Rundum geborgen - Susanne Mierau - E-Book

Rundum geborgen E-Book

Susanne Mierau

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Beschreibung

Das Geschenkbuch für alle, die Eltern unterstützen

»Wie erkläre ich nur meinen Eltern, meinem Mann und anderen wohlmeinenden Menschen, warum ich mein Baby so ganz anders behandle, als sie selbst es gelernt haben? Wie antworte ich freundlich auf Belehrungen, dass ein Baby nicht ins Bett der Eltern gehört, dass ich nicht bei jedem Weinen springen soll, dass Stillen nach der Uhr am besten funktioniert?«

Die erfolgreiche Autorin und Bloggerin Susanne Mierau kennt solche Fragen nur zu gut. Mit »Rundum geborgen« gibt sie die beste Antwort: Das liebevoll gestaltete und warmherzig geschriebene Geschenkbuch richtet sich direkt an die Angehörigen.

Es liefert die besten Argumente für eine bedürfnisorientierte Erziehung - und kommt dabei ganz ohne erhobenen Zeigefinger aus.

Dieses kleine Buch zum Weiterschenken nimmt Eltern die Erklärungsnot. Es liefert die besten Argumente für eine bedürfnisorientierte Erziehung: wichtige Erkenntnisse der Säuglingsforschung, garniert mit vielen Tipps, wie man die junge Familie unterstützen kann. Denn leckere Stillkekse oder eine geleerte Waschtrommel helfen meist mehr als gut gemeinte Ratschläge.

Eine wunderbare Argumentationshilfe, auf die schon viele warten.

Mit beigelegter Postkarte für ein Dankeschön oder einen Wunsch an die Angehörigen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 130

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Liebe Familie und Freunde,

wir begeben uns auf das Abenteuer Elternschaft und freuen uns über eure Begleitung auf diesem Weg. Manchmal fragt ihr euch sicher, wie ihr uns am besten helfen könnt. Unterstützung, Liebe und Zuneigung sind wunderbare Geschenke auf unserem Weg. Vielleicht wird es Momente geben, in denen ihr euch über unser Verhalten als Eltern wundert oder denkt, »eigenartig, zu meiner Zeit ging man mit Babys ganz anders um«. Dieses Buch kann euch manches davon näherbringen. Zusammen nehmen wir einen neuen Menschen in unsere Gemeinschaft auf, wo er sich rundum geborgen fühlen kann.

Die Autorin

Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin, Familienbegleiterin und Mutter von drei Kindern. Sie schreibt auf ihrem erfolgreichen Blog »Geborgen Wachsen« über bindungsorientierte Elternschaft.

Susanne Mierau

Rundum geborgen

… weil es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind großzuziehen

Kösel

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Copyright ©  2018 Kösel-Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Illustrationen: Umschlag und Innenteil außer der »Tragetuch-Illustration« unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock.com (Boguslaw Mazur; aarrows; NadzeyaShanchuk; majivecka; sripfoto)

Redaktion: Mihrican Özdem, London

E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-22974-0 V002

www.koesel.de

Inhalt

Vorwort

Einleitung: Warum Kinder und Eltern »das Dorf« brauchen

Sich gut verbinden

Die erste Begegnung

Bindung auf zwei Seiten

Kinder brauchen mehrere verlässliche Bindungspersonen

Aber früher …

Konfliktpotenzial Erziehungsmethode

Umdenken ist manchmal schwierig

Elternschaft in Zeiten des Internets

Was Eltern und Kinder wirklich brauchen, ist seit jeher gleich geblieben

Die (werdende) Familie unterstützen

Neue Familiendynamik

Den neuen Platz für sich finden

Schwangerschaftsunterstützung

Auch der andere Elternteil braucht Unterstützung

Auch Erstlingsmütter sind mündig

Keine Konkurrenz

Geburten im Wandel der Zeit

Der Einfluss der Hebamme auf Wohlergehen und Entwicklung

Weitere Geburtsbegleitung

Vorbereitung auf die Geburt

Geburtsgeschichten und Ängste

Blessing Way oder Babyparty?

