Rinder gesund halten - Barbara Benz - E-Book

Rinder gesund halten E-Book

Barbara Benz

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Beschreibung

Jeder Rinderhalter wünscht sich eine gesunde Herde, denn nur gesunde Rinder sind auch leistungsstark. In diesem Ratgeber erfahren Sie, wie Sie Ihren Bestand durch Haltungsbedingungen, Fütterung und Tierbeobachtung gesund erhalten. Gegliedert nach Biestmilchkalb, Milchkalb, Fresser, Mastbulle, Färse und Kuh werden alle gesundheitsrelevanten Aspekte wie Kälberernährung, Bullenhaltung und Eutergesundheit detailliert besprochen. Und wenn das Rind doch krank wird? Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, wie Sie Krankheiten wie Kälberdurchfall, Schwanzspitzenentzündung und Mastitis erkennen können und welche Lösungsmöglichkeiten es gibt. In zwei Extra-Kapiteln gehen die Autoren zusätzlich auf Stallklima und Faktorenkrankheiten ein. Ein unverzichtbarer Ratgeber für jeden Rinderhalter.

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Seitenzahl: 173

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Barbara Benz | Agnes Richter | Thomas Richter

Rinder gesund halten

Kälberaufzucht, Klauengesundheit, Fruchtbarkeit – Knackpunkte und Lösungen

80 Farbfotos und -zeichnungen3 Tabellen

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Vorwort

1 Stallklima

1.1 Licht

1.2 Luftfeuchte

1.3 Temperatur

1.4 Luftbewegung

1.5 Schadgase

1.6 Staub

1.7 Keimdruck

2 Faktorenkrankheiten

3 Biestmilchkalb

3.1 Knackpunkt Schutzlosigkeit

3.2 Knackpunkt BVD/MD

3.3 Knackpunkt Nabelentzündung

3.4 Knackpunkt Nabelbruch

4 Milchkalb

4.1 Knackpunkt Tierschutznutztierhaltungsverordnung

4.2 Knackpunkt Neugeborenendurchfall

4.3 Knackpunkt gegenseitiges Besaugen

4.4 Knackpunkt Atemwegserkrankungen

4.5 Knackpunkt Hörner

4.6 Knackpunkt Aufzuchtintensität

5 Fresser

5.1 Knackpunkt Atemwegserkrankungen

6 Mastbullen

6.1 Knackpunkt Atemwegserkrankungen

6.2 Knackpunkt Schwanzspitzenentzündung

7 Färse

7.1 Knackpunkt Zuchtreife

7.2 Knackpunkt Trächtigkeitsuntersuchung

7.3 Knackpunkt Eingliederung

8 Kühe

8.1 Knackpunkt Geburt und Puerperium

8.2 Knackpunkt Festliegen

8.3 Knackpunkt Fruchtbarkeit

8.4 Knackpunkt Futteraufnahme

8.5 Knackpunkt Eutergesundheit

8.6 Knackpunkt Liegen

8.7 Knackpunkt Klauenerkrankungen

8.8 Knackpunkt Pansenverdauung

8.9 Knackpunkt negative Energiebilanz

Service

Eigenkontrolle per App

Autoren

Bildquellen

Impressum

Anmerkungen

Vorwort

„Nix ham“, sagen die Allgäuer Bauern, „nix ham isch a ruhige Sach“. Wer aber Rinder hat, der muss sich der Herausforderung stellen und die Schwierigkeiten meistern. Dabei gibt es spezielle Knackpunkte, die für jede Altersgruppe, vom Biestmilchkalb bis zur Milchkuh, unterschiedlich sind und darüber entscheiden, ob die Tierhaltung gelingt oder eher weniger erfolgreich ist. Aus diesem Grund behandelt das vorliegende Buch genau diese Knackpunkte, um die in der Praxis wirklich häufig vorkommenden Probleme anzusprechen. Dabei wird auf Verständlichkeit und Übersichtlichkeit Wert gelegt, und obwohl