Sammelband 6 Western August 2022 - Alfred Bekker - E-Book

Sammelband 6 Western August 2022 E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: Alfred Bekker: Der Prediger kommt nach Lincoln Alfred Bekker: Grainger und das blutige Dutzend Alfred Bekker: Der Spieler Alfred Bekker: Ein Reiter aus dem Nirgendwo Alfred Bekker: Im Schatten der Outlaws Alfred Bekker: Zieh, Pistolero In letzter Sekunde rettet Clay Lawrence das Leben der schönen Ines, die vor den Häschern der Mitchell-Ranch flüchtet. Ines erzählt Clay, dass ihr Bruder Juan Lopez eine Fehde gegen Colin Mitchell führt. Kurze Zeit später ist Clay in Lohn und Brot bei Colin Mitchell und erfährt den anderen Teil der Geschichte. Welcher Wahrheit kann er Glauben schenken und auf wessen Seite wird sich Clay Lawrence schlagen?

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Sammelband 6 Western August 2022

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2022.

Alfred Bekker

UUID: a45257a5-81aa-4fea-97d9-4b7544d372ce
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Sammelband 6 Western August 2022

Copyright

Der Prediger kommt nach Lincoln

Grainger und das blutige Dutzend

Der Spieler

Ein Reiter aus dem Nirgendwo

IM SCHATTEN DER OUTLAWS

Zieh, Pistolero!

Sammelband 6 Western August 2022

Alfred Bekker

Dieser Band enthält folgende Western:

Alfred Bekker: Der Prediger kommt nach Lincoln

Alfred Bekker: Grainger und das blutige Dutzend

Alfred Bekker: Der Spieler

Alfred Bekker: Ein Reiter aus dem Nirgendwo

Alfred Bekker: Im Schatten der Outlaws

Alfred Bekker: Zieh, Pistolero

In letzter Sekunde rettet Clay Lawrence das Leben der schönen Ines, die vor den Häschern der Mitchell-Ranch flüchtet. Ines erzählt Clay, dass ihr Bruder Juan Lopez eine Fehde gegen Colin Mitchell führt. Kurze Zeit später ist Clay in Lohn und Brot bei Colin Mitchell und erfährt den anderen Teil der Geschichte. Welcher Wahrheit kann er Glauben schenken und auf wessen Seite wird sich Clay Lawrence schlagen?

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER Firuz Askin

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

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Zum Blog des Verlags geht es hier:

https://cassiopeia.press

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Der Prediger kommt nach Lincoln

von Alfred Bekker

von Alfred Bekker

Der Dunkle Prediger kommt nach Lincoln – doch nicht, um das Wort Gottes zu verkünden. Stattdessen will er eine alte Rechnung begleichen und seine Mauser-Pistolen sprechen lassen.

Doch auch zwischen dem Town-Marshal und dem Saloonbesizer gibt es offene Rechnungen.

Es kommt der Tag, an dem die Colts sprechen...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author /Cover Tony Masero

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Der Prediger war auf dem Weg in die Stadt.

Er war den ganzen Tag geritten und und vermutlich hatte er noch ein paar Stunden vor sich, ehe er Lincoln erreichen würde.

Der dunkle Hut war tief ins Gesicht gezogen. Die Krempe warf einen Schatten auf die obere Hälfte seines Gesichts.

Er hatte sein Pferd geschunden.

Rücksicht war ihm fremd.

Sowohl was Menschen betraf, als auch in Bezug auf Tiere.

Nachsicht kannte er nicht.

Mit niemandem.

Der Schoß seines Knielangen Rocks wehte für einen Moment zur Seite.

Ein imaginärer Beobachter hätte jetzt das Futteral mit der zwanzigschüssigen Mauser-Pistole sehen können.

Er hatte noch eine zweite auf der anderen Seite stecken.

Teufelswaffen waren das.

Waffen einer neuen Zeit.

Aber das Jahrhundert war jung.

Es hatte gerade erst begonnen. Und es war durstig nach Blut. Viel Blut.

Mehr als selbst eine so unbarmherzige Seele wie die des Predigers sich vorzustellen vermochte.

Man schrieb das Jahr 1901.

Und der Prediger war nicht gekommen, um Gottes Barmherzigkeit zu verkünden.

Er war gekommen, um zu töten.

*

Jenny stützte sich mit den Händen auf der Fensterbank ihres Geschäftszimmers auf der Bordell Ranch vor der Stadt ab. Das blonde Girl atmete schwer. Sie war vollkommen nackt. Hinter ihr stand Marshal Jim Dolan, der ebenfalls keinen Faden am Leib trug. Er umfasste ihr Gesäß und presste seine Lenden gegen sie. In regelmäßigen Stößen drang er in sie ein. Ihre Brüste wippten im gleichen Rhythmus. "Ja, gut so", flüsterte sie. Aber Jim hörte kaum zu. Viel zu sehr war er auf den aufregenden Körper dieser Klasse-Frau konzentriert.

Immer heftiger wurden die Bewegungen.

"Oh, Jim! Keiner besorgt's mir so wie du!", stöhnte sie.

"Schön, dass du das zu schätzen weißt, Jenny!"

"Und du willst wohl behaupten, dass du überhaupt nichts davon hast, was?"

Jim grinste. "Dumme Angewohnheit von euch Frauen..."

"Was?", keuchte Jenny.

"Die Quatscherei beim Sex!"

"Ich weiß dein Opfer zu schätzen, Jim!"

Jims Hände wanderten höher, strichen über ihre Taille, ihren Bauch, umfassten dann ihre festen Brüste und kneteten sie. Dann riss der Sturm der Leidenschaft sie beide fort.

Schweiß perlte von Jennys Haut. Das Girl schloss die Augen, presste die Lippen aufeinander. Ihr Becken drückte sie Jim entgegen, der immer wieder tief in sie hineinstieß.