Letzte Vorbereitungen

Umgang mit dem Geburtstermin

Wenn es losgeht …

Das Wochenbett als Erholungszeit

Tränen nach der Geburt

Wenn das Baby früher kommt

Das Baby hat eine Behinderung

Die Familie kann das Stillen maßgeblich unterstützen

Leben mit Kindern heute

So festigt sich das Band zum »Dorf«

Das Baby hat Vorrang

Die Bedürfnisse des Babys

Verwöhnen

Aber was ist mit Strenge und Grenzen?

Erziehungsmaßnahmen

Auch Rituale geben Halt

Gras wächst nicht schneller, wenn wir daran ziehen

Das große Thema Schlaf

Wenn das Baby viel weint

Eine Verbindung aufbauen durch Nähe

Stoffwindeln statt Plastik, Fingerfood statt Gläschen

Neue alte Ernährungstipps

Wurzeln und Flügel

Ein Wort zum Schluss

Adressen zur Unterstützung

Anmerkungen

Familienleben ist bunt, Familien können heute ganz unterschiedlich aussehen, in verschiedensten Kombinationen. Mit »Familie« ist in diesem Buch die Pluralität all dieser Formen gemeint.

Vorwort

Was hat unsere Kindheit so werden lassen, wie sie war? Warum haben wir sie so gelebt, wie wir sie gelebt haben, und was haben unsere Eltern dazu beigetragen? Jede Kindheit ist geprägt von der Familie, von den Menschen um die Kinder herum – damals wie heute. Was sich heute an Kindheiten aber geändert hat, sind sowohl die Anzahl der Menschen, die Kinder nah begleiten, als auch der grundlegende Blick auf kindliche Entwicklung und Erziehung. Kinder wachsen heute anders auf als noch vor 20 Jahren. Nicht nur in Müttergruppen und im Internet brechen manches Mal Diskussionen um den vermeintlich »richtigen« Weg aus, sondern auch im Freundes- und Familienkreis. Erziehungsstile können so unterschiedlich sein, und heute können wir aus einer großen Anzahl von Möglichkeiten wählen – von autoritär über autoritativ bis Laisser-faire. Schlagworte wie »Unerzogen«, »Attachment Parenting« oder »Beziehung vor Erziehung« bestimmen heute moderne Elternschaft. Für Menschen, die ohne diese Bezeichnungen aufgewachsen sind, können heutige Elternschaft und ihre Ansprüche verwirren oder auch eine Ablehnung hervorrufen – durch die Vehemenz, mit der heute anders »erzogen« wird als früher.

Ob es den einen richtigen Lebensstil gibt? Darüber brauchen wir eigentlich nicht zu streiten, denn diese Frage ist nicht wichtig für Familien heute. Es gibt nicht den einen immer richtigen Weg für alle, denn jeder Weg hat einen anderen Rahmen und andere Grundvoraussetzungen. Die Fragen, die wir uns heute stellen sollten, sind vielmehr: Was brauchen Familien heute? Und welche Art von Erziehung brauchen Kinder heute und für ihre Zukunft? Diese Fragen sind es, denen wir in diesem Buch nachgehen und die hier beantwortet werden.

Es ist schwer andere Wege einzuschlagen als die, die man selbst gegangen ist oder die man einmal erlebt hat. »Ich stamme aus meiner Kindheit. Ich stamme aus meiner Kindheit wie aus einem Land«, sagte der französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry einmal und könnte damit nicht besser umschreiben, wie wir alle von unseren Erfahrungen geprägt sind.

Glücklicherweise müssen wir mit der neuen Generation auch nicht von vorn anfangen, müssen uns nicht verbiegen und unsere Wurzeln verlieren. Wir müssen nur mit offenen Augen und Herzen da sein und mit offenen Armen unsere Hilfe anbieten für einen Weg, den sie gehen. Vielleicht ist er auf den ersten Blick in einigen Punkten anders, als wir ihn gegangen wären, vielleicht zeigen sich auf den zweiten Blick aber auch viele Gemeinsamkeiten. Ganz sicher zeigt sich auf den dritten Blick, dass wir alle einen gemeinsamen Wunsch haben: dass es den heutigen Kindern gut gehen soll.

