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In den vorliegenden 3 Bänden geht es darum neu zu entdecken, was religiöse Erfahrung und Wirklichkeit sind und was andererseits als Ideologie zu bezeichnen ist. Alle drei Bände können auch einzeln gelesen werden. Im ersten Band geht es darum, ein Gespür dafür zu entwickeln, daß Religion im eigentlichen Sinne gerade nichts mit Denken zu tun hat, sondern Erfahrungen umfaßt, die allesamt auf dem Schweigen aufbauen, auf dem Abschalten jeglichen Denkens. Mit Denken verschwinden neben der Zeit, vor allem das Ich oder Ego, das auf der Identifikation mit Denken (cogito ergo sum) beruht. Wir werden daneben das Phänomen der Zeit und die Psychologie des Egos beleuchten und mit dem Tod des Egos den ersten Band beenden. Im zweiten Band geht es um die Religionen und Yoga-Systeme, die hauptsächlich zum Baum des Lebens (Monismus) gehören, nämlich Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, der Yoga Jesu (Mystik) und der Yoga Mohammeds (Sufismus). Im dritten Band behandeln wir den Baum der Erkenntnis von "Gut und Böse" (Dualismus), den wir als "Baum des Todes" bezeichnen und thematisieren seine Folgen. Es wird nicht einfach sein zu verstehen, daß am Todesbaum keine Göttlichen Früchte wachsen, weil der Mensch, der ihm dient, sei er Jude, sogenannter Christ, orthodoxer Moslem oder Atheist, meist unwissentlich dem Denken folgt, d.h. dem Prinzip der Trennung und dahinter steht nun mal der Täuscher oder Diábolos. Insofern gibt es nur einen Weg zum EINEN, der Lebensbaum und die Praxis des Schweigens.
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Seitenzahl: 657
Das vorliegende Werk ist dem Göttlichen Einen gewidmet, dem Unsagbaren oder Unaussprechlichen und alles durchdringenden Geheimnis, das überall verborgen ist und offenbart zugleich. Wer dies Eine findet, ist überall und in Ewigkeit daheim; wer nicht danach sucht, bleibt ein Narr.
Govindha
Religion: Erfahrung oder Ideologie?
Band 2
Der Baum des Lebens
© 2021 Govindha
Umschlag, Illustration: Govindha
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
Softcover
ISBN 978-3-347-51192-7
Hardcover
ISBN 978-3-347-51193-4
e-Book
ISBN 978-3-347-51194-1
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„Brahman ist die einzige Wirklichkeit, absolut rein, absolut erleuchtet, absolut frei, jenseits der Grenzen von Zeit, Raum und Ursache. Obgleich es durch Namen und Formen wegen der unergründlichen Macht der Maya, dieser Zauberin, die das unmögliche möglich macht, zerteilt wird, ist das Brahman wirklich das Eine und ist ungeteilt.“ (Ramakrishna)
„Zerstöre völlig das Ich! Kontrolliere die vielen Wellen der Ablenkung, die in den Geist einsickern! Unterscheide die Wirklichkeit und erkenne: "Ich bin es." Du bist reines Bewußtsein, der Zeuge aller Erfahrung. Du bist reine Natur der Freude. Beende diesen jetzigen Augenblick, denn du identifizierst dich selbst mit dem Ich.“ (Shankara)
„Wir haben also als Mißverständnis … eine kirchliche Ordnung, mit Priesterschaft, Theologie, Kultus, Sakramenten; kurz, alles das, was Jesus von Nazareth bekämpft hatte.“ (Nietzsche)
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort: Der Fall des Menschen
2. Geschichte Asiens
2.1. Die Zerstörung Asiens durch Saulismus und Kolonialismus
2.2. Indien
Exkurs: Mythos und Wirklichkeit
Exkurs Ende.
2.3. China
2.4. Das „alte Testament“ Asiens: Das Ramayana
3. Hinduismus
4. Spiritualität versus Okkultismus: Jiddu Krishnamurti oder Rudolf Steiner
5. Buddhismus
6. Taoismus
7. Die ursprüngliche Einheit von Ost und West
8. Der Yoga Jesu
9. Der Yoga Mohammeds und die Rolle des Islams
1. Vorwort: Der Fall des Menschen
Der erste Band der Auseinandersetzung mit den Religionen der Welt stand ganz in den Diensten der Einführung in die Grundlagen, wobei es um die Fragen von Denken und Schweigen, um den Baum der Erkenntnis von „Gut und Böse“ (Dualismus) und den Baum des Lebens (Monismus), also letztlich um die Struktur des Egos als Resultat der Identifikation mit Denken und die Befreiung vom Ego durch eine entsprechende Desidentifikation ging. Damit war zugleich das Thema Erfahrungs-Religion (Praxis) versus Denk-Religion (Theorie bzw. Ideologie) angesprochen und von Wirklichkeit und Realität. Anschließend hatten wir Raum und Zeit sowohl wissenschaftlich als auch spirituell untersucht und gesehen, welche Wirkungen verschiedene Zeitkonzepte - Jetztheit, Zirkularität und Linearität -, auf die Beschaffenheit der menschlichen Identität haben. Wir sahen, wie die Linearität entstanden ist und daß sie zur Degenerationsspirale gehört, aber als Progression erscheint und mit Fortschrittsmanie und Akkumulationszwang einhergeht. Der dazugehörige Egowahn verhindert die Selbsthingabe des Menschen an das Unaussprechliche und führt zur Verwechslung des Sterblichen (das Ego) mit dem Ewigen (der Seele). Die Konsequenzen für die Menschheit sind verheerend und werden entweder in die Zerstörung münden oder in einen Übergang zu einer höheren Gattung.
Für den Leser ist es in aller Regel einfach zu begreifen, daß Denken kein Instrument ist, welches auch nur ansatzweise das Göttliche und die Wirklichkeit erkennen könnte. Schwieriger wird es zu begreifen, daß Denken kein Erkenntnisinstrument ist, sondern eine schöpferische Macht, d.h. wir erschaffen mithilfe des denkenden Mentals die Realität (für uns), eine zwiespältige und ambivalente Realität. Die denkerische Erkenntnisfähigkeit entspricht seiner dualistischen Grundverfassung, sodaß Wahrheit und Falschheit in einem Mischungsverhältnis auftreten, welche die Wissenschaft durch das Prozedere aus „Versuch und Irrtum“ zu bereinigen sucht. Wenn wir von „wissenschaftlichen Erkenntnissen“ sprechen, so werden heute immer mehr Menschen in die Irre geführt, weil sie in einer Weise an die Wissenschaft glauben wie früher ein Katholik an den Papst. Sie können weder selber nachvollziehen, was Wissenschaft postuliert, noch wissen sie etwas über den engen Rahmen wissenschaftlicher Gültigkeit.
Karl Popper stellte zurecht klar, daß allgemeine Gesetzesaussagen zwar wahr sein können, aber doch nicht verifizierbar sind. Sein berühmtes Schwanen-Beispiel beginnt mit der Hypothese, daß alle Schwäne weiß seien. Solange wir weiße Schwäne antreffen, kann die Hypothese als bislang beste beibehalten werden. Da aber die Möglichkeit bestehen bleibt, andersfarbige Schwäne zu finden und damit die Chance der Falsifikation fortbesteht, kann die Hypothese weißer Schwäne tatsächlich nicht verifiziert werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind ganz allgemein das Ergebnis von Experimenten auf der Basis von Hypothesen und Bedingungen (wie der Schwerkraft etc.), von Experiment und „Trial-and-Error“ und dem Einsatz von Methoden wie Logik oder der Kombination von Methoden und nicht zuletzt, der Intuition. 1
Noch schwieriger wird es für den modernen Menschen, wenn er begreifen muß, daß seine Wahl zwischen „Gut und Böse“ zwar eine innergesellschaftliche Relevanz „für uns“ besitzt, aber „an sich“ gar nicht greift, sondern sehr fiktiv ist, weil beide unauflöslich miteinander amalgamiert sind. Was ich „gut“ nenne, kann beim Gegenüber als „böse“ verstanden werden und umgekehrt. Man kann sogar sagen, das Gute erschafft das Böse, weil die Struktur des Denkens prinzipiell dualistisch oder trennend, urteilend und separierend ist.
Es gibt Schönes nur vor dem Hintergrund von Häßlichem. Das heißt die Negation ist jeder Setzung immanent. Folglich führen unsere besten Absichten oft genug zu Resultaten, die jenseits unserer Intentionen liegen, im Extremfall sind sie diesen sogar entgegengesetzt. Aufgrund dieses Dilemmas haben Krishna, Buddha, Laozi und viele andere uns das absichtslose Handeln ans Herz gelegt, den Karma-Yoga oder das Nicht-Tun, welches ohne karmische Folgen bleibt.
Die meisten Menschen sind es gewohnt, den sogenannten Fall des Menschen an zwei Personen, den biblischen Gestalten Adam und Eva, festzumachen. Mit dieser Einfältigkeit muß Schluß sein. Der „Fall des Menschen“, der Verlust des Bewußtseins der Einheit durch die Identifikation mit Denken (Ego), war und ist kein plötzliches Event und schon gar kein unabänderliches Gattungsschicksal, sondern erst im Verlaufe eines langen Degenerationsprozesses zu einem Massenphänomen geworden. Zunächst einmal ist zu dem „Fall des Menschen“ festzuhalten, daß dieser innerhalb der historisch unbegriffenen Weite menschlicher Erderfahrungen zu den natürlichen und zyklisch-elliptischen Bewegungen des evolutionären Prozesses gehört und zu jedem Zeitpunkt persönlich revidierbar ist. Eben dies beweisen die Erleuchteten aller Zeiten und Kulturen. Gäbe es diese nicht, dann, und nur dann, könnte man von einer Limitierung der Gattung sprechen.
