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DER HIGHLANDER UND DIE EISKÖNIGIN
Stolz, schön und kalt wie eine Eiskönigin steht Cristiana vor ihm. Doch Duncan the Brave weiß genau, dass sein heißer Kuss ihr Herz zum Schmelzen bringen könnte! So war es damals, als er mit ihr verlobt war, und so wird es wieder sein, wenn die Leidenschaft zwischen ihnen erneut ihren Tribut fordert. Doch nicht um die Widerspenstige zu erobern, ist der Highlander im Wintersturm zum Sitz der verfeindeten Domhnaills geritten. Sondern weil er hier mithilfe eines Amuletts einem uralten Geheimnis auf die Spur kommen will. Und noch während Cristana sein Verlangen weckt, spürt Duncan das mysteriöse Medaillon auf seiner nackten Brust brennen…
VERFÜHRT VON EINEM STOLZEN HIGHLANDER
Verhöhnt sie ihn und seine Liebe schmählich? Alex MacKinloch ist fassungslos: Seine schöne Gattin Laren zeigt ihm die kalte Schulter - dabei waren sie doch einst so glücklich miteinander! Doch jetzt verbirgt sie etwas vor ihm, verschwindet immer wieder ohne ein Wort. Und wann sie das letzte Mal sein Lager geteilt hat, weiß der Clan-Führer schon kaum mehr! Schenkt Laren etwa einem anderen ihre Gunst und liegt in dessen Armen? Der stolze Highlander nimmt seinen schwersten Kampf auf: Entweder er erobert das Herz seiner schönen Gemahlin zurück - oder er wird sie ein für allemal aus seinem Bett und seinem Leben verbannen …
DER HIGHLANDER UND DIE HURE
Zu viele blutige Fehden gab es schon in den Highlands. Als Duncan MacLerie in die Falle gelockt und gezwungen wird, die berüchtigte "Robertson-Hure" zu heiraten, bleibt ihm keine Wahl, will er die Waffenruhe zwischen den Clans nicht gefährden. Doch anders als befürchtet, entpuppt sich seine Braut Marian überraschend als kluge, zurückhaltende Schönheit. Schon begehrt er sie leidenschaftlich. Aber ist sie wirklich eine Hure? Je näher er Marian kommt, desto stärker spürt er, dass sie verzweifelt etwas vor ihm verbirgt. Doch um sie von der schweren Last ihrer Vergangenheit zu befreien, muss er nicht weniger als seine Ehre aufs Spiel setzen …
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Seitenzahl: 1112
Joanne Rock, Michelle Willingham, Terri Brisbin
Rendezvous mit einem Highlander
IMPRESSUM
HISTORICAL erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 2011 by Joanne Rock Originaltitel: „In the Laird’s Bed“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICALBand 311 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Ulrike Pesold
Abbildungen: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 01/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733763930
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Ihr Duft lockte ihn.
Sogar von der trostlosen Felszunge unter dem Wachturm von Domhnaill aus konnte Duncan der Tapfere Lady Cristianas Duft im Wind riechen. Der berauschende Duft kam allerdings nicht von einer Kräuterseife oder einem Bad mit Rosenblüten. Es war der Duft ihres legendären Mets, der den Steilhang hinunterwehte und Duncan und seine Männer in eine Wolke aus Nelken und Honig einhüllte.
Wer hätte gedacht, dass eine Frau, die einen so himmlischen Trank braute, einem Mann Obdach verweigern würde?
„Sagt ihr, ich bitte im Namen christlicher Nächstenliebe“, rief Duncan dem mürrischen Wachposten zu, der ihnen keinen Einlass zum angestammten Familiensitz der DomhnaillFamilie gewähren wollte. Der grauhaarige Torwächter hatte Duncans Männer lange in der Kälte warten lassen, während er Nachrichten mit seiner hartherzigen Herrin austauschte.
„Der Lairds will seinem Feind kein Obdach gewähren“, erwiderte der Wachmann, obwohl Duncan wusste, dass er log. Die Gerüchte über den schlechten Gesundheitszustand des Laird waren überall zu hören gewesen. Er regierte nicht länger seine Burg. „Er trug mir auf, Euch mitzuteilen, dass es in der Nähe ein Kloster gibt …“
„Auf der anderen Seite des Bergs“, ergänzte Duncan und machte seinem Ärger Luft. „Sag deinem Laird und seiner herzlosen Tochter, dass ich gerne meine Rüstung ablegen werde, wenn ich dafür die Eiszapfen an meinem Mantel auftauen lassen kann, bis der Sturm vorüber ist.“
Zum Teufel mit dem Stolz der Domhnaills.
In den vergangenen fünf Jahren hatten sie die Schmach nicht verziehen, die ihre Familie erlitten hatte, als Duncans Bruder das Brautbett mit Cristianas Schwester vor der Trauung genossen hatte. Sie hatten den Ehevertrag für nichtig erklärt, die Tat der Liebenden als Kriegserklärung gesehen und so die Kluft zwischen ihren Clans vergrößert.
Der Wind pfiff um die Felsen, wirbelte um die Füße der Männer und ließ die Mähnen der Pferde wild herumwehen. Den ganzen Tag hatte es heftig geschneit, sodass sie nicht weiter nach Norden reiten konnten. Duncan hatte keine andere Wahl, als einen Unterschlupf zu finden und das Ende des Sturms abzuwarten.
Genau, wie er es geplant hatte.
Der alte Wachmann über ihren Köpfen verschwand und nach ein paar Augenblicken erschien ein neues Gesicht im Schneegestöber. Die Gestalt lehnte sich aus dem Fenster des Wachturms, und langes, zimtfarbenes Haar und ein goldenes Seidentuch fielen über das Sims. Die schwere Pelzkapuze, die sie trug, konnte die vollen, offenen Haare in dem erbarmungslosen Wetter kaum bändigen.
Die Herrin des Mets persönlich.
Cristiana of Domhnaill hatte kein Lächeln für ihn übrig, als sie ihn begrüßte.
„Ihr werdet jede Klinge und jeden Pfeil abgeben, Sir“, befahl sie in einem Ton, der verriet, dass sie es gewohnt war, dass man ihr gehorchte. „Und auch dann werdet ihr erkennen, dass unsere Gastfreundschaft für Eidbrüchige begrenzt ist.“
„Ihr seht gut aus, Mylady.“ Duncan verbeugte sich im Sattel, eine schwierige Aufgabe, wenn man bedachte, dass seine Knochen schon seit ein paar Leugen steifgefroren waren. „Ich zweifle nicht, dass Eure Gastfreundschaft so großzügig wie Euer vergebendes Herz sein wird.“
„Ich freue mich, dass wir uns verstehen. Ich werde die Zugbrücke hinunterlassen, aber Ihr müsst warten, bis meine Männer euch entwaffnet haben, bevor Ihr einen Fuß daraufsetzt.“ Noch während sie sprach, knarrte der Mechanismus der Brücke laut, und die großen Zahnräder stöhnten protestierend. „Wir essen heute spät, um das neue Jahr willkommen zu heißen. Ihr könnt Euch uns dann anschließen. Ich habe Gäste, Sir, und hätte Euch sonst keinen Einlass gewährt. Aber ich kann es mir nicht leisten, unbarmherzig zu erscheinen.“
Sie verschwand in einem Wirbel goldener Schleier und zimtfarbener Strähnen und ließ den Tag so noch kälter werden. Duncans zufriedenes Grinsen konnte sie nicht mehr sehen.
„Wir haben es gewagt und waren erfolgreich.“ Dankbar bekreuzigte er sich, da das Risiko ein tödliches gewesen war. Denn obwohl er gehofft hatte, als um Hilfe bittender Reisender in die Domhnaill-Festung eingelassen zu werden, hatte er nicht vorhergesehen, wie schnell die Kälte und der Schnee sie überraschen würden. Die unbarmherzigen Winter der Highlands hatten mehr Männer das Leben gekostet als die Klingen der Feinde.
Neben ihm schnaubte einer seiner besten Ritter.
„Ihr nennt es Erfolg, wenn wir dem Feind in den Schoß fallen und nichts haben, um uns zu verteidigen?“ Misstrauisch beäugte Rory the Lothian die bewaffneten Wachen, die über die heruntergelassene Zugbrücke ritten. „Ich habe schon immer gewusst, dass Ihr ein Draufgänger seid, Duncan, aber ich dachte, Ihr würdet mit gezücktem Schwert und fluchend in den Tod gehen.“
„Manche Schlachten kann man nicht mit dem Schwert gewinnen.“ Während er seinen Schwertgurt löste, hoffte Duncan, dass er seinem Instinkt trauen konnte, wenn es um Cristianas Charakter ging.
Vor fünf Jahren hatten sie nur wenig Zeit miteinander verbracht, aber sie hatte sich ihm mit einer Leidenschaft versprochen, die er niemals vergessen hatte. Ohne die Missetat seines Bruders wären sowohl er als auch Donegal seit vielen Monden schon mit Domhnaill-Frauen verheiratet gewesen.
Das Unheil wäre nicht über seine Leute hereingefallen. Die Männer und die Reichtümer seiner Burg hätten seine Ländereien beschützt und vor dem Verfall bewahrt.
Rory blickte finster drein, als er einen eisverkrusteten Dolch aus einem Gurt an seinem Schenkel zog.
„Aye. Und in diesem Fall könnte Euer Feind mit dem einzigen Schwert, das Ihr noch besitzt, bezwungen werden, wenn wir hier fertig sind.“ Rory senkte die Stimme, als die Wachen von Domhnaill näher kamen, um den wachsenden Haufen Stahl an sich zu nehmen.
