Ren Dhark – Weg ins Weltall 90: Kampf um die Unsterblichen - Alfred Bekker - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 90: Kampf um die Unsterblichen E-Book

Alfred Bekker

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die ANZIO kreist im Orbit um eine namenlose Welt, auf der sich eine verloren geglaubte Kolonie der Sukooren befindet. Da taucht der unbekannte Feind auf, vor dem sich die Kolonisten seit vielen Jahrhunderten fürchten, und nimmt das Schulschiff der Menschen ohne Vorwarnung unter Feuer. Etwa zur selben Zeit kreuzt die POINT OF durch die Milchstraße in der Hoffnung, einen Hinweis darauf zu finden, wer den Teilnehmern des streng geheimen Unsterblichkeitsprogramms nachstellt. Überraschend laufen alle Fäden zusammen, und es kommt zum Kampf um die Unsterblichen... Alfred Bekker, Jan Gardemann und Nina Morawietz verfassten einen wendungsreichen SF-Roman nach dem Exposé von Ben B. Black.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 364

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 90

Kampf um die Unsterblichen

 

von

 

Nina Morawietz

(Kapitel 1 bis 7)

 

Jan Gardemann

(Kapitel 8 bis 14)

 

Alfred Bekker

(Kapitel 15 bis 22)

 

und

 

Ben B. Black

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Vorwort

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

Empfehlungen

Simulacron-3/Welt am Draht

Ren Dhark Classic-Zyklus

Ren Dhark Extra

Nephilim

Impressum

Vorwort

Sicherlich haben Sie, liebe Leser, schon einmal den Satz »Alles ist relativ.« gehört. Gerne wird er in Zusammenhang mit Einsteins Relativitätstheorie verwendet, man kann ihn jedoch auch völlig davon losgelöst hören – und erstaunlicherweise trifft er dennoch häufig zu.

Ich habe mich letztes Wochenende bei ein paar Gedanken erwischt, bei denen mir am Ende auch oben genannter Satz durch den Kopf ging. Angefangen hat diese Gedankenkette, als mir klar wurde, dass mir unsere Wohnung bei unserem Einzug vor über zwanzig Jahren recht groß vorkam. Dieser Eindruck hat sich im Laufe der Jahre jedoch immer weiter verändert, und zwar bis an den Punkt, an dem ich sie fast schon ein wenig klein fand.

Ich bin mir nicht sicher, was diese Veränderung im Empfinden verursacht hat, ob mein inzwischen zugegebenermaßen ein wenig gewachsener Körperumfang mit hineinspielt oder ob ich mich über die Jahre einfach an den vorhandenen Raum (oder besser die Räumlichkeiten?) gewöhnt habe und sie deshalb »schrumpften«. Auf jeden Fall sind wir uns jedoch in einem einig: Nach aktuellem Stand der Forschung und Wissenschaft schrumpfen Wohnräume nicht wirklich, zumindest, solange sie intakt sind und das Haus nicht einstürzt. Das Empfinden, ob die Zimmer groß oder klein sind, ist also mit Sicherheit relativ – vermutlich nicht zuletzt relativ zu dem, was man vielleicht andernorts kennenlernt.

Und wie es der Zufall will, ist mir dann die Tage auch eine andere Relativität in Form eines kleinen Videos vor Augen geführt worden, über das ich im Internet gestolpert bin. Dabei ging es zwar nicht um Wohnungen, aber auch um Größe. In der gut gemachten Animation werden einem die Größenverhältnisse in unserem Sonnensystem anschaulich vor Augen geführt. Wussten Sie zum Beispiel, dass man in der Strecke zwischen Mond und Erde, die sich im Vergleich zu den restlichen Dimensionen unseres Sonnensystems doch recht gering ausnimmt, alle Planeten nebeneinander stellen könnte? Und in dieser Reihung sehen Jupiter und Saturn im Vergleich zum Rest doch schon recht imposant aus!

Aber es geht noch weiter in dem Filmchen: Im Vergleich zu unserer Sonne sind unsere Planeten winzig, die Erde gerade mal etwas größer als ein Sandkorn. Dazu muss man wissen, dass unsere Sonne zu den kleineren Sternen gehört und neben Riesen wie Beteigeuze selbst wie ein Winzling wirkt.

Die Abstände zwischen den Sternen sind auch im Vergleich zu diesen Riesen immer noch beachtlich, und wenn man schließlich sieht, dass unsere Milchstraße auch nicht gerade zu den größten Vertretern ihrer Art gehört, kann einem schon mal klarwerden, wie winzig und bedeutungslos man selbst im Vergleich zu kosmischen Maßstäben eigentlich ist.

Umso mutiger finde ich diejenigen Menschen, die sich davon nicht abschrecken lassen, die sich trotz – oder gerade wegen? – dieser schier grenzenlosen Weite dort draußen daranmachen, den Weltraum zu erobern, ganz so wie der Held unser aller Lieblingsserie, dem ebenfalls keine Aufgabe zu groß und kein Weg zu weit ist. Und so durchkreuzt er auch im vorliegenden Band wieder die Weiten unserer Galaxis, um die Menschheit und andere Völker vor Schaden zu bewahren. Tauchen Sie nun zusammen mit mir in die aktuellen Abenteuer ein und erleben Sie den Kampf um die Unsterblichen …

 

Stuttgart, im März 2020

Ben B. Black

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Aufgabe stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist, doch Ren Dhark und seinen Getreuen gelingt es, auch dieser Bedrohung erfolgreich zu begegnen, nur um sich sogleich einem viel größeren Problem gegenüberzusehen: Im Zentrum der Milchstraße ist ein Miniuniversum entstanden, das exponentiell wächst und dadurch droht, das bekannte Universum innerhalb weniger Jahre zu vernichten. Mithilfe der Nomwarun schafft man es schließlich, auch diese Gefahr zu meistern.

Im Sommer des Jahres 2072 scheint dann endlich die Normalität in der Milchstraße zu herrschen, die sich jedermann wünscht. Da werden Arc Doorn, Chris Shanton und Amy Stewart durch ein Lichtphänomen aus einer uralten Einrichtung der Wächter unterhalb des Titicacasees in die Galaxis Voktar verschlagen. Ren Dhark eilt seinen Freunden zu Hilfe, und nach einer kleinen Odyssee gelingt es den Terranern im Sommer 2073 endlich, wieder in die Milchstraße zurückzukehren.

Kaum zu Hause, bekommen es die Raumfahrer mit einem Krayn namens Kharamak zu tun, der bewohnte Planeten mit tödlichen Seuchen überzieht. Schließlich gelingt es, Kharamak zu stellen, doch der Krayn lässt Ren Dhark und seinen Begleitern keine andere Wahl, als ihn zu töten. Die Terraner befinden sich bereits wieder auf dem Heimweg, als sie von den Tel dazu aufgefordert werden, bei der Aufklärung einer Reihe bestialischer Morde auf der Forschungswelt Reshaf zu helfen. Der Täter entpuppt sich als ein Teil des Bakterienmannes, dem Ren Dhark und seine Getreuen bis Babylon folgen, wo dessen Large jedoch bereits von der BF abgeschossen wurde.

Kurze Zeit später kommt es auf der neuen Zentralwelt der Menschen zu Störungen in der bis dato reibungslos arbeitenden Technik. Auf Babylon bricht das Chaos aus, viele Bewohner suchen ihr Heil in der Flucht, was zu neuen Reibereien führt. Schließlich können Ren Dhark und seine Getreuen die Ursache der Störungen ausmachen: Das Segment des Bakterienmannes hatte überlebt und versucht, die Menschen von Babylon zu vertreiben. Dem Commander gelingt es jedoch, eine für beide Seiten zufriedenstellende Einigung zu erzielen.

