Rock Kiss - Ich will alles von dir - Nalini Singh - E-Book

Rock Kiss - Ich will alles von dir E-Book

Nalini Singh

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Beschreibung

Kit Devigny und Gitarrist Noah St. John dachten, sie seien füreinander bestimmt - bis Noah Kits Herz brechen musste, um sein dunkelstes Geheimnis bewahren zu können. Seine ganze Liebe gehört seitdem der Musik. Doch dann berichtet eine falsche Pressemeldung von seinem Liebescomeback mit Kit, deren Karriere daraufhin ordentlich ins Rollen kommt - und Noah bringt es nicht übers Herz, den Fehler richtig zu stellen. Er willigt ein, für einige Zeit Kits charmanten Freund zu spielen, auch wenn er vom ersten Moment an spürt, dass diese Illusion viel zu real, schmerzhaft und wunderschön ist. Doch ist es für Vergebung wirklich schon zu spät?

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Inhalt

TitelZu diesem BuchGebrochen12345678910111213141516171819202122232425262728293031323334353637383940EpilogDanksagungDie AutorinNalini Singh bei LYXImpressum

NALINI SINGH

Rock Kiss

Ich will alles von dir

Roman

Ins Deutsche übertragen vonPatricia Woitynek

Zu diesem Buch

Schauspielerin Kit Devigny fällt aus allen Wolken, als sie sich beim Frühstück nichtsahnend in der Klatschpresse entdeckt: Ein ungünstig aufgenommenes Bild von ihr und Noah St. John, dem weltberühmten Gitarristen von Schoolboy Choir, hat dazu geführt, dass die Welt sie nun für das neue Traumpaar am Musikhimmel hält – und das obwohl Noah ihr vor Jahren mehr als deutlich zu verstehen gegeben hat, dass sein Herz einzig und allein für die Musik schlägt. Um den Medienrummel um ihre Person zu beenden, will Kit das Missverständnis so schnell es geht aus der Welt schaffen. Doch der plötzliche Ruhm beschert ihr nicht nur längst vergessen geglaubte Gefühle, sondern völlig unerwartet auch das Angebot für ihre Traumrolle. Das Chaos ist perfekt, als dann auch noch Noah bei ihr auftaucht. Der charmante Musiker weiß, dass er Kit, um ein dunkles Geheimnis zu bewahren, schon genug verletzt hat, und bringt es nicht übers Herz, jetzt auch noch ihre Karriere zu zerstören. Er bietet ihr an, ihre Scheinbeziehung weiter aufrechtzuerhalten, doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto deutlicher spürt Noah, dass ihm plötzlich kein Geheimnis der Welt mehr wichtiger ist als seine Gefühle für Kit …

GEBROCHEN

Kit lächelte, als sich die Aufzugtüren öffneten, gleich nachdem sie den Knopf gedrückt hatte. Mit klopfendem Herzen stieg sie ein und musste an sich halten, um nicht bis über beide Ohren zu grinsen. Sie würde Noah wiedersehen! All ihren Bemühungen zum Trotz hatte sie es nicht zu dem Konzert geschafft, aber er würde es ihr nicht übelnehmen, das wusste sie. Noah war ihre wichtigste Stütze dabei gewesen, den Sprung von der Soap-Darstellerin zur Filmschauspielerin zu vollbringen.

Nun hatte sie eine Rolle in Last Flight ergattert, einem Kinofilm, der auf einem herzzerreißenden Buch basierte, dessen Handlung im kriegsgebeutelten Kongo angesiedelt war. Das Budget war derart mager, dass sich die Kostüme aus Kleidungsstücken zusammensetzten, die die Schauspieler und die Crew zur Verfügung gestellt hatten, aber Kit war sich schon jetzt sicher, dass der fertige Film ein atemberaubend emotionales Erlebnis sein würde. Da das Produktionsteam keine Drehgenehmigung für den Kongo bekommen hatte, würden sie ersatzweise demnächst in einen anderen Teil Afrikas aufbrechen, um dort die Außenaufnahmen zu filmen.

Diese Reise würde den Großteil des Budgets verschlingen.

Bis dahin versuchten die Filmemacher, möglichst viele Innenaufnahmen in möglichst kurzer Zeit in den Kasten zu bekommen. Der Zeitplan war mörderisch, aber Kit würde durchhalten. Zum einen liebte sie das Drehbuch, zum anderen könnte dieser Film sie in die Riege ernst zu nehmender Schauspielerinnen katapultieren. Für eine Frau, die ihre gesamte Karriere darum gekämpft hatte, nicht als verwöhnte Göre abgestempelt zu werden, die sich an der Kunst versuchte, bedeutete das alles.

Nach dem Abschminken – in der Maske hatte sie ein ausgemergeltes, kränkliches Aussehen verpasst bekommen – hatte sie Feuchtigkeitscreme, einen Hauch Wimperntusche und einen leichten Lipgloss aufgetragen. Noah hatte sie schon oft ohne ihr »Gesicht« gesehen und mochte sie so. Bei ihm konnte sie ganz sie selbst sein, ohne glanzvollen Schutzschild.

Im Gegenzug war der Rockstar Noah St. John in ihrer Gegenwart einfach nur Noah. Wenn er sie neckte, indem er sie Katie nannte, brachte das Lächeln, das er für sie reservierte, seine dunkelgrauen Augen zum Leuchten. Es war ein wenig schief, sein privates Lächeln, und mehr als nur ein bisschen durchtrieben. Er war ohnehin umwerfend, aber dieses Lächeln machte ihn unwiderstehlich. Und es war nur für sie, für sie allein.

Sie trug dieses Wissen wie einen Schatz im Herzen.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich auf der VIP-Etage.

Ohne eine spezielle Schlüsselkarte hätte sie nicht hier heraufgelangen können, aber wie immer hatte Noah das Hotelpersonal angewiesen, ihr eine zu geben. Der Mann am Empfang heute Abend war sehr diskret gewesen und hatte ihr die Schlüsselkarte samt Noahs Zimmernummer in einem Umschlag überreicht. Kit wusste, dass sie und Noah eines Tages auffliegen würden – irgendjemand würde der Presse eine Geschichte verkaufen oder sich der falschen Person anvertrauen. Aber einstweilen konnten sie ihre Privatsphäre genießen und sich näherkommen, ohne von den Objektiven sensationslüsterner Paparazzi belästigt zu werden.

Es half, dass Kit noch nicht allzu bekannt war. Noah war natürlich eine Berühmtheit, gleichzeitig stand er in dem Ruf, Frauen zu mögen, darum würden die Klatschreporter sich vermutlich nicht sofort auf die Geschichte stürzen, selbst wenn sie Wind davon bekämen. Sie war einfach nur eine weitere Frau unter vielen, die mit Noah in Verbindung gebracht wurden.

Kit bekam ein flaues Gefühl im Magen, und ihr Lächeln verblasste, als sie den Flur entlangging.

Sie kannte die Mitglieder von Schoolboy Choir schon seit der Woche, in der sie – jung und pleite und hartnäckig ihren Traum verfolgend – in Los Angeles eingetroffen waren. Kit hatte damals als Kellnerin gearbeitet, fest entschlossen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und ihren Durchbruch als Schauspielerin aus eigener Kraft zu schaffen. Nach Ansicht ihrer Familie hatte sie es mit ihrem Streben nach Unabhängigkeit übertrieben, aber es war Kit wichtig gewesen, nicht am Rockzipfel ihrer Eltern zu hängen. Sie hatte sogar den Künstlernamen Devigny angenommen, anstatt den wohlbekannten und unverwechselbaren Namen Ordaz-Castille zu verwenden.

Noah, Fox, Abe und David waren eines Abends spät in das Diner gekommen, als sie allein Dienst gehabt hatte. Anfangs war sie argwöhnisch gewesen – die Jungs kamen gerade von ihrem Job auf einer Baustelle und sahen entsprechend schmutzig, staubig und abgerissen aus. Dann hatte sie erkannt, dass die vier zusammen einen Song komponierten. Einer hatte mit den Fingern auf die Tischplatte getrommelt und ein zweiter gedämpft dazu gesungen, mit Unterbrechungen seitens der anderen hinsichtlich Kadenz und Rhythmus.

Sobald ihr klar geworden war, dass die Jungs, so wie sie selbst, daran arbeiteten, den Durchbruch zu schaffen, hatte sie sie lächelnd darauf hingewiesen, dass sie nicht leise sein mussten, weil nur sie fünf in dem Lokal waren. Sie hatten gegrinst und sie gebeten, als ihr Publikum zu fungieren, woraufhin sie einem Song gelauscht hatte, der schließlich der zweite Nummer-eins-Hit der Band werden sollte.

Mit Fox, Abe und David hatte sie sich auf Anhieb verstanden.

Nicht so mit Noah.

Alles war zu intensiv zwischen ihr und ihm gewesen, die Energie zu knisternd und fordernd. Vielleicht wäre sie der erotischen Anziehungskraft erlegen, die die Luft zum Flirren brachte, wann immer sie einander nahe waren, hätte Noah nicht die Frauen gewechselt wie andere Männer ihre T-Shirts. Nach einer Nacht hatten sie ausgedient.

