Saltius - Germane in Römischen Diensten - Gerhard Pflanz - E-Book

Saltius - Germane in Römischen Diensten E-Book

Gerhard Pflanz

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Beschreibung

Die Geschichte schließt an das Buch "Yako - Der Chatte" (sprich Katte) an, hat aber eine in sich abgeschlossene Handlung. Die beginnende Völkerwanderung erschüttert das Leben der Grenzbewohner am Limes und die Grenzen des Römischen Reiches. Die Geschicke des 17-jährigen Gernot, Sohn des Bauern Yako aus dem Walddorf Schwarzfeld sowie des in den Diensten der Römer stehenden Germanen Saltius, stehen im Mittelpunkt des spannenden Geschehens. Der Schauplatz ist die Region zwischen Rhön und Vogelsberg im heutigen Hessen, dem Siedlungsgebiet der Chatten zur Römerzeit. Die Ortsnamen aus diesem Gebiet wurden leicht verändert von bestehenden Orten übernommen. Die Handlung ist erfunden, Ähnlichkeiten von Namen oder Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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Buch

Die Geschichte schließt an das Buch „Yako - Der Chatte“ (sprich Katte) an, hat aber eine in sich abgeschlossene Handlung.

Die beginnende Völkerwanderung erschüttert das Leben der Grenzbewohner am Limes und die Grenzen des Römischen Reiches. Die Geschicke des 17-jährigen Gernot, Sohn des Bauern Yako aus dem Walddorf Schwarzfeld sowie des in den Diensten der Römer stehenden Germanen Saltius, stehen im Mittelpunkt des spannenden Geschehens.

Der Schauplatz ist die Region zwischen Rhön und Vogelsberg im heutigen Hessen, dem Siedlungsgebiet der Chatten zur Römerzeit. Die Ortsnamen aus diesem Gebiet wurden leicht verändert von bestehenden Orten übernommen.

Die Handlung ist erfunden, Ähnlichkeiten von Namen oder Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Autor

Gerhard Pflanz, in Schlitz/Hessen geboren, schreibt aus Leidenschaft. Neben dem Schreiben zählt für den Dipl. Ing. und Vater von drei Kindern vor allem seine Familie. Der Autor lebt im hohen Norden im Landkreis Cuxhaven.

Web:

http://www.pflanz-web.de

Mail:

[email protected]

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Yako - Der Chatte

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Kriegsende in Schlitz

Technisches Wörterbuch (deutsch/engl., engl./deutsch)

Eine Geschichte aus dem dritten Jahrhundert nach Christus an der Grenze zwischen Römern und Germanen im Land der Chatten

Inhaltsverzeichnis

Ein neuer Centurio

Im Kastell

Fremdes Volk

Gefangen

In der Sklaverei

Flucht

Gernots Weg

Die Frau des Fischers

Gefahr

Gernots Entscheidung

Die Rache

Wieder in Schwarzfeld

Saltius bekommt Besuch

Wandurs Bruder

Auf Erkundung

Der Kampf mit den Fremden

Trauer in Schwarzfeld

Zurück im Kastell

Abbildungsverzeichnis

Übersichtskarte

Langhaus von Yako

Personenverzeichnis

Einwohner von Schwarzfeld

Yako

Bauer

Ulka

seine Gefährtin

Gernot

der Sohn

Ulf

der jüngere Sohn

Sanolf

Yakos Bruder

Bolgur

Bauer auf einem benachbarten Hof

Ernal

sein Sohn

Rodulf

Bauer, Yakos Vater

Brigga

seine Gefährtin

Wandur

Bauer und Seher im Dorf

Nelda

seine Gefährtin

Herlind

die Tochter

Helmfried

Bauer und Dorfschmied

Hordula

sein Sohn

Im Römerkastell

Saltius

ausscheidender Centurio

Marcellus

der neue Centurio

Lucius

Decurio (Unteroffizier)

