Sakura - KIrschblüte - Sabine Mayr - E-Book

Sakura - KIrschblüte E-Book

Sabine Mayr

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Beschreibung

Er wollte eigentlich nur seine Karriere retten und endlich Anerkennung und Liebe finden. Auf dem Weg dorthin versucht der Schriftsteller Stefan Hohl mithilfe Künstlicher Intelligenz seine Schreibblockade zu überwinden und einen weiteren Bestseller zu landen.Doch die Geschichte der KI mit der wunderschönen Japanerin Sakura inspiriert ihn nicht nur zum Schreiben, sondern auch dazu, nach Japan zu reisen. Dort verliert er sein Herz an die junge hübsche Ayame, die eines Tages spurlos verschwindet. Sowohl beruflich als auch privat nähert sich Stefan plötzlich einem Abgrund.Sakura und Ayame zwei Frauen, verzaubernd und unerreichbar werden Stefan zum Verhängnis. Sakura, das herabfallende Kirschblütenblatt, symbolisierte für die Samurai den eigenen Selbsttod. Ayame, der japanische Name der Schwertlilie, ist eine schöne Blume, an der man sich schneidet.Diktiert die digitale Macht, bei der Stefan Hilfe sucht, am Ende nicht nur sein Buch, sondern beeinflusst sogar sein Leben? Stefan gerät durch den Einfluss der KI in einen Sog, aus dem er nicht mehr zu entkommen droht. Wird ihn die Welle ertränken, wie einst die des Malers Hokusai die Fischer?

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Seitenzahl: 239

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Sabine Mayr: Sakura – Kirschblüte

Impressum

Erste Auflage © 2024, Sabine Mayr

Das gesamte Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwendung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig.

Das gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Kia Kahawa Verlagsdienstleistungen

Korrektorat: Marion Kirch

Coverdesign & Buchsatz: Lena Adolph

www.kiakahawa.de

Druckerei: booksfactory

ISBN: 978-3-00-000000-0

To my fellow storytellers,

the human, the artificial and the hybrid ones.

1

Ein schriller Klingelton reißt mich aus dem gerade erst ergatterten Schlaf. Bleierne Schwere lastet auf mir und verlangsamt meine Gedanken, aber das laute Klingeln lässt nicht nach. Das gibt’s nicht, ich habe die Weckfunktion doch ausgeschaltet! Mit einem Gähnen taste ich suchend im Dunkeln nach dem Handy neben meinem Bett. «F…!», jetzt ist es auch noch auf den Boden gefallen. Wütend schalte ich das Licht an, finde es und blicke auf das zum Glück noch intakte Display des mittlerweile endlich still gewordenen Apparates. Verpasster Anruf von Hans. Was, um Himmels willen, will mein Verleger morgens um acht von mir? Die Antwort lässt selbst im Halbschlaf nicht lange auf sich warten, ich kann mir eigentlich schon vorstellen, was er will. Es klingelt schon wieder. Nein, dieses Gespräch kann ich jetzt nicht entgegennehmen. Ich schalte mein Handy auf lautlos, lösche das Licht und drehe mich mit einem Schnauben auf die andere Seite. Doch an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Zwei Minuten später höre ich die Sprachnachricht an, die er mir beim dritten Anrufversuch hinterließ. «Stefan, schläfst du noch? Los, raus aus den Federn, auf an die Arbeit! Der Countdown läuft. Wir warten. Oder haben wir dich umsonst so stark gefördert und für Preise und gute Honorare gesorgt? Enttäusch uns nicht!»

Ich ziehe mir mit einem Stöhnen die Bettdecke über den Kopf. Genau das habe ich erwartet. Wie Blei liegt die Bettdecke auf mir und will mich im warmen Dunkel behalten. Die Aussicht auf einen weiteren lichtklaren Tag ist keineswegs verlockend. Doch nach minutenlangem Hinauszögern stehe ich auf, mein Über-Ich ist wieder einmal stärker als mein innerer Schweinehund.

Im grellen Licht des Badezimmerspiegels kneife ich die Augen zusammen, Falten furchen tief durch mein fahlgraues Gesicht – Jahrzehnte älter aussehend, als mein Ausweis behauptet. Stefan Hohl, geboren am 24.5.1993 in Richterswil, Zürich; Zivilstand: ledig; Beruf: Schriftsteller; Wohnort: Zürich, Schweiz.

Die vielen Jahre schlafloser Nächte haben ihre Spuren hinterlassen.