All seiner Waffen entledigt, lenkte Duncan sein Pferd auf die Holzbohlen der Brücke. „Genau diese Taktik hat das letzte Mal den ganzen Ärger verursacht.“ Er hatte nie verstanden, warum die Domhnaills es für nötig gehalten hatten, einen Ehevertrag für ihre Tochter zu brechen, wenn die Ehe doch nur vorzeitig vollzogen worden war.
Ihre Entschuldigung war gewesen, dass Donegal zu grob gewesen sei. Aber welche verhätschelte Jungfrau beschwerte sich nicht nach dem ersten Mal in gleicher Weise?
Nein, der unerträgliche Stolz der Domhnaills war sie alle teuer zu stehen gekommen. Sogar Cristiana, die von Duncan mehr als gerecht behandelt worden war, hatte ihre Vermählung abgelehnt. Irgendwie hatte sie ihren Vater davon überzeugt, dass die Culcanons nur nach Domhnaill gekommen waren, um die Kluft zwischen den beiden Familien noch weiter zu vertiefen, und dass Duncan sie eines Tages ebenfalls schlecht behandeln würde, wenn sie Mann und Frau wurden. Der alte Laird, der schon damals von seinen Töchtern beherrscht wurde, hatte die Verbindung abgelehnt und die Eheschließungen verboten. Und diese Tat war der Beginn all der Probleme gewesen, die Duncans Clan in den letzten drei Jahren auseinandergerissen hatten.
Doch damit war nun Schluss. Er besaß gleichsam den Schlüssel, um das Problem seiner verwüsteten Ländereien und seiner zerstrittenen Leute zu lösen. Er hing an einem Lederband um seinen Hals, verborgen von seiner Tunika. Eine Karte, die ihn zu dem lange vergrabenen Schatz eines Urahnen, den er mit Cristiana gemeinsam hatte, führen würde. Er brauchte nur genug Zeit, um ihn zu suchen, bevor sie ihn für immer aus ihrer Burg verbannte.
Der Duft von Nelken und Ingwer, die sie gerade in ihr dampfendes Gebräu geworfen hatte, brachte Cristiana nicht die übliche Freude. Sie atmete den herrlichen Geruch ein, der über dem kochenden Honigwasser schwebte, und überprüfte die richtige Mischung aus Hitze und Kräutern für ihren beliebtesten Met. Aber obwohl die Mischung nun ausgewogen schien, befürchtete sie, dieser Posten würde bitter werden. Ihrer Erfahrung nach braute sie den besten Met, wenn ihr das Herz leicht war, und momentan zog ihre Sorge sie mehr hinab, als es ihr eisbedeckter Mantel, den sie draußen getragen hatte, vermocht hatte.
Dass sich ein Feind unter ihrem Dach befand, war ihr in der vergangenen Stunde, in der sie die letzten Vorbereitungen für ein großes Mahl überwacht hatte, ständig durch den Kopf gegangen. Sie musste die Burg für ihren kranken Vater regieren und gleichzeitig die Aufgaben einer Dame pflegen, da ihre Mutter vor vielen Jahren gestorben und ihre Schwester weit fortgeschickt worden war, nachdem Duncans gefühlloser Verwandter sie ruiniert hatte.
Wie konnte er es wagen, sie aufzusuchen, nachdem er sich auf die Seite seines brutalen Halbbruders geschlagen hatte? Cristiana würde es sehr schwer haben, ihr Geheimnis vor Duncan zu verbergen, während er hier Zuflucht suchte.
Nachdem sie die brodelnde Mischung ein letztes Mal umgerührt hatte, verließ Cristiana den niedrigen Brauturm, den ihr Vater gebaut hatte, um die Gabe seiner Tochter zu unterstützen. Jahrelang hatte er versucht, sie am Metbrauen zu hindern, und erklärt, dass es eine Aufgabe für Töchter minderer Männer war. Aber als die Herren des Landes Interesse bekundeten, den Met zu kaufen und Könige anderer Länder Geschenke sandten, um eine kleine Menge davon zu erhalten, hatte ihr Vater eingesehen, dass es weise war, ihr nachzugeben.
Nun eilte sie durch die Burg, um sich um ihre Gäste zu kümmern, wohl wissend, dass sie keine Zeit mehr haben würde, sich vor dem Gastmahl umzuziehen. Ihr war wichtiger gewesen, noch Vorkehrungen zu treffen, damit keiner der Gäste Verdacht schöpfen konnte. Mehr hatte sie nicht tun können, um die Beweise für ihr Geheimnis vor ihrem neuen Besucher und seinen Männern zu verbergen. Die Vorbereitungen waren hastig und nicht so sorgfältig durchgeführt worden, wie sie es gerne gehabt hätte, aber ihre kurzfristige Regelung würde ausreichen, bis das Mahl vorüber war.
Das Neujahrsfest war auf Domhnaill schon immer mit großem Aufwand gefeiert worden, und Cristiana konnte es sich nicht leisten, dass eine Änderung des Festablaufs Misstrauen weckte und jemandem einen Hinweis auf die Probleme ihrer Familie gab.
Sie wischte mit dem Handrücken über ihre Stirn, auf der Schweißperlen standen, weil sie so hastig zur großen Halle geeilt war, richtete einen Wandteppich gerade aus und überlegte, was vor dem Mahl noch zu tun war. Schnell reichte sie einer kichernden Magd, die einen Bediensteten der Gäste zwickte und neckte, ihren pelzbesetzten Mantel. Cristiana sah die Magd streng an, ein Blick, der mehr Arbeit verhieß, falls sie sich nicht benahm.
„Ihr wart auch einmal so jung, Mylady.“
Eine tiefe männliche Stimme ertönte hinter ihr und erschreckte sie, da sie eine Unmenge an Erinnerungen hervorrief, die sie sich töricht fühlen ließ. Oh, wie hatte sie sich damals danach gesehnt, diese Stimme zu hören.
Als sie sich umdrehte, stand sie ihrem Feind direkt gegenüber, ohne eine schützende Mauer oder einen Burggraben, der sie trennte.
Duncan der Tapfere, legitimer Sohn von Malcolm Culcanon, erhob sich von einem Sitz im düsteren Gang vor der Großen Halle. Seine breiten Schultern verdeckten das Licht der nächsten Fackel und tauchten seine große, eindrucksvolle Gestalt in dunkle Schatten. Die fünf Jahre hatten kaum Spuren auf seinem gut aussehenden Gesicht hinterlassen. Seit seiner Jugend wetteiferten die Frauen der gesamten Highlands um seine Aufmerksamkeit. Auch Cristiana war sehr angetan von ihm gewesen, als sie sich kennengelernt hatten. Der interessierte Blick seiner dunkelgrünen Augen spiegelte seine Intelligenz wider. Das kurz geschnittene, braune Haar hatte zwar nicht die wallende Schönheit eitlerer Männer, doch Cristiana wusste die Reinlichkeit, die man an seinem Glanz erkennen konnte, zu würdigen. Vor allem bewunderte sie seine kriegerische Stärke, seine Brust, die so kräftig war, dass es sich anfühlte, als ob er ein Kettenhemd darüber trug oder genauer gesagt, für sie hatte es sich einst so angefühlt, als sie es gewagt hatte, seine Brust zu berühren. Doch sie hatte ihr Herz schon seit Langem gegen diesen arroganten Mann und seine Familie gestählt.
„Glücklicherweise war ich nie so töricht.“ Sie wandte sich von ihm ab, um zwei weitere Gäste willkommen zu heißen, die zum Fest eingeladen worden waren – einen benachbarten Lord und seine Gemahlin, die Domhnaill seit Generationen loyal verbunden waren.
„Duncan!“, rief die in Samt gehüllte Dame, Lady Beatrice of the Firth, begeistert, als sie Cristianas Begleiter sah. Sie hielt sich ihre juwelengeschmückte Hand vor die Brust, als müsse sie ihr Herz beruhigen. „Wie schön, Euch zu sehen. Wir haben gehört, wie erfolgreich Ihr die Normannen von unseren Grenzen vertrieben habt …“
„Wir müssen unsere Plätze einnehmen“, unterbrach ihr Gemahl seine Frau mit warnender, leiser Stimme. „Duncan hat nur Zuflucht vor dem Sturm gesucht. Zweifellos ist er von der Reise ermüdet.“
Da Widerspruch von Beatrice zu erwarten war, zog Peter of the Firth seine Gemahlin hastig in die Große Halle.
„Wenn Ihr nachher tanzen möchtet, Mylord“, rief Beatrice mit einem gezierten Lächeln über ihre Schulter, „wäre ich nur zu gern Eure Partnerin.“
Cristiana wollte das Gespräch nutzen, um Duncan aus dem Weg zu gehen, aber er musste ihre Absicht erraten haben, denn er umklammerte mit seiner starken Hand ihr Handgelenk und zog sie in die Dunkelheit, hinter einen großen Wandteppich.
„Sir“, protestierte sie und versuchte, ihre Hand wegzuziehen, doch es gelang ihr nicht, da er sie fest umschlungen hielt.
Angst kroch durch sie hindurch. Hier konnte sie niemand sehen. Würde er ihr Gewalt antun, so wie sein Halbbruder ihrer Schwester? Er hatte kein Geheimnis daraus gemacht, dass er wütend war, weil sie sich entschieden hatte, die Verlobung zu lösen.