Vor fünf Monaten schließlich hatten sich die Dinge verändert. Sie und Noah waren Freunde geworden, und obwohl sie sich nie auch nur geküsst hatten, war die Beziehung zwischen ihnen die intimste, die Kit je gehabt hatte. Ihr blutete das Herz vor Sehnsucht, wann immer sie getrennt waren. Er kannte ihre Träume, und sie erhaschte immer häufiger einen Blick auf die seinen, während aus ihrer Freundschaft langsam und auf wundervolle Weise Liebe wurde.

Womöglich würden sie sich in dieser Nacht endlich zum ersten Mal küssen.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich bei der Erinnerung daran, wie nahe sie einem Kuss beim letzten Mal gekommen waren. Sie hätte seine Wimpern zählen können, hatte seinen Atem auf ihrer Haut gespürt, den hämmernden Puls an seinem Hals bemerkt. Es hatten nur wenige Zentimeter gefehlt, und ihre Lippen hätten sich berührt.

Sie verzehrte sich so sehr danach, dass sie wahrscheinlich explodieren würde, sobald es passierte.

Vor seiner Tür angekommen holte sie tief Luft, klopfte jedoch nicht an. Noah hatte sie angewiesen, einfach einzutreten. Beim letzten Mal, als sie geklopft hatte, war er noch unter der Dusche gewesen, um sich nach dem Konzert frisch zu machen, darum war sie auch da einfach hineingegangen. Kit spürte, wie ihre Selbstkontrolle einem breiten, törichten Lächeln wich, als sie die Schlüsselkarte gegen den Türknauf hielt.

Als die Tür verschlossen blieb, sah sie nach unten.

»Idiotin«, murmelte sie, als sie begriff, dass sie die Karte in den Schlitz stecken musste. »Man könnte meinen, du wärst eine Fünfzehnjährige, die ihren Schwarm zum allerersten Mal allein trifft.«

Doch genau so fühlte sie sich. Glücklich und aufgeregt und überschäumend vor Liebe. Nie zuvor hatte ein Mann solche Empfindungen bei ihr geweckt. Sie konnte das Versprechen von Unvergänglichkeit in Noahs Augen sehen, und es nahm ihr Herz und ihre Seele gefangen. Ihre Brust fühlte sich eng an, so sehr war sie von ihren Emotionen ergriffen, als sie die Tür aufdrückte. Leise, gemächliche Musik war zu vernehmen. Ihr Lächeln wurde breiter. Noah war immer von Musik umgeben. Selbst wenn er ein Buch las, lief welche im Hintergrund.

»Es ist wie ein zweiter Herzschlag«, hatte er ihr einmal erklärt. »Ich vermisse die Musik, wenn keine da ist, auch wenn ich sie nicht immer bewusst wahrnehme.«

Das machte vollkommen Sinn für sie und gab ihr einen weiteren Einblick in seine Seele.

Kit wollte beim Betreten des Wohnzimmers seiner Suite schon seinen Namen rufen, als etwas sie davon abhielt und sich eine dunkle, grausame Furcht in ihrem Magen breitmachte. Die Lichter waren an, es lief Musik, und sie konnte Essensreste auf einem Zimmerservice-Tablett sehen, folglich war Noah hier, aber …

In diesem Moment entdeckte sie, was ihr Unterbewusstsein bereits erfasst und verarbeitet hatte.

Ein goldener, zehn Zentimeter hoher Stiletto lag auf dem Teppich neben dem Tisch mit dem Tablett und funkelte im Lampenschein.

Plötzlich fühlte es sich so an, als würde der Absatz in Kits Brust stecken, so unerträglich war der Schmerz. Sie wusste, dass sie sich umdrehen und verschwinden sollte, aber sie konnte nicht. Sie musste sich vergewissern, musste ganz sichergehen. Noah bedeutete ihr zu viel, um einen Fehler oder Zweifel zu riskieren.

Obwohl ihr Herz wie erstarrt war und sie kaum noch genügend Luft bekam, um eine Ohnmacht zu verhindern, zwang sie sich, zu der offenen Schlafzimmertür zu gehen. Auf ihrem Weg dorthin entdeckte sie den zweiten Schuh, zusammen mit einem zusammengeknüllten schwarzen T-Shirt, das achtlos auf den Boden geworfen worden war.

Sie ballte die Faust und drückte sie gegen den Mund, um den heftigen Kummer in Schach zu halten, der sich in einem Schrei Bahn brechen wollte. Einem Schrei, der nie wieder verstummen würde.

Dann fiel ihr Blick auf ein glitzerndes paillettenbesetztes Stoffknäuel, bei dem es sich wohl um ein Kleid handelte, und der Schmerz wurde unerträglich.

Kit kämpfte gegen den Würgereiz an – sie würde nicht zusammenbrechen, nicht hier, wo Noah sie sehen konnte – und machte den letzten Schritt bis zur Tür.

Und ihr Herz brach entzwei.

Noah war auf dem Bett und sah so hinreißend aus wie immer. Die goldblonden Haare fielen ihm in die Stirn, und seine Rückenmuskeln spannten sich unter seinen Tätowierungen, während er sich über einer Frau, deren Gesicht Kit im Gegensatz zu ihren großen, hohen Brüsten nicht ausmachen konnte, auf den Armen aufstützte.

Das Laken verbarg Noahs Unterkörper, aber die eindeutigen, unverwechselbaren Bewegungen seines Beckens ließen keinen Zweifel daran, was er gerade tat. Und selbst dabei wirkte er wunderschön, registrierte ein Teil von ihr, wie Musik, der man körperliche Gestalt gegeben hatte.

Der Gedanke reizte sie zum Lachen, und sie begriff, dass sie kurz vor einem hysterischen Anfall stand.

In diesem Moment schaute er auf, und ihre Blicke trafen sich durch das Zimmer hinweg. Alles in ihr erstarrte und wurde taub, während die Splitter ihres zerbrochenen Herzens sie innerlich zerfetzten.

1

Kit stöhnte, als ihr Handy klingelte. Blindlings streckte sie die Hand nach dem Nachttisch aus, gleichzeitig verwünschte sie sich selbst, weil sie vergessen hatte, es auszuschalten, um ein paar Stunden ungestört zu schlafen, bevor sie um vier Uhr morgens in die Maske musste.

Es würde Spaß machen und gut für ihre Karriere sein, hatte ihre Agentin ihr versichert, als sie Kit empfohlen hatte, die Rolle in dem Superhelden-Streifen anzunehmen. Sie hatte gerade zwei ernsthafte und emotional aufreibende Projekte hinter sich und daher Harpers Rat befolgt, in dem hoch budgetierten Actionfilm mitzuspielen. Leider hatte Harper vergessen, die vier Stunden in der Maske zu erwähnen, die erforderlich waren, um Kit in ihre Figur zu verwandeln. Und das täglich.

»Was ist?«, fauchte sie, ohne nachzusehen, wer der Anrufer war.

»Hallo, Katie.«

Jede Zelle ihres Körpers wurde mit einem Schlag wach. Sie starrte mit brennenden Augen an die Decke. Ihr Herz wummerte, sie hatte Mühe zu schlucken. Sie hasste es, dass er das bei ihr bewirken konnte, aber sie kam nicht gegen ihre instinktive Reaktion auf Noah an. Sie versuchte es schon seit zwei Jahren und drei Monaten.

»Noah«, sagte sie ausdruckslos. »Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«

»Viertel nach zwei«, antwortete er.

Kit hätte auflegen sollen. Gott, er hatte sie so sehr verletzt. Aber etwas in seiner Stimme veranlasste sie, sich aufzusetzen. »Bist du betrunken?« Eine Sache wusste sie über Noah: Ungeachtet seines Bad-Boy-Images war er niemals blau. Er mochte manchmal den Anschein erwecken, aber wenn man ihm tief in seine dunkelgrauen Augen sah, stellte man ausnahmslos fest, dass er nüchtern war.

»Wahrscheinlich.« Eine Pause, dann: »Ich wollte einfach deine Stimme hören. Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe.«

»Warte«, sagte sie, bevor er auflegen konnte. »Wo bist du?«

»In irgendeiner Absteige.« Er holte tief Luft und stieß den Atem wieder aus. »Ich entschuldige mich für mein Arschlochverhalten. Das wollte ich dir unbedingt sagen. Ich kann nicht auflegen, ohne dir das gesagt zu haben.«

»Noah.« Sie hatte ein furchtbar mulmiges Gefühl im Bauch. »Wo genau steckst du?«

»Im Blue Flamingo Inn, abseits vom Hollywood Boulevard. Weit, weit abseits.« Er lachte, aber es lag kein Humor darin. »Es hat ein Neonschild mit einem – Überraschung! – blauen Flamingo darauf, das direkt in mein Fenster leuchtet. Scheint, als hätte jemand die Vorhänge geklaut.«

Kit schnappte sich ihren Laptop, der sich in Reichweite befand, da sie vor dem Einschlafen ein paar E-Mails beantwortet hatte, und machte das Blue Flamingo Inn ausfindig. Aber Noah hatte bereits aufgelegt, nachdem er in seltsam rauem Tonfall gesagt hatte: »Ich liebe deine Stimme, Kit.«

Als sie ihn zurückrief, ging er nicht dran.

»Verdammt! Verdammt!« Sie schob die Decke beiseite, in die sie sich eingemummelt hatte, weil die Klimaanlage wie jede Nacht auf eiskalt eingestellt war. Bibbernd zog sie eine Jeans und ein altes Sweatshirt über den Slip und das Tanktop, worin sie geschlafen hatte.