zwei der AutorInnen1 an einer Hochschule lehr(t)en, auf die wissenschaftliche Sprache weitgehend verzichtet, jedoch ohne die gebotene Exaktheit zu vernachlässigen. Um einen schnellen Überblick zu ermöglichen werden die Knackpunkte als solche benannt und Lösungsvorschläge aufgezeigt. Für diejenigen, die mehr wissen möchten, gibt es Hintergrundinformationen. Wer es eilig hat und sich nur für die Lösung des Problems interessiert, kann die Kästen auslassen. Um den Umfang gering zu halten und Wiederholungen zu vermeiden wird gelegentlich auf andere Kapitel des Buches verwiesen. Da die Knackpunkte bei den einzelnen Altersgruppen unterschiedlich sind, ist das Buch nach Altersgruppen gegliedert. Zwei Themen sind jedoch für alle Rinder gleich, das Thema Stallklima und das Thema Faktorenkrankheiten und Stress. Diese beiden Themen werden vorangestellt.

Eine der Autorinnen ist Agrarbiologin; das Tochter-Vater-Gespann hat eine tiermedizinische Ausbildung. Alle drei sind seit vielen Jahren in Praxis und Theorie mit der Rinderhaltung verbunden. Die jüngere der Autorinnen arbeitet beim Tiergesundheitsdienst und lebt auf dem Milchviehbetrieb ihres Ehemannes.

Für die Mitarbeit am Kapitel Eutergesundheit danken die Autoren Herrn Dr.Spohr vom Eutergesundheitsdienst Fellbach.

1 Stallklima

Das Stallklima entsteht aus den verschiedenen physikalischen und chemischen Bedingungen, die im Stall herrschen:

Licht,

Luftfeuchtigkeit,

Temperatur,

Luftbewegung,

Schadgase,

Staubgehalt,

Keimdruck

Da der Keimdruck in mehrfacher Hinsicht den gleichen Gesetzen gehorcht, soll auch er an dieser Stelle abgehandelt werden, obwohl er klassischer Weise nicht zum Stallklima gezählt wird. Für geschlossene, wärmegedämmte Ställe, die im aktuellen Rinderstallbau keine Rolle mehr spielen, gilt die DIN 18910.

1.1 Licht

Drei Eigenschaften des Lichtes sind im Zusammenhang mit dem Stallklima von Bedeutung:

die Beleuchtungsdauer gemessen in Stunden

die Beleuchtungsintensität gemessen in Lux

die Farbtemperatur gemessen in Nanometer (nm Wellenlänge) wobei häufig nur eine grobe Kategorisierung in infrarote Wärmestrahlung (mehr als 750 nm), sichtbares Licht (380 bis 750 nm) und ultraviolettes Licht (UV-Licht, unter 380 nm) benutzt wird.

1.1.1 Beleuchtungsintensität

Als Faustregel gilt: Wenn Sie theoretisch gut Zeitung lesen könnten, ist es ausreichend hell.

Licht hat in der Tierhaltung viele Funktionen. Zunächst dient es Tieren und Menschen zum Sehen. Nur unter professioneller Beleuchtung haben Sie Ihre Tiere und Ihren Stall im Blick.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Überall im Stall sollten mindestens 100 Lux messbar sein. Rinder sehen nachts, aufgrund einer reflektierenden Schicht im Auge, allerdings besser als der Mensch.

1.1.2 Beleuchtungsdauer

Die Beleuchtungsdauer steuert unter anderem die Saisonalität der Fortpflanzung. Zwar ist dieses Phänomen bei Rindern weitgehend weggezüchtet, allerdings nimmt eine Kuh auch heute noch im Januar schlechter auf als im Juli. Lichtprogramme sind in diesem Zusammenhang sehr empfehlenswert.