„Wir müssen offen sprechen, bevor wir essen.“ Er flüsterte ihr die Worte ins Ohr und hielt Cristiana viel zu nah. „Ich bin bereit, Euch heute als Friedensangebot Gefolgschaft zu schwören. Werdet Ihr annehmen?“
Sie versuchte, ihre Angst zu besiegen, indem sie sich daran erinnerte, wie viele wichtige Lords und Ladys sich auf der anderen Seite des Wandteppichs befanden. Duncan konnte ihr doch nicht schaden wollen. Tief holte sie Luft und zwang sich, ruhiger zu werden. Und einen Herzschlag lang bemerkte sie den Duft seiner frisch gewaschenen Tunika und die Wärme seines kräftigen Körpers darunter. Seine Finger umspannten die Innenseite ihres Arms, während sein Schenkel ihre Röcke berührte.
Ihr Herz klopfte heftig angesichts der Kühnheit seines Vorschlags und seiner Nähe.
„Ich biete Euch Zuflucht und sonst nichts.“ Sie versuchte, nicht an das letzte Mal zu denken, als er sie so gehalten hatte. Die Süße des Kusses, die sie dazu gebracht hatte, sich zu wünschen, eine verheiratete Frau zu sein, bevor sie wusste, wie treulos ein Culcanon sein konnte. Denn obwohl Duncan wütend gewesen war, weil sie sich weigerte, ihn zu heiraten, so hatte er doch keine Zeit verloren, sich wieder mit seiner Geliebten auf einer nahe gelegenen Burg zu vergnügen. „Haltet eine wohltätige Geste nicht für selbstverständlich, sonst müsstet Ihr erleben, wie Eure Männer in aller Eile durch meine Tore hinauseskortiert werden.“
„Es wäre nicht klug, den neuen Verbündeten des Königs vor so vielen Zeugen zu brüskieren, Cristiana.“ Er lockerte seinen Griff. „Vielleicht habt Ihr nicht viele Neuigkeiten aus dem Königreich erhalten, seit Euer Vater krank ist, aber ich versichere Euch, Malcolm vereinigt sein Land und schafft eine neue Ordnung. Die Welt hat sich in den letzten fünf Jahren sehr verändert.“
Auf der anderen Seite des Wandteppichs trafen weitere Gäste ein, und ein Spielmann stimmte eine fröhliche Melodie an, um den Rest der Burg zu den Festivitäten in die Halle zu locken.
Bis heute Morgen war ihre größte Sorge gewesen, das Gastmahl reibungslos ablaufen zu lassen, um von der fortwährenden Abwesenheit ihres Vaters abzulenken. Nun deutete Duncan an, dass all ihre Bemühungen niemanden täuschen konnten und schlimmer noch, dass der Status ihrer Familie Schaden nehmen könnte, da sich kein Domhnaill am Hof des Königs aufhielt.
„Ihr vergesst Euch, Sir.“ Sie löste sich aus seinem Griff und beschäftigte ihre nervösen Hände, indem sie ihren Gürtel glättete. „Die Domhnaills waren schon immer loyale Anhänger der Krone. Und obwohl wir den König nie mit dem Unrecht behelligt haben, das Euer Verwandter meiner Schwester angetan hat, ist es noch nicht zu spät für uns, ihn um Gerechtigkeit anzusuchen, wenn Ihr wünscht, die Sache an ihn heranzutragen.“
Sie hatte die Verletzungen, die ihre Schwester erlitten hatte, nicht vergessen. Die Demütigung. Die blauen Flecken. Die Erinnerung daran stählte sie und verschloss ihr Herz für die anderen Erinnerungen an den Sommer, als die DomhnaillFrauen Verrätern ihr Herz geschenkt hatten.
„Cristiana, lasst Euch nicht von alter Wut blenden. Domhnaill braucht einen Anführer, und wenn Euer Vater keinen Nachfolger wählt, dann wird der König es für ihn tun.“
Diese Möglichkeit spiegelte ihre schlimmsten Ängste so genau wider, dass sie das Gefühl hatte, Duncan habe heute zum zweiten Mal ihre schützenden Mauern durchbrochen.
Sie war so aus der Fassung, dass sie nicht protestierte, als Duncan ihren Arm nahm und sie vom Wandteppich weg und wieder in den schwach beleuchteten Gang führte.
„Ich fühle mich geehrt, heute Abend Euer Tischnachbar sein zu dürfen“, verkündete er laut, als wären sie gerade mitten in einem harmlosen Gespräch gewesen. Indem er ihren stummen Schrecken zu seinem Vorteil nutzte, hatte er sich gerade eben den Platz neben ihr beim Gastmahl erschlichen.
Cristiana wusste, dass sie ihre fünf Sinne sammeln musste, bevor er das Kommando über das gesamte Fest übernahm.
Das Lied des Spielmanns endete mit einer hohen Note, und die Große Halle war beinahe voll. Knappen mit Wasserschalen und Leinentüchern gingen an den Tafeln entlang und boten die Schüsseln den Gästen dar, die sich die Hände waschen wollten.
„Ein armer Reisender wird immer eine Mahlzeit und ein warmes Feuer auf Domhnaill finden“, erwiderte sie mit erzwungener Fröhlichkeit und hielt sich so weit wie möglich von ihm entfernt.
Woher wusste er so viel über ihre Probleme hier? Sie schluckte ihre Furcht herunter und ließ sich durch die Menge zum Podest führen. Grüne Kieferngirlanden hingen von den Holzsparren und erfüllten den Raum mit dem Duft des Waldes. Ein Jongleur, den sie zum Meister des Festes gemacht hatte, führte die Dienerschaft an, die ein Willkommenslied anstimmte, während die Gäste ihre Plätze einnahmen.
„Heute erwärmt nur der Herd das Herz“, flüsterte Duncan ihr ins Ohr. „Ich kann mich entsinnen, dass das nicht immer so war.“
Sie erstarrte.
„Ihr habt kein Recht …“, begann sie, brach jedoch ab, als eine Dienerin sich näherte. Die Magd trug einen Krug Met und erinnerte Cristiana an ihre Pflichten als Gastgeberin.
Auch Duncan war sich dessen bewusst, denn er beugte sich zu ihr und gab sich keine Mühe, vor den Gästen zu verbergen, wie nahe er Cristiana kam.
„Vielleicht erinnert Ihr Euch an die Wärme, wenn Ihr mich bedienen müsst?“ Er löste sich etwas von ihr, überspielte seinen Rückzug aber mit einer Verbeugung über ihrer Hand.
Da sie befürchtete, dass er ihre Hand küssen könnte, wie es höfische Sitte war, zog sie sie sofort zurück. Aber Duncan lächelte nur und nahm seinen Platz am oberen Ende des Tisches ein.
Leise verfluchte sie ihn, nahm den Metkrug und ging auf das Podest zu. Die Herrin von Domhnaill hatte ihre Gäste am Anfang des Mahls immer persönlich bedient, und Cristiana hatte nicht vor, mit dieser Tradition zu brechen, nicht wenn sie so lange und hart darum gekämpft hatte, der Welt zu beweisen, dass alles hier seinen gewohnten Gang ging.
„Auf Eure Gesundheit, Mylord“, sagte sie und schaffte es sogar, ihren Kopf in seine Richtung zu neigen. Glücklicherweise halfen der erzwungene Knicks und der gebeugte Kopf, ihre brennenden Wangen zu verbergen.
Mit nur leicht zitternden Händen näherte sie sich Duncandem Tapferen und goss ihm einen Becher ihres feinsten Mets ein. Niemand ahnte in diesem Moment, dass ihre Welt gerade zerbrach. Keiner wusste, dass sie daran dachte, dass ihr Vater dem Tod geweiht und ihre geliebte Schwester ins Exil geschickt worden war.
Und dass Cristiana im Geheimen das illegitime Kind ihrer Schwester großzog.
Die Süße blieb. Doch es war mehr daran.
Stunden später ließ Duncan den Honigwein in seinem Mund kreisen, nachdem das Mahl vorbei war und der Tanz begonnen hatte, und versuchte herauszufinden, was an Lady Cristianas berühmtem Met anders war als das letzte Mal, als er ihn probiert hatte. Er beobachtete Cristiana, als sie sich fröhlich vor ihrem Tanzpartner verneigte, einem Clanältesten, der ein Berater ihres Vaters war. Ebenso wie ihr Met war Cristiana vielschichtiger als in seiner Erinnerung. Die Zeit hatte die Weichheit ihrer Jugend aus ihrem Gesicht verschwinden lassen und eine elegantere und kultiviertere Schönheit hinterlassen. Sie bewegte sich anmutig und leicht, als sie tanzte, obwohl ihr ernster Gesichtsausdruck ihn vermuten ließ, dass sie lieber Kriegsstrategien als Festtagsfeierlichkeiten diskutieren wollte.
Weder sie noch ihr weicher Trank waren so einfach wie die Summe ihrer Teile. Man konnte keine Facette einzeln beurteilen. Doch der Gesamteindruck war faszinierend. Überwältigend. Er spürte das süße Brennen des Honigweins durch sein Blut pulsieren.
Aber möglicherweise verwechselte er auch nur die Wirkung der Frau mit ihrem Getränk.
„Ihr habt versprochen zu tanzen, Mylord.“
Die heisere Stimme in seinem Ohr war nicht die, die er gerade hören wollte. Er drehte sich um und sah sich plötzlich mit Lady Beatrices beeindruckendem Ausschnitt konfrontiert. Sie klimperte mit den Wimpern und streckte die Hand aus, um ihn dazu zu zwingen, entweder mit ihr zu tanzen oder sie öffentlich zurückzuweisen.
Oder hatte sie etwas ganz anderes im Sinn?
