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LIEBESTRÄUME AUF TAHITI von DONALD, ROBYN Tahiti ist sicher der schönste Ort, den man sich für eine Hochzeit vorstellen kann. Vorausgesetzt, man heiratet aus Liebe. Doch genau die vermisst Iona: Der smarte Millionär Luke Michelakis will sie nur zur Frau, weil er eine Nanny für seine kleine Tochter braucht … KOMM INS KÖNIGREICH DER LIEBE von CREWS, CAITLIN Paris, Sydney, New York: Kiara und Scheich Azrin führen eine aufregende Jetset-Ehe, bis Azrin das Thronerbe von Kathan antreten muss. Als Herrscher des exotischen Königreichs soll er plötzlich traditionellen Pflichten gehorchen - eine ungeahnte Bewährungsprobe für ihre Liebe … WIE EINE ROSE IM MORGENTAU von CLAIR, DAPHNE Süß duften die wilden Rosen Neuseelands, als Rachel auf dem Wohltätigkeitsball der Donovans mit Bryn, dem Sohn der mächtigen Familie, tanzt. Heftig und hoffnungslos sehnt sie sich nach ihm. Bis Bryn sie zärtlich küsst - und Rachels Liebe wie eine wilde Rose erblüht …
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Seitenzahl: 557
Robyn Donald, Caitlin Crews, Daphne Clair
ROMANA EXKLUSIV BAND 307
IMPRESSUM
ROMANA EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
Erste Neuauflage by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg, in der Reihe: ROMANA EXKLUSIV, Band 307 – 2019
© 2010 by Robyn Donald Originaltitel: „Powerful Greek, Housekeeper Wife“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Rita Koppers Deutsche Erstausgabe 2011 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA EXTRA, Band 337
© 2012 by Caitlin Crews Originaltitel: „In Defiance of Duty“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Helga Meckes-Sayeban Deutsche Erstausgabe 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe ROMANA EXTRA, Band 9
© 2009 by Daphne Clair de Jong Originaltitel: „The Timber Baron’s Birgin Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Rita Koppers Deutsche Erstausgabe 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1887
Abbildungen: mauritius images / Photononstop / Carol Bayer, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 03/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733744908
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, TIFFANY
Iona Guthrie verkniff sich einen undamenhaften Fluch, als sie sich den schmutzigen Kittel auszog und naserümpfend die klebrige Flüssigkeit betrachtete; selbst ihr BH war durchnässt.
„Und nun?“, wollte sie vom Universum wissen, während sie auf die elegante kleine Damentoilette zusteuerte, die sich direkt neben der Eingangstür des Penthouses befand. „Zuerst gibt die Staubsauganlage ihren Geist auf, dann verschwinden die teuren Bettlaken in der Wäscherei. Und jetzt das! Allmählich glaube ich, dass in diesem Penthouse ein Dämon sein Unwesen treibt. Und was kommt als Nächstes? Ein Erdbeben? Oder sintflutartiger Wolkenbruch?“
Sie schob sich eine verirrte Strähne ihres aschblonden Haares aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte, und öffnete die Tür. Dann hängte sie den Kittel über einen Handtuchhalter und zog ihren BH aus. In einer Vase stand ein Strauß Rosen, deren Duft sie ein wenig milder stimmte.
Glücklicherweise wurde der millionenschwere Geschäftsmann, für den das Penthouse hergerichtet wurde, erst in ein paar Stunden erwartet.
Und sie war mit ihrer Checkliste schon fast durch. In Gedanken hatte sie sich notiert, dem Manager des Apartmentkomplexes Bescheid zu geben, dass das Zimmermädchen beaufsichtigt werden musste. Denn in einem der Handwaschbecken im großen Schlafzimmer der Suite hatte sie ein Haar gefunden. Und als sie das Waschbecken säubern wollte, hatte sie obendrein feststellen müssen, dass die Flasche mit dem Reinigungsmittel nicht richtig zugeschraubt war.
Aber die Aussicht aus dem Fenster wirkte besänftigend, selbst auf eine von Putzmitteln durchweichte Lifestyle-Organisatorin. Die warme Frühlingssonne, die über Auckland mit den Ausflugsbooten im Hafen schien, versprach ein sonniges Wochenende.
Hastig warf Iona einen Blick auf ihre Uhr, als sie den gedämpften Klingelton aus dem Kommunikationssystem hörte; er kündigte an, dass der private Aufzug auf dem Weg nach oben war.
Gut für dich, Angie. Genau auf die Minute. Ihre Cousine, die gleichzeitig ihre Vorgesetzte war, holte sie zum nächsten Job ab. Einer ihrer Klienten hatte sich plötzlich dazu entschlossen, an diesem Abend ein Barbecue zu veranstalten.
Ionas BH landete ebenfalls auf dem Handtuchhalter neben ihrem durchnässten Kittel. Sie verzog das Gesicht, während sie ihr halbnacktes Spiegelbild betrachtete, dann nahm sie ein paar Papiertücher aus ihrer Handtasche, ehe sie den vergoldeten Wasserhahn andrehte.
Als sie hörte, dass die große Außentür aufgeschoben wurde, rief sie: „Komm rein!“, und wischte sich den Rest des Reinigungsmittels von der Haut.
Einen Moment später spürte sie Angies Gegenwart. Angewidert tupfte sie ihre nackten Brüste ab und meinte: „Ich brauche nicht mehr lange.“
„Das will ich verdammt noch mal auch hoffen.“
Iona erstarrte. Das war nicht Angie.
Sondern eine tiefe Stimme mit leichtem Akzent, sehr männlich – eine Stimme, die ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagte.
Eine Stimme, die sie kannte … viel zu gut kannte. Und die sie immer noch in ihren Träumen verfolgte.
Sie riss den Kopf hoch und begegnete entgeistert im Spiegel einem Blick aus Augen, die denen eines Löwen glichen – goldbraune Augen, die einem Mann gehörten, der sie mit überheblicher Verachtung musterte.
Ein Mann, der einer griechischen Sage entsprungen sein konnte.
Oder einer tahitianischen Traumwelt …
Schockiert bemerkte sie die klassische Schönheit seiner Züge. Sie schluckte schwer, ehe sie krächzend herausbekam: „Luke?“
„Was, zum Teufel, machst du hier?“, fragte Luke Michelakis in kaltem Ton.
Heiße Röte ergoss sich über ihre nackten Brüste, als sie ihren zerknitterten Kittel nahm und sich damit bedeckte, während sie entsetzt zusah, dass ihr BH zu Boden fiel. „Ich war gerade … ich habe hier nach dem Rechten gesehen“, murmelte sie. Zitternd holte sie Luft, ehe sie fragte: „Und was machst du hier?“
„Wohnen“, sagte er frostig.
„Ach wirklich?“ Ihr Herz hämmerte, doch ihr Ärger gab ihrer Stimme einen schärferen Ton. „Wir hatten dich erst in fünf Stunden erwartet.“
Schwarze Brauen schossen nach oben. Für einen verstörend langen Augenblick ruhte sein undurchdringlicher Blick auf ihr, ehe er sich bückte, ihren BH vom Fußboden aufhob und ihn ihr entgegenhielt. Fleischfarbene Baumwolle, die an einer olivefarbenen langgliedrigen Hand baumelte.
„D…danke.“ Sie entriss ihm das anstößige Stück Stoff und versuchte, sich einen Anflug von Würde zu geben. „Geh bitte.“
Die langen dunklen Wimpern über den exotisch geschnittenen Augen konnten das Glitzern nicht verbergen, bei dem Iona ein anstößiger Schauer durchfuhr.
Sein Ton hingegen verriet nichts von diesem kurzen Moment besonderer Intensität. „Gerne.“
Peinlich berührt drehte sie sich um, doch die verspiegelte Wand bot ihr keinen Schutz, sondern setzte sie seinem sengenden Blick noch stärker aus.
Einen Moment fürchtete sie, er würde bleiben und ihr beim Anziehen zusehen.
„Geh jetzt“, wiederholte sie mit belegter Stimme.
„Es war mir ein Vergnügen“, gab er scharf zurück und verschwand dann so lautlos wie ein geschmeidiges Raubtier.
Schockiert und zugleich erleichtert schlug Iona die Tür zu und verschloss sie, ehe sie den feuchten BH wieder anzog. Sie musste ein paar Mal tief durchatmen, bevor sie wieder klar denken konnte.
Seit sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte Luke Michelakis diese Wirkung auf sie – er nahm ihr förmlich den Atem.
Charisma, schoss ihr durch den Kopf. Präsenz. Einfluss. Wie auch immer man sein Auftreten bezeichnen wollte, Luke besaß von all dem im Übermaß. Genau das war ihr vor achtzehn Monaten als Erstes bei ihm aufgefallen, als er auf Tahiti über den weißen Strand zu ihr geschlendert war – das und der autoritäre Ton, mit dem er ihr erklärte, dass dies ein Privatstrand sei.
Luke – hier in Neuseeland. Er war also der Mann, den Angie und sie mit einem Lachen als den unbekannten Krösus bezeichnet hatten.
Dieses Penthouse musste vom Teufel besessen sein. Wahrscheinlich lachte er sich schon tot über sie.
Sie war gerade wieder in ihren Kittel geschlüpft, als es erneut an der Tür klingelte.
Endlich, Angie …
Von Luke war nichts zu sehen, als sie in den Flur stürmte und die Tür öffnete. Doch statt ihrer gelassenen Cousine sah sie sich dem gehetzt wirkenden Zimmermädchen gegenüber, das einen Beutel in den Armen hielt.