Dann endlich kam der erlösende Höhepunkt.

Jenny konnte sich nicht mehr abstützen. Aber Jim hielt sie von hinten mit seinen kräftigen Armen. Sie atmeten beide schwer. Seine Hände hielten ihre Brüste, spürten ihren rasenden Herzschlag.

"Bleib so!", flüsterte sie. "Nicht weggehen... noch nicht..."

Ein Reiter preschte in diesem Augenblick auf den Vorplatz der Redlight Ranch. Er kam von der Brücke her, die über den Rio Bonito führte. Auf der anderen Seite des Flusses befand sich die Stadt Lincoln. Eine wahre Staubfontäne zog der Reiter hinter sich her, so dass man zunächst kaum etwas von ihm sehen konnte.

Vor dem Ranchhaus zügelte er seinen Gaul.

"Das ist Doug Payne!", stellte Jim verwundert fest. "Mein Gott, der ist geritten wie der Teufel! So habe ich ihn noch nie daherpreschen sehen. Höchstens seinen Gaul, nachdem er ihn abgeworfen hatte..."

Jennys Arme wanderten nach hinten, hielten seine Hüften fest und zogen sie wieder näher zu sich heran. Sie schmiegte sich dabei an ihn. Ihre Augen waren geschlossen. Ein versonnenes Lächeln spielte um ihre Lippen. "Hierbleiben, Jim..."

"Wenn Doug so daherreitet ist in der Stadt irgend etwas los", meinte Jim, dessen Blut sich langsam wieder aus anderen Körperregionen zurückzog, um in den Kopf zurückzukehren.

"Ach, Jim... gönn den armen Bankräubern und Banditen doch auch mal einen guten Tag... und mir ebenfalls!"

Jim glitt aus ihr heraus. Sie drehte sich um, schlang die Arme um seinen kräftigen Hals. Jim hob sie hoch, trug sie zum Bett und legte sie dann behutsam nieder.

Als er sich erheben wollte, zog sie ihn zu sich, küsste ihn.

"Komm", sagte sie.

Es klopfte an der Tür. "Jim! Hörst du mich Jim?"

"Ich höre dich, Doug", rief Jim Dolan zurück. Jenny verzog in gespieltem Zorn das Gesicht. Jim zuckte grinsend die Achseln.

"Jim, in der Stadt ist der Teufel los! Ich störe dich ja höchst ungern, aber Mary-Jane sagte mir unten in der Bar, dass du hier oben wärst und... du kannst mir glauben, dass ich nicht so einen Aufstand machen würde, wenn es nicht nötig wäre."

"Schon klar", meinte Jim, der bereits damit begonnen hatte sich anzuziehen.

"Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du hier störst!", rief Jenny ihm zu. "Glaub mir, wenn du so etwas noch einmal machst, werde ich Rufus dahingehend beeinflussen, dass du auf der Redlight Ranch keinen Drink mehr bekommst!"

"Lass ihn", unterbrach Jim sie. "Du merkst doch, wie konfus er ist. Da muss wirklich was passiert sein!"

Rasend schnell knöpfte er sich das Hemd zu und schnallte sich dann den Colt um.

Anschließend öffnete er die Tür.

Jenny verkroch sich unter die Decke.

Wenn dieser verdammte Assistant Marshal ihr schon den Geliebten entführen musste, dann sollte er nicht auch noch mit dem Anblick ihres wunderschönen Körpers belohnt werden.

Doug stierte sie trotzdem an.

"Nichts für ungut, Jenny!"

Das Girl machte eine wegwerfende Handbewegung. "Scheint so, als ginge es abwärts mit mir! Wenn deine Anziehungskraft auf Jim schon stärker ist als meine..."

Jim setzte den Hut auf, zwinkerte Jenny noch einmal zu.

"Mach dir ein paar schöne Gedanken, bis ich wieder zurückkomme", meinte er.

Sie warf ihm ein Kissen hinterher.

Jim duckte sich, so dass Doug es mitten ins Gesicht bekam.

Der Marshal schloss die Tür, so dass das nächste Kissen gegen das Holz prallte.

Zusammen gingen Jim und Doug dann die große Freitreppe hinunter, die in die Eingangshalle der Redlight Ranch führte.

"Meinst du das mit den Drinks in der Bar meint sie ernst?", fragte Doug.

"Einstweilen bin ich der Besitzer der Ranch", erklärte Jim. "Und Rufus ist mein Angestellter. Er wird also tun, was ich ihm sage - gleichgültig, was Jenny meint."

"Na, wenigstens eine gute Nachricht."

"Nun mal raus damit, was ist los?"

"Da warten ein paar Kerle im DRUNKEN SINNER auf mich und wollen sich mit mir schießen."

"Mit dir, Doug?"

Jetzt verstand Jim natürlich, was den Assistant Marshal bis ins Mark erschüttert und zu einem Nervenbündel hatte werden lassen. Der alte Doug erzählte zwar bei jeder Gelegenheit Geschichten aus seiner angeblich so wilden Vergangenheit als Fährtensucher der Army oder Hilfssheriff in den wilden Rinderstädten, aber das meiste davon war vermutlich schlicht und einfach erfunden. Doug war im Umgang mit Waffen ein ziemlicher Trottel. Mit einem Revolver konnte er so gut wie nichts anfangen. Er war einfach zu ungeschickt dazu. Wenn er an Jims Seite ritt und die beiden ihres Amtes walteten, dann hatte der Alte eine Schrotflinte dabei. Eine Waffe also, mit der es beinahe unmöglich war, ein Ziel, das in ihrer Reichweite lag, nicht zu treffen. Seine Freunde taten gut daran, sich genauso vor dem Schießprügel in acht zu nehmen wie seine Feinde.

"Das musst du mir erklären, Doug", meinte Jim, als sie die Tür ins Freie passierten. "Wieso wollen die sich mit dir schießen?"