Während die Besatzung der POINT OF bei der Normalisierung der Lage auf der Erde hilft, bittet Marschall Bulton um Hilfe bei der Suche nach Dan Riker und dessen Verband. Schnell wird klar, dass offenbar jemand gezielt Unsterbliche entführt. Die ANZIO, auf der sich ebenfalls ein Unsterblicher aufhält, wird derweil von einem unbekannten Gegner angegriffen, der kein Erbarmen zu kennen scheint …

1.

Dutzende Energielanzen rasten lichtschnell auf die ANZIO zu. Jay Godel reagierte sofort. Er leitete den Gegenschub ein. Gleichzeitig riss er den Ringraumer herum und beschleunigte in Richtung Sonne. Die feindlichen Kampfstrahlen verfehlten ihr Ziel.

Eine Übermacht von zwanzig Fremdraumern jagte den Terranern nach. Diese teilten sich in vier Gruppen auf, um die ANZIO von mehreren Seiten einzukesseln. Zwei feindliche Energiestrahlen zerfaserten am Intervallfeld. Der Ringraumer wich den Ausläufern der gewaltigen Feuerstürme der Sonne aus. Zu dicht durfte er sich nicht heranwagen, denn das Schutzfeld würde den extremen Energieverhältnissen nicht standhalten. Bereits in zehn Millionen Kilometern Entfernung lag die Belastung bei siebenundfünfzig Prozent.

»Sir, wir können die Gegner nicht mehr vernünftig orten«, informierte Kerim Bekian seinen Kommandanten. »Die hiesigen Energieausbrüche stören unsere Messinstrumente.«

»Den Fremden ergeht es womöglich genauso«, schlussfolgerte Oberst Roy Vegas. »Unsere Rechnung, das Geschwader näher heranzulocken, ist nicht aufgegangen. Mister Godel, verlassen Sie sofort die Korona! Wir dürfen nicht zulassen, dass die Aggressoren das Interesse an uns verlieren und sich dem Planeten zuwenden.«

»Zu Befehl, Sir«, antwortete der Zweite Offizier und nahm eine Kurskorrektur vor.

»Mister Dembaux, schon eine Antwort?«

»Negativ, Sir«, antwortete es aus der Funkabteilung. »Ich sende ununterbrochen auf allen Frequenzen. Unsere Nachricht sollte angekommen sein.«

Als die ANZIO mehrere Millionen Kilometer hinter sich gelassen hatte, wurde es wieder dunkler in der Zentrale. Die Bildkugel zeigte nun neuerlich den dunklen, sternenklaren Weltraum. Die zwanzig Fremdraumer ließen sich nicht ausmachen. Einer Eingebung folgend umrundete Godel die Sonne. Wie befürchtet formierte sich das Geschwader dort neu und flog in Richtung des Planeten weiter.

»Angriff!«, befahl Vegas, woraufhin die Waffensteuerungen Ost und West aktiv wurden.

Obwohl die Fremden die ANZIO längst wieder geortet hatten, konnten sie den überlichtschnellen Nadelstrahlen nicht rechtzeitig ausweichen. Die Schilde von sieben ihrer Schiffe wurden getroffen.

Binnen Sekunden verlor das Überraschungsmoment jedoch seine Wirkung. Das Geschwader erfasste den Ringraumer erneut mit Dutzenden Strahlenkanonen. Meterdicke, gleißende Energiebündel rasten auf ihn zu.

Durch mehrere abrupte Richtungsänderungen gelang es Jay Godel, den meisten Kampfstrahlen zu entkommen. Das Intervallfeld musste einige Treffer und Streifschüsse wegstecken. Er flog einen weiten Bogen um die Formation herum. Die Waffensteuerungen der ANZIO bearbeiteten deren linke Flanke mit Mix-2. Die nachfolgenden Nadelstrahlen drangen durch die geschwächten Schirme zweier Schiffe und beschädigten deren Außenhüllen. Für eine vollständige Zerstörung blieb jedoch nicht genug Zeit. Die feindlichen Schiffe wendeten und nahmen den Ringraumer neuerlich ins Visier.

»Intervallfeld bei neunzig Prozent«, erklang die Stimme des Hyperkalkulators in der Zentrale der ANZIO.

»Was du nicht sagst«, brummte Roy Vegas und deaktivierte die akustischen Warnmeldungen per Gedankensteuerung. In der großen Bildkugel wurden alle relevanten Informationen angezeigt. Wann immer der Ringraumer getroffen wurde, schnellten sämtliche Anzeigen bedrohlich in die Höhe. Zum Glück konnte das Intervallfeld eine Menge wegstecken.

Vegas’ Hauptsorge galt im Moment dem Planeten der Sukooren. Noch hatten die fremden Aggressoren keine Drohnen ausgeschleust. Bereits den Schwarm des Einzelschiffs vor einigen Tagen hatten die Flash nur mit Müh und Not ausschalten können. Aus diesem Grund musste die ANZIO die Aufmerksamkeit der zwanzig Fremdraumer möglichst lange an sich binden – zumindest, bis die erwartete Verstärkung eintraf.

Jay Godel tat sein Möglichstes, den Attacken auszuweichen, doch die gegnerischen Schiffe waren ebenso groß und wendig wie die ANZIO. Egal, welches Manöver er versuchte, es dauerte nicht lange, bis die Aggressoren es durchschauten. Immer wieder musste er sich etwas Neues einfallen lassen, denn selbst zufällige Richtungsänderungen ahnten sie mittlerweile voraus.

»Der Feind muss über fähige Analysten verfügen«, knurrte Kerim Bekian. Der Dritte Offizier ließ den Bildschirm seiner Ortungsanlage keine Sekunde lang aus den Augen. Die kryptischen Zahlenreihen und Graphen, die darüberzuckten, erschlossen sich nur ihm und Leutnant Derek Barelli.

»Oder über leistungsfähige Bordrechner«, fügte der Erste Offizier hinzu. »Ich bin gespannt, wie lange wir der Übermacht noch widerstehen können.«

Vegas warf Monro einen abschätzigen Seitenblick zu. »Malen Sie hier nicht den Teufel an die Wand, Olin!«

»Das würde ich nie wagen, Skipper.«

Jay Godel zog das Geschwader hinter sich her in Richtung des offenen Raums. Genau wie er beschleunigten auch die Gegner. Fünf Fremdraumer versuchten, an der ANZIO vorbeizuziehen und ihr den Weg abzuschneiden. Er wich zur Seite aus, doch dort geriet er just in eine dichte Strahlensalve. Blitzschnell ließ er den Ringraumer rollen, um zumindest um ein paar herumzuschwingen. Die Feinde schienen längst begriffen zu haben, dass das doppelte Intervallfeld in der Überschneidung der beiden dreitausend Meter durchmessenden Kugeln am stärksten war. Dort im Zentrum befand sich die ANZIO. Sie feuerten nunmehr auf die Sphären, die sowohl Schutz als auch ein verhältnismäßig leichtes Ziel boten. Jeder Treffer belastete den Schutzschirm, der sich viel zu langsam regenerierte.