Abb.1: Lichtansprüche von Rindern unterschiedlichen Produktionsstatus (Quelle: LFL Information „Licht und Lichtprogramme in der Rinderhaltung“)

Zudem haben Sie die Möglichkeit über die Beleuchtungsdauer Einfluss auf den Produktionsstatus ihrer Tiere zu nehmen. So ist es möglich, die durchschnittliche Milchleistung laktierender Kühe bei einem Langtag mit 16 Stunden Licht (200 Lux) durchschnittlich um 1,5–2kg zu steigern. Beim Jungvieh werden dadurch Futterverwertung und Euterentwicklung gefördert (Abb.1).

Trockensteher hingegen zeigen eine Milchleistungssteigerung in der Folgelaktation, wenn Sie einen Kurztagrhythmus mit 8 Stunden Helligkeit und 16 Stunden Dunkelheit erhalten.

1.1.3 Farbtemperatur

Bei der Auswahl der Leuchtmittel ist es nicht nur wichtig, dass Sie auf die gewünschte Beleuchtungsstärke achten, sondern auch darauf, dass sie eine geeignete Farbtemperatur liefern. Rinder sind Dichromaten, sie besitzen im Auge zwei Rezeptoren, einen für blau und einen für grün.

Blau, grün und gelb können Sie gut erkennen, eine rote Lichtquelle wird 10-mal weniger hell wahrgenommen, da ein Rinderauge in diesem Farbbereich nur 10% der Empfindlichkeit besitzt.

LED-Leuchtmittel können hier sehr nützlich sein. Je nach Ausgangssituation des Betriebes konnten Tierhalter in Verfahrensvergleichen einen betriebswirtschaftlichen Vorteil erreichen.

Wichtig für die Gesunderhaltung der Rinder ist auch das UV-Licht. Es beeinflusst die Fruchtbarkeit und die Abwehrkraft direkt. Und es kann Krankheitserreger (vor allem Viren) inaktivieren.

UV-Strahlung durchdringt keine festen Stoffe wie Fensterglas oder durchsichtige Kunststoffe (z.B. Plexiglas). Wenn auf Ihrem Betriebe Weidegang nicht möglich ist, können Sie den Tieren mit einem Laufhof Zugang zu UV-Licht ermöglichen.

Abb.2: Mehrhäusiger Laufstall mit integriertem Freigeländezugang im Fressbereich

Im Gegensatz zur Weide können die Tiere einen Laufhof sogar ganzjährig nutzen. Mehrhäusig gebaute Stallungen haben neben niedrigeren Baukosten den Vorteil, dass der Laufhof integriert werden kann. Das kann dazu beitragen, zusätzliche Emissionen gering zu halten: Ein integrierter Laufhof ist geschützter und kann in der Regel mit Schieber entmistet werden. Praktisch ist außerdem, dass die zusätzliche Fläche dort angeboten wird, wo die Tiere den größten Platzbedarf haben – im Fressbereich (Abb.2).

Gestalten Sie den Laufhof für Ihre Tiere attraktiv, indem Sie beispielsweise zusätzliche Fressplätze anbieten. Wenn Sie erhöhte Fressstände einführen, reduziert sich die zu reinigende und emittierende Lauffläche und der Laufbereich kann im Sinne einer guten Klauengesundheit sauber gehalten werden (Abb.3)

Abb.3: Strukturierter Laufhof mit erhöhten Fressständen und Schieberbahn

1.2 Luftfeuchte

Die Luftfeuchte im Stall entsteht

direkt durch die Tiere (Atemluft, Schwitzen),

indirekt durch die Tiere (Kot, Urin),

durch die Außenluft,

durch Tränke, Reinigung, Desinfektion.

1.2.1 Absolute Feuchte

Luft kann nur eine bestimmte Menge Wasser aufnehmen. Wie viel Wasser aufgenommen wird, ist ausschließlich von der Lufttemperatur abhängig: Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen.

Die absolute Feuchte gibt den Wassergehalt in g/m3 an. Die Sättigungsfeuchte ist die maximale Wassermenge, die bei einer gegebenen Temperatur von der Luft aufgenommen werden kann.

