein Paar Sechser, langsam stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen.

»Verdammt, Fenwick hat nur Mist geworfen.« Stockman klopfte Barrett auf den Rücken. »Ich wusste stets, dass Ihr ein glücklicher Bastard seid. Hätte ihm sagen können, dass er gegen Euch keine Chance hat. Ihr seid der Reichste von uns allen und gewinnt immer.« Er warf den Kopf zurück und brach in Gelächter aus.

Fenwick hatte den Blick nicht von den Würfeln genommen, das Gesicht von Fassungslosigkeit und Enttäuschung verzogen. Die Hand, mit der er geworfen hatte, lag wie erstarrt auf dem Spieltisch.

Barrett genoss für gewöhnlich den Kitzel des Spielens, doch Fenwick war überhaupt keine Herausforderung für ihn gewesen. Er empfand fast Mitleid mit dem jungen Aufschneider. Fast. Jeder Gentleman, der sein letztes Hab und Gut verspielte, war wie ein hirnloser Fisch und verdiente den Haken in seinem Mund.

Ein Kellner berührte Fenwick am Arm. »Kann ich Euch etwas bringen, Sir?«

Fenwick schüttelte den Kopf, wie um seine Benommenheit loszuwerden. Er erkannte seine peinliche Lage und zog seine Hand zurück; dann fuhr er sich mit den Fingern durch sein blondes Haar und stützte die Stirn mit der Handfläche. Mit kaum hörbarer Stimme sagte er: »Scotch.«

»Kommt sofort.« Der Kellner verneigte sich und verließ den Kreis der Männer.

Barrett konnte die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne durch die Fenster in den Raum fallen sehen. »Ihr könnt Euren Schuldschein an der Kasse hinterlegen.« Er stand auf, um zu gehen, doch Fenwicks Stimme stoppte ihn.

»Wann wünscht Ihr, meiner Schwester einen Besuch abzustatten?«

»Vielleicht heute Abend.« Barrett wandte sich um und schlenderte zur Tür. Die Schwester kennen zu lernen, war das Letzte, was er wollte. Er hatte nicht vor, seine Zeit mit einer kränklichen alten Jungfer zu vergeuden, die wie ein Einsiedler lebte. Sollte James sich um diese Sache kümmern. Er, Barrett, musste einen anderen Fisch fangen: die Winterprinzessin.

Draußen schritt Barrett die Treppe hinunter auf den Bürgersteig. Eine kalte Dezemberbrise schlug ihm ins Gesicht. Rauch kräuselte aus den Kaminen empor, die an der Skyline aufragten. Der Duft von frisch gebackenem Brot drang aus einer Bäckerei über die Straße herüber. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen, und es fiel ihm ein, dass er gestern nicht zu Abend gegessen hatte. Er war zu beschäftigt beim Rawlings' Ball gewesen, hatte versucht, die Identität der jungen Dame herauszufinden, die ihm so leicht entkommen war – vergebens. Dann hatte er sich auf die Suche nach Fenwick gemacht.

Er ging zu seiner Kutsche, die an der Spitze einer langen Reihe von Kutschwagen vor dem White's parkte. Hinter ihm stiegen einige der anderen Gentlemen in ihre Kutschen.

»Barrett!«

Er wandte den Kopf und sah James, der gerade einen Droschkenkutscher entlohnte. Dann eilte James zu ihm. »Nun, Cousin, ich dachte mir, ich finde dich hier. Hast du Neuigkeiten?« James' Augen glitzerten begierig.

»Er ist ruiniert und meiner Gnade ausgeliefert.«

»Ich wusste, dass du es schaffst, und in so kurzer Zeit. Jetzt brauchen wir ihn nur noch ein wenig unter Druck zu setzen.«

»Ja, gut, ich habe beim Würfeln auch seine Schwester als Braut gewonnen. Das könntest du vielleicht ausnutzen.«

»Ich?« James blickte Barrett mit erhobenen Brauen an, und seine dunklen Augen funkelten.

»Ja, du. Ich habe meine Pflicht getan.«

»Du kannst jetzt nicht aussteigen. Ich kann keinen anderen Mann ins Spiel bringen. Du musst dies hier durchziehen.« James sah Barrett beschwörend an.

Barretts Miene verfinsterte sich. Nach dem Tod von James' Vater vor fünf Jahren, hatte James dessen Position als Leiter des Geheimdienstes des Außenministeriums eingenommen. Seither brach dann und wann eine dunkle, harte Seite bei ihm durch. Barrett kannte James gut und war überzeugt, dass sein Cousin im Augenblick wieder von dieser skrupellosen, listigen Seite beherrscht wurde. Aber Barrett bewunderte die Arbeit, die James für sein Land leistete, und er konnte jetzt nicht kneifen. James war das ebenfalls klar.

In skeptischem Ton fragte Barrett: »Was verlangst du von mir? Was soll ich tun?«

»Heirate die Schwester.«

Barrett umklammerte den Griff seines Spazierstocks. »Das kann nicht dein Ernst sein! Ich hörte, sie ist eine alte Jungfer mit einer Hautkrankheit.«

»Ich meine es absolut ernst. Es wird die perfekte Tarnung sein, um Fenwick und seine Schwester im Auge zu behalten.«

»Hast du den Verdacht, dass die Schwester ebenfalls in die Geschichten mit den Advokaten des Teufels verwickelt ist?« Barretts Stimme klang ungläubig.