„Lady Beatrice.“ Duncan stellte seinen leeren Becher auf den Tisch und stand auf. „Ich bedaure, dass ich jetzt nicht tanzen kann, denn ich muss einem alten Neujahrsbrauch Rechnung tragen. Aber ich bin sicher, das Spiel wird Euch nicht enttäuschen.“ Der Brauch eines Spiels oder einer Herausforderung am Neujahrstag würde dem zweiten Teil seines Plans zugutekommen.
„Meine geschätzten Damen und Herren.“ Duncan erhob seine Stimme und übertönte die letzten Akkorde der Musik des letzten Tanzes. Daran gewöhnt, der Herrscher einer Großen Halle zu sein, kümmerte es ihn nicht, dass er den Platz des Lairds einnahm. „Ich möchte unserer Gastgeberin für ihre Gastfreundschaft und die fröhliche Stimmung danken, die sie hier geschaffen hat.“
Seine Worte wurden in der ganzen Halle wiederholt, wobei der Dank von Lady Beatrice nicht sehr herzlich ausfiel, die verärgert über den entfallenen Tanz schien. Drüben bei den Spielleuten akzeptierte Cristiana das Lob mit einem zurückhaltenden Kopfnicken, doch Duncan bemerkte, dass seine Anwesenheit ihr Unbehagen verursachte.
Aber sie verdiente es nicht, leichten Herzens zu sein, nachdem sie jegliche Verbindung zu ihm abgebrochen hatte, weil ihre Schwester launisch gewesen war.
„Und dem Geist der Jahreszeit angemessen“, fuhr er fort und verbarg seine Bitterkeit hinter einem herzlichen Tonfall, „erbitte ich den Segen der Dame.“
Alarmiert riss Cristiana den Kopf hoch. Ihr Blick wanderte durch die Halle, vielleicht auf der Suche nach Hilfe durch die Männer ihres Vaters. Aber wer würde ihn schon vom Podest führen, nachdem sie selbst ihn an ihren Tisch eingeladen hatte? Die eine Hälfte ihrer Wachen war angetrunken, die andere Hälfte umwarb die Mägde in den dunklen Ecken der Halle.
Duncan fuhr fort, entschlossen, seinen Willen durchzusetzen. „Ein Schatten ist zwischen unsere Familien gefallen, den ich eines Tages zu vertreiben hoffe. Heute erbitte ich nur einen Monat und einen Tag auf Domhnaill, um Euch einen wunderbaren Schatz zu Füßen zu legen.“ Er senkte die Stimme mit Rücksicht auf die Herausforderung, die seine Worte enthielten, und die Erzählkunst seiner schottischen Vorfahren half ihm, seine Zuhörer weiterhin zu fesseln. „Wenn Euch meine Gabe bis dahin nicht zusagt, werde ich Eure Burg für immer verlassen. Doch wenn sie Euch gefällt, dann bitte ich Euch, dass unsere Clans einen neuen Frieden schließen und die alten Wunden ein für alle Mal verheilen.“
Als er seinen Vorschlag vorgebracht hatte, wandten sich alle Köpfe im Raum zu Cristiana. Man musste ihr hoch anrechnen, dass sie ihren Gesichtsausdruck unter Kontrolle hatte, sobald sich die Aufmerksamkeit ihr zuwandte. Doch Duncan hatte das wütende Aufblitzen in ihren Augen trotzdem gesehen.
Er hätte sie nicht besser herausfordern können, wenn er ihr einen Handschuh vor die Füße geworfen hätte. Die öffentliche Bitte um einen Segen an einem Feiertag war etwas, das kein ritterlicher Hof verweigern durfte. Besonders nicht vor einer solch großen Ansammlung Verbündeter des Königs.
Es tat gut, ein wenig Rache für die alte Beleidigung zu nehmen.
„Eure Ernsthaftigkeit beindruckt mich“, erwiderte sie und knickste. Ihre schweren goldfarbenen Röcke schwangen über den Boden.
Hörte er als Einziger den Sarkasmus aus ihren Worten fließen, wie Hefeschaum über die Ränder eines Bechers floss?
Als sie sich aufrichtete, flüsterte der alte Ratgeber ihr etwas ins Ohr. Schlug er ihr vielleicht vor, Duncan in den Sturm hinauszutreiben? Oder riet er ihr, in der Öffentlichkeit zuzustimmen, bis sie heimlich eine Möglichkeit fanden, ihn aus ihrer Burg zu vertreiben?
Er würde es nie erfahren, denn Cristiana schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn angesichts des Ratschlags, den sie erhalten hatte.
„Seien all meine Gäste Eure Zeugen, so sei es.“
Sie winkte den Spielleuten zu, und die drei hoben ihre Lauten. „Und jetzt lasst uns tanzen.“
Es war die übliche Einladung zum Feiern, die eine Gastgeberin zu solchen Anlässen aussprach, aber da er an die gespannte Erwartungshaltung von Lady Beatrice neben ihm dachte und ihre Bereitschaft, sich auf ihn zu stürzen, nahm Duncan Cristianas Einladung lieber wörtlich. Zielstrebig ging er auf sie zu, schnappte sie sich, bevor sie die Tanzenden hinter sich lassen konnte, und drehte sie würdevoll.
Er konnte sich nicht helfen, er verspürte Schadenfreude nach all den Sorgen, die sie seiner Familie verursacht hatte. Nachdem sie ihn um das Domhnaill-Vermögen gebracht hatten, das ihm seine Braut eingebracht hätte, hatte Donegal sich gegen seinen eigenen Clan gewandt und hatte die CulcanonLändereien jeglichen Reichtums beraubt, während Duncan die letzten drei Jahre im Krieg gewesen war. Duncans Bemühungen im Krieg waren durch den Mangel an Männern und Waffen erschwert worden und hatten ihm seinen Aufstieg zum bedeutenden Krieger sehr schwer gemacht. Schlimmer noch – die Kämpfe hatten ihn langfristig das Leben vieler Männer gekostet.
„Ihr seid ein Schuft der niedersten Art“, zischte sie ihm leise zu, als sie bei einer Drehung nah aneinander vorbeigingen. „Was führt Ihr im Schilde, dass Ihr unbedingt auf einen Aufenthalt hier besteht?“
Duncan sah die Hitze in ihrem Blick. Die Feindseligkeit. Hatte sie sich noch nicht genug für die eingebildete Beleidigung ihrer Schwester gerächt?
Er erinnerte sich sogar an starke Leidenschaft.
Da der Tanz sie für eine Weile nicht mehr zueinanderführte, hatte er Zeit, sich eine Antwort zurechtzulegen. Als sie mit vor Ärger glänzenden Augen und geröteten Wangen wieder zu ihm zurückkehrte, legte sie ihre Hand auf seine, um langsam um ihn herumzugehen.
„Unsere Clans sollten sich aus einem bestimmten Grund vereinigen.“
Er hatte diese Antwort nicht geplant, doch die Worte verließen unkontrolliert seinen Mund. „Dieser Teil der Küste ist gefährlich und muss von einer starken Macht verteidigt werden, nicht von zwei verfeindeten Clans. Die Kluft zwischen unseren Familien hätte durch ein Bündnis geschlossen werden sollen.“
Sie übersprang einen Schritt, und ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie überrascht war, bevor ihre Miene sich änderte und sie aufgewühlt erschien.
Da sie am Ende der Gruppe von Tänzern standen, ergriff Duncan ihre Hand und zog sie von der Feier fort. Er hielt nicht an den auf Böcken gestellten Tafeln an oder an der Erhöhung, die mit bestickter Seide verziert war, sondern verließ mit ihr die Große Halle.
Unmittelbar vor der Halle blieb sie stehen.
„Nay. Ich bin keine dumme Jungfer, die einem starken Ritter überallhin folgt, nur weil er es so will.“
Sie befreite ihre Finger mit mehr Kraft aus seinem Griff als nötig gewesen wäre.
„Meine Dame, Ihr seid eine viel zu berechnende und kaltherzige Frau, als dass man Euch für dumm halten könnte.“ Die Verbitterung machte ihn unvorsichtig. Aber schließlich war seine Familie noch nie für Zurückhaltung berühmt gewesen. „Wenn Ihr das lieber vor Eurem gesamten Haushalt besprechen wollt, dann nur zu.“
Er drehte sich um, um sie anzusehen. Mit verschränkten Armen stand sie da. Ausdruckslos. Sie schwieg.
„Vielleicht sollten wir in Gegenwart Eures Vaters darüber sprechen?“, drängte er und überlegte, wie lange sie es schaffen würde, den alten Mann vor ihm zu verbergen. „Am besten spricht ohnehin der Laird für seine Leute.“
Er fragte sich, ob der Laird sich überhaupt in der Burg aufhielt. Keiner der Gäste in der Halle hatte seine Abwesenheit kommentiert. Waren sie so daran gewöhnt, von einer unverheirateten Jungfrau und einem alten Ratgeber regiert zu werden, dass sie es nicht seltsam fanden?
Sie war empört. Entschlossen straffte sie sich.
„Also gut.“
Ihre weiche, volle Unterlippe lenkte ihn ab, jetzt, wo er unnachgiebig sein musste. Er erinnerte sich an ihre Berührung, als er sie vorhin hinter den Wandteppich gezogen hatte. An ihren Duft, als sie neben ihm beim Mahl saß. Der Geschmack ihres Mets, der ihn an einen Kuss vor langer Zeit erinnerte. Es war ihm nicht schwergefallen, sie vor fünf Jahren zu verlassen, weil er sicher gewesen war, dass man ihm Unrecht getan hatte. Als Mann in den besten Jahren hatte er sich keine großen Sorgen über den Verlust einer Frau gemacht, die kaum mehr als ein Mädchen gewesen war. Ein Mädchen, das er nur aus politischen Gründen heiraten wollte. Er hatte damals ohnehin eine Geliebte gehabt – eine Witwe, die ihn nur zu gern über den Verlust von Cristiana hinweggetröstet hatte.