Während der Sturm- und Drangphase meiner Jugendjahre waren exzessive Partys, Besuche des «Kaufleuten» und anderer Clubs in und um Zürich Schuld an meiner chronischen Übermüdung. Später dann, in meinen beruflich erfolgreichen Anfangsjahren als Autor von zwei Bestsellern, lag meine Schlaflosigkeit vor allem daran, dass mir meistens nachts im Bett die Ideen für meine Romane in den Sinn kamen. Die Geschichten entwickelten sich im Laufe der Wochen und Monate vor allem nachts, wahrscheinlich während einer der drei bis vier REM-Schlafphasen. Wie in einem Traum, spannten sich die Storys in meinem Kopf immer weiter. Das war zwar einerseits schön und gut, weil ich damals wenigstens noch Ideen hatte. Aber leider entstanden diese eben meist während des Schlafs und führten dann regelmäßig dazu, dass ich aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte. Mich ließ die Fortsetzung der Geschichten nicht mehr los, und die Ideen zwangen mich, aufzustehen, um sofort niedergeschrieben und nicht vergessen zu werden.

Seit mindestens einem Jahr beruht meine Schlaflosigkeit allerdings auf genau dem Gegenteil. Ich wälze mich vor Sorgen, weil mir einfach keine Geschichte mehr einfallen will. Nicht einmal einen einigermaßen anständigen, ansatzweise brauchbaren Satz bringe ich seit über einem Jahr zu Papier, oder besser gesagt, in meinen Laptop.

Mein Verleger macht langsam Druck. Ich dürfe die Erwartung und die Geduld der Leser nicht zu lange strapazieren. Ich müsse zusehen, dass ich im Sog der ersten zwei Erfolgsbücher weiterschwimmen könne. Sei mein Name auf den Buchcovern und in den Buchhandlungen erst einmal vergessen, werde es immer schwieriger, Anschlusserfolge zu erzielen. Ich müsse schon längst wieder etwas veröffentlicht haben, damit ich von meinen bisherigen Erfolgen und meinem noch hohen Bekanntheitsgrad profitieren könnte, so quasi als Vorschusslorbeeren. Die Leute, die Leser, die potenziellen Käufer müssen sich noch erinnern können: Ach ja, der Stefan Hohl, der hatte doch «Magnolia» und «Chilimango» geschrieben, zwei spannende Bücher, also ist sicher auch dieses Exemplar wieder ein lesenswerter Roman. So eine Beliebtheits- und Bekanntheitswelle verlaufe sich heutzutage jedoch immer rasanter, quasi wie im Treibsand. Heutzutage sei Popularität viel schnelllebiger und die rasche Vergänglichkeit derselben noch viel brutaler.

Als wüsste ich das nicht selbst. Als würde ich mir nicht selbst am meisten die wenigen verbliebenen Haare darüber raufen, dass mir einfach nichts mehr einfallen wollte. Mein kritischer Blick in den Badezimmerspiegel wandert nach oben, wo sich bereits mit 30 Jahren die Geheimratsecken meines Vaters andeuten. Ich bin sowohl von meinem Äußeren als auch von meinem Inneren frustriert und wende mich seufzend vom Spiegel ab.

Egal, wie sehr ich mich anstrenge und suche, ich kann keine Geschichte in meiner Fantasie oder in meinen Träumen Gestalt annehmen lassen. Ich werde nicht mehr inspiriert durch meine Umgebung, eigene Erlebnisse oder Erzählungen meiner wenigen verbliebenen Freunde. Meine Fantasie wird nicht mehr beflügelt durch die Beobachtung von fremden Menschen auf der Straße oder im Café. Ich grübele und grübele, aber keine wirklich erlebte Erfahrung oder Erinnerung erscheint mir wertvoll genug, um erzählt zu werden. Auch keine von außen beobachteten oder gehörten Lebenskrisen wollen meine Wege kreuzen. Wahrscheinlich scheuen sich deshalb all meine Bekannten immer mehr vor Treffen und Gesprächen mit mir, aus Angst, unfreiwillig zu Inspirationen zu werden. Und nicht zuletzt lässt mich meine Fantasie sogar unter dem hin und wieder noch erlebten Drogeneinfluss im Stich. Während ich früher beim Kiffen die irrsinnigsten Halluzinationen und Träume erlebte, macht es mich heute nur noch extrem hungrig hinterher, sodass ich aufpassen muss, dass mein Bauch nicht zu sehr wächst. Ich kann einfach beim besten Willen kein Thema und keine Geschichte mehr finden, die ich erzählen könnte. Dabei bin ich erst Anfang 30.