„Die Bettwäsche aus der Wäscherei“, erklärte sie Iona und spähte mit großen Augen an ihr vorbei.
Iona wappnete sich, dann drehte sie sich um. Schweigend schlenderte Luke auf die beiden Frauen zu, groß und von überragender Dominanz.
„Ich zeige Ihnen die Zimmer, die gemacht werden müssen“, sagte Iona schnell. Sie straffte die Schultern und schleppte das Zimmermädchen förmlich den Flur hinunter zu den drei Schlafzimmern.
„Wer ist der Typ?“, zischte das Mädchen, bevor Iona wieder ging.
„Ein Gast des Besitzers“, entgegnete Iona knapp.
„Bei mir könnte er Gast sein, sooft er will“, meinte die junge Frau kichernd.
Leise verließ Iona das Zimmer, doch es war zwecklos. Luke erschien mit grimmiger Miene und meinte kurz angebunden: „Wir müssen reden. Komm mit.“
Jeder Nerv in ihrem Körper war angespannt, eine stumme Warnung vor diesem Mann. Sie unterdrückte den tollkühnen Impuls, ihm zu erklären, dass sie keine Befehle von ihm entgegennehmen würde. Stattdessen war sie darum bemüht, seinem verhangenen, intensiven Blick möglichst gefasst zu begegnen.
Um im nächsten Moment zu merken, dass es ein gefährlicher Fehler gewesen war.
Sie musste all ihre Selbstkontrolle aufbringen, um ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. „Tut mir leid, dass die Schlafzimmer noch nicht fertig sind, aber die Laken waren in der Wäscherei verschwunden. Sie sind gerade erst gebracht worden.“
Sein lässiges Schulterzucken zeigte ihr, dass ihn die Angelegenheit nicht interessierte. „Du hast immer noch eine klebrige Spur auf deiner Haut“, sagte er stattdessen. „Du solltest dich besser fertig waschen, danach will ich dich auf der Terrasse sehen.“ Er hielt inne, ohne dass seine Miene etwas preisgab. „Ich kann dir ein Hemd leihen, wenn du willst“, fügte er dann gedehnt hinzu.
Auf Tahiti hatte er ihr einmal sein Hemd umgelegt, um ihre Schultern vor der heißen Sonne zu schützen. Als er es ihr dann wieder ausgezogen hatte, war die Folge ein sinnliches Intermezzo, das ihr jetzt allzu lebhaft vor Augen stand.
Natürlich erinnerte auch er sich daran. Röte schoss in ihre Wangen, als er eine Braue hob und sie mit spöttischer Herausforderung ansah.
„Nicht nötig“, gab Iona zurück, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verschwand wieder im Waschraum. Sie schloss die Tür, lehnte sich dagegen und biss auf die Unterlippe.
Arrogant? Sie zwang sich, zum Waschbecken zu gehen und sich den Rest des Reinigungsmittels abzuwaschen.
Arrogant war in diesem Fall ein viel zu nichtssagendes Wort, um Luke Michelakis zu beschreiben. Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, während sie diesen Mann im Stillen mit passenderen Adjektiven bedachte: zynisch, dominant, einschüchternd …
Noch andere, gefährlichere Adjektive kamen ihr in den Sinn: sexy, unwiderstehlich attraktiv, überwältigend.
Genau deswegen hatte sie vor achtzehn Monaten an einem heißen, verlassenen Strand auf Tahiti die verrückteste Entscheidung ihres Lebens getroffen. Ein einziger Blick auf Luke Michelakis hatte ihr gezeigt, dass er genau das verkörperte, was sie brauchte: Er war ein Mann, der vor Charisma und Vitalität sprühte, jemand der sie aus ihrer Verzweiflung retten konnte, die sie nach dem Tod ihres Verlobten übermannt hatte. Und kurz danach waren auch noch ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Instinktiv hatte sie erkannt, dass dieser unwiderstehliche Grieche genau wusste, wie er sie wieder mit Leben erfüllen konnte. In seinen Armen hatte sie höchste Lust verspürt, hatte gelernt, wie wundervoll es war, als Frau begehrt zu werden. Und gleichzeitig hatte sie sich beschützt und aufgehoben gefühlt.
Und ebenso instinktiv hatte sie gewusst, dass dieser Mann, attraktiv, überheblich und selbstsicher wie er war, nichts als eine Affäre wollte.
Die zutiefst sinnliche Erfahrung hatte ihr bittere Schuldgefühle bereitet. Gavin war gestorben, weil er ihr Leben hatte retten wollen. Sie hatte so sehr um ihn getrauert, dass sie einer Depression nahe gewesen war. Doch in den zehn Tagen und Nächten voller Leidenschaft mit Luke hatte er nicht nur ihren Körper erobert, sondern auch ein wenig ihr Herz. Entsetzt über sich selbst war sie von der Südseeinsel geflohen, entschlossen, all die Erinnerungen an die Zeit dort aus ihrem Gedächtnis zu verbannen.
Doch es hatte nicht funktioniert. Und nun war Luke in Neuseeland. Ausgerechnet!
Eigentlich sollte es sie trösten, dass sie einander nie wiedersehen würden, wenn sie dieses Penthouse erst einmal verlassen hatte. Aber sein so unerwartetes und für sie peinliches Erscheinen hatte ein Feuer in ihr geweckt, das sie längst erloschen geglaubt hatte.
Iona zog die noch klammen Sachen an. Tief atmete sie durch, ehe sie in den Flur hinaustrat, den Kopf hoch erhoben, während sie das Gefühl hatte, dass eine Herde Büffel durch ihr Inneres trampelte.
Der Flur war leer, aber blieb es nicht lange. Schweigend und mit grimmiger Miene marschierte Luke vom Wohnzimmer herüber.
Er beobachtete, wie sie näher kam und das Licht goldene Sprenkel in ihre blonden Haare zauberte. Obwohl er sie seit anderthalb Jahren nicht mehr gesehen hatte, hatte sich jede Einzelheit in sein Gedächtnis eingebrannt – wie warm sich ihr schlanker Körper anfühlte, das dunkle Geheimnis ihrer blaugrünen Augen, die je nach Stimmung immer wieder anders leuchteten, das sinnliche Versprechen ihrer vollen Lippen …
Ihre leidenschaftliche Hingabe.
Und das brennende Gefühl des Verrats, als sie ihn verlassen hatte. Seine strikte Selbstbeherrschung hatte mit einem ursprünglichen Instinkt gekämpft, dass diese Affäre mit Iona etwas sehr Seltenes war, sehr viel mehr als eine verrückte Urlaubsaffäre.
Zum ersten Mal gestand Luke sich jetzt ein, dass er auch nach Neuseeland gekommen war, um wieder Kontakt mit ihr aufzunehmen. Natürlich nur, um sich zu versichern, dass es ihr gut ging, wie er in Gedanken schnell hinzufügte.
Er hatte nicht erwartet, sie wenige Stunden nach seiner Ankunft schon zu finden. Und sein überentwickeltes Verantwortungsgefühl sollte eigentlich zufriedengestellt sein, weil sie offenbar wohlauf war, auch wenn sie sich offensichtlich nicht freute, ihn wiederzusehen.
Doch auch sie schien ihre gemeinsame Zeit nicht vergessen zu haben.
Er verdrängte die Freude darüber, die ihm jetzt sehr ungelegen kam, und meinte abrupt: „Wir sollten uns besser außer Hörweite des Zimmermädchens unterhalten.“
Iona hatte beschlossen, ihm mit kühler Distanz zu begegnen. Daher erwiderte sie im gleichen Ton wie er: „Na schön.“
Während er sie auf die Terrasse führte, stellte sie erneut fest, dass er sich mit der Anmut einer großen Raubkatze bewegte.
Er war gewiss kein Mann, den man übersehen konnte.
Kaum befanden sie sich auf der Terrasse mit den üppigen Grünpflanzen, fragte er ohne Umschweife: „Was machst du hier?“
„Ich sorge dafür, dass das Apartment für dich und deine Gäste vorbereitet wird“, sagte sie, um einen kühl-distanzierten Ton bemüht.
Er zog eine Braue nach oben. „Dein Arbeitgeber scheint ein bisschen zu vertrauensselig zu sein. Du hattest die Tür nicht abgeschlossen. Jeder hätte hier hereinspazieren können.“
Iona vermutete, dass sie etwas zu ihrer Verteidigung vorbringen würde, doch diesen Gefallen wollte sie ihm nicht tun.
In scharfem Ton erwiderte sie: „Das Gebäude ist sehr gut bewacht. Es klingelt an der Tür, wenn der Aufzug oben im Stockwerk hält. Und da wir dich erst später am Nachmittag erwartet haben, hat meine Chefin Ms. Makepeace sich wohl von dem Concierge aufsperren lassen.“
Ihre Worte quittierte er mit einem harten Blick. „Ich nehme nicht an, dass sie die Reinigungskraft ist.“
Er war wohl kaum daran interessiert, wie dieser Haushalt geführt wurde. Schließlich war das nicht einmal sein Apartment. Vielmehr hatte einer von Angies Kunden es Luke für dessen Aufenthalt in Neuseeland zur Verfügung gestellt. Ob es ihm vielleicht Spaß machte, auf diese kleinkarierte Weise herauszustellen, welche soziale Kluft zwischen ihnen bestand?
Schließlich war sie es gewesen, die ihn auf Tahiti verlassen hatte. So etwas war ihm vermutlich vorher noch nie passiert.
Oder danach.