Gaius

ebenso

Irvin

Späher in der Erkundungstruppe

Landgut von Saltius

Saltius

Besitzer und ehemaliger Centurio

Herdis

seine Gefährtin

Faustus

Torwächter

Im Steinbruch

Gunnar

Besitzer und Sklavenhalter

Gerda

Magd beim Sklavenhalter

Bertram

Aufseher

Hilgert

Sklave

Martius

handelt mit Sklaven

Kate des Fluchthelfers

Halvor

der Alte

Helga

seine Gefährtin

Beim Fischer

Svea

junge Frau

Willis

ihr Vater

Alwin

Fischer

Bei den Fremdlingen

Der lange Kerl

Häuptling

Alkur

neu gewählter Häuptling

Irina

Sprachkundige

Übersichtskarte

Übersichtskarte

01 EIN NEUER CENTURIO

Die Reiter waren an ihrer Kleidung als römische Offiziere zu erkennen. Der ältere der Beiden deutete in das vor ihnen liegende Tal: „Das ist das Chattendorf Schwarzfeld. Mit den Bewohnern halten wir seit vielen Jahren gute Freundschaft, sonst hätten wir nicht ohne Begleitmannschaft herkommen können.“

Sein Begleiter blickte nachdenklich auf die fünf Gehöfte, die im Tal zu sehen waren. „Ich danke Dir, Centurio Saltius, dass Du mir dieses Dorf zeigst, das wird mir den Einstieg in meine Aufgabe erleichtern.“ „Unser Besuch ist angekündigt Marcellus. Schon mein Vorgänger legte großen Wert auf gute Beziehungen zu den Chatten und ich habe das in den 15 Jahren meines Kommandos im Kastell ebenso gehalten“, entgegnete Saltius.

Er war nach dem Abschied von Centurio Frontius zum Nachfolger bestimmt worden, nachdem man ihm für seine Verdienste vorzeitig die römischen Bürgerechte verliehen hatte.

Er hatte durch seine Tätigkeit als Kundschafter und Durchführung von Strafexpeditionen im Chattenland sich als unverzichtbare Hilfe für seinen Befehlshaber erwiesen und war durch dessen Fürsprache sein Nachfolger geworden. Das war eine Ehre, welche für einen Germanen wie Saltius im Normalfall unerreichbar war. Dagegen war sein jetziger Nachfolger Marcellus römischer Bürger von Geburt als Sohn eines hochrangigen Verwaltungsbeamten beim Legatus Augusti, dem Statthalter der Provinz.

Der erste Hof war erreicht, sie machten einen Bogen um die schon bestellten Felder und erreichten an diesem sonnigen Frühlingstag das Langhaus von Yako.

Langhaus von Yako

„Das ist das Haus von meinem Freund Yako, ich weiß, wie er es vor 17 Jahren gebaut hat.“ Vor ihnen lag ein großes Langhaus mit Schilf gedecktem Dach und zwei Lagerschuppen in kleinerer Bauweise. Die ganze Hofstelle war von einem Zaun aus Holzpfählen und Weidengeflecht umgeben. Zwei Pferde, Schafe und Rinder weideten innerhalb und außerhalb des Zaunes.

Aus dem Eingangstor des Hauses kam ihnen ein stattlicher Mann mit einem gestutzten blonden Bart entgegen und begrüßte sie freundlich. Es war Yako, der Bauer. Er zählte vierunddreißig Winter und war von kräftiger Statur.

„Willkommen in Schwarzfeld, ich grüße euch“, sagte er zu den beiden Ankömmlingen. „Das ist Marcellus aus dem Kastell, den ich dir vorstellen wollte“, entgegnete Saltius. „Sei auch du willkommen auf meinem Hof und kommt in mein Haus“, Yako war kein vornehmer Schönredner, aber man spürte seine herzliche Freundlichkeit in seinem Benehmen.

Im Haus begrüßte sie Yakos Gefährtin Ulka und der gemeinsame Sohn Gernot, Saltius als alten Bekannten, Marcellus wurde als neuer Gast willkommen geheißen. Ulka war etwa gleichaltrig wie Yako und eine voll erblühte Schönheit, nur an ihren Händen konnte der aufmerksame Beobachter ihre Jahre harter Bauernarbeit erkennen. Der Sohn ähnelte seinem Vater, obwohl er mit seinem Alter von siebzehn Wintern feingliedriger war. Der zweite Sohn Ulf war zu den Großeltern in das Nachbarhaus geflüchtet als er die uniformierten Besucher kommen sah. Er war zwei Winter jünger als Gernot.