»Nummer Drei, das Energieniveau der Fremdschiffe in die Bildkugel!«, befahl Roy Vegas. »Kodieren Sie die Raumer farblich von blau zu rot. Blau, wenn ungeladen. Rot, wenn ihre Strahlenkanonen geladen und abschussbereit sind.«

»Aye, Sir«, antwortete Bekian. »Aus den bisherigen Daten konnte ich übrigens eine Ladungsformel ableiten. Soll ich den Anzeigen auch einen Countdown hinzufügen?«

»Machen Sie das!« Vegas wandte sich wieder der Bildkugel zu. »Die Gegner scheinen über keine weiteren Waffen zu verfügen. Wir werden versuchen, das Intervallfeld im richtigen Moment kurzzeitig zu deaktivieren, wenn die Energielanzen weit genug an der ANZIO vorbeirasen.«

Mehrere Soldaten rissen entsetzt ihre Augen auf, hielten ihren Mund jedoch geschlossen. Einzig Olin Monro wagte eine Bemerkung: »Ganz schön riskant.«

»Haben Sie einen besseren Vorschlag?«, gab Vegas zurück.

Der Erste Offizier kannte den Oberst gut genug, um zu wissen, dass dieser die Frage ernst meinte. »Nein«, gab er zu.

Vegas ließ seinen Blick über die Gesichter seiner Männer schweifen, doch niemand sonst wollte sich äußern. Er wandte sich an seinen Navigator. »Wie sieht es aus, Mister Godel? Sollen wir es mal versuchen?«

»Mir ist alles recht«, antwortete dieser. »Die Gegner konzentrieren ihr Feuer momentan auf die Sphären. Allerdings wird unsere neue Taktik sie nicht lange beeindrucken. Ich denke, dass sie schnell schalten und wieder unseren Raumer unter Beschuss nehmen.«

»Es genügt, wenn wir ein bisschen Zeit gewinnen.« Vegas drehte seinen Kopf zur Ortungsabteilung. »Schon was Neues von den Sukooren?«

»Negativ, Sir«, verneinte Derek Barelli.

»Sir!«, rief Godel. »Wenn Sie das Intervallfeld deaktivieren wollen, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt dafür!« Auf einem Monitor seiner Arbeitsstation ließ er sich die vom Hyperkalkulator berechnete Flugbahn der noch nicht abgeschossenen gegnerischen Energielanzen anzeigen. Der Bordrechner schlug ein Ausweichmanöver vor. Da die Aggressoren jedoch längst nicht mehr zeitgleich ihre Geschütze betätigten, entschied der erfahrene Navigator im Zweifelsfall lieber nach Gefühl.

Über Bordsprech informierte Roy Vegas den Maschinenraum, damit genügend Energie bereitstand, um das Intervallfeld rasch wieder aufzubauen. Noch während er den Chefingenieur Dave Gjelstad über sein Vorhaben informierte, gingen die gegnerischen Schiffe erneut zum Angriff über. Zwei Energiebahnen trafen die untere Intervallsphäre. Die Energie verteilte sich gleißend auf der Oberfläche. Bevor eine dritte in sie einschlagen konnte, deaktivierte Vegas das Schutzfeld. Die folgenden Energielanzen schossen in mehr als eintausendfünfhundert Metern Entfernung an der ANZIO vorbei.

Jay Godel zog die ANZIO weiter nach rechts. Weitere gegnerische Schüsse gingen ins Leere. Dafür gelang es den Waffensteuerungen des Ringraumers endlich, eines der gegnerischen Schiffe zu zerstören. Sofort nahmen sie das nächste ins Visier. Abwechselnd mit Mix-2 sowie Nadelstrahlen setzten sie dem Gegner zu. Doch dieser lernte schnell; kurzerhand aktivierte und deaktivierte er seinen Schutzschirm in kurzen Intervallen. Bevor die ANZIO ihm weiteren Schaden zufügen konnte, zog er sich in der Formation weiter zurück und ließ den Raumern seiner Kameraden den Vortritt.

Die Terraner hingegen konnten nirgendwo Deckung suchen. Das Einzige, was sie vor der Zerstörung durch die feindliche Übermacht bewahrte, waren das Intervallfeld sowie Jay Godels Flugkünste.

»Die Flash stehen bereit, Kommandant«, rief der Erste Offizier seinem Vorgesetzten in Erinnerung.

»Sie bleiben vorerst im Hangar«, entschied Vegas. Er hatte bereits vor etlichen Minuten mit dem Gedanken gespielt, sein Geschwader loszuschicken, und ihn sofort wieder verworfen. »Im Moment stellen wir für die Fremden ein einziges Ziel dar. Wir sollten vermeiden, dass sie am Ende noch ihre Drohnen auf uns hetzen.«

»Können die uns überhaupt gefährlich werden?«

»Für Experimente ist gerade keine Zeit, Olin.« Vegas bemerkte die Kaffeetasse in seiner Hand. Die Knöchel seiner Finger traten weiß hervor, weil er den Henkel regelrecht würgte. Er stellte die Tasse beiseite. Der Kaffee war ohnehin längst kalt.

»Sir!«, meldete sich Kerim Bekian. »Das gegnerische Feuer konzentriert sich wieder zunehmend Richtung ANZIO! Anscheinend haben die Fremden bemerkt, dass wir den Schutzschirm ausgeschaltet haben.«

»Sie treiben uns immer weiter nach rechts«, bemerkte Jay Godel mit grimmiger Miene. »Bestimmt erfolgt jede Sekunde ein Angriff von anderer Seite. Sie formieren sich bereits neu. Ich möchte nur ungern ungeschützt in die nächste Schussbahn geraten.«

»Das würde ich auch nicht empfehlen«, warf Bekian ein. »Zwölf mal zwei Kanonen erreichen in wenigen Sekunden den höchsten Ladestand.«

Roy Vegas aktivierte erneut das Intervallum, das den Ringraumer in ein Zwischenkontinuum versetzte. Ein neuerliches Deaktivieren brachte nichts mehr. Die Gegner hatten anscheinend längst ein Modell der ANZIO und ihres doppelkugeligen Schutzfeldes erstellt. Sie bildeten eine kreisförmige Formation und ließen all ihre Kanonen laden, um sie gleichzeitig abzufeuern. Godel konnte den Energielanzen nicht rechtzeitig ausweichen, die wie Dartpfeile ins Herz des Intervallfelds vorstießen. Das Intervallfeld bekam weitere Treffer ab. In der Bildkugel pulsierten die Anzeigen in einem intensiven Rot. Die Werte lagen jenseits der oberen Skalagrenze.

Der Navigator bremste die ANZIO abrupt ab und riss sie herum. Die Formation raste heran. Sämtliche Abstrahlantennen konzentrierten Mix-2 und Nadelstrahl auf den Fremdraumer im Zentrum. Dieser versuchte noch, das Schulschiff zu rammen, doch er flog ohne Widerstand durch es hindurch, nur um kurz darauf in einer Explosion zu zergehen.

Die freigesetzte Energie drückte breitflächig gegen die silbrig schimmernden Sphären des Intervallfelds. Die Gegner teilten sich wieder auf, versuchten die Terraner kaum merklich zurück ins Sonnensystem zu drängen.

»Siebenunddreißig Prozent Belastung, Skipper«, las Monro laut einen der Werte in der Bildkugel vor. »Bis wir alle achtzehn Fremdraumer ausgeschaltet haben, ist unser Schutzfeld längst Geschichte.«

»Was wollen Sie mir damit sagen, Olin?« Vegas musterte seinen Ersten Offizier, der ihn mit ernster Miene anblickte. Die Antwort kannte er längst.

