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Rom. Der weltberühmte Pianist Emile Gallois wird nach einem triumphalen Konzert erschossen aufgefunden. Commissario Di Bernardo, der bereits erfolgreich in der Musikwelt ermittelt hat, wird an den Tatort gerufen. Gemeinsam mit seinem jungen Kollegen Ispettore Del Pino stößt er schon bald aus einem Sumpf aus Intrigen und Affären. Scheinbar führte Emile Gallois ein wildes Doppelleben, und die Ehe mit seiner Frau war nur noch Fassade. Sie hätte also durchaus ein Motiv gehabt, ihn umzubringen. Als dann jedoch eine zweite Leiche gefunden wird, stellt sich der Fall noch einmal ganz anders und sehr viel komplexer dar …
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Seitenzahl: 478
Das Buch
Rom. Der weltberühmte Pianist Emile Gallois wird nach einem triumphalen Konzert erschossen aufgefunden. Commissario Di Bernardo, der bereits erfolgreich in der Musikwelt ermittelt hat, wird an den Tatort gerufen. Gemeinsam mit seinem jungen Kollegen Ispettore Del Pino stößt er schon bald auf einen Sumpf aus Intrigen und Affären. Scheinbar führte Emile Gallois ein wildes Doppelleben, und die Ehe mit seiner Frau war nur noch Fassade. Sie hätte also durchaus ein Motiv gehabt, ihn umzubringen. Als dann jedoch eine zweite Leiche gefunden wird, stellt sich der Fall noch einmal ganz anders und sehr viel komplexer dar …
Die Autorin
Natasha Korsakova, russisch-griechischer Abstammung, ist eine international konzertierende Violinsolistin. Sie war »Künstlerin des Jahres« in Chile und Italien. Natasha Korsakova kam mit 19 Jahren nach Deutschland und hat sich sofort in die deutsche Sprache verliebt, die sie heute fließend beherrscht. Das Geheimnis der berühmtesten Geige Antonio Stradivaris, der Messias, fasziniert sie schon lange. In ihrem Debütroman hat sie ihr ein Denkmal gesetzt. Natasha Korsakova lebt im Süden der Schweiz. Immer wieder ist sie auch in Rom, dem Schauplatz ihrer Kriminalromane.
Lieferbare Titel
Tödliche Sonate
NATASHA KORSAKOVA
RÖMISCHESFINALE
Kriminalroman
WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN
Für meine Eltern und für Manrico, die Felsen in der Brandung
Ich habe nichts gesehen, ich habe nichts gehört, ich war nie dort, und wenn doch, habe ich geschlafen.
Sizilianisches Sprichwort
San Luca, Calabria, im Oktober 1954
Knarrend öffnete sich das hölzerne Portal. Ein breiter Lichtstrahl fiel ins Innere der Kirche und blendete Don Giuseppe einen Atemzug lang. Wie von selbst fuhr seine Hand unter das Sakko, wo er den maßgefertigten Griff seiner Pistole fühlte. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er sich um. Alles schien friedlich.
Aurora, seine Schwester, hielt seinen Sohn auf dem Arm wie einen kostbaren Schatz. Winzige Finger stahlen sich aus dem prächtigen Taufkleid. Der Kleine hatte die gesamte Zeremonie verschlafen. Nun wurde es Zeit, dass er aufwachte. Die Taufe war das eine Ritual. Das wichtigere aber wartete noch.
Die Orgel setzte mit dröhnenden Klängen ein, und Salvatore begann lauthals zu schreien. Aurora konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, und auch die übrigen Gäste mussten grinsen. Unbändiger Stolz wärmte Giuseppes Brust. Er hatte einen Sohn. Salvatore, der Erlöser. Vier Jahre hatte er auf ihn gewartet, vier lange Jahre, in denen er hart gearbeitet und sein Imperium ausgeweitet hatte. Über die Grenzen seines geliebten Kalabriens hinaus drang es in die Strukturen von Kirche und Justiz und zersetzte sie wie Säure die Gesichter Abtrünniger. So sollte es sein.
Langsam marschierte die kleine Taufgemeinde los, dem Ausgang zu.
Auf dem Kirchplatz scharten sich die Mitglieder der famiglia schnatternd um ihr Oberhaupt. Sie alle hatten sich herausgeputzt für diesen besonderen Tag. Hinter ihnen drängten sich die üblichen Speichellecker in billigen Anzügen, die nach Angstschweiß rochen. Giuseppe warf einen schnellen Blick zu den umliegenden Häusern mit ihren abgeblätterten Fassaden. Menschen winkten hinter vergitterten Fenstern, die Mutigeren standen auf den schmiedeeisernen Balkonen, glotzten und ließen Blumenblätter regnen. Und über ihnen, auf den Dächern, thronten Giuseppes Scharfschützen wie Wasserspeier.
Behutsam reichte Aurora ihm seinen Sohn, er packte ihn von hinten unter den Achseln und stützte den Kopf mit den Daumen. Der Kleine wog kaum mehr als ein Welpe, ein Umstand, der Giuseppe verunsicherte und zugleich rührte.
Schlagartig wurde es still auf dem Platz, und die Menge wich zurück. Salvatore hatte die Augen weit geöffnet, als ahnte er, dass etwas Großes, Wahres bevorstand.
Nun trat der Priester ein zweites Mal vor, in der einen Hand einen eisernen Schlüssel, in der anderen ein scharfes Messer. Beides streckte er dem Säugling entgegen.
Don Giuseppe spürte, wie Schweiß auf seine Stirn trat. Binnen Sekunden würde sich Salvatores Schicksal entscheiden. Ihrer aller Schicksal.
Der Padre sprach die Worte des heiligen Rituals. Salvatores Ärmchen begannen wie auf einen unsichtbaren Befehl hin zu rudern. Schlüssel oder Messer? Schmach oder Ehre?
Im nächsten Moment fuhr Salvatores rechte Hand auf die scharfe Schneide des Messers herab.
Ungestüm presste Don Giuseppe den Kleinen an seine Brust. Tränen der Rührung traten in seine Augen. Der Junge hatte ihn nicht enttäuscht! Ein Schlüssel wäre das Zeichen für einen Verräter gewesen, der später einmal Jagd auf die famiglia machte und sie hinter Gitter brachte. Das Messer aber war das hehre Versprechen, seinen Blutzoll zu leisten, wenn die Zeit gekommen wäre. Damit war Salvatores Lebensweg vorbestimmt.
Giuseppe reckte seinen Sohn hoch in die Luft, der Menge entgegen. Blut rann von den winzigen Fingern auf die weiße Spitze des Taufkleids. Jubel brandete auf, und die Scharfschützen feuerten Salven in die Luft.
Der Don hatte einen Nachfolger.
Monteverde Vecchio, Rom, 13. Mai 2018
Schweißgebadet fuhr Dionisio Di Bernardo aus dem Schlaf hoch. Wieder dieser Traum. Wieder Kalabrien. Wieder Maschinengewehrsalven. Und dann die Detonation … Die Vergangenheit schien sich um seinen Geist gewickelt zu haben wie das verschwitzte Laken um seinen Körper. Er befreite sich von dem Stoff, richtete sich auf, dann hielt er inne. War da nicht ein Geräusch?
Rasch warf er sich den Morgenmantel über und lief auf Zehenspitzen zur Schlafzimmertür. Als er sie einen Spaltbreit öffnete, bemerkte er den Lichtschein, der von unten, von der Küche aus, über die Treppenstufen nach oben fiel. Erleichtert atmete er auf. Sein Sohn war offenbar noch vor ihm aufgewacht. Oder er war mal wieder gar nicht ins Bett gekommen.
Di Bernardo rieb sich gähnend den Nacken, ging die Treppe hinunter und trat in die Küche. Leise rhythmische Klänge drangen an sein Ohr, unterbrochen von schnarrenden Wortfetzen. Radio 105, Rap Italia.
Alberto sah von seinem Platz am Küchentisch auf. Die geröteten Augen waren halb von einer breiten schwarzen Haarsträhne verdeckt, die ihm in die Stirn fiel. Ein Stillleben aus Büchern, Notizen, Laptop, fettigem Pizzakarton und Energydrinks lag ausgebreitet vor ihm.
»Hab ich dich geweckt?«, fragte er und wirkte zerknirscht.
Di Bernardo schüttelte den Kopf. »Nein, ich musste sowieso aufstehen.«
»Um fünf Uhr? An einem Sonntag?«
Di Bernardo fuhr sich über die müden Augen. Sein Dienst begann heute erst um zehn. Drei weitere Stunden Schlaf hätte er bitter nötig gehabt. Doch es gab Nächte, da schenkte der Schlaf ihm keine Erholung. Er nahm die Mokkakanne aus dem Küchenschrank und füllte das Sieb randvoll mit gemahlenem Espresso.
»Möchtest du auch einen?«, fragte er über die Schulter hinweg.
Alberto streckte sich und schüttelte den Kopf. »Ich bleib bei meinem Energy-Drink.«
Wenig später erfüllte aromatischer Kaffeeduft die Küche. Dionisio holte die Dose Gocce di cioccolato aus dem Schrank – sie fühlte sich verdächtig leicht an.
»Die ist leider leer«, sagte sein Sohn und zuckte die Achseln.
»Warum stellst du sie dann in den Schrank zurück?«, fragte Di Bernardo stirnrunzelnd.