Gelangt warme Stallluft mit hohem Wassergehalt an kühlere Flächen (z.B. ein nicht wärmegedämmtes Dach) so kühlt sie ab und kann dementsprechend weniger Wasser aufnehmen. Die Folge: Es bildet sich Kondenswasser. Daher und zur Vermeidung einer Aufheizung des Stalles bei Sonneneinstrahlung, sollten Stalldächer mit Wärmedämmung ausgeführt sein.

1.2.2 Relative Luftfeuchte

Zur Beurteilung der Stallluft ist insbesondere die relative Luftfeuchte wichtig. Hierunter versteht man das Verhältnis von absoluter Feuchte zur Sättigungsfeuchte in Prozent.

Die relative Feuchte ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil von ihr die Aufnahme weiteren Wassers abhängt. Für das Rind ist die Wasserabgabe ein ganz wichtiger Weg zur Abkühlung und sie funktioniert nur, solange die Luft Wasser aufnehmen kann. Einem Rind stehen vier Mechanismen zur Verfügung, um überschüssige Wärme abzuführen.

Direkt durch:

Luftströmung/-bewegung (Konvektion)

Wärmeübertragung an eine kältere Schicht wie z.B. an die Liegefläche (Konduktion)

Strahlung (Abgabe von langwelliger Wärmestrahlung)

Indirekt durch:

Liegt die relative Feuchte nahe 100%, kann das Tier durch Verdunstung keine Kühlung mehr erlangen, auch wenn es noch so viel schwitzt oder hechelt. Deshalb ist trockene Hitze viel leichter zu ertragen, als feuchte. Umgekehrt trocknen die Schleimhäute der Tiere aus, sobald die relative Feuchte unter Werte von etwa 40% sinkt. Um eine Hitzestresssituation zu erkennen, wurde der Temperatur-Humidity-Index (THI) entwickelt. Dieser berechnet anhand der Lufttemperatur und der relativen Luftfeuchte einen Index, der eine Aussage zur Hitzestressbelastung zulässt. Werte über 80 sind kritisch einzustufen (Tab. 1).

Die optimale relative Luftfeuchte liegt für alle Nutztiere zwischen 50 und 80%. Werte außerhalb dieses Bereichs haben oft Atemwegserkrankungen zur Folge. Unter Außenklimabedingungen ergeben sich jedoch keine negativen Auswirkungen nasskalten Wetters mit relativen Feuchten von annähernd 100%, sofern Sie den Tieren eine wärmeisolierende, wind- und niederschlagsgeschützte Liegefläche zur Verfügung stellen.

1.2.3 Wasserkühlung

Zur Vermeidung von Hitzestress können Systeme auf Basis von Wasserkühlung zum Einsatz kommen. Dabei ist es wichtig, die grundsätzlich unterschiedlichen Mechanismen zu verstehen.

Die Hochdruckvernebelung basiert auf dem Prinzip, über feine Wasserdüsen die Luft abzukühlen. Dabei erhöht sich je Grad Abkühlung die Luftfeuchte um 5%.

Die Niederdruckversprühung hat zum Ziel, das Fell der Tiere selbst zu durchnässen. Die Abkühlung entsteht dann durch die Verdunstungskälte auf der Hautoberfläche.

Das Problem bei der Hochdruckvernebelung besteht in der Funktionssicherheit der feinen Düsen, die leicht verstopfen können und deshalb mit einer Entkalkungs- bzw. Filteranlage kombiniert sein müssen. Bei der Niederdruckversprühung liegt die Schwierigkeit in der Einhaltung der Zeitintervalle von beispielsweise 15 Minuten. Für beide Systeme müssen unbedingt Feuchtefühler zum Einsatz kommen, da sie nur bis zu einer relativen Luftfeuchte von 70% eingesetzt werden dürfen (Abb.4).

In Ländern mit hohen Durchschnittstemperaturen (z.B. Israel) werden für hochleistende Kühe teilweise Duschplätze eingerichtet. Die Tiere können bis zu 6-mal täglich duschen gehen, Ventilatoren sorgen für einen effektiven Abtransport des Verdunstungswassers (Abb.5).