Der letzte Erleuchtete, dem ich persönlich im Jahre 2014 in Thailand, Wat Amphawan, Singburi, begegnet bin, war der Lehrer meiner Gefährtin und Abt des Klosters, der Savakabuddha oder Arhat Phra Jarun (Caran) Thitadhammo, auch Luang Po Jarun genannt. Er wurde am 15. August 1928 geboren und hat am 25. Januar 2016 um 8.37 in Parinibbāna Eingang gefunden. Er ist nicht der einzige jener Begnadeten gewesen, denen zu begegnen mir geschenkt wurde.
Aus all diesen Begegnungen und aus eigener Erfahrung ist mir eines sehr bewußt geworden, daß nämlich die Spannweite des menschlichen Daseins viel größer ist, als es uns die ums bürgerliche Ego kreisenden Schulen des „aufgeklärten Denkens“ oder des „Baumes der Erkenntnis“ vormachen. Sie reicht vom Tier-Dasein bloß materialistisch gesinnter Menschen bis hinauf zum erleuchteten Gott-Menschen und weiter zu den ungeahnten Höhen supramentalen Seins und auch darüber hinaus in Sphären des Unsagbaren, von denen niemand zu künden vermag.
Der „Fall des Menschen“ hat mich in allen meinen Schriften beschäftigt. Natürlich weiß ich nicht, wie und wann er sich historisch zugetragen hat, aber ich bin davon überzeugt, daß auch Einsichten nicht endgültig sind, sondern wachsen müssen. Ich werde darum frühere Aussagen als Bausteine betrachten, die nun zu einem stringenteren Gebäude beitragen können. Zu den vielen Fragen gehörte auch, wie ein „Fall“ vonstattengeht, und da blieb letztlich nur die Annahme, die von allen alten Hochkulturen übermittelt wurde, nämlich die Tatsache fallender Zeitalter, und damit keines abrupten Sturzes, sondern eines langen Prozesses der Dekadenz. Und dabei ist die Tatsache am schwierigsten zu verstehen, daß nämlich all der postulierte Fortschritt, den die Wissenschaft und Technik uns vorgaukelt, blanke Regression ist, weil Fortschritt nicht an einem Ego und seinen ambivalenten Errungenschaften festzumachen ist, sondern an der Überwindung des Egos, nicht an der Größe seiner Gebäude, sondern an der Demut des Herzens, nicht an Waffensystemen und Weltraumflügen, sondern an der Liebe zum Leben und zur Erde. Fortschritt beginnt mit Liebes- und Friedensfähigkeit und d.h. der Ächtung von Waffen aller Art.
Die Dekadenz beginnt mit und bei Einzelnen während des Übergangs in ein Treta-Yuga und nimmt mit jedem Zeitalter weiter zu, bis es schließlich im dunklen Zeitalter zum Massenphänomen wird und letztlich zu lokalen oder globalen Kataklysmen kommt. Nach einer Phase der Regeneration von Mutter Erde beginnt dann wieder neues Leben. Es kann aber auch während eines Kali-Yugas zu einer Transformation der bestehenden Evolution in höhere Formen und damit zu einer höheren Ellipse mit neuartigen Zyklen kommen, wie das beim Übergang vom Leben zum Mental der Fall gewesen ist. Der „Fall des Menschen“ stellt gegenwärtig, obschon er individuell aufgehoben werden kann, ein Massenphänomen dar. Die absolute Mehrheit der Menschen sind derart entfremdet, daß sie ihre falsche Identität, das Ego, für ihre einzig mögliche Weise des In-der-Welt-Seins halten. In diesem Sinne verwirklichen sie das, was im biblischen Mythos von „Adam und Eva“ erzählt wird.
Die beiden Figuren wurden von ihren Erfindern in eine Zeit versetzt, die zu ihrer auf Kreationismus beruhenden Story passen sollte. Freilich hatten sie keine Ahnung von der faktischen Länge der Zeitalter, noch von deren Qua-litäten. Adam und Eva waren jedenfalls keine Repräsentanten der Goldenen Zeit, sondern gehörten zu den ersten Erscheinungen der Dekadenz, die beim Übergang vom Satya-Yuga in ein Treta-Yuga aufkamen 2. Freilich waren diese ersten Anfänge eines vom Einen getrennten Lebens noch keine abrahamitischen Egos. Sie lebten psychologisch noch in zyklischer Zeit, was wenigsten temporäre spirituelle Erfahrungen ermöglicht. Wenn sich diese Reduktion von Bewußtsein aber festsetzt, dann wird sie zu einem „denkenden Mental“, welche eine mental gefilterte Perzeption mit dem Resultat selektiver Wahrnehmung bedingt. In solchen Fällen entsteht ein „Virus der Degeneration“, welcher andere infiziert. Die dem Virus erlegene Minderheit unterschied sich von den erleuchteten Mächten durch eine permanente Identifikation mit Denken, was gleichbedeutend ist mit der Bildung eines Egos, dem Verlust der Einheit und der Getrenntheit vom Einen.
Allerdings haben diese Ego-Wesen im Treta-Yuga keine Machtposition, schon allein, weil ihr Anteil nie über ein Viertel anwachsen kann. Die Symbolfiguren „Adam und Eva“ sind demnach in ihrer Zeit noch keine Egos im heutigen Sinne, vor allem fehlte ihnen die Macht, ihre eigene Realität in der Form einer universalen Matrix zu gestalten. Dennoch starteten sie und ihre Nachfahren das Projekt der Absonderung und Trennung vom Göttlichen und waren als solche Anhänger des Baumes der Erkenntnis und damit Schüler des Diábolos. Dagegen gehörte Methusalem zur spirituellen Elite des Treta-Yugas und wurde 969 Jahre alt, Noach war ein Erleuchteter im Dvapara-Yuga und starb mit 950 Jahren. Noach, der sumerische Ziusudra und babylonische Utnapischtim, ragt in seiner Zeit heraus, wobei die Zeitangaben der Historiker für die Sintflut zwischen 4000 und 6.700 vor Christi schwanken, und natürlich realistischer sind als die biblischen Angaben. In toto übernimmt die jüdische Genealogie mit dem Ausgangspunkt des Paradieses die hinduistische Vorstellung fallender Zeitalter als Vorgeschichte des Judentums, und zwar bis zur Figur des in Babylon erfundenen Abraham (Kali-Yuga). 3
Diese Dekadenzspirale hinab in dunklere Zeitalter, welche durch die Fokussierung der trennenden Aspekte entstanden ist, kann keineswegs schuldhaft an Bewohnern paradiesischer Zeiten festgemacht werden, zumal das sumerische Vorbild der Garten-Eden-Geschichte eine Darstellung von Verfehlung und Heilung ist. Wir fragen uns: Warum erfinden die Führer der Exiljuden, die in Babylon das Judentum auf sehr intellektuelle Weise komponiert haben, einen „Fall des Menschen“, der die Menschen „böse“ (Judentum: der böse Trieb) oder schuldig (Saulismus: Erbsünde) macht? Zweitens aber stellt sich die Frage, warum der Dekadenzbogen (sozusagen ein Fall mit dem Fallschirm) nur bis zu Abraham reicht und dieser zu einer Art Umkehrpunkt gemacht wird? Wir wissen nicht, was die Herren im Babylonier Think Tank vorhatten, eines dürfte aber klar sein, sie wollten den Menschen in ihrer Situation einerseits Mut machen, andererseits aber als Führer auftreten. Sie waren ja selbst, zumindest subjektiv, sozusagen kleine verzweifelte Egos, welche als Trost eine gewaltige Kompensation bedurften. So suchten sie nach einem Anfang im Glück, zweitens nach einer Bruchstelle mit Verlust des Glücks, drittens nach einem Bund mit einem Retter allmächtiger Natur und zu guter Letzt nach einem von diesem gesandten, irdischen Erlöser oder Messias.
Die erste Frage läßt sich schon hier beantworten. Ein groß angelegter Versuch, die Menschen zu beherrschen, bedeutet natürlich, daß man etwas in der Hand haben muß, mit denen man sie klein halten und dominieren kann. Schuld und Angst eignen sich dafür sogar noch besser als die Vorstellung des bösen Triebes (Yetzer hara), letztlich können aber beide die Aufgabe der Unterdrückung erfüllen. Für die zweite Frage müssen wir uns die Dekadenz in Erinnerung rufen. Mit jedem Zeitalter verliert die Masse an spirituellem Glanz, aber erst im Kali-Yuga kehren sich die Vormacht und damit die Gewaltverhältnisse um. Nunmehr sind mindestens 75 Prozent der Menschen zu Egos geworden und sie werden nicht mehr von den spirituellen Eliten geführt, sondern von profanen Herrschern. Damit aber kehrt sich auch das Heldenbild um, waren zuvor die Seher und Eingeweihten das Ideal, und damit die Überwindung des Egos, so wird jetzt das Ego hofiert, und eben diese Umkehrung findet durch die Figur des Abraham statt.
Mit dem Ego allein ist es nicht getan, es soll ja - egotypisch - glorifiziert werden, darum will man weder auf akkadisch-sumerische noch babylonische oder ägyptische Helden verzichten, auch sie sollen einverleibt werden, was zu einem großen Teil im Rahmen der Vorgeschichte geschehen ist. Dann erst tritt ein volkseigener Gründer- oder Ur-Vater auf, ausgestattet mit Erwählung und Versprechungen, alle besonderer Art, und dieser wird mit der Figur des Abraham, eines Ur-Patriarchen und Mega-Egos (A-Brahman) geliefert. Die spirituelle Degeneration soll verleugnet und vergessen werden, denn nun sind ja die Machtverhältnisse gerade umgekehrt, darum muß das göttliche Element verdrängt und das Ego, die Trennung vom Göttlichen, als von „Gott“ erwählt erscheinen. Erst nach dieser Verkehrung der spirituellen Tatsachen erscheint die Degeneration als Progress und wird im Zuge der Erzväter-Erzählungen vervollkommnet. Danach kommt der stabilisierende Faktor durch einen Gewaltmenschen und Tyrannen, der aber die Macht hat, Gesetzgeber zu werden, Moses. Dieser hatte, so erzählen es die Asylanten Babylons, seinerzeit das Volk aus der Fremde bis an die Tore des gelobten Landes geführt, bis zum Berg Nebo in Jordanien, wo er mit 120 Jahren starb.