»Um die Illusion zu wahren?«, gab Alberto grinsend zurück. »Außerdem kannst du froh sein, dass ich die ganzen Schokotropfen gegessen habe. Du achtest doch auf deine Linie.« Mit Schwung bugsierte er den Wust aus Büchern, Laptop und Müll auf den Stuhl neben sich, um Platz auf dem Tisch zu schaffen.
Di Bernardo spürte kleine Stiche in seinen Schläfen.
»Du weißt schon, dass der Laptop teuer war?«
»Alles im Griff, Papà. Chill mal.«
Die Stiche in seinem Kopf wurden drängender. Kurz überlegte er, ob er ein Machtwort sprechen sollte. Monica, seine geschiedene Frau, hätte es gewiss von ihm verlangt. Andererseits steckte der Junge mitten in seinem Esame di Stato.
»Hast du die ganze Nacht gelernt?«
»Sì. Du kannst echt stolz auf mich sein. Dein Sohn ist voll der Streber.« Alberto zog einen Collegeblock unter dem Laptop hervor, der dabei gefährlich ins Rutschen geriet. »Hier, lies mal!«
Di Bernardo kniff die Augen zusammen. Auf dem Din-A4-Blatt prangte eine Textzeile, ansonsten war es leer, sah man von diversen Essensspuren mal ab. »›Wider den Populismus. Eine Abhandlung von Alberto Di Bernardo.‹« Er sah auf. »Wird das deine Hausarbeit?«
Alberto nickte eifrig. »Den Titel hab ich schon. Cool, was?«
Di Bernardo ließ ratlos den Block sinken. »Voll cool«, murmelte er und fing sich dafür einen strafenden Blick ein.
»Ich war mitten am Lernen für Geschichte. Da hab ich mich gefragt, wie das früher war mit dem Populismus. Also hab ich angefangen zu recherchieren. Du glaubst es nicht! Es ist genau wie heute. Immer der gleiche Mechanismus. Man macht den Leuten Angst, und dann stellt man sich und seine Ideologie als einzig wahre Rettung dar. Also jetzt mal vereinfacht ausgedrückt.«
»Und du meinst, das ist das richtige Thema in der derzeitigen politischen Landschaft Italiens? Um eine gute Abschlussnote zu kriegen?«
Alberto verzog gequält das Gesicht. »Ne, das wohl nicht. Aber Papà … einer muss doch den Anfang machen und was sagen. Damit andere sich auch trauen und später nicht wieder behaupten, sie hätten es nicht gewusst.«
Di Bernardo legte ihm den Arm um die Schulter. »Recht hast du. Ich bin stolz auf dich.« Er lehnte sich zurück. »Angst ist ein Instinkt. Ohne sie hätte die Menschheit nicht überlebt. Wer Angst ausnutzt, zu seinem eigenen Vorteil oder um seine Ideologien zu verbreiten, verhält sich im Grunde ziemlich gerissen. Instinkte sind in einem drin, und die Angst stellt sich automatisch ein. Und während man noch darüber nachdenkt, ob dieses ungute Gefühl in einem überhaupt seine Berechtigung hat, da hat es sich bereits in dein Inneres gefressen, obwohl du den ganzen Unsinn doch eigentlich gar nicht glaubst. Mühsam.«
Alberto nickte. »Generationen von Diktatoren haben auf diese Weise regiert.«
»Diktatoren, Mafiosi, die ’Ndrangheta …« Womit er wieder bei seinen Albträumen war, bei seiner Zeit in Reggio di Calabria. Es war die zweite Station seiner Polizeikarriere gewesen, sie hatte ihn geprägt wie keine andere, und er war froh, dass er jetzt hier, in Rom, ein Stück weit zur Ruhe kam.
Alberto zog den Rest Schokolade unter dem Pizzakarton hervor und schob sich einen Riegel in den Mund. »Du auch?« Di Bernardo brach sich ein Stück ab. Die Schlaf- und Essgewohnheiten in ihrem Männerhaushalt waren derzeit nicht die gesündesten.
»Was ist eigentlich mit dem Mord an der Spanischen Treppe?«, fragte Alberto mit vollem Mund. »Seid ihr da inzwischen weitergekommen?«
Di Bernardo schüttelte den Kopf. Ein Nigerianer war in einem Palazzo direkt an der Spanischen Treppe erstochen aufgefunden worden. Es war bereits der zweite Mord an einem Afrikaner innerhalb kurzer Zeit.
»Die Tatwaffe ist die gleiche wie beim ersten Fall. Ein Messer, wie es zum Rebenschneiden verwendet wird. Menschen aus Afrika werden zu Hunderten hier in den Weinbergen zur Ernte eingesetzt. Keiner kennt den Mann, keiner vermisst ihn, keiner hat was gesehen.«
»Und die Politiker schüren die Angst und behaupten, die Gewalttaten hätten durch die Fremden erst zugenommen. Mal wieder typisch. Hat dein Chef dich deshalb darauf angesetzt? Damit die Sache nicht weiter instrumentalisiert, sondern gewissenhaft aufgeklärt wird?«
Di Bernardo nickte.
»Schon heftig«, meinte Alberto und zerknüllte das Schokoladenpapier. »Da fliehst du aus deiner Heimat, weil du dir für deine Kinder was Besseres erhoffst. Entkommst den Warlords, durchquerst die Sahara, landest gegen alle Wahrscheinlichkeit im ersehnten Europa, arbeitest für ein paar Cent als Erntehelfer – und dann sticht dich einer ab, einfach so. Und als Höhepunkt behaupten sie auch noch, du hättest die Kriminalität ins Land gebracht.«
Erneut nickte Di Bernardo. »Und es kommt noch besser: Der Spurensicherung zufolge geschah der Mord nicht im Palazzo. Die Leiche wurde dort nur publikumswirksam am geöffneten Fenster drapiert.«
Alberto stieß einen Pfiff aus. »Ausgerechnet an der Spanischen Treppe! Zwischen Tausenden Touristen.«
»Genau. Vermutlich ist es eine Botschaft. Aber welche?«
Alberto unterdrückte ein Gähnen. »Das wirst du bestimmt herausfinden, Papà. Ich geh dann mal ins Bett. Sehen wir uns heute Abend?«
»Ich müsste so gegen halb neun zu Hause sein. Soll ich uns was kochen?« Seine berühmt-berüchtigte Parmigiana di melanzane mit saftigen Oliven und extra viel Mozzarella kam ihm in den Sinn. Auberginen müssten noch im Kühlschrank sein. Und als Dessert Zabaione mit frischen Waldbeeren … Ihm lief das Wasser im Mund zusammen.
»Fantastico. Und zum Essen könnten wir uns die neue Folge von Commissario Montalbano ansehen«, schlug Alberto vor.
Die Aussicht auf einen gemütlichen Fernsehabend mit seinem Sohn hob Di Bernardos Laune augenblicklich. Zu Neujahr war Alberto endgültig bei ihm eingezogen. Seine Nähe erfüllte ihn mit Wärme, mit Stolz und nicht selten auch mit Unsicherheit.
Fast dreihundert Jahre waren vergangen, seit auf Wunsch von Papst Innozenz XIII. mit dem Bau der Spanischen Treppe begonnen worden war, um den Priestern einen würdevollen Aufstieg zur Kirche Santa Trinità di Monti und dem benachbarten Kloster zu gewähren. In jener Zeit hatte sich nur ein maroder Hang von der Piazza di Spagna hinauf zu dem gotischen Kleinod mit der neoklassischen Fassade erstreckt.
Roma eterna. Manchmal wünschte sich Di Bernardo, in der Zeit zurückreisen und wie ein Zaungast zusehen zu dürfen, wie die Ewige Stadt entstand, zerfiel und sich immer wieder neu erfand. Und vielleicht waren es gar nicht mal die großartigen Monumente, die er Stein um Stein wachsen sehen wollte; vielleicht war es vielmehr seine Sehnsucht nach der Gewissheit, dass auf jedes Ende ein neuer Anfang folgte. Genau diese Gewissheit brauchte er in einem Beruf, in dem Tod, Zerstörung und Gewalt ihn tagein, tagaus herausforderten.
Die Spanische Treppe jedenfalls war gegenwärtig zum Eldorado gewiefter Taschendiebe, selfiesüchtiger Touristen und zwielichtiger Souvenirverkäufer verkommen. Die einhundertachtunddreißig steinernen Stufen, die von dem kahnförmigen Bernini-Brunnen hinauf zur Kirche führten, waren von den Schritten von Millionen von Touristen glatt geschliffen worden … Menschen, die hinauf und hinunter spazierten und Commissario Di Bernardo an diesem schwülen Sonntagnachmittag besonders auf die Nerven gingen. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Observierung auch nur ansatzweise von Erfolg gekrönt sein würde. Als ob der Täter ihnen fröhlich zuwinken wollte! Dennoch hatte er von seinem Platz unterhalb der Kirche den Palazzo genau im Blick, der in sich ein kleines Kunstwerk war. Die Wände hatten die Farbe gebrannter Ziegel, und wie überall in Italien waren es die Spuren des Verfalls, die ihm Charakter und eine morbide Eleganz verliehen. Hier ein Stück abgebrochener Stuck, dort ein Streifen modrig grauer Putz, daneben sich blähende Farbe, die auf einen Wasserschaden hinwies.
Seit Monaten, seit der erste Tote aus dem Fenster im zweiten Stock gehangen hatte, stand das Haus im Fadenkreuz der Ermittlungen, doch noch immer gab es keine Spur.