Doch der Mann, den sie kennengelernt hatte, war nicht kleinkariert gewesen. Schnell verdrängte sie einen Anflug zu lebhafter Erinnerungen und antwortete: „Du hast recht, sie ist nicht die Reinigungskraft. Sie hat ein kleines Unternehmen, das darauf spezialisiert ist, das Leben anderer Menschen zu organisieren, die selbst keine Zeit dafür haben.“
„Mit anderen Worten ein Dienstleistungsbetrieb für Reinigungskräfte und Butler“, gab er in leicht ironischem Tonfall zurück.
Iona schenkte ihm ein freundlich-nachsichtiges Lächeln. „Ich würde sie eher als Managerin bezeichnen“, korrigierte sie ihn. „Sie ist sehr erfolgreich, äußerst diskret, eine Perfektionistin. Und man kann sich hundertprozentig auf sie verlassen. Dein Gastgeber hat uns gebeten, das Apartment für dich herzurichten. Leider hat es ein paar kleine Probleme gegeben, die gerade behoben werden. Wärest du, wie angekündigt, später gekommen, wäre alles perfekt gewesen.“
Er stieß ein Lachen aus, und für einen Moment war er wieder der Mann, dem sie verfallen war – aber nicht aus Liebe, nein, auf keinen Fall.
Vielmehr aus sinnlicher Lust.
Sein amüsierter Blick nahm seinen Zügen nichts von der Härte. „Für mich war es günstiger, früher zu kommen. Der Rest der Gäste kommt aber wie angekündigt.“
Als die Schlafzimmer von ihr überprüft worden waren, hatte sie festgestellt, dass zumindest zwei weitere Gäste erwartet wurden. Ob er sein großes Bett mit jemandem teilen würde? Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sie, der sich wie Betrug anfühlte.
Sie gab sich kühl, obwohl dieser Gedanke sie verwirrte und ängstigte. „Jetzt müssen nur noch die Betten gemacht werden“, sagte sie. „Wenn du mich also entschuldigen würdest, könnte ich dem Zimmermädchen helfen. Danach hast du das Apartment ganz für dich allein.“
„Nicht nötig“, meinte er lässig, sah sie jedoch eindringlich an, während ein Lächeln seinen wunderschön geformten Mund umspielte. „Von mir aus musst du nicht so schnell verschwinden. Erzähl mir lieber, wie es dir ergangen ist, nachdem du Tahiti Hals über Kopf verlassen hast.“
Genau das Thema, das zivilisierte, vernünftige und kultivierte Exliebhaber anschnitten, wenn sie über eine vergangene Affäre sprachen.
Nun, sie konnte Luke in diesem Punkt durchaus das Wasser reichen, wenn sie auch nicht so kultiviert weltmännisch war wie er.
Trotzdem kostete es sie große Mühe, in gelassenem Ton zu erwidern: „Mir ist es gut ergangen. Danke der Nachfrage.“
Sie wusste, dass sie steif klang, aber so gelassen wie er zu sein, das schaffte sie nicht. Abgesehen von Gavin war er der einzige Mann, mit dem sie bisher geschlafen hatte. Und nicht nur das. Mit seiner leidenschaftlichen Sinnlichkeit hatte er sie ins Leben zurückgeführt. Sie hatte wieder Freude empfinden und mit Lust auf ihn reagieren können. In den Tagen und Nächten auf Tahiti war er ihr viel zu nahe gekommen.
Als sie ihm einen verstohlenen Blick zuwarf, bemerkte sie das amüsierte Glitzern in seinen goldbraunen Augen. Überrascht stellte sie fest, dass ihr Herz sich weitete, als hätte sie in all den vergangenen Monaten nur auf diesen Moment gewartet.
Der Grund dafür musste seine starke körperliche Präsenz sein. Luke war der bestaussehendste Mann, dem sie je begegnet war …
Mit einer weiteren Frage riss er sie aus ihren Gedanken. „Und macht es dir Spaß, das Leben anderer Leute zu organisieren?“
„Ja, sehr“, gab sie ruhig zurück.
Offensichtlich wollte sie so schnell wie möglich von hier verschwinden. Luke unterdrückte einen unerwarteten Anflug von Ärger. Er war nicht so dumm, sich in seine Bettgespielinnen zu verlieben. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, seine Zurückhaltung nicht aufzugeben. Ionas kühle Art könnte ihn also nicht nur dahingehend beruhigen, dass sie ihr Leben im Griff hatte, sondern ihm auch erlauben, das zarte Band dieser unbedeutenden Affäre zu zerschneiden.
Stattdessen wurde ihm bewusst, dass er den starken Impuls unterdrücken musste, sie zu berühren. Ihre vollen Lippen, den Hals hinunter, während er entdecken würde, wie ihre Augen sich vor Verlangen verdunkelten.
Um sich zu beweisen, dass sie nicht unempfänglicher für ihn war als er für sie …
Als es an der Tür klingelte, fuhr Iona zusammen und trat einen Schritt zurück. Luke hatte das Gefühl, sich an einem gefährlichen Abgrund befunden zu haben, während ihm wütend bewusst wurde, dass er sich eben fast zum Narren gemacht hätte.
Sie wandte sich ab und sagte mit rauer Stimme: „Das ist wahrscheinlich Angie, meine Chefin.“
Lukes Stimme klang kalt. „Ich komme mit.“
Es war tatsächlich Angie. Iona konnte nur hoffen, dass Luke den Anflug von Unsicherheit auf der Miene ihrer Cousine nicht bemerkte.
Die sofort von gelassener Professionalität überdeckt wurde, als Angie sagte: „Ich bin Angela Makepeace. Und Sie sind wohl einer der Gäste, die erwartet werden?“
„Ja. Ich bin Luke Michelakis.“
Angie hielt ihm die Hand hin. „Sehr erfreut. Es tut mir leid, Mr. Michelakis, aber uns wurde gesagt, dass Sie erst am späten Nachmittag eintreffen.“
Iona war überrascht, dass Luke Angies Hand ergriff und sie kurz schüttelte. „Wie Sie sehen, bin ich früher gekommen“, meinte er, als wäre das Erklärung genug.
Angie nickte. „Und Sie und Iona haben sich vermutlich schon vorgestellt?“
„Iona und ich kennen uns bereits“, entgegnete er ausdruckslos.
Angies Blick flog zu Iona, die mit erstarrter Miene dastand, dann wanderte er zurück zu dem dunklen Gesichtsausdruck des Mannes, der vor ihr aufragte. „Was für ein Zufall“, sagte sie verunsichert.
„Ja, wirklich erstaunlich.“
Wütend darüber, dass die beiden über sie sprachen, als wäre sie gar nicht anwesend, meinte Iona abrupt: „Die Betten müssten inzwischen gemacht sein. Ich werde mal nachsehen.“
Als sie sich abwandte, hörte sie Luke sagen: „Ich würde gerne mit Ihnen sprechen, Ms. Makepeace.“
Angies Antwort war nicht mehr zu verstehen, als sie in das Wohnzimmer gingen. Fragen schwirrten in Ionas Kopf herum. Warum wollte er mit ihrer Cousine reden?
Und was war eben geschehen, als sein Blick auf ihren Lippen ruhte, während sich eine Spannung zwischen ihnen aufbaute, die jeden vernünftigen Gedanken in ihr ausgelöscht hatte?
Vergiss es, mahnte sie sich verärgert, während sie die beiden Schlafräume überprüfte. Als sie das große Schlafzimmer betrat, war das Zimmermädchen dort gerade mit dem Bett fertig und warf Iona ein schnelles Lächeln zu. „Alles erledigt.“
„Danke.“ Iona ging ins Bad, um sicherzustellen, dass keine Spur mehr von dem verschütteten Putzmittel zu sehen war.
Alles war sauber, und sie wollte gerade die Suite verlassen, als sie hörte, wie ihre Cousine ihren Namen rief. Angie war allein.
„Er telefoniert, und es läuft alles bestens“, sagte Angie leise. „Vielleicht könnten wir einen Vorschuss verlangen. Warum ist dein Arbeitskittel so nass?“
Rasch erklärte Iona ihr, was passiert war, und schloss mit den Worten: „Ich hoffe, du hast noch einen Ersatzkittel im Wagen.“
„Hab ich.“ Sie gab ihr die Autoschlüssel. „Dein Lukas hat das Gleiche gesagt.“
„Er ist nicht mein Lukas!“ Er hatte nie einen Einwand erhoben, weil sie ihn Luke nannte.
Angie verzog das Gesicht. „Geh nach unten und hol den Kittel aus dem Wagen, damit du dich hier umziehen kannst.“ Da sie spürte, dass Iona widersprechen wollte, fügte sie hinzu: „Ist schon in Ordnung. Er hat es selbst vorgeschlagen. Ich warte so lange, während er seine geschäftlichen Telefonate erledigt.“
Als Iona mit einem sauberen Arbeitskittel zurückkam, hörte sie Stimmen im Wohnzimmer. Rasch eilte sie ins Bad, zog dankbar das frische, trockene Kleidungsstück an und steckte das feuchte in ihre Tasche, ehe sie sich versicherte, dass der Raum perfekt hergerichtet war.
„Alle Rosenblätter genau an ihrem Platz“, murmelte sie, als sie hinausging – um sich Lukes Blick gegenüberzusehen.