Wir können dies auch die erste Heilsgeschichte nennen, wobei zu beachten ist, daß Moses nie das gelobte Land betreten hat, während die Gebeine Josephs nach Kanaan gebracht wurden. Darin liegt ein Hinweis für das Judentum, denn das Bild des Joseph zeigt, im Gegensatz zu den anderen Heroen, echte spirituelle Kapazitäten. Das Symbol der Gebeine fordert zur „Auferstehung“ auf, es ruft danach, Joseph mit neuem Leben zu erwecken, das heißt den Fokus auf die Gegenwart zu richten, sich weit für das Fremde zu öffnen, wie Joseph, und sich durch Preisgabe der Ideologie der Erwähltheit zu spiritualisieren. Darum nennen wir diese erste Heilsgeschichte (der Exodus) eine unvollendete, und wenn wir dann von einer Wiederholung oder einer zweiten Geschichte sprechen, dann ist damit der Messianismus gemeint. So wie einst Moses das Volk heimgeführt habe, so werde noch vor dem jüdischen Jahre 6000 (das jüdische Jahr 6000 währt vom Sonnenuntergang, 29. September 2239 bis zum Einbruch der Dunkelheit am 16. September 2240) der Messias erscheinen und die ganze Welt beherrschen. Es ist klar, daß der Messias so wenig auf Erden ankommen wird, wie Moses in Kanaan. Wird aber das Jetzt als Messias realisiert, dann bedeutet das die Spiritualisierung des Judentums.
Abraham wird im großen Gerüst der Heilsgeschichte zum vermeintlichen Umkehrpunkt der menschlichen Dekadenz hochstilisiert und damit zum Übervater jüdischer Vortrefflichkeit. Was hier ganz mächtig nach vorne drängt, das ist das Ego in Gestalt des jüdischen Narzißmus. Abraham schließt den Bund mit Gott, ohne zu wissen, um wen es sich handelt. Klar ist, es handelt sich nicht um das Eine, sondern um einen Einzigen. Was wir wissen ist, daß in Babylon längst das Ego herrschte und aus einer Ego-Gesellschaft käme man nur heraus, wenn man selber so stark würde, daß man sich als Ego über die Gesellschaft hinaus entwickeln kann, ohne von dieser einverleibt zu werden. Dieser Weg beinhaltet als Krönungdie Bereitschaft zur. Dazu waren aber die Exiljuden mit Sicherheit nicht fähig, sie fühlten sich klein, verloren und verlassen, also mußte die Figur des Abraham von mächtiger Natur und mit einem allmächtigen Verbündeten ausgestattet sein. Dessen Natur kann demnach nur asurisch gewesen sein, ein Gott des Egos.
Wenn man, wie die Exiljuden, aus vielerlei Mythen und Quellen anderer Völker einen eigenen Mythos erschaffen will, einen der alle anderen inkorporiert und übertrumpft, einen Super-Mythos, dann hakt es hinten und vorne. Mythen bergen wie Muscheln Perlen in sich, Elemente menschlicher Freiheit im Unsagbaren, aber keine Geschichten über epochale Großmäuler. Derartige Ge-schichten und Sagen sind zwar Volksgut und werden aufgebauscht ins Übernatürliche, aber ein echter Mythos, eine ahistorische Wirklichkeit und Wahrheit, kann nur vom spirituellen Spezialisten verlebendigt und ins Verstehen gehoben werden. Wo jedoch, wie in Babylon, das narzißtische Basissyndrom (Verlorenheit und Erwählung) eine Art Gefängnis bildet, welches Denken, Fühlen und die gesamten Lebensumstände der Menschen in überwältigender Weise bestimmt, dort werden die wesentlichen Momente eines Mythos verkannt. Während nämlich die Mythen den Helden bzw. das Ego untergehen lassen, um ihn als Göttliches Selbst - wie ein Phönix - auferstehen zu lassen, wird Abraham in seiner Person und als Ego zum Auserwählten gemacht.
Mit der Figur des Abraham ist den Asylanten in Babylon der ureigene Entwurf gelungen, kein Mythos, aber eine Sage für den geschundenen Selbstwert eines schwächelnden Volkes. In Babylon herrschte das Ego schon seit geraumer Zeit und sein erster Repräsentant war der Mann, der von 2292 bis 2236 v. Chr. König gewesen ist, Sargon von Akkad. Wir sagten schon, daß dieser die Religion mißbrauchte, indem er einen spirituellen Ruf (als Erwählter der Göttin Inanna) bloß vortäuschte. Er war nämlich kein spiritueller Führer, sondern ein Asura, ein Führer von egoistischer Macht und Herrlichkeit. Eben jenes Vortäuschen von Spiritualität (das Prinzip des Verkehrens) geschah nun auch durch die Erfinder des Judentums. Sie machten das Nicht-Göttliche (A-Brahman) in Form von Abrahams Ego zum Erwählten eines noch „unbekannten Gottes“. Dieses Bildnis, Projektion erhoffter Größe, repräsentiert das Dauer-Ego, welches durch die Identifikation mit Denken, die Übernahme linearer Zeit (Versprechen) und den Narzißmus (Erwähltheit) hervortrat. Jetzt erst macht die Geschichte vom Baum der Erkenntnis Sinn. Es durfte in Eden (anders als in Sumer und anders als im Islam) nicht zu einer ausgleichenden, heilenden Episode kommen, sonst hätte man den Menschen den „Fall“ nicht als dauerhaft einreden können, schon gar nicht als Gattungsevent. Die Folgen waren gravierend, auch im Judentum, das sich ja erst im Exil konstituierte. Danach sollte es keine Propheten mehr geben, keine Gottesmänner, anders gesagt keine Erleuchteten mehr. Die exilischen genau wie die postexilischen Arbeiten im Rahmen der Komposition am Judentum konzentrierten sich auf die Macht des Denkens und schlossen die größere Macht des Schweigens aus. Entsprechend verschwand das Prophetentum, welches immer ein irrationales Gesicht trug, in der Zeit nach dem Exil sehr schnell. Die Schrift und der Glaube an sie ersetzten sie. Dieser Rationalisierungsprozeß war bis dato für eine sogenannte Religion nicht nur neu, sondern er führte dazu, daß nun Religion genannt wurde, was ehedem keine war, eben ein denkerisches Konstrukt, Theorie statt Erfahrung, Dogma statt Praxis.
Damit wurde Abraham zum Gründer der ersten Denk-Religion oder des Egotheismus schlechthin. Für das exilierte Volk bedeutete dies ein massiver Schub an Aufwertung oder Narzißmus und damit ein inflationärer Selbstwertboom. In der Folge bewährte sich die Ideologie der Erwähltheit sogar als ein Mittel willkürlichen Ausschließens nach innen - Verrat am erstgeborenen Ismael, Bevorzugung von Isaak; Betrug an Esau durch Jakob, Verkauf des Joseph durch seine Brüder), kurzum das Prinzip willkürlichen Ausschließens und vorsätzlicher Verkeh-rungen wird zum Gütesiegel des Judentums. Diese Willkürherrschaft der Erzväter wird fürs Volk durch den Tyrannen Moses in eine Herrschaft des Gesetzes verwandelt. Das Gesetz appelliert ans Ego, dessen Identität ja Denken ist und das nicht etwa zur Disposition steht, wie in den echten Religionen, wo es sterben muß, sondern welches nun - eben durch Gesetze - zu veredeln sei. Jetzt erst kann der Think Tank in Babylon den Gott benennen, den „Gott der Väter, Jahve“.
Warum jetzt erst? Wir dürfen nicht vergessen, daß der Baum der Erkenntnis, den man besser als den Baum des Todes bezeichnet, den Menschen symbolisiert, der die Kunst des inneren Schweigens verloren hat, sich mit Denken identifiziert und sich damit nicht nur vom Einen getrennt hat, sondern auch den Verlockungen des Verführers (zu sein wie Gott) erlegen war. Der Verführer wurde nicht sofort zum neuen Gott, man kannte ihn auch nicht, sondern nur sein Symbol, die Schlange. Sie steht im Judentum für Lust und Begehren, da diese aber Zeichen von Ananke sind, sind sie Teil der egoistischen Verfassung. Welcher Gott steht denn hinter der Schlange? Es muß ein Asura sein und da bleibt nur der erste Archon, Jaldabaoth. Aber die Ergebenheit vor dem ersten Archon und seinem Advokaten Ha-Satan4 mußte erst wachsen, und sie wuchs mit der Zunahme der Dekadenz, sie wur-de über die fallenden Zeitalter immer tiefer, sie wuchs in einer Weise, daß sie dem kleinen Ego (gemessen am Nicht-Ich und dem Verlust der Göttlichen Natur) immer mächtiger erschien, sozusagen als sein einziger Retter, als die für seine Winzigkeit notwendige Kompensation. Abraham kannte noch keine Demütigung und kein Exil, er lebte von der Hoffnung auf die Versprechen eines Gottes, der ihm als sein Einziger galt. Erst bei Moses, wo das Volk unter der Gefangenschaft in Ägypten leidet und es um den Exodus geht, kann sich Jahve an den Mann bringen. Der Archon Jahve, der als ein Asura besonderer Macht und Stärke gilt, verkauft sich als der Gott der Israeliten, und die Juden selbst sagen, weil ihn sonst keiner haben wollte. Dieser besondere Wendepunkt in der Geschichte von Religion – das Nichtgöttliche, ein Asura, wird zum Göttlichen - zeigt, wie die Identifikation mit Denken an die Macht gelangt, wie das Schweigen zurückgedrängt wird, und wie der Sinn von Religion verkehrt wird, statt der Befreiung vom sterblichen Ego durch Selbsthingabe an das Eine, geht es nunmehr um die Veredelung des Egos, um seine Verwirklichung und Verherrlichung durch moralische Rechtschaffenheit oder Gesetzestreue.5
Für uns heute ist die Frage entscheidend, wie der mit Denken identifizierte Mensch wieder Herr seines Mentals werden und das Ego überwinden kann. Die Antwort ist simpel: Indem er sich vom Baum der Erkenntnis (d.h. des Todes) abwendet und sich dem Baum des Lebens zuwendet. Diese Zuwendung gelingt nur durch Stillesein oder inneres Schweigen. Erst wenn alles Denken in uns stoppt, entsteht die Stille, der schweigende Raum, die Leere, in dem das Eine sich offenbaren und wir wieder Teil der Einheit sein können. Diese erste Stille-Erfahrung nennen wir Erwachen und wird sehr schön von Buddha unter dem Bodhi-Baum symbolisiert. Sein anschließender Kampf mit dem Asura Devaputra Mara weist uns auf den endgültigen Sieg über das Ego hin und damit auf die Erleuchtung.