Di Bernardo machte sich auf den Weg nach unten. Auf der untersten Terrasse hielt er inne und sah einem Maler dabei zu, wie er mit der Perspektive der Treppenstufen kämpfte. Sein Vater, der die Kunst über alles liebte, hätte ihn auf das Spiel des Lichts aufmerksam gemacht, das die unterschiedlich ausgerichteten Stufen geradezu flirren ließen. Apropos Licht. Er war nicht hier, um zu träumen.
»Also jetzt mal ehrlich, Capo«, sagte sein Ispettore. »Wenn wir weiter hier rumstehen, bringen wir auch kein Licht ins Dunkel.«
Der Commissario wandte sich um. Es war ihm manchmal fast unheimlich, wie leicht Roberto Del Pino seine Gedanken zu lesen schien. Sie beide waren definitiv auf einer Wellenlänge, obwohl sie sich zumindest äußerlich überhaupt nicht entsprachen. Del Pino mit seinen engen Jeans und den angeblich senffarbenen, in Di Bernardos Augen aber eher schmutzig gelben Turnschuhen trug ein ausgeblichenes T-Shirt, das um seinen hoch aufgeschossenen Körper schlackerte. Das Haar mochte absichtlich so wirr fallen oder aber schlicht ungekämmt sein, wer wusste das schon. Er selbst hatte ein dunkelblaues Hemd mit dezentem Monogramm angezogen, eine schlechte Wahl angesichts der Schwüle, und dazu eine Glencheck-Krawatte in Hellblau und Schwarz. Wie zwei Polizisten sahen sie nun wirklich nicht aus, eher wie ein stattlicher Engländer mit seinem römischen Gigolo.
»Wäre es nicht mal langsam an der Zeit, unseren Posten hier zu räumen und uns einen Platz im Restaurant zu sichern? Sonst fallen wir noch auf.«
Di Bernardo musste grinsen. Del Pino fand immer einen Grund, um an Essen zu kommen. Zu Beginn seiner Zeit in Rom war ihm der junge Kollege manchmal ein wenig peinlich gewesen. Aber im vergangenen Jahr waren sie Freunde geworden. Freundschaft jedoch war gefährlich in seinem Beruf, besonders unter Kollegen. Das Bild Giovannis, seines jungen kalabrischen Ispettore, drängte sich in seine Gedanken. Sein Körper war im Dienst von einer Autobombe zerfetzt worden. Energisch schob er die Erinnerung beiseite. Sie waren hier nicht in Lecce und auch nicht in Calabria. Dies war Rom, das verrückte, lebendige, korrupte Rom, mit seinen versteckten Nestern aus Betrügern im kleinen und großen Stil. Hier wurde anders gekämpft, mit Verleumdungen, Intrigen und Messern …
Mitten in seine Überlegungen hinein läutete das Telefon. Er warf einen Blick auf das Display.
»Borghese«, sagte er, zog die linke Braue hoch und nahm das Gespräch entgegen.
»Dionisio?« Die Stimme seines Vorgesetzten klang gehetzt. »Hören Sie zu. Wir haben einen neuen Mordfall.«
»Was? Noch einen?«, fragte Di Bernardo und richtete hastig den Blick auf den Palazzo. Sein Herz begann zu rasen, und seine Gedanken überschlugen sich. War der Mörder noch in der Nähe? War er bewaffnet? Er packte Del Pino am Arm und zog ihn hinter sich, in seinen schützenden Schatten. Die Unmengen von Touristen … Ihm brach der Schweiß aus. Wo blieb die Verstärkung? Warum hörte er keine Sirenen?
Der Questore räusperte sich. »Eine ganz andere Sache. Ich muss Sie von der Piazza di Spagna abziehen …«
Di Bernardo atmete unwillkürlich auf, dann konzentrierte er sich wieder auf Borgheses näselnde Stimme.
»Ein berühmter Pianist ist erschossen worden, Emile irgendwas. Sie kennen sich doch aus mit dem Musikervolk. Schnappen Sie sich Del Pino, und fahren Sie zum Parco della Musica. Subito!«
Di Bernardo brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. »Das heißt, wir brechen hier ab?«, fragte er.
»Ja. Prominente gehen nun mal vor«, sagte Borghese. »Beeilen Sie sich. Rufen Sie mich an, sobald Sie unterwegs sind.« Schon hatte er aufgelegt.
Di Bernardo steckte das Handy weg und warf seinem Ispettore den Autoschlüssel zu. »Planänderung! Mord an einem Pianisten. Auf zum Auditorium!«
»Zum Glück«, rief Del Pino mit kaum verhohlener Begeisterung. »Hier krepiert man ja vor Langeweile.«
Im Sprint ging es die Treppen wieder hinauf, achtundsechzig Höhenmeter, durch das Labyrinth an lachenden Touristen, verschwitzten Körpern und überdimensionalen Blumentöpfen hindurch. Oben an der Piazza della Trinità di Monti angekommen, fuhr Di Bernardo sich mit der Hand über die feuchte Stirn und warf einen letzten Blick auf den Palazzo weit unter sich. Fast meinte er Albertos Enttäuschung zu spüren. Für ihn waren noch alle Menschen gleich, hatten dasselbe Anrecht auf Gerechtigkeit … Doch die Morde an den beiden Fremden hatten soeben an Priorität verloren.
»Wann ist der Mord denn passiert?«, fragte Del Pino, während er den Polizeiwagen aus der Parklücke vor dem einstigen Paulanerkloster auf die Straße Richtung Norden lenkte.
»So wie ich es verstanden habe, gerade eben erst«, sagte Di Bernardo und schnallte sich an.
»Dann haben wir es also eilig?«
»Warum? Wollen Sie sich erst noch einen Tramezzino holen, oder was?«
»Der Mensch lebt nicht vom Brot allein«, erwiderte Del Pino. »Sorgen wir mal für ein bisschen Stimmung.« Mit diesen Worten schaltete er die Polizeisirene ein und gab Gas.
In halsbrecherischem Tempo passierten sie die trutzige Villa Medici und keine Minute später die Terrazza del Pincio. Di Bernardo erhaschte einen grandiosen Blick auf die blasse Kuppel des Petersdoms, über der sich pflaumenfarbene Gewitterwolken drängten. Er sog den malerischen Anblick tief in sich ein. Dann ging es auch schon in steilen Kurven hinab zur Piazza del Popolo. Di Bernardo hielt instinktiv die Luft an, bis sie unten waren. An diesem frühen Abend war der Platz voller Menschen, die auf den Stufen und um die Brunnen saßen oder in Richtung der Arkaden spazierten. In der Mitte prangte der Obelisk Flaminio, eines der vielen, von römischen Kaisern gestohlenen altägyptischen Kunstwerke. Das Kreuz auf seiner Spitze schien in den bleischweren Wolkenhimmel zu stechen.
Di Bernardos Blick streifte Del Pino. Der steuerte den heulenden Polizeiwagen mit der Begeisterung eines Fünfjährigen um die Piazza herum. Eines lebensmüden Fünfjährigen, ergänzte er gedanklich, als Del Pino schwunghaft auf den Lungotevere einbog, der an diesem Sonntag zu ihrer aller Glück recht leer war. Die Platanen, die am Hochufer des Tibers wuchsen, streckten ihre Äste mit den frühlingsgrünen Blättern weit über die Straße.
»Machen Sie mal die Sirene aus, Roberto, ich muss Borghese anrufen«, sagte Di Bernardo, nahm sein Telefon zur Hand und stellte auf Lautsprecher.
»Na endlich«, sagte der Questore, als er den Anruf entgegennahm. »Ich dachte schon, Sie melden sich gar nicht mehr.« Di Bernardo sparte sich eine Antwort und wartete einfach ab. Borghese räusperte sich. »Nun gut. Was wir bisher wissen: Das Opfer heißt Emile Gallois, achtunddreißig Jahre alt und ein international bekannter Starpianist, wohnhaft in Coppedè. Er ist mit Cristina Gallois, geborene Pantaleoni, verheiratet, was den Fall zusätzlich brisant macht.«
Del Pino pfiff durch die Zähne. »Römischer Hochadel«, flüsterte er. »Da hat sich der Tastenclown aber hochgeheiratet.«
Di Bernardo verdrehte die Augen.
»Jedenfalls sollte er auf der großen Aids-Gala am Dienstagabend spielen«, fuhr Borghese fort. »Irgendwas Russisches. Rach … Rach … Rachmirnoff oder so.«
»Rachmaninow«, fiel ihm Del Pino ins Wort und zuckte die Schultern. »Seit ich mit Gálinka zusammen bin, kenne ich alle bedeutenden Russen. Tschaikowski, Stalin, Tolstoi … Und meinen Freund Smirnoff natürlich.«
Di Bernardo verkniff sich ein Lachen. Zum Glück hatte er schnell die Hand über das Mikro gelegt, Borghese fand Einwürfe dieser Art überhaupt nicht komisch.