Saltius kannte Ulka schon seit vielen Jahren und hatte gelernt seine Gefühle für sie zu unterdrücken, sie war durch ihre Liebe zu Yako unerreichbar für ihn. Marcellus hatte durch seine Geburt in eine privilegierte Gesellschaftsschicht Bescheidenheit nicht gelernt. Für ihn war alles was er sich wünschte auch erreichbar. Und jetzt kam ein zwingender Wunsch in ihm hoch: diese Frau will ich haben! Ulka sah seine bewundernden Blicke, welche sie von Männern gewöhnt war, die ihr aber nichts bedeuteten. Ihr uneingeschränkter Liebling war, trotz aller Ecken und Kanten, die er hatte, immer noch Yako. Noch einer der bei mir nichts erreichen wird, dachte sie.

Die Gäste wurden mit einem kräftigen Mahl bewirtet, es gab Brotfladen mit kaltem Braten und zur Überraschung von Saltius auch einen großen Becher roten Wein. Das war deswegen überraschend, weil Weinstöcke in dem rauen Bergland der Chatten nicht wuchsen.

„Wundere dich nicht über den roten Wein, Saltius“, sagte Yako, „wir haben immer noch gute Verbindungen zu Ulkas Eltern im Römergebiet. Dort gedeihen die Weinreben sehr gut und meine Schwester Balde lebt inzwischen dort mit ihrem Gefährten. Du kennst sie noch als kleines Mädchen.“ Marcellus war nicht weiter überrascht, für ihn war Wein zu jeder Mahlzeit selbstverständlich. Saltius spürte sein anmaßendes Wesen und dachte, seinen Hochmut gegen die Lebensumstände der Chatten muss ich ihm noch austreiben.

Nachdem man sich gestärkt hatte, machten die Männer einen Rundgang um das Anwesen. Stolz zeigte Yako seinen Viehbestand auf den Weiden und die bestellten Felder mit der aufgehenden Saat. Er machte Saltius den Vorschlag bei beginnender Dämmerung die Männer aus dem Dorf in seinem Haus zu versammeln, um Marcellus bekannt zu machen und dieser stimmte gerne zu.

Vier Männer erschienen zur verabredeten Stunde und setzten sich auf die bereitgestellten Bänke den Römern und Yako gegenüber. Das Hoftor wurde aufgerissen und ein Germane stürzte in den Raum mit drohend erhobenem Speer, den er Marcellus auf die Brust setzte und schrie: „Was wollt ihr Fremdlinge, ihr römischen Räuber hier im Chattenland, verschwindet oder wir werden eure Köpfe in die Bäume an unserem Altar hängen.“

Es war Ernal der Sohn Bolgurs, welcher auch seinen Bauernhof übernehmen sollte. Er war wie sein Vater Bolgur und der ältere Bruder Jodolf von bärenstarker Gestalt und nach dem Weggang seines älteren Bruders Erbe des Bauernhofes. Jodolf war zum Häuptling nach Hirsfild zunächst als Knecht gegangen, aber inzwischen als Erbe des kinderlosen Ermin eingesetzt.

Der stolze Römer Marcellus saß bewegungslos mit schreckensbleichem Gesicht neben Yako, der lachend sagte: „Es ist gut Ernal, du hast uns einen tüchtigen Schrecken eingejagt, aber wir müssen unseren Gästen gestehen, dass es so verabredet war. Wir wollten zeigen, wie es in alten Zeiten der Feindschaft zwischen Römern und Chatten gewesen ist.“

Bei Marcellus saß der Schreck noch tief, Saltius antwortete: „Das war recht deutlich, im Ernstfall wären wir Beide wohl nicht mehr am Leben.“

Marcellus hatte seinen Schock fast schon wieder überwunden und bei Betrachtung der messerscharf doppelseitig geschliffenen Speerspitze in der Faust des germanischen Kriegers, sagte er sich, das hätte schiefgehen können.

Obwohl innerlich voller Zorn, lächelte er und hielt Ernal die Hand hin, als Zeichen der Versöhnung.

Die übrigen Männer wussten nichts von diesem Plan und lachten und freuten sich über die gelungene Überraschung. Am meisten freute sich aber Saltius, der dem Hochmut des Marcellus ein Ende machen wollte, gleichzeitig bewunderte er die Klugheit Yakos, der ihm später gestand, dass der Plan von Ulka kam.