Abb.4: Prinzipien der Wasserkühlung im Rinderstall

Abb.5: Wasserkühlung in Israel

1.3 Temperatur

Bei der Stalltemperatur ist zu unterscheiden zwischen:

der Lufttemperatur

der Temperatur der Liegefläche

der Wärmeleitfähigkeit des Untergrundes

der Temperatur von Wänden oder ähnlichen Bauteilen (soweit die Rinder mit diesen in Berührung kommen oder Wärme an sie abstrahlen)

Rinder produzieren durch ihre Lebensvorgänge eine gewisse Menge an Abwärme. Diese Abwärme ist von der Milch- oder Mastleistung der Rinder abhängig. Denken Sie beispielsweise an die Abwärme, die ein Automotor produziert, so wird schnell klar, dass ein Motor mit sehr hoher Leistung (Porschemotor) mehr Abwärme produziert, als ein Motor mit vergleichsweise niedriger Leistung (Trabbimotor). Genauso verhält es sich mit Ihren Kühen: Eine Hochleistungskuh produziert mehr Abwärme, als eine Kuh mit niedriger Leistung. Deshalb wird am Punkt B‘ (siehe Abb.6) zusätzlich die Leistung (Milch-/Mastleistung) zurückgefahren um weniger Abwärme zu produzieren. Der weite Temperaturbereich in dem lediglich durch die Abwärme und energetisch neutrale Regulationsmechanismen, wie die Hautdurchblutung, die Körpertemperatur konstant bleibt, wird als thermisch neutrale Zone bezeichnet (siehe Abb.6). In dieser Zone muss also weder für die Kühlung noch für das Heizen Energie aufgewendet werden. Der Punkt, ab dem geheizt werden muss, wird als untere kritische Temperatur bezeichnet. Dagegen wird der Punkt, ab dem mit Energieaufwand gekühlt werden muss, als obere kritische Temperatur bezeichnet. In Abbildung 6 sind das die Punkte T1 und T2.

Abb.6: Zonen der thermoregulatorischen Reaktion von Tieren in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur (Bianca, 1968)

Kleinere Körper kühlen schneller aus als größere. Das liegt an der relativ größeren Oberfläche im Vergleich zum Körpervolumen. Deshalb haben neugeborene Kälber einen höheren Wärmebedarf als erwachsene Rinder. Die untere kritische Temperatur bei Neugeborenen liegt bei 21°C. Haben sie eine tägliche Zunahme von 500g liegt sie bei 10°C, während Kühe mit einer täglichen Milchleistung von 25 Litern erst ab – 25°C anfangen müssen zu heizen.

Dass auch Mikroorganismen dazu in der Lage sind Wärme zu produzieren, kann man bei kalten Außentemperaturen an jedem dampfenden Misthaufen sehen. Das ist für die Beurteilung von Tiefstreu- oder Kompostierungsställen wichtig, da diese die Liegeflächen heizen, was für Rinder jenseits des Milchkalbalters in der Regel aufgrund der entstehenden Prozesswärme unangenehm ist.

Abb.7: Zusammenhang zwischen unterer kritischer Temperatur, Wärmestrom und Milchleistung (Kramer, Haidn und Schön, 1999)

Abb.8: Wärmedurchgang bei verschiedenen Liegeflächenausführungen (Kramer, Haidn und Schön, 1999)

Da Rinder einen großen Teil des Tages liegen, spielt auch der Wärmeabtransport und die Wärmezuleitung über die Liegefläche für die Festlegung der unteren kritischen Temperatur eine große Rolle. Wie man in Abbildung 7 sieht, haben (vor allem hochleistende) Kühe, bei vernünftiger Wärmedämmung der Liegefläche keine Probleme mit niedrigen Temperaturen.

