Rückenschonende Pflege - Gerti Wewerka - E-Book

Rückenschonende Pflege E-Book

Gerti Wewerka

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Beschreibung

Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem unter Pflegenden. Neben Informationen aus der allgemeinen Rückenschule werden in diesem Buch Techniken und Arbeitshilfen vorgestellt und erläutert, die aufzeigen wie Pflegende im Berufsalltag oder auch pflegende Angehörige zu Hause möglichst kräfte- und rückenschonend vorgehen können, um Patienten mit Bewegungseinschränkungen zu mobilisieren. Außerdem werden Hilfsmittel vorgestellt, die in bestimmten Fällen zur Arbeitserleichterung beitragen können. Gezielte Übungsanleitungen zur Selbsterfahrung regen zum eigenen Training an. Neu in der 3. Auflage sind Übungsvorschläge für das Gleichgewicht und eine Erweiterung des Kapitels Hilfsmittel.

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Die Autorin

Gerti Wewerka ist leitende Physiotherapeutin der Universitätsklinik für Geriatrie an der Christian Doppler Klinik in Salzburg.

Gerti Wewerka

Rückenschonende Pflege

Arbeitstechniken bei verschiedenen Krankheitsbildern

3., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Von den Firmen MEYRA GmbH, RMT RehaMed Technology GmbH und TOPRO GmbH wurden Abbildungen mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

Piktogramme

Vorsicht

Merke/Wichtig

Definition

Tipp

3. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-032970-6

E-Book-Formate:

pdf:           ISBN 978-3-17-032971-3

epub:        ISBN 978-3-17-032972-0

mobi:        ISBN 978-3-17-032973-7

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort zur dritten Auflage

 

 

Das Problem »Kreuzschmerz« ist in allen Berufen, bei denen Menschen in ihrer Mobilität unterstützt werden, ein aktuelles Thema. Häufiges Heben – in nicht frei zu wählenden Positionen – trägt dazu leider bei.

In dieser 3. Auflage wurde das Kapitel Hilfsmittel um aktuelle Varianten ergänzt, da auf diesem Sektor regelmäßig Neuerungen entwickelt werden. Sie bieten kein Allheilmittel für jede Situation, liefern aber Denkanstöße, um in schwierigen Situationen bessere Lösungen zu finden.

Neu ist der Übungsteil für das Gleichgewicht. Er bietet dem Helfenden eine Anleitung um seine koordinativen Fähigkeiten im Stand und bei Haltungsänderungen zu verbessern, und damit die Grundlage für ein stabileres Heben.

Ich möchte all jenen danken, die bei der Erstellung meines Buches mitgeholfen haben, den Kollegen und Kolleginnen, den Patienten und Patientinnen und vor allem meinem Mann Gerald, der die Fotos gemacht hat und immer bereit war Korrektur zu lesen und hilfreiche Tipps zu geben.

 

Salzburg, im Herbst 2017

Gerti Wewerka

Inhalt

 

 