Der Weg vom Denken ins Schweigen wird von uns als Religion im engeren Sinne oder als echte Religion bezeichnet. Wenn wir also den herkömmlichen Begriff und das historisch gewachsene Verständnis von Religion aufheben, so um das wirkliche Wesen der Religion zu bewahren. Nur mit Schweigen als Basis gelingt die Selbst-hingabe, der Tod des Egos und die Auferstehung zur Wirklichkeit.
Das menschliche Mental verfügt also über zwei Kapazitäten, Denken ist seine schöpferische Kraft und Schweigen seine eigentliche Erkenntniskraft. Im Idealfall hat der volle Mensch beide Kapazitäten entwickelt und erschafft seine Realität in Übereinstimmung mit der in der Stille geschauten Wirklichkeit. Das bedeutet, sobald der Mensch mit Kant begreift, daß das „Ding an sich“ für das Denken unerkennbar ist, wenn er realisiert, daß auch das erhabenste Denken das Göttliche weder beweisen noch nicht beweisen kann, dann ist es höchste Zeit, sich ins Schweigen zu begeben. Dann erst begreift er seine Wahlfreiheit, er kann entweder dem trennenden Denken weiterhin folgen, und damit dem Prinzip der Getrenntheit, Diábolos und dem Baum des Todes, huldigen oder er kann die Praxis der Schweigeexerzitien (Baum des Lebens) auf sich nehmen und damit dem Weg zum Bewußtsein der Einheit, zum Unsagbaren und Göttlichen folgen. Eine andere Wahl hat er nicht.
Wir sehen hier schon, wie weise die Evolution arbeitet, sie hat in einem Teil der Welt, im Westen, das Denken zur vollen Blüte gebracht und im anderen Teil, im Osten, zusätzlich das religiöse Spezialistentum auf der Basis des Schweigens geschaffen. Im Osten hatte sich dadurch eine Balance zwischen Innen- und Außenwelt stabilisiert und das Zeitkonzept blieb, teilweise bis heute, zirkulär. Der gesamte Mainstream indischer Weisheit widerspricht einer Hervorhebung des menschlichen Egos und sieht es als das an, wovon man sich zu befreien hat. Gerade darum entstand im 19. Jahrhundert als Reaktion und Folge auf die westlichen Invasionen und Verschmutzungen des Welt-Innenraums und alles Heiligen durch die furchtbaren saulistischen Barbaren eine neue Hochzeit hinduistischer Religion, von denen wir hier nur einige nennen: Ramakrishna Paramahamsa, Swami Vivekananda, Mohandas Karamchand Gandhi, Rabindranath Tagore, Sri Aurobindo und die Mutter, Ramana Maharshi und Jiddu Krishnamurti.
Im Okzident hat die Evolution die Identifikation mit Denken vorzugsweise bei den Griechen nach Hesiod, Heraklit, Sokrates und Platon, durch Aristoteles vorangetrieben. Eine Ausnahme bildet Epiktet. Die Römer (Cicero, Seneca, Marc Aurel und Tertullian), das Judentum (Philon von Alexandria, Saadia Gaon, Maimonides, Isaak Luria) und der Saulismus (Saulus, die Kirchenväter, die Staatskirche und Thomas von Aquin) waren Vorbereiter der Philosophie, welche die Identifikation mit Denken durch Descartes („cogito ergo sum“), Kant („Unerkennbarkeit des Dinges an sich“) und Hegel (Vollendung der Philosophie) de facto zuende gebracht hat. Idealerweise hätte die Zeit des Kolonialismus die einseitige westliche Entwicklung beendet und durch eine allseitige mentale und vitale Evolution ersetzen müssen, zumal sie mit Völ-kern ganz unterschiedlichster Identitäten mit teils außerordentlichen Fähigkeiten bekannt wurden, so den Chinesen mit dem Zentrum in der Leibesmitte, Ki, den Indianern mit dem für echte Christen bedeutsamsten Zentrum überhaupt, dem Herzzentrum, den Indern und Südostasiaten mit zwei Zentren, dem Purusha im Herzen und dem Atman über dem Haupt. Der Westen hat diese Chance geschichtlichen Lernens und Einfügens verpaßt und stattdessen sein ewiges Barbarentum durch endlose Genozide und Massenmorde „im Namen Gottes“ bestätigt. Daneben betäubte sich dieser egomane Popanz durch die Spitzfindigkeiten reformatorischer und aufklärerischer Wahnetitüden. Luther und Calvin zwängten das Denken der Menschen mit einem letztlich protestantisch verbrämten Kapitalismus in die Bahnen von Erfolgssucht und Investition und erfanden dabei einen Arbeitsbegriff, dessen Irrationalität Max Weber entlarvte:
„Jener eigentümliche, uns heute so geläufige und in Wahrheit doch so wenig selbstverständliche Gedanke der Berufspflicht, einer Verpflichtung, die der einzelne empfinden soll und empfindet gegenüber dem Inhalt seiner „beruflichen" Tätigkeit, gleichviel worin sie besteht, gleichviel insbesondere ob sie dem unbefangenen Empfinden als reine Verwertung seiner Arbeitskraft oder gar nur seines Sachgüterbesitzes (als „Kapital") erscheinen muß – dieser Gedanke ist es, welcher der „Sozialethik" der kapitalistischen Kultur charakteristisch ist" […] „Die Fähigkeit der Konzentration der Gedanken sowohl als die absolut zentrale Fähigkeit, sich der Arbeit gegenüber verpflichtet zu fühlen, finden sich hier besonders oft vereinigt mit strenger Wirtschaftlichkeit, die mit dem Verdienst und seiner Höhe überhaupt rechnet und mit einer nüchternen Selbstbeherrschung und Mäßigkeit, welche die Leistungsfähigkeit ungemein steigert. Der Boden für jene Auffassung der Arbeit als Selbstzweck, als „Beruf", wie sie der Kapitalismus fordert, ist hier am günstigsten" (Die protestantische Ethik und der "Geist" des Kapitalismus, 1904/05)
Die Reformation hat einen starken jüdischen Impetus im Hintergrund, der von Saulus in das sogenannte Christentum hereingetragen und von Luther fokussiert wurde:
„Und da wir bei euch waren, geboten wir euch solches, daß, so jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen.“ (2. Thessalonicher 3, 10)
„Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken; aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes; da sollst du kein Werk tun noch dein Sohn noch deine Tochter noch dein Knecht noch deine Magd noch dein Vieh noch dein Fremdling, der in deinen Toren ist. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. (2. Mose 20, 9-11)
Die jüdisch-saulistische Haltung war zu jener Zeit unbekannt, denn arbeiten oblag nur jenen, die nichts hatten. Außerdem sagte Jesus:
„Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn Speise? und der Leib mehr denn die Kleidung? Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?“ (Matthäus 6, 25-26)
Es ist überdeutlich, wie sehr Saulus und Luther das Werk Jesu hintertrieben haben. Aber so wortgewaltig sie auch sein mögen, keiner von ihnen, auch nicht der Vatikan, war dazu fähig, die Wirklichkeit und das EINE, die aus dem ewigen Quell des Schweigens fließen, zu erfahren.
Auch die Antike und das Mittelalter besaßen ein grundständig anderes Verständnis von Arbeit. Die alten Griechen betrachteten körperliche Arbeit als etwas Minderwertiges, sie wurde entsprechend an die Sklaven dele-giert. Philosophieren setzt Muße voraus, eine fast universal und im Grunde vom Taoismus stammende Hochsicht. Im alten Rom wurden Arbeiten von den unteren Schichten und einer großen Anzahl von Sklaven ausgeführt, während die Oberschicht ein Leben der Muße und des Spiels führte. Im Katholizismus und im Mittelalter wurde Arbeit als Mühsal oder als Strafe angesehen und wer Geld besaß oder Land, kam gar nicht auf die Idee zu arbeiten. Entsprechend betrachtete Augustinus den Himmel als einen Ort, an dem Arbeit keine besondere Rolle spiele, während in der Hölle die Strafe aus einer ewigen Arbeit bestünde.