Sie band ihre schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, damit sie ihr nicht ins Gesicht fielen, steckte ihr Handy in die eine Hosentasche, ihre Kreditkarte und den Führerschein in die andere, dann rannte sie in die Küche, schnappte sich ihre Schlüssel vom Tresen und schlüpfte in die Tennisschuhe, die neben der Tür zur Garage standen.

Drei Minuten nachdem Noah aufgelegt hatte, saß sie mit trockenem Mund und einem bangen Gefühl im Magen in ihrem Auto und war auf dem Weg zu dem Motel. »Bitte, sei okay, bitte, sei okay, bitte, sei okay«, wiederholte sie mantraartig, was sie zwar nicht beruhigte, jedoch ihre Konzentration stärkte.

Sie wollte Molly und Fox anrufen, wahlweise einen der anderen aus der Band, aber derzeit war keiner von ihnen in der Stadt. Schoolboy Choir hatten erst vor etwas mehr als zwei Wochen das Abschlusskonzert ihrer außerordentlich erfolgreichen Tournee gegeben. Am Tag danach waren alle zu verschiedenen Orten aufgebrochen, um zu entspannen und neue Kräfte zu tanken.

»So sehr ich diese Kerle liebe«, hatte David mit einem Grinsen erklärt, das bis in seine goldbraunen Augen reichte, »habe ich ihre hässlichen Visagen jetzt seit Monaten gesehen. Wir alle müssen etwas Dampf ablassen, sonst fangen wir noch an, uns anzuzicken.«

Damals hatte Kit verständnisvoll genickt, sie hatte die gleiche Erfahrung bei langen Dreharbeiten am selben Ort gemacht. Doch jetzt wünschte sie sich, die anderen wären hier und nicht im ganzen Land verstreut, denn irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit Noah.

»Noah nimmt keine Drogen«, sagte sie laut, während sie so schnell fuhr, wie sie es wagte, denn sie wollte nicht riskieren, gestoppt zu werden, weil das zu einer weiteren Verzögerung geführt hätte. »Er ist nicht der Typ, der –« Sie brachte die Worte nicht über die Lippen, durfte nicht einmal daran denken, dass Noah sich etwas antun könnte. »Nein«, sagte sie bestimmt, ihre Hände so fest um das Lenkrad gekrampft, dass die Knöchel weiß hervortraten. »So ist Noah nicht.«

Er mochte ein Mistkerl sein, doch er würde niemals seinen Freunden und seiner Familie Leid zufügen, indem er Selbstmord beging. Seine Schwester war erst einundzwanzig, und Noah liebte sie abgöttisch. Wenn schon sonst nichts, würde sein Bedürfnis, Emily vor ihren überbehütenden Eltern zu schützen, ihn davon abhalten, etwas Dummes und … Unwiderrufliches zu tun.

Ihr Handy piepte. Sie griff danach und drückte den Knopf, um den Bluetooth-Lautsprecher und das Mikrofon zu aktivieren. »Es ist alles in Ordnung«, versicherte sie dem Mann von ihrem Sicherheitsdienst.

»Casey ist in dem Wagen hinter Ihnen.«

Kits Blick erfasste die Scheinwerfer in ihrem Rückspiegel. Es überraschte sie nicht, dass der Personenschützer sich trotz des Tempos, mit dem sie aufgebrochen war, an ihre Fersen geheftet hatte. Sie hatte Casey, Butch und deren Team angeheuert, weil sie verdammt gut waren, aber heute Abend musste sie allein sein. Was immer passierte, Noah würde sofort dichtmachen, wenn sie in Begleitung eines Fremden bei ihm einträfe.

»Weisen Sie Casey an, zu folgendem Ort zu fahren und dort zu warten.« Sie nannte ihm eine Adresse, circa fünf Minuten vom Blue Flamingo entfernt. »Ich melde mich bei ihm, falls ich ihn brauche.«

»Deaktivieren Sie nicht den GPS-Sender an Ihrem Wagen. Das ist nicht gerade der beste Stadtteil.«

»Ich weiß. Das werde ich nicht.« Kit wollte ungestört sein bei dieser Sache, gleichzeitig war sie nicht dumm, nicht mit einem Stalker im Nacken, der mit furchteinflößender Hartnäckigkeit versuchte, an sie heranzukommen. »Aber stellen Sie sicher, dass Casey mir nicht folgt, Butch. Ich brauche Privatsphäre bei dem, was ich vorhabe, und wenn Sie darauf keine Rücksicht nehmen, auch wenn es zu meinem Schutz ist, kann ich Ihnen nicht länger vertrauen.«

»Beim geringsten Anzeichen von Ärger werden Sie den Alarmknopf betätigen«, befahl Butch. »Verstanden?«

»Verstanden.« Offiziell war Kit die Chefin der beiden Männer, doch sie schützten sie nun schon so lange, dass sie Freunde geworden waren. So eiskalt und gefährlich sie sich in der Öffentlichkeit gaben, behandelten sie sie privat wie eine jüngere Schwester. Das war mit ein Grund, warum sie die zwei Ex-Marines so sehr mochte. Ihre Mitarbeiter waren zwar jünger, aber ebenso engagiert und professionell.

Sie beendete das Telefonat und folgte den Anweisungen ihres Navigationssystems, um auf kürzestem Weg zu dem Motel zu gelangen. Butchs Anruf hatte sie ein paar Minuten abgelenkt, aber jetzt kehrte die Angst zurück. Über die Freisprechanlage versuchte sie noch einmal, Noah zu erreichen.

Er nahm nicht ab.

Sollte sie den Notarzt oder die Polizei verständigen? Was, wenn sie sich irrte und Noah nur im Alkoholdelirium war? Sämtliche Medien würden davon Wind bekommen. Er würde ihr niemals verzeihen.

Dieses Risiko wäre Kit eingegangen, aber die Vorstellung, Noah den Blicken Fremder auszusetzen, während er verletzbar war … Nein, das konnte sie nicht tun. »Du solltest besser nichts Dummes angestellt haben, Noah.«

Sie bemühte sich, ihre Panik im Zaum zu halten, während sie an heruntergekommenen Geschäften und kraftlosen Palmen vorbeifuhr, die Straßenecken in Beschlag genommen von kleinen Gruppen weiblicher und männlicher Prostituierter, deren Zuhälter im Hintergrund lauerten. Noah war nicht einfach nur abseits des Hollywood Boulevards – er hatte inmitten von Glanz und Glamour ein dunkles Rattenloch gefunden. Gut, dass ihr Wagen keine Aufmerksamkeit erregte.

Kit hatte die treue braune Limousine genommen – das erste Auto, das sie sich je selbst gekauft hatte. Es war alt und staubig genug – sie hatte es längst in die Waschstraße bringen wollen –, dass man sie vermutlich für einen weiteren Ehemann mittleren Alters hielt, der auf ein billiges Vergnügen aus war.

Ein potenzieller Kunde für die Prostituierten, dessen Auto einen Raub jedoch nicht lohnte.

Sie dankte dem Wagen, der sie zu mehr Castings transportiert hatte, als sie zählen konnte, und fuhr weiter, ohne den Nebenschauplatz zu beachten. Dann tauchte das in grellblaues Licht getauchte Blue Flamingo Inn aus der Dunkelheit auf. Sie bog auf den Parkplatz ein und erkannte, dass das Neonschild die hellste Beleuchtung an dem Motel war.

Eine Glühbirne flackerte am oberen Treppenabsatz des u-förmigen Gebäudes, und im Empfangsbüro hing eine gelbstichige Funzel, das war’s. Alles wirkte düster und schmuddelig – der perfekte Ort, um ausgeraubt zu werden, nur dass jeder Dieb diese deprimierende Bruchbude bestimmt längst abgeschrieben hatte. Kit parkte den Wagen und wollte schon aussteigen, als ihr klar wurde, dass sie keine Ahnung hatte, welches Zimmer Noah bewohnte.

Dann fiel ihr ein, dass er erwähnt hatte, der Flamingo würde durch sein vorhangloses Fenster leuchten. Sie ließ den Blick schweifen und nahm drei der Zimmer im Obergeschoss ins Visier, von denen aus das Schild deutlich sichtbar sein musste. Sie würde es dort versuchen, bevor sie den Geschäftsführer weckte und Noahs Tarnung auffliegen ließ.

Sie schnappte sich das Pfefferspray, das sie im Getränkehalter aufbewahrte, vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, stieg aus und verriegelte den Wagen. Anschließend hastete sie zu der Treppe, die zu den drei Zimmern führte. Alle waren dunkel, doch zwei der Fenster hatten lasch aussehende Gardinen. Kit schirmte die Augen seitlich mit den Händen ab und presste das Gesicht an die Scheibe des dritten. In einem schmerzhaften Schwall strömte die Luft aus ihr heraus.

Noah saß mit freiem Oberkörper auf der Bettkante und starrte auf seine Hände. Er ließ die Schultern hängen, war jedoch eindeutig am Leben.

Sie wich von dem Fenster zurück, beugte sich vornüber und stützte die Hände auf die Knie, während sie zu Atem zu kommen versuchte. Die Luft brannte in ihren Lungen. Es vergingen mindestens zwei Minuten, ehe sie sich mithilfe des fragilen Metallgeländers aufrichtete und, noch immer etwas atemlos, anklopfen wollte. Dann besann sie sich eines Besseren und griff nach dem Türknauf. Er ließ sich mühelos drehen.