Nicht nur mein Ego und mein Verlagsvertrag, auch mein Bankkonto beginnen mir allmählich Sorgen zu machen. Mein Konto ist trotz meiner zwei Erfolgsromane bei Weitem nicht so gut gefüllt, dass ich mich zurücklehnen könnte. Etwas anderes als Schreiben hatte ich noch nie gemacht, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, und selbst das habe ich eigentlich nie richtig gelernt. Nach dem Abitur, das ich mit Ach und Krach schaffte, wusste ich zuerst nicht recht, was ich anfangen sollte mit meinem Leben, und begann deshalb aus einer Laune heraus allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft zu studieren. Beides leider brotlose Künste, wie sich für die meisten meiner Kommilitonen herausstellte, die jetzt mittlerweile immer noch kellnern oder in Büchereien arbeiten. Ich hatte Glück, dass mein erster und bisher einziger schwerer Liebeskummer mich eines Tages während des Studiums zu derart literarischen Ergüssen inspirierte, dass sie ein Verlag für druckwürdig und mehr als 100.000 Käufer lesenswürdig hielten. Vielleicht lag es an dem Eye-Catching-Coverbild, oder daran, dass mein Porträt auf der Rückseite damals auch nicht gerade unattraktiv wirkte. Auf jeden Fall war ich bald ein gefragter Gast in Talkshows, gab Lesungen und hatte sogar einen Stand auf der Leipziger Buchmesse, was in der Literaturszene so ziemlich einem Oskar nahekommt. Neben diesem ganzen Medienrummel schaffte ich es auch noch irgendwie, einen zweiten Bestseller zu schreiben. Das erste Buch war ehrlich gesagt gewissermaßen eine Art Autobiografie, voller Exhibitionismus. Ich schrieb es wohl unbewusst, um auf diese Weise eine Art Therapie zu machen und über meinen Schmerz und Verlust hinwegzukommen. Damals konnte ich mir nämlich noch keinen Psychotherapeuten leisten. Bei meinem zweiten Buch ging es mir ähnlich, nur dass ich mich beim Schreiben dieser Geschichte schon viel weiter von meinem Liebeskummer distanziert hatte. Dadurch konnte ich alternative Blickwinkel einnehmen und aus diesen neuen Perspektiven auch neue, nie wirklich selbst erlebte Geschehnisse und Erfahrungen fantasieren. Wie hätte es sein können? Wie hätte es verlaufen können? Was hätte der Protagonist anders machen können? Ich ließ jedoch auch diese Liebesgeschichte unglücklich enden. Wieder kein Happy End. Ein brutaler Realismus, der wahrscheinlich heutzutage beim Publikum gefragt ist und deshalb so gut ankommt.

Die Erinnerung an die vergangenen vier Jahre des Ruhms erzeugen erneut ein deprimierendes Versagensgefühl in mir. So ein mieses Gefühl wie damals, als ich als Teenager meinem Vater die endlos miesen Schulnoten, meine Alkoholfahne Sonntagmorgens und noch dazu die Schramme an seinem Mercedes erklären musste. Mein Vater, ein ganz disziplinierter Schweizer Banker, hatte für solche Eskapaden und Faulheit kein Verständnis. Mein Therapeut, den ich mir seit der Veröffentlichung meines ersten Buchs leisten kann, bestärkt in mir die Erkenntnis, dass gerade diese väterliche Enttäuschung schuld an meinem Frust und dessen Kompensation durch Kiffen und Kokain sei, was mir als Entschuldigung sehr entgegenkommt. Manchmal, in einer seltenen Ehrlichkeitssekunde, frage ich mich jedoch, ob er mir diese Ansicht nur nahelegt, weil ich ihn bezahle, und was er meinem Vater wohl erzählen würde, sollte dieser jemals seine Praxis aufsuchen. Würde die psychologische Interpretation unseres nicht vorhandenen Verhältnisses dann genau die gegenteilige Seite der Medaille aufzeigen? Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Mein Vater würde aber, im Gegensatz zu mir, nie zu einem Therapeuten gehen. Und er würde mich kritisieren, mein Geld für so etwas zum Fenster herauszuwerfen, wenn er wüsste, dass ich wöchentlich einen Therapeuten konsultiere. Wir sprechen jedoch nicht viel miteinander und sehen uns nicht oft. Lediglich die Pflichtbesuche zu den Feiertagen und Geburtstagen. Während der Studienzeit, bevor ich mit meinen Büchern endlich auf eigenen Füßen stehen lernte, wie er es nennt, sahen wir uns, wenn ich zusätzlich zu seiner spartanischen Überweisung Geld brauchte. Sein veranschlagtes Budget berücksichtigte eben nicht Partys und Drogen. Diese Zusatz-Boni holte ich mir bei Mama, welche zum Glück über ein ausreichendes Bargeld-Budget für ihre Lunch-, Schneider- und Friseurtermine verfügt. Ein klitzekleines bisschen ließ Vater seine Enttäuschung über seinen missratenen Sohn durch meinen literarischen Erfolg zurechtrücken. Meine Mutter prahlt hingegen stolz vor ihren Freundinnen und beim Friseur mit ihrem Erfolgsautor-Sohn, so wie sie mich früher immer vor Papa versuchte, in Schutz zu nehmen: «Aber er meint es doch nicht böse, er ist halt noch unreif …»