Doch Cristiana jetzt zu sehen – ihre Stärke, ihre gereifte Schönheit – hatte ihn in schlechte Laune versetzt.
Sie hatte ihm mehr als nur Ländereien, Gold und Macht geraubt. Sie hatte ihn darum betrogen, das Bett mit ihr zu teilen.
„Wann?“, drängte er und war bereit, jetzt sofort die Kammer ihres Vaters zu suchen, um ihre Täuschung aufzudecken.
„Ich werde den Burgvogt bitten, einen Termin morgen früh zu machen.“
„Habt Ihr auch einen Termin bei ihm gebraucht, als ich heute an Eurem Tor angekommen bin? Müssen Plünderer und Kriegstreiber auch zuerst den Vogt sehen?“
„Da Ihr weder das eine noch das andere seid, ist das wohl nicht von Belang.“ Sie drehte sich um, als wollte sie zurück in die Halle gehen. „Und zählt nicht auf die Ritterlichkeit meines Hofs, Euch zu beschützen, wenn Ihr noch weitere ungeheuerliche Vorschläge macht. Trotz unserer guten Manieren sind wir Schotten, ebenso wie Ihr. Unsere Schwerter sind schnell.“
Mit raschelnden Röcken rauschte sie davon. Und obwohl er sein heutiges Ziel, Einlass in Domhnaill zu erhalten, erreicht und sich das Obdach lange genug gesichert hatte, um nach dem Schatz zu suchen, hatte er einen taktischen Fehler gemacht, als er seinen Feind unterschätzt hatte. Indem er die Tarnung als freundlich gesinnter Gast, der eine Zuflucht suchte, zu schnell hatte fallen lassen, hatte er sie mehr als geplant auf sein Motiv aufmerksam gemacht. Denn wie sanft und unschuldig Cristiana auch aussehen mochte, sie besaß das Herz eines Kriegers.
„Vater?“ Spät in derselben Nacht klopfte Cristiana an die Kammertür ihres Vaters. Sie wusste, dass es ihre Unruhe lindern würde, die die verstörenden Ereignisse des Tages in ihr ausgelöst hatten, wenn sie ihren Vater sah. Sein Körper war immer noch gesund, sein Geist jedoch verwirrt. Trotzdem hatte er auch klare Momente, die sie an die alten Zeiten erinnerten, als er der mächtigste Laird an der Ostküste gewesen war und nichts seiner Familie oder seinen Leuten Schaden zufügen konnte.
„Netta?“, rief er ihr von der anderen Seite der Tür zu. „Komm herein.“
Das war der Name ihrer Mutter. Ihre Mutter, nach der er rief. Dennoch trat Cristiana ein und ging über den Holzboden, der mit alten Teppichen bedeckt war, um die Geräusche zu dämpfen, die er an seinen weniger klaren Tagen verursachte. Er war zwar kein Gefangener hier, doch zu seinem eigenen Besten wurde er gut bewacht. Einmal war er entkommen, um an der Küste entlangzuwandern, und sie hatten ihn schon für tot gehalten.
„Vater, ich bin es, Cristiana.“ Sie stellte eine umgefallene Kanne auf dem Tisch zurecht.
Es war dunkel in der Kammer, da das Feuer heruntergebrannt war. Es waren keine Fackeln angezündet, und sie hatte ihre draußen gelassen. Aber als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie ihn am Fenster sitzen sehen, wo der Wandteppich zurückgezogen worden war, damit er über die Armlehne seines Sessels reichte.
„Ein Fremder läuft an den Klippen entlang.“ Ihr Vater wandte sich ihr zu, das schneeweiße Haar stand in Büscheln von seinem Kopf ab. Doch seine Augen waren aufmerksam und seine Stimme klar. „Einer deiner Gäste? Du solltest Wachen an den Mauern aufstellen, Mädchen. Ich kann nicht die ganze Nacht die Ländereien beobachten.“
Cristiana ging an einer offenen Truhe voller Waffen vorbei, die neben dem Bett stand, trat zu ihm ans Fenster und spähte hinaus. Im Südosten grenzte nur wenig Land an die Burg. Ein schmaler Streifen felsigen Bodens umgab die Burg, bevor die Klippen steil zum Meer hinabfielen.
Sogar aus dieser Höhe und im Licht des Halbmonds erkannte Cristiana die breiten Schultern des Mannes, von dem es hieß, er habe an der Seite des englischen Königs gekämpft, um dem schottischen Herrscher einen Gefallen zu tun.
„Es ist Duncan der Tapfere. Er ist von Williams Hof zurückgekehrt, um von seinem neu gewonnenen Ansehen bei König Malcolm zu profitieren.“ Sie war sich nicht sicher, ob ihr Vater die Wichtigkeit ihrer Worte begriff, aber er erschien ihr klarer als gewöhnlich. Und sie vermisste ihren starken, entschlossenen Vater so sehr. „Er ist diesen Monat unser Gast und hat seine Waffen abgegeben. Aber ich versichere dir, die Mauern sind gut bewacht und du musst nicht hier sitzen und Ausschau halten.“
„Das ist dein Verlobter“, bemerkte ihr Vater, der sich offensichtlich an eine vergangene Zeit erinnerte und sie mit heute verwechselte. „Siehst du, was für einen starken Mann ich dir ausgesucht habe? Siehst du, wie er dich nachts bewacht, anstatt zu schlafen? Das ist ein guter Mann.“
Die Enttäuschung brannte in ihrem Hals, als sie bemerkte, dass sie heute Abend hier keinen Trost finden würde, außer dem, dass es ihrem Vater gutging. Seit Monaten war er so – er vergaß alte Freunde und Bedienstete. Er brachte die Vergangenheit und die Gegenwart durcheinander und fragte gelegentlich nach Edwina und warum sie nicht zu ihm gekommen war. Er hatte vergessen, dass er selbst dafür gesorgt hatte, dass sie ins Exil geschickt wurde, nachdem sie Donegal of Culcanons geboren hatte.
„Du hast immer versucht, das Beste für mich zu tun“, stimmte sie zu und legte den Kopf auf die Schulter ihres Vaters, während sie Duncan dabei beobachtete, wie er die Ländereien in der Dunkelheit durchstreifte. „Das habe ich nie bestritten.“
„Aber du bist nicht hergekommen, um einen alten Mann faseln zu hören.“ Er drückte ihre Schulter und küsste ihre Stirn. „Was kann ich für dich tun, Tochter?“
„Unser Gast möchte dich unbedingt treffen.“ Sie wusste nicht, wie sie ihn vertrösten sollte, ohne unnötigen Verdacht hinsichtlich der Abwesenheit ihres Vaters zu schüren. „Ich habe mich gefragt, ob er irgendwann hier in deine Kammer kommen kann, wenn Keane bei dir ist und du ihm erklären kannst, dass … du dich nicht gut fühlst?“
Der Berater ihres Vaters würde dann den größten Teil des Gesprächs führen und leiten. Doch zumindest hätte Duncan den Laird mit eigenen Augen gesehen und würde wissen, dass der alte Schotte noch nicht auf dem Sterbebett lag.
Ein Geheimnis weniger, das sie hüten musste.
„Aye, gut. Schick den Jungen einfach her. Wir brauchen hier einen starken Anführer. Dein alter Vater kann die Mauern nicht ewig schützen.“ Gedankenverloren tätschelte er ihre Schulter und erhob sich.
Cristiana konnte sich noch gut daran erinnern, dass ihr Vater einst Duncans Kopf auf einem Tablett gefordert hatte, ebenso wie den seines Halbbruders. Er war wütend gewesen, als er gehört hatte, dass seine Tochter gegen ihren Willen angefasst worden war. Und er hätte eine Armee aufgestellt, um den gesamten Culcanon-Clan zu dezimieren, wäre seine Gemahlin nicht plötzlich krank geworden. Sie hatte ihn auf dem Sterbebett angefleht, Edwina die Form der Rache bestimmen zu lassen, denn schließlich war sie es gewesen, die gelitten hatte. Edwina hatte sich dazu entschlossen, die Sache stillschweigend zu regeln.
Und ihre Aussteuer dafür zu verwenden, ihr einen Platz am englischen Hof zu erkaufen, wo niemand von ihrer Vergangenheit wusste.
Später, als Edwina bemerkt hatte, dass sie schwanger war, war ihre Mutter bereits gestorben und ihr Vater war so unglücklich, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie Edwina sich für zwei Monate in ihre Kammer zurückgezogen hatte. In dieser Zeit hatten seine Töchter ihre eigenen Vorkehrungen getroffen, um das Kind zu schützen und sicherzustellen, dass Edwina den Erinnerungen entfliehen konnte, mit denen Domhnaill nun für immer verknüpft war. Falls der Laird irgendeine Vermutung hatte, so hatte er sie nicht geäußert. Er hatte sich in der Trauerzeit völlig verändert.
