Roter Sessel, schwarze Katze - Elvy Jansen - E-Book

Roter Sessel, schwarze Katze E-Book

Elvy Jansen

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Beschreibung

Eine kleine, schwarze, streunende Katze sucht sich ein zu Hause. In Laura und Sebastian findet sie die Menschen, mit denen sie ihr Leben verbringen möchte, und wird Laila getauft. Sie lebt sich schnell ein, und lernt die Tiere der Nachbarschaft kennen. Eine große,rote Bordeauxdogge wird ihr bester Freund und eigentlich könnte alles gut sein ... Doch eine Bande teurer Edelkater möchte das Revier von Laila und ihren Freunden erobern. Laila und ihre Freunde fürchten sich in ihrem eigenen Revier zu Tode. Warum? Als Laila eine grausam entstellte Katzenleiche findet, spitzt sich die Situation zu. Und das ist erst der Anfang... Laila begibt sich mit ihren Freunden auf Spurensuche. Mit Schlagfertigkeit, Witz und scharfen Krallen gelingt es ihr fast immer, aus gefährlichen Situationen zu entkommen. Fast immer!

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Meinen Eltern und meinem Sohn gewidmet.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Der Winter war vorbei, es war angenehm mild und die Sonne wärmte mein Fell. Den Winter verbrachte ich bei verschiedenen Familien, nichts Nennenswertes. Entweder durfte ich das Wohnzimmer nicht betreten oder das Kinderzimmer war tabu, dann wieder war das ganze Haus verboten und mein Katzenfutter stand tiefgefroren draußen auf der Treppe. Als hätten wir Katzen eine ansteckende Krankheit. Bevor ich die Menschen richtig kennen lernte, waren Verbote das einzige, was sie mir beibrachten. »Du darfst das nicht«, »du sollst das nicht« und »du kannst das nicht« und so weiter und so weiter. Nix für mich. Dann war da noch eine dunkle Erinnerung an einen Sturz ins Nichts, verbunden mit Schmerzen, aber kein klares Bild wollte sich einstellen. Vielleicht gut so.

Auf meiner Wanderung war ich in einer netten kleinen Stadt gelandet. Mein Streifzug durch die Straßen wirkte ein wenig verloren, nach meinen letzten Erfahrungen wollte ich jetzt vorsichtiger sein. Der Hunger spielte wohl auch eine Rolle, also in Zukunft besser Bauch aus- und Kopf und Instinkt einschalten. Eine erfahrene Katzendame sagte einmal zu mir, es gäbe Menschen mit einem Katzengen. Die Katzendame brachte mir bei, meinen Instinkt richtig einzusetzen, um besagte Menschen kennenzulernen. Sollte es soweit kommen, dass so ein Prachtexemplar vor mir stand, würde ich gnadenlos und unbarmherzig zuschlagen!

Meine Pfoten lenkten mich in eine wenig befahrene Seitenstraße. Ein schönes großes Haus, großer Garten, wenig Autos. Die Optik stimmte schon mal.

»Also los geht’s, dann schaffen wir das.« Mein Blick ging nach links und nach rechts. »Du musst das gerade und ziemlich hoch halten, sonst kommen wir mit dem Sofa nie durch die Tür.« Ach so. Ich war interessiert und schaute ihnen beim Arbeiten zu. Allerdings war der weibliche Teil der beiden gebaut wie eine Heuschrecke, könnte eng damit werden, Sofas durch die Gegend zu tragen. Dieselbe Stimme, die eben noch gepoltert hatte, meinte jetzt ganz sanft: »Wo kommst du denn her, meine Schöne, darf ich dich streicheln?« Mein Schnurrapparat wollte gerade warmlaufen, das Katzengen, aber so was von.

»Mit dem Sofa, das schaff ich nicht«, meinte die weibliche Stimme. Natürlich, war zu erwarten. »Die Kleine ist wirklich süß, aber pass auf, dass sie nicht kratzt.« Da standen zwei menschliche Exemplare zwischen dreißig und fünfunddreißig Jahren. Das Katzengen hatten beide, ich konnte mein Glück kaum fassen. Er blond, blauäugig, schlaksig und groß, sie hatte braune Locken, riesengroße braune Augen, eine zierliche Statur. Also von meiner Seite war die Suche nach einem zu Hause beendet.

»Das war jetzt keine coole Nummer«, sagte er. »Du hast recht, gefährlich sieht anders aus. Was meinst du, wie weit kommen wir heute mit dem Umzug?«

Jetzt erst sah ich die ganzen Möbel auf dem Gehsteig herumstehen. »Wenn mein Freund kommt, könnten die Möbel zumindest in einem Tag in der Wohnung sein.«

»Das wäre wirklich klasse, du siehst, bei schweren Sachen bin keine große Hilfe … Wenn man vom Teufel spricht, da kommt Holger!« Holger stieg aus seinem Uralttransporter aus, der auch noch voll mit Möbeln war.

»An so einem schönen Frühlingstag muss es klappen, hoffentlich habt ihr genügend Proviant dabei«, polterte der leicht übergewichtige Holger los. »Ohne Mampf kein Kampf.« Laura zeigte auf einen großen Proviantkorb, randvoll gefüllt mit guten Sachen. Holgers Spruch war eine interessante Ansichtssache, es beinhaltete alles, was man zum Leben braucht. Da sah ich ein Möbelstück, das mein Herz erwärmte. Ein riesengroßer feuerroter Ohrensessel. Ich dachte, so etwas passiert dir nur einmal im Leben, ein wie-für-dich-gemacht-Sessel. Er war alt und roch nach Geschichten, die erzählt werden wollten. Außerdem lud er mich zum Kuscheln ein, das fand ich nett von dem Sessel. Wenn man Katze ist, dann weiß man das.

»Sebastian, du hast wirklich Mut, dieses scheußliche rote Ding da anzuschleppen.«

»Aber Laura, der Sessel ist das einzige Erinnerungsstück von meiner Oma. Wie du gerade siehst, hat ihn schon jemand in Besitz genommen.« Demonstrativ vergrößerte ich mich um das doppelte, haute meine Krallen in das Polster und schnurrte wie ein Riesentiger.

Laura schaute mich groß an: »Okay, kleine Katzendame, mach dir einen schönen Nachmittag, aber heute Abend musst du wieder nach Hause gehen.« Man musste ihr nur noch beibringen, dass ich schon zu Hause war. Das Haus war wie gemacht für mich. Laura und Sebastian waren wie gemacht für mich. Besonders Sebastian kam, sah und siegte, und der rote Sessel erst!

So plätscherten die Stunden dahin. Die drei schufteten, was das Zeug hielt. Der rote Sessel wurde einschließlich mir, denn keine zehn Pferde hätten mich da wieder weggekriegt, ins Wohnzimmer getragen. Die andere Ecke im Wohnzimmer gefiel mir aber besser, wegen der Aussicht in den Garten. Also setzte ich mich in besagte Ecke und maunzte sofort los, aber richtig laut. Laura fragte mich, ob ich Schmerzen hätte, Holger meinte, mein Magen würde sich melden.

Mein Sebastian meinte genau das Richtige: »Alles Quatsch, Madame möchte den Sessel in diese Ecke haben.« Gesagt, getan, mein Maunzen war schlagartig beendet. Aber Holgers Idee mit dem leeren Magen fand ich auch nicht schlecht. Mein Magen führte schon Selbstgespräche. Auf meine unnachahmliche Weise manipulierte ich Holger, mit mir sein Schinkenwurstbrot zu teilen, mir gehörte die Schinkenwurst, Holger der Rest. Nach dieser tollen Mahlzeit ein bisschen ruhen, dann das Haus und den Garten ansehen. Wenn bloß das nervige Rumgerenne aufhören würde, morgen ist schließlich auch noch ein Tag. Zugegeben, die kleine Laura hats voll drauf. Das Riesenhaus wird immer gemütlicher. Den schönen Fensterplatz musste ich mehrmals mit vollem Körpereinsatz verteidigen, mit Knurren und Fauchen, das ganze Programm. Laura meinte allen Ernstes, ihre alberne Yuccapalme wäre im Wohnzimmer ein Blickfang.

Das war natürlich Unsinn. Roter Sessel mit schwarzer Katze, mit eleganter, stromlinienförmiger, bildschönen schwarzen Katze, das nannte ich einen Blickfang. Dagegen konnte keine Yuccapalme anstinken.

»Ich mache Milchkaffee, mit schönem Milchschaum«, rief Laura aus der Küche, »Sebastian, Holger, ihr auch einen?« Vom Sessel stromerte ich in direkter Linie in die Küche und maunzte, Milchschaum war auch was für mich. Laura stellte mir ein Schälchen mit Wasser hin. Es war zum Verzweifeln, so kam ich auch nicht weiter. Jetzt wartete ich, bis jeder seinen eigenen Milchkaffee vor sich hatte. Dann sprang ich auf den Tisch, haute mit meiner Pfote voll in Sebastians Tasse und leckte dann genüsslich den Milchschaum ab. Herrlich. Die drei schüttelten sich vor Lachen. Laura wischte sich die Lachtränen aus den Augen und meinte, mir könne geholfen werden. Sie verschwand in der Küche und kam mit einer kleinen Puppentasse voll mit herrlich geschlagenem Milchschaum.