"Angeblich hat jemand dreitausend Dollar auf meinen Kopf ausgesetzt..."

Jim stoppte abrupt.

"Du erzählst mir jetzt keine deiner wilden Stories, oder?"

"Jim, die Kerle wollen mich umbringen, und ich kann von Glück sagen, dass sie es noch nicht getan haben!"

*

Der Prediger erreichte Lincoln. Die Stadt bestand zu dieser Zeit aus einer einzigen Straße, der Main Street und zwei lange Reihen von Häusern an jeder Seite. Eine Rinderstadt. Von hier aus wurde das Lincoln County regiert.

Angeblich.

In Wahrheit galt das Gesetz schon hundert Yards hinter dem letzten Haus nicht mehr.

Vielleicht galt es nicht einmal wirklich innerhalb der Stadt.

Der Prediger stand ohnehin außerhalb des Gesetzes.

Er stand in dem Sinne außerhalb des Gesetzes, dass es für ihn nicht zählte.

Er scherte sich einfach nicht darum, mochte irgend ein Marshal auch der Meinung sein, dass er das tun müsste.

Aber der Prediger hatte ein anderes Gesetz, das für ihn zählte und dem er bis zur letzten Konsequenz folgte.

Es war das Gesetz Gottes.

Und zwar in seiner ursprünglichen, rachsüchtigen Form, wie im alten Testament aufgeschrieben worden war.

Mit der Bergpredigt, der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe konnte er wenig anfangen.

Und anstatt irgend jemandem die andere Wange hinzuhalten, ließ er lieber seine beiden Mauser-Pistolen sprechen.

Zusammen hatten die vierzig Schuss.

Dagegen war ein sechsschüssiger Colt geradezu chancenlos.

Mein ist die Rache, spricht der Herr!

Das war die Devise, der der Prediger folgte.

Zumindest versuchte er das.

Manchmal aber schien er zu vergessen, dass mit dem Wort ‘mein’ keineswegs er selbst, sondern vielmehr Gott gemeint war.

Mein ist die Rache!

Ein kurzes, verhaltenes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Prediges.

Ein Lächeln, dass schon einen Augenaufschlag später wieder verschwunden war und nun sein Gesicht noch sehr viel härter erscheinen ließ.

Züge, wie aus Stein gemeißelt.

Ein Antlitz, dass erschauern ließ…

*

Der Prediger erreichte das erste Haus.

Es war der Mietstall, gleich am Eingang der Stadt.

Der Prediger zügelte sein Pferd.

Vor dem Mietstall saß ein Mann auf einer Bank.

Er war eingenickt.

“Wer bist du?”, fragte der Prediger.

Der Mann antwortete nicht.

“Hat Gott dir keine Ohren gegeben, um zu hören?

Der Mann schreckte hoch.

“Sorry, Sir.”

“Bist du der Mietstall-Besitzer?”

“Bin ich.”

“Wie heißt du, mein Sohn?”

“Gordon.”

“Gorden... “, murmelte der Prediger. “Der Herr sei deiner armen Seele gnädig.” “Wollen Sie Pferd unterstellen?”, beeilte Gordon sich zu sagen, während er den Prediger mit großen Augen anstarrte. Der Schauder stand dem Mann ins Gesicht geschrieben. Und er hatte einen bestimmten Grund…

“Kennst einen Mann namens Corcoran, mein Sohn?”, fragte der Prediger.

“Den kennt hier jeder.”

“Wo finde ich ihn?”

“Ihm gehört der DRUNKEN SINNER SALOON - am Ende der Straße.” “Danke.”

“Hey, Sie erinnern mich an jemanden.”

“Ach, ja?”

“An jemanden, den ich mal gekannt habe… Scheiße Mann, diese Ähnlichkeit…” Der Mann wurde blass.

Bleich wie die Wand.

Der Prediger stieg von seinem Gaul.

Er reichte dem Mann die Zügel.

“Pass gut darauf auf.”

“Wieso kommt mir Ihr Gesicht so bekannt vor? Waren Sie schonmal hier?” “Nein.”

“Ihr Bruder?”

“Der Herr sagt: Alle Menschen sind Brüder. Du müsstest mir schon sagen, welchen davon du meinst.” Der Mann runzelte die Stirn.

“Naja, so kann man das natürlich auch sehen.” “Das kann man.”

Gordon waren die beiden Mauser-Pistolen in den Spezialholstern aufgefallen. “Warum sind Sie hier?” “Um eine alte Rechnung zu begleichen.”

“Mit Corcoran?”

Der Prediger gab darauf keine Antwort.

Er ging einfach weiter.

Die Main Street entlang. Seine Schritte waren weit. Und er drehte sich nicht noch einmal um.

Wie ein dunkler Schatten hob er sich gegen das Licht der Sonne ab.

*

Die Schwingtüren des DRUNKEN SINNER Saloons flogen auseinander, als Jim Dolan und Doug Payne eintraten. Doug trug seine Schrotflinte unter dem Arm. Jim hatte die Hand in der Nähe des tiefgeschnallten Revolvers. Er ließ den Blick schweifen. Der DRUNKEN SINNER Saloon gehörte Rex Corcoran, Jim Dolans Widersacher in Lincoln. Corcoran hatte sein Ziel noch längst nicht aufgegeben, den Marshal aus dem Weg zu räumen und durch einen Mann zu ersetzen, der leichter zu beeinflussen war. Es gab zwar einige Bürger in Lincoln, denen es nicht gefiel, dass ihr Gesetzeshüter gleichzeitig ein Bordellbesitzer war, aber die Mehrheit war nach wie vor mit Jim Dolan zufrieden. Schließlich hielt er das Gesindel in Schach. Und das war genau das, was man von ihm erwartete.

"Da vorne, die beiden an der Bar - das sind sie, Jim!", raunte Doug dem Marshal zu.