»Falsches Zimmer«, sagte Noah, ohne aufzublicken. »Es sei denn, es geht um einen schnellen Fick. Damit kann ich dienen.«

Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Genau wie der Anblick der Kondomverpackungen auf dem Boden und des eindeutig benutzten Betts. Fast hätte sie die Flucht ergriffen. Er würde niemals wissen, dass sie da gewesen war, welch schreckliche Sorgen sie sich um ihn gemacht hatte … doch dann fiel ihr Blick auf den Nachttisch und die Spritze, die darauf lag.

Wieder durchströmte sie kalte Furcht.

Sie überquerte den Teppich und hob sie auf. »Was zur Hölle ist das, Noah?«

»Kit?« Er sah auf, seine Pupillen extrem geweitet. »Ich kann dich riechen. Du riechst immer so gut.« Er berührte ihren Schenkel. »Ich muss echt hackedicht sein, wenn ich dich hier vor mir sehe.« Damit griff er nach der Flasche zwischen seinen Füßen, die ihr bisher nicht aufgefallen war, und trank einen Schluck.

Die Spritze in der einen Hand nahm Kit ihm mit der anderen die Flasche weg und knallte sie auf den Nachttisch. »Was«, sagte sie wieder und umfasste sein Kinn, um ihn zu zwingen, sie anzusehen, »ist das?«

Ein gleichgültiges Achselzucken. »Etwas, das mich dem Dealer zufolge völlig high machen sollte.«

»Herrgott, Noah, du weißt nicht mal, was es ist, und wolltest dir trotzdem einen Schuss setzen?«

»Ich konnte es nicht.« Er lachte bitter auf. »Hatte die ganze Zeit deine Stimme im Ohr, die mir sagte, dass du keinen Respekt vor Leuten hast, die sich mit beschissenen Drogen zudröhnen. Und jetzt sehe ich dich als Phantom?« Er grabschte nach der Flasche, doch Kit kam ihm zuvor. »Gib mir meinen Whiskey zurück, Phantom-Kit.«

»Hier hast du deinen Whiskey.« Sie trug die Flasche in das winzige Badezimmer und kippte den Inhalt in das gesprungene, fleckige Waschbecken.

Noah stand auf und folgte ihr. Er machte ein langes Gesicht. »Tu das nicht, Phantom-Kit. Was sollen wir jetzt trinken?«

Ohne ihn zu beachten, schüttete sie die Flasche ganz aus, während sie gleichzeitig die Spritze über das Becken hielt und den Kolben nach unten drückte. Sobald sie leer war, legte sie sie auf die schmale Armaturenbank, damit das Zimmermädchen sie sofort sehen würde. Hoffentlich war das Reinigungspersonal routiniert in der Entsorgung von Injektionsnadeln. »Wo ist die Ampulle?«, fragte sie Noah, nachdem sie die Flasche in den Müll geworfen hatte.

Er sah sie wortlos an, ein Schatten von Bartstoppeln auf seinen Wangen. Es hatte Kit schon immer fasziniert, dass sie trotz seiner blonden Kopfhaare so dunkel waren, genau wie seine Wimpern und Augenbrauen. Sie musste ständig der Verlockung widerstehen, ihn ins Kinn zu beißen, um ihn zu schmecken. Heute allerdings wollte sie nur eines: auf ihn einschlagen. »Wo. Ist. Die. Ampulle?«, wiederholte sie mit Nachdruck. »Noah!«

Als er weiterhin nicht antwortete, schob sie ihn aus dem Weg, indem sie die Hände auf seine warme, muskulöse Brust legte, dann zog sie die Schubladen des Nachtkästchens auf. Sie waren leer, und abgesehen von dem Bett gab es keine weiteren Möbelstücke im Zimmer. Sie kniete sich hin, spähte unters Bett und entdeckte schimmerndes Glas. Die Ampulle war daruntergerollt, vermutlich nachdem Noah sie vom Nachttisch gestoßen hatte.

Sie war leer und ungekennzeichnet.

Noah beobachtete sie mit einer Intensität, die sich anfühlte wie eine Berührung, während sie die Ampulle im Badezimmerabfalleimer entsorgte und anschließend das Bett nur mit den Fingerspitzen nach seinem T-Shirt absuchte. Sie durfte gar nicht daran denken, dass er vor nicht allzu langer Zeit irgendeine Frau hier gevögelt hatte, sonst würde sie sich übergeben.

»Willst du ficken, Phantom-Kit?«

Sie riss den Kopf hoch, bereit, ihm eine zu scheuern, als er hinzufügte: »Ich will es nämlich nicht. Nicht mit dir.«

Ein weiterer Schlag in die Magengrube, der Bastard hörte nicht auf, sie zu verletzen. »Ich würde selbst dann nicht mit dir schlafen, wenn du der letzte Mann auf diesem Planeten wärst.« Sie warf ihm das T-Shirt zu. »Zieh das an.«

Ungewohnt gefügig tat er es.

»Noah«, sagte sie von neuer Sorge ergriffen. »Hast du noch etwas anderes genommen? Tabletten?«

»Nein. Weil Kit Drogenabhängige verabscheut. Ich habe getrunken. Bis mir der Alkohol ausgegangen ist, darum bin ich losgezogen, um mehr zu kaufen, und habe weitergesoffen.«

Sie konnte den Alkohol riechen, darum glaubte sie ihm in diesem Punkt. »Wann hast du zuletzt etwas gegessen?«

Ein weiteres Achselzucken.

Sie hätte an dieser Stelle gehen können, brachte es jedoch nicht über sich, ihn hier sich selbst zu überlassen. Ganz gleich, wie sehr er sie verletzt hatte, war er einmal ihr Freund gewesen. Ihr bester Freund. »Komm, lass uns einen Burger essen gehen.« Als er sich nicht rührte, streckte sie ihm die Hand hin, obwohl sie um ihrer selbst willen viel lieber Distanz gehalten hätte. »Ich habe Hunger.«

Sein Blick glitt zu ihrer Hand, dann regte er sich endlich und nahm sie. Seine Fingerspitzen waren schwielig vom Gitarrenspiel, die Haut rauer und wärmer als ihre eigene. Der Körperkontakt war wie ein Schock, sie fühlte sich zornig, verletzt und tief gekränkt zugleich.

Sie schluckte diese Gefühle herunter, zog Noah aus dem Zimmer und zu ihrem Wagen. »Ich begleiche rasch deine Rechnung«, sagte sie, nachdem sie ihm aufgeschlossen hatte.

Noah lachte, als hätte sie einen Wahnsinnswitz gerissen. »Ich mag betrunken sein und halluzinieren, aber ich bin sicher, dass sie hier Vorauskasse verlangen.«

Natürlich hatte er recht. »Dann steig ein.«

Im Auto roch es nach Alkohol und nach Noah, als Kit ihn aus dem verkommenen Viertel brachte. »Wieso bist du eigentlich in Los Angeles? Ich dachte, du wärst auf Hawaii?« Fox hatte das nebenbei erwähnt, als Kit mit ihm und Molly zu Abend gegessen hatte, bevor das Paar zu seiner Autoreise den Pacific Coast Highway entlang aufgebrochen war.

Von Noah kam keine Antwort.

Als sie einen Blick zum Beifahrersitz warf, stellte sie fest, dass er mit dem Kopf am Fenster lehnte und entweder eingeschlafen war oder das Bewusstsein verloren hatte. Sie hielt an einer Ampel und vergewisserte sich, dass es ein natürlicher Schlaf war, indem sie ihm den Puls fühlte. Er schlug kräftig. Die Berührung ihrer Fingerspitzen entlockte Noah ein unverständliches Murmeln.

Erleichtert teilte sie Casey mit, dass sie auf dem Rückweg war, und fuhr direkt nach Hause. Dort angekommen parkte sie in der Garage, dann ging sie zur Beifahrertür und öffnete sie. Sie würde Noah entweder im Auto lassen oder versuchen müssen, ihn ins Haus zu befördern.

»Noah.« Sie überwand sich, ihn an einer seiner muskulösen Schultern zu packen und zu schütteln. »Wach auf, wenn du in einem Bett schlafen willst.«

»Nicht in deinem«, brummte er.

Kit versuchte, sich seine Worte nicht zu Herzen zu nehmen. »Ja, das hast du schon klargestellt. Jetzt hoch mit dir.«

Mit schweren Lidern öffnete er die Augen, stieg aus und legte ihr den Arm um die Schultern. »Hi, Katie.« Er vergrub die Nase in ihrem Haar. »Ich habe dich vermisst.«

Den Tränen so nahe, dass sie sie kaum noch zurückhalten konnte, gelang es ihr, ihn stoßend und schubsend in eins der Gästezimmer zu bugsieren – wo er sich bäuchlings aufs Bett warf und sofort wieder einschlief. Sie überlegte, ob sie ihn von seinen Stiefeln und der abgetragenen schwarzen Jeans mit der schweren silbernen Gürtelschnalle befreien sollte, um es ihm bequemer zu machen, aber sie hatte ihre Grenze erreicht.

Daher beließ sie es dabei, ihn zuzudecken, denn sie wusste, wie wenig er ihre Vorliebe für nächtliche Kälte teilte. Sie begab sich in ihr eigenes Schlafzimmer, zog sich aus und trat unter die Dusche im angegliederten Bad, wo sie weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte.