Einleitung: Warum Kinder und Eltern »das Dorf« brauchen

Wenn ein Kind geboren wird, werden nicht nur Paare zu Eltern. Es werden auch Eltern zu Großeltern, Geschwister zu Onkel und Tante. Freunde erleben einen Wandel der Freundschaft, wenn auf einmal ein neuer kleiner Mensch in diese Beziehung dazukommt. Wenn ein Kind geboren wird, wandelt sich nicht nur das Leben der Eltern, sondern auch das Leben einer ganzen Familie, eines Freundeskreises. Die Geburt eines Kindes hinein in eine Gruppe von Menschen – ob verwandt oder befreundet – verändert die Gruppe und bringt neue Impulse, neue Gefühle und auch neue Herausforderungen mit sich, an denen die Gruppe zusammenwachsen kann.

Nicht umsonst heißt es so oft: »Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf«. Elternschaft heute steht vor großen Herausforderungen, denn der Rahmen für das Familienleben ist oft wenig flexibel gestaltet, und Eltern stehen vor der Aufgabe, den Spagat zwischen Familie, Berufstätigkeit, Haushalt und sonstigem Privatleben meistern zu müssen. Zu dem schon ausgefüllten Alltag vor dem Kind gesellt sich mit einem Kind eine weitere, riesige Aufgabe, die viel Energie, Aufmerksamkeit, Zeit und Gefühle beansprucht. Dies umso mehr, wenn es mehrere Kinder sind oder ein Elternteil allein das Kind umsorgt. Um alles erfolgreich zu bewältigen, brauchen die Eltern Unterstützung. Die Hilfen, die Eltern von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt bekommen, sind jedoch oft nicht ausreichend für die großen Anforderungen, die nun vor ihnen liegen. Vor allem aber brauchen sie nicht ausschließlich (finanzielle) Leistungen, sondern vielfach auch emotionale und persönliche Unterstützung: ein liebes Wort, ein verstehendes Nicken, eine Hand, die hier und da mit anpackt, und ein offenes Ohr, das zuhört. Eltern brauchen Verständnis und Anteilnahme und das Gefühl, mit ihren Kindern den richtigen Weg zu gehen.

»Ein ganzes Dorf« brauchen nicht nur die Eltern, sondern auch das Kind, denn auch für den neuen kleinen Menschen ist es von Vorteil, tiefe und liebevolle Beziehungen zu weiteren Menschen jenseits der Eltern zu haben. Eine gute Bindung zu anderen und die Möglichkeit, auch von und mit anderen Menschen etwas über dieses Leben zu lernen, ist eine große Bereicherung für ein Kind.

Der Weg, ein Kind aufwachsen zu lassen, ist heute oft anders als noch vor vielen Jahren, und das moderne Erziehungsverhalten steht nicht selten im Gegensatz zu dem früherer Generationen. Es wird von »bindungsorientierter Elternschaft« gesprochen, denn die heutigen Ansichten von jungen Familien beruhen auf den Erkenntnissen der Bindungstheorie: Sie besagt, dass es für Kinder wichtig ist, eine sichere Bindung zu ihren Bezugspersonen aufzubauen, weil sich eine sichere Bindung langfristig gut auswirkt auf die Gesundheit, die Freundschaften, den Erfolg in der Schule und in Bezug auf die Lebenszufriedenheit. Dabei sollte das Kind nicht nur eine sichere Bindung zu den Eltern entwickeln, sondern nach Möglichkeit zu allen nahestehenden Menschen. Wie das befördert wird und wie dabei gleichzeitig Eltern optimal unterstützt werden können, erfahren Sie in diesem Buch.

Es braucht ein Dorf …

Wenn wir von dem Dorf sprechen, das wir brauchen, um ein Kind aufzuziehen, haben wir oft eine etwas romantisch verklärte Vorstellung davon, wie Kinder früher aufwuchsen oder heute in nicht industriellen Ländern aufwachsen. Wie David Lancy, Professor für Anthropologie, in seinem Buch »The Anthropolgy of Childhood« beschreibt, ist es nicht so, dass Familie und Nachbarn unglaublich begierig darauf wären, sich um ein weiteres Kind zu kümmern. Es sei vielmehr so: Wer auch immer von anderen wichtigen Aufgaben leichter entbunden werden kann, kümmert sich um das Kind, das von sich aus mit seinen Signalen und seinem Aussehen die Bezugspersonen in den Bann zieht, damit sich diese um das Baby kümmern.1