»Wir könnten ein Zeitfenster zum Transitieren nutzen«, schlug Jay Godel vor, der die implizite Botschaft in Monros Aussage ebenfalls verstanden hatte. »Wahrscheinlich verfolgen uns die Aggressoren dann nicht weiter.«

»Es wäre kein Problem, einen passenden Zeitpunkt zu kalkulieren«, erhielt er Unterstützung aus der Ortungsabteilung.

Vegas verspürte eine leichte Enttäuschung. Keinen seiner Männer kannte er als Feigling, trotzdem schienen alle plötzlich nur noch an Flucht zu denken. Sie würden seine Befehle bedingungslos ausführen – das wusste er –, doch er bevorzugte es, wenn sie auch mit Überzeugung hinter seinen Entscheidungen standen. Er wählte seine nächsten Worte daher mit Bedacht. »Zugegebenermaßen befinden wir uns momentan in einer ziemlich aussichtslosen Situation«, räumte er ein, »allerdings haben wir den Sukooren unser Wort gegeben, ihren Planeten beziehungsweise ihre Angehörigen so lange zu verteidigen, bis Verstärkung eintrifft.«

»Und wann wird das sein?«, äußerte Bekian seinen Missmut. »Der letzte Kontakt mit ihnen fand vor mehreren Tagen statt.«

»Falls sie in den nächsten Minuten nicht eintreffen«, fügte Monro hinzu, »wird ihr Planet ohnehin von den Fremden angegriffen und womöglich sogar zerstört. Das werden wir nicht verhindern können. Ich sehe wenig Sinn darin, dass wir uns in einem längst verlorenen Kampf opfern. Geholfen wäre damit niemandem. Es gäbe lediglich weitere Verluste, die hätten vermieden werden können.«

Die gesamte Führungsriege der ANZIO nickte. Roy Vegas konnte sich der Argumentation nicht entziehen. Im Grunde sah er es genauso. Inzwischen lag die Belastung des Intervallfelds bei knapp fünfzig Prozent mit weiterhin steigender Tendenz.

»Ich stimme Ihnen zu, meine Herrn«, räumte er ein. »Allerdings würde ich die Entscheidung lieber hinauszögern, solange es geht. Die ANZIO wird dem feindlichen Feuer noch eine Weile standhalten können. So lange sind die Sukooren auf dem Planeten in Sicherheit. Außerdem haben wir unser Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft.«

Erstaunt hob Olin Monro die buschigen Brauen. »Wollen Sie jetzt doch die Flash schicken, Skipper?«

Vegas schmunzelte. »Nein, die werden uns auch keinen Vorteil mehr verschaffen. Ich wundere mich allerdings, dass noch niemand den Einsatz der Wuchtkanonen vorgeschlagen hat.«

2.

Jay Godel brachte die ANZIO auf eine Entfernung von etwa zweihunderttausend Kilometern zum anvisierten Ziel. Er hielt den Ringraumer auf möglichst parallelem Kurs zu dem fremdem Schiff, um der Waffensteuerung genügend Zeit zu verschaffen. Versenkbare Geschütztürme erhoben sich aus dem unitallenen Außenmantel. Ein hellgelbes Röhrenfeld baute sich überlichtschnell auf und traf auf den gegnerischen Schutzschirm. In der nächsten Sekunde wurde eine fünf Zentimeter durchmessende Kugel von einem Kraftfeldprojektor in der Wuchtkanone auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Massefrei raste sie durch das röhrenförmige Feld, an dessen Ende ein Verwerfungseffekt auftrat. Dort gewann sie urplötzlich ihre Masse zurück, und die etwas mehr als einunddreißig Tonnen massiven Tofirits verwandelten sich in pure Energie. Die Kugel entlud sich so gleißend und zerstörerisch wie eine kleine Sonne. Durch die Wucht der Explosion wurden auch zwei weitere Schiffe davongeschleudert, doch ihre Schirme hielten dem hyperphysikalischen Chaos stand.

Als das gleißende Licht implodierte, existierte an der Stelle nur noch ein Vakuum. Von dem zerstörten Raumer trieben höchstens noch subatomare Partikel herum – wenn überhaupt.

Den Terranern blieb allerdings keine Zeit, sich auf diesem kleinen Sieg auszuruhen, denn die verbliebenen siebzehn Einheiten eröffneten bereits wieder das Feuer. Godels abrupte Ausweichmanöver erschwerten den Kameraden das Zielen. Mehrere Schüsse aus den Wuchtkanonen gingen ins Leere. Der Navigator setzte den beiden Schiffen nach, die durch die Explosion davongeschleudert worden waren. Die Ortung stellte Energiefluktuationen bei ihnen fest. Außerdem flogen sie weniger wendig als die anderen. Leider befanden sie sich außer Reichweite der Kanonen. Für Mix-2 und Nadelstrahlen waren sie jedoch erreichbar.

Kaum hatten die Terraner sie kampfunfähig geschossen, kam mit einem Mal Leben in das übrige Geschwader. War es zuvor eher auf Abstand geblieben und hatte versucht, die ANZIO zu treiben, gingen die einzelnen Schiffe nun auf Kollisionskurs. Mit Müh und Not konnte Jay Godel ihnen ausweichen.

Die Gegner flogen auf wenige Hundert Kilometer heran – viel zu nah für die Wuchtkanonen. Sie beschleunigten, sodass die sie treffenden Nadelstrahlen ihre Wirkung kaum noch entfalten konnten oder die durch Mix-2 erzeugten Löcher im gegnerischen Schutzschirm verfehlten. Mittlerweile verschossen sie auch nicht mehr ihre Energielanzen, sobald ihre Waffen geladen waren, sondern warteten mitunter etliche Sekunden lang, sodass für die Terraner nun ständig Gefahr aus allen Richtungen herrschte. Die gleißenden Strahlen tauchten plötzlich auf.

Ebenso plötzlich musste Godel die ANZIO herumreißen, wenn nicht sogar eine Spur schneller, um ihnen zu entkommen. Seine Vorahnungen basierten auf langjähriger Erfahrung mit unterschiedlichsten Gegnern, doch sie machten ihn nicht zum Hellseher. Als er dieser einen Energielanze auswich, konnte er nicht wissen, dass drei weitere in einigen Dutzend Metern Abstand genau auf die Flugbahn der ANZIO zurasen würden. Sie schlugen schneller in das Intervallfeld ein, als er reagieren konnte.

Ein spürbarer Ruck ging durch die Zentrale. Vegas schaffte es nicht rechtzeitig, nach seiner Tasse zu greifen. Sie ergoss einen Schwall kalten Kaffee in der Zentrale und zerschellte auf dem Boden. Bevor er sich darüber aufregen konnte, wurde die ANZIO erneut erschüttert.

»Intervallfeld zusammengebrochen!«, brüllte Olin Monro, bevor Vegas es konnte. »Sir, unser Energieniveau nimmt kritische Werte an. Der Kompaktfeldschirm wird uns nicht mehr lange schützen!«

Vegas riss seinen Blick von den Scherben los. Über Bordsprech wandte er sich an die Besatzung: »Achtung! Hier spricht Oberst Roy Vegas. Begeben Sie sich sofort auf die Notsitze! Ich wiederhole: Begeben Sie sich sofort auf die Notsitze! Alle Systeme bis auf die lebenserhaltenden werden gleich abgeschaltet.« Anschließend kontaktierte er den Maschinenraum: »Mister Gjelstad, hören Sie mich?«

»Jawohl, Sir«, ertönte die Stimme des Chefingenieurs über die Schallfelder in der Zentrale. »Was geht da oben vor?«

»Wir befinden uns in einem feindlichen Feuersturm. Das Intervallfeld ist zusammengebrochen. Wir müssen es umgehend wieder aufbauen – egal wie! Leiten Sie sämtliche Energie, die nicht für die Lebenserhaltungssysteme oder zum Navigieren benötigt wird, in die Feldgeneratoren.«

»Auch die der Waffensteuerungen?«

»Machen Sie schon!«, brüllte Vegas. Seines Erachtens hatte er sich unmissverständlich ausgedrückt, da wollte er ganz sicher nicht irgendwelche Details ausdiskutieren.