Yako begrüßte die Anwesenden und bat Saltius sein Anliegen vorzutragen. Saltius kannte alle erschienenen Bauern von seinen früheren Besuchen in Schwarzfeld. Es waren die Bauern Helmfried mit Sohn Hordula, Rodulf, Yakos Vater, Bolgur und Wandur der Seher, sowie der zuletzt erschienene Ernal.

„Männer aus Schwarzfeld“, begann er, „es ist euch nicht verborgen geblieben, dass wir alle und natürlich auch ich selbst älter geworden sind und so muss ich euch mitteilen, dass meine Dienstzeit als Befehlshaber im Kastell zu Ende geht. Aus diesem Grund möchte ich euch meinen Nachfolger Marcellus vorstellen, dem ihr als Willkommensgruß genau wie mir einen tüchtigen Schrecken eingejagt habt. Ich war 25 Jahre in römischen Diensten, davon 15 Jahre als Centurio im Kastell und Nachfolger von Frontius, dem ich Dank schulde. Mit euch und euren Stammesbrüdern im Grenzgebiet habe ich immer gute Freundschaft gehalten, das gilt besonders für euch in Schwarzfeld und für die Bewohner von Hirsfild. Oft war es so, dass ihr mit uns im Kastell bessere Freundschaft gehalten habt, als untereinander mit anderen Chattendörfern.“

Die Männer murmelten zustimmende Worte, sie wussten wie oft Saltius mit gefährlichen Aufträgen im Chattengebiet war und wie er immer die Lage der Chatten bedacht und ihren Vorstellungen Raum gegeben hatte, sofern es für ihn möglich war. Er fuhr fort: „Ich will nun Marcellus das Wort geben, sicher möchte er euch auch etwas sagen.“

Dieser hatte den Schreck inzwischen überwunden, aber der Ärger nagte immer noch an ihm. Das werde ich den Barbaren heimzahlen, dachte er.

„Männer aus Schwarzfeld, ihr seid tüchtige Bauern, das sieht man an den wohlbestellten Felder und euren Gehöften. Ihr seid aber auch tüchtige Kämpfer und wisst euer Hab und Gut zu verteidigen, das habt ihr in der Vergangenheit oft genug bewiesen und uns mit eurem Scherz zu unserer Begrüßung deutlich gemacht.

Ich werde die Nachfolge von Centurio Saltius antreten und freue mich über die Freundschaft mit euch hier im Grenzland. Ich brauche mir also keine Sorgen zu machen, könnte man denken, aber ich will mir eure Freundschaft aufs Neue verdienen damit wir auch die kommenden Jahre gut miteinander auskommen. Dabei hoffe ich auf eure Hilfe und euren guten Willen.“

Becher mit Met machten die Runde. Eine Antwort auf die Ansprache von Marcellus kam aus dem Kreis der Bauern nicht, das war nicht ihre Art und: soll er sich doch erst mal unseren guten Willen verdienen, dachten sie.

Saltius war zufrieden, er spürte jedoch den verbliebenen Ärger bei Marcellus. Er muss wissen, dass er es mit freien Bauern zu tun hat, welche ihre eigene Meinung haben und diese auch durchsetzen können.

Ulka erschien wieder, sie hatte zusammen mit den Söhnen Gernot und Ulf einen Besuch in der Nachbarschaft gemacht, setzte sich zwischen die Männer und unter lustigem Geplauder ging das Treffen zu Ende.

02 IM KASTELL

Im Kastell wurden die Befehlshaber mit der ihnen zustehenden Achtung empfangen. Marcellus verschwand in seinen Räumen, Saltius rief seinen Sekretär zu sich und fragte nach Neuigkeiten.

„Gestern sind dreißig angeworbene Rekruten hier eingetroffen, Herr. Decurio Lucius ist heute bei Sonnenaufgang mit fünfzehn von ihnen zu einem Marsch ins Gelände aufgebrochen, die restlichen üben hier im Kastell mit Unteroffizier Gaius den Gebrauch der Waffen.“

„Waren die Neulinge bereits ausgerüstet?“, fragte Saltius.