»… Probe mit dem Orchester war heute Nachmittag«, sagte der Questore gerade. »Offenbar ging er danach gleich in seine Garderobe, während das Orchester noch irgendwas anderes spielte. Als der Saalwart nach ihm sehen wollte, fand er ihn auf dem Boden liegend vor. Zwei Einschüsse, einer mitten ins Herz, der andere in den Kopf.«
»War er da schon tot?«
»Haben Sie nicht zugehört? Zwei Einschüsse – Herz und Kopf. Wie soll man das denn überleben? Der Saalwart verständigte sofort den Sicherheitsdienst, und der schlug sofort Alarm. Das gesamte Gebäude ist jetzt abgesperrt, keiner kann raus. Der Mörder muss ziemlich sicher also noch drinnen sein. Die Sicherheitsleute haben die Orchestermusiker in einen großen Raum gleich neben der Bühne verfrachtet und sich davor postiert.«
»Was ist mit den Notausgängen?«
»Kameraüberwachung. Der NOCS ist auf dem Weg.«
Der Nucleo Operativo Centrale di Sícurezza, kurz NOCS, war ein Sondereinsatzkommando, das normalerweise zur Geiselbefreiung und Terrorbekämpfung herangezogen wurde. Di Bernardo war sich zwar sicher, dass die Polizia di Stato die Lage auch allein in den Griff bekommen könnte, aber dann erinnerte er sich an jenen Fall im vergangenen Jahr, der ihn schon einmal hinter die Bühne des Auditoriums geführt hatte. In den langen, niedrigen Gängen mit ihren unzähligen Seitentüren, den Künstlergarderoben und Übungszimmern hatte er sich mehrmals verlaufen. Angesichts der vielen potenziellen Verstecke beneidete er die Kollegen nicht um ihre Aufgabe.
»Also ist noch keiner von unserem Team drin?«, vergewisserte er sich. »Kein Arzt, keine Spurensicherung?«
»Da der Mann bereits tot ist, denke ich nicht daran, meine Leute in Gefahr zu bringen. Sobald der NOCS alles abgesichert hat und wir davon ausgehen können, dass da drinnen kein Amokläufer wartet, können Sie rein. Wo sind Sie überhaupt?«
Di Bernardo warf einen Blick aus dem Fenster. »Im Quartiere Flaminio. Wir müssten in fünf Minuten da sein.«
»Gut. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie vor Ort sind.«
»Was ist denn mit der näheren Umgebung des Parco?«
»Der Parkplatz ist abgesperrt. Da heute kein Konzert stattfindet, waren nur einige wenige Besucher im Buch- und Souvenirshop und dem Restaurant. Der NOCS hat die Leute in einem Hinterraum in Sicherheit gebracht. Beginnen Sie bei denen mit dem Verhör.«
»Wird gemacht. Und was ist mit den Autos auf dem Parkplatz?«, fragte Di Bernardo, aber der Questore hatte bereits aufgelegt.
»Klingt nach einem langen Abend«, brummte Del Pino. »Und wenn die Jungs vom NOCS da herumschwirren, hätten wir ja gar nicht so zu hetzen brauchen. Hoffentlich haben sie die Imbissbude am Parkplatz nicht auch geräumt.«
Di Bernardo lehnte sich seufzend zurück. So wie Rom seine Identität an Glorie, Zerfall und Wiederauferstehung festmachte, tat Del Pino es mit Essen, Hunger und wieder Essen.
»Was ist denn mit den Kochkünsten Ihrer Freundin?«, wollte er wissen. Seit vier Monaten war sein Ispettore mit einer jungen Russin liiert. Die anfängliche Begeisterung hatte seinem Gefühl nach jedoch bereits nachgelassen. Hatte Del Pino zu Beginn nur in Superlativen von seiner Gálinka gesprochen, drückte er sich seit einer Weile abends auffällig lange in der Questura herum.
»Ihre Mutter aus Moskau ist immer noch da«, sagte er und klang resigniert. »Es gab jetzt den dritten Tag hintereinander Borschtsch.«
»Schmeckt das so schrecklich, wie es klingt?«
Del Pino seufzte, seine Wangen wirkten mit einem Mal eingefallen. »Rote Bete, Zwiebeln und sehniges Fleisch unbekannter Herkunft.«
Di Bernardo schüttelte sich. »Gibt’s wenigstens Pasta dazu?«
»Nicht mal das.«
Del Pino deutete geradeaus. Das Stadio Flaminio kam in Sicht, ein nüchterner Bau aus Stahl und Beton. »Da wollen Alberto und ich mal hin, uns ein Rugbyspiel ansehen.«
Das Stadion war bereits die dritte Version auf demselben Grund und Boden. Die Faschisten hatten das ursprüngliche Gebäude abgerissen und das Stadio del Partito Nazionale Fascista errichtet, um dort ihren Nationalismus mittels körperlicher Ertüchtigung auszuleben. In den Sechzigerjahren war es abgerissen und durch den gegenwärtigen Bau ersetzt worden. Wer wusste schon, was als Nächstes geschah.
»Kommen Sie doch heute Abend zu uns. Alberto wird sich freuen. Wir wollten zusammen kochen«, nahm Di Bernardo den Faden wieder auf.
»Echt?« Del Pino grinste ihn an. Der Ispettore hatte sich im vergangenen Jahr mit Alberto angefreundet, eine eigentümliche Allianz, die von gegenseitiger Bewunderung und einer Vorliebe für amerikanische Pizza, bunte Sneakers und schlechte Actionfilme getragen war.
»Echt!«, sagte Di Bernardo schmunzelnd. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn. Mit dem weiblichen Geschlecht hatte er derzeit so seine Probleme, aber Freundschaft wieder zuzulassen, wog einiges im Leben auf.
Eine Joggerin kam in Sicht, als sie die Unterführung kurz vor dem Gelände des Auditoriums passierten; die Strecke von der Villa Gori, einem unprätentiösen Park mit im Dickicht verborgenen Skulpturen, hin zum Ufo-ähnlichen Palazetto dello Sport war ein beliebter Trimmpfad. Sie unterbrach ihren Lauf, stemmte die Hände auf die Knie und beugte sich erschöpft vor.
Del Pino fuhr das Seitenfenster herunter. »Nicht schlappmachen!«, rief er ihr hinterher und trommelte vergnügt auf das Lenkrad, als er vom Viale Pietro De Coubertin auf die Zufahrt zum Parco della Musica einbog. Ein Polizist mit vor der Brust gehaltenem Maschinengewehr ließ sie an der Absperrung mit einem knappen Nicken passieren.
Di Bernardo richtete den Blick geradeaus, zu den drei futuristischen Bauten. Das einst so stolz schimmernde Metall der Dächer war von traurigen, der Witterung geschuldeten Schlieren überzogen.
Del Pino gab Gas und bog auf den halb leeren Parkplatz ein, an dessen Stirnseite die Mannschaftswagen des NOCS sowie mehrere Rettungsfahrzeuge standen. Nichts bewegte sich, gerade so, als wäre die Szene eingefroren. Plötzlich schien die Luft über dem Asphalt zu flimmern. Im nächsten Moment zerriss eine laute Detonation die Stille. Keine zwanzig Meter vor ihnen explodierte ein Wagen, und sie rasten direkt darauf zu!
»Del Pino! Bremsen!«, schrie der Commissario und riss vom Beifahrersitz aus die Handbremse hoch. Der Wagen drehte sich quietschend um die eigene Achse. Di Bernardo sah nach links zu seinem Kollegen. Del Pinos Oberkörper war zur Seite gerutscht, der Kopf auf die Brust gesackt. Ob durch den Knall oder die Wucht der Detonation – offenbar hatte er das Bewusstsein verloren. Di Bernardo zerrte an dem rechten Bein seines Ispettore, zog es irgendwie vom Gas, und endlich kam der Wagen zum Stehen. Mit rasendem Puls blickte er durch die Windschutzscheibe. Ein Stück voraus loderten grell die Flammen und befeuerten seine ganz persönliche Hölle.
»Wir brauchen einen Sanitäter!«, schrie Di Bernardo durch das geöffnete Seitenfenster. Er beugte sich über Del Pino und legte zwei Finger auf die Halsschlagader seines Ispettore. Sein Puls schlug kräftig. Oder war es der eigene, den er fühlte? Hastig kontrollierte er die Atmung.
»Roberto«, sagte er drängend. »Hören Sie mich? Roberto …«
Schon waren zwei Sanitäter bei ihnen. Di Bernardo stützte Del Pinos Körper, während einer der Männer die Fahrertür öffnete. Kurz hörte er ihn ab, nickte und legte ihm eine Halskrause um, während sein Kollege die Trage heranrollte.
Im nächsten Moment stöhnte Del Pino auf und öffnete die Augen.
»Was …«
Di Bernardo atmete auf. »Es gab eine Explosion. Wie geht es Ihnen, Roberto?«
»Was …?«
Nun kam auch Dottor Fabio Ricci angelaufen, der Gerichtsmediziner.
»Dio mio«, ächzte Del Pino. »Was will denn der von mir? Mich sezieren?« Er griff sich ans Ohr. »Verdammt! Warum hör ich nicht mal meine eigene Stimme?«
»Ich untersuche Sie rasch«, sagte Ricci gestikulierend. »Sie auch, Commissario.«
Benommen rieb Di Bernardo sich den Nacken. In einiger Entfernung heulte eine Feuerwehrsirene. In seinen Ohren pfiff es, er nahm seine Umgebung wie durch Watte wahr. Sein Blick suchte Del Pino. Dunkel zeichneten sich die Schatten unter seinen Augen ab, er musste Schmerzen haben. Einer der Sanitäter tupfte ihm vorsichtig Blut vom linken Ohr. Während Dionisio die Szene beobachtete, schob sich vor Del Pinos Gesicht das von Giovanni … Giovanni mit dem breiten Lachen und dem unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen. Ein Optimist, gegen jede Vernunft … Und dann meinte er den Knall jener Explosion wieder zu hören … und das Bild von Giovannis Gesicht zerstob zu nichts als Blut und Knochensplittern.