»Zu Befehl, Sir.«

Wenige Sekunden später erloschen die Bildkugel und fast alle Bildschirme in der fensterlosen Zentrale. Nur die Instrumente der Navigations- und der Ortungskonsolen leuchteten noch in der Dunkelheit. Derek Stormond fuhr die Leistung des Hyperkalkulators herunter, sodass dieser nur noch die nötigsten Prozesse ausführte. Die Antigrav-Felder arbeiteten gar nicht mehr.

Roy Vegas spürte die ungewohnte Schwerelosigkeit. Die kleinste Bewegung ließ ihn über der Sitzfläche seines Gliedersessels schweben. Der ehemalige Astronaut fühlte sich an längst vergangene Zeiten erinnert. Vor mehr als sechzig Jahren, im Jahr 2011, war er als erster Mensch auf dem Mars gelandet.

Eine Erschütterung riss ihn aus seinen Erinnerungen. Hätte er sich nicht an den Armlehnen festgehalten, wäre er aus dem Sessel katapultiert worden. Rasch schnallte er sich an.

»Mister Gjelstad, wann bekommen wir wieder Energie?«, erkundigte er sich über Bordsprech im Maschinenraum. Die Ungewissheit behagte ihm ganz und gar nicht.

»In etwa zwei Minuten, Sir«, antwortete der Chefingenieur. »Die Meiler arbeiten auf Hochtouren. Ich könnte sie an ihre Leistungsgrenze bringen, doch damit würden wir eine Überhitzung riskieren.«

»Zwei Minuten halten wir noch durch.«

»Sobald das Intervallum steht, soll ich die weitere Energie wieder in die abgeschalteten Systeme zurückleiten?«

»Nur zum Bordrechner, zur Zentrale sowie zu den Waffensteuerungen«, entschied Vegas. »Bauen Sie Reserven für eine mögliche Transition auf!« Im Halbdunkeln konnte er Olin Monros erleichterten Gesichtsausdruck erkennen.

»Wird gemacht, Sir.«

Kaum unterbrach Vegas die Verbindung, ging ein weiterer Ruck durch die Zentrale.

Ein Volltreffer war es vermutlich nicht gewesen, doch allzu lange wollte sich der Oberst nicht mehr auf sein Glück verlassen. »Halten Sie den Vogel aus der Schusslinie, Nummer Zwei!«, rief er seinem Navigator zu.

»Ich versuche es, Sir«, gab dieser zurück. »Im Moment fliege ich jedoch mehr oder weniger blind.«

»Sie schaffen das schon.«

Godel lachte auf. »Was bleibt mir auch anderes übrig?«

»Intervallfeld bereit zur Aktivierung«, ertönte die Stimme des Bordrechners.

»Intervallfeld aktivieren!«, befahl Vegas, woraufhin der Hyperkalkulator die nötigen Sequenzen einleitete. Der Kompaktfeldschirm schaltete sich dabei automatisch ab, denn die beiden Schutzfelder funktionierten nicht gleichzeitig.

Überall in der Zentrale gingen die Lichter wieder an. Derek Stormond beeilte sich, den Bordrechner wieder in den Normalmodus zu versetzen. Die Bildkugel baute sich mit aktualisierten Holografien auf. Die ANZIO wurde von zwei Raumern bedrängt, die offenkundig versuchten, sie in die Zwickmühle zu nehmen. Immer wieder gingen sie auf Rammkurs.

Vegas schwieg. Gute Ratschläge konnte und wollte er seinem Navigator nicht erteilen. Dieser beherrschte die ANZIO wie kein Zweiter an Bord und konnte auf Einmischungen gut verzichten.

Wunder wirken konnte der Mann jedoch nicht. Einer von zehn feindlichen Energiestrahlen schlug in das Intervallum ein, der Rest verlor sich im Weltraum. Es war bereits abzusehen, wann es das nächste Mal kollabieren würde. Genau darauf schienen es die Aggressoren auch anzulegen.

»Olin, bereiten Sie alles für eine etwaige Nottransition vor!« Vegas sprach ruhig. Er wollte nicht den Eindruck erwecken, dass der Sprung sofort erfolgen sollte. Im Gegenteil plante er, den Moment nach wie vor so lange wie möglich hinauszuzögern. Allerdings hatte er die ANZIO schon fast an ihre Grenzen gebracht. Aus den Aggregaten auf dem Maschinendeck ließ sich nicht mehr allzu viel herausholen. Im roten Bereich durfte er sie in dieser Situation nicht laufen lassen.

Das Schulschiff befand sich in einem entlegenen Teil der Galaxis. Eine Transition würde es zwar aus dem hiesigen Gefahrenbereich bringen, doch wenn sich die Aggregate wegen Überlastung abschalteten oder gar durchschmorten, wäre es erst einmal mitten im Vakuum gestrandet. Der nächste erdähnliche Planet, das nächste Raumschiff oder die nächste Station waren Hunderte, wenn nicht Tausende von Lichtjahren entfernt. Kein Mensch konnte diese gewaltigen Entfernungen ohne technische Hilfsmittel zurücklegen. Als Kommandant der ANZIO trug Roy Vegas die Verantwortung für die Männer und Frauen an Bord.

Obwohl sie alle spätestens in der Grundausbildung erfahren hatten, dass der Tod zum Berufsrisiko eines Soldaten gehörte, waren sie dennoch kein Kanonenfutter. Niemand sollte für nichts und wieder nichts in einem Kampf sterben, in dem sie nur verlieren konnten. Die Belastungswerte des Intervallfelds stiegen sprungartig an. Die ANZIO kompensierte sie viel zu langsam mit einer weiteren Zuführung von Energie.

»Vier, vielleicht fünf Treffer noch, dann wird das Feld erneut zusammenbrechen«, prognostizierte Kerim Bekian. »Ich gebe uns noch drei Minuten.«

»Die Energiereserven für den Sprung stehen bereit, Sir«, vermeldete der Maschinenraum über Bordsprech.

»Danke, Mister Gjelstad«, gab Roy Vegas zurück. Er wandte sich an seine Männer in der Zentrale. »Halten Sie sich bereit! Sobald das Intervallum zusammenbricht, sind wir bis zum Aufbau des KFS einige Sekunden lang ungeschützt. Wir mü…«

»Warnung!«, fiel ihm der Bordrechner ins Wort. »Belastung des Intervallfelds bei siebenundachtzig Prozent. Zweiundneunzig Prozent.«

»Scheiße!«, fluchte Jay Godel laut.

Roy Vegas begriff, dass es keinen Sinn mehr hatte, den Zusammenbruch des Schutzfeldes abzuwarten. Es handelte sich bloß noch um eine Frage von Sekunden. Die ANZIO flog in einem immer enger werdenden Korridor, aus dem sie nur noch mittels einer Nottransition würde entkommen können.