Wie genau sich Familie und Nachbarn einbringen, kann kulturell unterschiedlich sein: vom Stillen durch andere Frauen von Anfang an bis hin zum Tragen des Babys oder dem Zurückziehen in das Haus der Großeltern, bis das Kind das Kleinkindalter erreicht hat. Jede Gesellschaft hat ihre eigenen Rituale entwickelt, um Babys und Kinder zu begleiten und die Last (insbesondere) von den Müttern zu nehmen.

Eine Analyse unterschiedlicher Kulturen zeigt deutlich, dass es untypisch für unsere Art ist, dass Mütter sich allein um ihre Kinder kümmern. Aus verschiedenen Gründen hat sich dies bei uns so ergeben, doch die Folgen dieser untypischen Behandlungsweise von Eltern sehen wir in Hinblick auf das Stresslevel von Eltern, und dies wiederum schlägt sich im Erziehungsverhalten nieder. Eltern brauchen auch hier das tatkräftig anpackende »Dorf«. Aufgrund unseres gesellschaftlichen Schwerpunkts auf Zufriedenheit und Wohlgefühl brauchen wir aber nicht nur helfende Hände, sondern auch das Gefühl, sinnhaft und gut zu agieren, und damit liebe Worte von anderen. Unser Dorf muss nicht nur das Baby halten, sondern auch emotionale Stütze bieten.

Sich gut verbinden

Die erste Begegnung

Wenn man das erste Mal das Kind eines nahestehenden Menschen in den Armen hält, ist das ein besonderer Moment. Wir betrachten das kleine Kind, fühlen die weiche Haut, sind erstaunt darüber, wie winzig dieses Baby ist, und suchen das Gesicht nach Ähnlichkeiten mit den uns bekannten Personen ab. Wir sprechen mit ruhiger, sanfter Stimme, streicheln über die Haut und versinken im Anblick. Wer selbst schon einmal Mutter oder Vater geworden ist, erinnert sich daran, wie es war, das erste Mal das eigene Kind zu halten. Da ist dieser kleine Mensch, der uns mit offenen Augen ansieht, unser Gesicht mit den Augen abtastet und – wie es scheint – tief in uns hineinblickt. Dies ist der erste Moment, in dem wir eine gegenseitige Verbindung aufbauen. Der erste Moment, an dem sich der feine Faden zu entwickeln beginnt, der unsichtbar zwischen uns und diesem Kind verläuft. Über die nächsten Jahre hinweg wird er fester, ist sicherlich manches Mal auch angespannt und dann wieder leichter.

Bindung können wir uns vorstellen wie ein Band, das zwischen Menschen verläuft. Jedes Band ist individuell, nicht austauschbar, und zusammen ergeben die vielen Bänder, die zu einer Person gesponnen werden, einen Teppich, der den Menschen trägt, wärmt und schützt – solange wir gemeinsam dafür sorgen, dass diese Bänder qualitativ hochwertig sind. Dies erreichen wir, indem wir das Kind mit dem umsorgen, was es am Anfang des Lebens am meisten braucht: liebevolle, prompte Zuwendung und Erfüllung der Bedürfnisse.