Er hob eine Braue und lächelte flüchtig, als er sagte: „Jetzt siehst du wesentlich annehmbarer aus.“
„Danke, dass ich dein Bad benutzen durfte.“
Erneut ging seine Braue nach oben, diesmal in einem Anflug von Spott. Eindringlich sah er sie an, als könnte er nicht nur ihre Gedanken lesen, sondern auch den Gefühlsaufruhr, der in ihr tobte. „Seid ihr Geschwister, du und deine Chefin?“, fragte er.
Er musste Ionas Überraschung bemerkt haben, denn er hob leicht die breiten Schultern. „Auch wenn sie einen ganz anderen Teint hat, habt ihr die gleiche Gesichtsform. Und den gleichen Schwung der Lippen, eine ähnlich zarte Haut …“
Sein wohlgeformter Mund verzog sich zu einem schmalen Lächeln, als er bewusst innehielt, was ihre Nervosität noch steigerte. Dann sagte er gedehnt: „All das habe ich nie vergessen.“
Hitze stieg in ihr auf und erinnerte sie an seine männliche Kraft und Virilität, die sie zu einer Affäre verleitet hatte, die ihr jetzt wie ein gefährlicher Traum erschien.
Sie schluckte schwer, ehe sie herausbrachte: „Wir sind Cousinen.“
Als sie mit dem Aufzug nach unten fuhren, meinte Angie: „Wo hast du ihn denn kennengelernt? Und warum weiß ich nichts davon?“
Auch wenn Iona sich gegen Fragen gewappnet hatte, zögerte sie zunächst, als der Lift unten in der Tiefgarage hielt. „Wir haben uns auf Tahiti getroffen“, entgegnete sie, um einen sachlichen Ton bemüht. „Am zweiten Jahrestag von Gavins Tod. Ich bin gerade an einem verlassenen Strand spazieren gegangen …“
„Und bist sicher vor Schuldgefühlen zerflossen“, fügte Angie bissig hinzu. „Niemand wusste, dass Gavin ein schwaches Herz hatte, Iona. Sicher, es war anstrengend für ihn, dich aus den Fluten zu retten, und er ist dabei ertrunken. Eine Tragödie, mit der niemand rechnen konnte. Es war nicht deine Schuld.“
„Mein Verstand sagt mir das Gleiche“, erklärte Iona leise, „aber trotzdem konnte ich es einfach nicht akzeptieren.“
Angie schloss den Wagen auf und stieg ein. „Kurz darauf sind deine Eltern noch von diesem betrunkenen Autofahrer getötet worden“, fuhr sie fort, nachdem Iona sich neben ihr auf den Beifahrersitz gesetzt hatte. „Kein Wunder, dass du völlig aufgelöst warst. Und dann hast du Lukas Michelakis auf Tahiti getroffen?“
„Ja. Er marschierte den Strand herunter – als gehörte ihm die ganze Welt – und erklärte mir, dass ich mir unbefugt Zugang verschafft hätte. Ich war richtiggehend erleichtert, weil er mich damit von meinen Grübeleien ablenkte.“ Und wie!
Nachdem sie losgefahren waren, meinte Angie: „Und was ist dann passiert?“
„Wir haben ein bisschen Zeit miteinander verbracht“, sagte Iona tonlos, „bis ich dann wieder nach Hause kam.“
„Und seitdem hattet ihr keinen Kontakt mehr?“, wollte Angie wissen.
„Es bestand kein Grund dazu.“
Ihre Cousine hatte verstanden. „Ich habe irgendwo mal gelesen, dass er in einer sehr wohlhabenden Familie aufgewachsen ist.“
„Das hätte ich mir denken können“, gab Iona zurück. „Bei seinem Selbstbewusstsein.“
„Der Artikel gab nicht viel preis, war aber gespickt mit Andeutungen. Offensichtlich wollte man so verhindern, dass ein Anwalt den Verfasser des Artikels verklagen könnte. Es wurde angedeutet, dass in seiner Jugend etwas ziemlich Schreckliches passiert sein musste. Danach hat er sein Zuhause verlassen und ist seinen eigenen Weg gegangen.“
„Vermutlich, ohne die Unterstützung seiner Familie entbehren zu müssen.“ Iona versuchte erst gar nicht, den zynischen Unterton zu verbergen.
„Ich bezweifle, dass er das nötig hatte. Er hat sich sehr schnell zu dem Internet-Experten entwickelt.“ Angie hielt inne, ehe sie fragte: „Wie wäre es für dich, für ihn zu arbeiten, falls er uns brauchen sollte?“
„Ich?“ Iona schluckte gegen eine unnötige Panik an. „Vermutlich wäre ich ein wenig gehemmt. Schließlich war ich halbnackt und habe mir gerade Putzmittel von den Brüsten gewischt, als er hereinspazierte. Vermutlich glaubt er, ich hätte das absichtlich gemacht, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.“
„Sicher ist ihm das früher schon passiert“, überlegte Angie und warf ihrer Cousine einen gedankenverlorenen Seitenblick zu. „Vermutlich hat er oft genug im Leben aufdringliche Frauen abwehren müssen.“
Während ihrer kurzen Affäre war Luke derjenige gewesen, der die Initiative ergriffen hatte.
Sie unterdrückte die verwirrenden Erinnerungen an ihre tropische Torheit und meinte hastig: „Ich werde schon zurechtkommen. Als du aufgetaucht bist, ist er gleich viel entspannter gewesen.“
Entspannt war allerdings kaum ein Wort, das zu Luke passte. Selbst im Urlaub hatte sie eine gezügelte Kraft an ihm gespürt, eine kompromisslose Autorität, die zugleich beeindruckend und einschüchternd war.
Und er strahlte diese Autorität auch jetzt wieder aus, noch verstärkt durch seine spöttische Distanziertheit, die sie vorher nicht bei ihm bemerkt hatte.
Vergiss es, mahnte sie sich im Stillen. Immer noch ärgerte sie sich über seinen verächtlichen Blick, den er ihr im Waschraum zugeworfen hatte. Und trotzdem, es war besser, sich über ihn zu ärgern, als sich voller Verlangen nach ihm zu sehnen.
Das Barbecue, um dessen Organisation man Angie erst am Tag zuvor gebeten hatte, ging bis nach Mitternacht, und sie waren beide müde, als sie endlich das Strandhaus verließen.
Iona unterdrückte ein Gähnen. „Hoffentlich kann jemand Mrs. Parker überzeugen, nicht so schnell wieder so eine Überraschungsparty zu geben. Vermutlich hätten wir damit rechnen müssen, dass ihre paar engen Freunde sich als fünfzig Gäste herausstellen.“
„Dafür wird sie uns auch gut bezahlen müssen, dass sie uns so kurzfristig Bescheid gegeben hat. Davon abgesehen hat alles gut geklappt, und wir brauchten den Job“, sagte Angie pragmatisch.
Nach einem Moment angespannter Stille fragte Iona: „Wie steht es denn?“
Ihre Cousine zögerte, ehe sie einräumte: „Du denkst vermutlich, dass die miese Wirtschaftslage sich auch auf uns auswirkt, aber wir werden das überstehen.“ Ihr Ton änderte sich. „Falls es in den nächsten beiden Tagen einen Notfall gibt, kann ich dann auf dich zählen? Die Jungen gehen morgen zu einer Geburtstagsparty – besser gesagt heute – und morgen wollen wir in den Zoo.“
„Natürlich. Gib mir das Arbeitshandy. Wenn etwas Dringendes ist, rufe ich dich auf deiner Privatnummer an. Du brauchst mal eine Pause, und die Jungs Zeit mit dir.“
Iona musste noch eine Weile auf sie einreden, doch schließlich willigte Angie ein.
In ihrer kleinen Studiowohnung duschte Iona und fiel dann müde ins Bett. Während sie recht schnell einschlief, flackerten Bilder von einem großen dunklen Mann vor ihr auf, die sie auch in ihre Träume begleiteten. Irgendwann wachte sie voller Verlangen auf, während das Blut heiß durch ihre Adern pulsierte.
Mit grimmiger Miene zwang sie sich, ruhiger zu atmen, während ihre Gedanken in die Vergangenheit schweiften. Tahiti bot alles, was die Reiseprospekte versprochen hatten – wild, sinnlich exotisch, voll schöner Menschen, die Luft erfüllt vom Duft der Blumen, Lachen und Musik und dem leisen Wellenschlag des türkisfarbenen Meeres.
Iona hatte all das zwar gesehen, sich aber nicht daran erfreuen können. Sie war so voller Trauer gewesen, dass sie sich von allem abgeschnitten fühlte.
Und dann hatte sie Luke getroffen – Lukas. Sie hatte nicht gewusst, wer oder was er war. Kaum hatte sie in seine Augen gesehen, die denen eines Löwen glichen, waren Gefühle in ihr zum Leben erwacht, die sie schon für immer abgestorben glaubte. Hoffnung regte sich wieder in ihr. Luke hatte ihre Nerven zum Prickeln gebracht, ihren Körper erhitzt, ihre Sinne geschärft, sodass die Welt sich plötzlich in einen Ort wunderschöner Farben, Klänge und sinnlicher Freude verwandelte.
Warum nur hatte er sich ausgerechnet für sie interessiert? Sie hatte ihn einmal gefragt, und er hatte gelacht.
„Vielleicht der Jagdtrieb“, gab er ohne jede Scham zu. „Du hast mich mit so kalter Verachtung angesehen, als ob ich für dich weniger interessant wäre als die Muschel in deiner Hand. Ich fragte mich, wie es wohl sein würde, in diesen faszinierend blaugrünen Meerjungfrauenaugen, die geheimnisvoll sind wie die See, Verlangen aufflammen zu sehen.“
Auch wenn es albern war, taten seine Worte ihr weh. Sie versteckte den Anflug von Schmerz hinter einem Lächeln und schlang die Arme um ihn. „Und, sind deine Erwartungen erfüllt worden?“
Goldene Flammen tanzten in den Tiefen seiner Augen. „Mehr als ich je erwartet hätte“, sagte er mit tiefer Stimme und küsste sie.