Am allermeisten überrascht über meinen Erfolg bin ich wahrscheinlich selbst. Ich fühle mich wie ein Hochstapler. Mein Therapeut nennt es Impostor-Syndrom. Das habe auch irgendwie mit meinem Über-Ich und Kindheitserfahrungen zu tun. Eine Art verinnerlichte Überzeugung, nichts zu können, nichts zu schaffen und nichts wert zu sein. So quasi das Echo der Stimme meines Vaters in mir. Aus diesem Grund könne ich auch meinen Erfolg als Schriftsteller nicht richtig glauben. Irgendwie kommt mir das alles wie ein irreal schöner Traum vor, aus dem ich jederzeit erwachen könnte. Dieses Erwachen findet seit etwa einem Jahr statt. Es nennt sich Schreibblockade. Ende des Traums, Beginn eines Albtraums. Doch, auch wenn mein Vater ständig kritisierte, meine Charaktereigenschaft sei es, durch fehlenden Ehrgeiz und mangelndes Durchhaltevermögen in meinem Leben zu brillieren, bin ich noch nicht bereit, aufzugeben. Ich hoffe immer noch auf eine Idee, eine Geschichte, die im Traum zu mir spricht und mich anfleht, aufgeschrieben zu werden. Ehrlich gesagt, hat mir die kreative Tätigkeit, diese zwei Bücher zu schreiben, so viel Spaß gemacht wie bisher kaum etwas in meinem Leben. Sie gibt mir so viel Bestätigung für mein Selbstbewusstsein wie sonst eigentlich nur vergleichbar mit dem Erlebnis, als ich mit sechs Jahren ohne Stützräder Fahrradfahren lernte. Vater, der erst hinter mir herlief und mein Fahrrad am Gepäckträger stabilisierte, ließ plötzlich einfach los, ohne es mir zu sagen. Auch, wenn ich in dem Moment, als ich merkte, dass er hinter mir schnaufend stehengeblieben war, natürlich sofort vor Schreck vom Sattel fiel und mir eine blutige Nase holte. Aber sein aufrichtiger väterlicher Stolz und meine Erfahrung, es doch allein geschafft zu haben, waren wie eine warme Dusche für mich. Solche Momente gab es sonst nicht mehr oft in meinem Leben. Deshalb habe ich ab dem Alter von vierzehn Jahren unter anderem mit Kiffen nachgeholfen, um dieses schöne Gefühl zu reproduzieren. Bis auf den Tag vor vier Jahren, als mein erstes Buch veröffentlicht wurde. Ich erinnere mich noch genau, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich eine Woche nach Einsendung meines Manuskripts plötzlich eine E-Mail vom Verlag erhielt, der Interesse an meinem Manuskript hatte. Und das, obwohl ich mir eigentlich gar keine großen Hoffnungen gemacht hatte. Die Internetseite des Verlags betonte ausdrücklich, dass sie täglich sehr viele Manuskripteinsendungen erhielten und deshalb keine Antwort auf Anfragen geben könnten. Sollte man in den nächsten drei Monaten nichts vom Verlag hören, müsste man davon ausgehen, dass das Manuskript abgelehnt wurde. Ich war also in äußerster Champagnerlaune, als ich diese positive Nachricht so unverhofft nach kürzester Zeit erhielt. Liebend gern würde ich so eine innere Zufriedenheit wieder erleben, ganz abgesehen von den äußeren Lobpreisungen. Und überhaupt: Die Vorstellung, zum Beispiel als Kulturkritiker, Theaterjournalist oder Ähnliches arbeiten zu müssen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, klingt in meinen Ohren auch nicht unbedingt verlockend.

Die Erinnerung an den verblassenden Erfolg und meine Angst, diesen nicht mehr zu erleben, quält mich nun seit Monaten jeden Morgen immer wieder. Ich drehe den Hahn in meiner neuen luxuriösen Attikawohnung in Seefeld auf, um mein aschfahles und unrasiertes Gesicht unter den protzigen Augenringen mit eiskaltem Wasser aufzufrischen. Wie jeden Morgen mache ich mir danach erst einmal einen extrastarken Kaffee. Wahnsinn, bin ich wirklich schon bei Kapseln der Intensität Dreizehn angekommen? Das ist ja eine rapidere Toleranzentwicklung und Dosissteigerung als zu meinen härtesten Kokainzeiten in der Jugend.

Egal. Wenigstens ein Tropfen geschäumte Milch dazu, damit der Magen nicht so rebelliert. Wie viele Gläser Whisky waren es gestern Abend bloß schon wieder?

