Rifland Reiseabenteuer 3: Im Dschungel - Egon Schott - E-Book

Rifland Reiseabenteuer 3: Im Dschungel E-Book

Egon Schott

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Beschreibung

Berichte eines Weltenbummlers.In der Tradition der Indianerromane von Karl May.Dieses Buch enthält zwei Reiseerzählungen:Bei den Giftpfeil-Indianern der SelvasIm Dschungel am Kulisehu

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Seitenzahl: 260

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BÜCHER DIESER REIHE

1001 Edgar Rice Burroughs Caprona - das vergessene Land1002 Ernst Konstantin Sten Nord - der Abenteurer im Weltraum1003 Unbekannter Autor Jack Franklin, der Weltdetektiv1004 Robert E. Howard Die Geier von Wahpeton1005 Robert E. Howard Abrechnung in den Los Diablos1006 Robert E. Howard Steve Costigan – Seemann und Boxer1007 Murray Leinster Der tollwütige Planet1008 Robert E. Howard Grabratten1009 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 11010 Egon Schott Rifland - Reiseabenteuer 01: Zurück vom Amazonas1011 Gerd Frank (Übersetzer) Sar Dubnotal 01: Das Spukschloss1012 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 21013 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 31014 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 41015 Egon Schott Rifland - Reiseabenteuer 02: Die Expedition1016 Martin Winfried u. a. Percy Stuart 51017 Egon Schott Rifland - Reiseabenteuer 03: Im Dschungel1018 Hein Patrik Kapitän Grant1019 Gerd Frank (Übersetzer) Sar Dubnotal 02: Der verhängnisvolle Brunnen

IM DSCHUNGEL

RIFFLAND - REISEABENTEUER NO.03

KULT-ROMANE

BUCH 17

EGON SCHOTT

INHALT

Einführung

1. Bei den Giftpfeil-Indianern

Ramon Royas

Begegnungen mit Tieren

Diabolo, ein Schrecken der Wälder

Windu

Das Zauberduell

2. Im Dschungel am Kulisehu

Die Expedition in Gefahr?

Urwaldtelegrafie

Eine wichtige Unterredung

Burumi

Beim Schoanan

Über die Stromschnellen zu den Auetö

Das Lager an der Cachoeira

Alanahares Vergeltung

Anmerkungen

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

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Copyright © 2023 BLITZ-Verlag  

Hurster Straße 2a,  51570 Windeck

© 2024 BLITZ-Verlag Redaktion: Hans-Peter Kögler

Logo und Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Satz: Torsten Kohlwey

Alle Rechte vorbehalten.

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 9783757956257

1016v1

EINFÜHRUNG

GONG, ein machtverkündendes Wort, ist die Zusammensetzung der Anfangsbuchstaben des Namens George Oliver Northing-Garrington. Der große GONG ist vollendete Persönlichkeit, souveräner Industriemagnat, erfolgreicher Zeitungskönig, Großreeder und Besitzer eines ausgedehnten Insel- reiches. Er sammelt talentvolle Menschen, er züchtet sie geradezu, wie Rennpferde, um sie dort einzusetzen, wo es gilt, eine hervorragende Leistung zu vollbringen. Seine Macht ist groß, und doch gibt es einen Mann, der es zuwege bringt, diesem Beherrscher der öffentlichen Meinung dauernd unangenehm zu sein, ihm wie ein schmerzender Dorn im Fleisch zu sitzen. Warum ist das möglich? Wo ist GONG’s verwundbare Stelle?

Im Zusammenhang mit diesem Manne ist auch ein außer- gewöhnliches Schiff von besonderem Interesse: „Star of Northingham“, schönste und schnellste Luxusjacht der Welt. Eigentlich ist dieses unerreicht herrliche, mit wertvollsten und modernsten Einrichtungen ausgestattete Fahrzeug die schwimmende Arbeitsburg des großen GONG. An Bord dieses Admiralschiffes befindet sich ein Stab in jeder Hinsicht auserlesener Menschen.

Miss GONG, die blonde, bildhübsche und bezaubernde Tochter Gloria des großen G. O. N. Garrington; ihre Mutter, die sich als Missionarin in die Urwälder des Amazonas wagte, ist verschollen. Gloria ersehnt, dass es eines Tages gelingen möge, ihre Mutter aufzufinden und zu retten. Sie setzt all ihre Hoffnungen auf Rifland, denn nur diesem ungewöhnlichen Manne mutet sie die erforderlichen Fähigkeiten zu.

Oliveiro Cardona, hervorragender Gelehrter von Ruf, aber ein Zyniker von diabolischer Wesensart. Seine wert- vollen Entdeckungen und Erfindungen behält er für sich, um sie teuflischen Zielen dienstbar zu machen. Tückisch und undurchdringlich führt er ein Doppelleben, getrieben von dem Ehrgeiz, GONG, seinen Feind, erbittert zu bekämpfen, wo immer es nur möglich ist. Warum? Welche Hassbindung ließ ihn GONG’s Gegner werden? Auch Rifland bekommt die Heimtücke Cardonas zu spüren, weil er sich weigert, in die Dienste dieses Teufelsprofessors zu treten.