Der Schweiß brach ihm aus, sein Herz begann zu rasen.
»Commissario …« Ricci rüttelte ihn sanft an der Schulter. »Alles in Ordnung?«
Di Bernardo fuhr sich mit beiden Händen durch das kurz geschnittene Haar.
»Was ist mit Del Pino?«
»Keine Sorge. Nichts Ernstes. Er hat vermutlich ein Knalltrauma, sein Trommelfell ist gerissen. Die Sanitäter bringen ihn gleich in die Klinik. Aber jetzt zu Ihnen. Lassen Sie mich kurz Ihren Blutdruck messen und Ihre Ohren ansehen.«
Di Bernardo nickte, dann deutete er zum Polizeiwagen. »Ich sollte den wohl besser ein Stück zurücksetzen.«
»Das kann auch die Feuerwehr erledigen. Kommen Sie.«
»Was machen eigentlich die ganzen Leute da draußen?«, wollte der Commissario wissen, während Ricci die Blutdruckmanschette um seinen Arm legte. »Ich dachte, das Auditorium wäre abgesperrt.«
»Irgendeine Vorschrift. Bei Feuer müssen die Ausgänge geöffnet werden. Die Musiker haben die Explosion gehört, konnten in Panik nach draußen rennen und behindern hier jetzt unsere Arbeit.«
»Aber der Mörder?«
Ricci zuckte die Schultern. »Wenn Sie mich fragen, ist der längst über alle Berge. Der wird sich unter die Musiker gemischt haben und dann getürmt sein.«
»Das macht Sinn, wenn er es nur auf den Pianisten abgesehen hatte. Sonst haben wir ein Problem.« Er ließ den Blick über die verängstigten Menschen schweifen. Die Männer vom Sondereinsatzkommando führten sie gerade in die Hinterräume des Buch- und Souvenirshops und brachten damit wieder etwas Ruhe in die Situation. »Wo sind die anderen aus unserem Team?«
»Drüben bei den Mannschaftswagen. Sie warten auf Anweisungen. Ihr Blutdruck ist etwas erhöht, Dionisio. Das sollten wir später noch mal kontrollieren. Lassen Sie mich noch kurz in Ihre Ohren sehen.«
Di Bernardo wandte den Kopf und hielt still. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Rettungswagen mit Del Pino losfuhr. Er schickte ihm einen stummen Gruß hinterher. Als Ricci von ihm abließ und den Daumen hob, krempelte der Commissario seinen Hemdsärmel wieder herunter und schloss den Manschettenknopf.
»Ich komme gleich zu Ihnen und dem Team, sobald ich mit NOCS gesprochen habe.«
Der befehlshabende Commandante des NOCS war ein schnittiger Mann um die fünfzig, einen Kopf größer als Di Bernardo. Über dem schmalen Mund zeichnete sich ein eisgrauer Bleistiftbart ab.
Unwillkürlich straffte sich der Commissario. Sein Blick fiel auf das Emblem am Ärmel der nachtblauen Montur: Sicut Nox Silentes – so still wie die Nacht. Die Kollegen vom Sondereinsatzkommando waren harte Kerle, beneidenswert durchtrainiert und exzellent geschult. Sie wurden von einem Brennpunkt zum nächsten geschickt, waren auf Extremsituationen trainiert. Er wusste nicht, ob er die physische Disziplin für diesen Berufsweg aufgebracht hätte und schon gar nicht den notwendigen Tunnelblick. Zudem verabscheute er Gefechte jeglicher Art. Viel lieber war ihm die Kunst der klassischen Ermittlungsarbeit. Das Beobachten, die logischen Schlussfolgerungen, das Hören auf seinen Instinkt.
Als er ihn bemerkte, nahm der Commandante Haltung an. Um ein Haar hätte Di Bernardo salutiert.
»Meine Männer durchsuchen noch die Räume des Auditoriums. In schätzungsweise einer Stunde können Sie rein«, beschied der Commandante knapp.
»Gute Arbeit, danke«, sagte Di Bernardo. »Dann nehmen wir in der Zwischenzeit die Personalien der Leute auf, die Sie in Gewahrsam genommen haben.«
Der Commandante nickte kaum merklich und fokussierte sich auf das Gebäude vor ihnen. Di Bernardo folgte seinem Blick. Auf den käferartigen Dächern des Auditoriums huschten Polizisten mit Sturmhauben und Maschinengewehren umher. Für einen Moment meinte Di Bernardo das Adrenalin, das die Männer durchfuhr, förmlich zu riechen. Und dann wurde ihm klar, dass die Aktion letztlich vergebens war. Der Mörder war längst auf und davon.
Eine knappe Stunde später sammelten sich die Männer des NOCS um die Mannschaftswagen und machten sich zum Abzug bereit. Bis auf die Leiche war das Gebäude leer, ganz wie erwartet. Di Bernardos Team hatte die Kennzeichen der Autos auf dem Parkplatz notiert und war gerade mit den Zeugenaussagen der Besucher beschäftigt, die sich während und nach der geschätzten Tatzeit außerhalb des Auditoriums aufgehalten hatten. Nach ersten Angaben handelte es sich um eine Touristengruppe aus Turin und ein paar verstreute Musikfans, die gehofft hatten, der Probe beiwohnen zu können. Statt im Konzertsaal waren sie an einem Tatort gelandet.
Di Bernardo wandte sich an Francesco Campresi, den er mit der Leitung der Befragungen beauftragt hatte. Campresi gehörte zu den gewissenhaften Arbeitern im Team. Unermüdlich schnüffelte er den Spuren hinterher, nahm fleißig Aussagen auf, bewertete sie und legte sie auch noch ordentlich ab. Vermutlich war er so etwas wie der Lieblingsschwiegersohn der meisten Mütter. Zumal er groß genug war, auch noch die Gardinen aufzuhängen.
»Hat irgendjemand zum Zeitpunkt der Explosion etwas bemerkt? Einen Mann, eine Frau oder wenigstens einen Schatten?«
Campresi schüttelte den Kopf. »Zwei männliche Zeugen haben beschrieben, wie Sie mit Roberto auf den Parkplatz fuhren. Bei der Explosion sind alle in Deckung gegangen. Die ältere Signora dort hinten hat sich als Erste wieder hervorgewagt und beobachtet, wie die Sanitäter zu Ihrem Wagen stürmten. Dann brach das Chaos los, weil die Menschen aus dem Auditorium herausgerannt kamen. Einer hatte sogar noch seine Geige dabei! Das ist alles. Ich habe die Personalien notiert.«
»Gut gemacht. Dann sollten Sie sich die Leute vornehmen, die im Auditorium Dienst hatten. Garderobieren, Putzdienst, Sicherheitsleute … Den Saalwart, der die Leiche gefunden hat, übernehme ich.«
»Verstanden. Und was ist mit den Orchestermusikern?«
Di Bernardo dachte an seinen ersten Fall im Musikermilieu zurück. Eine Konzertagentin war ermordet worden, und er hatte lange im Dunkeln getappt und sich um ein Haar an der Nase herumführen lassen. Musiker tickten anders. Sie hatten wahlweise ihre Melodien oder ihre Erfolge im Kopf. Die Hälfte der Zeit wirkten sie geistesabwesend, versenkten die Köpfe in Noten, die – in Del Pinos Augen – aussahen wie irgendwas zwischen Kaviar und Fliegenschiss, summten dazu oder machten eigentümliche Fingerübungen. Doch wenn sie irgendwo ihren Namen auch nur geflüstert hörten, waren sie plötzlich ganz Ohr und drängten ins Rampenlicht. Er wusste nicht, was in ihren Köpfen vor sich ging, aber er vermutete, dass die ständige Konzentration auf reale oder vorgestellte Klänge etwas mit dem Gehirn machte und die Sicht auf die Realität gelinde gesagt vernebelte. Und auf dieses seltsame Volk sollte er Campresi loslassen?
Di Bernardo seufzte. Wie sehr wünschte er sich Del Pino an seine Seite und hoffte, dass er wirklich schnell wieder einsatzfähig war.
»Um die kümmern wir uns später«, sagte er ausweichend. »Wenn Sie etwas Interessantes erfahren, rufen Sie mich dazu.«
Campresi nickte und machte sich wieder an die Arbeit. Del Pino hatte recht behalten. Es würde eine lange Nacht werden. Für sie alle.
Als Di Bernardo den Parkplatz passierte, fragte er sich einen Herzschlag lang, was gewesen wäre, wenn Del Pino und er nur eine Sekunde früher gekommen wären. Wenn sie neben dem Auto geparkt hätten. Ausgestiegen wären. Doch er verscheuchte diese Gedanken. Sie waren müßig.
Energischen Schrittes ging er auf den Eingang des Musikpalastes zu, als der Commandante der Feuerwehr ihm ein Zeichen gab.
»Haben Sie schon was für mich?«, erkundigte er sich. Di Bernardo hatte den Mann erst kürzlich im Fernsehen gesehen, nachdem ein großes Gebäude am Lungotevere eingestürzt war.