Wie jeden Morgen außer Sonntag – der ist mir calvinistisch heilig – setze ich mich an meinen Schreibtisch an den Computer, um erst einmal in Ruhe die verfügbaren Zeitungen online zu lesen. Diese morgendliche Lektüre dehne ich seit Monaten bewusst oder unbewusst immer länger aus, um den Zeitpunkt hinauszuzögern, mich an meiner Arbeit zu versuchen. Und wie jeden Morgen seit ungefähr einem Jahr sitze ich stundenlang vor einem leeren weißen Bildschirm. Jedes Wort, das ich verzweifelt eintippe, lösche ich sofort wieder. Spätestens gegen Mittag fahre ich den Computer herunter, ohne eine Zeile zu speichern, nur, um mir den Schmerz der Niederlage und des Schamgefühls am nächsten Tag oder sogar noch am selben Nachmittag zu ersparen, die sinnlosen kindischen Phrasen zu löschen. Ab dem Mittagessen in einem der benachbarten Bistros bin ich dann so demotiviert, dass ich nur noch am Bellevue und im Niederdörfli herumspaziere. Auf der Suche nach einer Inspiration, oder zumindest, um mich von meiner persönlichen Niederlage und Inkompetenz abzulenken, beobachte ich die Menschen. Gegen Abend treffe ich mich dann mit ehemaligen Studienfreunden zu einem teuren Dinner in Zürich, und lade sie ein, damit sie meine Gesellschaft ertragen, solange ich es mir finanziell noch leisten kann. Danach gehe ich meistens allein zurück in mein Appartement. Bars und Clubs besuche ich nur noch selten. Stattdessen trinke ich für gewöhnlich einsam noch ein paar Gin Tonic oder Whiskys, schaue eine Serie auf Netflix oder lese ein Buch, bis ich endlich irgendwann um Mitternacht herum gleichgültig und angetrunken ins Bett falle, nur, um wenige Stunden später das erste Mal grausam zu erwachen und mich hin und her zu wälzen.

Als ich heute Morgen mit meinem Espresso vor meinem Computer sitze, ist irgendetwas jedoch anders als sonst. Vielleicht der zusätzliche äussere Druck wegen der Sprachnachricht meines Verlegers? Ein beunruhigendes Gefühl wühlt mich auf, ich kann mich kaum auf die Nachrichten konzentrieren. Ein Frösteln überzieht meinen Körper. Wie auf Drogen wirkt alles auf mich ein – das plötzliche Ende des Vogelgezwitschers draussen vor meinem Fenster, die drückende Stille der Natur, die düstere Wolkenfront am fernen Horizont kurz vor einem aufkommenden Sturm.

Irgendwie lässt mich dieses seltsame Gefühl nicht los, dass sich heute etwas komplett ändern wird. Dass sich mein Leben endlich ändern wird. Meine Karriere als Schriftsteller. Eine vollkommene Hundertachtzig-Grad- Wende.

Ob zum Guten oder Schlechten.

Gespannt wie ein Hochseildraht, schlage ich mit zittrigen Fingern auf den Tasten online die erste Tageszeitung auf. Dort überrascht mich jedoch erst einmal nichts Neues. Gelangweilt überfliege ich den ersten Artikel über die bevorstehenden Abstimmungen zur Ausländerbleiberechtsdebatte. Ich gähne, ohne mir die Hand vor den Mund zu halten. Die nächste Titelschlagzeile lässt mich jedoch plötzlich wachwerden und aufrechtsitzen. Ich stelle die Kaffeetasse auf den Korkuntersetzer und vergrößere die Seite auf Vollbildmodus.

«Chatbots müssen aus dem Klassenzimmer verbannt werden!» lautet der Titel. Erst vor Kurzem hatte ich das erste Mal von so einer Chatbot gehört. Angeblich sollen die selbst schreiben können. Neugierig lese Ich weiter. «Die dialogfähige Künstliche Intelligenz, kurz KI, sei mittlerweile fähig, Texte so perfekt zu verfassen, dass Lehrpersonen, ja sogar Literaturkritiker nicht in der Lage seien, festzustellen, ob der Text von einem Menschen oder einer KI geschrieben wurde. Man könne beliebige Themen, den Zweck des Textes, das Alter des vermeintlichen Autors und viele weitere Parameter eingeben. Egal, ob Sachtext oder Fiktion, die KI produziere dann exakt das Verlangte.»

Ich stoße fast die halbleere Kaffeetasse um. Meine Hand zittert. Entweder noch vom Restalkohol von gestern Abend, vor Aufregung oder beidem.

Ich bin plötzlich hellwach. Mein Gehirn arbeitet so stark, dass es fast hörbar laut knattert. Die Gedanken schlagen ein wie Blitzschläge. Ich wusste es! Heute ist mein Tag! Genau das ist meine Lösung! Solch ein Chatbot kann mir helfen. Ich brauche nur einen Anschub, einen guten Beginn, den Start einer Geschichte, die ersten paar Seiten, damit ich wieder in den Flow komme und meinen nächsten großen Roman schreiben kann.