Mister Cerberus C. Candlestick, seiner kugelrunden Gestalt wegen oft Onkel Belly genannt, ist ein schrullenhafter Kauz. Seine Jugend verbringt er in Artistenkreisen und wird später, infolge seiner Veranlagung zum Reklamegenie und Manager, vielfacher Zirkus- und Varietébesitzer. Er strotzt von originellen Einfällen und fühlt sich am wohlsten, wenn er seine Umwelt narren kann. Besonders stellt er sich die Aufgabe, Rifland berühmt zu machen und für das Haus GONG zu gewinnen.

Der herkulische Diener Combu, ein halb zivilisierter Negerhäuptling aus Belgisch-Kongo, hat Rifland, seinen unerschrockenen Herrn, auf weiten Expeditionen durch Afrika begleitet. Nun folgt er ihm auch in die geheimnisvollen Indianerdschungel Zentralbrasiliens. Combu wirkt sympathisch durch seine unbeirrbare Treue und aufopfernde Anhänglichkeit, aber auch seine muntere und oftmals unfreiwillige Komik.

Mungo, ein Halbjapaner von knabenhafter Gestalt, ist der findigste Reporter-Detektiv im Stab des Zeitungskönigs GONG. Er zeigt ebenso viel Geschmeidigkeit wie Verstand. Seine Spürnase wittert sofort, woher der Wind weht; er schlüpft durch alle Maschen und vollbringt Meisterleistungen im Auskundschaften. Geschickt rollt er das Problem auf: Wer kann Rifland sein?

Madame Rulescu, eine leidenschaftliche Intrigantin von Format, die ihren krankhaften Hang zum verbrecherischen Abenteuer ebenso wenig widerstehen kann wie andere ihrer geschmeidigen Klugheit und gerissenen Verschlagenheit. Diese Frau vermag in hemmungsloser Dreistigkeit Unglaubliches zu vollbringen, denn sie kämpft gegen das Gute aus Passion.

1

BEI DEN GIFTPFEIL-INDIANERN

Ramon Royas

Unsere Tropa näherte sich dem Gebiet Independencia. Nur mühsam bahnte sich die lang gezogene Karawane ihren Weg durch schmale Picaden,1 über Moraste hin und an dichtverfilztem Farngestrüpp vorbei.

Ein Voraustrupp hatte die Aufgabe, nach passierbaren Stellen zu suchen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen oder dort, wo keine Ausweichmöglichkeit bestand, mit der Machete, dem langen Haumesser, eine Bresche zu schlagen.

An ein Reiten war nicht mehr zu denken, denn schon die Tragsättel verfingen sich dauernd im Gewirr des Schlingpflanzennetzes.

Plötzlich ertönte ein Ruf; eine Nachricht wurde von vorne an mich, der ich mich so ziemlich am Ende der Kolonne befand, weitergegeben.

Indianer wären aufgetaucht, hieß es; ich möge deshalb zum Voraustrupp kommen.

Diese Nachricht war überraschend, mehr noch, sie war unglaubwürdig, denn in diesem Gebiet gab es noch keine Indianer. Die ersten Sippen des Bakairistammes finden sich am Rio Kulisehu, ungefähr fünf Kanu-Reisetage von Independencia flussabwärts. Nicht die Entfernung war es, die das Erscheinen von freien Dschungelindianern ausschloss, sondern eine gewisse Grenze, die bei Independencia lag, und die von dem Naturvolk nicht überschritten wurde. Das ist bisher ein ungeschriebenes Gesetz geblieben.

Die am Rio Kulisehu lebenden Indianer, die Bakairi, die Yaulapity, die Mehinacu, Auetö, Kustenau und die Trumai, kannte ich sehr gut und wusste, dass selbst die dem Gebiet von Independencia am nächsten wohnenden Bakairi-Indianer niemals in dieser Gegend erscheinen würden. So war es kein Wunder, dass mich die Nachricht, Indios seien aufgetaucht, überraschte.

Ich eilte nach vorn. Während ich mich an Tragtieren vorbeizwängte oder mich durch Pflanzengewirr arbeitete, dachte ich an Ramon Royas, den alten Indianerkommissar, der in Independencia, in einer Palmstrohhütte residierte und seine Indios aufmerksam überwachte. Wusste er, dass seine Dschungelsöhne unserer Expedition entgegengekommen waren? Handelte es sich vielleicht um eine Art Empfang? Wäre aber dann nicht der alte Haudegen selber mitgekommen? Diese und ähnliche Fragen beschäftigten mich in der halben Stunde, die ich brauchte, den Voraustrupp zu erreichen.

Sapato, der erfahrene und mit dieser Gegend vertraute Waldläufer, kam mir entgegen.

„Was gibt’s?“, fragte ich ihn.

„Ein Unterhäuptling der Bakairi mit einigen Indianern ist plötzlich aus dem Dschungel aufgetaucht“, berichtete Sapato. „Als ich die Indios mit einem Chorra Bakairi2 freundlich begrüßte, schwiegen sie mit finsteren Gesichtern und rieten uns, wieder umzukehren.“

„Soll das am Ende ein Spaß sein?“, fragte ich ungläubig.