»Kindheitserinnerungen«, sagte Laura. »In meiner Kindheit habe ich daraus immer meinen Kakao getrunken. Jetzt bekommt sie wieder eine sinnvolle Funktion« Mein Herz lief über, ich musste sie immer wieder anschauen und vor lauter Schnurren habe ich mich an meinem Milchschaum verschluckt. Für den ersten Tag hatte ich viel erreicht, einen eigenen Sessel und eigenes Geschirr, was wollte ich mehr?

»Trotzdem sollten wir uns erkundigen, ob jemand die kleine Katze vermisst. Ich werde ein paar Zettel aufhängen.« Laura ist schrecklich pragmatisch und unglaublich rechtschaffen. »In den nächsten Tagen könnte man auch beim Tierarzt vorbeischauen.« Meine Alarmsignale leuchteten rot. Wieder diese dunkle Erinnerung, ein schlechtes Gefühl, aber keine Bilder in meinem Kopf. Es bestand dringender Handlungsbedarf. Aber nicht am ersten Abend. Sollte sie doch ihre sinnlosen Zettelchen aufhängen … Käme ich nicht mehr nach Hause, die zwei würden nichts unversucht lassen, mich zu wiederzufinden. Ein gutes Gefühl.

Abends wurden noch Pizzen bestellt. Mein Abendessen bestand aus Thunfisch von allen dreien. Mein Bauch war rund, satt und zufrieden. »Ausnahmsweise«, sagte Laura. »Morgen gehen wir ordentlich einkaufen«, meinte Sebastian »auch Katzenessen, halbe Schweine und so.« Wir grinsten. Noch eine Zeit lang mit Holger schmusen, sein Bäuchlein ist dafür genau richtig. Dann wollte Holger nach Hause. Schade. Ich inspizierte den Garten. Zu meiner Freude begleitete Laura mich. »Siehst du den Fischteich, kleine Katze? Die Fische darin sind noch von meiner Oma, genau wie das Haus.« Der Fischteich interessierte mich. Langsam kamen goldene Rücken zum Vorschein. In meinen Augen brannte pure Mordlust.

»Sie haben alle Namen«, plapperte Laura munter los, »der hier ist Sparrow, der mit der angenagten Flosse ist Morgan, mit dem schwarzen Fleck unter dem Kinn ist Blackbeard und der mit dem schwarzen Auge ist Störtebecker, alles meine Kapitäne.«

Störtebecker war der dickste. Meine Mordgier paarte sich mit meinen Mordphantasien. Auf denen lag Störtebecker auf einem weißen Teller, ein Schuss kaltgepresstes Olivenöl und einen Hauch Knoblauch, als Krönung ein Bündel Petersilie.

»In Störtebeckers Magen«, sinnierte Laura, »sieht es aus wie im Magen eines weißen Hais. Wespen, Hornissen, Autoschilder, Bauschrott, Kronkorken, Schrauben und dergleichen. Er frisst einfach alles.« Meine Wenigkeit hätte ihn gerne obduziert, aber ich weiß nicht, ob der Vorschlag gut angekommen wäre. »Freundet euch schon mal an.« Riesenidee Laura. Nur zum Vergleich, dachte ich, du gibst einem Vampir eine Blutwurst und sagst, die darfst du nur als Puppe benutzen, kuscheln und liebhaben soll er die Blutwurst auch noch. Er wäre überfordert, ich an seiner Stelle wäre es. Ich drehte mich noch einmal um und sagte voller Boshaftigkeit »Man sieht sich.«

Hatte Störtebecker mir gerade zugezwinkert?

Der Garten war wunderhübsch, grüne Wiese, zwei blühende Kirschbäume. Tulpen und Narzissen wetteiferten darum, wer am schönsten blühte. Bei den Narzissen war ein geeigneter Platz für meine dringenden Geschäfte, alles musste seine Ordnung haben. Es gab mindestens zehn Plätze, die zum träumen und dösen einluden. Ein Paradies. Singvögel, die leider viel zu hoch in den Bäumen saßen, unerreichbar. Na ja, man kann nicht alles haben, aber ich war wachsam und hatte viel Geduld. Für diesen Abend reichte es, ich gehe mit Laura überglücklich ins Haus zurück, platziere mich in meinem Sessel und warte, dass der Fernseher eingeschaltet wird.

Die Singvögel zwitscherten den neuen Tag ein, es wurde gerade hell. Im Haus war es noch ruhig, aber das ließ sich ja ändern. Lautstark begehrte ich Einlass ins Schlafzimmer. Laura öffnete mir schlaftrunken die Tür. Mit zwei Sätzen war ich bei Sebastian im Bett, Laura schlurfte nach und schlief umgehend wieder ein. Sebastian musste ich mir zuerst noch zurecht kneten, dann stimmte alles. Zusammen geringelt lag ich an seinem Bauch und schlief zufrieden ein.

Disharmonische, unmelodiöse Töne weckten uns alle auf. »Frau Becker lässt ihre neue Bordeaux Dogge in den Garten«, stellte Laura fest.

»Ist es denn schon Tag?«, maulte Sebastian ins Kissen. Dem konnte ich nur zustimmen, aber meine Neugier war größer. Im Schnellgang stürmte ich die Treppe hinunter und hinten durch die Terrasse in den Garten. Was ich sah, verschlug mir den Atem. Eine Mischung zwischen einem roten, wirklich sehr großen Briefkasten und einen Lachsack. Ein Riesending von der Größe eines Ponys, noch nicht ganz erwachsen, ein Teenager sozusagen. Neugierig ging ich ihn auf ihn zu. Das seltsame, unmelodiöse Husten nannte man Bellen. Sein Kopf war so groß, dass ich mich locker in seiner Schnauze bei Regen unterstellen könnte. Wirkte nicht unsympathisch. Jetzt kam es darauf an positiv rüberzukommen, erinnerte mich an die Gebärdensprache, wenn die Hunde sich auf der Straße begrüßten. Ganz langsam betrat ich sein Gelände. Das war jetzt ein heißes Eisen. Ein Fehler von mir und der Schuss ging nach hinten los. Ein Stück vor mir setzte er sich hin und wir sahen uns an. Sein Frauchen erschien auf ihrer Terrasse. »Na Sam, hast du schon Freundschaft geschlossen?« Also Sam hieß er. »Vielleicht gehört die kleine Katzendame zur Nachbarschaft, dann könnt ihr euch öfter sehen.«

Laura kam in den Garten geschlendert: »Guten Morgen, Frau Becker. Fühlt Sam sich schon wohl bei Ihnen? Wenn ich das so sehe, beherrscht er höfliche Konversation schon gut.«

»Guten Morgen Laura, er ist jetzt eine Woche bei uns, wir glauben, dass er ein guter Hund ist. Gehört die kleine Katze zu euch? Wenn ich das richtig beobachte, hat Sam die Katze schon ins Herz geschlossen. Mein Mann und ich sind sehr froh, dass Sebastian und du in das Haus deiner Oma gezogen seid. Das freut uns aufrichtig.«

»Ob es unsere Katze ist«, sagte Laura, »muss sich erst noch herausstellen. Sie kann irgendwo weggelaufen sein.« Dann erzählte Laura Frau Becker die Geschichte mit dem roten Sessel, ohne etwas wegzulassen. Frau Becker antwortete: »Die Zettelchen kannst du meinetwegen aufhängen. Aber mach dir keine Hoffnung, wie ich das sehe hat sie euch adoptiert, da habt ihr sowieso verloren.«

»Sebastian würde sie ohnehin nicht mehr hergeben«, meinte Laura, »die kleine Madame hier gehört jetzt schon zu uns. Schönen Tag noch Frau Becker.« Sam und ich sahen uns noch ein paar Augenblicke an, dann ging ich zurück in meinen Garten.

Fürs Erste ein voller Erfolg. Sam blickte mir nach und schickte dieses seltsame Husten hinterher. Das sollte wohl heißen, wann kommst du wieder? Lass mich erst mal frühstücken, dachte ich dann sehen wir weiter.

Sebastian hatte den Tisch gedeckt. Toll. Das sah richtig gemütlich aus, sogar einen kleinen Teller für mich konnte ich entdecken. Sebastian ist noch verrückter als ich dachte. In Ermangelung richtigen Katzenfutters durfte ich mir vom Frühstück aussuchen, was ich natürlich schamlos ausnutzte. Käse, Butter, Schinkenwurst, alles auf meinem kleinen Teller. Die Portion war maßlos, aber ich beschloss, dass mir erst hinterher schlecht sein sollte, und genoss das Frühstück einfach nur.

Nach dem Frühstück beschlossen Laura und Sebastian einkaufen zu gehen. »Hör mal zu, kleine Schwarze«, meinte Sebastian, »wir müssen einkaufen, du bist dann eine Zeit lang alleine, kommst du klar damit?« Keine Ahnung, was er meinte, aber auf alleine sein hatte ich gerade keine Lust.

»Wir müssen nämlich die Terrassentür schließen und du bist dann ca. zwei Stunden allein in der Wohnung.« Gnädig entließ ich sie, schaute ihnen zu, wie sie in ihr Auto einstiegen und wegfuhren. Was meinte Sebastian mit zwei Stunden? Wie lange sind zwei Stunden? Keine Ahnung. Wenn man Zeit hat, sollte man sie positiv nutzen, eine Hausinspektion war jetzt genau das Richtige. Waren jetzt zwei Stunden um? Sam bellte, tolle Abwechslung. Meine Idee war, Sam zu besuchen, um ihm von meinem tollen Frühstück zu erzählen. Die Terrassentür war verschlossen? Geradewegs die Gardinen hoch, ich musste mir erst von oben einen Überblick verschaffen. Nirgendwo war ein offener Ausgang. Die Gardine schaukelte bedenklich hin und her, wie kam ich da bloß wieder runter?