»Das reicht!«, entschied er. »Nummer Zwei, verschaffen Sie uns ein kleines Zeitfenster für den Aufbau des KFS!«

»Zu Befehl, Sir«, rief der Navigator. Sofort täuschte er einen Kollisionskurs mit einem der Fremdraumer an. Wie erhofft wollte der Gegner sein Schiff nicht opfern und wich zur Seite aus. Die ANZIO tauchte unter einer Energielanze hinweg, die das Intervallum um wenige Hundert Meter verfehlte.

»Feuer einstellen!«, gab Vegas an die Waffensteuerungen durch. »Wir führen jeden Augenblick eine Nottransition durch.«

Noch während die Wuchtkanonen wieder eingefahren wurden, gellte mit einem Mal Derek Barellis Stimme durch die Zentrale: »Ich messe wenige Lichtminuten entfernt starke Strukturerschütterungen an! Ein Verband transitiert ins hiesige System.«

Eine tiefe Sorgenfalte bildete sich über Olin Monros Nasenwurzel. »Die Verstärkung der Unbekannten?«

»Dann wären wir geliefert«, murmelte Vegas. Die beiden Männer tauschten einen kurzen Blick miteinander aus.

Die Finger der Ortungsspezialisten flogen über die Sensorflächen ihrer Konsolen. Einige Sekunden lang herrschte ansonsten absolute Stille in der Zentrale. Die fünfzehn feindlichen Raumer hatten das Laden und Abfeuern ihrer Energiekanonen so aufeinander abgestimmt, dass sie der ANZIO nun unaufhörlich zusetzten. Es ergab sich einfach kein Zeitfenster für den Aufbau des Kompaktfeldschirms, der für die Nottransition benötigt wurde. Weitere Gegner bedeuteten unweigerlich die Auslöschung des Ringraumers samt seiner Besatzung.

»Entwarnung, Sir!«, vermeldete Kerim Bekian erleichtert. »Ein gutes Dutzend Schiffe der Sukooren ist aus dem Hyperraum gekommen.«

»Mister Dembaux, öffnen Sie eine Phase!«, rief Roy Vegas zur Funkabteilung hinüber.

»Belastung des Intervallfelds bei siebenundneunzig Prozent«, informierte der Bordrechner die Anwesenden in der Zentrale.

»Phase geöffnet!«, bestätigte Dembaux.

Bevor Vegas über die Gedankensteuerung Bild und Ton freigab, atmete er tief durch und strich seine Uniform glatt. Keinesfalls wollte er zu verzweifelt klingen, denn über die Sukooren war nicht viel bekannt. Zeigte man zu viel Schwäche, wurde das allzu oft ausgenutzt. »Ich bin Oberst Roy Vegas, Kommandant des terranischen Ringraumers ANZIO«, stellte er sich dem Pilzkopf vor, der in der Bildkugel erschien. »Wir freuen uns, dass ihr hergefunden habt. Leider befinden wir uns momentan in einer ziemlich heiklen Lage, daher müssen wir den Austausch von Höflichkeiten auf später verschieben. Die Raumer, die uns bedrängen, sind vorhin ins System transitiert. Es handelt sich um denselben Typ wie jenes Schiff, das vor wenigen Tagen den Planeten angriff, auf dem eure verloren geglaubten Angehörigen siedeln. Bis jetzt konnten wir das Geschwader davon abhalten, dorthin zu fliegen oder gar ihre Drohnen auszuschleusen, doch allzu lange werden wir ihrem Angriff nicht mehr standhalten.«

»Sag doch gleich, dass ihr unsere Hilfe benötigt!«, antwortete der Sukoore eine Spur zu euphorisch für Vegas’ Geschmack. »Ich bin übrigens Bam-Zork.«

Der Oberst nickte und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er seinen Gesprächspartner keineswegs wiedererkannt hatte. Zu seiner Erleichterung tauchten sogleich weitere Blasen in einer anderen Farbe in der Bildkugel auf. In einer V-Formation rasten die sukoorischen Schiffe heran, scherten in einem scharfen Bogen nach links aus und eröffneten das Feuer auf die feindlichen Raumer. Diese wichen nach unten aus. Der Korridor, in dem die Aggressoren die ANZIO gefangen gehalten hatten, löste sich auf. Die Fremden stoben nach allen Seiten hin auseinander.

Zuerst sah es so aus, als ob sie fliehen wollten, doch dann machten sie eine abrupte Kehrtwendung und schossen zurück. Einer der sukoorischen Raumer wurde von drei Energielanzen gleichzeitig getroffen. Sein Schutzschirm brach umgehend zusammen. Ein viertes Geschoss riss ein Loch in die Antriebssektion und schleuderte das tankförmige Schiff aus seiner Flugbahn. Um seine eigene Achse rotierend trieb es mit fünfundachtzig Kilometern pro Sekunde weiter durch das Vakuum. Sofort nahten drei weitere Sukoorenschiffe heran, die mit Dauerfeuer den Feind zurücktrieben, der dem ansonsten schutzlosen Raumer nachjagen wollte.

Jay Godel brachte die ANZIO aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich heraus, um den Meilern genügend Zeit zu geben, das Intervallum zu stabilisieren und weitere Energiereserven zu generieren. Roy Vegas verschob die Nottransition bis auf Weiteres und gab die Waffensteuerungen wieder frei. Die Wuchtkanonen wurden ausgefahren und mit Tofiritkugeln beladen. Zudem informierte er die Besatzung über die erfreuliche Wendung der Ereignisse. Da der Ringraumer über keine Fenster verfügte, wussten die allermeisten Menschen an Bord nicht, was draußen im Weltraum geschah. Sie bemerkten höchstens die Erschütterungen, die durch das Schiff gingen, wenn es getroffen wurde. Ansonsten verharrten sie bei gedämpftem Licht auf ihren Notsitzen in der zermürbenden Ungewissheit.

*

Wenige Minuten später warf sich die ANZIO wieder in das Kampfgetümmel, um die Sukooren zu unterstützen. Einschließlich des Ringraumers zählten sie elf Schiffe, die gegen vierzehn feindliche Einheiten kämpften. Kräftemäßig war nichts entschieden. Es gab ein ständiges Hin und Her, bei dem mal die eine, mal die andere Seite in die Defensive geriet.

»Wir werden versuchen, die Aggressoren auseinanderzutreiben«, informierte Bam-Zork die Terraner. »Ihre Strahlenkanonen sind sehr mächtig, und bei einem zu dichten Beschuss können wir den Energielanzen nur schwer ausweichen.«

»Wenn ihr ein Schiff isolieren und halbwegs auf Kurs halten könntet«, antwortete Vegas, »könnten wir es mit unseren Wuchtkanonen vernichten. Ihr müsst jedoch einen Abstand von mindestens zweihunderttausend Kilometern einhalten, am besten mehr. Keines eurer Schiffe darf das gelbe Röhrenfeld durchfliegen.«

Bam-Zork zeigte sich amüsiert. »Ihr Terraner scheint tatsächlich sehr regulierungswütig zu sein.«

»Wie bitte?«

»Zweihunderttausend Kilometer. Ich habe mich auf dem Herflug im Hyperfunknetz eingehend über euer Volk informiert. Ihr legt großen Wert auf die Einhaltung eurer Normen und habt für alles Formulare. Wenn es euch hilft, halten wir uns daran.«

Vegas runzelte die Stirn. »Meine Ansage hat eigentlich nichts mit irgendwelchen pedantischen Bedürfnissen zu tun, sondern einen praktischen Nutzen. Unsere Wuchtkanonen setzen gewaltige Energiemengen frei, die alles im Umkreis von mehreren Tausend Kilometern pulverisieren.«

»Tatsächlich?« Bam-Zork glaubte ihm offenkundig nicht. Sein Verband war erst spät eingetroffen und hatte nicht gesehen, wie die ANZIO ganz allein fünf feindliche Raumer kampfunfähig geschossen oder zerstört hatte.