„Ich werde ihn irgendwann diese Woche vorbeischicken, Da“, versicherte Cristiana ihm. Sie sah Duncan immer noch unverwandt an, als er an der Burg hinaufblickte und dann wieder über das Wasser. „Und du wirst den Clan nicht für immer beschützen müssen. Du kannst jetzt deinen Nachfolger benennen, und dann musst du dir keine Sorgen mehr machen.“
„Ich soll meiner Tochter ihr rechtmäßiges Erbe vorenthalten? Es ist schlimm genug, dass Edwina ihr Zuhause hier auf Domhnaill verloren hat. Ich werde dich nicht mit leeren Händen zurücklassen, nicht nachdem ich diese Burg zur stärksten Festung im Osten gemacht habe. Dein Gemahl wird der Laird werden, Mädchen. Und jeder Mann, der mir dient, weiß, dass das mein Wille ist.“
Sie nickte stumm, gerührt von seiner Erklärung, auch wenn sie wusste, dass es nur verwirrtes Geschwafel war. Ihre Besuche waren frustrierend, doch sie ging nie, ohne sich geliebt zu fühlen.
„Danke, Da.“ Fest umarmte sie ihren Vater, dankbar für jeden Tag, den er ihr erhalten blieb.
„Geh und leg dich schlafen, Mädchen. Du hattest einen langen Tag.“
Nickend schürte sie noch das Feuer im Kamin, bevor sie aus dem Zimmer schlüpfte. Sie würde dafür sorgen, dass Keane bei ihrem Vater sein würde, wenn Duncan ihn traf, sodass der Laird nicht mehr tun musste, als ihn zu begrüßen. Ihr Vater durfte in seiner Verwirrung nicht einer Ehe seinen Segen geben, die nie stattfinden würde.
Gleichgültig, wie stark Duncan sein mochte und wie fähig, Domhnaill zu beschützen, Cristiana traute ihm nicht. Er war aus seinen eigenen geheimen Gründen auf diese Burg zurückgekehrt und hatte ihr nicht mitgeteilt, was ihn bewog. Sie konnte es förmlich spüren, dass er ihr etwas Wichtiges verheimlichte.
Nein, sie würde Duncan nicht trauen. Sie würde ihm weder ihr Herz, noch das Erbe ihres Vaters und ganz sicher nicht das kleine Mädchen anvertrauen, das die Wärme einer liebenden Familie verdiente. Was würden Duncan und sein Bruder tun, wenn sie erfuhren, dass Cristiana ihre Erbin seit mehr als vier Jahren aufzog? Würden sie Domhnaill den Krieg erklären, um sie zurückzubekommen?
Oder schlimmer noch, verteilten sie ihren Samen so unbekümmert, dass ein weiteres Kind, das ihre unverwechselbaren grünen Augen hatte, ihnen gleichgültig war?
Um ihrer Nichte Leah willen weigerte sich Cristiana, dies herauszufinden.
*
Duncan würde diese Burg auf den Kopf stellen, um zu finden, was er suchte.
Er stand am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang auf, entschlossen, seinen Aufenthalt auf Domhnaill so kurz wie möglich zu gestalten. Als er sein Morgenmahl zu sich genommen und sich warm angezogen hatte, um die feuchte Kälte abzuwehren, die vom Wasser herangetragen wurde, trafen die Sonnenstrahlen auf das Amulett, das er um den Hals trug. Er hielt das Amulett hoch, um die metallene Karte zu betrachten. Das geheimnisvolle Zeichen musste ein signifikantes Merkmal auf den Domhnaill-Ländereien sein.
Es lag eine Kälte im Wind, die nichts mit dem Meer zu tun hatte, als er sich von den dicken Mauern entfernte. Unbehagen lauerte hinter der trotzigen Fassade der Burg, ein Gefühl unter den Leuten, dass ihr Anführer schwach geworden war. Cristiana konnte das neue Jahr noch so sehr feiern, um die Schwächen ihres Clans zu verbergen, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Domhnaill reif für eine Übernahme war.
Duncan ließ seinen Blick über die Steine der Burg schweifen und suchte nach einem Muster im Stein, das zu dem auf seinem Amulett passte. Das war eine der vielen Möglichkeiten für die Bedeutung der Karte. Doch die Aufgabe, Steinmauern zu betrachten, nahm ihn nicht annähernd genug in Anspruch, um ihn davon abzuhalten, an Cristiana zu denken.
Darüber, wie sehr sie vor fünf Jahren bereit gewesen war, ihn zu heiraten.
Bei Gott, er würde niemals die Hitze des Kusses vergessen, auch wenn sie nur eine unschuldige Jungfrau gewesen war. Man hatte sie allein im Garten spazieren lassen, da ihre Familien zu beschäftigt mit den Details für Edwinas Hochzeitsvertrag gewesen waren. Cristiana hatte nicht gezögert, seinen Arm zu nehmen, als er sie durch die Obstbäume zu einer Bank bei einem alten Wunschbrunnen geführt hatte.
Seltsamerweise erinnerte sie sich offensichtlich nicht daran, dass sie es gewesen war, die ihn dorthin geführt hatte, obwohl es derselbe Tag war, an dem Donegal Edwina entehrt hatte. Cristiana hatte Duncan vorgeworfen, sie geküsst zu haben, um sie davon abzuhalten, auf ihre Schwester aufzupassen. Doch so war es nicht gewesen. Cristiana wollte bei ihm sein, und ihre Augen hatten vor Aufregung geleuchtet, als sie ihn in den Hain gezogen hatte.
Da er momentan kein Muster in den Steinen erkennen konnte, ging Duncan weiter zu diesem Brunnen, ohne sich dessen richtig bewusst zu sein. Er würde im nächsten Monat einen Großteil der Ländereien absuchen müssen, daher war es sinnvoll, wenn er die Lage auskundschaftete.
Als er durch das Dickicht der zusammengewachsenen Obstbäume drang, erblickte er ein neues Gebäude zwischen dem Obstgarten und dem Brunnen. Ein niedriger, runder Turm, der zu weit von der Burg entfernt war, um eine Küche zu sein. Dennoch drang der Rauch eines geschürten Feuers aus einem Loch im Dach.
Was hatte der alte Laird hier erbaut?
Überrascht von der ehrgeizigen Erweiterung der Burg, verbarg Duncan sein Amulett sorgfältig unter seiner Kleidung und näherte sich dem Gebäude. Seine Stiefel wirbelten den frisch gefallenen Schnee auf.
Er versuchte, die Tür zu öffnen, obwohl er befürchtete, dass sie verschlossen war. Stattdessen schwang sie mühelos auf, und der Duft süßen Mets drang in seine Nase. Der Duft von Cristiana.
Dies war ihr Herrschaftsbereich. Also musste sie ebenso wie er im Morgengrauen aufgestanden sein, um so früh bei der Arbeit zu sein. Und dort stand sie, ganz allein, und beugte sich so tief über einen Tisch, dass er nicht sehen konnte, an was sie arbeitete. Sie hatte ihn nicht gehört, denn ihre gesamte Aufmerksamkeit galt ihrer Arbeit, was auch immer dies sein mochte.
Das Gebäude war ein Brauhaus, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte. Es war weitaus mehr als eine Ecke in der Küche, wo besondere Kessel zum Metbrauen an einer Seite standen. Das gesamte Gebäude schien Cristianas Gabe Met zu brauen gewidmet zu sein.
Ein Feuer brannte inmitten des Raums und wurde von Steinen geschützt. An einem Teil der Mauer war Holz gestapelt, doch der größte Teil der Wände war von Kesseln gesäumt.
Die einzigen niedrigen Fenster des Gebäudes befanden sich über dem Arbeitstisch, an dem Cristiana stand. Die mit Leder bezogenen Öffnungen ließen das Morgenlicht über die Tontöpfe mit den getrockneten Kräutern und Gewürzen hinwegfluten. Jetzt konnte er sehen, dass sie einige Zimtstangen in kleinere Stücke geschnitten hatte und ihre Hände von duftendem Staub bedeckt waren.
„Cristiana.“ Er sprach leise, um sie nicht zu erschrecken, doch ihr Name wurde zu einem vertrauten Laut auf seinen Lippen.
Dennoch erschrocken, wirbelte sie herum, als erwartete sie eine Horde plündernder Dänen zu sehen.
„Duncan.“ Eine Hand an die Brust gepresst, schien sie ihr Herz gewaltsam beruhigen zu wollen. „Um diese Zeit bin ich für gewöhnlich allein hier.“
Als sie sich wieder zum Arbeitstisch wandte, waren ihre Wangen von der Hitze des Feuers gerötet. Ihr amethystfarbenes Kleid wogte um ihre Füße, als sie sich bewegte, und der Stoff hob und senkte sich im Rhythmus ihrer Schneidebewegungen.
„Ihr kümmert Euch gut um Eure Tränke, Cristiana.“ Er trat einen Schritt weiter in den Raum herein und betrachtete die Girlanden von Blüten, die an den Sparren aufgehängt waren.
Der Duft der Gewürze und getrockneten Beeren vermischte sich mit dem Geruch von Hefe. In diesem Brauhaus zu sein war, als befände man sich an einem Spätsommertag draußen und könnte das volle Aroma der fruchtbaren Ernte um sich herum riechen.
„Der Domhnaill-Met wird hoch gehandelt. Aber ich muss vorsichtig sein, wenn ich ihn herstelle, da ich nur eine gewisse Menge an Honig habe. Sobald er aufgebraucht ist, kann ich meine Vorratskammern erst wieder im Frühling auffüllen, daher wage ich es nicht, ihn anbrennen zu lassen.“
Vorsichtig kratzte sie die Reste des Zimts von dem Arbeitstisch und fegte sie in ihre Hand. Als sie alles aufgefangen hatte, brachte sie es zu einem Topf an der gegenüberliegenden Wand und verteilte es auf der Oberfläche des Gebräus.