Waren jetzt zwei Stunden um? Langsam rutschte ich an der Gardine runter. Es entstanden ganz neue Muster. Laura hing hoffentlich nicht allzu sehr daran. Das blöde Glasding auf der Fensterbank behinderte mich beim Landen. Es knallte auf den Boden. Interessante Glasmuster entstanden, aber Lauras Sichtweise war bestimmt eine andere. Waren jetzt zwei Stunden um? Planlos rannte ich durch die Wohnung, fand mich in der Gästetoilette wieder und ließ meine Wut an der Papierrolle aus. Eigentlich wollte ich mir nur ein Stück mitnehmen, aber das Ding schien unendlich zu sein. Nach einer kompletten Runde durch die Wohnung und zweimal um den Esstisch war dann Feierabend. Waren jetzt zwei Stunden um?

Jetzt stand noch ein Toilettengang bevor, was machte ich bloß? Die Yuccapalme wurde kurzerhand zur Toilette umfunktioniert. Es entstand kein Schaden, den man nicht mit Kehrschaufel und Besen lösen könnte. Waren jetzt zwei Stunden um?

Mein Weg führte mich in die Küche, ich leckte alle Teller ab und hatte aus Wut mein Wasserschälchen umgeworfen. Das blöde Klopapier um den Esstisch hinderte mich daran, in einem Satz auf den Esstisch zu springen. Überflüssigerweise rutschte auch noch die Tischdecke runter, langsam wurde es richtig ungemütlich. Waren jetzt zwei Stunden um? Nicht einmal der Sessel machte mir noch Spaß, ich setzte mich unter den Sessel und fühlte hilflose Panik in mir aufsteigen. Waren jetzt zwei Stunden um? Die Haustür ging auf. In mir machte sich ein wahnsinniges Glücksgefühl, aber auch das Gegenteil bemerkbar. Vielleicht machten sie zuerst die Terrassentür auf, dann konnte ich für ganz lange Zeit verschwinden. Dann würde ich einfach solange wegbleiben, dass sie sich Sorgen um mich machten. Laura und Sebastian standen im Wohnzimmer und sahen sich alles an. Unter dem Sessel war ich hoffentlich unsichtbar.

»War wohl ein Fehler die Terrassentür zu schließen,« meinte Sebastian.

»Schau mal Sebastian, dieses schreckliche Glasungeheuer hat sich von selbst erledigt. Jetzt kann ich es ganz offiziell entsorgen.«

»Und ich wollte schon immer wissen, wie lang eine Klopapierrolle ist, Laura, wo ist das kleine Monster überhaupt?« Sebastian kam mit Kehrschaufel und Besen. »Erstmal alles wegkehren, wegen der Verletzungsgefahr, das war eine gute Lektion, Laura. Wir lassen eine richtige Katzenklappe einsetzen.« Keine Ahnung, was eine Katzenklappe war, ich hörte nur, dass sie nicht richtig böse auf mich waren.

Eine Zeit lang waren die beiden mit Aufräumen beschäftigt. Unter meinem Sessel konnte ich sie beobachten und die Stimmung ausloten. Laura öffnete die Terrassentür, ich war schon auf dem Sprung nach draußen. »Jetzt mache ich uns erst mal einen schönen Milchkaffee mit einem ordentlichen Turm aus Milchschaum.« Das war jetzt echt fies von Laura. Sollten sie mich doch ausschimpfen. Rausrennen und stundenlang schmollen ging mit einer ordentlichen Portion Milchschaum viel besser. Zaghaft und ganz zart piepste ich unter dem Sessel hervor.

»Schau mal an«, meinte Sebastian, »man soll es nicht für möglich halten, was eine zweieinhalb Kilo leichte Katze für Erdbewegungen machen kann.« Er nahm mich auf den Arm, ich schnurrte wie ein Weltmeister und versicherte ihnen, dass ich die Yuccapalme ganz toll fand. Dann saßen wir alle am Tisch und jeder hatte seine Tasse vor sich.

»Ich rufe meinen Onkel an«, meint Sebastian, »er hat eine eigene Glaserei und hat für seine Katze auch schon eine Katzenklappe eingebaut. Dann ist das Problem gelöst.«

»Das ist eine gute Idee.« Laura räumte die Tassen weg, aber erst nachdem ich mich zum hundertsten Male davon überzeugt, dass sie auch wirklich leer waren. »Sie sollte einen Namen haben, meinst du nicht auch Sebastian?«

»Klar.«

»Was hältst du von Laila?«

»Schöner Name, aber wie bringst du ihn ihr bei?«

»Immer in Verbindung mit gutem Essen.« Die Situation war wieder gerettet, jetzt spurtete ich durch die Terrassentür in den Garten. Dort saß Sam und begrüßte mich erwartungsvoll. Nachdem ich Sam die ganze Geschichte erzählt hatte, schaute er mich verständnisvoll an und legte seinen riesengroßen Kopf schief. Wir pflegten ein bisschen Konversation, dann verabschiedete ich mich und ging zurück in unseren Garten, in Richtung Fischteich. Harmlos am Rande des Teiches sitzend ließ ich ab und zu ein paar leichte Schläge aufs Wasser donnern. Für mich persönlich hieß das Spiel Fische ärgern. Zu Laura und Sebastian sagte ich natürlich, dass es Fitnesstraining sei. So ein Überlebenstraining stärkte das Selbstbewusstsein der Fische … und besonders mein eigenes.

Wir bekamen Besuch. Sebastians Onkel Friedrich kam mit einem großen Werkzeugkasten. »Schau mal Laila«, meinte Laura, »das machen wir extra für dich.« Ich überlegte noch, was sie mit Laila meinte, da streckte Onkel Friedrich seine riesengroßen Pranken aus, um mich zu streicheln. In seinen Händen hatte ich komplett Platz, außerdem roch er sehr gut, nach Holz und Leder. Onkel Friedrich fand ich klasse.

»Na ja, besonders groß muss die Klappe nicht sein, in ein paar Stunden ist das erledigt«, sagte er mir ins Ohr. Mein Schnurren sollte Interesse zeigen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, worum es geht. Aber der Werkzeugkasten, der war interessant, lauter schöne, runde glänzende Dinge. Ein Paar dieser runden Dinger rauszuklauen, war ein Erfolgserlebnis.

»Wenn du groß bist, wirst du wohl Handwerker«, meinte Onkel Friedrich. »Willst du noch ein paar Schrauben?« Klar wollte ich und schlug mit den Pfoten die Schrauben durch die komplette Wohnung.

Nach einiger Zeit, in der gehämmert, geklopft und gesägt wurde, entstand neben der Terrassentür so ein komisches Türding. Das dauerte mindestens zwei Stunden, genau wie das einkaufen. »Siehst du Laila«, jetzt fing Sebastian auch mit dem Lailawort an, »jetzt hast du deinen eigenen Eingang nur für dich.« Ich für meinen Teil bestand auf meiner Terrassentür, bis auf das einkaufen hatte sie funktioniert. »Schau mal, Laila, Mittagessen.« Was oder wer Laila war verstand ich immer noch nicht, aber Mittagessen, das hörte sich gut an. Laura stellte mir ein schönes Schälchen mit Katzenfutter hin. War das lecker. Danach mindestens eine halbe Stunde putzen. Dann hörte ich Sam rufen, hundertprozentig über mich, über wen sollte er sonst rufen. Da hatten wir den Salat, Terrassentür zu und mein flehentliches Rufen blieb ungehört, mit dem Hinweis, ich hätte einen eigenen Eingang. Sams Bellen wurde ungeduldiger, meine Neugier wurde immer größer, dann schoss ich durch die kleine Tür nach draußen. Das war eine Ausnahme, eine Notsituation sozusagen, freut euch nicht zu früh.

»Hallo Sam, was ist los, gibt es was Neues?«

Ihre Präsenz spürte ich sofort. Überaus kluge, sehr grüne Augen musterten mich. Sam hatte nicht nur mit mir gesprochen. In mir machte sich ein komisches, mir vollkommen unbekanntes Gefühl breit, und genau so reagierte ich auch. Sam bekam von mir nur den Rücken zu sehen. Sam legte den Kopf schief und wartete erst mal ab.

»Du bist eifersüchtig«, die grünen Augen gehörten zu einer unglaublich attraktiven getigerten Katzendame und ihre Stimme war weich wie Samt.

»Ich bin nicht eiersüffig, was ist das überhaupt?«, motzte ich zurück.

»Du hast Angst, dass Sam nichts mehr von dir wissen will. Dabei hat Sam dich gerufen, um uns miteinander bekannt zu machen.« Zustimmendes Grunzen in meine Richtung. Die Geräuschkulisse dieses riesengroßen, roten Ungeheuers war wirklich seltsam.

»Also gut«, meinte ich unsicher, »dann stell uns mal vor.« Sam sprang zwischen uns hin und her und begrüßte uns ziemlich lautstark. »Wie heißt du?«, wollte ich wissen.

»Ich habe keinen Namen und werde auch nie einen bekommen. Du heißt Laila, das hab ich schon mitbekommen.« Aha. Das war das also mit dem Lailawort. Es war ein Name. Woher weiß sie das?

»Na ja, ich bin ein bisschen älter als du.« Gedanken lesen konnte sie also auch noch.

»Warum hast du keinen Namen, warum habe ich einen?«, fragte ich voller Neugier.