Mit einer subtilen Geste gab Roy Vegas Kano Dembaux zu verstehen, die Phase stumm zu schalten.

»Audioübertragung ist unterbrochen, Sir«, bestätigte der Funker.

»Mister Dawson, Mister Denschikoff«, kontaktierte Vegas die Chefs der Waffensteuerung West beziehungsweise Ost. »Eröffnen Sie das Feuer auf die feindlichen Schiffe! Passen Sie jedoch mit den Wuchtkanonen auf! Die Sukooren scheinen unsere Warnung nicht ernst zu nehmen, daher ist damit zu rechnen, dass sie in die Schussbahn geraten. Eine Gefährdung ihrer Schiffe muss unter allen Umständen vermieden werden, verstanden?«

»Verstanden, Sir«, bestätigten die beiden wie aus einem Mund.

»Noch etwas: Lassen Sie sich nicht zu einem Wettkampf hinreißen! Es geht uns einzig und allein darum, die Fremden zur Vernunft zu bringen, nicht darum, irgendjemandem etwas zu beweisen.«

»Aye, Sir.«

Roy Vegas wusste, dass er sich auf seine Männer verlassen konnte, daher entspannte er sich erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit wieder. Er lehnte sich in seinem Gliedersessel zurück und stellte seinen Fuß auf die Raste. Sein Blick fiel auf die Scherben am Boden. Mittlerweile erzeugten die Meiler wieder genügend Energie, um auch entbehrliche Dinge wie künstliche Gravitation zu ermöglichen. Per Gedankensteuerung beorderte Vegas einen Reinigungsroboter herbei. Wenig später öffnete sich die Luke eines kleinen Wartungsschachts, aus dem ein kleiner, unauffälliger Roboter schwebte, der im Eiltempo den Schlamassel entfernte und wieder verschwand.

Die elf sukoorischen Raumer entpuppten sich als eingespielter Verband, der über eine Menge Kampferfahrung verfügen musste. In waghalsigen Manövern flogen sie immer wieder in die gegnerische Formation und zwangen diese, sich aufzulösen. Dabei rasten sie frontal auf die großen Geschütze der Fremden zu und feuerten in die gleißenden Energielanzen hinein, die auf sie zuschossen. Die Explosion zwischen den Raumern belastete die Schutzschirme beider Parteien stark.

Drei weitere Sukoorenschiffe nutzten die Gelegenheit, um dem gegnerischen Schirm von der Seite den Rest zu geben. Binnen Sekunden zerfetzten Abertausende kleiner Energiekugeln die Außenhülle des Feindes. Die Sukooren zogen sich rasch zurück, denn im nächsten Augenblick ereignete sich in der Antriebssektion ihres Ziels eine Explosion, die auf den Rest des Raumers übergriff. Wrackteile wurden aus dem riesigen Feuerball hinausgeschleudert. Mehrere besonders große befanden sich auf Kollisionskurs mit der ANZIO.

»Terraner, ihr müsst ausweichen!«, schrie Bam-Zork entsetzt aus seinen beiden Mündern. Sofort gingen mehrere seiner Schiffe auf Abfangkurs – zu spät. Das Unvermeidliche trat bereits ein – oder auch nicht. Die Wrackteile flogen ungehindert durch das Intervallfeld und die ANZIO wie durch ein Hologramm hindurch. Auf der anderen Seite kamen sie unbeschadet wieder heraus.

»Was zum G’Loorn war das?«, entfuhr es Bam-Zork verblüfft.

»Das Intervallfeld versetzt unser Schiff in ein Zwischenkontinuum, in dem uns Materie nichts anhaben kann«, erklärte Roy Vegas ruhig.

»Ihr befindet euch in einer anderen Dimension? Seid also gar nicht wirklich hier?«

»Exakt.«

»Wie ist das möglich?«

»Durch das Intervallfeld.«

»Ja, aber …« Bam-Zork stockte. Er tauschte einen kurzen Blick mit jemandem aus, den die holografische Bildübertragung nicht erfasste. Als er sich wieder Vegas zuwandte, wirkte er erbost und misstrauisch. »Wozu braucht ihr dann unsere Hilfe? Treibt ihr etwa ein falsches Spiel mit uns?«

Der Oberst hob beschwichtigend die Hände. »Nein, Bam-Zork, das tun wir nicht. Eine energetische Einwirkung kann zum Zusammenbruch des Intervallfelds führen. Vorhin geschah das schon einmal. Uns gelang zwar ein Wiederaufbau, doch als ihr im hiesigen System eintraft, stand es kurz vor einem neuerlichen Zusammenbruch.«

»Und diese Intervallfeldtechnologie habt ihr Terraner selbst entwickelt?«, hakte Bam-Zork nach. Mit einem Mal schien er mehr daran interessiert zu sein, die Menschen auszuhorchen, als sich um den Feind zu kümmern.

Roy Vegas tat ihm nicht den Gefallen, ihn aufzuklären. Abgesehen von der Bauanleitung konnte der Sukoore alles relevante Wissen über das Intervallum im Hyperfunknetz finden. Er würde früher oder später auf die Point-of-Stiftung stoßen, die mehrere Exabyte an Daten über die Worgun und deren Technologie frei zugänglich für jeden zur Verfügung stellte.

Die Aggressoren hatten sich mittlerweile mit der neuen Situation arrangiert. Stets blieben sie in der Nähe der ANZIO oder der sukoorischen Schiffe, was den Einsatz der Wuchtkanonen unmöglich machte. Bam-Zork schien jedoch unbedingt eine Kostprobe haben zu wollen, deshalb gab er seinem Geschwader den Befehl, einen der Fremdraumer zu isolieren und mit konzentriertem Feuer weiter in den Raum hinauszutreiben. Gleichzeitig bildeten sie einen Korridor für die ANZIO, in dem diese das röhrenförmige Feld aufbauen konnte, durch den die massefreie Tofiritkugel lichtschnell raste.

Geblendet von der Lichtintensität der Explosion zuckte Bam-Zork zurück und schlug sich schützend die Hände vor sein Gesicht. Einer seiner Leute schrie im Hintergrund etwas von gewaltigen Energiefreisetzungen und warf mit allerlei Werten um sich. Als das Licht wieder auf ein erträgliches Maß abdimmte, senkte Bam-Zork die Arme und inspizierte die Anzeigen vor ihm. »Nicht übel, Terraner! Das Schiff habt ihr regelrecht pulverisiert. Wie kann es sein, dass ihr mit einer solch mächtigen Waffe überhaupt in Bedrängnis geraten seid?«

»Die Wuchtkanonen setzen wir lieber nicht in der Nähe ein«, erklärte Roy Vegas knapp. Einzelheiten über die Reichweite wollte er nicht offenlegen.