Die ideologischen Änderungen der allgemeinen Haltung und Einstellung zur Arbeit waren notwendig geworden, weil schon die Zeit des Kolonialismus viele Menschen aus ihren heimischen Gefilden in die Ferne trieb, weil das Bankenwesen schon im 13., dann aber richtig im 15. Jahrhundert prosperierte und expandierte und die Vorboten einer neuen Zeit, die später als Industrialisierung und ursprüngliche Akkumulation sichtbar wurden, teils erkennbar waren oder zumindest eine ungeheure Aufbruchstimmung in diese Richtung herrschte. Insgesamt begann eine Zeit der Neuordnung Europas, die alle Lebensbereiche erfaßte. In gewisser Weise destillierte sich das Neue, das mit dem Kolonialismus begonnen hatte und später zur Neuordnung Europas führte, in der Überbetonung des eigenen Ichs und Egos, in einer durch mehr und mehr Eroberungen und Niederschlagungen scheinbar bestätigten Größe und Macht, ohne das Blut zu sehen, mit dem es erkauft wurde. Insofern besteht der zentrale Satz, der die Gewalt des Abrahamismus, seine Fundamentalarroganz gegen die Natur (untertan machen) und der unbändige Haß gegen alles Fremde am besten kennzeichnet, im „cogito ergo sum“ von René Descartes. Er brauchte das Ego zwar nicht auf den Thron zu setzen, das hatten schon die Juden getan, aber er konnte nun diesen Herrscher als bürgerliche Identität und sein Wahn als den eigentliche Genius der menschlichen Geschichte betrachten. Ähnlich hatte schon Augustinus (354–430) argumentiert:
„Si enim fallor, sum. Nam qui non est, utique nec falli potest.” („Selbst wenn ich mich täusche, bin ich. Denn wer nicht ist, kann sich auch nicht täuschen.“)6
Mit den Begriffen des Ichs respektive des Denkens und der Idee von Arbeit als Beruf und menschlicher Pflicht im Zentrum, begann eine Zeit der Manipulation, besonders der Leugnung des Göttlichen und der Betonung von Rationalität, Erfolg und Macht (Kapital) sowie ein Materialismus, der bis heute anhält: Die Denkfetischisten und egozentrierten Aufklärer Jean-Jacques Rousseau (Demokratie, Gemeinwille, Volkssouveränität), François-Marie Arouet, genannt Voltaire (Meinungsvielfalt, Bürgerrechte, Religionskritik), David Hume (Empirist, amoralischer Atheist) und Immanuel Kant (Mündigkeit, Moral) verhexten die Menschen mit ihren politischen, mehr oder weniger gott- und religionsfeindlichen „idées fixes“.
Wer ein neues System etablieren will, der muß wissen, wer davon profitiert und wer darunter leidet. Betrachten wir den Kreislauf der Verfassungen bei Platon, so sehen wir, daß auf die Aristokratie, die Timokratie und Oligarchie folgen, bevor die Dekadenz in Form von Demokratie und der in ihr angelegten Tyrannis folgt.
Bei Aristoteles beginnt der Kreislauf mit der Monarchie, führt über die Tyrannis zur Aristokratie und von dort zur Oligarchie. Darauf folgt die Herrschaft der Vernünftigen, Politie, welche von der Demokratie abgelöst wird. Diese ist bei Aristoteles aber als Herrschaft des Pöbels verstanden worden, gespeist aus Armen, und wird auch Ochlokratie genannt und manchmal als Laokratie oder Volksherrschaft bezeichnet. Schließlich beginnt es mit einer neuen Monarchie von vorne, wobei nach Aristoteles ein König auf das Wohl seiner Untertanen bedacht ist. Darum soll nur König sein, wer sich selbst genügt und wessen Besitz den der andren überragt. Auf diese Weise bedarf er nichts und niemand, sondern sucht danach, was den Untertanen frommt. Daraus folgt: Einem Volk geht es unter einem Monarchen am besten.
Was ist nun die wirkliche Bedeutung des Begriffs „Monarch“, denn er hat nichts mit äußerem Reichtum zu tun?
„Many are standing at the door, but the monachos are the ones who will enter the bridal chamber.” (Logion 75)
So Monachos in Jesus’ mouth certainly means not solitary, monotropes, but the simple, the unique, the undivided, the seamless one, the man who has attained to the summit of being, oneness of self, liberation. Seeing this we can understand what Jesus meant when he said:
“Blessed are the Monachos for you shall find the kingdom; because you come from it and you shall go there again.” (Logion 49)” (Medhananda: Immortal Wisdom, 110 f., er nimmt hier Bezug auf das Thomas Evangelium)
Die Alten, weit vor Aristoteles, wußten, warum der Monarch zugleich eine spirituelle Größe und irdische Macht darstellt. Er hat das Ego überwunden, das wirkliche oder Göttliche Selbst oder Nicht-Ich verwirklicht, er lebt in der Einheit und nur deshalb kann er die Geschicke der Welt lenken, und zwar in Übereinstimmung mit dem Willen des Einen. Das macht ihn für die Asuras zum Feind.7 Das Volks- und Gemeinschaftswohl erfordert also, um das in aller Klarheit festzuhalten, einen spirituellen oder weisen Monarchen, aber niemals den Betrug einer politischen Demokratie, die an der Basis nicht ankommt und im Überbau Politik für Lobbyisten bewirkt.
Schon die Erfinder der amerikanischen Demokratie haben nie an das Volk gedacht, was man schon am Wahlrecht ablesen und erkennen kann, denn ausgeschlossen waren für mehr als 150 Jahre alle Indianer, Farbigen und Frauen. Das System hat nur einen einzigen Sinn, eine neue und weitgehend unbewußte Form der Ausbeutung zu kreieren, eine, gegen die man sich nicht wehren kann, weil sie angeblich auf Mehrheit beruht. Dabei installiert man ein System unter falschem Namen, aus „Kapitalismus“ wird „freie Marktwirtschaft“ und durch „freie Wahlen“ wird ein Parlament in scheinbar zwei Lager gespalten, von denen eines der Sieger ist. Nun sind aber beide, Sieger wie Verlierer, Marionetten des Puppenspielers im Hintergrund – und das ist das Kapital oder das Bankensystem mit seinen Alliierten. Das Volk bemerkt leider nicht die Einheit aus Koalition und Opposition, ganz gleich aus wie vielen Parteien sie sich konstituieren, und so bleibt das Entscheidende dunkel, daß nämlich beide, Koalition und Opposition, Diener desselben Finanz- und Bankenwesens oder des Digital Financial Complex sind. Diese Tyrannen organisieren sich in Untergruppen, so als Bilderberger, CFR und Trilaterale, welche jenseits parlamentarischer Kontrollen wirken.
Einzig die Anhänger des Lebensbaumes, die für alle Formen der Spiritualität stehen, symbolisieren die Verbindung zwischen „Erde und Himmel“. Sie wollen die Harmonie aller Welten bewahren und damit die Einheit, die vom Allerkleinsten bis zum Allergrößten reicht, und von den trennenden Mächten ignoriert wird, wieder ins Bewußtsein bringen. Allerdings sind sie nicht organisiert. Darum werden sie von Asuras und Archonten, den Ego-Herrschern angefeindet, gehaßt, verfolgt und getötet.
Die Jünger des Todesbaumes wissen, daß die Kraft des Schweigens all ihre Projekte zerstört. Wer nämlich dem Schweigen folgt, der sieht in aller Klarheit, daß eine spirituelle Welt eine Umwertung aller materialistischen und politischen Werte nach sich zieht, gerade der Vermögens- und Besitzwerte. Die bürgerliche Ideologie, d.h. ihr Egowahn benutzt die von ihnen erlassenen Besitzrechte, um einen Teil der Sklaven in den Hungertod zu treiben und den anderen Teil in Angst zu halten. Das läßt sich sehr einfach nachweisen:
Laut der britischen Wohlfahrtsorganisation Oxfam „haben die reichsten ein Prozent Menschen mehr als die restlichen 99 Prozent der Menschheit zusammen“ (Zeit online vom 19.01.2015). Allein dieses Faktum müßte genügen, um die 99 Prozent dazu zu bewegen, endlich wachzuwerden, aufzustehen und jenes Prozentlein ein für alle Mal zu entmachten. Wer es nicht begreifen will, der muß sich das simple Faktum klar machen, daß immer nur verteilt werden kann, was zu einem bestimmten Zeitpunkt de facto vorhanden ist - so ist es in der Ehe, in der Familie, im Clan, der Sippe, im Volk und überall. Wo das Prinzip des Teilens außer Kraft gesetzt und durch den entarteten Pakt aus Fortschritt und Akkumulation substituiert wird, da herrscht eine bitterböse Ideologie.
Was bedeutet das im Falle der vielen Millionen Hungernden? Nun, ein immenser Reichtum in einer Hand ist mit dem Hungertod vieler anderer erkauft worden. Da wir als Menschen nicht Teile von Staaten sind - Staaten sind ontologisch inexistent, sie sind die Ideologien der Mächtigen -, sondern Teile von Gruppen, Völkern und Reichen8 und als Menschheit eine einzige Gattung bilden, ist der Hungertod keineswegs ein Epiphänomen in Krisenregionen, für die wir keine Verantwortung tragen, sondern der Verhungernde am anderen Ende der Welt stirbt, weil der Reiche hier unwillig ist, sein Übermaß zu transferieren. Das Zuviel der Wenigen ist das Zuwenig der Vielen, eine Relation direkter Kausalität, die durch keine Ideologie geleugnet werden kann.
Daher ist es unsere Aufgabe als Menschheit, einen Ausgleich zwischen Surplus und Defizit herzustellen, und zwar unter Einsatz aller Mittel.