Am Ende schmerzte ihre Brust, ihre Kehle war rau, ihre Nase verstopft. Aber sie war eine Schauspielerin, die alle Tricks kannte. Sie holte ein Kühlkissen aus dem Kühlschrank, ging zu Bett und legte es sich auf die Augen. Ihr blieben noch fünfundvierzig Minuten, bevor sie ins Studio musste. Genügend Zeit, um sich wieder in Kathleen Devigny zu verwandeln, eine welterfahrene, talentierte und viel zu intelligente Frau, als dass sie sich zum zweiten Mal von einem Rockstar, der sie nie in dem Maß geliebt hatte, wie sie ihn liebte, das Herz brechen lassen würde.

2

Noah erwachte von derart lautem Getrommel, dass seine Knochen vibrierten. »Hör auf damit, David«, raunzte er, während er sich darüber wunderte, wieso der Schlagzeuger von Schoolboy Choir in seinem Kopf übte.

Da der Radau unvermindert anhielt, hob er die Lider einen Spaltbreit und sah weiße Laken mit einem Muster aus winzigen blauen Blumen und grünen Blättern. Er strich mit den Fingern über das Gewebe, ertastete die Textur, dann konzentrierte er sich wieder auf die Blumen und die Blätter. Dies war nicht sein Zuhause. Dabei blieb er nie bei irgendwem über Nacht.

Als sein Gehirn den unverwechselbaren frischen und schmerzvoll vertrauten Duft in der Luft identifizierte, öffnete Noah die Augen ganz und setzte sich auf. Zu schnell. Ihm wurde schwummerig.

Stöhnend barg er den Kopf zwischen den Händen und schloss noch einmal für eine Minute die Augen. Sobald der Schwindel nachließ, schaute er sich in dem Zimmer um.

Die Wände waren in einem warmen Cremeton gestrichen, die Nachttische aus honigfarbenem Holz. Auf einem stand eine Tiffany-Lampe aus buntem Glas, deren Farben sich in dem abstrakten Gemälde an der Wand vor ihm wiederfanden. Zu seiner Rechten befand sich ein großes Fenster, das den Blick auf eine private grüne Oase freigab. Er konnte den Kiesweg erkennen, von dem er wusste, dass er zu einem akribisch gepflegten Japanischen Garten führte.

Darin lag ein Teich, den große, von einem feinen samtweichen Moos bedeckte Steine säumten. Neben einem Zwergahorn stand eine zierliche Holzbank – es war die perfekte Stelle, um den Blick auf dem ruhigen Teich verweilen zu lassen, auf dessen Oberfläche ein Kirschblütenbaum seinen Schatten warf.

Wenn man sich von dort aus rechts hielt, gelangte man schließlich in den Garten vor der Küche. Dort stand unter den ausladenden Ästen eines blattreichen Laubbaums ein Picknicktisch mit zwei Bänken. Wandte man sich nach links, fand man sich wenige Minuten später vor einer moosbewachsenen Mauer wieder, welche diese geheime Oase einfasste.

Noah kannte jeden Winkel … zumindest war das früher so gewesen. Wahrscheinlich hatte Kit mittlerweile vieles verändert. Sie verbrachte jede freie Minute dort draußen. Zwar hatte sie jemanden, der sich um die Rasenpflege kümmerte und die bewaldeten Areale ihres Grundstücks von beschädigten beziehungsweise gefährlichen Bäumen freihielt, aber der Garten selbst war allein ihre Domäne.

»Er schenkt mir Frieden«, hatte sie ihm einmal mit leuchtenden Augen erklärt. »Ich spaziere dort hinaus, grabe mit den Händen in der Erde, und der Stress des Tages fällt einfach von mir ab.«

Noah schob die Decke weg, die sich um seine Beine gewickelt hatte, und stand aus dem Bett auf. Er trug noch immer seine Stiefel, und es fühlte sich an, als steckte seine Gürtelschnalle in seinem Magen fest. Der Schmerz ließ ihn zusammenzucken, gleichzeitig musste er lachen, was ein Pochen wie von einem Vorschlaghammer in seinem Schädel auslöste.

»Scheiße.« Noah war zurück aufs Bett gesunken, rappelte sich aber wieder hoch und verzog das Gesicht. Er roch wie eine verdammte Schnapsbrennerei.

»Himmelherrgott.« Er torkelte ins Bad, spritzte sich Wasser ins Gesicht und trocknete sich mit einem von Kits flauschigen weißen Handtüchern ab. Nicht nur, dass er stank, als hätte er in Whiskey gebadet, er sah auch noch aus wie nach einem dreitägigen Besäufnis. »Hut ab, Noah.« Dieses Resultat hatte er in einer einzigen Nacht erzielt. Und Kit hatte ihn so gesehen. Na toll, echt ganz große Klasse.

Er trat aus dem Bad und verließ das Schlafzimmer. »Kit?«, rief er und biss die Zähne zusammen, weil sein Kopf im selben Rhythmus wie sein Herz hämmerte.

Nur Schweigen antwortete ihm. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer, das direkt neben seinem lag, stand offen. Er warf einen Blick hinein und sah, dass ihr Bett ordentlich gemacht und mit einer absurd großen Zahl von Kissen dekoriert war. Als er sie einmal gefragt hatte, wozu das gut sein sollte, da sie doch nur eins für ihren Kopf brauchte, hatte sie die Augen verdreht und erwidert: »Nur ein Mann kann so eine Frage stellen.«

Noah vermisste sie schrecklich, ihre Stimme, ihr Lächeln. Nur darum hatte er sie angerufen. Bruchstückhaft kam die Erinnerung daran zurück, was er getan hatte. Er wusste, dass sie über kurz oder lang ganz zurückkehren würde. Das war sein besonderer Fluch: Er konnte sich bis zur Besinnungslosigkeit betrinken – was er normalerweise nur allein in seinen eigenen vier Wänden tat –, aber er erinnerte sich hinterher an alles. Manchmal dauerte es zwar einen Tag, bis er sich wieder entsann, doch er tat es immer.

Schon jetzt hatte er körnige, unscharfe Bilder vor Augen, wie Kit voller Schock und Entsetzen eine Spritze aufhob.

Scheiße, Scheiße, Scheiße.

Auch in ihrer sonnendurchfluteten Küche fand er sie nicht. Dafür entdeckte er eine Notiz, die an einer großen Schachtel Aspirin lehnte. Er ignorierte die Tabletten und las sie.

Vermutlich hast du immer noch zu viel Alkohol im Blut, um zu fahren. Für den Fall, dass du so dumm bist, das Gegenteil zu glauben, nehme ich sämtliche Schlüssel mit. Lass dich von meinem Fahrdienst heimbringen, sobald du auf bist. Ich bin im Studio.

Darunter stand die Telefonnummer des Chauffeurservices. In der Hoffnung, dass sie mehr geschrieben hatte, drehte Noah die Notiz um, aber das war alles. Es versetzte ihm einen Stich ins Herz, und er zerknüllte den Zettel. Er musste weg aus diesem Haus, denn Kit wollte ihn eindeutig nicht hier haben. Was er ihr nicht verübeln konnte.

Nachdem er die Notiz eingesteckt hatte, weil er sich kläglich fühlte und etwas von ihr bei sich haben wollte, selbst wenn es nur diese schroffen Zeilen waren, fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und zuckte abermals zusammen, als ihm seine Alkoholausdünstungen in die Nase stiegen. So, wie er war, konnte er nirgendwo hin, außer er wollte Aufmerksamkeit erregen, und das war das Letzte, was er jetzt brauchte.

Als Kit und er noch Freunde gewesen waren, hatte er ein paar Klamotten im Kleiderschrank des Gästezimmers deponiert. In der Hoffnung, dass Kit nicht alles entsorgt hatte, kehrte er in das Zimmer zurück und öffnete den Schrank.

Dieser war leer.

So viel dazu, dachte er und wollte ihn gerade schließen, als er oben im Fach eine Kiste bemerkte. Er holte sie herunter und fand seine Sachen darin. Achtlos hineingestopft zwar, trotzdem hatte er alles, was er brauchte.

Nach einer langen heißen Dusche fühlte er sich wieder etwas mehr wie ein Mensch. Anschließend stopfte er seine schmutzigen Kleidungsstücke in die Mülltonne neben Kits Garage – wegen ihres Stalkers bezahlte sie eigens eine Firma dafür, dass sie ihren Müll persönlich abholte und entsorgte, folglich würde niemand darin herumwühlen und seine Klamotten entdecken. Er wollte sich nicht an die Nacht erinnern, in der er fast das eine getan hätte, das niemals zu tun er sich geschworen hatte, unabhängig von der Hölle in seinem Kopf.

Noah ging zurück ins Haus und schlüpfte barfuß in seine Stiefel.

Er konnte Kits Fahrdienst nicht kontaktieren, ohne seinen Namen mit ihrem in Verbindung zu bringen. Zwar wusste jeder, dass sie mit der Band befreundet war, aber wenn er sich, selbst um drei Uhr nachmittags – Gott, hatte er sich gehen lassen –, allein bei ihr zu Hause abholen ließe, würde das alle möglichen Spekulationen nähren. Das war ihnen während ihrer Freundschaft nur deshalb erspart geblieben, weil er sorgsam darauf geachtet hatte, Kit nicht in die Schusslinie zu bringen.