Verloren in ihrer schnell aufgeflammten Leidenschaft erwiderte sie seinen Kuss, erfüllt von einer Welle heißer Lust, die der seinen in nichts nachstand.
Und dann sagte er eines Abends, während der Mond als wundervoll silberhelle Kugel am Himmel aufstieg: „Ich werde in drei Tagen abreisen.“ Als sie ihn erstaunt ansah, hatte er verführerisch gelächelt, ihr einen Kuss auf die Brust gehaucht und an ihrer weichen Haut gemurmelt: „Komm doch mit.“
Jedes Wort war wie eine Liebkosung. Er zweifelte nicht daran, dass sie tun würde, was er wollte. Die Traumwelt, in der Iona gelebt hatte, zerbrach in tausend Stücke.
„Ich kann nicht“, sagte sie und war schockiert, dass sie einen Augenblick tatsächlich versucht gewesen war, seinem Wunsch nachzugeben.
Seine Augen verengten sich, und er fixierte sie so eindringlich wie ein Jäger seine Beute. „Und warum nicht?“
„Weil das hier … es war wunderschön, aber wir wissen beide, dass es nichts mit der Realität zu tun hat.“ Auch wenn es ihr überraschend schwerfiel, dies zu sagen, seine Worte hatten wieder ihren gesunden Menschenverstand geweckt, den sie in dem Augenblick verloren hatte, als sie ihn zum ersten Mal sah.
Erneut zuckte er die Schultern. „Aber es könnte Realität werden.“ Als sie stumm blieb, fügte er ein wenig ungeduldig hinzu: „Ich werde natürlich für dich sorgen und sicherstellen, dass dir kein Nachteil entsteht, wenn du bei mir bist.“
Sein Angebot ließ sie zusammenfahren. Sie würde für eine Weile seine Geliebte sein und könnte in dieser Zeit ihren sinnlichen Traum weiterleben.
Und wenn es vorbei war, würde sie nach Neuseeland zurückkehren, mit Erinnerungen …
Und vermutlich noch mehr Trauer. Doch davon hatte sie schon genug gehabt in ihrem Leben. „Nein“, sagte sie.
Er stieß ein tiefes Lachen aus, um dann mit seinen Lippen über ihre zarte Haut zu fahren.
Als sie dann erschöpft von erfüllter Lust in seinen Armen lag, murmelte er: „Es wird mir ein Vergnügen sein, dich umzustimmen.“
Doch später, allein in ihrem Hotelzimmer, träumte sie von Gavin und wachte weinend auf. Bei einem Spaziergang über den verlassenen Strand zwang sie sich, den unschönen Tatsachen ins Auge zu blicken.
Ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte sie Luke selbstsüchtig benutzt. Sicher, er hatte von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass er nur an einer Bettgeschichte mit ihr interessiert war, doch deshalb fühlte sie sich trotzdem nicht besser.
Dass sie sich so schnell dieser überwältigenden Leidenschaft hingegeben hatte, war ein Verrat an ihrer Liebe zu Gavin. Sie versuchte, die Gefühle wieder heraufzubeschwören, die sie für ihren Verlobten empfunden hatte, doch sie schienen zu verblassen gegen die lodernde Intensität ihrer Beziehung zu Luke, waren nichts als eine schöne Erinnerung, die aber nicht länger ihr Leben bestimmte.
Schockiert über diese Erkenntnis, ergatterte sie noch einen Flug nach Neuseeland. Glücklicherweise hatte Angie mehr als genügend Aufträge, sodass Iona sich in die Arbeit stürzen konnte und sich entschieden befahl zu vergessen. Auch wenn es nicht leicht gewesen war, hatte sie geglaubt, recht gut damit zurechtgekommen zu sein.
Welch boshaftes Schicksal hatte Luke in ihr Leben zurückgeführt?
Aber Angie wird schon mit ihm zurechtkommen, dachte sie, ehe sie in einen unruhigen Schlaf fiel. Außer, er hat in den nächsten zwei Tagen irgendwelche Sonderwünsche.
Morgens wurde sie von der Titelmusik aus Bonanza geweckt. Stöhnend rappelte sie sich auf, blinzelte gegen den hellen Morgen an und griff nach dem Arbeitshandy. „Ja bitte? Womit kann ich Ihnen helfen?“
Eine tiefe Stimme am anderen Ende. „Sie sind aner nicht Ms. Makepeace.“
Gänsehaut kroch über ihren Rücken, während sie das Handy umklammerte und gegen ihre plötzlich trockene Kehle anschluckte.
Luke.
Nein, nicht Luke. Plötzlich schien ihr sein anderer Name richtiger. Er war nicht der Mann, den sie auf Tahiti geliebt hatte. Er war Lukas Michelakis, der Millionär.
Sie zwang sich zu einem geschäftsmäßigen Ton. „Hier ist Iona Guthrie. Ms. Makepeace ist im Moment telefonisch nicht erreichbar. Kann ich dir helfen?“
„Ich brauche jemanden“, sagte Luke, „der für heute auf ein dreijähriges Mädchen aufpasst.“
„Wie bitte?“ Iona wollte ihren Ohren nicht trauen. Luke Michelakis und ein kleines Kind, das passte nicht zusammen.
Ungeduld schwang in seiner Stimme mit. „Du hast genau gehört, was ich gesagt habe.“
Sein Ton ärgerte sie, doch sie sagte ohne Zögern: „Ja, in Ordnung. Wir werden das übernehmen.“
„Und du bist sicher, dass die zuständige Person verlässlich ist und über die nötigen Fähigkeiten verfügt?“
„Ja.“
„Ich muss in einer halben Stunde weg.“
Ionas Mund wurde zu einem schmalen Strich. „Ich komme so schnell wie möglich, aber in der kurzen Zeit werde ich es nicht schaffen.“
„Du wirst hier sein.“
Seinen entschiedenen Worten begegnete sie mit kühler Distanz. „L… Mr. Michelakis, ich bin auch ausgebildete Kindergärtnerin und die einzige Person, die am Wochenende so kurzfristig zur Verfügung steht. Dem Kind wird es in meiner Obhut gut gehen.“
„Nenn mich ruhig Luke, so wie auf Tahiti. Wir kennen einander doch gut genug, du und ich“, sagte er spöttisch.
„Warum stellst du dann meine Fähigkeiten als Babysitter infrage?“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute Iona sie.
Und Luke reagierte entsprechend. „Du stellst dich absichtlich dumm. Auf Tahiti warst du nichts als meine Geliebte – eine sehr bezaubernde und sinnliche im Übrigen.“
Auch wenn er damit recht hatte, verletzte seine leichthin gesagte Bemerkung sie.
Er schwieg, als würde er auf ihren Kommentar warten, doch als Iona stumm blieb, fuhr er barsch fort: „Ich habe keine Ahnung, wie du mit Kindern umgehst. Und sollte Chloe in deiner Obhut ein Härchen gekrümmt werden, wirst du dafür zahlen.“
„Fürchtest du vielleicht, dass sie entführt wird?“ Angespannte Stille herrschte am anderen Ende. „Sollte dieser Fall eintreten, wäre ich sicher keine große Hilfe.“
„Nein, ich erwarte nicht, dass sie entführt wird“, sagte er kalt.
„Da bin ich aber erleichtert. Wenn du nur vorübergehend einen Babysitter brauchst, kann ich das übernehmen. Mit Kindern kann ich sehr gut umgehen. Ich kann dir auch gerne meine Zeugnisse zeigen, wenn ich da bin.“
Eine Weile war es still, ehe er sagte: „Na schön. Anscheinend bin ich gezwungen, mich in diesem Fall auf dich zu verlassen. Also erwarte ich dich in der nächsten halben Stunde. Gib mir deine Adresse. Ich schicke dir einen Wagen.“
Iona verkniff sich eine spitze Antwort, als sie sich daran erinnerte, wie sehr Angie sich auf einen ungestörten Tag mit ihren Söhnen gefreut hatte. Außerdem hatte sie am Abend zuvor deutlich gemacht, dass sie jeden Cent brauchten.
„Danke“, sagte sie deshalb knapp.
Während sie ein paar Sachen zusammensuchte, die ein dreijähriges Mädchen bei Laune halten würden, schossen ihr die unterschiedlichsten Fragen durch den Kopf. War die kleine Chloe seine Tochter? Wenn ja, musste er schon verheiratet gewesen sein oder zumindest eine Beziehung gehabt haben, während er auf Tahiti mit ihr geschlafen hatte. Zumindest würde das erklären, warum er sich ihr gegenüber so feindselig gab. Glaubte er, sie würde seiner Frau erzählen, dass er ihr untreu gewesen war?
Niemals!
Offenbar war die Mutter des Kindes nicht mitgekommen, denn sonst würde sie auf ihre Tochter aufpassen.
Als das Taxi kam, war Iona bereits fertig. Auf ihr Frühstück und die Tasse Tee, die sie dringend gebraucht hätte, hatte sie verzichtet. Dafür enthielt ihre Reisetasche genügend, um selbst ein anstrengendes Kind den ganzen Tag zu beschäftigen. Mit einem flauen Gefühl im Magen trat sie wenig später aus dem Lift oben im Penthouse und war verwirrt, als sie Luke im Türrahmen stehen sah.