»Sir, die Aggressoren konzentrieren ihr Feuer auf uns!«, informierte ihn Kerim Bekian. »Die Belastung des Intervallfelds liegt schon wieder bei knapp vierzig Prozent.«

»Wuchtkanonenfeuer einstellen!«, befahl Vegas den Waffensteuerungen und wandte sich an Jay Godel: »Beschleunigen Sie, Nummer Zwei!«

»Aye, Sir!« Der Navigator manövrierte die ANZIO in das Gewusel der sukoorischen Schiffe, wodurch sie den Gegnern kein so leichtes Ziel mehr bot. Sie verschoss nun nur noch Mix-2, um die feindlichen Schutzschirme aufzuweichen. Die sukoorischen Geschosse konnten dadurch ungehindert auf den Außenmantel einiger Fremdschiffe treffen. Auf diese Weise wurden zwei weitere Einheiten ausgeschaltet, dann passten die Unbekannten ihre Taktik schon wieder an die neue Situation an. Es gelang ihnen, einen weiteren Tankraumer kampfunfähig zu schießen.

Die ANZIO fing mit ihrem Intervallum einen gegnerischen Energiestrahl ab und verhinderte so dessen Zerstörung.

Schließlich entdeckten die Pilzköpfe, dass sich die Energie der Lanzen zumindest teilweise aufheben ließ, wenn sich diese mit den Strahlen der Sukooren überschnitten. Das minderte zumindest die Belastung der Schutzschirme und verschaffte den eigenen Raumern mehr Zeit für Gegenfeuer, bevor sie sich wieder zurückziehen mussten. Der feindliche Verband schrumpfte auf zehn Schiffe. Erstmals waren die Sukooren und die Terraner in der Überzahl, und alles sah danach aus, als ob sie die Schlacht gewinnen würden.

»Mister Dembaux, unterbreiten Sie den Fremden ein Angebot für einen Waffenstillstand!«, verlangte Roy Vegas.

»Was soll das werden, Terraner?«, fragte Bam-Zork verwundert. »Wir stehen kurz vor dem Sieg!«

»Wir sind hier, um eure Angehörigen auf dem Planeten zu verteidigen, nicht um unnötig Leben auszulöschen. Wenn sie auf das Angebot eingehen, können wir vielleicht herausfinden, was sie von uns beziehungsweise euch wollen.«

»Was sie von uns wollen, interessiert uns aber nicht. Sie sind in sukoorisches Territorium eingedrungen und terrorisieren unsere Angehörigen. Mit uns legt man sich besser nicht an, das sollten sie ruhig wissen.«

»Keine Antwort, Sir«, vermeldete Kanu Dembaux.

Bam-Zork schnaubte. »Seht ihr? Die kennen nur die Sprache der Waffen.«

Mit einem Mal maß die Ortungsabteilung der ANZIO einen starken Energieanstieg in den Antriebssektionen der feindlichen Raumer an. Der Raum um sie herum schien sich optisch zu wölben. Sie stoben in den offenen Raum hinaus und verschwanden kurz darauf in einer Transition.

»Großartig«, maulte Bam-Zork unzufrieden. »Was, wenn sie mit Verstärkung zurückkommen?«

»Ihr wisst jetzt, wie ihr deren Waffen schwächen könnt«, hielt Roy Vegas dagegen. »Sie werden es sich zweimal überlegen, sich mit euch erneut anzulegen.« Ob letzteres stimmte, wusste er freilich nicht mit Gewissheit, doch er musste nun deeskalierend argumentieren, bevor der Sukoore noch auf die Idee kam, die Fremden zu verfolgen. »Jetzt sollten wir uns erst einmal um euren antriebslosen Raumer kümmern, der sich immer weiter von uns entfernt.«

Und mit ›wir‹ meine ich ›ihr‹, fügte er in Gedanken dazu.

3.

Eine knappe Stunde später waren die kampfunfähig geschossenen Schiffe wieder ins Sonnensystem gezogen worden. Die sukoorische Flotte bezog zwanzigtausend Kilometer entfernt von dem erdähnlichen Planeten Stellung. Nun meldete sich Bam-Zork erneut bei der ANZIO. Er wirkte deutlich entspannter als zuvor, sogar zufrieden. »Wie durch ein Wunder haben wir keinen einzigen Verlust erlitten«, ließ er die Terraner wissen.

Roy Vegas lächelte erfreut. »Wir sind froh, das zu hören. Ohne eure rasche und entschlossene Hilfe wäre der Kampf sicherlich nicht so glimpflich für uns ausgegangen. Vielen Dank dafür.«

»Das war das Mindeste, was wir für euch tun konnten. Ihr habt unserem Volk einen großen Dienst erwiesen, indem ihr unsere verloren geglaubten Kolonisten aufgespürt und vorübergehend beschützt habt. Es ist mir daher fast peinlich zu fragen, aber …«

»Aber?«, wiederholte Vegas, als Bam-Zork nicht weitersprach.

»Ihr hattet doch bereits Kontakt zu den Kolonisten, nicht wahr?«

»Das ist korrekt.«

Der Flottenkommandant strich sich über die rote Uniform. »Nun, die HOFFNUNG verschwand vor mehr als zweitausend Jahren, und inzwischen hat sich unser Volk sowohl technologisch als auch gesellschaftlich weiterentwickelt. Ich möchte vermeiden, die Kolonisten durch unsere plötzliche Ankunft zu verschrecken.«

Roy Vegas nickte. »Das ist verständlich. Die Bewohner haben ihre ganz eigene Kultur entwickelt, in der religiöse Rituale ihren Alltag bestimmen.«

»Gibt es einen Repräsentanten, vielleicht eine Art Staatsoberhaupt?«

»Der Hohe Rat übernimmt diese Funktion. Er setzt sich aus drei Sukooren zusammen, die sämtliche Regeln festlegen. Die Kolonisten hören auf ihn.«

»Also brauchen wir nur den Hohen Rat von unserem Anliegen zu überzeugen, und die anderen folgen?«, fasste Bam-Zork zusammen.

»Exakt«, bestätigte Vegas.

»Wie können wir die drei Anführer kontaktieren?«

»Aus dem Weltraum leider gar nicht.«

»Wieso nicht?«, fragte Bam-Zork verwundert. »Die dafür notwendige Technologie existierte bereits lange vor ihrer Abreise.«

»Ich fürchte, das kann ich dir nicht sagen«, antwortete Vegas nicht ganz wahrheitsgetreu. Genau genommen wollte er nicht zu viele Details über das Leben der Kolonisten verraten, denn damit schwächte er womöglich deren Verhandlungsposition. Die Stadtbewohner sollten selbst entscheiden dürfen, was sie über sich preisgaben.

»Dann müssen wir uns wohl auf den Planeten begeben«, schlussfolgerte Bam-Zork. »Allerdings ergibt sich hierbei ein kleines Problem.«

»Welcher Art?«

»Unsere Ortung konnte keine Siedlung auf der Planetenoberfläche aufspüren, weder optisch noch über energetische Messungen.«

Roy Vegas schmunzelte. »Die Stadt ist in der Tat hervorragend versteckt.«

»Der Erfindungsreichtum unseres Volkes verblüfft mich immer wieder«, eröffnete Bam-Zork nicht ohne Stolz. »Dumm nur, dass er uns diesmal selbst ausschließt.«

»Vielleicht könnten wir euch bei der Kontaktaufnahme helfen«, bot Vegas an. Er hatte schon verstanden, dass der Sukoore genau darauf hinauswollte, sich aber aus unerfindlichen Gründen genierte, direkt zu fragen.

»Damit würdet ihr uns sehr weiterhelfen. Wir sollten möglichst gefühlvoll an die Sache herangehen. Bei uns gibt es ein Sprichwort, das besagt, dass der erste Eindruck prägt.«

»Bei uns ebenfalls. Allerdings möchte ich betonen, dass ich Soldat und kein Diplomat bin. Ich kann euch folglich nicht beratend zur Seite stehen, sondern lediglich den Kontakt herstellen.«