»Ich habe mich den Menschen nicht fest angeschlossen.«

»Magst du keine Menschen«, fragte ich.

»Doch, sehr sogar«, antwortete sie,»ich mag sie sehr gern, aber ich möchte nicht fest in einer Familie leben. Du trägst einen Namen, weil du in dieser Familie leben möchtest.«

Sam schaute zwischen uns hin und her. Er ist ein guter Zuhörer.

»Ja das stimmt, ich mag die beiden sehr«, hörte ich mich sagen, »ich würde dich gerne vorstellen. Laura macht unglaublich guten Milchschaum, den musst du probieren.«

»Wie ich sehe, hast du eine gute Wahl getroffen«, meinte sie, »sogar einen eigenen Eingang. Diese Menschen sind dir wirklich zugetan.«

»Die Terrassentür war mir lieber«, entgegnete ich schnippisch.

»Das mag sein«, schnurrte sie, »aber der kleine Eingang bedeutet, du kannst kommen und gehen, wann immer du willst, Tag und Nacht. Die Menschen geben dir das Vertrauen selbst zu entscheiden. Das ist ein ganz besonderes Geschenk, behandle sie gut.« Ich wusste doch, dass meine Wahl die richtige war, und vor Stolz fühlte ich mich riesengroß. Sam saß zufrieden mit seinem Kauknochen zwischen uns und machte die abenteuerlichsten Schlurf und Schmatzgeräusche. Da kamen Laura und Sebastian auf die Terrasse.

»Hallo Laila, willst du uns deine schöne Freundin nicht vorstellen?«, fragte Sebastian. Formvollendet wie eine Königin ging die Namenlose auf meine beiden zu.

»Es freut mich sehr euch kennen zu lernen, von eurer Sorte gibt es viel zu wenig.« Laura und Sebastian streichelten sie abwechselnd. Da war es wieder, dieses seltsame Gefühl, Eiersucht oder Eifersucht, weiß der Geier, wie das Wort heißt. Ich mochte dieses Gefühl nicht, weil die Namenlose wirklich sehr nett war.

»Für heute reicht es, ich komme morgen wieder vorbei«, sagte sie.

»Auf einen Milchschaum?«, frage ich.

»Auf einen Milchschaum«, verabschiedet sich die Namenlose, »bis morgen Sam.« Laura und Sebastian schauten ihr nach, bis sie um die Ecke war.

»Sie hat kein zu Hause«, meinte Laura, »immer unterwegs, wenn es irgendwann zu viel wird, ist sie bei uns herzlich willkommen.« Das musste ich der Namenlosen unbedingt erzählen. Noch eine kleine Runde zum Fischteich, zählen, ob alle da sind und prüfen, ob mein Störtebecker gut im Futter stand. Mir kam ein super Gedanke, wenn Laura morgen die Fische füttert, werde ich zuschauen. Dann konnte ich Hypnose ausprobieren, bei Störtebecker natürlich, nicht bei Laura. Dermaßen beschwingt von meiner neuen Idee, freute ich mich jetzt auf ein gemütliches Abendessen mit hinterher stundenlangem Fernsehen.

Irgendwann in der Nacht wachte ich auf. Sebastians Bauch hob und senkte sich, sein Herzschlag berührte mich, als wäre es nie anders gewesen. Trotzdem musste ich aufstehen und nachsehen, was los war. Runter ins Wohnzimmer. Mein Sessel war überflutet von Mondlicht. Er lud mich zum Träumen ein und war gemütlich wie immer. Mein Blick ging raus in den Garten, alles sah aus wie verzaubert, selbst die Blumen leuchteten. Da wusste ich Bescheid, die Nacht und ihr Zauber riefen nach mir. Nur noch eine gehörige Portion Mut einatmen und nachsehen, ob das kleine Türding wirklich aufgeht. Donnerwetter, die Namenlose hatte wirklich Recht. Ein kleiner Druck, die Klappe ging nach hinten auf, ich war wirklich im Garten. Ein seltsames Gefühl von zu Hause sein und Freiheit. Einen Moment ließ ich das Mondlicht auf mich wirken. Ein eigenartiges Prickeln ging durch meinen Körper, ich hatte das Gefühl, das Mondlicht streichelte mein Fell. Ein phantastisches Gefühl.

Da, ein Geräusch! Auf ganz leisen Pfoten schlich ich von der Terrasse in den Garten. In den Ästen der Kirschbäume herrschte munteres Leben. Seltsame Viecher, lederartige Flügel mit kleinen Köpfen und großen Ohren schwirrten munter drauflos. Wenn die Lederdinger sich ausruhten, krallten sie sich an den Ästen fest und hingen dabei mit dem Kopf nach unten. Warum wurde ihnen dann nicht übel? Wenn sie sich nicht ausruhten, gaben die Lederdinger waghalsige Flugmanöver zum Besten und fingen dabei ihr Abendessen, Motten, Insekten, was sich halt so anbot. Wahnsinnig beeindruckt von so viel Können, erwachte auch mein Jagdinstinkt. Zuerst versuchte ich es mit einer Motte, meine Schläge gingen daneben. Ein bisschen Schattenboxen, ein bisschen üben, dann klappte es, die nächste Motte war meine. Berauscht zerriss ich die Motte, bis nichts mehr übrig blieb. Die Lederdinger waren auch noch unterwegs. Sie inspirierten mich. Hörte ich da ein Wispern? Mach dein Testament, die gnadenlose, unerbittliche, blutrünstige Vollstreckerin war unterwegs!

Lautlos näherte ich mich dem Wispern, bemühte mich, keine Geräusche und im Mondlicht keine Schatten zu werfen. Zu dem Wispern kamen noch Kratzgeräusche dazu. Ein angenehmer Duft nach Frischfleisch stieg mir in die Nase.

Eine dicke, fette Maus saß vor mir genau in meinem Blickwinkel. Meine Arbeit hatte ich anscheinend richtig gemacht, die Maus ging weiter ihrer Tätigkeit nach. Die Maus war eine Katzenlänge von mir entfernt, alle meine Sinne waren auf höchster Stufe. Im Moment gab es nichts auf der Welt außer der Maus und mir. Es war soweit. Jetzt! Ein Schlag ins Genick meiner Beute, ein Biss in den Hals, ein kurzes Fiepen, dann war Ruhe.

Die Lederdinger jagten weiterhin, als wäre nichts passiert. Am liebsten wäre ich nach oben ins Schlafzimmer gerannt und hätte Laura und Sebastian brühwarm erzählt, was passiert war. Aber der Augenblick war einfach zu kostbar, um ihn einfach verstreichen zu lassen. Also nahm ich meine Maus, frisch schmecken sie nun mal am besten, und begann sie ganz gemütlich auseinander zu nehmen. Die Maus schmeckte hervorragend, besonders die Leber. Einen Teil der Maus, dachte ich mir, wird ein Geschenk für Sebastian, geteilte Freude ist doppelte Freude. Bei den Narzissen machte ich noch mein Geschäft, anschließend Toilette machen, Ordnung muss sein. Plötzlich eine Bewegung ohne Geräusch. Wie funktionierte das? Die Lederdinger waren mit einem Schlag verschwunden. Wer oder was hatte so eine Macht? Ein riesengroßer Vogel saß im Kirschbaum. Seltsame große Augen, denen nichts zu entgehen schien, außerdem hatte er kleine spitze Ohren. Erinnerte mich irgendwie an eine Katze. Er beobachtete mich mit seinen faszinierenden Augen, fast schon hypnotisch. Dann richtete er den Blick auf die halbe Maus. Hypnotisch hin, hypnotisch her, die halbe Maus war leider schon versprochen.

»Tut mir echt leid für dich, aber die ist für Sebastian und Laura, weißt du, die können das ganze Essen nicht alleine finanzieren. Aber hier im Garten sind noch genug davon.« Der intensive Blick dieses Vogels hinterließ ein mulmiges Gefühl, ich konnte seine Macht spüren. Er beobachtete mich noch eine Weile, dann flog er so geräuschlos weg, wie er gekommen war. Die Lederdinger kamen auch nicht wieder, die Restmaus nahm ich in die Schnauze und das ganze Programm rückwärts. Einmal tief Luft holen, durch das Türding, anschließend grenzenlose Erleichterung, weil es wirklich funktionierte. Oben im Schlafzimmer kam die Maus auf Sebastians Nachttisch direkt neben seine Uhr. Mit meiner Arbeit voll zufrieden, rollte ich mich an seinem Bauch zusammen und erlebte im Traum mein Jagdglück noch einmal.

»Schau dir das an, Laura«, Sebastian hielt die halbe Maus mit zwei Fingerspitzen in die Höhe.

»Das ist ja schauderhaft«, meinte Laura und schüttelte sich. Die Freude über mein Geschenk ließ zu wünschen übrig.

»Aber Laura, weißt du, was das heißt? Laila teilt ihre Jagdbeute mit mir. Jetzt weiß ich, dass sie hier zu Hause ist. Vielen Dank für den netten Sonntagsbraten, finde ich ganz toll, dass du an mich«, er warf einen Seitenblick auf Laura, »an uns gedacht hast.« Na also, geht doch, ich kuschelte mich zwischen die zwei und erzählte ihnen schnurrend die ganze Geschichte. Laura hatte sich so geschüttelt. Abgehangenes Mausfleisch war dann nichts für sie. Das nächste Mal wäre eine lebende Maus vielleicht angebracht. Die hält länger und die können sie essen, wann sie wollen.