Jim und Doug gingen auf die beiden zu.

Die Gespräche verstummten.

Zwei Girls mit aufgeknöpftem Mieder und herrlichen vollen Brüsten hatten die beiden Gunslinger mit mäßigem Erfolg umgarnt. Jetzt merkten sie, dass ein Gewitter im Anmarsch war, rafften ihre Kleider zusammen und rauschten davon. Die beiden Kerle drehten sich um. Der Bärtige hatte gerade ein Bier geleert und wischte sich jetzt den Schaum aus dem Bart.

Der Mann im Saddle Coat hatte die Hand schon am Revolver.

Sie musterten zunächst Doug Payne, anschließend Jim Dolan.

"Ich habe gehört, Sie suchen hier Streit in der Stadt", stellte Jim ruhig fest.

"Sie müssen dieser Jim Dolan sein", knurrte der Bärtige.

"Ich habe schon von Ihnen gehört."

"Ich hoffe nur gutes."

"Naja, wie man's nimmt."

"Hören Sie zu, ich mache Ihnen beiden einen Vorschlag."

Jim klemmte die Daumen hinter den Revolvergurt.

Der Kerl im Saddle Coat schob sich den Stetson in den Nacken. "Da bin ich aber mal gespannt!"

Jims Augen wurden schmal. Sein Blick drückte Entschlossenheit aus. "Nach dem nächsten Glas Whiskey setzen Sie sich auf Ihre Gäule und reiten aus der Stadt."

Der Bärtige stützte die linke Hand auf dem nach vorne zeigenden Griff des zweiten Colts. "Wir haben hier niemandem etwas getan, Mister..."

"Sie haben einen Assistant Marshal bedroht, das genügt für mich, um Sie der Stadt zu verweisen..."

"Hombre, es ging um ein faires Revolverduell! Dagegen können Sie doch nichts einwenden!"

"Solange es nicht hier in Lincoln stattfindet habe ich nichts dagegen. Aber hier werde ich das nicht dulden."

Die Gesichter der beiden Männer erstarrten zu Masken.

Der Kerl im Saddle Coat ging ein Stück zur Seite. Er wandte Jim und Doug die linke Schulter zu, so dass nicht erkennbar war, was er mit dem Revolver an seiner rechten Seite machte.

"Hören Sie zu, Dolan", knurrte der Saddle Coat-Mann, "wir haben eine Rechnung mit dem Zwerg da neben Ihnen auszufechten. Am Besten Sie gehen jetzt zur Seite Marshal, sonst kriegen Sie auch noch etwas ab..."

Aber Jim Dolan dachte gar nicht daran, auch nur einen einzigen Zentimeter zurückzuweichen.

"Jedenfalls gehen wir hier nicht weg, ehe die Sache nicht beendet ist", kündigte der Bärtige an. Er musterte Doug abschätzig. "Ohne deinen Aufpasser hast du wohl nicht genug Mumm in den Knochen, du Zwerg, was?" Er lachte heiser.

"Er hat keinen Revolver", erinnerte ihn sein Komplize.

"Ja, richtig..."

"Aber wir werden doch fair bleiben..."

Der Bärtige holte den zweiten Colt aus dem Leder. Er hielt ihn umgedreht, mit dem Griff nach oben. Er streckte ihn in Dougs Richtung. "Nimm dieses Eisen hier, alter Mann!"

"Das tust du nicht, Doug", wies Jim ihn an.

Doug begann zu schwitzen.

Es herrschte jetzt Totenstille im DRUNKEN SINNER Saloon.

Alle starrten auf die Kontrahenten.

Oben, an der Balustrade tauchte das von einer hässlichen Messernarbe entstellte Gesicht des Saloonbesitzers auf.

Rex Corcoran stand kalt lächelnd da und blickte hinab.

Zwischen den Zähnen steckte ein Zigarillo, sein Arm war um die Taille eines seiner Saloon-Girls gelegt, das nichts weiter als eine knappe Corsage trug.

"Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Marshal?"

fragte er in die Stille hinein. Jim blickte hinauf.

Er registrierte, dass Corcorans rechte Hand, der Revolvermann Reilly sich einige Yards weiter, auf der anderen Seite der Balustrade postiert hatte. Auch ihn musste Jim im Auge behalten.

Nicht zum ersten Mal hatte Corcoran bezahlte Gunslinger auf den Marshal von Lincoln angesetzt.

Das allerdings der harmlose Doug Payne ins Visier dieser Revolverschwinger geraten war, passte irgendwie nicht ins Bild.

"Ihr Laden scheint übles Publikum anzuziehen, Corcoran", rief Jim zu ihm hinauf.

"Was Sie nicht sagen... Ich sehe das eher umgekehrt: Überall, wo Sie auftauchen gibt es kurze Zeit später Ärger, Dolan!"

In diesem Moment warf der bärtige Doug den zweiten Colt zu.

Doug war völlig unschlüssig. Er griff nach der Waffe, fing sie mit Mühe. Dabei rutschte ihm die Schrotflinte weg.

Hart fiel sie auf den Bretterboden. Ein Schuss löste sich.

Der Bärtige schrie auf, als ihm das Schrot in die Unterschenkel sengte.

Im selben Moment riss der Mann im Saddle Coat seinen Colt heraus.

Jim war um den Bruchteil einer Sekunde schneller.

Seine Kugel traf den Mann im Saddle Coat mitten in der Brust und nagelte ihn förmlich an den Schanktisch. Mit einem ungläubigen Staunen in den Gesichtszügen rutschte er am Holz entlang zu Boden, presste dabei die Linke auf die stark blutende Wunde.

Nur einen Augenaufschlag später feuerte der Bärtige auf Jim. Aber der Schuss traf nicht. Nahezu gleichzeitig riss Jim seinen Colt herum und feuerte erneut. Sein Schuss traf den Bärtigen an der rechten Schulter. Sein Waffenarm wurde herumgerissen, die Kugel zertrümmerte einen der neuen Kronleuchter, die Rex Corcoran aus Europa hatte importieren lassen.