„So dachte ich auch zuerst, Senhor; als aber der Unterhäuptling, der übrigens sehr gut portugiesisch spricht, mich wütend anstierte, und ich ihm sagte, er möge sich zum Teufel scheren, erklärte er, dass nicht weit von hier eine große Anzahl von Bakairikriegern warte und unseren Weitermarsch verhindern würde. Alle ihre Pfeile, sagte er drohend, seien vergiftet.“

„Und das hast du geglaubt?“, rief ich lachend. „Komm, wir werden dem Spuk gleich ein Ende bereiten.“

Als ich dem Unterhäuptling gegenüberstand, fragte ich ihn in seiner Sprache: „Was wollen die Bakairi in diesen Wäldern?“

„Ich bin gekommen, um euch zu warnen, Senhor“, antwortete der Indianer in einem ziemlich fließenden Portugiesisch.

„Warnen?“, wiederholte ich drohend. „Wovor?“

„Eure Tropa soll nicht weitermarschieren. Die Bakairi wollen es nicht, dass so viele Weiße in ihr Gebiet kommen. Ich habe den Auftrag, euch das zu sagen.“

„Wer ist dein Auftraggeber?“

„Alanahare, den Ihr sehr gut kennt.“

„Alanahare?“, fragte ich überrascht. „Was hat der schon zu sagen? Glaubt er vielleicht, weil er der Neffe Katunes, des Oberhäuptlings der Bakairi ist, etwas verbieten zu können? Ja, nicht einmal Katune, dessen Freund ich bin, würde Derartiges wagen. Weiß denn der alte Häuptling überhaupt etwas von dieser Eigenmächtigkeit seines Neffen?“

„Nein, er kann es nicht wissen, denn er ist tot. Ac-tuschaua3 aller Bakairi ist jetzt Alanahare.“

„Ach, so ist das!“, sagte ich gedehnt.

Der junge Alanahare war alles eher als mein Freund, denn ich hatte ihn einmal gezwungen, Verhandlungen, die mit einem benachbarten Stamm geführt werden sollten, fernzubleiben. Da mir zu jener Zeit vom alten Katune die Würde eines Häuptlings verliehen worden war und Alanahare noch zu den Jungmännern gehörte, musste er mir gehorchen. Das kränkte ihn. Auch war er ein besonderer Hasser der Weißen und trug sich mit allerlei revolutionären Gedanken, die ihm sein älterer Bruder, Mepena, der sich längere Zeit in der Zivilisation aufgehalten hatte, einimpfte. In der Ablehnung dieser unreifen und irrigen Gedankengänge war ich mit dem alten Katune einig, und dies vor allem hatte mir den Hass Alanahares eingetragen.

„Kennst du mich?“, fragte ich den Unterhäuptling in der Bakairisprache.

„Ich weiß von euch, Senhor“, sagte er, beharrlich bei seinem Portugiesisch bleibend.

„Wie ist es möglich, dass wir einander nie gesehen haben?“

„Weil ich jedes Mal, wenn Ihr zu den Bakairi kamt, nicht im Tapui4 war. Ich hielt mich öfter im Gebiet von Corregofundo und in Luiz de Caceres auf. Ich bin sogar in Cuyaba gewesen.“

„So bist du Mepena, der Bruder Alanahares?“

„Der bin ich.“

Während ich diese Antwort gab, glitten meine Augen über seine Gestalt. Er war nicht von jenem idealen Wuchs, wie man ihn bei den Indianern zumeist findet. Vor allem war sein linkes Bein bis auf die Knochen abgemagert; er konnte es, wie ich bei einer Bewegung gesehen hatte, nicht so gebrauchen wie eine gesunde Gliedmaße, wodurch er ein wenig humpelte. Diese Verunstaltung war die Folge eines Schlangenbisses.

Als er geantwortet hatte, sagte ich: „Dem Alter nach hättest doch du Oberhäuptling werden müssen?“

„Ich bin lieber der Berater meines Bruders, der ein ausgezeichneter Krieger ist und sich besser zum Oberhäuptling eignet als ich.“

„Ich verstehe“, sagte ich, mich nun ebenfalls der portugiesischen Sprache bedienend, da der Gedanke, den ich gefasst hatte, in der primitiven Sprache der Bakairi schwer ausdrückbar war. „Du bist der Minister des Äußeren, begibst dich öfter in die Zivilisation, hörst dort herum und bringst in dein Tapui mit, wovon du glaubst, dass es deinem Stamm nützen wird.“

„Ihr habt es richtig gesagt, Senhor.“

„Nachdem du der Berater Alanahares bist, muss ich annehmen, dass die komische Idee, uns aufzuhalten, von dir stammt.“

„Mein Bruder und ich haben diesen Entschluss gemeinsam gefasst.“

„Habt ihr auch Ramon Royas davon in Kenntnis gesetzt?“

„Nein. Wir taten es nicht, weil wir wussten, dass sich Royas auf eure Seite stellen würde.“

„Ihr tut also etwas, womit die Regierung dieses Landes nicht einverstanden ist. Ihr droht mit vergifteten Pfeilen, obwohl ihr wisst, dass man euch, wenn ihr Ernst machen würdet, nicht als indianische Krieger, sondern einfach als Mörder verfolgen würde. Die Tapuis der Bakairi liegen ja doch noch zu nahe an der Zivilisation, als dass ihr euch derartigen Unsinn leisten könntet. Da ich ein Freund der Bakairi bin, will ich dir deine Aufgabe erleichtern: Schicke deine mit vergifteten Pfeilen bewaffneten Krieger zurück und begleite mich zu Ramon Royas, wo wir einen palavrorio5 halten wollen.“