Beim gemütlichen Wurst-Käse-Butter-alles auf meinem kleinen Teller-Frühstück erzählten Laura und Sebastian, dass sie am nächsten Tag, den sie Montag nannten, früh raus mussten. Sie nannten es zur Arbeit fahren. Am Nachmittag wären sie dann wieder da. Das war bestimmt wieder so ein zwei Stunden Ding. Menschen mussten immer irgendwo hingehen, um ihr Leben zu regeln. Wenn die Namenlose kommt, konnte man das Problem bei einem netten Milchschaum mal erörtern.

Laura und Sebastian waren ziemlich aufgeregt. Lauras Papa und seine Lebenspartnerin hatten sich angekündigt, um das Haus zu besichtigen. Laura erzählte, dass ihre Mama vor ein paar Jahren gestorben war. Über das Internet, keine Ahnung was das für ein Haus war, fand Papa seine neue Lebenspartnerin. Muss ein ziemlich großes Haus sein, dieses Internet. Sebastian erzählte, dass sein Auto aus dem Internet ist, und Laura meinte, Klamotten und Schuhe hätte sie auch schon im Internet bestellt. Das musste man sich wohl so vorstellen, oben in dem Internet wohnen die Menschen, dazwischen Klamotten und Schuhe und ganz unten wohnen die Autos, weil die keine Treppen steigen können. Ganz schön praktisch.

Nach dem Frühstück ging Laura in den Garten, in der Hand eine Dose mit Fischfutter. Das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Laura klopfte mit der Dose auf den Rand des Teiches und rief jeden einzelnen mit seinem Namen. »Sparrow, Blackbeard, Morgan, Störtebecker, es gibt Frühstück.« Da waren sie alle, diese »Möchtegern Haie«, stellten sich an, als wären sie ausgehungert. Laura streute Futterflocken aufs Wasser. Gnadenlos jagten sie das Futter, der schlimmste und brutalste war natürlich Störtebecker. Er war ganz groß im Kollegen wegboxen, um an die besten Flocken zu kommen. Nicht mal ansatzweise bekam ich Blickkontakt. Die Nummer mit der Hypnose konnte ich vergessen. Die vier hatten einfach unmögliche Tischmanieren. Aber das Futter musste gut sein, ich wollte auch ein paar Flocken. Laura lachte nur und gab mir ein paar Flocken. Eigentlich war es schwierig, die Begeisterung der Fische nachzuvollziehen. Mich erinnerten die Flocken an das Klopapier, dass ich zerfetzt hatte, mit einem Hauch Fischgeschmack. Aber als Katze hatte man gute Manieren und würgte tapfer die Flocken herunter.

Sam kam von seinem Spaziergang mit Herrchen und Frauchen zurück. Er rief nach mir, aber es klang komisch. Musste doch mal nachsehen, was da los war.

»Guten Morgen«, rief Laura zu unseren Nachbarn, »na, hat Sam ordentlich Feuerholz mitgebracht?«

Herr Becker sagte: »Er wollte sich einfach davon nicht trennen. Er hat so viel Spaß damit.« Rückwärts zog Sam den riesigen Ast in den Garten und warf ihn mir vor die Pfoten. »Donnerwetter, Sam, das ist toll, und was machst du jetzt damit?«, lobte ich ihn. Er zog den Ast hin und her, bis er da lag, wo er ihn haben wollte. Dann begann er den Ast gemütlich auseinander zu nehmen. »Da kommt Freude auf, das verstehe ich«, sagte ich zu ihm und erzählte ihm von meiner Motte und der Maus heute Nacht. Sam lud mich ein, seinen Ast mit ihm zu zerfetzen. Aus Höflichkeit nagte ich an einem kleinen Ast rum. Aber das war wohl mehr ein Hundeding. Holz zerkleinern und so. Konzentriert ging Sam seiner Arbeit nach, das Holz in ganz kleine Stücke zu verwandeln, während ich gemütlich Toilette machte und ihn beobachtete.

Es war ein schöner Frühlingstag. Sebastian hatte auf der Terrasse gemütliche Gartenmöbel aufgestellt. Ein gemütlicher Platz für die Namenlose und für mich. Laura deckte den Tisch, zu meiner Freude stand meine Puppentasse dabei. Warum auch nicht, wir waren schließlich eine Familie. Auf dem Tisch standen zwei Tassen mehr als sonst, der Besuch stand anscheinend kurz bevor. Es klingelte, Laura öffnete die Haustür und begrüßte die Gäste. Neugierig trabte ich hinterher und wollte natürlich auch die Gäste begrüßen, kleine Katzendamen wissen, was sich gehört.

Lauras Papa war ein sympathischer, mittelgroßer, ein bisschen verloren wirkender Silberschopf. Man musste ihn einfach gern haben und ich strich ihm laut schnurrend um die Beine. Bestimmt so ein Typ, mit dem sich gut schmusen ließ. Beim Kaffeetisch ergab sich bestimmt die eine oder andere Möglichkeit. Bei seiner Freundin sah das schon anders aus. Eine schöne Frau mit dunklen Haaren und der Ausstrahlung eines Kühlschranks. Jeder spürte den Abstand, den sie einhalten wollte. Vielleicht war das Internethaus schuld daran, die Menschen sind wahrscheinlich zu viel allein. Aber im Internethaus hat es ihr wahrscheinlich deshalb nicht gefallen, weswegen sie jetzt bei Lauras Papa ist. Auch die Konversation mit Laura und Sebastian war zu höflich, um herzlich zu sein. Lauras Papa und seine Freundin schauten sich das ganze Haus an.

»Ich bin hier aufgewachsen«, meint Lauras Papa, »es war immer gemütlich, aber was ihr jetzt daraus gemacht habt, einfach wunderbar.« Dann nahmen alle an der Kaffeetafel Platz. Vor meiner Tasse stand ein Stuhl mit mehreren Kissen, sonst konnte ich nicht anständig am Tisch sitzen. So gehörte sich das. Laura und Sebastian servierten Kaffee und Kuchen und für mich meinen heißgeliebten Milchschaum. Alle fingen an, den leckeren Kuchen zu essen. Ganz vornehm tauchte ich meine Pfote in den Milchschaum und schleckte sie ab. Hätte noch stundenlang so weitergehen können.

»Besonders hygienisch ist das nicht mit der Katze am Tisch«, platzte plötzlich Papas Freundin raus. Meine Pfoten sind sauber, dachte ich, und hob meine Pfote kurz hoch, damit jeder sie sehen konnte, bevor sie wieder im Milchschaum landete. Vielleicht sind deine Pfoten nicht gewaschen. Unerhört? Lauras Papa reagierte sofort. »Aber nicht doch, schau mal wie süß die kleine Katze aussieht. Wie sie elegant ihren Milchschaum auslöffelt. Habt ihr das der kleinen Katze beigebracht?«

»Nein«, sagte Laura, »sie ist erst drei Tage bei uns, dieses Kunststück hatte sie am ersten Tag schon drauf.« Laura erzählte Papa, wie ich mir meine Puppentasse erobert hatte. Papas Freundin beobachtete mich mit einem komischen Seitenblick. ich war vollauf damit beschäftigt, meine Tasse richtig leer zu kriegen, zuerst mit der Pfote, dann auslecken, bis die Tasse glänzte wie neu. Angriff ist die beste Verteidigung. Mit einem Satz war ich auf ihrem Schoß, geschockt sah sie mich an.

»Weißt du, dass du sehr schöne grüne Augen wie eine Katze hast?«, sagte ich zu ihr. »Was ist eigentlich dein Problem?« Vielleicht mag sie keine Katzen. Das wollte ich wissen, sofort. Papas Freundin hob die Hand, mir stockte der Atem, gab es jetzt Prügel? Mein Blick ging Hilfe suchend zu Sebastian hinüber. Die Hand senkte sich, ein zaghafter Versuch mich zu streicheln.

»Weißt du«, sagte sie, »es gibt Regeln und die muss man einhalten.«

»Vollkommener Blödsinn«, maunzte ich ihr zu, »jede Regel fängt meistens an mit ›du darfst nicht‹ und das sind keine Regeln, das sind Verbote, das ist nix für Katzen.« Jetzt wurde ich ganz frech und machte es mir in ihrem Schoß richtig bequem. Fassungslos über so viel Dreistigkeit streichelte sie mich weiter. Lauras Papa beobachtet die Szene vom Garten aus.

»Du siehst«, sagte Sebastian, »was Menschen nicht schaffen, schafft Laila in ein paar Minuten.« »Ich wäre nicht traurig, wenn das Eis mal zerbrechen würde«, meint Lauras Papa. »Es wäre für uns alle leichter.« Papas Freundin trug einen faszinierenden Ring, der funkelte und leuchtete. Ich versuchte ihr den Ring auszuziehen. War das ein Lächeln? Tatsächlich, ich hatte es geschafft. Außerdem waren ihre Hände sauber, ich verstand die ganze Aufregung von vorhin noch weniger. Das war mir auch ziemlich egal, ich beschloss sie einfach zu mögen. Soll sie doch sehen, wie sie damit klarkam. Manchmal musste man Prioritäten setzen. Basta.