Der Bärtige zielte erneut auf Jim.

Er ließ dem Marshal keine Wahl.

Jim feuerte noch einmal. Und dieser Schuss war tödlich.

Der Bärtige klappte zusammen wie ein Taschenmesser. Schwer fiel er zu Boden und blieb regungslos liegen.

Jim steckte den Revolver ein.

"Hier sieh mal", meinte Doug. "Ich habe den Revolver abgedrückt, aber irgendetwas hat damit nicht funktioniert."

Jim nahm den Revolver an sich, den der Bärtige Doug zugeworfen hatte. Der Marshal öffnete die Revolvertrommel.

"Wie ich mir gedacht habe", knurrte er. "Das Eisen ist nicht geladen!"

Dougs Gesicht verlor jetzt den letzten Rest an Farbe.

"Dieser Hund hätte..." Er stockte.

"Ja, Doug. Bei eurem Duell hättest du verdammt schlechte Karten gehabt!"

"Früher hat es so viel Niedertracht nicht gegeben, Jim"!

Nicht mal in den wildesten Zeiten von Abilene..."

Rex Corcoran kam jetzt die Freitreppe herab. Seine Augen waren schmal. Etwas unterhalb der hässlichen Narbe, die sein Gesicht verunzierte, zuckte unruhig ein Muskel. Er bleckte die Zähne. "Gratuliere, Dolan! Eine weitere Kerbe an Ihrem Revolver! Ich schätze, dort dürfte kaum noch Platz sein..."

"Ich bin nicht stolz drauf, Mr. Corcoran."

"Ehe Sie wieder irgendwelchen üblen Gerüchten Glauben schenken, dass ich diese Männer angeheuert hätte..."

"...wollen Sie mir sagen, dass Sie damit nichts zu tun haben?", unterbrach Jim ihn. "Ihr üblicher Spruch. Ich habe schon verstanden, Corcoran."

"Sie tragen Ihr Kinn reichlich hoch, Dolan! Aber eines Tages wird ein Kreuz auf dem Boothill alles sein, was Ihnen bleibt!"

"Ihre Drohungen erschrecken mich schon lange nicht mehr!"

Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Jim, wie Reilly, der Leibwächter und ständige Schatten des Saloonbesitzers oben an der Balustrade stand und provozierend mit dem Revolver herumspielte. Jim zog den Colt blitzschnell und feuerte. Die Kugel riss Reilly den Hut vom Kopf. Reilly erstarrte. "Für Ihren Wachhund gilt das im übrigen auch", setzte Jim noch an Corcoran gewandt hinzu. Dann verließ er zusammen mit Doug den den DRUNKEN SINNER SALOON.

Die Schwingtüren schwangen noch eine Weile nach.

“Dieser scheinheilige Bastard!”, knurrte Corcoran.

*

“Das wird Ärger geben”, meinte Doug Payne, als sie draußen waren.

“Sicher”, mente Jim Dolan.

“Das riecht förmlich nach Ärger, wenn du mich fragst, Jim!” “Doug!”

“Wie damals in Abelene! Da lag derselbe Geruch in der Luft, bevor es dann ganz gewaltig knallte.” Jim Dolans Augen wurden schmal, als er den dunklen Prediger sah.

Doug hatte ihn zunächst gar nicht bemerkt. Dann begriff er, worauf Jims Aufmerksamkeit im Moment konzentriert war.

“Halleluja”, sagte Doug. “Ist schon lange kein Reverend mehr hier in Lincoln gewesen. “Das ist wie damals in Abelene…” ”Was war denn damals mit dem Reverend?”

“Der hat sich einfach bei Nacht und Nebel davongemacht. Zu viele Beerdigungen. Dem war er nicht gewachsen.” “Laienprediger haben auch was für sich.” Jim drehte sich um und beobachtete, wie der Prediger geradewegs auf die Schwingtüren vom DRUNKEN SINNER SAlOON zuging. “Bei dem schwarzen Vogel da vorne bin ich mir allerdings nicht ganz so sicher, was ich von ihm halten soll…”

*

Corcoran wandte sich an den Barkeeper.

Er stieß dabei mit dem Fuß gegen eine der Leichen auf dem Boden.

"Die beiden taugten nicht viel, was Clem?"

"Hat nichts genützt, dass Sie Ihnen noch ein paar Dollar mehr angeboten haben, wenn sie den Marshal auch erschießen, Boss!", stellte Clem breit grinsend fest. "Aber wenn das stimmt, was die beiden hier erzählt haben und jemand auf Doug Paynes Kopf ein Preisgeld ausgesetzt hat, dann werden noch mehr Gunslinger kommen..."

Corcoran lachte rauh. "Ja, und da Jim Dolan den alten Sack nicht im Stich lassen wird, besteht die reelle Chance, dass unser Sternträger sich eine Kugel einfängt!" Rex Corcoran deute auf die Reihe der Flaschen. "Darauf trink ich einen! Gib mir die mit dem Whisky! Whisky ohne e vor dem y.

Das ist nämlich der echte aus Schottland - nicht der nachgemachte >Whiskey> mit e, der aus Kentucky kommt."

"Ich kann sowieso nicht lesen, Boss! Die

Flaschen erkenne ich immer an den Bildern auf den Etiketten..."

*

Die Schwingtüren flogen auseinander. Der Prediger trat ein.

Corcoran wirbelte herum.

“Deine Stunde hat geschlagen, Corcoran”, sagte er. “Mein ist die Rache, spricht der Herr. Das Böse soll getilgt werden vom Antlitz der Erde. Und niemand kann dem Fluch seiner Tat entkommen.” Es herrschte augenblicklich Schweigen.