Wie ein Löwe, der aus der Deckung auf eine Antilope wartete.
Iona ignorierte die verräterische Hitze, die ihre Wangen färbte, und erwiderte seinen Gruß.
Goldbraune Augen musterten ihre Kleidung – eine Baumwollhose, die bis zu den Waden reichte, ein helles T-Shirt und Sandalen.
„Praktisch“, bemerkte er kühl, „wenn auch ein bisschen zu leger.“
„Die Neuseeländer sind bekannt für ihre Ungezwungenheit“, gab sie in sachlichem Ton zurück.
„Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern.“
Bei seinem verhalten sinnlichen Ton stellten sich Ionas Nackenhärchen auf, während sie ungewollt mit einem Anflug verbotener Lust auf ihn reagierte. Zum Teufel mit ihm, dachte sie wütend, als Bilder ihrer gemeinsamen Zeit sich mit Macht in den Vordergrund drängten.
Um sich abzulenken, platzte sie sofort heraus: „Und wann lerne ich meinen Schützling kennen?“
„Sofort“, erwiderte er knapp und streckte die Hand aus.
Einen verwirrenden Moment glaubte Iona, er wolle ihren Arm nehmen.
Instinktiv wich sie zurück, während seine Hand sich schon um den Griff ihrer Reisetasche schloss. „Keine Sorge“, meinte er kühl. „Wenn du willst, dass ich dich wieder berühre, musst du mich schon darum bitten.“
Iona versteifte sich. Vermutlich hatte ihn seit ihrem gemeinsamen Aufenthalt auf Tahiti keine Frau mehr sitzen lassen, aber auf der anderen Seite hatte sie ihm nie etwas versprochen. Sie hatten beide von Anfang an gewusst, dass aus ihrer Affäre nie mehr werden würde als ein Urlaubsromanze.
Iona hatte nur ein bisschen früher Schluss gemacht als erwartet worden war.
Was ihm jedoch kein Recht gab, beleidigt zu sein.
Allerdings war er als einziger Sohn eines griechischen Patriarchen sicher sehr verwöhnt worden. Vor allem, wenn man so aussah wie ein wunderschöner, rachsüchtiger Gott aus der Antike.
Sie ignorierte seine schroffe Antwort und nahm ihm die Tasche wieder aus der Hand.
Dass sie peinlich darauf bedacht war, seine Finger nicht zu berühren, entlockte ihm ein zynisches Lächeln. „Hier entlang“, meinte er.
Für einen Augenblick war er versucht, sie zu fragen, warum sie ihn auf Tahiti sitzen gelassen hatte. Aber sie war jetzt seine Angestellte – und er hatte die Grenzen dieses geschäftlichen Arrangements ohnehin bereits überschritten.
Außerdem würde er sich nicht erlauben, sich gefühlsmäßig auf sie einzulassen. Denn schon früh war ihm beigebracht geworden, dass Frauen treulos waren – eine Lektion, die er schmerzlich hatte lernen müssen, als die zweite Frau seines Vaters dafür gesorgt hatte, dass er aus der Familie verstoßen wurde.
Er hatte sich geschworen, nie wieder einer Frau zu trauen. Daher wäre es dumm von ihm, von Iona etwas anderes zu erwarten.
Sein Vater, Aristo Michelakis, hatte damit gerechnet, dass sein zwanzigjähriger Sohn scheitern und in Vergessenheit geraten würde. Das Gegenteil war der Fall, wie Luke mit einem zufriedenen Blick auf seine exklusive Umgebung feststellte.
Er war fest entschlossen gewesen zu beweisen, dass er es zu etwas bringen würde und dass er in Bezug auf das schändliche Tun, welches ihm vorgeworfen wurde, unschuldig war. Dieses drängende Bedürfnis hatte ihn in eine Karriere getrieben, bei der er sowohl seinen brillanten Geist als auch seine Leidenschaft voll und ganz ins Spiel bringen konnte. Entschlossen hatte er sich seine Möglichkeiten zunutze gemacht und großen Erfolg gehabt, obwohl sein Vater versucht hatte, ihn zu ruinieren.
Und er konnte unter den Frauen auswählen, die sich wegen seines Reichtums und seines Aussehens, das er von seinem Vater geerbt hatte, um ihn gerissen hatten.
Stets hatte er sichergestellt, dass seine Bettgespielinnen nichts anderes von ihm erwarteten als guten Sex und seinen Schutz, solange die Affäre andauerte.
Dann war Chloe auf die Welt gekommen – noch ein Mensch, den die Familie verstoßen hatte. Durch sie veränderte sich seine Sicht auf das Leben, doch die Haltung seinen Geliebten gegenüber blieb die gleiche.
Warum also ging Iona ihm nicht aus dem Sinn?
Weil sie … anders war.
Er setzte Ionas Tasche neben einen Stuhl und sah auf die junge Frau hinunter, widerstand jedoch dem Bedürfnis, mit seinem Finger über ihren ernsten, aufreizend begehrenswerten Mund zu fahren. Was würde sie tun, sollte er sie küssen? Seine Lenden spannten sich an, obwohl er diesen Gedanken sofort verwarf.
Auch wenn sie im eigentlichen Sinne nicht schön war, war sie doch eine leidenschaftliche und freigebige Liebhaberin gewesen, und er hatte ihr gemeinsames Intermezzo genossen – vielleicht sogar ein wenig zu sehr. Es verwirrte ihn, zugeben zu müssen, dass ihre plötzliche Abreise ihn wütend gemacht hatte. Er hatte sie vermisst.
Wie auch immer, es war einfach lächerlich – eine dumme, unnötige Überreaktion –, dass er sich von ihr betrogen fühlte.
Iona war sich seines flüchtigen Blicks und seiner Schweigsamkeit deutlich bewusst und war deshalb froh, dass sie jetzt das Kind kennenlernen würde, auf das sie aufpassen sollte. Chloe war groß für ihr Alter, kein Wunder, bei dem Vater. Sie hatte große dunkle Augen und einen ähnlichen Mund wie Luke. Er verzog sich zu einem flüchtigen Lächeln, das sie ihm zuwarf, ehe das Kind sich mit ernster Miene Iona zuwandte, die sich ruhig vorstellte.
„Hallo. Mein Name ist Iona Guthrie. Wir beide werden heute ein paar Stunden zusammen verbringen, während dein Vater bei einem Meeting ist.“
„Er hat immer ein Meeting.“
Obwohl keine Verbitterung bei diesen Worten mitklang, zog sich Ionas Herz zusammen.
„Er ist sicher sehr beschäftigt, aber wir beide werden bestimmt viel Spaß miteinander haben.“
Neugierig musterte Chloe Ionas große Tasche. „Bleibst du jetzt hier, weil Neelie gegangen ist?“
„Sie ist nur heute da“, erklärte Luke dem Kind.
Wer war Neelie? Die Mutter? Oder das Kindermädchen?
„Ich habe ein paar Spielsachen mitgebracht und ein paar Bücher, die du vielleicht noch nicht kennst“, sagte Iona.
Chloe schien damit zufrieden und gehorchte auch sofort, als ihr Vater erklärte: „Bring Ms. Guthrie auf die Terrasse und zeig ihr dein Pferd.“
Ein Pferd? Er würde doch wohl kaum ein Pferd mitbringen?
Doch sie irrte. Es war ein wunderschönes Schaukelpferd mit grau geflecktem Fell, geblähten Nüstern und fliegender Mähne. Der Sattel und das Zaumzeug waren einer Königin würdig. „Es heißt Pegasus“, erklärte Chloe ihr in wichtigem Ton.
„Und kann es auch fliegen, wie das Pferd aus der Sage?“, fragte Iona.
Es schien, als hätte sie eine Art von Prüfung bestanden, denn das Mädchen lächelte sie nun an. „Fast. Früher hat es Lukas gehört, als er noch klein war.“ Sie klang ein wenig zweifelnd, als könnte sie sich nicht vorstellen, dass ihr Vater einmal klein genug gewesen war, um auf diesem Pferd zu reiten.
Aber warum nannte sie ihn bei seinem Vornamen?
Und was war mit ihrer Mutter geschehen? Tot? Geschieden? Nicht mehr interessiert?
Das geht dich nichts an, mahnte Iona sich im Stillen und sagte mit rauer Stimme: „Ihr könnt euch glücklich schätzen, du und dein Vater. Pegasus ist ein wunderschönes Tier.“
„Er ist mein bester Freund.“
Genau wie ihr Vater sprach Chloe ausgezeichnet Englisch; doch ihr fehlte jeglicher Akzent, im Gegensatz zu ihm. Obwohl auch bei ihm kaum etwas davon zu spüren war, wie Iona sich erinnerte …
Gerade genug, um jedem Wort, das er sagte, eine unterschwellig sinnliche Note zu verleihen, die sich verstärkt hatte, während sie sich geliebt hatten.
Vergiss es!
Deshalb sagte sie schnell: „Pegasus kann natürlich auch froh sein, so eine gute Freundin wie dich zu haben. Vielleicht zeigst du mir, wie gut du auf ihm reiten kannst?“
Nach einem Augenblick hob Chloe ihren Rock, stieg auf das Pferd und schaukelte mit einer Begeisterung hin und her, die Ionas Herz erwärmte.
„Sie ist zurückhaltend, aber nicht schüchtern“, sagte ihr Vater aus dem Hintergrund.