Kein Wunder, dass sie die ganze Zeit über diesen verlockenden Duft an sich hatte. Sie musste den Duft durch ihre Haut in sich aufnehmen.
„Euer Vater hat viel in diesen Handel gesteckt.“ Als er zur Decke blickte, bemerkte er die überzähligen Dachsparren, die Extraplatz für das Trocknen der Kräuter außerhalb der Reichweite der dampfenden Kessel schufen.
Mörser und Stößel, Becher und kleine Krüge waren in einem offenen Schrank aufgestellt.
„Wir verkaufen unseren Met zu einem sehr guten Preis. Im Gegenzug sorgen die vollen Truhen dafür, dass wir unsere Männer bezahlen und starke Verbündete an uns binden können.“
Sie wusch sich die Hände in einer Schüssel mit Wasser, die vor der Herdstelle stand, und trocknete sie mit einem Leinentuch, das an ihrem Gürtel hing.
„Euer Vater hat seit vielen Jahren keine Streitmacht mehr aufgestellt“, bemerkte er und durchquerte den Raum, um den Inhalt der Gärkessel zu begutachten. „Seine Truhen müssen förmlich überfließen. Er hätte schon vor langer Zeit eine gute Ehe für Euch arrangieren können.“
Die Mitgift, die Duncan vor fünf Jahren für sie bekommen hätte, war mehr als großzügig gewesen, besonders wenn man bedachte, dass seine Söhne eines Tages die Herrscher von Domhnaill geworden wären. Was würde der Laird dem Mann bieten, der Cristiana irgendwann heiraten würde?
„Ich glaube nicht, dass er die Absicht hat, einen Ehemann für mich zu finden.“ Während sie ihr geflochtenes Haar mit einer Hand zurückhielt, beugte sie sich über den Kessel in der Mitte des Raums und schnupperte vorsichtig.
Der Stoff ihrer Tunika fiel nach vorne, als sie sich vorbeugte, und präsentierte ihm einen so verführerischen Anblick, dass er abrupt stehen blieb. Er spürte, dass sein Interesse an ihr mit einem Schlag zurückkehrte. Aber sie zu begehren war töricht. Sie war keine erfahrene Frau, die sich einen Mann zum Vergnügen suchte, sondern eine unverheiratete Jungfrau, die eine gute Ehe eingehen musste. Eine Verbindung, die ihrem Rang entsprach.
Und er würde lieber alle Feuer der Hölle ertragen, als der Mann für diese Ehe zu sein, nachdem sie ihn so kalt abgewiesen hatte.
Doch dieses Wissen hielt die Hitze nicht davon ab, durch seine Adern zu schießen, als er ihre weiße, zarte Haut sah. Der Augenblick endete zu schnell, als sie sich aufrichtete und einen Löffel nahm, um das Gebräu umzurühren. Er versuchte, sich daran zu erinnern, worüber sie geredet hatten. Ah, ja. Ein Ehemann.
„Nur ein sehr törichter Vater würde die Notwendigkeit, Euch zu vermählen, nicht erkennen. Und Euer Da ist kein Narr.“ Ein sturer, harter Mann vielleicht. Doch außer dem Fehltritt der aufgekündigten Verlobung war der alte Laird ein guter Herrscher. Oder war es zumindest gewesen.
Vielleicht hatte sie seinen Blick auf ihrem Körper gespürt, denn sie hielt in ihrem Rühren inne, um zu ihm aufzusehen. Obwohl sie einige Schritte voneinander entfernt waren, spürte er, wie sich die Luft zwischen ihnen auflud. Würde Cristiana als unberührte Jungfrau überhaupt die Quelle dieser Hitze kennen?
„Ich habe beschlossen, nicht zu heiraten.“ Ihre Worte standen in solchem Widerspruch zu all seinen Gedanken, dass er eine Weile brauchte, um zu verstehen, was sie gesagt hatte.
„Unmöglich.“ Er kam näher und redete sich ein, dass er nur ihr Gesicht betrachten wollte, um zu sehen, dass sie log. Doch er wusste, dass er von einer Macht zu ihr hingezogen wurde, die er nicht kontrollieren konnte. Trotz ihres gegenseitigen Misstrauens faszinierte sie ihn. „Euer Vater hat keine Söhne. Er hat keine andere Wahl, als sich – Eure Leute – mit einem starken Clan zu vereinen, der seine Ländereien schützen kann.“
Sie nahm den Löffel aus dem köchelnden Gebräu neben ihr und hängte ihn an einem Haken in der Nähe des Kesselgriffs auf.
„Er wird seinen Nachfolger bestimmen, wenn es an der Zeit ist. Ich muss nicht heiraten, um unsere Zukunft zu sichern.“
Das war Wahnsinn. Ihr Vater duldete dies? Er würde den alten Mann dazu befragen, wenn er ihn sprechen durfte, denn es würde Duncans Vorhaben hier leichter machen, wenn er keinen Verehrer bekämpfen musste, der ebenfalls die Kontrolle über Domhnaill erlangen wollte. Doch in diesem Moment verlangte es ihn nach einer ganz anderen Antwort von ihr.
Mit ihren kühlen, grauen Augen sah sie zu ihm auf. Sie war eine praktische Frau geworden. Tüchtig und sehr fleißig. Doch er erinnerte sich an eine andere Seite von ihr. Eine leidenschaftliche, ungehemmte Seite, die sie nach jenem Tag am Brunnen in sich verschlossen hatte, als hätte es sie nie gegeben.
Plötzlich musste er wissen, ob dieser Teil von ihr noch existierte oder ob er für immer von der kühlen pragmatischen Art ersetzt worden war.
„Ihr würdet Euch die Berührung eines Mannes für den Rest Eures Lebens versagen?“ Er streckte seine Hand nach ihr aus und sagte sich, er täte es nur, um sie zu reizen. Um sie einen Bruchteil der Enttäuschung fühlen zu lassen, die er vor Jahren verspürt hatte.
Unverwandt sah sie ihm in die Augen. Vielleicht bemerkte sie die Bewegung seiner Hand nicht, bevor er ihr eine Haarsträhne direkt an der Schläfe aus dem Gesicht strich. Die Berührung wirkte schicksalhaft, und er erinnerte sich an eine andere Berührung, einen anderen Kuss, einen anderen Augenblick, der diesem so ähnlich gewesen war. Dass Cristiana ihm nicht länger gehörte, änderte nichts an seinem unwiderstehlichen Verlangen, sie zu nehmen. Um ihr und diesem Moment all das zu entlocken, was möglich sein könnte.
Cristiana hielt den Atem an, als sie spürte, wie Duncans Finger über ihre Schläfe strichen und sanft über ihr Haar glitten. Es war töricht, eine solche Berührung zu gestatten, jetzt, wo sie ganz allein hier waren. Das Leben ihrer Schwester war bereits zerstört worden und sie zahlte immer noch dafür. Würde Cristiana es ihr gleichtun?
Dennoch wollte ein Teil von ihr wissen, ob sie sich das Vergnügen, das sie einst bei Duncans Zärtlichkeiten verspürt hatte, nur eingebildet hatte.
Gott steh ihr bei, es war keine Einbildung gewesen.
„Ich weiß, dass meine Entscheidung Opfer mit sich bringt“, erwiderte sie schließlich und zwang sich, einen Schritt zurückzutreten, um nicht mehr in seiner Reichweite zu sein.
Doch ihr Herz klopfte so nachdrücklich in ihrer Brust, und ihre Füße wollten ihr nicht gehorchen. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie jede Nacht davon geträumt, diesem Mann zu gehören – mit Leib und Seele.
„Ach ja?“ Sanft strich er mit dem Daumen über ihre Wange und am Kinn entlang. „Wisst Ihr wirklich, was Euch entgeht, wenn Ihr es nie erfahren habt?“
Ihr wurde heiß, als er näher kam. Jetzt konnte sie die goldenen Flecken in seinen grünen Augen sehen. Dann blickte sie auf seinen Mund, und sie erinnerte sich an das wunderbare Gefühl, das sie verspürt hatte, als seine Lippen auf ihre trafen. Sein Kuss war unglaublich sanft gewesen. Geduldig. Erregend.
Eine neue, kleine Narbe spaltete seine Oberlippe mit einer schmalen weißen Linie. Sie fragte sich, wie sich die verletzte Haut an ihrem Mund anfühlen würde, wenn er sie küsste.
Ihr Herz schlug schneller, die Erwartung brannte in ihren Adern auch dann noch, als sie sich daran erinnerte, dass er dieses Spiel wesentlich besser beherrschte als sie. Hatte er sie nicht vor fünf Jahren glauben lassen, dass sie ihn nicht interessierte, und war dann in die Arme einer anderen Frau geeilt, ohne jemals zuzugeben, dass Edwina durchaus berechtigt gegen Donegals brutales Benehmen geklagt hatte?
„Ich vermute, es ist leichter, etwas nicht zu vermissen, wenn man es niemals gekannt hat.“ Sie flüsterte. Es war ein leises Geständnis, das nur für ihn bestimmt war.
Die Zeit kroch dahin. Sie wünschte sich irgendeine Unterbrechung, um den Bann, in den er sie geschlagen hatte, zu brechen. Aber vielleicht, wenn sie nur dieses eine Mal nachgab – wenn sie sich entschied, sich ein kleines Vergnügen von ihm zu ihren Bedingungen zu nehmen –, würde sie nicht mehr so verzweifelt über die Anziehung zwischen ihnen nachdenken, die sie nicht leugnen konnte.