Bereits bei 24°C beginnt die Milchleistung allerdings zu sinken. Potentiell heizende Liegeflächen, wie sie in Tretmist-, Tiefstreu- oder Kompostierungsställen auftreten, erfüllen die Ansprüche von Kühen an eine Liegefläche während der meisten Zeit des Jahres also nicht (Abb.8).

1.4 Luftbewegung

Die Luftbewegung hat Einfluss auf

die Thermoregulation,

den Abtransport entstehender Schadgase,

den Abtransport von Feuchte.

Wichtig ist neben der Lufttemperatur auch die Luftbewegung. So wie Kaffee oder Tee schneller auskühlt, wenn man darüber bläst, so kühlt auch der Körper schneller aus, wenn die Umgebungsluft sich bewegt. Bei kalten Außentemperaturen (im Winter) sollte, vor allem für kleine Kälber, die Luftbewegung maximal bei 0,3m/s liegen. Im Sommer ist es vor allem für die laktierenden Kühe wichtig, mit ausreichend dimensionierten Ventilatoren für eine entsprechende Luftbewegung (mindestens 1–2,5m/s) zu sorgen. Zusätzlich zur Luftbewegung kommt für Kühe auch die Wasserkühlung (siehe Kapitel 1.2.3) als Abkühlungsmöglichkeit in Betracht.

1.4.1 Zugluft

In traditionellen geschlossenen Ställen mit ihren viel zu hohen Temperaturen und den hohen Schadgasgehalten war die Zugluft besonders gefürchtet. Wenn die Luft den Körper nur teilweise trifft und um mehr als 4°C kälter als die Stallluft ist, wird dies als Zugluft empfunden. Für kleine Kälber im Winter werden dann Luftgeschwindigkeiten von maximal 0,3m/s, für erwachsene Rinder im Sommer 0,6m/s empfohlen. Bei den heute üblichen Außenklimaställen spielt Zugluft allerdings nur eine ganz untergeordnete Rolle.

1.4.2 Einsatz von Ventilatoren

Je nach Standort des Stalles ist an einigen Tagen im Jahr auch bei freibelüfteten Außenklimaställen mit Trauf-First-Lüftung oder Querlüftung eine Unterstützung durch Ventilatoren notwendig. Schalten Sie die Ventilatoren nach Möglichkeit schon ein, bevor die Tiere durch erhöhte Atemfrequenz oder gar Hecheln mit geöffnetem Maul Hitzestresssymptome zeigen. Um dieser Empfehlung zu jeder Zeit nachkommen zu können, empfiehlt es sich die Ventilatoren über Stallklimasensoren, also Temperatur- und Luftfeuchtefühler, automatisch steuern zu lassen. Die Systeme verfolgen unterschiedliche Ziele: die Erhöhung von Luftaustausch, Luftzirkulation oder Luftgeschwindigkeit. Bei der Entscheidung für ein System und vor der Installation müssen die Hauptwindrichtung am Standort und die Gebäudeform und -höhe beachtet werden. Axialventilatoren haben nur eine begrenzte Wurfweite. Als Faustformel gilt: Durchmesser des Ventilators mal Faktor 10 ist gleich Wurfweite. Langsame Deckenventilatoren wälzen die Luft geräuscharm und energieeffizient um und sind aufgrund dieser beiden praxisrelevanten Aspekte eine Überlegung wert.