Der Indianer lächelte, blickte mich mit seinen klugen Augen an und sagte: „Ihr seid sehr geschickt, Senhor. Ihr wisst sicherlich, dass es außer diesen drei Kriegern, die neben mir stehen, keinen einzigen Bakairi in der ganzen Umgebung gibt und dass wir uns hüten werden, in der Nähe von Independencia mit vergifteten Pfeilen zu schießen. Trotzdem sagt Ihr, ich möge meine Krieger zurückschicken?“

„Sollte ich dich zwingen, eine Lüge einzubekennen? Nachdem du aber selbst zugibst, nicht die Wahrheit gesagt zu haben, möchte ich gerne wissen, was mit dieser plumpen List hätte erreicht werden sollen.“

Mepena überlegte eine Weile und sagte dann: „Die Antwort auf Eure Frage, Senhor, lasst mich später geben. Zuerst wollen wir einen palavrorio bei Ramon Royas halten.“

„Gut, ich bin einverstanden“, erwiderte ich und gab Befehl zum Weitermarsch.

* * *

Am späten Nachmittag erreichten wir eine Lichtung, durch die der Kulisehu ruhig dahinfloss. An seinem Ufer waren die Dächer einiger Palmstrohhütten zu sehen und ein wenig abseits, auf einer kleinen Anhöhe, stand ein bungalowartiges, mit Baumrinde gedecktes Haus: das Regierungsgebäude von Ramon Royas.

Ich ließ die Tropa halten, bestieg mein Maultier und ritt auf das Haus zu. Da trat auch schon ein Mann heraus, schritt die Stufen, die zur Veranda des Hauses führten, hinunter und kam mir langsam entgegen; es war Ramon Royas, der alte Indianer-Kommissar. Wir umarmten einander, wie es in Brasilien üblich ist, beklopften uns gegenseitig die Schultern und sagten herzliche Worte zur Begrüßung. Um der Form zu genügen, musste ich auch Royas bitten, meiner Expedition das Lagern auf der Lichtung zu gestatten.

Während die Tropa aufmarschierte und mit den Arbeiten zur Errichtung eines vorläufig behelfsmäßigen Lagers begonnen wurde, saß ich mit dem weißhaarigen Royas auf der primitiven Veranda seines Hauses.

„Bevor wir uns über Zweck und Ziel meiner Expedition unterhalten“, begann ich, „möchte ich fragen, ob der Mexikaner Gonzales bei Ihnen aufgetaucht ist.“

„Natürlich! Er ist gestern abgehetzt und voll Eile angekommen und hat heute früh ebenso eilig die Reise fortgesetzt. Ich habe ihm jede nur mögliche Unterstützung gewährt und hoffe, dass Sie zufrieden sein werden.“

„Zufrieden?“, fragte ich überrascht. „Seit wann unterstützen Sie Verbrecher?“

Royas machte ein erstauntes Gesicht: „Verbrecher, sagen Sie? Gonzales kam doch in Ihrem Auftrag. Er brachte mir Grüße von Ihnen und erzählte, dass er seine Diamantensucherei mit Ihrer Expedition verbunden hätte und dass er dies alles gemeinsam mit Ihnen durchführen werde.“

„Daran ist kein wahres Wort. Der geriebene Gauner hat Sie hineingelegt. Was für einen Bären hat er Ihnen aufgebunden?“

„Das, was er sagte, klang gar nicht nach einem aufgebundenen Bären. Sie selbst ließen mich schon vor Wochen verständigen, dass Sie mit einer besonders großen Tropa eintreffen würden. Es war also glaubwürdig, wenn Gonzales erklärte, er müsse in Ihrem Auftrag eiligst zu den Bakairi, um eine größere Rudermannschaft und einige Ubas6 heraufzuholen, da Sie mit rund zwanzig Personen und dem dazugehörigen riesigen Gepäck die Fußreise antreten würden. Auch zeigte er mir ein Empfehlungsschreiben vom Ackerbauministerium, und sogar meine Tochter und mein Schwiegersohn haben sich für ihn eingesetzt. Ich hatte also wirklich keinen Grund, diesem Mann zu misstrauen.“

„Ich erinnere mich“, sagte ich, „Ihre Tochter und deren Mann standen mit Gonzales in Verbindung, ohne Ahnung, dass sie es mit einem Verbrecher zu tun hatten. Dieser Mann hat zwei Mordversuche auf dem Gewissen. In beiden Fällen hätte ich das Opfer sein sollen.“

Royas stieß einen seiner kräftigen Flüche aus, sprang auf und begann wütend auf der brüchigen Veranda auf- und abzugehen. Das ganze Haus kam unter den trotzigen Schritten des alten Soldaten ins Wanken und es dauerte eine Weile, bis er sich in neuerlichen Flüchen Luft machte: „Ich habe diesem Erzgauner alle meine Tauschgegenstände mitgegeben, ihn mit Proviant versorgt und meine zwei schönsten Boote zur Verfügung gestellt.“ Plötzlich blieb er stehen und fragte: „Warum aber tat er das? Wäre es ihm um die Diamantensucherei, die er vorgab, ernst gewesen, hätte er doch meine Hilfe gebraucht und sicher nicht ...“

