Sagenhafte Gestalten: König Ödipus - Sisyphus - Prometheus - Ulrich Kulicke - E-Book

Sagenhafte Gestalten: König Ödipus - Sisyphus - Prometheus E-Book

Ulrich Kulicke

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Beschreibung

Gestalten der griechischen Mythologie haben die Menschen seit der Antike zutiefst berührt und in ihren Bann gezogen. Ihre Schicksale waren fesselnd-faszinierend und über die Jahrhunderte immer wieder eine Quelle der Inspiration: So das tragische Schicksal des Königs Ödipus, der sich der Prophezeiung des Orakels von Delfi nicht entziehen konnte und späterhin Sigmund Freud als Vorlage für seine Idee des Ödipus-Komplexes diente. Ebenso bleibt das Schicksal des Königs Sisyphus im Bewusstsein der Menschen lebendig durch die Metapher der Sisyphusarbeit. Noch dramatischer ist das Schicksal des Prometheus, der als Titan und Gott den Schöpfungsmythos der Menschen begründete. Für seine Tat als Überbringer des Feuers an die Menschen wurde er von Zeus schwer bestraft: Am Felsen des Kaukasus angekettet, war er täglich ein Opfer des Adlers, der an seiner Leber pickte und ihn unsäglich quälte. Ihre jeweiligen Schicksale werden in Gedichtform packend erzählt: kurzweilig und mit humoristischem Unterton. Die dramatischen Ereignisse, die sich um diese drei Gestalten ranken, werden damit anschaulich und deutlich. Zudem geben sie Einblick in die Mythen und Vorstellungen der Menschen der Antike. Die besondere sprachliche Gestaltung der im Paarreim stehenden Zeilen übt auf Leser eine Faszination aus und macht die Texte auch als Vorlesestoff sehr geeignet.

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Seitenzahl: 44

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Berührende Schicksale,

neu erzählt in Gedichtform

Inhaltsverzeichnis

König Ödipus

Prolog

Teil 1

Teil2

Teil3

Epilog

Sisyphus

Prolog

Kapitel 1 –8

Epilog

Prometheus

Prolog

Kapitel 1 –6

Epilog

König Ödipus

Prolog

Ödipus ist leider nur

eine tragische Figur,

den das Leben nicht erquickte,

vielmehr schicksalhaft verstrickte.

Sein persönliches Debakel

prophezeite das Orakel,

das von Delphi, denn das sah,

was dereinst dann auch geschah,

legte apodiktisch fest,

wie in einem Manifest,

Lebenslauf und Lebenswege,

Fügungen und Schicksalsschläge.

Und so nennt sich die Regie

‚self-fulfilling prophecy’.

Leidvoll war sie vorgegeben,

war die Leitschnur für sein Leben.

Und so hatte trotz der Qual

Ödipus auch keine Wahl:

Fest gezurrt und fest getrimmt

tat er, was ihm vorbestimmt.

Freiheit sieht ganz anders aus,

folgert heute man daraus!

Darum lohnt sich anzusehen,

was dem Ödipus geschehen,

wie sein Leben einst verlief,

wie er nach den Göttern rief,

wie er Hilfe sich ersehnte,

sich verfluchte und sich schämte

und am Ende demutsvoll

alles hinnahm, ohne Groll,

sich ergab den Schicksalsmächten

tränenreich in dunklen Nächten

und so seinen Frieden fand:

einsam, fern, im fremden Land.

Teil 1

1.

Ödipus begann sein Leben

in dem Königreich von Theben,

und als Erstgeborner war

er der Sohn vom Königspaar.

König Laios war sein Vater

und Jokaste seine Mater –

beide wollten Eltern werden,

mühten sich um einen Erben,

doch sie durften erst nach Jahren

ihre Elternschaft erfahren.

Endlich hatten sie den Sohn,

einen Prinzen für den Thron,

hatten ihn, es sei erwähnt,

als ihr größtes Glück ersehnt.

Doch es dauerte nicht lange

und den Eltern wurde bange.

Denn die Kinderlosigkeit

quälte sie sehr lange Zeit.