Lauras Papa setzte sich neben uns und dann spielten wir gemeinsam »Wer klaut den Ring?« Laura und Sebastian setzten sich dazu, dann fand doch noch ein schönes Gespräch statt, aber die Hauptperson war ich. Die Aufmerksamkeit mir gegenüber genoss ich natürlich in vollen Zügen, aber da kündigte sich schon der nächste Sonntagsbesuch an, den ich begrüßen wollte. Die Namenlose kam in den Garten geschlendert. »Hallo«, fragte ich sie, »hast du ein bisschen Zeit mitgebracht?«

»Immer, dass es für eine schöne Unterhaltung reicht, außerdem hast du mich auf einen Milchschaum eingeladen, das habe ich nicht vergessen.« Laura hatte alles im Blick verschwand kurz in der Küche und kam tatsächlich mit Milchschaum wieder, machte meine kleine Tasse wieder voll, für die Namenlose ein anderes Schälchen, außerdem bekam jeder noch eine kleine Portion Trockenfutter.

»Das ist wirklich sehr aufmerksam«, meinte die Namenlose, »vielen Dank.« Manchmal konnte ich einfach nur noch staunen, meine Laura war die perfekte Gastgeberin und sie konnte, wie die Namenlose, manchmal Gedanken lesen. Die Namenlose und ich genossen zunächst die schönen Sachen auf unseren Tellern, dann machten wir gemeinsam Toilette und es uns anschließend gemütlich. Dann machte ich meinem Herzen Luft und brachte das Problem mit dem komischen zur Arbeit gehen auf den Tisch.

»Das ist so eine Sache bei den Menschen«, sagte sie »ich zum Beispiel, wenn ich keinen Bock auf Menschen habe, kann mich wochenlang selbst ernähren. Auf Mäusejagd, unvorsichtige Vögel, hin und wieder findet man was, Käfer und Larven habe ich auch schon probiert.«

»Auch Goldfische?«, fragte ich hoffnungsvoll.

»Auch Goldfische, aber nicht eure,« sie grinst, »die sind zu schlau, selbst für mich.« Egal, wie war das, die Hoffnung stirbt zuletzt? »Menschen können heute aber nicht mehr jeden Tag auf die Jagd gehen zur Essensbeschaffung, stell dir mal vor, nur die Einwohner in dieser Straße müssten jeden Tag in den Wald zum Jagen.«

»Na ja«, gab ich zu bedenken, »nach einer Woche wären wahrscheinlich keine Tiere mehr im Wald.«

»Und die Einwohner hätten wahrscheinlich mehr Jagdunfälle als sonst was«, meinte sie, »was die Einwohnerzahl drastisch verringern würde. Deshalb hat der Mensch andere Wege gefunden, sein Essen zu verdienen. Die Menschen arbeiten in großen Fabriken, da werden Sachen hergestellt, die die Menschen zum täglichen Leben brauchen. Das machen sie die ganze Woche, den ganzen Monat, und dafür gibt es dann Geld. Damit gehen die Menschen dann einkaufen.«

Die ganze Woche, den ganzen Monat? Ich bin über alle Maßen entsetzt, jeden Morgen allein, kein Alles-auf-meinem-Teller-Frühstück, wo soll das enden?

»Doch nur in der Woche«, beruhigte mich die Namenlose, »am Wochenende sind deine Menschen zu Hause. Du kannst die Zeit aber auch sinnvoll nutzen, erkunde die Gegend, wenn du willst nehme ich dich ab und zu mit.«

»Das hört sich gut an, ich komme gern darauf zurück, aber ein komisches Gefühl bleibt«, jammerte ich.

»Du schaffst das schon«, sagte sie, »jetzt wird es für mich wieder Zeit zu gehen.« Formvollendet spazierte sie zu Laura und Sebastian nickte huldvoll zu Lauras Papa und Freundin hinüber und verabschiedete sich. Lange sah ich ihr nach, ich hatte vergessen zu fragen, wann sie wiederkommt. Wenn ich intensiv an die Namenlose dachte, wer weiß, vielleicht konnte ich sie erreichen.

Lauras Papa und Freundin brachen auf. Da ich eine genau so gute Gastgeberin sein wollte wie Laura und Sebastian, verabschiedete ich sie ebenfalls sehr höflich und fragte Papas Freundin spaßeshalber, ob sie mir ihren schönen Ring dalassen würde. Sie streichelten mich beide sehr intensiv, dann sagte Papas Freundin: »Wir kommen wirklich gerne wieder.«

Laura und Sebastian begleiteten die beiden zum Auto, dann fuhren sie weg. »Dass der Nachmittag gut verlaufen ist, haben wir wohl unserer kleinen, schwarzen Madame hier zu verdanken«, meint Sebastian.

»Das war aber auch ein super Vorstellung, die unsere Kleine da gegeben hat«, sagt Laura, »voll auf Konfrontation, auf so eine Idee muss man erst mal kommen.«

»Der Nachmittag ist noch jung«, rief ich Laura und Sebastian zu, »ich gehe noch ein bisschen die Gegend verunsichern.« Mal raus aus dem Garten, auch mal das freie Leben probieren, wenn es auch nur für eine Stunde ist.

Hinter dem Garten sind freie Felder, dahinter fing der Wald an. Kaninchen hoppelten über die Wiese, gruben Löcher und fraßen Gras. Eine Zeit lang beobachtete ich sie, dann konnte ich nicht anders und jagte hinter ihnen her. Sie schlugen Lufthaken und ich sorgte ordentlich für Unruhe, natürlich bekam ich keinen, aber es machte Spaß sie hin und her zu scheuchen. Aus einem Gebüsch kam ein seltsames Tier, komische Farbe, zwischen rot und gelb. Zuerst dachte ich, es wäre ein Hund, ganz dichtes Fell, buschiger Schwanz, gelbe intensive Augen. Die gelben Augen fixierten mich – das war kein Hund – und die Augen blickten ziemlich böse. Er hatte mich fest im Blick. Wahrscheinlich hatte ich mit meiner Spielerei sein Abendessen ruiniert. An seiner Stelle wäre ich auch nicht gut auf mich zu sprechen. Wie kam ich bloß aus dieser Nummer wieder raus? Sein Blick ging an mir vorbei und fixierte irgendetwas anderes, er legte sich flach auf den Boden. Erleichtert, nicht mehr im Mittelpunkt seines Interesses zu stehen, blieb ich einfach sitzen. Ein unvorsichtiges Kaninchen, ein präziser Sprung, Tref fer? Donnerwetter, das war eine Leistung. Davon war ich noch meilenweit entfernt.

»Du, das war ganz toll, vielleicht kannst du mir bei Gelegenheit sagen, wie das funktioniert, wegen der Lufthaken und dem ganzen Kram«, rief ich begeistert. Mit den Nerven vollkommen am Ende schnappte das Rotgelbe sein Kaninchen und knurrte noch einmal in meine Richtung. Sollte wohl heißen, lass mich bloß in Frieden, heute und für immer. Auf dem Weg in den Wald ließ er beinahe sein Kaninchen fallen. Armer Kerl. Wenn die Namenlose wiederkam musste ich unbedingt fragen, was das für ein Geselle war.

Meine Aufmerksamkeit galt noch eine Zeit lang zwei Raben, die miteinander spielten. Eigentlich wollte ich die beiden ein bisschen jagen. Plötzlich tauchte am Himmel ein Vogel auf, er warf einen ziemlich großen Schatten und war ungefähr doppelt so groß wie die Raben. Aber anstatt in Deckung zu gehen, griffen die beiden Größenwahnsinnigen den Vogel an und attackierten ihn immer wieder. Das musste man sich mal vorstellen, hätte ich Jagd auf die beiden gemacht, die Kopfnüsse wären nicht von schlechten Eltern gewesen.

Übermut tut selten gut. Der große Vogel suchte tatsächlich das Weite, nicht zu fassen. Die Raben kamen wieder auf die Wiese und spielten weiter, als ob nichts passiert wäre. Bei ihrem Spiel kamen sie immer näher in meine Richtung. Das könnt ihr vergessen, nicht mit Laila, ging mir durch den Kopf, und erlaubte mir, das Ganze rückwärts anzugehen, Richtung sicherer, heimischer Garten. Dann gab ich Fersengeld und stoppte erst auf unserer eigenen Wiese bei unseren eigenen Narzissen. Irgendwie fühlte ich mich als Heldin, davongekommen zu sein, gut, die Nerven dieses komischen rotgelben Viechs waren ruiniert. Aber ein paar Tage Ruhe von meiner Wenigkeit und er wäre wieder ganz der Alte. In Zukunft würde ich auch Raben mit ganz anderen Augen ansehen. Sie spielen immer im Team, das wusste ich jetzt. Als Katze war man meistens Einzelkämpfer, die Gegner oder Opfer, je nachdem, mussten übersichtlich sein.

Laura hatte den Tisch gedeckt fürs Abendessen. »Da bist du ja endlich, kleine Stromerin.« Laura schien erleichtert. »Das war das erste Mal, dass du solange weg warst, hast du schöne Abenteuer erlebt?« Abenteuer schon, aber ob sie schön waren, war ich mir noch nicht ganz sicher. Nach dem Abendessen, beim Fernsehen konnte ich alles zum Besten geben. Wir genossen noch gemeinsam den Sonnenuntergang, quatschten über den vergangenen Tag und freuten uns gemeinsam, dass alles ein gutes Ende gefunden hatte. Noch eine Kontrollrunde zum Teich, die Goldfische mussten das mit den Raben ausbügeln und so prügelte ich auf das Wasser.

»Die Einschläge kommen näher, macht euch in Zukunft auf einiges gefasst.« Einigermaßen zufrieden darüber, ihren Kreislauf wieder einigermaßen in Schwung gebracht zu haben, ging ich zu den Narzissen und machte mein Geschäft. War das ein aufregender Tag gewesen!