Zwar könnte er den Fahrservice anrufen, den die Band benutzte, wenn sie um die Häuser ziehen wollte, aber ihr gewohnter Fahrer hatte sich das Bein gebrochen, und Noah kannte den Ersatzmann nicht gut genug, um darauf zu vertrauen, dass er den Mund hielt. Er könnte auch nach Hause laufen, nur dass in dieser Wohngegend niemand zu Fuß ging und er vermutlich schon nach hundert Metern von einem privaten Sicherheitsdienst aufgehalten würde.

Noah wusste, dass Kits eigene Personenschützer Profis waren, die niemals über ihre Klienten redeten. Er würde einen von ihnen bitten, ihn ein Stück die Straße hinauf zu fahren, und sich ein Taxi nehmen, sobald er weit genug weg war, dass ihn niemand mit Kit in Verbindung bringen würde. Das war das Mindeste, was er ihr schuldete. Auf keinen Fall würde er ihr Leben durch einen Medienzirkus durcheinanderbringen.

Er war auf dem Weg nach draußen mit der Absicht, jemanden von Kits Sicherheitsteam zu kontaktieren, als ihr Telefon klingelte. Mit einem matten Lächeln lauschte er der monotonen Männerstimme, die den Anrufer aufforderte, eine Nachricht zu hinterlassen. Das Gerät war mit dieser Ansage geliefert worden, und Kit benutzte sie, damit nicht jeder x-beliebige Anrufer wusste, wessen Anschluss er erreicht hatte.

Seine Hand lag auf der Klinke der Haustür, als Kits Stimme ertönte.

»Noah, bist du wach? Lebst du noch?«

Dieser Hinweis darauf, dass sie ihn vielleicht doch nicht komplett abgeschrieben hatte, bewirkte, dass sich seine Bauchmuskeln anspannten und sein Atem flach wurde, als er nach dem Hörer griff. »Ja, ich bin wach, am Leben und gerade im Begriff, aus deinem Haus zu verschwinden.«

Nach einer kurzen Pause fragte sie: »Was ist mit deinem Handy los?«

Er zog es aus der Tasche. »Der Akku ist leer.«

»Also …«

»Es geht mir gut.« Er fuhr sich durchs Haar. »Ich habe Mist gebaut, Kit. Dafür entschuldige ich mich. Ich hätte dich nicht anrufen sollen.«

»Ach ja? Du meinst, du hättest besser in diesem Rattenloch ausgeharrt und dir Gift in die Adern gespritzt?« Jedes ihrer Worte vibrierte vor Zorn. »Verdammt, ich muss los. Aber ich will mit dir reden. Darum rühr dich nicht vom Fleck.«

Sie legte auf, bevor er antworten konnte. Noah hängte den Hörer auf die Gabel, setzte sich aufs Sofa und zog die Stiefel aus. Die Frage, ob er bleiben würde, stellte sich nicht. Dies war das erste Mal seit jener Nacht, in der er die beste Sache in seinem Leben vorsätzlich zerstört hatte, dass Kit wirklich mit ihm sprach.

Noah empfand Selbstekel, doch daran war er gewöhnt. Dieses Gefühl wohnte ihm schon fast sein ganzes Leben inne. Er hatte getan, was nötig war, um Kit zu schützen, aber er hatte sie verletzt, und das machte ihn zu einem Mistkerl. Falls sie auf ihn einprügeln wollte, würde er sich bereitwillig von ihr blutig schlagen lassen. Das wäre es wert, wenn sie nur wieder mit ihm redete.

Kit betrat um sieben Uhr an diesem Abend ihr Haus, in dem es nach etwas Köstlichem duftete. Sie war hundemüde, trotzdem lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Ein warmes, frisch gekochtes Essen war eine himmlische Vorstellung. Eigentlich hatte sie sich eine der Tiefkühlmahlzeiten zubereiten wollen, die sie dutzendfach kaufte.

Nicht, weil sie eine miserable Köchin gewesen wäre – zugegeben, sie war eine miserable Köchin, trotzdem machte es ihr Spaß, sich am Herd auszuprobieren. Allerdings fehlte ihr wegen des anstrengenden Drehplans momentan die Zeit dafür. Sie war entweder im Studio, oder sie schlief. Zum Glück waren es nur noch zwei weitere Tage.

Wie auch immer – all diese Überlegungen waren ja doch nur ein kläglicher Versuch, sich davon abzulenken, dass Noah in ihrem Haus war. Sie konnte ihn in der Luft riechen, und dieses Mal nahm sie keinen Alkohol wahr, sondern nur Noahs warmen, durch und durch männlichen Duft.

Während sie in ihr Schlafzimmer ging, um sich ihrer Handtasche und ihrer Ballerinas zu entledigen, ballte sie die Fäuste und erinnerte sich bewusst an das, was er getan hatte, an seine wollüstigen Bewegungen auf dem Körper dieser anderen Frau. Übelkeit stieg in ihr auf, doch in diese mischte sich ein Zorn, der immer stärker wurde – so stark, dass er sie irgendwann aus ihrem Schlafzimmer in die Küche trieb, wo Noah am Herd in einem Topf rührte.

Mit einem unsicheren Lächeln blickte er auf. Sein Kinn war noch immer stoppelig, aber er hatte sich die Haare gewaschen und trug nun ein weißes T-Shirt und eine verwaschene Bluejeans. Kit kannte diese Kleidungsstücke, sie hatte sich nach dem schrecklichen Vorfall in dem Hotelzimmer dazu zu überwinden versucht, sie wegzuwerfen. Stattdessen hatte sie das T-Shirt erbärmlicherweise einmal sogar angezogen, so entsetzlich hatte sie ihn in dem Monat, nachdem es passiert war, vermisst.

»Hi«, sagte er. »Es ist kein Gourmetessen, aber ich habe eine fertige Nudelsoße und Spaghetti in deiner Vorratskammer gefunden.«

»Warum?«, fragte sie, weil ihr das Thema zu sehr auf der Seele brannte, um es weiterhin zurückzuhalten. »Warum hast du das getan, Noah?«

Seine Miene verdüsterte sich. Er schaltete den Herd aus und stützte sich am Rand der Arbeitsplatte ab. »Weil es meinem Naturell entspricht, Kit.« Seine Stimme klang heiser. »Ich vögle Frauen. So viele ich kann.«

Sie zuckte zusammen, ließ das Thema jedoch nicht fallen. »Wag ja nicht, mir auf die blöde Tour zu kommen, Noah St. John«, sagte sie und blieb weiter auf Abstand. »Hat dir das, was zwischen uns war, denn überhaupt nichts bedeutet?« Sie hatten nicht miteinander geschlafen, hatten sich noch nicht einmal geküsst, doch das, was sich zwischen ihnen entwickelt hatte, war so rar wie kostbar gewesen. Und er hatte es aufs Grausamste besudelt.

»Es hat mir alles bedeutet«, blaffte er zurück, in seinem durchdringenden Blick ein Feuer, das der Rest der Welt nie zu sehen bekam. »Aber ich werde nie dieser Mann sein, Kit. Der, der dich glücklich macht.«

»Ich war glücklich. Genau wie du.« Sie war nicht gefasst gewesen auf das schelmische sexy Lächeln, das allein ihr gegolten hatte, nicht auf die Wärme in seinem Blick. Auch nicht auf die vielen Stunden, die sie im Gespräch verbracht hatten, die Musik, die er ihr vorgespielt hatte, oder die Art, wie er sie Katie nannte, nur um sie auf die Palme zu bringen.

»Ich wollte mit dir befreundet sein!« Noahs Augen blitzten, und das goldblonde Haar fiel ihm in die Stirn. »Was ich nicht wollte beziehungsweise will, ist mit dir schlafen!«

Damit verpasste er ihr die nächste Ohrfeige, der Schlag ebenso brutal wie in dem Motel, als er dasselbe zu ihr gesagt hatte. Sogar brutaler, weil Noah jetzt nüchtern war. Tief getroffen und verletzt setzte sie ein verkniffenes Lächeln auf. »Das hast du deutlich genug gemacht.«

Noah senkte den Kopf und ließ die Schultern hängen. »Scheiße. Das kam falsch rüber.«

»Keine Sorge, Noah, ich habe die Botschaft verstanden. Du stehst einfach nicht auf mich.« Ihre Worte trieften von Selbstironie.

Sein Lachen klang rau. »Kit, ich –« Er schüttelte den Kopf. »Nicht wichtig.«

»Sag es.« Um ihrer selbst willen musste diesem Traum der Todesstoß versetzt werden.

Er riss den Kopf hoch. Seine dunkelgrauen Augen funkelten vor Zorn und solch schlimmer Not, dass es sie erschütterte. »Wieso kannst du nicht einfach meine Freundin sein?« Seine Armmuskeln waren steinhart, so fest umklammerte er den Tresen. »Ich ficke jede Frau, die meinen Weg kreuzt. Aber mit dir will ich das nicht.«

Der Schmerz war inzwischen derart übermächtig, dass er in ihr pulsierte … doch zum ersten Mal, seit er ihr gesagt hatte, dass er nicht mit ihr schlafen wolle, hatte sie ihn tatsächlich gehört. Vielleicht war sie im Kopf deshalb so seltsam klar, weil der Kummer sie ganz und gar betäubte. Während seine Worte noch durch ihr Bewusstsein hallten, dachte sie an die vielen Stunden, die sie zusammen alte Filme geguckt oder in diversen Hotelzimmern gesessen hatten, um Kits Texte durchzugehen, und an den Tag, an dem sie sich auf einer Go-Kart-Bahn amüsiert hatten, verkleidet, um nicht erkannt zu werden.