“Was ist das denn für ein schräger Vogel?”, meinte Clem an Corcoran gerichtet.

“Eine Alte Rechnung”, sagte Corcoran. “Nichts, was der Erwähnung wert wäre.” “Soll ich ihn gleich umlegen, Boss?”, fragte unterdessen Reilly, Corcorans Leibwächter.

“Einen Moment…” Corcoran wandte sich an den Prediger. “Komm, nimm erstmal einen Drink, Prediger. Dann sieht die Welt schon wieder anders anders aus.” “Ich bin nicht durstig”, sagte der Prediger.

Er schlug den knielangen Rock auf beiden Seiten zurück.

Die Futterale mit den Mauser-Pistolen waren jetzt unübersehbar.

“Hey, was soll das werden?”, fragte Corcoran. “Ein Duell vielleicht? Ich habe hier genug Leute, die für mich schießen und aus dir ein Sieb machen, wenn sich deine Finger an die falsche Stelle verirren. Kapiert?” “Du hast noch die Gelegenheit, zu beten, bevor du stirbst”, sagte der Prediger.

“Zu gnädig”, ätzte Corcoran und verzog das Gesicht.

Reilly hatte schon die Hand am Colt. Und er machte Zeichen in Richtung von ein paar anderen Männern, die in Corcorans Diensten standen. Die verstanden das sofort.

“Du solltest die Gelegenheit dazu nutzen”, sagte der Prediger. “Aber ganz , wie du willst. Es soll mir gleichgültig sein, ob du auf direktem Weg in die Hölle fährst.” “Hört, hört…”

“Die ewige Verdammnis ist dir gewiss.”

Im nächsten Moment griffen ein halbes Dutzend Mann zu den Waffen.

Und der Prediger ließ die Mauser-Pistolen sprechen.

Vierzig Schuss in zwei Magazinen.

Das war eine Menge Blei.

*

Jim Dolan und Doug Payne rannten zurück zum DRUNKEN SINNER Saloon, als sie die Schüsse hörten.

“Teufel, der ist wohl wirklich nicht gekommen, um Rex Corcoran geistlichen Beistand zu geben!”, meinte Doug.

Jim hatte seinen Colt in der Faust.

Als er durch die Schwingtüren stieß, sah er Corcorans blutige Leiche. Ein halbes Dutzend Kugeln hatte den Besitzer des DRUNKEN SINNER SALOON geradezu an den Tresen genagelt. Corcoran hielt selbst auch den Colt in der Hand.

Neben ihm lag Reilly.

Und außerdem hatte es noch ein paar weitere Typen aus der Schießergarde des Saloonbesitzers erwischt.

“War Notwehr, Marshal”, sagte einer der anderen Gäste. “Verdammt, ich habe noch nie jemanden so schießen sehen. nicht einmal Sie, Marshal!” “Corcoran hat zuerst gezogen?”, wunderte sich Doug Payne. “Er muss verrückt gewesen sein…” “Wie heißen Sie?”, fragte Jim Dolan.

Der Prediger antwortete nicht.

In aller Ruhe steckte er die Mauser-Pistolen in die Futterale.

Jim Dolan wurde ärgerlich.

“Prediger, ich spreche mit Ihnen!”

Der Prediger drehte sich um.

Ganz langsam.

“Was ist dein Anliegen, mein Sohn?”

“Ich bin nicht Ihr Sohn”, sagte Jim Dolan. “Und abgesehen davon, will ich Ihnen wissen, was hier geschehen ist.” “Ein Mann zieht den Colt, ein anderer wehrt sich. Ist das so ungewöhnlich, Marshal?” “Nein, das nicht.”

“Warum fragen Sie dann?” Er schwieg einen Moment. Sein Blick fixierte Jim Dolan dabei.

“Teufel, irgendwo hab ich dich schonmal gesehen”, mischte sich Doug Payne ein. “Ich glaube in… Abelene. Ist das möglich, Prediger?” “Alles ist möglich, wenn der Herr es möglich macht”, sagte der Prediger.

Doug Paynes Augen wurden schmal. “Da waren eine Menge Halunken damals in Abelene…” “Der Herr erbarme sich ihrer Seelen”, sagte der Prediger. “Mögen sie in der Hölle braten.” “Bleiben Sie länger in der Stadt?”, fragte Jim Dolan.

Der Prediger verzog das Gesicht. “Keine Sorge, ich reite morgen früh weiter.” “Der Marshal hat es nicht gerne, wenn Unruhestifter in der Stadt sind”, sagte Doug Payne.

“Was du nicht sagst, mein Sohn”, murmelte der Prediger. “Gibt es ein Hotel in der Stadt?” “Die Straße ein Stück weiter”, sagte Jim.

Wortlos ging der Prediger hinaus. Die Schwingtüren bewegten sich noch eine ganze Weile.

“Jemand sollte endlich dem Totengräber bescheid sagen, dass es Arbeit gibt”, meinte jemand.

*

Am nächsten Morgen ritt der Prediger bei Sonnenaufgang aus der Stadt. Ein dunkler, sich schnell entfernender Schatten, der sich als schwarze Silhouette gegen die tiefstehende Morgensonne abhob.

ENDE

Grainger und das blutige Dutzend

von Alfred Bekker

Western

Grainger begegnet einer Bande von Halunken. Die Banditen haben es auf seinen Kopf abgesehen - nachdem er sich weigerte für sie zu arbeiten. Und dann ist da diese rothaarige, sündhaft schöne Frau, die es aus ganz anderen Gründen auf Grainger abgesehen hat...

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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1

Grainger lenkte sein Pferd auf den Hügelkamm und ließ es dort anhalten.

Das Tier schnaubte.

Der große Mann mit den dunklen Augen blinzelte gegen die Sonne.

Die Hand stützte sich auf den Colt an seiner Seite.

Er trug zwei Revolver mit Perlmut besetzten Griffen. Im Sattel steckten ein Winchester-Karabiner und eine lange Sharps Rifle.