„Kein guter Stratege trifft eine Entscheidung ohne ausreichende Information.“ Sein Blick fand ihren. Er behandelte sie sanft, dabei hatte sie die Brutalität der Culcanons immer gefürchtet.
„Vielleicht habt Ihr nur die Macht eines einfachen Kusses vergessen.“
Sein Mund bedeckte den ihren, bevor sie anfangen konnte, sich mit ihm zu streiten. Aber war es nicht falsch von ihr, dass sie sich überhaupt nicht streiten wollte? Dieser arrogante junge Laird hatte vielleicht im Sinn, eine Übernahme der Burg zu planen, und dennoch interessierte sie in diesem Moment nur, ob ihre verträumten Erinnerungen dem wahren Mann aus Fleisch und Blut entsprachen.
Das Verlangen durchflutete sie schneller, als starker Met das Blut wärmte. Als er seinen Mund auf ihren presste, wurden ihre Knie weich. Seine Hand schloss sich um ihren Nacken und hielt sie ruhig, während seine Zunge sanft über ihre vollen Lippen glitt. Sie meinte innerlich zu schmelzen, ihr Körper schwankte, bis er von seiner Stärke aufgefangen wurde. Schließlich öffnete sie sich seinem Kuss.
Wer A sagte, musste auch B sagen. Zumindest dieses eine Mal. Verzweifelt um Halt ringend, hielt sie sich an seinem Mantel fest. Sie krallte ihre Finger in die edle Wolle, während ihr Körper unter den verschiedenen Lagen abgetragenen Leinens, das für die Arbeit im Brauhaus gedacht war, erschauerte. Im Moment schützte der weiche, oft gewaschene Stoff sie kaum vor der rauen Männlichkeit seines muskulösen Körpers. Ihre Brüste drückten sich fest an seine Brust, und die angenehme Reibung weckte sinnliche Gedanken, die keine Jungfrau sich gestatten durfte.
Doch das Gefühl seines Körpers, der sich an ihren presste, entfachte eine Leidenschaft in ihr, die sie zu verzehren drohte. Darum wollte sie nicht heiraten. Die Erinnerung an Duncans Kuss war ebenso verlockend gewesen und sie befürchtete, mit einem anderen wäre es nicht dasselbe. Denn obwohl sie eine Jungfrau war, wusste sie tief in ihrem Inneren, dass diese Art von Leidenschaft nicht zwischen jedem Mann und jeder Frau existierte. Und nachdem sie einst für einen winzigen Augenblick diese unglaubliche Erregung verspürt hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, eine gefühllose Zweckehe mit einem Mann einzugehen, der doppelt so alt war wie sie.
„Cristiana.“ Duncan sagte ihren Namen zwischen zwei Küssen. „Ihr seid dafür geschaffen, berührt zu werden. Geküsst zu werden. Gekostet zu werden.“
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, drückte ihren Mund erneut auf den seinen und lockte ihn, erneut diese Magie anzuwenden, die sie vor Verlangen fast besinnungslos werden ließ. Sie wollte nur noch einen Augenblick von ihm. Ein paar Minuten, um die Leidenschaft zu fühlen, die sie nie wieder spüren würde.
Seine Hände umfingen ihre Taille, doch er hielt sie davon ab, sich enger an ihn zu drücken. Verwirrt blinzelte sie.
„Warum habt Ihr mich abgewiesen?“ Seine Stimme klang heiser, und der sanfte Verehrer war verschwunden. „Weshalb habt Ihr uns beide für eine Sünde bestraft, die wir nicht begangen hatten? Reichte es nicht, dass Edwina ihr Verlöbnis mit Donegal gebrochen hat? Musstet Ihr Eures auch brechen?“
Ihr Verstand kehrte so schnell zurück, dass das Verschwinden der leidenschaftlichen Hitze sie frösteln ließ. Sie versuchte, sich loszureißen. Jetzt bedauerte sie ihre Schwäche. Sein Griff war jedoch unnachgiebig. Der Blick der smaragdgrünen Augen bohrte sich in ihre und verlangte Antworten, die sie bereits gegeben hatte.
„Gebt nicht vor, dass Ihr Euch bestraft fühltet, wo Ihr doch mit solcher Hast in die Arme Eurer Geliebten geeilt seid wie ein Mann, der Jahre auf See verbracht hat“, klagte sie ihn an. Dass er in die Arme einer anderen Frau geflüchtet war, hatte Salz in ihre Wunden gerieben, zumal er den Tag zuvor süße Worte, wie er sie lieben würde, in ihr Ohr geflüstert hatte.
„Seid Ihr so kaltherzig, dass Ihr einem Mann jeglichen Trost verwehrt? Vielleicht hätte ich mich lieber sofort in die Schlacht stürzen sollen, um meine Wut an einem nichts ahnenden Feind auszulassen?“ Seine Miene wirkte hart. Unversöhnlich. Jetzt hatte er nichts mehr mit dem Mann gemein, den sie geküsst hatte.
Auch gut. Es war ihr lieber, diesem Mann in nächster Zeit nicht zu nahe zu kommen.
„Es geht darum, dass Ihr Eure Geliebte nicht aufgegeben habt, als Ihr vorgabt, mir den Hof zu machen. Und es war nicht meine Schwester, die das Verlöbnis aufgekündigt hat“, beharrte sie. „Donegal nahm sich einfach, was er wollte, ohne Rücksicht auf den Ehevertrag. Ich, für meinen Teil, würde niemals einen Mann heiraten, der sich so schnell auf die Seite seiner Familie schlägt, dass er die Wahrheit nicht mehr erkennt.“
„Ich könnte dasselbe von Euch sagen. Warum seid Ihr so sicher, dass Eure Schwester sich nicht willig in Donegals Bett begeben und es später schlichtweg bereut hat? Ihr habt selbst erlebt, wie überzeugend die Berührung eines Mannes sein kann.“ Diese bissige Bemerkung rührte tief in ihrer alten Wunde. Sie wurde so wütend, dass sie die Stärke fand, sich zurückzuziehen.
„Wie schmeichelhaft, zu wissen, dass Ihr nur küsst, wenn Ihr einen bestimmten Zweck verfolgt. Aber ich werde mich oder meine Schwester nicht länger vor Euch verteidigen. Ihr habt vor langer Zeit beschlossen, Euch auf die Seite Eures Bruders zu schlagen, der, wie ich gehört habe, Euch seitdem ebenfalls sein wahres Ich gezeigt hat. Denn er hat Eure Abwesenheit genutzt, um Eure Ländereien ausbluten zu lassen und Eure Leute zu entzweien. Dennoch glaubt Ihr, er hat sich meiner Schwester gegenüber nichts zuschulden kommen lassen?“ Sie stolzierte auf die andere Seite des Kessels, denn sie brauchte einen begrenzenden Schutz zwischen sich und diesem Mann, der sie so wütend machen konnte.
Aufgrund seines Bedürfnisses, sie zu demütigen, hatte sie so viel verloren. Ihre Familie. Und konnte er tatsächlich Donegals Charakter gegenüber immer noch so blind sein? Wie sollte sie ihm ihre Leute anvertrauen, wenn er die Wirklichkeit nicht klar erkennen konnte?
„Vielleicht hat er sich nicht anständig um die Ländereien und die Menschen gekümmert, aber ich verstehe nicht, wieso ihn das zu der Bestie macht, als die Eure Schwester ihn beschrieben hat.“ Er ging zum Schrank und nahm ein Gefäß heraus, dann tauchte er es in einen offenen Kessel mit gärendem Met. „Außerdem habe ich selbst gesehen, wie Edwina die Halle mit Donegal verlassen hat, in der Nacht, als sie ihre Verbindung vollzogen haben. Sie haben sich im Hof geküsst, als sie gingen. Und ich versichere Euch, Edwina hat ihm diese Küsse nicht widerwillig gegeben.“
„Hört auf.“ Cristiana wollte nicht mehr an diese Nacht denken. Sie wollte nicht darüber nachgrübeln, mit welchem leichtsinnigen, eigenwilligen Herzen ihre Schwester die Burg verlassen hatte, nur um mit blauen Flecken und einem gebrochenen Geist, der sich niemals ganz erholt hatte, zurückzukehren. Ihr Hass auf Donegal hatte es Edwina unmöglich gemacht, eine Bindung zu seinem Kind aufzubauen, das sie geboren hatte. Er hatte sie somit sogar der Freuden der Mutterschaft beraubt.
Edwina hatte Cristiana angefleht, ihr Kind aufzuziehen. Die Entscheidung hatte ihrer Schwester das Herz gebrochen, doch zumindest war ihr Entschluss selbstlos gewesen. Edwina hatte erkannt, dass ihr Leben im Exil und ihre Verbitterung ihr nicht dabei helfen würden, ein Kind großzuziehen. Sie wollte, dass Leah alle Vorteile genoss – ein sicheres Heim, Schutz vor ihrem brutalen Vater und eine Mutter, deren Herz nicht durch Gewalt erkaltet war.
Um das Kind vor seinem Vater zu schützen und um Edwinas Ruf zu retten, hatte Cristiana geschworen, Leahs Existenz geheim zu halten, bis sie eine erwachsene Frau war. Und es war nicht an ihr, das Geheimnis zu lüften.
„Womit soll ich denn aufhören? Euch zu zwingen einzusehen, dass eine unschuldige Jungfrau vielleicht wusste, wohin Küsse führen können?“ Er stürzte den Inhalt des Bechers hinunter und knallte ihn auf den Arbeitstisch. „Ihr habt Eure Zukunft mit beiden Händen weggeworfen, wegen eines Vorfalls, an dem Edwina ebenso Schuld hatte wie jeder andere.“