Sie waren wie die Irren umhergerast, anschließend hatten sie Burger gegessen, die so groß gewesen waren, dass sie auseinanderfielen, und Noah hatte gelacht. Locker und unverkrampft, einfach nur glücklich. Dieselbe Freude hatte er an jenem Tag gezeigt, an dem sie die Rolle ergattert hatte, durch die sie groß rausgekommen war. Noah war der Erste gewesen, dem sie es erzählt hatte. Er hatte sie fest in die Arme geschlossen und im Kreis herumgewirbelt.

»Ich wusste doch, dass du es schaffst!«, hatte er gerufen. Sein Vertrauen in sie war wie eine Antriebskraft gewesen, dank derer sie sich zugetraut hatte, jede Hürde zu nehmen.

Er war ihr Freund gewesen, der beste Freund, den sie je gehabt hatte. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass sie überhaupt für die Rolle in Last Flight vorgesprochen hatte. Noah hatte sie ermahnt, sich nicht als »nur eine Soap-Darstellerin« zu bezeichnen, und sie höchstpersönlich zu dem Casting gefahren, wobei er sogar ihre Hand gehalten hatte, bis sie hineingegangen war. Er hatte auf sie gewartet, als sie herausgekommen war – aufgeregt und nervös und erleichtert, dass sie es durchgestanden hatte, ohne sich zu blamieren.

Noahs Lächeln war voller Stolz gewesen.

Ich ficke jede Frau, die meinen Weg kreuzt. Aber mit dir will ich das nicht.

Die Worte waren wie Peitschenschläge, die Wirkung verheerend, gleichzeitig lag ein tieferer Sinn in ihnen, der den Schmerz durchdrang und sie nachdenklich machte. Noah verbrachte nie sexfreie Zeit mit seinen Betthäschen – mit keinem traf er sich ein zweites Mal. Er bekochte sie weder, noch chauffierte er sie zu Castings, und erst recht griff er bei ihnen nicht zur Gitarre, um ihre Meinung zu einem neuen Song zu hören. Die Einzige, mit der er ihres Wissens all das tat … war sie selbst.

Kit hatte keine Ahnung, was das bedeutete, oder ob sie sich damit abfinden könnte, Noahs Freundin zu sein, während er eine Eroberung nach der anderen machte, aber ebenso wenig war sie imstande, ihm die kalte Schulter zu zeigen. Die Erinnerung an die Angst, die sie auf der Fahrt zu dem Motel empfunden hatte, brannte wie Säure in ihr. Ganz gleich, was Noah getan, wie sehr er sie verletzt hatte, konnte sie sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.

Sie würde ein Auge auf ihn haben, zumindest so lange, bis der Rest der Band nach L. A. zurückkehrte.

Danach … Darauf hatte sie selbst keine Antwort. Sie wusste nur, dass Noah ihr nicht guttat … und dass ein Teil von ihr ihn immer vermissen würde.

3

Noah saß Kit gegenüber an dem kleinen Picknicktisch, der nach wie vor in dem Garten vor ihrer Küche stand. Er wurde von hübschen Papierlaternen illuminiert, deren gedämpftes Licht den meisten Menschen geschmeichelt hätte. In Kits Fall hingegen verbarg es die Reinheit ihrer Anmut, den lebhaften Schwung ihrer Lippen, ihre leuchtenden Augen.

Heute Abend war nichts davon erkennbar, trotzdem gab er sich der Vorstellung hin, sie würde ihn anlächeln, als könnte sie es nicht erwarten, ihm von ihrem Tag zu erzählen und sich nach seinem zu erkundigen. Und ihr Lachen, wenn er sie auf etwas Albernes hinwies – nie hatte er großartigere Musik gehört. Er würde alles dafür tun, damit sie wieder lachte.

Ja, du würdest alles tun, nur nicht damit aufhören, dich wie ein Arschloch zu benehmen.

Was der Sinn des heutigen Abends war, erschloss sich ihm nicht. Noah wusste nicht, ob Kit seine Worte verstanden hatte. Er betete sie an, deshalb würde er sie niemals anfassen. Andernfalls würde er sie zerstören und alles andere gleich mit. Ihre Beziehung durfte nicht durch Sex befleckt werden – so sie denn überhaupt eine Beziehung hatten.

Höchstwahrscheinlich wollte sie nur sicherstellen, dass er nicht in einer weiteren Absteige landete, um sich einen Schuss zu setzen. Kit hatte schon immer ein weiches Herz gehabt, und weil er nun mal dieser Mistkerl war, würde er das ausnutzen, um sie in seinem Leben zu haben, sei es auch nur für ein oder zwei Tage.

»Schmeckt gar nicht so schlecht, oder?«, fragte er, nachdem er seine eigenen Spaghetti verputzt hatte. »Auch wenn es vermutlich nicht deinem Ernährungsplan entspricht.« Kit liebte Essen und probierte gern neue Gerichte aus, aber sie musste streng Diät halten, um für ihre derzeitige Rolle in Form zu bleiben.

Noah wusste das, weil er jede noch so kleine Meldung über sie in den Medien verfolgte.

»Körperbemalung und Lycra kaschieren absolut keine Sünden«, hatte sie kürzlich lachend in einem Fernsehinterview erklärt. »Sobald der Film abgedreht ist, werde ich mir einen Burger mit allem Drum und Dran und zwei Becher Eis genehmigen. Außerdem bestelle ich mir eine Woche lang jeden Morgen einen Latte mit Vollfettmilch!«

Noah hatte diesen Ausschnitt, in dem sie lachte, auf sein Handy heruntergeladen und ihn sich inzwischen unzählige Male angesehen. Mit ihren vor Selbstironie blitzenden Augen war sie die Kit gewesen, die ihm alles bedeutete, die Kit, die ihm einmal Eiswürfel hinten ins Hemd gesteckt hatte, weil er sie beharrlich Katie nannte.

Heute Abend zuckte sie nur die Schultern. »Es sind noch zwei Tage bis zum Ende der Dreharbeiten. Ein paar Spaghetti werden mich nicht umbringen.« Sie vertilgte den letzten Bissen ihrer Miniportion – der Rest ihres Tellers war mit Salat gefüllt gewesen – und nippte an ihrem Glas kalten Wassers, in das sie einen Spritzer Zitronensaft gegeben hatte. »Und sie waren köstlich. Viel besser als alles, was ich kochen kann.«

»In diesem Fall bekenne ich, dass ich den Fischsalat in deinem Kühlschrank aufgegessen habe.«

Sein Geständnis entlockte ihr kein Lächeln. »Ich könnte glatt töten für einen Burger. Mit einer Extraportion Essiggurken, Jalapeño-Sauce und einem Riesenhaufen Pommes.«

Seine Erinnerung an das Interview kollidierte mit der Realität dieses Gesprächs, der Tatsache, dass er hier bei ihr war und sie mit ihm redete, als wäre er ein Freund.

Ein Funke Hoffnung glomm ihn ihm auf. »Von diesem Imbisswagen, den du so sehr magst?«

Sie nickte kurz und nahm sich einen Schnitz von der Orange, die er als Dessert geschält und zerteilt hatte. Er kannte Kits Vorliebe für Süßes und hatte im Laufe ihrer Freundschaft gelernt, dass die Frucht ihre Gelüste nach Zucker befriedigte, ohne ihrer Diät in die Quere zu kommen. Während der Dreharbeiten zu Last Flight war sie zu einem Schatten ihrer selbst abgemagert. Noah hasste es, sie so zu sehen, aber Kits Körper war Teil ihrer Kunst, ein Instrument, das sie je nach Bedarf einsetzte.

Er wollte ihr gerade anbieten, mit ihr zu dem Imbiss zu fahren, sobald der Film abgedreht wäre, als sie sich geistesabwesend die Stirn rieb und er besorgt die violetten Schatten unter ihren wunderschönen bernsteinfarbenen Augen bemerkte. »Du solltest schlafen gehen«, riet er ihr, als ihm klar wurde, dass sie vergangene Nacht nicht mehr als vier oder fünf Stunden geschlafen haben konnte, weil sie ihm seinen verdammten Arsch hatte retten müssen.

»Ich bin noch zu voll von den Spaghetti.« Kit nahm sich noch ein Stück Orange, ihr bronzegetöntes Gesicht überschattet von den zarten Blättern der Baumkrone, die über dem Picknicktisch im Wind raschelten. »Ich werde noch eine Stunde aufbleiben und ein Bad nehmen, um den heutigen Stress abzubauen.«

»Du hast doch schon geduscht.« Noah hatte ihr feuchtes Haar bemerkt, als sie in die Küche gekommen war.

»Weil das die beste Methode ist, um die Überreste des Bodypaintings loszuwerden. Aber es ist nicht so entspannend wie ein Bad.« Sie stand auf. »Übernachte hier.«

Er hielt ihren Blick fest. »Ich werde nicht in das Motel zurückkehren.« Er war gestern am Tiefpunkt angelangt, trotzdem hatte er die Spritze nicht benutzt. »Du musst nicht auf mich aufpassen.« Nicht einmal er war ein solcher Drecksack, dass er sie weiterhin zappeln ließ, damit sie sich um ihn sorgte.