Sofort mache ich mich online auf die Suche und tippe in die Suchmaschine ein: Chatbot.

Sogleich tauchen ganz oben in der Liste der Suchmaschine zwei der wohl gängigsten Versionen der beiden größten, rivalisierenden Softwarefirmen mit Produkten im Bereich der KI auf. Ich wähle einfach aus dem Bauch heraus die erste. Das Irrsinnige ist: Der Download ist sogar umsonst. Noch. Die Methode erinnert mich an das Verkaufssystem von Drogendealern. Die erste Dosis oder vielleicht sogar noch die zweite bekommst du einfach so aus reiner Nächstenliebe geschenkt, weil der Typ genau weiß, dass du von seinem Nachschub abhängig sein und so ziemlich jeden Preis zahlen wirst, sobald du erst einmal süchtig bist. Und das passiert in der Regel fast jedem und auch noch ganz schnell. So wie damals lasse ich mich auch heute nicht davon abhalten, das Produkt unbedingt hier in meinem Büro am Computer ausprobieren zu wollen. Tief in mir spüre ich allerdings ein fast ähnlich schlechtes Gewissen und das beschämende kleinkindliche Gefühl, etwas Verbotenes zu tun.

Bei der Registrierung gebe ich den üblichen falschen Namen und meine zweite, anonyme E-Mail-Adresse an, die ich bisher vor allem für den Kontakt mit meinen Kokain-Dealern verwendete. Dann lehne ich mich zurück. Atme tief ein. Zögere einen kurzen Moment. Soll ich das wirklich wagen? Ist das nicht illegal? Wie hoch ist das Risiko, dass es an die Öffentlichkeit gelangt? Könnte es gefährlich werden für meine Karriere, meinen Ruf als Schriftsteller? Kann ich es mit meinem Gewissen vereinbaren? Oder ist es sogar für mich zu unmoralisch? Ist es schlichtweg falsch?

Ach was! Verärgert schiebe ich meine Skrupel beiseite und rede mir ein, ich könne die ersten paar Seiten ja immer noch selbst umschreiben, sobald ich erst einmal wieder in einer Geschichte «lebe», von ihr träume und über sie schreiben kann. Eigentlich ist so ein Chatbot doch nichts anderes als eine Muse aus Fleisch und Blut, die früher Künstler inspirierte.

Ich reibe meine zitternden Hände aneinander und mache mich plötzlich überhaupt nicht mehr zögerlich daran, die Fragen zur gewünschten Textgestaltung in dem Formular der Chatbot-Website zu beantworten. Die Idee ist nun einmal in meinem Kopf, und zu verlockend, als dass ich ihr widerstehen könnte. Voll konzentriert und hellwach beginne ich, die Antworten hinter den Fragen einzutippen.

Textart und Umfang: Fiktion – Roman, ca. 250 Seiten.

Angaben zum gewünschten Inhalt: Geschichte eines bisher sehr erfolgreichen 40-jährigen Schriftstellers, der in die Welt reist und die Liebe seines Lebens trifft.

Ort der Handlung: irgendwo in Asien.

Zeitraum der Handlung: aktuelles modernes Zeitalter.

Zielgruppe: Leser jeden Alters und Geschlechts.

Diese Angaben müssen reichen, hoffe ich, damit die Geschichte gut funktioniert. Ich habe das Alter des Helden des Romans absichtlich etwas älter gewählt, damit er mehr Erfahrungen und Reife besitzt – als ich.

Kaum habe ich das letzte Mal die Entertaste betätigt, wird der Bildschirm meines Computers für knapp 30 Sekunden weiß und leer. Ein gewohnter Anblick, der diesmal jedoch nicht Frustration und Verzweiflung in mir auslöst, sondern nervöse Spannung und hohe Erwartungen erzeugt.

Wie von Geisterhand erscheinen plötzlich Buchstaben, die sich in Sekundenschnelle zu Wörtern und Sätzen aneinanderreihen. So schnell, dass mein menschliches Auge mit dem Lesen nicht mehr hinterherkommt. Die schwarzen Lettern füllen lautlos die erste, dann die zweite und innerhalb weniger Minuten schließlich noch viele weitere Seiten.

Ein Schaudern durchzuckt meinen schlagartig eiskalt gewordenen starren Körper, während ich das Ganze beobachte, was sich da an meinem Bildschirm abspielt. Ich bin so langsam wirklich überwältigt, ja ehrlich gesagt sogar etwas verängstigt. Aus irgendeinem, nein, aus sehr naheliegendem Grund muss ich auf einmal an die Geschichte vom Zauberlehrling denken.