1 Aufbau und Funktion der Wirbelsäule

2 Allgemeine Tipps

2.1 So wenig heben wie möglich

2.2 Lasten mit aufgerichtetem, stabilisiertem Oberkörper heben und tragen

2.3 Zum Gewicht drehen

2.4 Lasten möglichst körpernah heben und tragen

2.5 Bekleidung

3 Rückenschule

3.1 Übungsvorschläge für die Körperhaltung

3.2 Übungsvorschläge für Gleichgewicht und Koordination

3.3 Übungsvorschläge zur Dehnung

3.4 Übungsvorschläge zur Entspannung

4 Techniken

4.1 Becken heben

4.2 Zur Seite drehen

4.2.1 Drehen mit stabilisiertem Rumpf

4.2.2 Drehen mit Rumpfdrehung

4.2.3 Dem Patienten ein Steckbecken geben

4.3 Im Bett zur Seite bewegen

4.3.1 Der Patient kann mithelfen

4.3.2 Der Patient kann nicht mithelfen

4.4 Im Bett Richtung Kopfende bewegen

4.4.1 Der Patient hilft mit den Beinen

4.4.2 Der Patient kann mit den Armen mithelfen

4.4.3 Patienten, die mit den Armen sehr gut mithelfen können

4.4.4 Der Patient kann nicht mithelfen, der Helfer ist alleine

4.4.5 Zwei Helfer unterstützen einen Patienten, der nicht mithelfen kann: »Dreiergriff«

4.5 Aufsetzen zum Querbettsitz

4.5.1 Vorbereitung

4.5.2 Der Patient kann mithelfen

4.5.3 Der Patient kann nicht mithelfen

4.5.4 Hinlegen des Patienten

4.6 Aufstehen

4.6.1 Der Patient braucht wenig Hilfe

4.6.2 Der Patient kann Hüft- oder Kniegelenke nicht ausreichend beugen

4.6.3 Der Patient kann mit beiden Beinen Gewicht übernehmen

4.6.4 Der Patient kann sich mit den Händen an einem Haltegriff festhalten

4.6.5 Der Patient hilft wenig oder gar nicht mit

4.6.6 Der Patient ist größer als der Helfer

4.6.7 Der Patient drückt stark zu einer Seite

4.7 Hinsetzen des Patienten

4.8 Transfer

4.8.1 Der Patient steht gut auf einem Bein

4.8.2 Der Patient hilft wenig oder gar nicht mit

4.8.3 Der Patient drückt stark zu einer Seite

4.8.4 Demenzkranke

4.8.5 Die Knie des Patienten können nicht in Streckung gebracht werden, der Patient kann mit einem Arm mithelfen

4.8.6 Die Knie des Patienten können nicht in Streckung gebracht werden, der Patient kann nicht helfen

4.8.7 Der Patient wird von zwei Helfern gehoben

4.9 Transfer aus dem Bett

4.10 Transfer vom Rollstuhl/Stuhl ins Bett

4.10.1 Der Patient hilft wenig oder gar nicht mit

4.10.2 Der Patient kann mit den Armen sehr gut mithelfen

4.11 Zurückrutschen im Sessel

4.11.1 Der Patient hilft mit, wenn er vorbereitet wird

4.11.2 Der Patient braucht viel Hilfe

4.11.3 Der Patient kommt mit seinen Füßen nicht bis zum Boden

4.12 Führung beim Gehen

4.12.1 Besonderheiten beim Führen eines Schlaganfallpatienten

4.12.2 Besonderheiten beim Führen eines Parkinsonpatienten

4.12.3 Besonderheiten beim Führen eines Demenzkranken

4.12.4 Besonderheiten beim Führen von Patienten mit Arthrosen

4.13 Aufstehen vom Boden

4.13.1 Aufstehen über den Vierfüßlerstand-Kniestand

4.13.2 Kniestand ist nicht möglich, aufstehen mit Abstützen

5 Lagerungen

5.1 Rückenlage

5.2 Seitenlage 90°

5.3 Seitenlage 30°

6 Hilfsmittel

6.1 Umsetz- und Hebehilfen

6.2 Gehhilfsmittel

7 Kurzbeschreibungen der erwähnten Krankheitsbilder

7.1 Schlaganfall

7.2 Parkinson-Syndrom

7.3 Arthrose

7.4 Demenz

7.5 Multiple Sklerose

7.6 Querschnittslähmung

Literatur

Stichwortverzeichnis

1          Aufbau und Funktion der Wirbelsäule

 

 

Die Wirbelsäule stabilisiert einerseits die aufrechte Haltung, andererseits ermöglicht sie alle notwendigen Bewegungen.

Von hinten und vorne gesehen verläuft die Wirbelsäule lotrecht, von der Seite gesehen in vier Krümmungen. Im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule ist sie nach vorne gekrümmt, Brustwirbelsäule sowie Kreuz- und Steißbein sind nach hinten gekrümmt.

Der knöcherne Anteil besteht aus 7 Halswirbeln, 12 Brustwirbeln, 5 Lendenwirbeln, dem Kreuzbein und dem Steißbein.