Laura und Sebastian räumten den Tisch ab, dann spülten sie das Geschirr, Hausarbeit ist nix für mich, meiner Meinung nach verlorene Zeit. Die könnte man doch bestimmt besser nutzen, schmusen und spielen zum Beispiel, da würden mir bestimmt noch andere Dinge einfallen. Aber Laura und Sebastian waren ständig damit beschäftigt sauberzumachen und aufzuräumen. Es war nicht umsonst in ihrem Haus gemütlich. Okay, wenn sie das brauchten, sollten Laura und Sebastian ihren Aufräumtick ausleben. Damit hatte ich keine Probleme, solange man mich nicht behelligte.

Abends beim Fernsehen lag ich zwischen den beiden auf dem Sofa und war zu müde, um auf meinen roten Sessel zu springen. Im Traum verfolgten mich die beiden Raben, aber auch in meinem Traum war ich im eigenen Garten sicher.

Laura und Sebastian gingen früh schlafen und nahmen mich gleich mit.

»Die Nacht wird kurz«, meinte Laura, »da kriegt Laila auch ein paar Stunden Schlaf.« Über so viel Fürsorglichkeit war ich natürlich begeistert. Noch. Wir kuschelten uns alle drei zusammen und schliefen ein. Es war mitten in der Nacht als ein schreckliches, schrilles, ohrenbetäubendes Geräusch uns aus dem Schlaf riss. Der Himmel stürzt ein, das Haus brennt ab oder alles zugleich, waren die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf gingen. Laura und Sebastian murmelten was von keine Lust zum Aufstehen und dass sie noch wahnsinnig müde waren. Zum Kuckuck noch mal!

»Dann steht nicht auf«, stellte ich fest, »würgt dieses fürchterliche Geräusch ab, dann wird wieder gekuschelt und wir vergessen das Ganze.« Aber auf mich, die vollkommen unwichtige, übersehbare, aus dem Schlaf gerissene kleine Katze, hörte man ja nicht! Meine Meinung war nicht gefragt. Unverschämtheit! Laura und Sebastian schlurften nacheinander ins Bad. Sebastian streichelte mich kurz und meinte dann: »Du kannst doch noch im warmen Bett schlafen, die Zeit hast du doch.« Was, bitte schön, sollte ich allein in dem großen Bett ohne Sebastian? Fassungslos starrte ich ihn an, dass er mir so etwas zumuten konnte, ich war tief gekränkt. Laura und Sebastian gingen runter in die Küche. Erwartungsvoll nahm ich meinen Platz am Esstisch ein. Aber was taten die beiden? Schlurften beide nur einen Kaffee und stellten mir Trockenfutter und frisches Wasser hin, und meinten, bis heute Nachmittag würde das wohl reichen. Was ist mit meinem Alles-auf-meinem-Teller-Frühstück? Trockenfutter war was für zwischendurch, für Notfälle, wenn gar nichts anderes da war, aber auf keinen Fall als Frühstück zu gebrauchen. Laura und Sebastian räumten ihre Tassen weg, gingen in den Flur und zogen ihre Jacken an.

»Laila, wir müssen jetzt zur Arbeit, mach es dir gemütlich, und dank der Katzenklappe kannst du jetzt rein raus, wie es dir passt. Heute Nachmittag sind wir wieder da und haben dann Zeit für dich, dann gibt es auch als erstes einen schönen Milchschaum.« Danke Laura, netter Versuch. Von der Fensterbank aus konnte ich sehen, wie sie ins Auto einstiegen und wegfuhren. Das Ding mit der Arbeit, das hatte ich vollkommen vergessen. Mir wurde ganz schlecht, wie sollte ich ohne die beiden auskommen. Das dauerte bestimmt wieder zwei Stunden, vielleicht zweimal zwei Stunden, die Welt war schlecht und gemein. Der Sessel lud mich ein zum gemeinsamen Trübsal blasen, vielleicht schaffte ich es auf dem Sessel liegenzubleiben, bis Laura und Sebastian zurückkamen von der blöden Arbeit. Dann war ich halb verhungert und verdurstet und vor lauter Fürsorge konnten sie dann nicht mehr zur Arbeit gehen.

Eine gewisse Zeit war vergangen. Mit dem Liegenbleiben war das so eine Sache, schrecklich langweilig, und bei mir kündigte sich ein Geschäft an. Beim Versuch, das Ganze in die Länge zu ziehen, geriet ich dermaßen in Bedrängnis. Nur noch ein Schnelldurchlauf von der Katzenklappe in den Garten zu meinen Narzissen konnte das Schlimmste verhindern. Das war gar nicht so einfach, den perfekten Racheplan zu schmieden. Aber wenn ich schon mal im Garten war, konnte der Rundgang, einschließlich den Fischen guten Morgen sagen, direkt folgen. Eine kleine Libelle flog dicht über den Teich. Ich hätte sie warnen können, aber dann wäre sie mein gewesen, also machte das für die Libelle keinen Unterschied. Störtebecker machte einen Sprung und schnappte sich die Libelle. Zugegeben, das war richtig gut, er hatte es voll drauf, aber ihn zu loben kam mir nicht in den Sinn. Mein Katzenfutter lobte ich auch nicht, wo kämen wir denn da hin? Sam schickte ein »Guten Morgen« herüber. Du kommst mir gerade recht, dachte ich, ging rüber in seinen Garten. Sam hatte sein Hundegeschirr an und Herr und Frau Becker schickten sich an, mit Sam spazieren zu gehen. Sam bellte mich erwartungsvoll an. »Ich soll mitkommen meinst du, dein Herrchen und Frauchen werden das bestimmt nicht erlauben.« Sam bellte einfach weiter. »Ach so, du meinst ich müsste überhaupt nicht fragen, weil ich eine Katze bin. Da hast du allerdings recht.« Zustimmendes Gebell seinerseits. »Zu Hause wartet sowieso niemand auf mich«, der Racheplan gefiel mir, »dann kann ich auch tagelang wegbleiben. Du gehst mit Herrchen und Frauchen schön auf dem Weg«, sagte ich zu Sam, »und ich bleibe in den Wiesen in Deckung, Katzen laufen nicht gern auf offener Straße. Das wird ein Mordsspaß für uns.«

Dann ging es los. Hinter den Garten auf den Feldweg, die drei vorneweg, ich mit Abstand auf der Wiese hinterher. Herr Becker ließ Sam an der langen Leine laufen, damit er die Gegend erkunden konnte. Hier schnüffeln, da seine Marke setzen, Sam hatte mächtig Spaß und vergaß nie, sich nach mir umzudrehen. Da vorne auf der Wiese, was war das? Große, wirklich sehr große schwarze Tiere standen hinter einem Zaun. Mein Frühwarnsystem funktionierte erstaunlich gut. Sam mit Herrchen und Frauchen konnte ich nicht ins Unglück rennen lassen, stellte mich neben sie, laut miauend auf die Gefahr hinweisend. Frau Becker sah mich … und lachte. War sie sich der Gefahr denn nicht bewusst? Sam blieb aber auch erstaunlich gelassen, was sollte ich bloß machen? Sam schickte die seltsamen Töne zu mir, die sich wie Husten anhörten. Er will mich beruhigen, dachte ich. Herrchen und Frauchen waren auch mehr belustigt, als dass sie in den großen Tieren eine Gefahr sahen. Die drei gingen hier jeden Tag spazieren, also beruhigte ich mich etwas und fing an die großen Tiere zu beobachten.

»Da staunst du Laila«, sagte Frau Becker, »das sind Pferde, auf dich müssen sie haushoch wirken, aber es sind wirklich sehr liebe Tiere. Die ganz große da vorne ist eine etwas ältere Pferdedame und heißt Flicka. Weiter hinten die kleinere ist noch ein Pferdemädchen und heißt Luna. Im Übrigen bewundere ich deinen Mut, wenn du willst, kannst du jeden Morgen mitkommen. Bin gespannt, was Laura und Sebastian dazu sagen.« Eigentlich war ich mir nicht sicher, ob Laura und Sebastian das erfahren sollten. Meine Neugier war geweckt, jetzt wollte ich die großen schwarzen, angeblich sehr lieben Dinger aus der Nähe sehen.

Auf dem Bauch pirschte ich mich in ihre Nähe. Sam kam mit Abstand, soweit es seine Leine zuließ, hinterher. Die großen schwarzen Dinger machten Geräusche beim Gras rupfen, manchmal schnaubten sie durch die Nase, da hatte ich mich tüchtig erschrocken. Frau Becker hatte eine Tasche dabei, sie griff hinein, holte zwei gelbe Rüben raus und fütterte die großen Dinger damit. Urige Kaugeräusche kamen von den beiden und wirkten auf Sam wahrscheinlich Appetit anregend, jedenfalls wollte er auch so eine Rübe haben.

»Hier«, sagte Frau Becker, »du sollst auch nicht zu kurz kommen. Laila, magst du auch eine Karotte?« Aha, so hießen die. Wenn man sich gut benimmt, kommt man im Leben immer weiter, selbstverständlich wollte ich die Karotte probieren. Die Pferdedamen und Sam hatten ihre Karotten schon aufgegessen, bei mir dauerte es noch etwas. Ob ich den Rest mit nach Hause nehmen konnte? Sam sah den Rest meiner Karotte und erlöste mich aus dem Dilemma, mit einem Biss hatte sich alles erledigt. Die Katze bedankte sich.