Ich unterbrach seinen Wutausbruch: „Das Diamantensuchen war nur ein Vorwand. Gonzales brach durch seine Handlungsweise alle Brücken hinter sich ab, weil er dazu gezwungen war; er ist geflüchtet.“

„Geflüchtet? Zu den Bakairi? Für gar so dumm halte ich ihn nicht. Was will er bei den Indianern? Er weiß genau, dass es nur eines Wortes von mir bedarf, und die Bakairi liefern ihn als zusammengeschnürtes Bündel bei mir ab. Da steckt etwas ganz anderes dahinter.“

„Sehr richtig! Was dahintersteckt, werde ich Ihnen sagen, sobald Sie mir ein paar Fragen beantwortet haben. Seit wann ist Katune tot?“

Royas rechnete nach, dann sagte er: „Vor einem Jahr waren Sie bei mir und sind dann zum Paranatinga hinüber. Damals begleitete Sie Ihr Freund Katune hierher und trank zum Abschied meinen Rum aus. Ungefähr zwei Monate später bekam ich Nachricht, der Oberhäuptling sei von einer Schlange gebissen worden und unmittelbar darauf in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Katune ist also rund zehn Monate tot.“

„Und Gonzales? Wann tauchte der auf?“

„Kurz nach Katunes Tod. Er war über den Paranatinga ins Gebiet der Bakairi gelangt und ist über den Kulisehu zurückgekehrt. So kam er hier vorbei. Er befand sich in Begleitung Mepenas, eines Neffen Katunes. Dieser Indio vertritt in blindem Fanatismus den Gedanken, die Indianer hätten sich von den Weißen fernzuhalten. Nur Gonzales bezeichnete er als einen Freund der Indios, der, wie kaum ein anderer Zivilisationsmensch, Verständnis ihren Schwächen und Stärken entgegenbringe. Auch dies bewog mich, den Mexikaner gut aufzunehmen und ihm zu vertrauen.“

„Das genügt vorläufig“, sagte ich befriedigt. „Wir wissen jetzt, woran wir sind.“

„Ich weiß vorderhand gar nichts“, warf Royas missmutig ein.

„Etwas Geduld, alter Haudegen“, erwiderte ich, „Sie werden rascher im Bilde sein, als Sie glauben. Hören Sie zuerst folgende Vorgeschichte, die in Rio ihren Anfang nimmt: Dort treibt sich ein an die Luft gesetzter Dominikanerpater umher. Dieser ehemals fromme Bruder erzählt jedem, von dem er sich einen Vorteil erwarten kann, dass er im Besitz eines von ihm in alten Klosterchroniken gefundenen Planes sei, mit dessen Hilfe todsicher ein am Rio Kulisehu vergrabener tesouro jesuitico7 gefunden werden könne. Auch Gonzales war einer seiner Gimpel, die an diesen Schwindel glaubten. Der Padre ließ durchblicken, dass der Schatz in der Nähe einer Bakairisiedlung verborgen sei. Gonzales, dem schon früher etwas von einem Schatz am Kulisehu zu Ohren gekommen war und der deshalb die Bakairi aufgesucht hatte, glaubte unerschütterlich an die Verwendbarkeit dieses Planes, den er um jeden Preis von dem Padre haben wollte. Da diese Skizze wahrscheinlich nur eine Erfindung des nach Schnaps dürstenden und zahlende Gimpel suchenden Klosterbruders ist, schob dieser die Übergabe immer wieder hinaus, bis ihm kein anderer Ausweg blieb, als mich in diese alberne Geschichte hineinzuziehen.“

„Sie, den erbitterten Gegner aller Schatzsucherei?“, fragte Royas erstaunt.

„Leider, gerade mich. Ich muss sagen, der Padre hat da sehr schlau gehandelt und zwei Fliegen mit einem Schlag getroffen. Er erklärte Gonzales, mir, der ich doch eine wohlausgerüstete Expedition zum Kulisehu führe, habe er den Plan übergeben. Ich sei ein seriöser und dem Schatzsucherschwindel abholder Mann, der nur dann zugreife, wenn es sich um eine wirklich aussichtsreiche Sache handle. Mit mir, unterrichtete er Gonzales, würde er gerne teilen, denn nur so gelänge er mit Sicherheit in den Besitz eines Millionenvermögens. Diese erlogene Geschichte erweckte in Gonzales erst recht den Glauben an das Vorhandensein des Schatzes, und sein Vorsatz, mir den Plan abzunehmen, wurde unerschütterlich.“

„Darüber hat Gonzales kein Wort gesprochen.“

„Das kann ich mir denken.“

„Gut! Möge es sich nun so oder anders verhalten, ich versteh nur eines nicht: Was will der Mann bei den Bakairi, die ohne meine Einwilligung keinen Weißen in ihrem Gebiet dulden? Ich werde sofort ein Kanu losjagen und Alanahare den Befehl überbringen lassen ...“

„Das wäre vielleicht verfrüht. Wir werden zuerst mit Mepena sprechen; er ist hier.“