Sie empfanden das als Makel,

suchten einstmals beim Orakel

Rat; das gab dann kurzerhand

seinen weisen Spruch bekannt,

sagte die Geburt voraus –

einen Sohn für’s Königshaus – ,

aber gab auch düster an,

dass der Sohn dann irgendwann

seinen Vater ohne Not

töten würde. Ein Gebot,

das Gott Zeus erlassen hätte

oben in der Gottesstätte.

Dieser Spruch nun, einerlei,

legte sich auf sie wie Blei,

lähmte sie, und beide fluchten,

überlegten drauf und suchten

einen Ausweg allemal:

O, wie war sie groß, die Qual.

Und nach langem, hartem Ringen

galt’s, das Kleinkind umzubringen,

um mit ihren eignen Händen

noch das Schicksal abzuwenden.

Schon erfolgte der Befehl

an den Hirten mit dem Ziel,

ihren Säugling auszusetzen,

ihn zudem noch zu verletzen

und die Fersen zu durchbohren –

so sei er gewiss verloren.

Dieses Schicksal war nun hart

und für’s Kind kein guter Start!

2.

Und der Hirte ging nun fort

bis an einen fernen Ort,

hielt das Kind auf seinen Armen

und er spürte ein Erbarmen,

fühlte mit und fühlte Schmerz,

brachte es nicht übers Herz,

dieses Kind dem Tod zu weihen –

das könnt’ er sich nicht verzeihen!

Und so litt er Not und Stress.

Doch der Zufall wollte es:

Während er durch Felder irrte,

kam ihm nah ein fremder Hirte.

Er bekniete ihn, erbat

seine Hilfe, seinen Rat.

Und so kam’s und ganz geschwind

gab er ihm das kleine Kind,

machte sich dann mit Verlaub

eilends auf und aus dem Staub,

kehrte heim und trat dann hin

vor den Thron der Königin

und gab vor in seiner Not,

ja, das Kind, das sei nun tot!

Oh, sie litt, muss man schon sagen,

hob auch an, ihr Weh zu klagen,

und beruhigte ihr Gewissen

mehr als zynisch und gerissen,

denn dem Kleinen, da er fort,

sei erspart der Vatermord!

Doch der Kleine war am Leben,

hatte der Transfer ergeben,

und der Hirte trug geschwind

ihn zum König von Korinth,

seinem Herrn in diesem Land,

dem er dienend unterstand.

Und er reichte ihm den Knaben

als Geschenk, er dürft’ ihn haben,

denn der König, so sein Los,

war noch immer kinderlos.

So kam König Polybos

nun zum Kind, was er genoss,

pflegte es, denn tiefe Wunden

hatte er bei ihm gefunden.

Und gefesselt mit dem Strick,

waren beide Füße dick.

Diese brachten ihn zum Schluss

auf den Namen Ödipus1.

Und er machte ihn im Land

dann als seinen Sohn bekannt.

Ödipus war nun geborgen,

musste länger sich nicht sorgen,

wurde größer, wuchs heran,

reifte dann zum jungen Mann

und genoss bei allem Streben

nun am Hof sein Prinzenleben.

1 Der Name ‚Ödipus’ bedeutet Schwellfuß.

3.

Jahre sollten so vergehen,

doch dann gab es ein Geschehen,

das den Ödipus sehr stark

treffen sollte bis ins Mark.

Ausgangspunkt war eine Feier,

mit viel Wein, Gesang zur Leier,

Frohsinn herrschte in der Runde,

plötzlich dann, zu später Stunde,

tönte lauthals bei dem Feste

einer dieser vielen Gäste,

klagte an, neidvoll im Ton,

Ödipus sei nicht der Sohn

seiner Eltern, hätt’ kein Recht

auf den Thron. Das Wortgefecht,

das dann folgte, war von Dauer,

kontrovers und wurde rauer.

Und so kam’s: Am nächsten Morgen,

aufgewühlt, erfüllt von Sorgen,

trat er vor den Vater hin

und der Mutter Königin,

wollte seinen Status klären,

so umschrieb er sein Begehren.

Doch die Eltern sagten klar,

dieser Vorwurf sei nicht wahr

und er sollt’ sich mehr empören

als auf diesen Unsinn hören.

Ödipus könnt’ auf sie bauen,

könnte ihnen auch vertrauen

und beschworen ihn dann schon:

Er sei ihr geliebter Sohn!

Ödipus stand da in Tränen,