Grainger war ein Gunslinger.

Ein Revolvermann, den man anheuerte, wenn es Ärger gab. Mal für die Regierung und die geheime U.S. Government Squad.

Mal gegen die Regierung.

Mal für das Gesetz.

Mal auf der anderen Seite dieser Grenze oder in dem zwielichtigen Land dazwischen.

Grainger folgte letztlich nur einem einzigen Gesetz.

Und das schrieb er selbst.

Es war sein Weg.

Auf sich gestellt und einsam.

Da war es besser, gut bewaffnet zu sein. Denn meistens hatte er es mit einer großen Übermacht zu tun.

Grainger hingegen kämpfte meistens allein. Er war ein Einzelgänger.

Sein Hut war so dunkel wie seine Augen.

Die schwarze Lederweste war staubbedeckt.

Grainger nahm sein Fernglas und blickte zu der Farm, die mitten in dem freien Land dastand wie ein Fremdkörper.

Es gab dort einen Brunnen. Und an diesem Brunnen war eine Frau.

Rot wie Feuer war ihr Haar.

Sie war dabei, sich zu waschen.

Die Rothaarige legte nach und noch die Männerkleidung ab, die sie bei der Arbeit auf der Farm getragen hatte. Grainger sah ihr zu. Sie schien ihn aus dieser Entfernung noch nicht bemerkt zu haben.

Große, schwere, aber trotzdem feste Brüste hatte sie und geschwungene Hüften, die Grainger daran erinnerten, dass es schon eine ganze Weile her war, dass er eine Frau gehabt hatte. Schließlich war er wochenlang in der Prärie unterwegs gewesen.

Und so ließ dieser Anblick in ihm Wünsche aufkommen, für die in den letzten Wochen kaum Raum in seinen Gedanken geblieben war.

Zu erbarmungslos war das Land, durch das er geritten war. Zu viel verlangte es jedem ab, der sich in diese Wildnis wagte. Und zu sehr musste man darauf achten, nicht die Beute irgendwelcher Halsabschneider zu werden - oder der Indianer, die jeden Weißen in der Gegend als ihren Feind ansahen.

Letzteres konnte Grainger ihnen nicht einmal verdenken.

Schließlich war das Oklahoma-Territorium eigentlich das Land der Roten.

Und streng genommen hatten die Weißen hier nichts zu suchen.

Aber das hinderte sie nicht daran, wie die Heuschrecken in dieses Gebiet einzufallen.

Oklahoma war ein Land ohne Gesetz.

Und genau das nutzten viele aus, die anderswo für ihre Taten gejagt wurden und nun hofften, jenseits der Territoriumsgrenze ihre Ruhe vor den Sternträgern zu haben.

Wahrscheinlich ging für die meisten dieser Wölfe die Rechnung sogar auf.

Jetzt hatte die Rothaarige ihn bemerkt. Sie raffte schnell ihre Sachen zusammen und hielt sie sich vor den makellosen Körper.

Schade, dachte Grainger.

Grainger hielt auf die Farm zu.

Sein Pferd roch das Wasser und mobilisierte die letzten Reserven, so schien es Grainger.

“Kommen Sie nicht näher!”, rief die Rothaarige.

“Ich will nur mein Pferd tränken”, sagte Grainger.

“Ich habe einen Derringer unter den Sachen!”

“Ma’am, ich habe nicht vor, Ihnen was zu tun”, versicherte Grainger.

“Sie wollen mir doch nicht erzählen, Sie seien ein vollendeter Gentleman!”

“Genau das! Und davon abgesehen habe ich alles von dem, was Sie im Moment verbergen ohnehin schon gesehen - wenn auch leider nur aus der Ferne, wie ich gestehen muss.”

Grainger lenkte das Pferd auf den Brunnen zu.

Er stieg ab.

Das Fernglas baumelte an einem Lederband um seinen Hals.

Mit dem Schöpfeimer holte er Wasser, um das Pferd zu tränken.

Und er selbst nahm auch etwas.

Sie streifte sich ihre Sachen über so schnell sie konnte und hatte dann plötzlich doch einen Derringer in der Hand, den sie wohl wirklich zwischen den Sachen irgendwie verborgen hatte. Der Lauf war auf Grainger richtet, während das hastig zusammengeknotete Hemd immer noch atemberaubende Einblicke gewährte.

Es machte klick, als sie de Hahn spannte.

Grainger erstarrte.

Instinktiv waren seine Hände zur Hüfte gegangen, zu den perlmutbesetzten Griffen der Revolver. Aber er zog es vor, die Eisen stecken zu lassen.

“Machen Sie das öfter, Mister?”

“Was?”

“Frauen beobachten, die sich ausziehen!”

“Wenn sich die Gelegenheit ergibt. “ Grainger grinste. “Kommt in der menschenleeren Wildnis leider viel seltener vor, als ich es mir wünschen würde.”

“Was Sie nicht sagen.”

“Ist leider eine Tatsache,”

“Jedenfalls sind Sie dafür ja hervorragend ausgerüstet.”

“Wie soll ich das denn verstehen?”

“Ich meine Ihr Fernglas.”

“Normalereise habe ich das, um Indianer und Banditen frühzeitig zu sehen und ihnen aus dem Weg gehen zu können.”

“Ach, wirklich?”

“So wie die Bande da hinten am Horizont.”

“Wie?”

“Na sehen Sie doch mal hin!”

Völlig ungerührt von dem Derringer der Rothaarigen Schönheit nahm Grainger sein Fernglas und blickte zu dem in ihrem Rücken gelegenen Horizont. Eine Posse aus einem halben Dutzend Reitern näherte sich von dort, war aber noch zu weit weg, um den Hufschlag schon hören zu können.

Das kommt gleich erst, wusste Grainger.

Er kannte sich aus.