„Mepena soll hier sein? Unmöglich!“

Ich stand auf, rief einen Caboclo heran und beauftragte ihn, Mepena unter den Expeditionsleuten zu suchen und zu uns zu beordern. Dann erzählte ich Royas, was sich zugetragen und welchen Beschluss Alanahares mir Mepena mitgeteilt hatte. Dabei erwartete ich, der alte Soldat würde wutschnaubend, wie es seine Gewohnheit war, wenn er von einer Disziplinlosigkeit erfuhr, zu toben beginnen. Aber nichts von dem. Er blieb ruhig sitzen, blickte starr vor sich hin. Man konnte sagen: wie ein Vater, dem man soeben eine Nachricht über seinen missratenen Sohn überbracht hat, und er schwieg. Erst nach geraumer Zeit wandte er den Kopf zu mir mit dem Bemerken: „Das ist der Anfang vom Ende. Wenn sich freie Indianer mit Weißen verbünden, sind sie dem Untergang geweiht. Dieser Mepena ist ein Querkopf. Er betreibt das, was wir Politik nennen. Obwohl er sich von den Einflüssen der Zivilisation freihalten möchte, will er sich ihrer Segnungen bedienen. Kaum dass er Gonzales in Luiz de Caceres kennenlernte, scheint er an diesem Gauner einen Narren gefressen zu haben. Wer weiß, welche unsinnigen Gedanken in den Gehirnen der Bakairi herumspuken. Da müssen wir dahinterkommen.“ Royas stand auf, legte seine Hand auf meine Schulter und sagte: „Ich bin froh, dass Sie jetzt hier sind.“

Als der Caboclo, der Mepena hätte holen sollen, zurückkehrte und berichtete, der Unterhäuptling sei mit seinen Begleitern verschwunden, erklärte Royas: „Das ist ein schlechtes Zeichen. Sobald dieser Bursche einer Unterhaltung mit mir ausweicht, tut er es nicht aus Furcht, sondern aus Trotz. Das sieht ganz nach offener Auflehnung aus.“

„Die Indianer sind unberechenbar in ihrer Naivität“, fiel ich ein. „Wer weiß, welche Flöhe ihnen dieser Gonzales in den Kopf gesetzt hat.“

„Das ist es, worüber wir uns unterrichten müssen. Ich lasse heute noch ein schnelles Kanu abgehen und Gonzales holen.“

„Er wird sich hüten, hierherzukommen.“

„Vielleicht doch, wenn wir den rechten Köder verwenden. Sie sagten doch, Gonzales glaubt an den Jesuitenschatz?“

„Sicher! Es ist mir zwar unbegreiflich, dass die Schatzsucherei immer wieder Vertrauensselige anlockt und selbst geriebene Gauner darauf hereinfallen; was Gonzales jedoch angeht, gibt es keinen Zweifel: Der Mexikaner glaubt an einen in dieser Gegend vergrabenen Schatz und auch, dass ich den Plan hierzu in der Tasche habe.“

„Das ist gut“, ereiferte sich Royas. „Ich werde Gonzales schriftlich mitteilen, Sie hätten mir den Plan zur Auswertung übergeben, weil Ihnen daran läge, Ihre Expedition rasch weiterzuführen, um noch vor dem Eintreffen der Regenzeit vom Xingu zurück zu sein.“

„Diese Nachricht wird ihn nicht sonderlich interessieren.“

„Sie wird ihn sogar sehr interessieren, denn dabei lasse ich durchblicken, dass ich ihn als meinen Komplizen betrachte und mit ihm zusammenarbeiten will. Und eben aus diesem Grunde, werde ich schreiben, möge er sich sofort zu mir begeben.“

Ich schüttelte ungläubig den Kopf.

„Schon gut“, fuhr der alte Royas fort, „er wird es sich überlegen, Ihnen zu begegnen. Das soll er auch gar nicht. Es ist doch meine Absicht, hinter Ihrem Rücken zu handeln, kurz, Sie um den Schatz zu betrügen; und Betrug ist das Einleuchtendste für einen Spitzbuben. Nun, was meinen Sie?“

„Mag sein, dass er darauf eingeht. Ihn wird vor allem eines bestimmen: die Aussicht, noch vor meiner Rückkehr den Schatz in die Hände zu bekommen und sich damit allein aus dem Staub machen zu können, um auch Sie zum betrogenen Betrüger zu machen.“

Schon eine Stunde später jagte ein schlankes Kanu, mit vier tüchtigen Ruderern bemannt, flussabwärts; in zehn Tagen konnte es wieder zurück sein und Gonzales, von mir ungesehen, in finsterer Nacht zurückbringen.

* * *

Independencia sollte zum Hauptlager unserer Expedition ausgebaut werden. Die Einwohner dieser primitiven Urwaldsiedlung befanden sich in freudiger Erregung, denn die Hilfsdienste, die sie für uns leisteten, brachten Zerstreuung und allerlei Geschenke.

Die Tropeiros8 sorgten für ihre Tiere und bereiteten den Rückmarsch vor. Sie mussten die Verbindung zwischen Independencia und dem Lager I am Fuße des Matto-Grosso-Plateaus aufrechterhalten, neue Ausrüstungsgegenstände, Benzin für das Wasserflugzeug und weiteren Proviant in Intervallen von sechs bis acht Wochen heranholen.