Verwirrt drehte Iona sich um. Er sah sehr beeindruckend aus in seinem maßgeschneiderten Anzug, sie fühlte seine Attraktivität geradezu.
Sie entfernte sich aus der Hörweite des Kindes und fragte in sehr sachlichem Ton: „Gibt es noch etwas, das ich über Chloe wissen sollte, bevor du gehst?“ Als seine dunklen Brauen sich zusammenzogen, fügte sie energisch hinzu: „Ihre Mutter ist vermutlich nicht da, oder? Chloe wird sie zweifellos vermissen.“
„Du vermutest zu viel.“
Bei seinem hochmütigen Tonfall straffte Iona sich. Irgendetwas Seltsames ging hier vor, und sollte es Chloe berühren, müsste sie davon wissen. „Na schön“, sagte sie im gleichen Ton. „Aber gibt es etwas, dessen ich mir bewusst sein sollte?“
Stirnrunzelnd sah Luke ihr in die Augen, deren Farbe sich mit ihrer Gemütslage veränderte. Jetzt waren sie von einem kühlen Blau und zeigten eine Spur von Herausforderung.
Gestern im Bad, als Iona halbnackt gewesen war, hatten ihre Augen blaugrün geleuchtet. Zunächst hatte ihr Blick schockiert gewirkt, dann geheimnisvoll.
Er musste seine Begierde zügeln, die ihn zu seiner Überraschung mit Macht befiel.
Warum, zum Teufel, war sie auf Tahiti davongelaufen? Weil er vorgeschlagen hatte, dass sie als seine Geliebte bei ihm bleiben sollte, statt als seine zukünftige Frau?
Sie musste doch sicher gemerkt haben, dass es noch viel zu früh war für Versprechungen, die über ein leidenschaftliches Begehren hinausgingen. Er wollte, dass sie sich zuerst näher kennenlernten und herausfanden, ob sie auch außerhalb des Bettes so gut zusammenpassten. Doch offenbar hatte sie seine noch unausgereiften Gefühle nicht erwidert.
Entschieden verdrängte er die Erinnerung an ihr Zusammensein und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf ihre Frage.
Auch wenn sie diskret sein mochte, würde er sie nicht in die Familiengeheimnisse einweihen. Denn zu oft hatte er erleben müssen, dass sein Privatleben – oder das, was man daraus machte – in den Medien ausgeschlachtet wurde. Und sollte jemals etwas über die Umstände von Chloes Geburt, die er wenig später adoptiert hatte, durchsickern, wäre das für die Presse ein gefundenes Fressen.
Damit würde er fertig werden. Doch was es zwingend notwendig machte, das Geheimnis zu wahren, bis er Iona trauen konnte, war die letzte Drohung seines Vaters. Aristo Michelakis wollte die Adoption anfechten und das Sorgerecht für eine Tochter beanspruchen, die er bisher verleugnet hatte.
Trotzdem musste Luke widerwillig einräumen, dass Ionas Frage berechtigt war.
Am Tag zuvor hatte er seine Sicherheitsbeamten angewiesen, Iona und ihre Cousine zu überprüfen. Sie waren sauber – praktisch Heilige, dachte er höhnisch.
Kurz warf er einen Blick zu Chloe, die ganz auf ihr Schaukelpferd konzentriert war, ehe er sich umbesann, seine Worte aber sorgfältig wählte.
„Ihre Mutter hat nie eine Rolle in Chloes Leben gespielt.“ Sie hatte ihr nicht einmal den Namen gegeben. Er selbst hatte ihn ausgesucht, nach seiner Großmutter mütterlicherseits.
„Ich habe immer für sie gesorgt“, fuhr er schroffer als beabsichtigt fort, irritiert darüber, dass Ionas seidenweiche Haut und ihre anmutigen Bewegungen ihn immer noch verwirrten. „Seit Chloes erstem Lebensjahr sorgt ein Kindermädchen für sie. Leider musste sie gestern nach England zurückfliegen. Es ist also durchaus möglich, dass sie mal von Neelie spricht. Ich habe ihr erklärt, dass Neelie zu ihrer kranken Mutter musste, und sie scheint es zu verstehen und zu akzeptieren. Ich habe eine Nummer neben das Telefon gelegt. Sollte es einen Notfall geben, ruf mich an. Aber nur dann.“
Iona nickte und erwiderte gefasst: „Ich gerate nicht so schnell in Panik.“
Luke musste einen erneuten Anflug von Begierde bezwingen. Sie entsprach nicht dem klassischen Schönheitsideal. Ihr Gesicht war eher auffallend als schön. Und dennoch war etwas an ihr und ihrem weichen schlanken Körper, das ihn immer wieder begeistern konnte.
Trotzdem, er hatte Verpflichtungen, die er nicht vernachlässigen durfte. Auch wenn er seit Monaten mit keiner Frau mehr im Bett gewesen war, wäre es nicht ratsam, die Affäre mit einer Frau fortzuführen, die ihm schon genug schlaflose Nächte beschert hatte.
Und wenn er etwas gelernt hatte in seinem Leben, dann, dass er seine körperlichen Bedürfnisse unter Kontrolle halten musste.
Entschieden wandte Iona den Blick von ihm ab und sah zu Chloe, die immer noch begeistert schaukelte. Luke durfte ihr nichts bedeuten, genauso wenig wie der Umstand, dass er vielleicht während ihrer leidenschaftlichen Affäre längst verheiratet gewesen war.
Und dennoch musste sie gegen ein dummes Gefühl des Verrats ankämpfen.
Sie ignorierte es und fragte stattdessen: „Wann ungefähr kommst du zurück?“
„Das Meeting sollte noch vor fünf beendet sein“, sagte er in strengem Ton, der verriet, dass er es nicht gewohnt war, danach gefragt zu werden. „Sollte abzusehen sein, dass es länger dauert, werde ich oder mein persönlicher Assistent dir Bescheid geben. Hast du heute Abend denn eine Verabredung?“
Iona begegnete seinem unerwartet neugierigen Blick. „Nein.“
Mit unveränderter Miene wandte er sich ab und rief: „Chloe, ich muss jetzt gehen.“
Die Kleine kletterte vom Schaukelpferd und lief in die ausgestreckten Arme ihres Vaters. Als Iona sah, wie er sie hochhob, entspannte sie sich ein wenig. Auch wenn die Geste nichts Überschwängliches hatte, zeigte sie doch, dass er seine Tochter liebte. Voller Zärtlichkeit hielt er sie auf den Armen und flüsterte ihr etwas auf Griechisch zu.
Dass seine Stimme ihr einen Schauer über den Rücken jagte, wollte sie schnell vergessen und sich stattdessen ganz auf Chloe konzentrieren.
Chloes Körpersprache zeigte, dass sie ihrem Vater voll und ganz vertraute. Sie kuschelte sich an seinen großen starken Körper, und als sie ihm zärtlich einen Kuss gab, wurden seine harten Züge weicher.
Die liebevolle Szene berührte Iona tief.
Vorsichtig stellte er Chloe wieder auf die Füße und richtete sich auf. „Und sei schön brav bei Miss Iona, wenn ich weg bin.“ Er sah Iona an. „Für zehn Uhr habe ich einen Snack für euch beide bestellt, und der Lunch kommt mittags. Danach macht Chloe ein Mittagsschläfchen für eine halbe Stunde. Wenn sie aufwacht, bekommt sie etwas zu trinken und ein wenig Obst.“
„Kann Miss Iona mit mir schwimmen gehen, Lukas, wenn ich wieder wach bin?“
„Nein“, erwiderte er lächelnd. „Denn sie hat sicher nichts mitgebracht, was sie im Wasser anziehen könnte.“
Seine Tochter schmollte, wollte ihr Glück jedoch nicht herausfordern. Offenbar wurde an seinen Entscheidungen nicht gerüttelt.
Doch Iona überraschte ihn. „Mir ist der Pool gestern schon aufgefallen. Deshalb habe ich meine Schwimmsachen mitgebracht.“ Sie sah ihn direkt an, auch wenn sie wusste, dass ihre Wangen leicht gerötet waren. Auf Tahiti war sie nackt geschwommen, und das Leuchten in seinen Augen ließ sie vermuten, dass auch er sich daran erinnerte. „Außerdem bin ich amtlich beglaubigte Lebensretterin.“
Er schwieg einen Moment, ehe ein verhaltenes Lächeln seine Lippen kräuselte. „Ich weiß, dass du eine exzellente Schwimmerin bist. Also sehe ich keinen Grund, warum ihr beide nicht schwimmen gehen solltet“, erklärte er einer strahlenden Chloe, fügte jedoch noch hinzu: „Aber nur, wenn du versprichst, dass du aus dem Wasser gehst, wenn Miss Iona es für richtig hält, und nicht darum bettelst, noch ein paar Minuten länger im Pool bleiben zu dürfen.“
Mit ernstem Gesichtchen sah Chloe ihn an. „Das tu ich nicht, Lukas. Ich bin ganz brav.“
Amüsiert wandte er sich wieder an Iona. „Chloe kann sich sehr gut über Wasser halten für ihr Alter, aber wenn sie zu lange im Pool bleibt, bekommt sie blaue Lippen und zittert.“
Während des Morgens gewann Iona durch die natürliche Offenheit des Kindes das Bild eines Mannes, der zwar streng aber nicht ungerecht war und der dem Kind all das bot, was es brauchte. Auch von ihrem Kindermädchen sprach Chloe mit Zuneigung, aber es war offensichtlich, dass ihr Vater der Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens war.