„Der Decurio hat noch gestern Kleidung und Bewaffnung ausgeben lassen und ist heute mit den voll ausgerüsteten Neulingen losmarschiert. Er begleitet den Marsch zu Pferd und wollte bei Sonnenuntergang wieder zurück sein.“ „Sind sie ins Chattengebiet marschiert?“

„Nein, Herr, sie marschieren entlang des Limes Richtung Sonnenuntergang auf unserer Seite der Grenze. Der Decurio sagte mir, dass der Doppelschritt geübt werden soll und er etwa zehn Meilen zurücklegen will.“

„Das werden die ungeübten Neulinge nicht alle schaffen“, gab der Centurio zu bedenken. „Decurio Lucius hat einen Karren mit zwei Pferden beauftragt ihnen zu folgen und Fußkranke aufzusammeln.“

Alle Achtung, da hat Lucius an alles gedacht, ich muss ihm ein Lob aussprechen, sobald er zurück ist, dachte Saltius. Gut, dass er mit den Neulingen nicht in das Chattengebiet marschiert ist.

„Es ist gut, bestelle dem Centurio Marcellus, dass ich ihn hier sprechen möchte.“

Wenig später erschien Marcellus und fragte: „Hast Du Befehle für mich, Centurio?“ Er wählte die noch geltende korrekte Anrede. Für etwa zwei Monate war Saltius noch der Befehlshaber im Kastell und damit auch sein Vorgesetzter.

„Ja, ich habe einen Auftrag für dich. Mache einen Kontrollritt entlang dem Limes in Richtung Mittagssonne und kontrolliere den Zustand der Grenzbefestigung und die Legionäre auf den Wachtürmen. Nimm dir zwei erfahrene Begleiter mit, welche dir der Decurio Gaius nennen kann. Du sollst morgen in der Frühe aufbrechen und am folgenden Tag wieder zurück sein.“

Marcellus hatte für die folgenden beiden Tage seinen Auftrag. Sicher wäre ihm eine bequemere Tätigkeit im Kastell lieber gewesen, aber die beschriebene Aufgabe war wichtig für die Sicherheit der römischen Besitztümer diesseits der Grenze und musste durchgeführt werden.

„Falls du es für notwendig hältst, reite auf dem Rückweg auf der Seite der Chatten, die bemerken sollen, dass wir hier im Kastell die Grenze gut im Auge behalten. Gehe aber kein Risiko ein, Ärger haben wir mit den Hitzköpfen schon genug gehabt.“

Das war für Marcellus eine interessante Erweiterung seines Auftrages, welche ihm Raum für eigene Entscheidungen gab, zufrieden verabschiedete er sich.

Saltius beschloss die kommenden beiden Tage zu nutzen und sich um den Gutshof zu kümmern, den er in Grenznähe gekauft hatte. Den Grund und Boden hatte er vom Statthalter der Provinz auf Grund der Vollendung seiner 25 Dienstjahre in der römischen Armee erhalten. Der darauf befindliche Gutshof stand aus Altersgründen des vorherigen Besitzers zum Verkauf und Saltius hatte nicht gezögert in dieser fruchtbaren Landschaft das Anwesen zu kaufen.

Ihm fehlte immer noch eine Gefährtin, seine Dienstzeit in der XXII. Legion hatte ihn gehindert eine geeignete Herrin für sein Gut auszuwählen, sein Traum Ulka war vergeben.

In Schwarzfeld war die Freude über den Besuch von Saltius groß gewesen, man dachte aber schon an seinen Abschied in zwei Monden und stand dem Nachfolger abwartend gegenüber.

Yako beschloss seinen Viehbestand zu verkleinern und einen Teil im Kastell zum Verkauf anzubieten.

Sohn Gernot hörte das mit Begeisterung und wollte natürlich mit in das Kastell: „Du bist auch als junger Bursche mit Vieh im Kastell gewesen, Vater“, mahnte er seine Rechte an. Der Vater versprach ihn mitzunehmen, wusste aber noch nicht, ob nicht Wandur an seiner Stelle gehen sollte, da dieser auch Vieh verkaufen wollte.