Kit schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Was würdest du tun, wenn du mich betrunken und mit einer Spritze voller Drogen vorfändest? Würdest du mir vertrauen, wenn ich behauptete, es sei alles in Ordnung?« Sie wartete nicht auf seine Antwort. »Bleib hier und fahr morgen nach Hause. Dann kann ich ruhiger schlafen.«

Die letzten Worte kamen so leise, dass er sie kaum hörte, doch sie wühlten ihn derart auf, dass er selbst dann nicht gegangen wäre, hätte sein Leben davon abgehangen.

Noah sah zu, wie Kit die Teller abräumte und zum Haus ging. Er wollte irgendetwas zu ihr sagen, um sie zum Bleiben zu bewegen. Aber er verstand sich nicht so gut auf Worte wie Fox oder David. Obwohl er gelegentlich einen Song komponierte, fielen ihm die Texte nicht so leicht wie die Musik, und seine Gitarre hatte er nicht dabei.

Er erhob sich und beschloss, ein wenig spazieren zu gehen. Kit hatte sich für ein sehr weitläufiges Grundstück entschieden, und das nicht etwa aus Besitzgier, sondern weil es das sicherste Objekt auf dem Markt gewesen war, als ihr Stalker in die Vollen gegangen war. Dieses perverse Schwein war in ihr vorheriges Haus eingebrochen, hatte auf ihr Bett ejakuliert und ihr anschließend eine »Ich liebe Dich«-Karte und Blumen hinterlassen.

Kit hatte das Bett entsorgt, nachdem die Polizei mit der Spurensicherung fertig gewesen war, doch der Vorfall hatte ihr so stark zugesetzt, dass es ihr unmöglich gewesen war, weiter in ihrem behaglichen Stadthaus mit der relativ preisgünstigen Miete zu bleiben. Dazu kam der wachsende Druck seitens der Medien – Fotografen hatten vor ihrem Haus campiert und versucht, in ihre Fenster zu spähen –, darum war es das einzig Sinnvolle für sie gewesen, eine Immobilie zu erwerben mit ausreichend Gelände um das in der Mitte gelegene Wohnhaus, um die Paparazzi mit ihren neugierigen Objektiven ebenso auf Abstand zu halten wie den Stalker.

Die Polizisten, das Sicherheitspersonal ihres Filmstudios, ihre Freunde, sie alle nahmen die Bedrohung todernst – trotzdem war dieser Psychopath noch immer auf freiem Fuß. Von Fox wusste Noah, dass der geistig gestörte Mann Kit erst vor zwei Monaten ein Paket mit einem Brautkleid und einem Ring geschickt hatte – damit sie ihr »Gelübde erneuern« konnten. Gefolgt von einem Brief eine Woche später, in welchem er sie als »Schlampe« und »Hure« beschimpfte, weil sie beim Abendessen mit einem ihrer Filmpartner abgelichtet worden war.

Noah wollte den Wichser in die Finger kriegen, ihm den Hals umdrehen, damit er aufhörte, Kit zu terrorisieren. Die einzig gute Nachricht war, dass Kits Sicherheitsmaßnahmen Früchte zu tragen schienen. In ihrem neuen Zuhause hatte es bisher keine unangenehmen Überraschungen gegeben.

Noah schlenderte seit etwa zehn Minuten umher, als er in den Schatten vor ihm eine Bewegung bemerkte. »Hallo, Butch«, begrüßte er den Mann, in dem er einen von Kits Personenschützern erkannte.

Der breitschultrige, muskulöse Bodyguard, dessen dunkelblondes Haar militärisch kurz geschoren war, trug anstelle des Anzugs, in dem er mit Kit unterwegs war, eine schwarze Cargohose und ein schwarzes T-Shirt.

»Hallo, Noah.« Sie schüttelten sich die Hände.

»Gibt es Probleme?«

Anstatt Noahs Frage zu beantworten, rieb Butch sich das Kinn.

»Sie reden natürlich nicht über die Angelegenheiten Ihrer Auftraggeber.« Noah wusste das durchaus zu schätzen. »Aber Sie wissen, dass ich mich um Kit sorge.«

»Ja, das weiß ich. Sie alle tun das.« Er schloss zu Noah auf und fügte hinzu: »Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass Sie bei ihr sind. Ich habe seit einiger Zeit ein ungutes Gefühl, weil ich glaube, dass der Irre wieder auf der Lauer liegt und sie beobachtet. Ich habe zwei zusätzliche Männer darauf angesetzt, Kit und das Haus zu bewachen, aber letzte Nacht ist sie einfach abgehauen. Ich kann sie nicht beschützen, wenn sie es nicht zulässt.«

Noah hätte sich am liebsten geohrfeigt, weil er Kit in Gefahr gebracht hatte. »Das wird nicht noch einmal vorkommen.« Er schwor sich, dass er sich nie wieder sinnlos volllaufen lassen würde. Zwar hatte er dieses Gelöbnis schon früher gebrochen, doch damals hatte es nur ihn betroffen – jetzt ging es um Kit. Und sie bedeutete ihm alles. »Gibt es irgendwelche konkreten Hinweise auf den Stalker?«

»Nein. Aber ich weiß, dass er dort draußen ist. Die jahrelange Erfahrung hat meinen Instinkt geschult.«

»Ich glaube Ihnen.« Es war Noah gewesen, der Butch und sein Team für diese Aufgabe empfohlen hatte, allerdings wusste Kit das nicht. Fox hatte die Empfehlung an sie weitergeleitet, ohne zu erwähnen, von wem sie kam. »Sie haben doch meine Telefonnummer, oder?«

»Natürlich.«

»Rufen Sie mich an, wenn Sie das Gefühl haben, dass Kit nicht allein sein sollte.« Noah würde kommen, und wenn er sein Quartier in der Garage aufschlagen müsste.

»Das werde ich«, versprach Butch. »Falls sie mich feuert, weil ich mit Ihnen gesprochen habe, schulden Sie mir einen Job.«

Noah gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Wie wäre es mit einem Starlet, das auf Stretchlimousinen und Kokain abfährt?«

Der stämmige Ex-Marine schnaubte. »Niemals. Nicht nach Kit.«

Noah wusste, was er meinte. Kit war etwas ganz Besonderes. Sie hatte sich hochgearbeitet bis in das grelle Licht des Ruhms, ohne den Blick für das Wesentliche zu verlieren. An erster Stelle standen ihre Freunde und ihre Familie. Für sie würde sie alles tun.

Als Schauspielerin, die ums Überleben kämpfte, war sie in der Soap für eine Rolle besetzt worden, die ursprünglich als kleine Nebenrolle gedacht gewesen war. Sie hatte nicht einen roten Heller besessen, und trotzdem hatte sie einer Maskenbildnerin, die am Set arbeitete, Unterschlupf in ihrer winzigen Wohnung gewährt, nachdem die junge Frau wegen Mietrückständen aus ihrer eigenen geflogen war.

Becca und Kit waren bis heute eng befreundet.

Kit hatte schon vielen Menschen in ähnlicher Weise geholfen. Dieser Charakterzug war umso außergewöhnlicher, wenn man bedachte, wie sie aufgewachsen war: als einzige Tochter eines Topmodels und eines berühmten Tennisprofis. Noah wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, so normal zu bleiben.

Weit normaler, als er selbst es war.

Kit hatte gedacht, dass sie sich die ganze Nacht im Bett herumwälzen würde, aber sie schlief fester, als sie je geschlafen hatte, seit der Stalker in ihr altes Zuhause eingebrochen war. Man musste kein Genie sein, um den Grund zu erahnen. Sie konnte den besten Sicherheitsdienst der Welt engagieren, dabei brauchte sie offenbar nur Noah im Haus, um sich sicher zu fühlen.

Mit diesem ärgerlichen Gedanken stand sie auf und stolperte im Dunkeln ins Bad, wo sie rasch duschte, um wach zu werden. Danach zog sie sich an und schnappte sich ihre Handtasche. Als sie das Schlafzimmer verließ, bemerkte sie erschrocken, dass in der Küche Licht brannte. Ihr Herz schlug wie wild, bis sie Noah sah, der sich halb bekleidet darin umherbewegte.

»Wieso bist du auf?« Niemand sollte um diese Uhrzeit auf den Beinen sein, sie wäre es ganz gewiss nicht, würde sie nicht vom Studio dafür bezahlt.

»Ich weiß, dass du so früh nichts essen willst«, sagte er mit seinem altvertrauten spitzbübischen Grinsen. »Darum habe ich dir eins dieser gesunden Algengetränke zubereitet, die du so gern magst, und hier hineingefüllt.« Er hielt ihr einen Thermobecher hin, was Kits Blick auf seine Brust lenkte. Die Tätowierung darauf war relativ schlicht – die größte befand sich auf seinem Rücken. »Du kannst es trinken, während sie dich mit Schminke zukleistern.«

»Das wäre nicht nötig gewesen.« Kit fühlte sich befangen und nicht in Topform. Ein halb nackter Noah war zu viel für sie so früh am Morgen. Vor allem, da er noch ganz verstrubbelt und verschlafen aussah. Sie wünschte, sie könnte zu ihm gehen und sich in seine Arme schmiegen, während er mit seinem stoppligen Kinn über ihre Haare rieb.

Stattdessen nahm sie ihm das Getränk ab und steuerte zur Garagentür, welche Noah bereits für sie geöffnet hatte.