Gehalten wird die Wirbelsäule durch Bänder und Muskeln.

Zwischen den einzelnen Wirbeln liegen die Bandscheiben, die der Wirbelsäule gemeinsam mit ihrer geschwungenen Form eine gute Stoßdämpfereigenschaft verleihen.

Abb. 1: Wirbelsäule

Abb. 2: Bandscheibe

Abb. 3: Bandscheibenvorfall

Eine Bandscheibe besteht aus einem elastischen Innenkern, dem Gallertkern, der von einem Faserring umgeben ist.

Bei Belastung verformt sich die Bandscheibe und gibt Flüssigkeit und Schlackenstoffe ab, bei Entlastung, z. B. beim Liegen oder beim Schlafen kann sie Flüssigkeit und Nährstoffe aufnehmen.

Merke

Die Bandscheiben werden also nicht wie so viele andere Gewebe von Blutgefäßen versorgt, sondern sind in ihrer Ernährung abhängig von Druck und Entlastung – von Bewegung.

Der Druck, mit dem die Bandscheiben belastet werden, ist abhängig von der Körperhaltung und beträgt:

•  im Liegen auf dem Rücken 25 kg

•  im Stehen 100 kg

•  beim korrekten Sitzen 140 kg

•  beim Vorbeugen im Stehen bereits 250 kg

•  wenn gleichzeitig ein 50 kg schwerer Gegenstand angehoben wird, bis zu 800 kg!

Dauernde Fehlhaltungen (z. B. beim längeren Sitzen in einem tiefen Sofa vor dem Fernseher) belasten die Bandscheiben in einigen Bereichen mit zu viel Druck. Sie können in diesen Bereichen keine Flüssigkeit aufnehmen und werden mit der Zeit mürbe. Auf dem Boden dieser laufenden Fehlbelastungen kommt es schließlich zu Abnützungserscheinungen an den Bandscheiben, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen wird reduziert.

Heben, speziell in falscher Haltung, belastet die Bandscheibe in einigen Bereichen übermäßig, was schließlich dazu führen kann, dass der Faserring reißt und Bandscheibenmaterial austritt.

Am häufigsten kommt es zu Bandscheibenvorfällen zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel und zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem Kreuzbein. Durch Druck auf Nervenbündel des Rückenmarks kommt es zu Rückenschmerzen, die auch in ein Bein ausstrahlen können.

Andere Schmerzursachen sind überhöhte Muskelspannungen. Solche verspannte Rückenmuskeln ertastet man häufig als harten, schmerzhaften Strang beiderseits der Wirbelsäule.

2          Allgemeine Tipps

2.1       So wenig heben wie möglich

Tipp

Ziehen oder Rutschen statt Heben!Sehr oft heben wir, obwohl bessere Bewegungsabläufe möglich wären (Kap. 4.3 und Kap. 4.4).

Tipp

Hebehilfeverwenden!Ist keinerlei Aktivität vom Patienten zu erwarten, sollte man eine Hebehilfe verwenden (Kap. 6.1 Hilfsmittel).

Tipp

Der Patient kann oft teilweise mithelfen.

Merke

Die meisten Patienten können mithelfen, aber es gilt einige Regeln zu beachten:

•  TempoFür viele Patienten ist das Tempo, mit dem mit ihnen gearbeitet wird, zu schnell. Ältere Patienten haben z. B. häufig zusätzlich zu ihren Bewegungsproblemen auch eine Einschränkung der Wahrnehmung: Sie sehen schlechter, hören schlechter, oft ist auch die Sensibilität (die Wahrnehmung von Berührung und das Erkennen der Gelenkstellung) betroffen. So wird es verständlich, dass ihre Reaktionen verlangsamt einsetzen. Eine Temporeduktion des Helfers ermöglicht es manchem Patienten mitzuhelfen. Das wird für die Pflegenden zur Erleichterung, hilft dem Patienten, seine Kraft und Bewegungsfähigkeit zu trainieren und zeigt ihm auch, dass er weiterhin leistungsfähig ist.