Eine eigene Gesellschaft bildeten jene Expeditionsteilnehmer, die den Vorstoß in die Wildnis mitmachen wollten. Sie waren mit dem Vorbereiten der Ausrüstung und dem Ordnen der Tauschgegenstände beschäftigt. Unter ihnen nahm Sapato, der erfahrene Waldläufer, eine besonders gehobene Stellung ein. Ihm unterstanden die Rudermannschaften und die Kanus; er fungierte so als Admiral unserer Urwaldflottille. Kaum einer verstand sich auf das Bauen eines Kanus wie er. Diese seine Kunst habe ich immer bewundert; er war einer der geschicktesten Kanumänner, die ich kannte.

Am meisten wurde Sapato von Combu bewundert. Der Neger, der von seiner afrikanischen Heimat her über eine reiche Urwalderfahrung verfügte, sah hier viel Neues. Wenn der schwarze Schlingel auch vom Können Sapatos überzeugt war, so versäumte er es nur selten, immer wieder zu behaupten, in Afrika würde dieses oder jenes viel besser und geschickter gemacht werden. Doch der gutmütige Sapato ließ sich nicht aus der Fassung bringen, lächelte und wartete auf eine Gelegenheit, Combu durch einen Hineinleger zu bestrafen. So lieferten die beiden oftmals eine lustige Unterhaltung, mit der sie das Lagerleben würzten.

Combu war eines Morgens auf eine Idee gekommen. Er wollte einen besonderen Ulk inszenieren und dabei einen Zitteraal verwenden.

Der Witz dieser Geschichte ist erst dann zu verstehen, wenn man weiß, was ein Zitteraal ist. Es ist dies einer jener schlangenartigen Fische, wie ihn jeder Europäer, zumindest in geräuchertem Zustand, kennt. Der gymnotus electricus, wie der südamerikanische Zitteraal bei den Zoologen mit vollem Titel heißt, verfügt über eine Waffe, die nicht zu verachten ist. Die Natur hat ihn mit einer Batterie ausgestattet, in der er elektrische Energie aufspeichern kann, um sie bei Gefahr in starken, selbst für Menschen empfindsamen Schlägen abgeben zu können. Am Rio Kulisehu, besonders in der Bucht, an der die Hütten von Independencia lagen, wimmelte es von Templadores (so wieder nennt man diese Aale in Brasilien). In gekochtem oder gebratenem Zustand, wo die Batterie natürlich außer Funktion gesetzt ist, sind sie ein vorzügliches Essen. Kein Wunder, wenn sie von den Indianern gejagt werden. Ich sage deshalb gejagt, weil die Urwaldsöhne diesen Aalen mit Pfeil und Bogen zu Leibe rücken. Sie stöbern zuerst die Aale, natürlich mit trockenen Holzstöcken, die die elektrischen Schläge nicht weiterleiten, aus dem Schlamm, und die nur langsam schwimmenden Tiere werden dann eine leichte Beute der meisterhaft geschossenen Pfeile. In der Bucht von Independencia wurden die Templadores mit einem gabelförmigen Instrument gestochen. Diese Jagd wurde von einem entwurzelten, halb im Wasser liegenden und weit in den Fluss hinausragenden Baumriesen aus betrieben.

Hatte der Jäger seine Beute gestochen, dann rannte er damit den Baumstamm entlang zum Ufer und erschlug den Aal mit einem Holzknüppel.

Einmal fiel ein schlecht aufgespießter Zitteraal von der Gabel und kam auf eine Machete zu liegen. Ein Mann griff nach dem Buschsäbel, in der Absicht, den sich windenden Aal zu töten, und erhielt einen durch das Eisen weitergeleiteten Schlag, worauf er den ganzen Tag arbeitsunfähig war.

Und nun zu jener lustigen Morgenunterhaltung, die uns Combu mit Hilfe einer großen Blechdose und der gütigen Mitwirkung eines gymnotus electricus lieferte.

Combu war stolz auf seinen von ihm selbst aus einer leeren Fünfundzwanzig-Kilo-Fettdose hergestellten Wassereimer. Die Umbenennung der Dose zum Eimer rechtfertigte er mit einem Drahtbügel, der höchst ungeschickt und so knapp durch den oberen Rand der Blechdose gezogen war, dass an ihm erst noch ein Strick befestigt werden musste, wenn man Wasser aus dem Fluss schöpfen wollte. Allerdings gerade dieser Umstand war wichtig, denn ohne ihn wäre Combu nie auf seine gute Idee gekommen. Der Neger spazierte immer ein paar Schritte auf dem Baumstamm hinaus, warf den Kübel nach Schifferart ins Wasser und holte ihn, vollgefüllt, an dessen Strick empor. Nach dem Drahtbügel griff er erst dann, wenn es galt, den Kübel durch Kippen zu entleeren.

Da wegen der zahlreichen Templadores, mehr noch aber wegen der Piranhas, an ein Baden im Fluss oder in der Bucht nicht zu denken war, wurde damals von uns, in Ermangelung einer Brause, das Anschütten mit Wasser praktiziert, eine Erfrischung, die in den Tropen weit bekömmlicher ist als das Baden, das in dieser Dampfatmosphäre, wenn nicht Erkältungen, zumindest aber unerträgliche Mattigkeit im Gefolge hat. Erfrischend wirkt in diesem Klima ein Bad nur dann, wenn es bei Sonnenaufgang oder bei Sonnenuntergang genommen wird und nicht länger währt als höchstens fünf Minuten.