»Es sieht eindeutig nach einer Autobombe aus, Commissario. Die Sprengstoffexperten müssten in Kürze da sein.«
Di Bernardo rieb sich das Kinn. »Können Sie feststellen, von wo die Bombe gezündet wurde? Wäre es möglich, dass es aus dem Auditorium kam?«
Der Feuerwehrmann zog die Schultern hoch. »Warum nicht? Sie können eine Fernzündung heutzutage mit dem Handy auslösen, das ist nicht das Problem. Es ist nicht viel übrig von dem Wagen, aber wir nehmen uns die Trümmer gründlich vor.«
»Danke«, sagte Di Bernardo. Bei Explosionen war es schwierig, danach noch brauchbare Spuren zu finden. Flammen waren gierig, sie fraßen Beweise. Giovannis Mörder hatte er nie gefasst, und noch immer spürte er bei dem Gedanken daran einen Stich im Herzen. Doch was den aktuellen Fall anging, gab es letztlich nur eine Frage: War es Zufall, oder gehörte die Bombe zu einem gewieften Plan, mit dem der Täter Chaos stiften wollte, um unerkannt zu entkommen?
Di Bernardo glaubte nicht an Zufälle.
»Commissario?«
Di Bernardo wandte sich um. Ein fuchsgesichtiger Mann mit rötlich-braunem Haar eilte auf ihn zu, als er das Foyer des Auditoriums betrat. Er trug ein dunkelblaues Poloshirt und eine schwarze Anzughose, die so lang war, dass sie zu seinen Füßen Wellen schlug. Der Mann war nicht größer als einen Meter sechzig.
»Mariano Ottobre, ich bin der Saalwart«, stellte er sich vor und reichte Di Bernardo eine schwitzige Hand.
»Commissario Di Bernardo von der Questura. Könnten Sie mich vielleicht zum Tatort begleiten? Die Gänge hier sind für einen Außenstehenden so verwirrend wie die Katakomben in den Eingeweiden Roms.«
»Ach, Commissario, ich arbeite jetzt schon seit fünf Jahren hier und verlaufe mich trotzdem noch hin und wieder. Bitte, hier entlang.« Die langgezogenen Vokale, harten Konsonanten und vor allem das wilde Gestikulieren ließen Di Bernardo vermuten, dass der Mann aus Neapel stammte.
Sie hatten gerade die erste Wegbiegung erreicht, als er eine befehlsgewohnte Stimme in seinem Rücken vernahm.
»Di Bernardo, warten Sie …«
Abrupt wandte er sich um. »Signor Borghese? Ich dachte, Sie verbringen das restliche Wochenende auf dem Land und sind erst spät zurück …« Nun kam auch noch Commissario Granata um die Ecke getrabt. Es wurde immer mysteriöser.
»Bei einem Fall wie diesem kann ich ja schlecht auf meinem Weingut sitzen und Trauben zählen«, brummte der Questore. »Vor allem, wenn Sie sich hier so aufführen und mal wieder Ihr eigenes Süppchen kochen wollen.«
»Wie bitte?« Di Bernardo zog die Brauen zusammen. Zu seinem Ärger bemerkte er, wie der Saalwart sich mit gespitzten Ohren näherte. Seine Nasenflügel bebten, als nähme er die Spur eines lahmen Hasen auf.
»Na jetzt, wo Del Pino ausfällt, sollten Sie zusammen mit Campresi ermitteln. Und was erfahre ich, als ich ihn anrufe? Er befragt die Putzfrauen. Sind Sie immer noch sauer auf den Mann, weil er mal ein Techtelmechtel mit Ihrer Ex hatte?«
Di Bernardo biss die Zähne zusammen. In den Augen des Saalwarts glomm ein neugieriges Funkeln.
Borghese ließ sich davon nicht aufhalten. »Egal, Sie haben sowieso nicht genug Leute. Ich stelle Ihnen Granata an die Seite, bis Ihr Ispettore wieder arbeiten kann.« Kurz musterte er den Commissario, der in einem gemütlichen Flanellhemd und Jeans steckte. »Haben Sie denn kein Sakko dabei, Sergio? Wir erwarten die Presse.«
Granata ließ sich nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen – mit ein Grund, warum Di Bernardo den Kollegen so mochte.
»Ach, Signor Questore, es ist doch ein offenes Geheimnis, dass die Presse viel lieber mit Ihnen spricht«, erwiderte er und zwinkerte Di Bernardo zu.
»Auch wieder wahr«, sagte Borghese und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich mache mich auf den Weg zur Ehefrau des Ermordeten. Erstatten Sie mir Bericht, sobald Sie etwas Neues herausfinden.«
»Für Ironie hat er echt keine Antennen«, murmelte Granata leise, sodass nur Di Bernardo ihn hören konnte. Gemeinsam folgten sie dem Saalwart, der sich nun wieder in Bewegung gesetzt hatte.
»Warum hat er denn heute so eine miese Laune? Seit er sein Weingut gekauft hat, ist er doch viel umgänglicher geworden.«
»Seine Frau liegt ihm in den Ohren, dass er sich frühzeitig pensionieren lassen soll«, flüsterte Granata.
Jetzt wurde Di Bernardo so einiges klar. »Das wird ihm gar nicht passen. Vor allem, weil er sich gegen sie noch nie hat durchsetzen können.«
Vor ihnen gabelte sich der Korridor. Der Saalwart blieb stehen und wies nach rechts. Erneut ging er voran.
Der Gang beschrieb ein weites Halbrund. Er musste ursprünglich einmal weiß gewesen sein, inzwischen aber waren die Wände schmutzig grau. An der niedrig hängenden Decke wechselten sich Lampen mit Sprinkleranlagen ab. An jeder Abzweigung waren Sicherheitskameras befestigt. Links und rechts an den Wänden hingen Fotografien großer Künstler.
»Sie alle waren hier zu Gast«, sagte der Saalwart und deutete mit ausladender Geste auf die Porträts. Rund zwanzig Meter weiter blieb er vor einem Bild stehen und deutete darauf. Ein leicht melancholisch wirkender Mann Ende dreißig, Anfang vierzig in schwarzem Smoking blickte auf sie herab. Das füllige schwarze Haar war sanft gewellt und aus der hohen Stirn gekämmt. Eine Braue war hochgezogen und verlieh dem ebenmäßigen Gesicht mit den seelenvollen Augen einen leicht spöttischen Ausdruck. Doch das war es nicht, was Di Bernardo irritierte. Es war der weiche Mund, dessen Unterlippe sich kaum merklich spannte. Ein leicht sadistischer Zug umspielte ihn, so schien es Di Bernardo wenigstens. Vielleicht lag es aber auch nur an der Momentaufnahme. Die langen, schmalen Finger ruhten auf den Tasten eines schwarz glänzenden Steinway-Flügels. Di Bernardos Blick fiel auf den Schriftzug am unteren Bildrand. Emile Gallois.
Der Saalwart schluckte, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab.
»Sie kannten Signor Gallois?«, fragte Di Bernardo.
Mariano Ottobre räusperte sich. »Ich habe bei jedem seiner Konzerte hier im Parco nach ihm gesehen. Er hat immer nach mir verlangt. Signor Gallois war ein wunderbarer Künstler und Mensch.«
»Mein Beileid, Signor Ottobre. Der Verlust tut mir sehr leid«, sagte Di Bernardo. Wo war er nur mit seinen Gedanken gewesen? Borghese hatte ihn ganz aus dem Konzept gebracht.
»Dann haben Sie Signor Gallois gefunden?«, hakte er nach.
Ottobre senkte den Blick, bevor er zögerlich nickte.
»Sobald ich mit dem Tatort fertig bin, hätte ich ein paar Fragen an Sie. Es wird auch nicht lange dauern.« Er machte eine kurze Pause. »Das muss ein Schock für Sie gewesen sein.«
»Danke, Commissario. Ich … ich begleite Sie dann jetzt zum Künstlerzimmer und warte dort im Gang auf Sie.«
»Gut, danke«, meinte Di Bernardo. Gefolgt von Sergio Granata, trat er durch eine breite, metallene Tür. Dahinter führte eine Treppe hinauf in den ersten Stock. Wieder erreichten sie einen Gang. Der grau-weiß melierte Steinboden hallte leicht unter ihren Schritten. Nach etwa fünfzig Metern kamen sie an einer geschlossenen Kantine vorbei. Unwillkürlich musste Di Bernardo an seinen ewig hungrigen Ispettore denken. Er hatte seinem Sohn eine Nachricht geschrieben; der Junge würde Roberto später am Abend im Krankenhaus besuchen.
Nachdem sie eine weitere Tür passiert hatten, betraten sie einen mit hellem Teppichboden ausgelegten Gang. Die Wände waren mit Kirschbaumfurnier verkleidet. Eine Deckenlampe flackerte; ihr unruhiger Schein züngelte auf dem Holz, als würde es brennen.
Ottobre deutete auf ein Plexiglasschild mit der Aufschrift Sala Sinopoli – Retro paleo, darunter wies ein schmaler Pfeil nach links.
»Hier geht es zum Konzertsaal«, erklärte er. »Die Künstlergarderobe von Signor Gallois befindet sich gleich im Nebengang.«
Noch einmal traten sie durch eine Tür, wieder empfing sie der kühle helle Gang. Als sie um die Ecke bogen, sah Di Bernardo Federica Giglioli, die Chefin der Spurensicherung, die eine Türklinke nach Fingerabdrücken untersuchte. Neben der Tür war ein Din-A4-Blatt mit dem ausgedruckten Namen des Künstlers an die Wand geheftet worden. Gallois’ Umkleide – damit waren sie am Tatort angekommen.