So kam es, dass Wandur und Gernot vier Schafe und vier Rinder einige Tage später zum Kastell trieben. Das war ein mühsames Vorhaben, die Tiere wollten durchaus nicht so wie die Treiber und machten an jeder Stelle an der Gras wuchs oder Blätter erreichbar waren halt, um zu fressen.

Sie waren erleichtert als sie endlich im Kastell waren und die Tiere in ein Gatter treiben konnten. Wandur verhandelte mit dem Marktmeister über den Preis: „Du hast Glück, wir nehmen dein Vieh. Den Preis für ein Schaf setze ich auf 180 Sesterzen, den für ein Rind auf 700 Sesterzen.“ Wandur war das zu wenig und nach einigem Hin und Her einigte man sich auf 200 und 800 Sesterzen. Das ergab 4000 Messingmünzen, die in Goldmünzen mit 40 Aureus ausbezahlt wurden. Er tauschte dann noch 4 Aureus in Silbermünzen und erhielt 100 Denar.

Er gab Gernot 20 Denar im Wert zu je 4 Sesterzen, da er sich sicher noch einen Wunsch erfüllen, oder für seine Mutter ein Geschenk kaufen wollte. „Frage mich vor einem Kauf, sonst können die Händler zu hohe Preise von dir verlangen.“

Gernot begab sich auf Entdeckung durch das Kastell und bestaunte die Gebäude und die Marktstände der Händler. Er fragte nach dem Preis für ein Glücksamulett, aber Wandur meinte: „Das hat deine Mutter schon mehrfach, spare die Münzen, deine Eltern werden dich dafür loben.“

Am Exerzierplatz sahen sie den Rekruten zu, die durch ihre Übungen tüchtig ins Schwitzen kamen. Sie besuchten Centurio Saltius der von seinem Gut wieder zurück im Kastell war und berichteten von ihren guten Geschäften mit dem Verkauf ihres Viehs.

„Unsere Schlachter bekommen wieder Arbeit und die Soldaten werden sich über das frische Fleisch freuen“, sagte er „Aber ich habe Sorgen mit meinem Gutshof, der Verwalter ist verstorben und hinterlässt eine Witwe und einen kleinen Sohn. Ich brauche jetzt einen neuen Mann oder muss die Arbeit selbst machen. Mit Hilfe der Frau müsste das gelingen.“

Wandur dachte weiter: „Vielleicht ist das die Herrin für deinen Hof die du suchst.“ Saltius lachte, antwortete aber nicht. So ist das also, dachte Wandur. Gernot hatte schweigend zugehört, er erkannte wieviel Jahre guter Freundschaft nötig waren, wenn ein Germane solche Gespräche mit einem römischen Offizier führen durfte.

„Wie gefällt dir der Militärdienst in unserem Kastell?“, wandte Saltius sich an ihn „Du kannst dich anwerben lassen und wirst das ganze römische Reich sehen. Aber 25 Jahre sind eine lange Dienstzeit.“ Gernot fühlte sich ertappt, er hatte großen Gefallen am Militärdienst empfunden. „Ja, es ist sehr spannend hier zu sein“, antwortete er.

„Du hast noch Zeit es dir zu überlegen. Jetzt müsst ihr erst Mal sehen das viele Geld sicher nach Hause zu bringen. Ich werde euch für den ersten Teil des Weges bis nach Sanlot zwei Bewaffnete zum Schutz vor Räuber mitgeben. Wer hier mit Vieh herkommt und nachher allein wieder zurück geht, der hat Geld bei sich, das wissen auch Räuberbanden. Von Sanlot ist es nicht mehr weit nach Schwarzfeld, den Weg schafft ihr bei Tageslicht, da ist die Gefahr nicht so groß.“

Marcellus meldete sich von seinem Kontrollritt zurück. Er hatte alles in guter Ordnung vorgefunden. Auf dem Rückweg auf der chattischen Seite des Limes waren er und seine beiden Begleiter mit Schimpfworten bedacht und Steinen beworfen worden. Das war aber wohl nur eine Tat von übermütigem jugendlichem Volk und sie hatten dem keine Beachtung geschenkt.