•  LernenPatienten lernen Bewegungsabläufe nur, wenn sie häufig und immer auf dieselbe Weise wiederholt werden. Wenn die Helfer sich absprechen und alle dieselben Grifftechniken anwenden, wird der Umgang mit dem Patienten leichter. Wenn der Helfer jedoch zu oft sagt: »Lassen Sie nur, ich mach‹ das schon!‹‹, dann verlernt der Patient mitzuarbeiten.

•  Alleine oder zu zweitEs ist nicht immer von Vorteil, zu zweit zu helfen. Es ist häufig der Fall, dass Patienten weniger mithelfen, wenn zwei Helfer anwesend sind. Oft liegt es daran, dass zwei Helfer einen wahrnehmungsgestörten Patienten überfordern. Er weiß nicht, wie er auf unterschiedliche Anweisungen reagieren soll. Diesen Punkt sollte man beachten, um bei diesen Patienten entweder alleine zu helfen oder – wenn es notwendig ist, zu zweit zu arbeiten – darauf zu achten, dass ein Helfer eindeutig die Führung übernimmt.

•  Unterstützung nur dann geben, wenn es nötig istPatienten können manche Bewegungsabläufe nur unvollständig ausführen. Viele Patienten brauchen z. B. in Rückenlage Hilfe beim Anbeugen der Beine, können dann aber sehr gut selbst ihr Becken anheben und im Bett Richtung Kopfende rutschen.

2.2       Lasten mit aufgerichtetem, stabilisiertem Oberkörper heben und tragen

In dieser Haltung werden die Bandscheiben gleichmäßig belastet, das Verletzungsrisiko ist deutlich geringer.

Im Arbeitsalltag bedeutet das, dass man lernen muss, Gewichte mit einer Bewegung der Knie- und Hüftgelenke zu heben. Der Oberkörper kann sich wenn nötig nach vorne neigen, sollte aber in Streckung stabilisiert werden (Abb. 4).

Das Kapitel Rückenschule (Kap. 3) zeigt Übungen, die helfen sollen, die Aufrichtung und Stabilisierung der Wirbelsäule zu verbessern. Die Übungen für das Gleichgewicht helfen Ihnen, den Körper über der Unterstützungsfläche zu stabilisieren.

Abb. 4: Das Gewicht wird mit möglichst aufgerichtetem, stabilisiertem Oberkörper angehoben. Das Anheben der Last geschieht durch eine Bewegung der Knie- und Hüftgelenke.

2.3       Zum Gewicht drehen

Für den Rücken sind Drehbelastungen ungünstig, daher zum Gewicht drehen, dann erst anheben. Der Rücken bleibt zum Becken hin stabil eingestellt, die Bewegung geschieht aus den Gelenken der unteren Extremität. Dazu ist meist eine Schritt- oder Grätschstellung der Beine nötig (Abb. 5).

Abb. 5: Richtig: Der Helfer steht an der Bettseite, an der er eine Arbeit verrichten will. Der Helfer dreht Oberkörper und Becken zum Gewicht, damit er seinen Rücken beim Heben nicht verdrehen muss und sich leichter aufrichten kann.

2.4       Lasten möglichst körpernah heben und tragen

Sie erleben das häufig im Alltag: Wenn Sie beispielsweise eine Getränkekiste in den Kofferraum eines Autos stellen, scheint das Gewicht immer schwerer zu werden, je weiter Sie die Kiste von sich wegheben. Zusätzlich wird es immer schwieriger, den Rücken ausreichend zu stabilisieren (Abb. 6).

Abb. 6: Die Last wird nicht nahe genug am Körper angehoben, der Lastarm ist hier ungünstig lang. Dadurch erhöht sich die Belastung für die Wirbelsäule, es gelingt nicht, sie ausreichend in Streckung zu stabilisieren. Außerdem steht der Helfer jetzt aufgrund der langen Hebel unsicherer.