Di Bernardo nickte Federica und Dr. Ricci zu, machte einen Schritt in das Zimmer und sah sich um. Der fensterlose Raum war klein und nur mit dem Nötigsten eingerichtet. An der Wand über dem schlichten Holztisch war ein großer Spiegel befestigt, er wurde zu beiden Seiten von je fünf runden weißen Glühlampen beleuchtet. Rechts befand sich ein schmaler Schrank. Links vom Eingang war eine Tür, sie führte in ein winziges Badezimmer. Der einzige Stuhl im Raum war umgefallen. Di Bernardo senkte den Blick. Der Tote lag auf dem hellgrauen Steinboden. Seine Füße zeigten zur Tür, er mochte in ihre Richtung gesehen, dann zurückgewichen und hintenüber gestürzt sein. Er trug eine schwarze Hose, das linke Bein war seltsam verdreht, so als hätte es sich gegen den Sturz und das Sterben gewehrt.
Di Bernardos Blick wanderte den Körper entlang nach oben. Auf Höhe des Herzens klaffte ein Loch in dem maulbeerfarbenen Seidenhemd, dessen Ränder dunkel und zerfetzt waren. Eine große Menge Blut war in den Stoff gesickert und hatte fast schwarze Flecken hinterlassen, als wollte es ihn batiken. Der oberste Knopf des Hemdes stand offen, die Glieder einer goldenen Panzerkette waren zu sehen. Das kantige Kinn hing schlaff herab. Über dem unverwechselbaren Mund und den aristokratischen Nasenflügeln befand sich der nächste Einschuss. Dort, wo die Augen hätten sein sollen, sah Di Bernardo nichts als Blut, Knochenstücke und ausgetretene Hirnmasse. Er zwang sich, weiter hinzusehen, atmete flach ein und aus, bis er sich wieder gefangen hatte.
Dies also war es, was von einem Leben übrig blieb. Einem noch so jungen Leben, das binnen Sekunden ausgelöscht worden war.
»Ein Schuss ins Herz, einer in den Kopf. Da wollte wohl jemand sichergehen«, sagte Granata.
»Der Mörder muss aus nächster Nähe geschossen haben«, sagte Dottor Ricci. Ich kann noch nichts Genaues sagen, aber mir kommt es so vor, als hätte er ihm die Pistole direkt auf die Brust gesetzt und dann abgedrückt. Hier, sehen Sie den Winkel …«
Di Bernardo trat näher. Ricci hatte recht, ein glatter Durchschuss. »Warten wir die Obduktion ab«, sagte er und ging in die Knie. Sein Blick wanderte über den Leichnam. Die linke Hand lag schlaff am Boden, lange, gepflegte Finger … Finger, die mit ihrer Kraft und Sensibilität ganze Welten aus Klängen erschaffen hatten.
Rechts von der Leiche lag der umgeworfene Stuhl, an einem Bein klebte etwas breiig Rotes. Di Bernardo verengte die Augen. Sein Blick fiel auf die rechte Hand … In ihrer Mitte klaffte eine blutige Wunde.
»Was ist da passiert, Dottore?«, fragte er Ricci und nickte zur Hand des Toten.
Ricci befühlte sie eingehend. »Die Mittelhandknochen sind zertrümmert. Jemand wollte wohl nicht, dass er je wieder spielen könnte.«
»Sie meinen, jemand wollte ihn quälen? Ihn zerstören?« Di Bernardo schüttelte den Kopf. Wenn er eines gelernt hatte bei seinem letzten Musikerfall, dann, dass die Hände das Wertvollste waren, was die Künstler hatten, wertvoller als jedes Instrument. »Hätte Gallois bei diesem Angriff noch gelebt, hätte er sich mit aller Kraft gewehrt. Dann läge er anders am Boden. Ich sage Ihnen, er wurde aus nächster Nähe erschossen. Erst dann hat man ihm die Hand zertrümmert.«
»Aber wer tut so was?«, warf Granata ein. »Worin liegt der Sinn, wenn er schon tot ist und es nicht mehr mitkriegt?«
»Ganz einfach«, sagte Di Bernardo. »Hass. Blanker Hass.«
Auf dem Gang vor dem Künstlerzimmer wandte sich Di Bernardo wieder an den Saalwart. »Hätten Sie einen Raum für uns, wo wir heute Abend das Orchester und natürlich auch Sie befragen können?«
»Selbstverständlich, Commissario«, antwortete Ottobre dienstfertig. »Was brauchen Sie denn?«
»Drei oder vier Stühle, einen Tisch, Strom. Ich werde mich als Erstes mit Ihnen dort treffen, damit Sie danach endlich nach Hause gehen können.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Ottobre und eilte davon.
Granata zog die Stirn in Falten. »Wir sollten uns ein Bild von den persönlichen Beziehungen machen. Und außerdem mal ein bisschen in der Vergangenheit dieses Pianisten schnüffeln.«
»Lassen Sie uns mit Ottobre beginnen, Sergio. Ein Garderobier kennt die Menschen bis auf ihre Unterwäsche. Wenn es Drohungen gegen Gallois gab, mag er davon gewusst haben. Aus einem einfachen Grund. Der Mord geschah hier, beim Konzert, und nicht bei Gallois zu Hause oder sonst wo. Ich wette, dass die Tat mit seinem Beruf zu tun hat.«
»Na, ist das nicht etwas vorschnell? Was, wenn er Schulden hatte. Drogen genommen hat. In der Halbwelt unterwegs war …«
Di Bernardo fuhr sich über das Kinn. Granata hatte eindeutig zu viel mit seinem Milieu und den Prostituiertenmorden zu tun. Allerdings fiel es ihm schwer, sein Bauchgefühl in Worte zu fassen. Del Pino hätte ihn sofort verstanden.
»Mag sein. Aber ein Schläger, egal ob Schuldeneintreiber, Dealer oder Stricher, hätte ihm erst die Hand zertrümmert und dann geschossen. Er hätte ja noch etwas von ihm gewollt.«
»Wir haben noch keinerlei Obduktionsergebnisse«, wandte Sergio ein. »Was, wenn die Reihenfolge doch eine andere war?«
»Die Hand muss zerschmettert worden sein, als er am Boden lag. Und es gibt keine Abwehrspuren. Außerdem – wie soll das gehen, mit dem Stuhl. Einer müsste ihn doch festgehalten haben.«
»Und wenn es zwei waren? Im Übrigen würde ich ja eher um mein Leben kämpfen als um meine Hand«, erwiderte Granata.
Di Bernardo zuckte die Achseln. »Für Musiker mag das eine gleichbedeutend mit dem anderen sein.«
Granata schürzte die Lippen, er schien nicht überzeugt.
Di Bernardo wandte sich um und blickte in das Zimmer, in dem Gallois gefunden und allem Anschein nach auch ermordet worden war. Sie waren dem Täter so nah … und doch entzog er sich ihnen, existierte außerhalb dieses verbindenden Rahmens, so lange, bis sie die Botschaft des Tatorts verstanden hatten.
Hass … oder was sonst? Eifersucht? Rache?
Der Gerichtsmediziner kniete am Boden und deutete auf Spuren von Gewebe, die auf den Steinplatten hafteten, dort, wo die Hand des Toten gelegen hatte. Federica, die Leiterin der Spurensicherung, gab einem ihrer Männer ein Zeichen.
»Dottore? Was meinen Sie, wie lange Sie mit der Obduktion brauchen werden?«, fragte Di Bernardo.
Der Gerichtsmediziner sah auf und lächelte schief. »Na, das hat diesmal aber gedauert, dass Sie mir diese Frage stellen.«
Di Bernardo sah ihn schuldbewusst an. »Ich weiß, ich weiß. Jedes Mal dränge ich Sie …«
»Kein Problem. Ich schätze, morgen Nachmittag. Wollen Sie bei der Obduktion dabei sein?«
Di Bernardo nickte. »Ich versuche es. Geben Sie mir bitte Bescheid, ja?« Er räusperte sich. »Federica?«
Die Leiterin der Spurensicherung richtete sich auf. Sie war etwas größer als er. Unter der Kapuze ihres weißen Schutzanzugs hatte sich eine kurze kastanienfarbene Haarsträhne hervorgestohlen.