Die beiden Pferde kamen langsam auf mich zu. Gebannt hielt ich den Atem an. Frau Becker sagte, dass es sehr große, sehr liebe Tiere waren, und Namen hatten sie auch. Allerdings hatte ich vergessen, wer welchen Namen trug, das war im Moment nicht so wichtig. Neugierig kamen die Pferde auf mich zu, aber sie kamen nicht in die Nähe des Zauns. Herr Becker teilte uns mit, dass Strom auf dem Zaun sei. »Die Pferde berühren den Zaun nicht, weil sie sonst einen kleinen Schlag kriegen.« Keine Ahnung, was Strom ist, aber ich konnte locker unter dem Zaun durchkriechen, ohne das was passierte. Sam maulte, er wäre gerne dabei gewesen, aber Herrchen hat es verboten. Immer näher wagte ich mich an die großen Tiere heran, von ihnen kam keine Aggression, sondern nur Neugier, genau wie bei mir. Schließlich saß ich fast vor ihnen, das große Pferd senkte seinen Kopf und nahm Witterung von mir auf. Die große Nase machte fast das gleiche Geräusch wie das komische Staubsaugerding von Laura. Das kleine Pferd kam auch in meine Nähe, roch ebenfalls und stupste mich kurz an. Erschrocken fauchte ich ganz kurz. Sam knurrte und warnte. Wie eine Entschuldigung leckte das kleine Pferd mir kurz über den Kopf, es fühlte sich an, als würde mir jemand eine Baumrinde über den Kopf ziehen. »Vielleicht wolltest du nur wissen, wie haltbar eine Katze ist, wie du siehst, kann ich einiges aushalten.« Meinen Kommentar hätte ich vielleicht für mich behalten sollen, weil das kleine Pferd das Spiel wieder von vorne beginnen wollte. »Soll ich euch was sagen, für heute reicht es, wenn ich das nächste Mal wiederkomme, weiß ich auch eure Namen und zu welchem Pferd sie gehören. Bis zum nächsten Mal ihr wirklich großen Tiere.« Drehte mich um und lief zu Herrn und Frau Becker, Sam hinter mir. »Mit dir erlebt man was«, meinte Herr Becker, »diese Geschichte glaubt uns doch keiner.« Langsam machten wir uns auf den Heimweg. Am Waldrand sah ich dieses rotgelbe Ding von gestern sitzen. Sein ungläubiges Staunen änderte sich in ein Nicht-du-schon-wieder-Gesicht. »Hast du den Fuchs gesehen?«, meint Herr Becker. Also das rotgelbe Ding war ein Fuchs, wieder was gelernt. »Hör mal, ich kann nichts dafür und bin auch schon wieder weg«, rief ich ihm zu. Sam bellte, knurrte und zerrte an der Leine. Von der Kraft, die Sam ausstrahlte, war ich mächtig beeindruckt. »Mit dir möchte ich keinen Streit haben, Donnerwetter, ich wette, wo du hinlangst, da wächst kein Gras mehr, und dein Bellen hat sich überhaupt nicht mehr nach Husten angehört.«

Sam drehte sich um und war wie umgewandelt. Jetzt war er wieder der nette Typ von nebenan und vor allen Dingen war er mein Freund. Auf dem Weg nach Hause schaute ich mir die Blümchen an, beobachtete Schmetterlinge und fand einen Stein, der sich allein fortbewegte. Wie kann das sein? Sam kam zu Hilfe und wusste auch nicht so recht, was er damit anfangen sollte. Fühlte sich der Stein unbeobachtet, kam ein langes Ding raus mit zwei winzigen Stöckchen auf dem Kopf, wollte ich das lange Ding mit den Stöckchen mit der Pfote anfassen, war das lange Ding rasend schnell in dem Stein verschwunden. Frau Becker sah sich die ganze Geschichte an. »Schau mal Wolfgang, was die beiden gefunden haben, eine Weinbergschnecke, ein besonders schönes Exemplar.« Herr Becker, der mit Vornamen Wolfgang hieß, fand die Weinbergschnecke ebenfalls toll. Bei mir hielt sich die Begeisterung in Grenzen, da will man nur mal jemanden begrüßen und die Pfote geben. Aber sofort zog sich dieses Ding in seinen Stein zurück. Unhöflich, keine Manieren! Von dem unaussprechlichen Namen ganz abgesehen war für mich das Thema laufende Steine durch. Sam dachte genauso. Herr und Frau Becker waren immer noch fasziniert von diesem unhöflichen Ding. Sam rief sanft, aber bestimmt Herrchen und Frauchen zur Ordnung auf, und wir konnten unseren Weg fortsetzen. Langsam kamen unsere Gärten wieder in Sicht. Sam schlabberte eine Schüssel mit Wasser leer, die von der Größe her mit unserem Teich mithalten konnte, dann erinnerte ich mich, dass in unserer Küche auch frisches Wasser stand. Schnell durch das kleine Türding, ab in die Küche, und schlabberte erst mal die halbe Schüssel Wasser weg. Das Trockenfutter knusperte ganz angenehm, noch ein paar Schlucke Wasser hinterher. Mir fiel ein, dass ich das Futter doch ignorieren wollte, dann musste ich mir eben etwas anderes ausdenken. Aber nicht heute, die Abenteuer mit Sam waren doch allererste Klasse. Satt und zufrieden trottete ich zu meinem roten Sessel, rollte mich zusammen und schlief tief und fest ein. Schließlich war die Nacht viel zu kurz gewesen.

Als die Haustür aufging, hatte ich das Gefühl, gerade eingeschlafen zu sein. Überglücklich begrüßte ich meine beiden, schnurrte und quatschte ihnen die Ohren voll.

»Na Laila«, sagt Sebastian und hielt mich fest in seinen Armen, »wie war der erste Tag alleine? Wir haben den ganzen Tag an dich gedacht, ob alles gut geht.«

»Ich glaube, sie hat es akzeptiert, sonst hätte Laila das Futter nicht angerührt. Aber jetzt gibt es erst mal den versprochenen Milchschaum.« Laura hatte wie immer die Sachlage überblickt, da hätte sie mich heute Morgen sehen sollen, da war ich ein einziges großes Jammerhorn. Beim gemeinsamen Milchkaffee erzählten Laura und Sebastian von ihrer Arbeit, irgendwas mit Produktionsstraße und Zylinder, keine Ahnung. Nachdem sie fertig waren quatschte ich ihnen die Ohren voll von dem Abenteuer mit Familie Becker. Laura und Sebastian gingen in den Garten, Sam begrüßte sie sehr laut.

»Hallo, du alte Sabbertüte, lass dich knutschen, vielleicht kannst du nächsten Samstag ein bis zwei Stunden später aufstehen.« Sebastian krault Sam an den Ohren. Sam stand am Zaun und grunzte vor Vergnügen über die Liebkosungen. »Aber richtig böse sein kann man ihm nicht.« Frau Becker kam in den Garten und erzählte haarklein und ohne etwas wegzulassen von den heutigen Abenteuern.

Laura und Sebastian hörten fassungslos zu und waren ziemlich stolz auf ihre kleine Eroberin.

»Was hältst du davon Laura, wenn wir am Wochenende auch einen Ausflug mit Laila machen?«

»Auf jeden Fall, das müssen wir auch erleben. Wenn Laila morgen wieder mit Ihnen spazieren gehen möchte, Frau Becker uns wäre es recht.« Das hörte man doch gerne, hoffentlich dauerte es nicht mehr lange bis zum Wochenende.

Laura und Sebastian fingen an, verschiedene Gegenstände aus dem Gartenhaus zu nehmen, komischen Sachen mit langen Holzstielen. Sebastian nannte es eine Harke und begann, zwischen den Blumen die Erde zu bearbeiten. Diese Arbeit war natürlich völlig umsonst, dort erledigte ich regelmäßig mein Geschäft. Die Erdarbeiten hatten sich dadurch meiner Meinung nach erledigt. Laura setzte direkt neben der Terrasse wunderschöne bunte Blumen.

»Schau mal Sebastian, die schönen Primeln aus unserem Blumenladen, jetzt sieht es noch mehr nach Frühling aus.« Da konnte ich ihr nur zustimmen. »Hast du gesehen, hinten in der Ecke blühen Waldveilchen und Kuckucksblumen, die findet man eigentlich nur im Wald.« Laura war begeistert: »Da brauchen wir nichts zu pflanzen und mit dem Holunder ergibt das ein schönes Bild. Vorne am Zaun in Richtung Terrasse könnte man noch ein paar dicke fette Hortensien setzen, was meinst du?« Dicke, fette Hortensien? Mir gefiel dick und fett, vielleicht was für den Gaumen, ich bin für jede Abwechslung zu haben.

»Die könnten wir doch gleich morgen nach der Arbeit mitbringen«, rief Sebastian, »und eine halbe Stunde später sind die Blumen an Ort und Stelle.« Das mit den dicken, fetten Blumen, überlegte ich mir, könnten sie bitteschön vor der Arbeit erledigen, sonst waren sie nicht pünktlich zu Hause. Kleine schwarze Katzendamen hatten keinen Bock sich einen Wolf zu warten!

Es klingelte an der Haustür. Wer konnte das sein? Vielleicht Holger, hoffte ich. Laura zog ihre Arbeitshandschuhe aus und ging nachsehen. Aus dem Flur konnte man eine laute Kinderstimme hören. Mein Instinkt meldete Alarm, irgendetwas stimmte hier nicht. Sebastian schien es auch zu spüren und legte die Harke beiseite. Laura kam aufgeregt in den Garten.