Der Hunger ist ein furchtbares Massendrama, das noch verheerender wirkt als Kriege. Angesichts von fast 1 Milliarde (900 Millionen) Hungernden und 9 Millionen Hungertoten jährlich werden die Besitzer großer Vermögen (ab 1 Millionen Dollar) genau wie die Einkommensmillionäre und Befürworter der kapitalistischen Eigentums- und Besitzbegriffe infolge der Unwilligkeit zu teilen, zu Massenmördern und als solche werden sie künftig auch behandelt werden, nämlich als asoziale und herzlose Psychopathen, die nicht wissen, daß die Erde dem Einen gehört.9
Wissen Sie, wie viele Menschen in der angeblichen Friedenszeit seit dem 2. Weltkrieg verhungert und verdurstet sind? Wir wissen es nicht. Wenn wir aber die 9 Millionen, den Durchschnitt der letzten Jahre, zugrunde legen, dann müssen wir von 9 Millionen x 75 Jahre ausgehen, das sind 675 Millionen Hungertote, um die kein westlicher Bewohner jemals auch nur eine Träne vergießt.10
Angesichts solcher Zustände ist klar, daß die bürgerliche Definition der Eigentums-, Besitz- und Zinsrechte nicht nur de jure hohle Begriffe von und für die Mächtigen sind, Hirngespinste zugunsten von Ausbeutung und Herrschaft, sondern sie sind realiter und de facto das größte Verbrechen seit Menschengedenken, milliardenfache Hunger-Folter und millionenfacher Mord durch vorsätzliches Verhungernlassen. Es gehört zum Terror materialistisch-kapitalistischer Normalität, daß die Verbrechen des Systems denen angelastet werden, die darunter leiden, denn die Armen sind immer selber schuld, erst recht die Faulen, die Niedergeschlagenen, Kranken – alles Massen aus schuldhafter Unfähigkeit. Dagegen werden die eigentlichen Mörder exkulpiert und bewundert ob ihrer Macht, die nichts anderes ist als Egowahn und herzlose Unmenschlichkeit. Offenbar forciert eine kapitalistische und nach Außen orientierte Gesellschaft den Egowahn und ersetzt das echte Mitempfinden durch ein falsches, das auf Sentimentalität und unbewußtem Selbstmitleid beruht und zur Aktivierung auf Katastro-henbilder angewiesen ist. Die große Hilfswelle beim Tsunami in Asien 2004 hatte einen doppelten sentimentalen Boden, das unterbewußte Selbstmitleid und das Weihnachtsgefühl, jene emotionale Lügenorgie, bei der die guten Wünsche so voller Falschheit triefen, daß der Empfindsame meint, von ihnen erdolcht zu werden.
Um den Hungertod zu beenden, wäre nicht einmal ein echtes Mitempfinden notwendig, denn in Wirklichkeit besteht die ontologische, ja biologisch verankerte Pflicht des Menschenwesens im Teilen, mehr noch, was dem Geparden-Rudel - wir erinnern an die Erfahrungen des Matto E. Barfuss! - Recht ist, muß dem Menschen billig und oberstes Gebot sein, eben das Teilen. Wo das nicht der Fall ist, kann von Zivilisation nicht gesprochen werden, sondern nur von tiefster Barbarei und dem brutalen Terror der Niedrigkeit. Eine Weltzivilisation, welche die Hitlers und Stalins geißelt, aber die Milliardäre wie Jeff Bezos (200 Milliarden), Elon Musk (165), Bernard Arnaud (160), Bill Gates (125), Warren Buffet (100,3) oder den Spekulanten Soros hofiert, ist unheilbar geistesgestört. Mit einem Dollar täglich kann ein Mensch in Indien überleben, oftmals genügen weniger. Das bedeutet, daß ein Mensch in Asien mit 365 Dollar im Jahr überleben könnte, mehr schlecht als recht, aber eben überleben, das aber heißt, daß allein von den 200 Milliarden des Mr. Bezos 547 Millionen Menschen 1 Jahr überleben würden oder daß es die nächsten 60 Jahre keine Hungertoten mehr gibt.
Sinnvollerweise wird das Problem nicht dadurch gelöst, daß man den Hungernden einen Dollar gibt, sondern daß das gesamte System dezentralisiert und auf Bedarfsdeckung umgestellt wird. Indien hatte jahrtausendelang eine solche Bedarfdeckungs-Landwirtschaft, bis amerikanische Spezialisten kamen und auf industrielle Produktion umstellten, was zum einen Monokultur bedeutet, Zerstörung der Böden und das Ausbluten der Kleinbauern zugunsten der Großgrundbesitzer. Nichts hindert uns, überall auf der Welt Bedarfsdeckung einzuführen und jede auf Verlangen, Begehren und Gier beruhende Bedarfsweckungswirtschaft unter Strafe zu stellen. Wir sind nicht auf Erden, um Gewinne zu machen, sondern um qualitativ zu wachsen, und das heißt eben spirituell.
Wer hier mit Sozialismusdebatten daherkommt, ist angesichts des Hungers in der Welt ein boshafter und ideologischer Psychopath, es geht nicht um Egalität, denn Unterschiede dürfen und müssen sein, aber keine mörderischen und wir halten simpel fest, daß ein Erwachsener mit einer Millionen Dollar auch ohne bezahlte Arbeit 50 Jahre auskommen kann. Deshalb liegt für uns die Vermögens-Obergrenze bei einer Million Dollar, die Einkommens-Obergrenze sollte bei 120.000 Dollar jährlich und das garantierte Jahresgrundeinkommen bei 24.000 Dollar liegen. Damit wäre eine faire und der Vielfalt Rechnung tragende Spannweite vorhanden, die je nach Wertentwicklung angeglichen werden kann. Würde dann der Überschuß bei den Superreichen qua Zwangsabgabe abgeschöpft und in die Bekämpfung des Hungers oder anderer Projekte des Gemeinwohls investiert, dann wären wir auf dem Weg, eines Tages Menschen zu werden. Gegenwärtig sind die modernen Gesellschaften Zuchtanstalten für Monster.
Der wirkliche Begriff von Eigentum und Besitz ist einfach: Dem Menschen gehört nur das, was er beim Tode mit sich nehmen kann, die Selbstüberwindung im Kleinen wie im Großen, der Kampf für ein spirituelles Leben, für die Überwindung des Egos, das Bemühen um Schweigen, das Kultivieren spiritueller Gedanken, die Verwandlung von Schmerz in Freude, die Transformation von Ungerechtigkeit in Gerechtigkeit oder die Liebe, die in heroischem Kampf gegen den Haß bewahrt wurde und so fort. Das sind bleibende Errungenschaften, sie werden auf unserer weiteren Reise in Raum und Zeit zu unserem Vermögen.
In diesem Sinne wird alles, was in den Gazetten der Dekadenz hochgejubelt wird, vom Schauspieler bis zum Fußballer, vom Dax-Vorstand bis zum Energieriesen-Manager, von den Vertretern der Waffenlobby bis zur Pharmamafia, von den Hampelmännern der Börse bis zu den Massenmedien, vom Rockstar bis zum Globalplayer, vom Kapitalismus bis zur Pseudo-Demokratie, von Geheimgruppen bis Freimaurer, von Wissenschaft bis Szientismus und vom Politiker bis zum Oligarchen auf das Normalmaß zurechtgestutzt, und wirkliche Größen werden stattdessen wieder das Gesicht der Gesellschaft bestimmen, nämlich die Lehren von Rama und Krishna, von Laozi und Buddha, von Sri Aurobindo und Vivekananda, von Jesus (Mystik) und Mohammed (Sufismus) und so fort. Anstelle der albernen materialistischen und kapitalistischen Massenkoprophagie wird der Mensch sich wieder an die spirituelle Wirklichkeit erinnern und Licht und Prana goutieren.
„Meister Yän sprach: „Wie schön dachten die Alten vom Tode! Die Guten bringt er zur Ruhe, die Schlechten bringt er zur Unterwerfung. Der Tod ist die Rückkehr des Wesens. Die Alten nannten die Verstorbenen Heimgegangene. Wenn man von den Verstorbenen als von Heimgegangenen redet, dann sind die Lebenden Wanderer. Wer wandert und weiß nicht wohin, ist heimatlos. Wenn ein einzelner Mensch seine Heimat verloren hat, so hält das die ganze Mitwelt für unrecht. Nun aber die ganze Welt ihre Heimat verlor, ist niemand der es unrecht fände.“ (Liezi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund, Buch 1, 8)
Liezi problematisiert hier das Vergessen unserer Heimat, der Wirklichkeit und stellt fest, daß der im profanen Sinne Heimatlose von seinen Mitmenschen bedauert wird, zugleich aber erkennen dieselben Mitmenschen ihre innere und spirituelle Heimatlosigkeit nicht. Diese „transzendentale Obdachlosigkeit“ (Georg Lukács) oder „spirituelle Obdachlosigkeit“ ist die zentrale Hauptcharakteristik eines durch Abrahamismus und Todesbaum, Kreuzzüge, Inquisition und Hexenjagden, durch Kolonialismus und Imperialismus, scheinbare Aufklärung und falschen Humanismus, Technizismus und Weltkriege degenerierten Menschentums. Wie sehr dort die Obdachlosigkeit gehaust hat, erkennt man daran, daß die ontologische Vernunft ausgekotzt und Zweckrationalität wie Kokain durch die Nase ins Resthirn geschnieft wird. Das führt soweit, daß die Massen sich im Dreck der Postmoderne suhlen und sich in all dem Dreck über alles erhaben dünken. Diese Kinder von Mutter Dekadenz und Vater Nihilismus fühlen sich an nichts mehr gebunden, weder an die wirkliche Geschichte und Evolution, noch an Gott und die mystische Wirklichkeit, weder an spirituelle Ideale noch an ontologische Vernunft, sie finden keine Verbindung mehr und so täuscht ihnen das narzißtische Umsichselbstkreisen eine surreale Größe vor: Sie stehen auf der dünnen Pflanzendecke des Teufelsmoors, unter ihnen brodelt metertief der Moorschlamm, doch sie glauben an ein felsenfestes Standing.
Als ich das letzte Mal meine asiatische Landeremitage verlassen hatte, um Europa zu besuchen - und das werde ich nicht mehr tun -, empfand ich regelrecht körperlich, wie sehr die Menschen unter dem Mühlenstein des Immanenzzwanges zu teils primitiven, teils perversen, aber überwiegend leidenden Geschöpfen gemacht wurden. Der süße Trost der Wirklichkeit wurde ihnen von falschen Propheten ausgeredet, die statt des Göttlichen das menschliche Ego als Heilige Kuh inauguriert haben. Darin liegt der größte Skandal der gesamten irdischen Evolution, denn es handelt sich dabei um eine vorsätzliche Verkrüppelung des Menschen durch permanente Euthanasie des Sakralen, der lebendigen Seele und der spirituellen Sehnsucht bei gleichzeitiger Züchtung eines morbiden Egozentrismus unter der Ägide der Nekrophilie. Gegenwartsdiagnosen können nur noch von banalen Entgeisterungsstürmen sprechen, nicht etwa, weil man den Glauben diffamiert hat, sondern weil man nur noch einen Adressaten gefunden hat, dem sich alle Idioten willig hingeben, das Tote: „Credo in unum Deum, pecuniam omnipotens.“ Was einmal als apostolisches Glaubensbekenntnis begann, nimmt heute einen defätistischen Charakter an: Man tritt dem Göttlichen und Einen in den After und kriecht dem Kapital in den Arsch. Diese Klo-Philosophie wird Aufklärung genannt und ist heute zum Mainstream entartet.