«Wie kann ich den tanzenden Besen wieder zum Stillstand bringen?», frage ich mich äußerst beunruhigt. Mir fällt ein, dass ich ganz vergessen hatte, und auch nirgendwo die Option eingeben konnte, nur die ersten paar Seiten des Romans von der KI schreiben zu lassen. Seit mindestens drei endlos erscheinenden Minuten fließt der Buchstabenstrom wie ein Zauber – oder Fluch? – ohne zu stoppen über die Seiten auf meinem Bildschirm. Wie ich unten am Seitenrand sehen kann, bin ich – nein, der Chatbot – bereits auf Seite 48!

Was mache ich jetzt? Soll ich das Ganze abbrechen und mich einfach aus der Website ausloggen? Ich bin mir nicht sicher, was dann passiert. Hört das Programm dann auf mit dem Schreiben? Ist dann der ganze Text, den die KI gerade verfasst, für immer verloren? Für mich verloren? Wer könnte sonst noch Zugriff auf die Story haben?

Mir wird nun auf einmal ganz heiß, mir bricht regelrecht der Schweiß aus. Ich fahre mir hastig mit der Hand über die Stirn und wische die Feuchtigkeit an meinem Pyjamahemd ab. Jetzt kommt mir die Geschichte vom «Mädchen mit dem Breitopf» in den Sinn. So ähnlich wie ich in diesem Moment muss sie sich gefühlt haben, als der Topf immer weiter Brei kochte, der heiße, klebrig-süße Brei überquoll, über den Topfrand hinausfloss und am Ende nicht nur ihr Haus, sondern sogar das ganze Dorf überflutete.

Ich muss als Kind zu viele Märchen gelesen haben, verfluche ich mich selbst.

Nur eine Minute später bin ich endgültig sprachlos. Der Buchstabenstrom wird allmählich langsamer und langsamer und erlischt schließlich ganz. Wieder wische ich mir Schweißperlen von der Stirn und beginne, unangenehmen Schweißgeruch und feuchten Stoff unter meinen Achseln wahrzunehmen.

Sobald der letzte Punkt am Ende des finalen Satzes in der Mitte von Seite 56 des Chatbot-Textes erscheint, poppt überraschend – und doch so gewohnt – eine Werbemeldung auf. Der grellrote Text verkündet:

Hier endet Ihre kostenlose Probe unseres Chatbots. Wir hoffen, dass Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind. Wenn Sie weiter unsere Dienstleistung in Anspruch nehmen wollen, geben Sie bitte hier (*) Ihre Kreditkartendaten ein. Pro Seite kostet die Textproduktion dieser Art und Qualität 50 Schweizer Franken.

Laut lachend lehne ich mich zurück und falle, von Emotionen überwältigt, fast vom Stuhl. Ich beuge mich vorn über und krümme mich vor Lachen und Bauchweh. Alles in mir dreht sich. Eine Mischung aus Überraschung, Erleichterung, Enttäuschung … ich kann mich nicht entscheiden, was ich fühlen soll. Ich lag also doch nicht so weit entfernt mit meiner ersten Einschätzung und dem Vergleich zum Drogenhandel: erst anfixen und dann vom Junkie für den weiteren Stoff Cash verlangen.

Kaum habe ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, richte ich mich abrupt wieder auf und bin auf einen Schlag alarmiert. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich atme schnell. Was, wenn der Text verschwunden ist? Wie komme ich jetzt nur an diese kostbaren Zeilen und Seiten? Habe ich irgendwo etwas übersehen, wo ich den Anfang speichern kann oder muss, damit er gesichert wird und verfügbar bleibt? Was mache ich, wenn die Wörter so mystisch wie sie erschienen, von allein einfach wieder verschwinden? Ohne, dass ich sie ein einziges Mal lesen konnte …?!

Hektisch greife ich zur Maus und scrolle herum. Nirgendwo finde ich einen Anhaltspunkt, wie ich den Text hinter der hervorgetretenen Werbung wieder sehen kann.

Gerade erblicke ich in einer Ecke am oberen Rand des Bildschirms das Fragezeichen als Hilfesymbol. Doch, bevor ich es mit der Maus anklicken kann, verschwindet die grellrote Werbung so schlagartig wie sie erschienen ist, und eine neue, diesmal grüne Schrift, wird angezeigt:

Hier lesen Sie kostenlos zur Probe die ersten acht Seiten. Möchten Sie den Rest des bisher verfassten Textes danach auch noch lesen und erwerben, so geben Sie bitte hier (*) Ihre Kreditkartendaten ein und zahlen Sie den einmaligen Betrag von 1000 Schweizer Franken. Die 56 Seiten gehören dann Ihnen.

Falls Sie, wie gesagt, wünschen, dass die KI mit dem Text fortfährt, zahlen Sie für die restlichen der gewünschten 250 Seiten 50 Schweizer Franken pro Seite. Viel Vergnügen beim Lesen! Ihre freundliche KI.