Trotzdem nagte die Ungewissheit an ihr. Aber vielleicht hatte er während ihrer Affäre auf Tahiti noch gar nichts von dem Kind gewusst?
Nach seinen Worten hatte Chloes Mutter nie eine Rolle im Leben des kleinen Mädchens gespielt.
Außer dass diese Frau das Kind ausgetragen und auf die Welt gebracht hat, dachte Iona ironisch. Aber all das geht dich nicht das Geringste an, mahnte sie sich entschieden, als sie die Kleine mittags ins Bett brachte.
Während Chloe schlief, setzte Iona sich mit einem Buch, in dem sie schon die letzten Tage gelesen hatte, auf die Terrasse. Als sie verärgert feststellte, dass sie sich nicht auf den Inhalt konzentrieren konnte, stand sie auf, ging zur Brüstung und stützte sich darauf ab.
Weit unter ihr spiegelte sich die Sonne im blauen Meer. Nachdem Gavin ertrunken war, hatte sie nicht einmal mehr ertragen können, das Meer auch nur anzusehen. Daher hatte sie sich bewusst für Tahiti entschieden, weil sie auf dieser Insel dem Anblick des Ozeans von allen Seiten ausgesetzt war. Sie hatte sich gezwungen, zu akzeptieren, was nicht mehr zu ändern war, um ihre Angst zu überwinden.
Und es war ihr gelungen, allerdings nicht so, wie sie gehofft hatte. Das trostlose Gefühl, für Gavins Tod verantwortlich zu sein, war weggeschwemmt worden von der Sinnlichkeit, mit der Luke sie beschenkt hatte – eine Sinnlichkeit, die sie willkommen geheißen, in der sie geschwelgt und an der sie sich erfreut hatte …
Getrieben von einer seltsamen Rastlosigkeit wandte sie sich um und ging auf der Terrasse auf und ab. Wer auch immer diese grüne Oase mit der blühenden Magnolie im Vordergrund entworfen haben mochte, hatte oben auf dem Dach ein Paradies geschaffen.
Verträumt schnupperte sie an einer Gardenie und fragte sich, wie es wohl sein mochte, wirklich reich zu sein und sich um Geld keine Sorgen machen zu müssen.
Ganz anders als ihre Cousine Angie, die sich nicht nur um ihre drei Angestellten und ihre Kinder kümmern musste, sondern obendrein auch noch für die Schulden ihres Exmannes aufkommen musste, nachdem der sich aus dem Staub gemacht hatte.
Angie hatte am Abend zuvor eingeräumt, dass es sehr schwer für sie war, alle über Wasser zu halten. Hoffte sie vielleicht insgeheim, dass Iona ihren früheren Job als Vorschullehrerin wieder aufnehmen würde?
Falls ja, hätte sie dann nicht etwas gesagt?
Wahrscheinlich nicht. Sie und Angie hatten keine anderen Verwandten mehr, nur noch einander. Angie würde sie aus einem Pflichtgefühl der Familie gegenüber weiter beschäftigen.
Ein Pflichtgefühl, das völlig unnötig war. Also würde Iona sie direkt darauf ansprechen, denn sie könnte immer einen Job an einer Vorschule finden. Natürlich würde sie dort nicht so viel verdienen wie bei Angie, aber sie würde zurechtkommen.
Vormittags hatte sie Chloe aus einem der Bücher vorgelesen, die sie mitgebracht hatte, und freute sich, dass die Geschichte die Fantasie des Kindes anregte und sie einzelne Szenen nachspielen konnten.
„Würdest du das Buch gerne behalten?“ Iona war selbst überrascht, als sie der Kleinen beim Mittagessen diese Frage stellte, nachdem Chloe das Buch nicht hatte zur Seite legen wollen.
Chloe machte große Augen. „Oh ja“, sagte sie atemlos und fügte dann pflichtbewusst hinzu: „Ja, bitte, Miss Iona.“ Sie hielt ihr das Buch hin. „Könntest du bitte was reinschreiben?“
Iona war gerührt. „Aber natürlich.“ Sie zog einen Stift aus ihrer Tasche und schrieb auf die Titelseite: „Für Chloe, als Erinnerung an einen wunderschönen Tag in Auckland. Von Iona.“
Doch Chloe krauste die Stirn, als Iona ihr die Widmung vorlas. „Du musst schreiben ‚In Liebe von …‘“, sagte sie.
Ionas Herz setzte einen Schlag aus. Ihr würde es nicht schwerfallen, dieses Kind gernzuhaben.
„Du meine Güte, wie konnte ich das vergessen“, sagte sie mit gespielter Entrüstung und schrieb die Worte an die passende Stelle.
Chloe strahlte. „Ich pass auch gut auf das Buch auf“, versprach sie mit ernstem Gesicht.
Nachdem Iona noch einmal daraus vorgelesen hatte, verschwand das Buch mit im Bett. Iona lächelte bei dem Gedanken, wie sehr das Kind sich über dieses einfache Geschenk gefreut hatte. Dann drehte sie sich um, als eine Stimme sie aus ihren Gedanken riss.
„Ich bin wach.“
Und bereit für den Swimmingpool, wie versprochen.
Von ihrem Kindermädchen zur Selbstständigkeit erzogen, trug Chloe bereits ihren süßen kleinen Bikini und hatte ein großes Handtuch um die Schultern geschlungen. In ihrer Hand baumelte eine hellgelbe Badekappe.
Iona musste sich ein Lächeln verkneifen und entspannte sich, als sie sah, dass Chloe sich im Wasser geschickt wie ein kleiner Aal bewegte. Sie planschten und spielten, bis Chloe „Lukas“ rief und Ionas Kopf herumschnellte.
Luke schlenderte durch die gläserne Terrassentür zum Pool. In seinem Anzug wirkte er sehr elegant, während sein Haar im Sonnenschein blau-schwarz leuchtete.
Iona spürte, wie sie vor Verlangen, viel zu süß und verräterisch, dahinschmolz.
Und doch war es jetzt anders, tiefer und stärker als die sinnlichen Gefühle, die er damals in ihr geweckt hatte. Lukes offensichtliche Liebe für dieses Kind, das jetzt so rasch wie möglich zu ihm padelte, hatte Ionas Gefühlen für ihn eine andere Qualität gegeben.
Die sie für sehr gefährlich hielt. Ihre Nerven waren angespannt, als sie aus dem Wasser steigen wollte, sich aber sofort wieder zurückfallen ließ. Ihr Badeanzug klebte an ihr wie eine zweite Haut, sodass sie am liebsten untergetaucht wäre, auch wenn es dumm und kindisch war.
Luke hatte sie schon so oft nackt gesehen, dass der Reiz des Neuen längst verblasst sein musste. Erleichtert stellte sie fest, dass er nicht in ihre Richtung sah. Vielmehr tat er so, als sei sie gar nicht da, sondern richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf Chloe. Und das Lächeln, das er ihr schenkte, als er seine protestierende Tochter aus dem Pool zog, rührte Iona auf seltsame Weise.
Er sagte etwas, das ein Strahlen auf Chloes Gesicht zauberte, dann wickelte er den nassen kleinen Körper in ein großes Handtuch und umarmte die zappelnde Kleine.
Erst als er dem Kind einen Kuss auf die Stirn gedrückt hatte, sah er über dessen Kopf hinweg zu Iona. Zutiefst verlegen stand sie da und spürte, wie das Wasser an ihr herablief.
„Es gibt ein Problem.“ Er ließ ihren Blick nicht los. „Das Meeting dauert vermutlich bis spät abends. Du bleibst also so lange, bis ich zurück bin.“
Es war keine Frage.
„Na schön“, sagte Iona, ärgerte sich jedoch, dass er einfach über ihre Zeit verfügte.
Er setzte Chloe ab und sagte im Befehlston: „Jetzt lauf und zieh dich an. Ich will mit Miss Iona reden.“
Chloe rannte davon, offensichtlich darauf bedacht, so schnell wie möglich zurück zu sein, um keinen der für sie so wertvollen Momente mit ihm zu verpassen.
„Deine Cousine könnte dir sicher ein paar Sachen für die Nacht bringen“, sagte Luke.
„Nein, sie ist heute beschäftigt.“ Und Angie hatte sicher keine Lust mehr, noch quer durch die Stadt zu fahren, wenn sie von einem anstrengenden Tag mit ihren beiden Söhnen nach Hause kam.
Er kniff ein wenig die Augen zusammen. „In diesem Fall kann ich einen meiner Angestellten schicken, um die Sachen zu holen.“
Die Vorstellung, dass eine ihr unbekannte Person in ihren Kleidern herumwühlte, brachte sie auf. „Nein“, sagte sie entschieden und schwang sich aus dem Wasser.
Sie wollte nicht länger zu seinen Füßen im Wasser stehen bleiben, sodass er auf sie herabsehen konnte wie ein mittelalterlicher Despot, der über Leben oder Tod bestimmen konnte.
Oder der die Macht besaß, sich die Frau zu nehmen, nach der es ihn gerade gelüstete.
Und dennoch spürte sie, wie sich tief ihm Innern die lange unterdrückten Gefühle quälend wieder regten.
„Und was schlägst du stattdessen vor?“, fragte er stirnrunzelnd.
„Ich habe ein paar Kleider zum Wechseln mitgenommen.“ Als er die Brauen hob, fügte sie hinzu: „Reine Vorsichtsmaße, wenn man auf Kinder aufpasst.“ Und ihre Unterwäsche würde über Nacht trocknen.
Er nickte. „Wie steht es mit Zahnbürste und Zahncreme?“