Die Anzahl der Atheisten in Deutschland liegt mit über 27 Millionen gut 3 Millionen vor den Katholiken. Man täusche sich aber nicht, die vatikanischen Katholiken und die Reformierten sind lange schon kapitalhörige Bücklinge, und die Atheisten Theokraten des Kapitals. Sie sind die zwei Seiten der Medaille Egotheismus, die beide gar nicht daran denken, ihr Ego dem Einen und Unsagbaren hinzugeben, sondern alles tun, um sich und ihre Ideale als alleinseligmachend zu verkaufen und zu universalisieren. Narzißmus und Missionierungszwang sind bei beiden gleich, nur daß die eine Seite ihren Begriff von Gott benutzt und die andere dessen Negation. Mit ihrer neuerlichen Allianz gegen den Islam reklamieren sogar beide Seiten, die erlogenen und erstunkenen „Werte des christlich-humanitären Abendlands“ zu repräsentieren – der Atheist als Jesuit! Beide Seiten sind derart ins Denken und damit ins Projizieren verstrickt, daß sie gar nicht erkennen, wie sehr sie Opfer des Baumes der Erkenntnis oder des Egowahns geworden sind.
Lassen wir einmal einen Chinesen zu Wort kommen und achten dabei auf die Stellung und den Wert des Denkens:
„Nur dadurch, daß wir das Leben über das Denken stellen, können wir aus der schalen Stubenluft der Philosophie entrinnen und wieder etwas von der Frische des echten Kinder-scharfblicks zurückgewinnen. Jeder Philosoph, der diesen Namen verdient, müßte sich zu Tode schämen, wenn er ein Kind sieht, oder auch nur ein Löwenjunges im Käfig. Wie vollkommen ist so ein Junges von der Natur geschaffen mit seinen Pranken, seinen Muskeln, seinem schönen Pelzbehang, seinen gespitzten Ohren, seinen hellen runden Augen, seiner Beweglichkeit und seiner Freude an Spiel und Unfug! Der Philosoph müßte sich schämen, daß aus all der gottgeschaffenen Vollkommenheit so viel menschengeschaffene Unvollkommenheit geworden ist, daß er selber zum Beispiel eine Brille trägt, keinen Appetit hat, daß er oft verdrossen ist an Leib und Seele und am Leben absolut keinen Spaß mehr findet. Von dieser Art von Philosophen ist nichts zu erwarten, denn nichts, was sie uns sagen können, ist für uns von Belang. Nur jene Philosophie kann uns Nutzen bringen, die ganz vergnügt mit der Poesie Hand in Hand geht und uns „geschaute“ Ansichten schenkt, zunächst von der Natur, sodann vom menschlichen Wesen. Jede zweckdienliche Lebensphilosophie muß sich auf eine Harmonie der uns mitgegebenen Instinkte gründen. Einen allzu idealistischen Philosophen straft rasch genug die Natur selber Lügen. Die höchste Vorstellung der Menschenwürde besteht nach den Konfuzianern darin, daß der Mensch seine höchste Höhe erreicht und dem Himmel und der Erde ebenbürtig wird, indem er nämlich mit der Natur in Übereinstimmung lebt. So lautet die Lehre in der „Goldenen Mitte“, niedergeschrieben von Konfuzius’ Enkel:
„Das von Gott Gegebene heißt Natur; der Natur folgen heißt Tao (der Weg); diesen Weg pflegen, heißt Gesittung. Bevor Freude, Zorn, Trauer und Glück Ausdruck finden, heißen sie das Innere Ich; haben sie das richtige Maß von Ausdruck gefunden, heißen sie Harmonie. Das Innere Ich ist die rechte Grundlage der Welt, die Harmonie aber ist der erleuchtete Weg. Wenn ein Mensch das Innere Ich und die Harmonie gewonnen hat, sind Himmel und Erde in rechter Ordnung, und die zahllosen Dinge haben Nahrung und Wuchs. Zum Verständnis gelangen, vom wahren Ich her, heißt Natur; und zum wahren Ich gelangen, vom Verständnis her, heißt Gesittung; wer sein wahres Ich hat, der hat daher auch Verständnis, und wer Verständnis hat, findet dadurch sein wahres Ich. Nur die in der Welt ihr ganzes Ich haben, können ihre Natur erfüllen. Nur die ihre eigene Natur erfüllen, können die Natur der anderen erfüllen. Nur die, die Natur der anderen erfüllen, kön-nen die Natur der Dinge erfüllen. Die aber die Natur der Dinge erfüllen, sind würdig, daß sie der Mutter Natur helfen zu wachsen und das Leben zu erhalten, und die dazu würdig sind, sind Himmel und Erde ebenbürtig.“ (Lin Yutang: Weisheit des lächelnden Lebens, Frankfurt und Leipzig 2004, 189 ff.)
Anders als Lin Yutang, der in der offenen Weite fröhlicher Weisheit lebt, ist das okzidentale Animal rationale, von den Juden über Saulus bis hin zu Kant und Habermas eingesperrt in die ängstlich abgesicherte Matrix von Ego und Denken, die jene bedroht, die wirkliche Freiheit und die wirkliche Luft der Mystik atmen möchten. Die Angst der Ratio ist die Existenzangst des Egos und der Machtanspruch der Ratio derjenige des Ego-Wahns. Diese beiden, Angst und Wahn, verhindern ein Ende der spirituellen Obdachlosigkeit, indem sie unaufhörlich das Offensichtliche, die Wirklichkeit oder das Numinose bestreiten. Ein Ende des Egos soll nicht sein dürfen. Darum reduziert Kant Religion aufs Sittengesetz, er muß die Explosivkraft echter Spiritualität unter den Bann des Obskurantismus stellen, weil er sonst sein Ego verliert. Die Reduktion von Religion aufs Sittengesetz suggeriert, das spirituelle Bewußtsein sei nichts anderes als ein Gängelband, das man dem Klerus zu entreißen habe, weil man durchaus besser die Peitsche der Vernunft und Moral zu schwingen imstande sei. Kant hatte nie begriffen, daß das wirkliche Anliegen der Religion nicht die Temperierung des Egos ist, sondern dessen Aufhebung und letztliche Überwindung.
„Kant erhebt die Vernunft zum Maßstab für die Hermeneutik des Kirchenglaubens und macht damit „die moralische Besserung des Menschen, den eigentlichen Zweck aller Vernunftreligion“ zum „oberste(n) Prinzip der Schriftauslegung.“ (Habermas, Jürgen: ‚Die Grenze zwischen Glauben und Wissen.‘ in: Revue de métaphysique et de morale 4/2004 (n 44), p. 460-484)
Dazu muß man natürlich die ontologische Vernunft, die wir im ersten Band dargelegt haben, mit Füßen treten, denn in ihr ist nicht bloß Vernunft enthalten, sondern der Vorrang der Erfahrung zementiert, nämlich das Göttliche und die absolute Wirklichkeit, auch wenn nicht Denken, sondern Schweigen diese Erfahrung macht. Der Cogito-Wahn sitzt beim Philosophen so tief, daß er das Schweigen verleugnet und seine Definition von dem, was Denken können kann und was nicht, als Notwehrmaßname ansehen muß. Es gibt nämlich ohne jenes „cogito“ kein Ego.
„Es ist die transzendentale Vernunft selbst, die kraft ihrer einheitsstiftenden Ideen das Ganze der Welt entwirft; darum muß sie sich hypostasierende Aussagen über die ontologische oder teleologische Verfassung von Natur und Geschichte verbieten. Das Seiende im Ganzen oder die sittliche Welt als solche bilden keine möglichen Gegenstände unserer Erkenntnis.“ (ebd.)
„Unserer Erkenntnis“, wohl wahr - aber die Bescheidung des Denkens auf seinen Anwendungsbereich, darf doch nicht bedeuten, daß wir das Schweigen als unseren spirituellen Erfahrungsbereich ausschließen und uns zum Krüppel philosophischer Arroganz und Aufgeblasenheit machen. Kant und Habermas schwelgen in völliger Unkenntnis der Schweige- und spirituellen Erfahrungskapazitäten in Begriffen, die zwangsläufig die wirkliche Religion, die Überwindung des Egos, ausblenden und ein fatales Ego glorifizieren muß. Wenn Habermas etwa den Beginn des „weltweiten Prozesses der gesellschaftlichen Modernisierung“ „angetrieben von Luther und den Reformationen“ im 15. Jahrhundert (vgl. Habermas: Zeit der Übergänge, 179) sieht, also gerade in dem Moment, in dem die blutrünstige Missionierung des Saulismus ins Feld zieht, um Indianer, Aborigines, Maori, Inuit, Afrikaner, Inder und Chinesen etc. zu ermorden, zu versklaven und zu unterjochen, dann erklärt sich das nur durch einen massiven ethnozentrischen Narzißmus, der Hunderte von Millionen Toten zum Dung der eigenen Größe abwertet. Gerade Habermas, jener Söldner der Wissenschaft und Verräter der Kritischen Theorie, der den mystischen Kern Adornos, die Negation und das Nicht-Identische, nicht ertragen konnte, wird noch weniger dazu in der Lage sein, das Wesen der Spiritualität zu erfassen, nämlich die Perfektion der Negation: Absolute Selbsthingabe, bedingungslose Ich-Überwindung. Das ist für alle diese Denk-Größen unerträglich, denn alles, was sie sind, ist ja ihr Köpflein, mit dem sie sich identifizieren und notgedrungen immer das spirituell Falsche sagen müssen: Sie setzen das Ego auf den Thron statt auf den Abort und das Nicht-Ich auf den Abort statt auf den Thron.