Die Rothaarige war versucht, sich ebenfalls umzudrehen.

Aber sie traute sich nicht.

Sie musterte Grainger. In ihren Augen blitzte es.

“Das ist doch ein verdammter Trick.”

“Wenn Sie meinen…”

“Hören Sie…”

“Vielleicht sind diese Gunslinger da am Horizont ja tatsächlich Ihre Freunde und Sie haben nichts zu befürchten.”

Jetzt drehte sie sich doch um.

“Oh Gott!”, flüsterte sie, als die die herannahende Posse sah. jetzt konnte man auch langsam den dumpfen Hufschlag auf dem weichen, grasbewachsenen Grund hören.

“Scheint, als müssten Sie sich entscheiden, ob Sie den zwei Kugeln Ihres Derringer immer noch für mich reservieren wollen oder lieber für die Dreckskerle da!”

Die Entscheidung fiel ihr offenbar nicht schwer.

Sie ließ den Derringer in den Taschen ihrer viel zu weiten Männerhose verschwinden.

Grainger sah unterdessen der herannahenden Bande ruhig entgegen.

Sein Pferd schnaubte etwas.

Grainger strich ihm beruhigend über den Hals.

“Kein Grund zur Aufregung, mein Guter”, flüsterte er dem Tier zu.

Grainger hatte sich angewöhnt, mit den Pferden zu reden, die er ritt. Zumindest, wenn er lange und allein unterwegs war. Und genau das war in letzter Zeit der Fall gewesen.

2

Der Reitertrupp kam heran. Die Männer zügelten ihre Pferde. Der Anführer war ein hochgewachsener, grauer Wolf. Alles an ihm war grau wie Asche.

Seine Kleidung, die zum Teil wohl noch aus ausgebleichten Uniformteilen der Konföderierten-Armee bestand, sein struppiger Bart, das Haar, dass ihm bis zu den Schultern herabfiel.

Selbst seine Augen waren grau.

Grau, wie die Augen eines Falken.

Und genau so wurde er auch von allen genannt.

Hawk.

Falke.

Ein Name, der in diesem wilden, ungezähmten Land einen gewissen Klang hatte.

Auch Grainger hatte schon von Hawk gehört. Und er wusste vor allem, dass mit Hawk nicht zu spaßen war.

Während des Bürgerkriegs war Hawk ein berüchtigter Guerilla-Anführer in Missouri gewesen. Im Dienst des Südens hatten sie gekämpft, geplündert und gemordet.

Zwei Dinge hatten dazu geführt, dass damit auch nach dem Krieg nicht aufgehört hatten.

Erstens konnten sie es nicht verwinden, dass nicht die Konföderierten Staaten von Amerika den Krieg gewonnen hatten, sondern der Norden.

Die vermaledeiten Yankees, die sie hassten wie die Pest.

Und zweitens?

Der zweite Grund war sehr einfach.

Der simpelste Grund, den man sich überhaupt denken konnte.

Das Plündern und rauben war einfach ein zu einträgliches Geschäft.

Und vor allem war es viel leichter, jemand anderem etwas wegzunehmen, als es sich selbst zu erarbeiten. Und so hatten Hawk und seine Gunslinger einfach immer weitergemacht.

Die Reitergruppe formierte sich zu einer Reihe. Wie eine Phalanx kamen die Revolverschützen näher. Sie zogen diese Phalanx etwas auseinander, bildeten schließlich einen Halbkreis und verharrten.

Grainger registrierte, dass die Rothaarige vollkommen blass geworden war.

Der letzte Rest an Farbe war aus ihrem Gesicht verschwunden.

Und Grainger war nun es klar: Sie kennt diese Bastarde. Vielleicht hat sie nur von ihnen gehört, aber wahrscheinlicher ist, dass sie ihnen schon begegnet ist.

Laut fragte er: “Wie heißen Sie eigentlich?”

“Ich glaube, dass ist nicht der geeignete Zeitpunkt, um sich vorzustellen”, fand sie.

“Finden Sie?”

“Allerdings.”

“Und was haben sie diesen Schweinehunden getan, dass die hinter Ihnen her sind?”, hakte Grainger nach, dessen Hände inzwischen herabgeglitten waren.

Zu den Colts.

Er zählte insgesamt dreizehn Mann.

Und zwölf Patronen steckten in den Drehtrommeln der beiden 45er Colts, deren Perlmutgriffe aus den Holstern herausragten.

Das bedeutete erstens, er konnte sich keinen Fehlschuss leisten.

Und es bedeutete noch etwas anderes.

Eine Kugel zu wenig!

Er war entweder auf die beiden Kugeln angewiesen, die im Derringer der rothaarigen Lady steckten - oder auf gut Glück und darauf, dass es ihm gelang, schnell genug die Winchester aus dem Futteral an seinem Sattel herauszureißen.

Und das eine behagte ihm so wenig, wie das andere.

Und dann griff der Erste von ihnen zum Colt. Grainger war schneller. Seine Bewegung war gleitend und geschmeidig. Die Hand riss die Waffe heraus und feuerte. Ein makelloser Bewegungsablauf, ohne Ansatz, ohne Unterbrechung. Wie viele Male musste er das schon getan haben, um es in dieser Vollendung ausführen zu können!

Er traf den Kerl an der Schulter.

Das Pferd des Mannes stellte sich wiehernd auf die Hinterhand.

Grainger wirbelte blitzschnell in Hawks Richtung. Der hatte seinen Colt noch noch nicht einmal richtig aus dem Leder herausbekommen.

So schnell war Grainger gewesen.

“Lass es!”, rief Grainger.

Hawk verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Er hatte gesehen, wie schnell Grainger mit dem Revolver war. So schnell, dass keiner seiner Männer gegen ihn eine Chance hatte. Nicht einmal den Hauch einer Chance.

Einen Augenblick lang hing alles der Schwebe.