1.5Schadgase

In der Stallluft wurden bereits 138 verschiedene Gase nachgewiesen, über deren Bedeutung für das Tier jedoch nicht in jedem Fall ausreichend Kenntnis vorliegt. Auf jeden Fall schädigend ist Ammoniak, das auch als Umweltgas eine wichtige Rolle spielt. Ammoniak ist ein Schadgas, das nicht direkt von den Kühen, sondern durch Umsetzungsprozesse von Mikroorganismen produziert wird. Die Quelle für ca. 80% des Gases, ist der mit dem Harn ausgeschiedene Harnstoff. Bei der Zerlegung eines Moleküls Harnstoff in zwei Moleküle Ammoniak und ein Molekül Kohlenstoffdioxid wird Energie frei, die die Bakterien nutzen können. Da Bakterien aber von Energie alleine nicht leben können, benötigen sie zusätzlich den Kot als Quelle für weitere Baustoffe. Diese Reaktion setzt schon 20 Minuten nach der Ausscheidung des Harns nennenswerte Mengen Ammoniak frei. Trennt man nun Harn und Kot möglichst direkt nach der Ausscheidung, so kann nur wenig Ammoniak gebildet werden. Diese Kot-Harn-Trennung wurde im Mastschweinestall durch ein doppeltes Gefälle der Schieberbahn verbunden mit einem Siphon, über den der Harn abläuft, erfolgreich getestet. Für Rinder ist das Verfahren noch nicht geprüft, weil sich Schadgaskonzentrationen und Minderungsmaßnahmen in frei belüfteten Ställen schwer messen lassen. Dennoch werden Schieberbahnen in Praxisbetrieben teilweise bereits mit 3 %igem Quergefälle und Harnrinne ausgeführt. Dabei muss lediglich beachtet werden, dass die Rutschsicherheit gewährleistet bleibt. Hier empfehlen sich verformbare Gummimatten (siehe Hintergrundinformation Laufgangausführungen) da sie sowohl klauen- als auch reinigungsfreundlich ausgeführt werden können.

1.6 Staub

Staub besitzt mehrere Eigenschaften, die Tieren und Menschen schaden können:

wirkt belästigend

kann Haut, Schleimhäute (vor allem im Atmungstrakt) mechanisch schädigen

kann toxisch wirken

kann Träger und Nährmedium für Mikroorganismen (insbesondere Bakterien) sein

verschmutzt und schädigt die Stalleinrichtung

Staub besteht aus kleinen Feststoffpartikeln, die sich aufwirbeln lassen und für einige Zeit als Staub-Luft-Gemisch erhalten bleiben. Grobstaub ist vor allem für die technische Einrichtung des Stalles schädigend, für das Tier ist er vor allem lästig. Gefährlich für das Tier kann die einatembare Fraktion (E-Staub, 5–25 µm) und insbesondere die alveolengängige Fraktion (A-Staub, < 5 µm) sein (siehe Tab. 2). E-Staubpartikel sind so groß, dass sie vom Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien aufgehalten und meist ohne Husten entfernt werden. Alveolengängiger Staub gelangt mit allen anhaftenden Mikroorganismen und Endotoxinen (bestimmte Bakteriengifte) bis in die Lunge und kann dort den Sauerstoffaustausch behindern oder allergische Reaktionen auslösen.

Es ist allerdings nicht gerechtfertigt Einstreu allein wegen der Staubentwicklung abzulehnen. Aufgrund der unterschiedlichen Herkunft und Partikelgröße ist Staub nicht gleich Staub. Grobstaub aus einwandfreier Stroheinstreu hat eine viel geringere schädigende Wirkung, als Feinststaub aus eingetrockneten Exkrementen. Mycotoxine (Pilzgifte) aus verschimmeltem Stroh können jedoch auch über den Staub und nicht nur bei oraler Aufnahme ihre schädigende Wirkung entfalten. Deshalb ist es, schon allein vor dem Hintergrund des Arbeitsschutzes, aber auch im Sinne einer guten Tierhaltung, sinnvoll staubmindernde Maßnahmen zu treffen. Sie können die Tiere beim automatisierten Einstreuen beispielsweise aus dem Stall entfernen oder dann einstreuen, wenn sie gerade abwesend sind. Oder Sie schaffen mit einer leichten Befeuchtung der Einstreu Abhilfe: So kann der Staub für den Zeitraum des Einstreuens gebunden werden und es kommt zu einer verringerten Staubentwicklung. Schädliche Stäube treten vor allem dann auf, wenn auch die anderen Stallklimaparameter, vor allem die Schadgase im suboptimalen Bereich liegen. Staub ist oft lediglich ein sichtbarer Indikator für ein allgemein schlechtes Stallklima.