„Der egalitäre Universalismus, aus dem die Ideen von Freiheit und solidarischem Zusammenleben, von autonomer Lebensführung und Emanzipation, von individueller Gewissensmoral, Menschenrechten und Demokratie entsprungen sind, ist unmittelbar ein Erbe der jüdischen Gerechtigkeits- und der christlichen Liebesethik. In der Substanz unverändert, ist dieses Erbe immer wieder kritisch angeeignet und neu interpretiert worden. Dazu gibt es bis heute keine Alternative. Auch angesichts der aktuellen Herausforderungen einer post-nationalen Konstellation zehren wir nach wie vor von dieser Substanz." (Habermas: Zeit der Übergänge, 175)
Hinter jedem Begriff sitzen bleischwere Ideologien, die Habermas sich solange vorsagen mußte, bis er sie nicht bloß glauben konnte, sondern zu „wissen“‘ meinte. Ein egalitärer Universalismus, Freiheit, Solidarität, Autonomie, Emanzipation, Individualgewissen, Menschenrechte und Demokratie haben nie wirklich existiert, denn dazu müßte ja gerade das aufgehoben werden, auf das Habermas rekurriert, das bürgerliche und daher unmenschliche Ego, das die Heiligkeit des Seins für den sakralen Egowahn geopfert hat und bewaffnet mit der Massenvernichtungswaffe „christlicher Liebesethik“ und getragen vom Erwähltenwahn der Juden alle Völker euthanasiert hat, deren seelische Größe und spirituelle Vortrefflichkeit die Saulisten an ihre Minderwertigkeit und ihre essentielle Nichtigkeit erinnerte.
„Hegel hat die Errungenschaften der Moderne mit den Begriffen „Selbstbewußtsein“, „Selbstbestimmung“ und „Selbstverwirklichung“ charakterisiert. Das Selbstbewußtsein verdankt sich dem Zuwachs an Reflexivität im Zustand einer Dauerrevision verflüssigter Traditionen; die Selbstbestimmung verdankt sich der Durchsetzung des egalitär individualistischen Universalismus in Recht und Moral und die Selbstverwirklichung dem Zwang zu Individuierung und Selbststeuerung unter Bedingungen einer hochabstrakten Ich-Identität.“ (Habermas, J.: „Die Grenze zwischen Glauben und Wissen.“ in: Revue de métaphysique et de morale 4/2004 (n 44), p. 460-484)
Wir sehen, wie leidenschaftlich Habermas das Ego befördert, doch wer das tut, der macht aus der spirituellen Obdachlosigkeit des Menschen seine Heimat, der sperrt ihn ein ins Ego und behauptet, wer ihn erlösen wolle, der müsse sich an die Strenge diskursiven Denkens gewöhnen und dort verharren, wo Erlösung nicht sein kann.
„Kants religionsphilosophische Einschränkung der Vernunft auf ihren praktischen Gebrauch betrifft heute weniger die religiöse Schwärmerei als vielmehr eine schwärmerische Philosophie, die sich verheißungsvolle Konnotationen eines erlösungsreligiösen Wortschatzes nur ausleiht und zunutze macht, um sich von der Strenge diskursiven Denkens zu dispensieren. Auch das können wir von Kant lernen: wir können seine Religionsphilosophie im Ganzen als Warnung vor religiöser Philosophie verstehen.“ (ebd.)
Zwischen den sogenannten „Vernunftreligionen“ und der „Religion der Vernunft“ besteht kein großer Unterschied. Hatten sie einst ihren Egowahn durch Kriege „im Namen Gottes“ zelebriert, so führen sie heute dieselben „heiligen Kriege im Namen des Humanismus, der Demokratie und der Aufklärung“. Das eine Hirngespinst ist so gut oder schlecht wie das andere, bloße Begriffe eben, ohne jeden Erfahrungsgehalt, wobei ihre Teufelsküche über fast beliebige ideologische Kräuter und Ingredienzen (Begriffe) verfügt, die sie bedarfsweise einsetzen, um die Hirne ihrer Mitmenschen zu vernebeln. So sind etwa Kriege für „Demokratie und Freiheit“ (in Wirklichkeit geht es um Ressourcen) die Filetspitzen der atheistischen Giftküche, an denen sich auch die Europäer laben (Irak, Libyen, Syrien, Iran), während die angeblichen Kriege gegen den „Terror“ (Afghanistan, Dirty Wars, Black Ops) vorwiegend texanische Rib-Eye-Steaks der amerikanischen Hexenküche darstellen, bei dem die Europäer nur zaghaft mitfressen.
Abrahamismus und Atheismus sind Kopf und Zahl der Münze Egowahn. Soviel zur spirituellen Obdachlosigkeit des dekadenten Westens. Ganz gleich, ob der Leser sich nun ärgert oder wundert oder erleichtert aufatmet, die Ideologien des Westens müssen entzaubert werden. Andernfalls ist echte Religion nicht zu bewahren. Man hat den Menschen, die sich fälschlich Christen nennen, nie die Wahrheit gesagt, daß nämlich am Baum der Erkenntnis keine Göttlichen Früchte wachsen. Wer einen Birnenbaum setzt, der kann keine Orangen ernten. Man hat ihnen gesagt, Gott habe sie aus dem Paradies geworfen, auch das ist falsch. Sie haben sich selbst aus der Einheit katapultiert, eben durch die Identifikation mit Denken. Sie haben nie die Lehre Jesu begriffen, weil diese vom Lebensbaum stammt. Saulus hat sie mit der Erbsünde in den Dreck des Todesbaums getreten und darin suhlen sie sich bis heute. Die Kirchen verschweigen ihren Schafen, daß ihr Gott Diábolos ist, daß sie am Todesbaum verharren und die Menschen unter ihre asurische Herrschaft gezwungen haben. Sie haben den „guten Glauben an Jesus“ von Milliarden Menschen durch die „Sühneopfer“-Ideologie mißbraucht und niemand wird mich davon überzeugen, die Päpste, Bischöfe, Rabbiner und Ayatollahs seien dümmer als ich. Sie wußten und wissen, was sie taten und tun. Da alles auf Gehorsam getrimmt ist, kommen selbst die oft genug ehrlichen Kirchendiener nie auf die befreiende Idee, daß ihr Gott nur am Baum des Lebens zu finden ist. Sie berufen sich auf das Bild, wonach der Lebensbaum von einem Engel mit dem Schwert bewacht wird. Aber sie begreifen nicht, daß das Schwert die Projektion ihres Denkens ist und daß der Engel jeden vorbeiläßt, der ins Schweigen tritt. Die offensichtliche Lehre Jesu, daß niemand zwei Herren dienen kann, hat noch jeder Papst als Dienst am Mammon verstanden. Sieht man das nicht? Es wundere sich niemand über die Tatsachen, die wir hier konstatieren, sondern vielmehr darüber, daß sie nicht selbst darauf gekommen sind. Und was für die Saulisten (Ja zum Begriff Gottes) gilt, das gilt noch mehr für die Atheisten (Nein zum Begriff Gottes), die von demselben Baum fressen und nicht merken, daß sie dem Dualismus auf den Leim gegangen sind. Jeder, der sich vom Baum der Erkenntnis befreien möchte, und nicht den Begriff, sondern das Unaussprechliche sucht, hat nur einen Weg, den zum Lebensbaum. Alles andere ist Ideologie.
Mit diesem 2. Band zu den Religionen sind wir in der glücklichen Lage, dem Baum des Lebens (den echten Religionen) folgen zu dürfen, was nicht etwa die Verbalisierung erleichtert, aber dem Herzen die Gewißheit der Heimat und Wirklichkeit gewährt. Entsprechend wohl fühlen wir uns mit den Menschen, denen das Heilige noch wirklich und das Profane bloß ein Schatten ist.
„Es sagte jemand zu Meister Liezi: „Wie kann der Meister die Leere so hochschätzen!“ Liezi sprach: „Die Leere braucht keine Hochschätzung. Es kommt nicht auf den Namen an. Nichts kommt der Stille, nichts der Leere gleich. Durch Stille, durch Leere findet man die Heimat, durch Nehmen und Geben verliert man seinen Ort.“ (Liezi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund, Buch 1,9)
Liezi lehrt uns hier das Heilmittel gegen die spirituelle Obdachlosigkeit, nämlich die Stille und Leere, durch die wir wieder eins mit dem Weltengrund werden, durch die wir die Heimat wiederfinden. Dunkel klingt zunächst der Zusatz „durch Nehmen und Geben verliert man seinen Ort“, doch das wird sofort einsichtig, wenn wir Leere und Stille als Synonym für das Eine erfassen, denn damit wird ja der mystische Monismus ausgedrückt. Dann verstehen wir, daß uns jede Art von Dualismus (Subjekt und Objekt, Geben und Nehmen, „Gut und Böse“) die Heimat raubt, wir werden Opfer der Identifikation mit Denken, des Egos und damit eines kümmerlichen Daseins.
„Die Welt als Welt behandeln, aber nicht von der Welt sich zur Welt herabziehen lassen: so ist man aller Verwicklung enthoben. Ganz anders der, der wichtig nimmt die Dinge der Welt und die Überlieferungen menschlicher Beziehungen. Wo Einigung, da Trennung; wo Werden, da Vergehen; wo Ecken sind, da wird gefeilt; wo Ansehen ist, da wird geurteilt; wo Taten sind, da gibt es Mißerfolg; wo Klugheit ist, da gibt es Pläne, und Unbrauchbarkeit wird verachtet. Wie könnte es für einen solchen Sicherheit geben? Ach, meine Schüler, merkt es euch: Im TAO nur und TE sei unsere Heimat!“ (Zhuangzi: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland, Buch 20, 1)