Bindung auf zwei Seiten

Das Band der Bindung hat dabei zwei Enden und verläuft in beide Richtungen: vom Baby zum Erwachsenen und vom Erwachsenen zum Baby. Obwohl wir in beiden Fällen von »Bindung« sprechen, gibt es in den Grundlagen für diese Beziehung wichtige Unterschiede: Das Baby bindet sich an den Erwachsenen, weil es diesen zum Überleben braucht, da es sich nicht selbst mit den Grundbedürfnissen nach Schutz, Nahrung, Pflege und (körperlicher) Zuwendung versorgen kann. Ein »Sicherheitssystem« nennt der Psychotherapeut und Bindungsforscher Karl Heinz Brisch die Eltern-Kind-Bindung deswegen.2 Babys bevorzugen dabei zwar die Person, deren Eigenschaften sie bereits aus dem Leben im Mutterleib kennen und die sie nach der Geburt erkennen, wie die Stimme der Mutter und ihren Geruch, aber sie können sich in den ersten Monaten auch auf eine andere Person einstellen, die ihre Bedürfnisse erfüllt. Hauptbindungsperson wird, wer Bedürfnisse am sichersten und verlässlichsten erfüllt – unabhängig von Geschlecht, Alter oder Verwandtschaft. Dies ist für Kinder eine sehr gute und sinnvolle Strategie und gibt Eltern eine Erleichterung mit auf den Weg, denn auch wenn der Start manchmal schwierig verläuft oder Mütter nicht von Anfang an als Bindungsperson zur Verfügung stehen, kann dies durch andere Menschen aufgefangen werden. Unsere Babys entlasten uns also bei Bedarf, indem sie sich durch die Gemeinschaft versorgen lassen. Gleichzeitig ändert das Umsorgen durch andere nichts an der Verlässlichkeit einer bestehenden Bindung. Eltern brauchen sich also nicht zu sorgen, dass das Kind auf einmal eine andere Person mehr liebt, nur weil diese auch liebevoll mit dem Kind umgeht und dieses eine Beziehung aufbaut. Im Gegensatz zu nicht menschlichen Primatenmüttern haben wir Menschen die besondere Fähigkeit entwickelt, dass andere Menschen sich unseren Babys nähern und sie halten dürfen3 – so können sie ihren Bedürfnissen entsprechend gut und umfassend versorgt und nie allein gelassen werden, während Eltern gleichzeitig die Chance haben, unterstützt zu werden und nicht allein für alles sorgen zu müssen.

Jede Beziehung ist einmalig, und das Kind hat die Möglichkeit, viele gute und starke Bänder zu anderen Menschen aufzubauen. Menscheneltern sind darauf bedacht, ihren wenigen und mit hoher Energie zur Welt gebrachten Kindern einen guten Start ins Leben zu geben und das Überleben zu sichern, dafür ist oft auch eine Unterstützung durch andere notwendig. Sarah Blaffer-Hrdy, Professorin für Anthropologie, beschreibt dies mit den Worten: »Wo immer sich auf der Welt traditionelle Lebensformen erhalten haben – das heißt in Gemeinschaften, wo Mütter noch nicht begonnen haben, in abgeschotteten Kleinfamilien zu leben, und sich noch keine Sorgen über mögliche Ansteckungsgefahren für ihre Babys machen –, ist gemeinsame Kinderfürsorge durch Mitglieder der Gruppe die Regel.«4

Wenn wir – als Großeltern, Angehörige und Freunde – Eltern in ihrem Alltag und ihren Aufgaben unterstützen und sie sich deswegen besser um ihre Kinder kümmern können, unterstützen wir indirekt die Bindungsentwicklung zwischen Eltern und Kind positiv und damit die kindliche Entwicklung. Stress wirkt sich negativ auf das Erziehungsverhalten aus und dies kann langfristig die Bindung negativ beeinflussen. Entlastung, beispielsweise durch Abgabe von Haushaltsarbeiten an den Partner oder andere Personen, führt zu einem stärkeren Wohlbefinden der Mutter5 und kann sich somit positiv auf die Erziehung und das bindungsfördernde Verhalten der Eltern gegenüber dem Kind auswirken. Aber nicht nur Eltern können Bindungsbeziehungen zu ihren Kindern aufbauen, sondern auch Geschwister, Familienangehörige und Freunde. Nicht zuletzt aus der Forschung zu Beziehungen in Adoptionsfamilien ist heute gewiss, dass eine sichere Bindung auch da entstehen kann, wo Eltern mit dem Nachwuchs nicht verwandt sind. Die Bindung des erwachsenen Menschen zum Baby ist ein sozialer Entwicklungsprozess, der auch durch die Rahmenbedingungen der Gesellschaft beeinflusst wird.6 Der Rahmen, den wir um eine Familie herstellen, beeinflusst in großem Maße, wie es dieser Familie geht, wie Bindung entsteht und wie das Kind in die Gesellschaft hineinwachsen kann.

Kinder brauchen mehrere verlässliche Bindungspersonen