»Ich bin mir nicht sicher. Deshalb brauche ich dich.« James behielt seine übliche stoische Miene – kein Zwinkern, keine Bewegung seiner Brauen, keine Spur von Emotion in den Augen.

»Ich kann sie trotzdem nicht heiraten. Ich habe nicht vor, überhaupt zu heiraten. Du weißt verdammt genau, wie ich über eine Ehe denke.«

»Wir grübeln immer noch über Lady Matilda, wie?« James sah Barrett von der Seite an.

»Ich denke nicht mehr an sie.«

»Ich hörte, sie ist aus der Anstalt zurückgekehrt.«

Barrett äußerte sich nicht zu dieser Information.

In Barretts Schweigen hinein sagte James: »Du hältst dich von ihr fern, wenn du weißt, was gut für dich ist.«

»Ich habe nicht vor, mich zum Narren zu machen wie beim letzten Mal.« Barrett fragte sich, ob die Frau, die sein Herz zu Stein gemacht hatte, geheilt war, oder ob sie mit ihrem Reichtum ihre Freilassung erkauft hatte.

Als Barrett wieder schwieg, sagte James: »Du solltest daran denken, dein Kinderzimmer einzurichten. Du bist dreiunddreißig und hast keinen Erben.«

»Ich finde es seltsam, dass du mir Ratschläge gibst, obwohl du drei Jahre älter und immer noch unverheiratet bist.«

»Ich habe keinen Titel, und ich kann nicht heiraten, nicht bei meiner Art Arbeit.« James klang zufrieden mit seinem Schicksal. »Willst du mir nun helfen, Fenwick zur Strecke zu bringen oder nicht?«

»Nicht, wenn ich die Schwester heiraten muss. Wenn ich mich für eine Braut entscheide, dann wird sie meine Wahl sein und keine Lady, die ich mit Glück am Spieltisch gewonnen habe.«

James überlegte einen Moment und rieb sich übers Kinn. »Was wäre, wenn ich es so arrangieren würde, dass du Fenwicks Schwester nicht zu heiraten brauchst? Würdest du dann mitspielen?«

»Hängt davon ab, was dir vorschwebt.«

»Komm. Ich kann dich zu meinem Büro mitnehmen, dort werde ich dir sagen, was wir tun müssen.« James' Miene gab nicht das Geringste preis. Sie war völlig ausdruckslos.

Vor seinem geistigen Auge sah Barrett plötzlich die dunklen Augen der Prinzessin. Er runzelte die Stirn. In der vergangenen Nacht hatte er sich an ihre rauchige Stimme erinnert, an ihren Körper. Er hatte ihre Hand geküsst, ihre weiche, warme Haut unter seinen Lippen gespürt. Er hatte sich in seiner Fantasie ausgemalt, sie auszuziehen, ihr den Schleier abzunehmen, sie auf seine Satinlaken zu legen und zu lieben.

Er erkannte, dass seine Jagd nach ihrer Identität durch diesen Fall behindert werden würde. Aber das machte nichts. Wenn es darum ging, ein Ziel zu erreichen, war er ein geduldiger Mann. Und er liebte eine gute Jagd.

Würde er die Prinzessin immer noch begehren, wenn er sie einfing? Bei diesem Gedanken vertiefte sich sein Stirnrunzeln. Wie bei allem in seinem Leben, dauerte es nicht lange, bis er sich mit einer Frau zu langweilen begann. Im vergangenen Jahr hatte er zwei Affären mit Frauen gehabt. Er hoffte eine Weile Zufriedenheit zu finden, wenn erst die Winterprinzessin sein Bett wärmen würde.

Wie spät war es? Meagan streckte sich schläfrig in ihrem Bett und warf einen Blick zur Uhr. Sechs. Ganz gleich, wie spät oder früh sie zu Bett ging, ihre innere Uhr weckte sie jeden Morgen zur gleichen Zeit. Punkt sechs. Sie lauschte dem Zwitschern der Spatzen vor ihrem Fenster, räkelte sich und rief sich ihren Traum in Erinnerung. Sie hatte von dem großen, blonden Lord mit den tiefblauen Augen geträumt. Die ganze Nacht lang hatte er sie in den Armen gehalten, geküsst und ihr Liebesworte ins Ohr geflüstert.

Sie lächelte in der Erinnerung. Dann wurde sie sich der Realität bewusst, und das Lächeln verschwand. Bis sie Lord Watt auf dem Weihnachtsbasar kennen gelernt hatte, war sie zufrieden mit ihrem Schicksal gewesen. Durch ihn war ihr bewusst geworden, wie einsam ihr Leben war, ganz gleich wie sie auch versuchte, die Einsamkeit aus ihrem Gedächtnis zu löschen.

Ein Strahl der Morgensonne sickerte durch die Fensterläden. Meagan runzelte die Stirn, als sie die Staubkörnchen in der Luft tanzen sah. Dann erinnerte sie sich an das Geld. Sie blickte zum Betthimmel.