Mehr Aufregung hatte es bei der Rückkehr der Rekruten von ihrem zehn Meilen Marsch gegeben. Von den fünfzehn Teilnehmern mussten sieben auf dem mitgeschickten Wagen zurückgefahren werden, sie konnten nicht mehr laufen. Der Decurio gab den ungewohnten Stiefeln die Schuld. Die Rekruten waren ausnahmslos Bauernsöhne, welche ihr Leben lang nur selbstgemachte leichte Lederschuhe getragen hatten, an die schweren steifen Stiefel mussten sie sich erst gewöhnen.

Wandur und Gernot übernachteten im Gästehaus und waren früh am nächsten Morgen mit der zugesagten Begleitung unterwegs nach Schwarzfeld.

Eine solche Bewachung erregt allerdings auch Aufmerksamkeit, in Sanlot wurden sie von den Bauern gefragt welche Schätze sie nach Schwarzfeld bringen wollten. Hier war man aber unter Freunden und nach einer Übernachtung erreichten sie am nächsten Tag ihr heimatliches Dorf.

Wandur lieferte Yakos Anteil an dem Verkaufserlös ab und Gernot berichtete begeistert von dem Kastell und der Ausbildung der Rekruten.

03 FREMDES VOLK

Ulka sah die Begeisterung des Sohnes für das römische Militär mit Sorge. Besonders jetzt, da der vertraute Befehlshaber bald nicht mehr da war, wollte sie Gernot vom Kastell fernhalten. Aber schon einige Tage später erregte ein anderer Zwischenfall die ganze Aufmerksamkeit der Dorfbewohner.

Fremdes Volk erschien am Waldrand und mit drohend erhobenen Speeren näherten sich zwei Männer dem Hof von Yako. Ulka flüchtete mit Sohn Ulf auf den benachbarten Hof von Rodulf und Brigga, den Eltern Yakos. Auch hier waren die Männer nicht da, Brigga war allein zu Hause. Sie ergriff das bereit liegende Signalhorn und blies mehrmals kräftig hinein. Schon nach kurzer Zeit stürmten mehrere Männer aus den Feldern herbei, Ulka berichtete in Eile und die Männer, darunter auch Yako mit Gernot, rannten zu seinem Hof.

Die beiden Fremden waren in das Langhaus gegangen und suchten offenbar nach etwas Essbarem. Als sie die Männer kommen sahen warfen sie ihre Speere auf den Boden, breiteten die Arme aus, um ihre friedlichen Absichten zu zeigen. Die Bauern warfen sich in ihrem Groll auf die Eindringlinge, fesselten und banden sie außen am Haus an Zaunpfähle.

Yako hatte sie noch nie gesehen und fragte: „Was sucht ihr hier, wisst ihr nicht, dass wir Räuber und Diebe am nächsten Baum aufhängen?“ Keine Antwort, nur unverständliches Gestammel von den beiden Gefangenen. Es waren zwei Männer im mittleren Alter, die abgemagert aussahen und deren Kleidung in schlechtem Zustand war. „Warum warten, wir wollen ihnen die gerechte Strafe geben. Gib uns Stricke wir wollen sie aufhängen, Yako“, rief Bolgur.

Ulka kam angerannt: „Tut ihnen nichts, hier ist eine Frau, die unsere Sprache spricht, hört sie erst einmal an.“ Hinter ihr stand eine blonde Frau, die zögernd näherkam. Als Yako drohend auf sie zuging, verbarg die Fremde sich Schutz suchend hinter Ulka, die fragte: „Wer seid ihr und was wollt ihr hier, sprich, die Männer tun dir nichts.“

„Wir sind Flüchtlinge und seit zwei Wintern unterwegs auf der Suche nach einer neuen Heimat“, die Fremde sprach in einem fremd klingenden Dialekt, aber gut verständlich für die Chatten. „Die Männer können euch nicht verstehen, sie sprechen eure Sprache nicht. Ich musste es lernen, ich war zwei Winter als Sklavin, verschleppt bei den Markomannen, bevor unsere Männer mich wieder befreiten.“

„Warum musstet ihr flüchten, woher kommt ihr?“ fragte Yako. „Unsere Heimat liegt viele Tagereisen Richtung Sonnenaufgang im Land der Skiren. Dort beginnt die Steppe und wir wurden ständig von wilden Reitervölkern überfallen. Ich wurde geraubt und an die