Tab. 2: Einteilung der Staubfraktionen nach ihrer Partikelgröße

Staubfraktion

Partikelgröße

Gesamtstaub

> 10 µm

Inhalierbare Partikel PM10

< 10 µm

Lungengängige Partikel PM2,5*

< 2,5 µm

Ultrafeine Partikel PM 0,1

< 0,1 µm

* Partikel, die einen größenselektierenden Lufteinlass passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 10 µm eine Abscheidewirksamkeit von 50% hat (nach EN12341), dies gilt entsprechend für Feinstaub PM2,5

Eine Staubverminderung ist nur durch Lüftung möglich. Da die Luftwechselrate jedoch durch die Notwendigkeit der Abfuhr der Schadgase erzwungen und durch die Vermeidung von Zugluft und ggfs. Wärmeverlust begrenzt ist, bleibt wenig Spielraum für ein gesondertes Staubmanagement.

1.7 Keimdruck

Mit dem allgemeinen Begriff Keim werden alle Mikroorganismen (Viren, Bakterien oder Pilze) bezeichnet, die krankmachend sind.

Im Zusammenhang mit dem Keimdruck ist es sinnvoll zwei Gruppen von Keimen zu unterscheiden:

Mikroorganismen, die sich nur im lebenden Tier (Wirt) vermehren können

Mikroorganismen, die auch in der unbelebten Stallumwelt vermehrungsfähig sind

Es gibt Mikroorganismen, die sich nur im lebenden Tier vermehren können. Dazu zählen alle Viren (z.B. die Erreger der Maul- und Klauenseuche, BVD/MD und IBR) und Parasiten (z.B. Kryptosporidien und Magen-Darm-Würmer), aber auch einige Bakterien. Ihre Zahl in der Stallumwelt hängt von der Zahl der ausscheidenden Tiere und von der Entfernung der Ausscheidungen, also von Kot, Harn und Ausatemluft ab. Diesen Mikroorganismen können Sie mit professioneller Reinigung und Desinfektion entgegenwirken.

Außerdem gibt es Erreger, die sich, auch ohne Wirt, in der Stallumwelt vermehren können. Zu dieser Gruppe zählen Bakterien wie Escherichia coli, Salmonellen, Staphylokokken, Streptokokken usw.

Desinfektion macht ohne das Entziehen der unten beschriebenen fünf Bedingungen, die Bakterien zum Vermehren brauchen, nur wenig Sinn. Man muss immer bedenken, dass sich Bakterien unter optimalen Bedingungen alle 20 Minuten einmal teilen und die Zahl sich somit verdoppelt. Das führt in kürzester Zeit zu einer enormen Bakterienzahl (exponentielle Vermehrung2). Da es im Stall nie möglich sein wird, alle Bakterien mit einer Desinfektion abzutöten, stellt sich nach nur wenigen Stunden der Keimdruck wieder auf den Ausgangswert ein, sofern die Lebensbedingungen für die Bakterien optimal sind.

Für die Vermehrung von Bakterien sind fünf Bedingungen notwendig, die alle gleichzeitig erfüllt sein müssen. Fehlt nur ein Faktor, kann kein Bakterienwachstum stattfinden. Am einfachsten können Sie sich das vorstellen, wenn Sie einmal daran denken, wie Lebensmittel haltbar gemacht werden. Denn Lebensmittelverderb ist das Werk von Bakterien. Da wird vakuumiert, eingekocht, getrocknet und vor allem gekühlt. Machen auch Sie es den Bakterien ungemütlich!

Nährstoffe (das Substrat): Bakterien brauchen zum Aufbau ihrer Zellen sowohl Baustoffe (Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff usw.), als auch Energie. Diese Nährstoffe sind am leichtesten verfügbar aus organischem Material, also aus den Nutztieren selbst, aus dem Kot und vor allem auch aus Futtermitteln.

Wasser