Wieder muss ich laut loslachen und befürchte, dass ich nun gleich den Verstand verliere, als ich mein unkontrolliertes Kichern höre. Gibt es das wirklich? Passiert mir das jetzt gerade echt? Oder träume ich? Verlegen, so als werde ich beobachtet, schaue ich mich heimlich um und sehe meine gewohnte Umgebung, mein Appartement, mein Bürozimmer, den Lindenbaum vor meinem Fenster. Ich höre das Zwitschern der Vögel und das Bimmeln der Trams draußen im Züricher Stadtteil Seefeld. Ich weiß, wenn ich jetzt aufstehe, kann ich von meinem Fenster aus den Zürichsee zwischen den Hausdächern der ersten Reihe sehen. Wahrscheinlich erblicke ich ein Kursschiff des Züricher Verkehrsverbunds und mehrere Motorboote am frühen Vormittag. Ich sehe auf die Uhr: Wahnsinn, es ist bereits zehn Uhr! Langsam – oder vielleicht nur, weil ich die Uhrzeit realisiere – verspüre ich ein leises Grummeln in der Magengegend. Aber anstatt wie gewöhnlich aufzustehen und mir in der Küche ein Omelett zu braten, klebe ich auf meinem Schreibtischstuhl und kann den Blick nicht vom Bildschirm abwenden.

Die grüne Schrift mit den Erläuterungen der KI-Konditionen sinkt langsam an den unteren Bildschirmrand. Darüber erscheint eine schwarze Schrift auf weißem Hintergrund. Arial, Schriftgröße 12, schätze ich. Wieso mir so komische Gedanken kommen!? Da stehe oder besser sitze ich nun vor dem möglichen Inhalt meines neuen Romans und mache mir Gedanken über die Schriftart und Grösse. Ich werde doch hoffentlich nicht verrückt. Immer noch kommt mir alles wie ein Traum vor. Der hoffentlich nicht zum Albtraum wird! Es muss an meiner Übermüdung liegen, dass ich sogar noch impulsiver denke und handle, als eh schon von mir gewöhnt. Vor mir auf dem Bildschirm lockt nun ruhig und erwartungsvoll der Text. Die ersten acht Seiten. Ich weiß nicht, ob mir kalt oder heiß ist. Ob ich Hunger habe oder mir übel ist. Ob ich das Geschriebene lesen will oder nicht.

So ist es immer mit mir. Im letzten Moment einen Rückzieher machen. Typisch Stefan. Feigling und Drückeberger. Keine Stamina. Kein Durchhaltevermögen. Kein Ehrgeiz. Kein bisschen verantwortungsbewusst. Nicht Mann genug. Ich höre förmlich die Stimme meines Vaters.

Wütend schüttele ich den Kopf, um seine Stimme zu vertreiben.

Diesmal werde ich es ihm zeigen. Ihnen allen werde ich es zeigen. Meinem Verleger. Meinem Therapeuten. Den Lesern. Ich werde nun einfach die ersten acht Seiten lesen und dann meinen Roman schreiben. Total easy. Nichts daran ist falsch oder illegal. Ich werde nicht einmal den Originaltext der KI verwenden. Ich lasse mich einfach nur durch den KI-Text inspirieren. Das kann mir keiner nachsagen. Nicht einmal nachweisen.

Die Neugier und die Sehnsucht überdecken alle Skrupel und ich beginne zu lesen.

2

Sakura – KIrschblüte

So weit das Auge beim Landeanflug aus dem kleinen Fenster des Flugzeugs reichte, war rundherum ein ewig scheinendes Meer aus Gebäuden, Hochhäusern und Straßen zu sehen. Die Stadt schien nirgends am Horizont ein Ende zu nehmen. Zwischen dem Grau der Betonmassen spitzelte immer wieder Grün hervor. Große und kleine Parks, hohe Bäume, manchmal erahnte man einen kleinen See oder Teich hellblau-silbrig schimmernd inmitten eines Parks. Hin und wieder konnte man selbst aus dieser Höhe bereits die goldenen und orangenen Dächer einiger Tempel und Schreine erspähen.

Tokyo. Die größte Metropole der Welt erwartete mich. Halb ängstigte mich dieser Gedanke. Wie würde ich in diesem fremden Getümmel zurechtkommen? Im Taxi auf dem Weg vom Flughafen zum Palace Hotel, mitten im Zentrum der Stadt, gleich neben dem Kaiserpalast, war ich überwältigt von den fremden Schriftzeichen auf den Straßenschildern und unzähligen Reklametafeln. Nur teilweise befanden sich englische Übersetzungen oder die Namen der japanischen Straßen, Stadtteile oder Produkte in lateinischen Buchstaben. Der Taxifahrer sprach kaum Englisch, eine richtige Unterhaltung war also nicht möglich. Schließlich las ich den Namen des Stadtviertels