Combu erwartete mich täglich mit seinem Kübel bei dem erwähnten Baumstamm. An jenem Morgen war er besonders höflich und versprach, außer den vier Eimern noch weitere vier über mich zu stoßen; puscar, wie er sagte.

Während ich splitternackt am Ufer stand, trabte Combu den Baumstamm entlang, füllte den Kübel, schleppte ihn am Strick herbei, stellte ihn zu Boden, um ihn nun erst richtig zu fassen, denn das Wasser musste nach seiner Ansicht mit Vehemenz gegen Brust und Rücken gestoßen werden. Und ...

Kaum aber hatte Combu seinen Eimer einige Zentimeter vom Boden abgehoben, ließ er ihn erschreckt wieder fallen, stieß einen gurgelnden Schrei aus und begann, auf einem Fuß hüpfend, eine Art Indianertanz. Es hatte den Anschein, als wäre der Neger mit seinem nackten Fuß auf einen Dorn getreten; trotzdem bot er ein so urkomisches Bild, dass ich in ein Gelächter ausbrach. Nachdem Combu schon eine Weile herumgetanzt war, entschloss sich ein Caboclo, der in der Nähe stand, als Ersatzmann einzuspringen und das Wasser über mich zu gießen. Er ergriff den Kübel, hob ihn empor und tat wie sein Vorgänger; er ließ den Eimer fallen, dass das Wasser herausspritzte, sprang erschreckt zurück und wirbelte mit seinen Händen in der Luft herum.

Ich hielt dieses Gehaben für einen verabredeten Ulk und in der Absicht, durch einen wohlgezielten Strahl diesem Schabernack ein Ende zu bereiten, ergriff nun ich den Kübel. Ich gestehe, dass mich damals meine Kombinationsgabe im Stich ließ, denn es war nicht schwer, hinter das Geheimnis des Eimers zu kommen. Ich handelte aber impulsiv, und es ging mir nicht anders als den beiden Vorgängern. Kaum hatte ich nach dem Drahtbügel gegriffen, verspürte ich einen kräftigen elektrischen Schlag. Auf dem Grunde der Metalldose befanden sich, wie wir bei genauerem Hinsehen feststellten, zwei mächtige Zitteraale, die bei der geringsten Erschütterung des Behälters ihre elektrisierenden Schläge abgaben, wodurch der Ahnungslose überrumpelt wurde. Weniger die Stärke des Schlages als das Unvermutete, erzielte die geschilderte Wirkung.

So war Combu auf die bereits erwähnte Idee gekommen, die er mit Feuereifer verwirklichte. Er tat in den Eimer so viele Blätter und Halme, dass sie die Aale verdeckten. Nun wanderte er zu einem Zelt, rief einen Expeditionsteilnehmer heraus und erklärte, dass das grüne Gemengsel in dem Eimer eine Heilkräutermischung sei, die er über Nacht hätte ziehen lassen und die ihm nun langsam über den Rücken geträufelt werden müsse; dies wäre gut für seine erkrankte Lunge. „Du, gut Kamerad mir helfen. Du nehmen die Kübel hier“, sagte er in seinem Kauderwelsch und zeigte dabei auf den Drahtbügel, ohne ihn zu berühren. „Du aber müssen ganz bisschen langsam die Wasser auf meine Buckel geben. Du mich verstehst gut?“, fragte er.

„Ja, ja!“, war die Antwort. Danach bückte sich Combu und tat, als würde er das Begießen seines Rückens abwarten; dabei schielte er neugierig nach dem Helfer. So wanderte er hüstelnd von einem Quartier zum anderen und bat mit jämmerlicher Miene um den Freundschaftsdienst.

Jedes Mal, wenn der Kübel mit einem unterdrückten Zischen oder mit einem Aufschrei unsanft zur Erde gesetzt wurde, packte Combu seinen Strick und schleppte den Eimer weiter, ohne sich um das verblüfft dastehende Opfer zu kümmern. Die unauffällig nachschlendernden und immer zahlreicher werdenden Leidtragenden konnten nur mit Mühe und mit krampfhaft zugehaltenen Mäulern das Lachen unterdrücken.

Natürlich blieb die Sache nicht lange geheim und Sapato, dem das Geheimnis der elektrischen Blechdose bereits bekannt war, wartete schon sehnsüchtig auf das Erscheinen des hüstelnden Negers und, um es kurz zu sagen: Er, der Vorbereitete, setzte den nackten Combu auf den Kübel. Vielleicht hatten die Zitteraale ihre letzten Stromreserven gesammelt, um eine besondere Ladung abgeben zu können, denn Combu, an äußerst empfindlichen Stellen getroffen, schnellte blitzartig und mit einem Aufschrei von dem Kübel los. Dann stand er eine ganze Weile wie gelähmt da. Sicherlich war es mehr der Schreck als die Kraft der Schläge, die den herkulischen Combu vergessen ließen, über Sapato, der die Lacher auf seiner Seite hatte, herzufallen.

Begegnungen mit Tieren