»Dionisio?«, gab sie lächelnd zurück. »Du weißt schon, dass wir noch nichts Konkretes für dich haben?«
Di Bernardo räusperte sich wieder. Sie machte ihn verlegen. Alberto war schuld, er hatte ihn gedrängt, mal wieder mit einer Frau auszugehen. Also hatte er Federica vor zwei Wochen zum Abendessen eingeladen. Das Ganze war ein einziges Desaster gewesen! Er erinnerte sich daran, als wäre es erst gestern gewesen … Federica trug schwindelerregend hohe Schuhe, was zur Folge hatte, dass sie ihn fast um einen Kopf überragte. Er fühlte sich eingeschüchtert von ihrer Größe, ihrem Selbstbewusstsein, und hätte am liebsten verlegen an seiner Krawatte genestelt, doch die hatte Alberto ihm zu Hause mit den Worten abgenommen: »Viel zu bieder. Mach dich mal locker.« Also knöpfte er den obersten Knopf seines Hemdes zu und wieder auf, zu und wieder auf. Und in dem Stil ging es weiter. Vor lauter Nervosität fing er an zu reden, kaum dass er das Menü für sie beide bestellt hatte. Über ihre gemeinsamen Fälle, die Questura und nicht zuletzt Borghese. Beim Hauptgang fiel ihm auf, dass sie hinter der Serviette dezent ein Gähnen verbarg. Schleunigst änderte er seinen Kurs, machte ihr Komplimente zu ihrer Arbeit, stellte ihr höflich ein, zwei nicht allzu persönliche Fragen – aber dann, die zarten Kalbsmedaillons mit der Olivenhaube waren noch nicht mal aufgegessen, musste er an Giorgia denken, seine Ex-Freundin, und wie sie es liebte, Oliven zu knabbern. Ohne groß nachzudenken, erzählte er Federica von Giorgia, der Polizeipsychologin, die ihm gleich zweimal die Hörner aufgesetzt hatte, sich nach Mailand hatte versetzen lassen und dort derzeit ihre Probezeit absolvierte. Giorgia, die es wie keine andere Frau verstand, zuzuhören und mit ihrer hypnotischen Stimme Fragen zu stellen … Fragen, die ihn immer tiefer in den Abgrund seiner Gefühle geführt hatten … Als der Espresso serviert wurde, realisierte er, dass das Dessert völlig an ihm vorbeigegangen war vor lauter Reden. Ihm wurde heiß und kalt. Über den Tassenrand sah er zu Federica, die regelrecht erschöpft aussah, ausgelaugt. »Ich bin ein Esel. Bitte entschuldigen Sie, Federica. Was ist nur in mich gefahren! Da rede ich ohne Punkt und Komma von Giorgia, dabei sind wir zwei doch verabredet.«
Jetzt war es an Federica, einen roten Kopf zu bekommen. »Äh, verabredet? Ich dachte, das wäre ein Arbeitsessen, Dionisio.«
Das machte es nur noch schlimmer! Nie zuvor hatte Di Bernardo sich so sehr gewünscht, ein Tor zur Unterwelt würde sich vor ihm auftun, und Gott Pluto würde ihn hinforttragen, irgendwo anders hin, Hauptsache weit weg. Und als er ihr in den leichten Mantel half, sagte Federica zur Krönung des Ganzen auch noch: »Außerdem, Dionisio, interessiere ich mich sowieso nicht für Männer.«
Jetzt tätschelte sie seinen Arm, was ihn erneut erröten ließ. »Ich gebe dir Bescheid, sobald wir etwas haben. Die Schusswaffe war vermutlich eine neun Millimeter mit Schalldämpfer, aber das müssen wir noch überprüfen. Unser Täter hat die Patronenhülsen wohl mitgenommen. Alles ziemlich akkurat.«
»Danke. Das ist ja schon was.« Er atmete tief durch und wandte sich an Granata.
»Wir brauchen mehr Leute, wenn wir das Ganze zu einem schnellen Ende bringen wollen.«
»Wie wäre es mit Franco und Ciccio?«
Di Bernardo musste unwillkürlich grinsen. Die beiden Kriminalbeamten Franco Palazzo und Cesare Bono waren vor einem halben Jahr in die Questura gekommen, nachdem ihre Dienststelle in der Mussolini-Stadt Sabaudia geschlossen worden war. Die Spitznamen des berühmten Komikerduos aus den Siebzigerjahren hatten sie schnell weggehabt. Wie sein amüsantes Vorbild war Franco kleiner als sein Kollege, breitgesichtig und hatte eine Vorliebe für derbe Zoten, während der hochgewachsene, schlaksige Cesare mit den eng stehenden hellen Augen sich immer so gab, als wäre jeder unter seiner Würde, allen voran sein Partner in der Questura.
»In Ordnung. Holen wir die beiden ins Boot. Ah, und noch etwas, Sergio …«
Granata sah ihn offen an, die Fältchen um seine Augen ließen erahnen, dass er häufig lächelte.
»Ich weiß schon, Dionisio. Wir zwei haben denselben Rang. Aber Sie haben die Leitung des Falles. Und sobald Roberto wieder auf den Beinen ist, übernimmt er. Ich springe bloß ein. Kein Thema.«
Di Bernardo drückte ihm die Schulter. »Danke. Sie haben was gut bei mir.«
Granata grinste. »Wann denn mal nicht, Dionisio?«
Zwanzig Minuten später war der Polizeifotograf fertig mit seiner Arbeit. Die Leiche des Pianisten lag auf einer Trage und wartete auf den Abtransport in die Pathologie.
Di Bernardo sah sich noch einmal in dem nüchternen Raum um. Konkrete Anhaltspunkte gab es hier nur wenige. Es schien kein Kampf stattgefunden zu haben. Die Brieftasche des Toten und das ausgeschaltete Handy waren säuberlich in Plastiktütchen der Spurensicherung verwahrt. Nichts sprach für einen Raubüberfall. Die Panzerkette um den Hals stammte von Cartier und war damit gut und gerne siebentausend Euro wert. Ein Raubmörder hätte sich die Beute wohl kaum entgehen lassen.
Auf dem Tisch stand ein Kaffeeautomat aus glänzendem Edelstahl, der in dem kargen Raum wie ein Luxusrequisit wirkte. Daneben stapelten sich weiße Espressotassen. Die einzige benutzte Tasse war von der Spurensicherung eingetütet worden.
»Die Kaffeemaschine hat Signor Gallois letztes Jahr mitgebracht und sie uns überlassen«, sagte der Saalwart hinter ihm. Di Bernardo drehte sich zu ihm um. »Ich stelle sie immer in seine Garderobe, wenn er hier Konzerte hat. Manchmal …« Ottobre räusperte sich. »Manchmal hat er mich nach einer Probe auf einen Espresso eingeladen.« Seine Augen hatten sich gerötet.
»Eine Solistengarderobe hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt, glamouröser«, merkte Granata an. »Das hier erinnert mich eher an mein Zimmer im Studentenwohnheim in Bari.«
»Der Ruhm eines Musikers entsteht auf der Bühne, nicht in der Garderobe«, sagte Ottobre. »Kommen Sie bitte, ich zeige Ihnen jetzt, wo Sie arbeiten können.« Er warf einen letzten Blick auf den Leichnam und wandte sich dann abrupt ab. Mit hängenden Schultern lief er den Gang hinunter und bog an der nächsten Tür rechts ab. Wieder lag eine lange Flurschlucht vor ihnen, aber ein paar Meter voraus drang Licht auf den Korridor. »Bitte sehr.« Der Saalwart wies auf den Raum und machte eine einladende Geste.
Di Bernardo trat einen Schritt näher und sah sich um. Mit dem Resopaltisch und den zusammengewürfelten Stühlen hatte er etwas von einer Amtsstube. Ottobre hatte eine Flasche Wasser und zwei Gläser auf den Tisch gestellt.
»Danke, das ist perfekt«, sagte er zu dem Saalwart, der zögerlich lächelte. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.«
Ottobre setzte sich auf den weißen Plastikstuhl. Er schien ganz darin zu versinken. Di Bernardo nahm ihm gegenüber Platz. Der Stuhl wackelte, er wünschte, er hätte einen altmodischen Notizblock dabei, um ein Stück Pappe unter das zu kurze Stuhlbein zu legen. Aber heutzutage arbeiteten sie mit Laptop und Tablet.
»Lassen Sie uns von vorn beginnen, Signor Ottobre. Was stand heute an? Eine Probe?«
»Das ist richtig, Commissario. Wir hatten eine Generalprobe für das Konzert am Dienstag im Sinopoli-Saal.« Di Bernardo sah kurz zu Granata, der an der Kopfseite Platz genommen und einen Laptop aus der Tasche gezogen hatte, um das Gespräch zu protokollieren.
»Sie sagten ›wir‹ – wen genau meinen Sie damit?«, fragte er weiter.
»Also, Emile Gallois natürlich, der Dirigent und das Orchester.«
»Was ist das für ein Orchester? Gehört es zur Accademia?«
»Nein, nein. Es sollte ja kein reguläres Konzert werden, sondern eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Das Orchester heißt ›Italia pro Musica‹, es besteht aus hundertzehn Mitgliedern.« Wieder schwieg der schmächtige Mann. Di Bernardo widerstand dem Impuls, mit den Fingern auf die grau gesprenkelte Tischplatte zu klopfen.
»Und … woher kommen sie … wer genau sind sie? Erzählen Sie doch bitte.«
»Es ist zusammengesetzt aus Studenten und erfahrenen Musikern aus ganz Italien. Sie sind seit zwei Jahren Artist in Residence bei uns, das heißt, sie treten regelmäßig hier auf.«
»Wo sind denn die Musiker untergebracht, die nicht aus Rom kommen?«
»Äh, das weiß ich wirklich nicht. Das kann Ihnen aber alles der Orchestervorstand erzählen.«
»Bei denen geht es ja genauso bürokratisch zu wie bei der Polizei«, murmelte Granata.
Ottobre wirkte ehrlich empört. »Ja, das muss ja auch alles seine Ordnung haben! Vom Orchesterwart bis hoch zum Konzertmeister. Sonst weiß doch keiner, was er zu tun hat.«
Granata zog eine Braue hoch. »Ich dachte, dafür gibt es Noten.«
Granata hatte definitv seinen eigenen Stil. Di Bernardo ergriff energisch das Wort.