Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1800. Fortsetzung.
20. Juni; Ausgabenliste. d 20 Jun auf Stuttg. mitgegeben - 66 vor Mobel etlich ...
24. Juni. Aus einem Brief Johann Isaak Gernings an Christian Ludwig Neuffer. ...
Copyright
EINLEITUNG
IX
In diesen Monaten schlägt das Pendel weit und weiter aus im Raum. Die Intervalle werden kürzer.
Juni 1800. Von Homburg nach Nürtingen & Stuttgart. Januar 1801. Nach Hauptwil bei St Gallen. April 1801. Nach Nürtingen & Stuttgart. Dezember 1801. Nach Bordeaux; zu Dordogne & Garonne. Mai 1801. Nach Scardanal; zu Rein anteriur & posteriur. Ende Juni 1801. Vom Conflux nach Stuttgart & Nürtingen.
Aus dem nicht ebenbürtigen Neuffer ist ein Feind geworden. Zu dessen Zirkel gehört auch der Landschaftssekretär Friedrich Weisser, als Kritiker für Cotta tätig, der ihn bis in den Turm verfolgen wird. Dafür hat er im gleichaltrigen Christian Landauer, dem gebildeten, kunstliebenden Kaufmann, einen neuen Freund gefunden und wohnt auch bei ihm. Ferdinand Huber, Redakteur von Cottas Flora, scheint ihm gewogen. In Stuttgart eingetroffen, schrieb er noch ins Foliobuch: Ich komme, Jovis Sohn, hier ins Thebanerland … Prolog des Dionysos in den Bacchantinnen des Euripides. Doch der folgende Gesang Wie wenn am Feiertage… bricht ab. Er zieht sich in sich selbst zurück, verstummt beinah.
Endlich im September. Das Wort Ermunterung im Dankbillet Prinzessin Augustes wird zum Titel einer Ode. Weitere entstehen, gelangen über Sinclair zu ihr. Er nimmt eine neue Stelle an, diesmal in der Schweiz. Doch bevor er fortgeht, verändert sich etwas in ihm. Was, zeigt sich in Hauptwil, als er wieder zum Gesang ansetzt. Zweimal bricht er ab. Beim dritten ist der neue Ton gefunden, derenige, der ihn vereinzeln wird - unannehmbar in den Fakultäten: Dich Mutter Asia! grüß ich …
Johannes Vermehren in Jena erhält die Ode Unter den Alpen gesungen … und die Elegie schlechthin: Menons Klagen um Diotima. Cotta wolle seine Gedichte verlegen, wird ihm mitgeteilt. Er kehrt sofort zurück, ordnet, was er hat, ergänzt es durch die großen Elegien Heimkunft, Brod und Wein und Stutgard. Aber der Vermerk in Cottas Auftragsbuch wird irgendwann gestrichen. … sie können mich nicht brauchen, schreibt er an Böhlendorff, den ein gleiches Schicksal trifft, und geht fort nach Frankreich. Im Gepäck Antigone und Ödipus. Sie sind fast fertig, als er Anfang Juli wieder da ist. Nicht mehr ganz bei sich, wie fast alle meinen.
Sie nimmt auf ewig Abschied. Landauer schickt den Brief ihm nach. Bricht Mitte Mai auf, passiert am 7. Juni den Pont du Kehl bei Straßburg. Will nach Griechenland und kehrt dann doch am Adula um. In der Rheinschlucht unter Scardanal wird er niedergeschlagen, beraubt. An ihrem Todestag, den er durch Sinclairs Brief erfährt, der zugleich mit ihm in Stuttgart eintrifft. Jetzt kann der Gesang entstehen. Die Wanderung zuerst, Der Rhein, Die Friedensfeier. Diese bringt er mit nach Regensburg, wo sie das alte Römische Reich auflösen.
1800. Fortsetzung.
In der ersten Juniwoche. Konzept eines Gedichts an die Schwester, im Stuttgarter Foliobuch, auf der Seite von Sapphos Schwanengesang. Die gewählte Konstellation entspricht dem künftigen Verhältnis zwischen den Geschwistern, das Suzette Gontard in ihrem letzten Brief entworfen hatte. Der auch der Mutter mitgeteilte Plan Muttere Plan nennt entweder eine Übernachtung: entweder in dem seit dem Tod des Vaters von den Verwandten Lederer-Essich verwalteten Klosterhof in Lauffen - im sogenannten Dorf oder,Dörfle’- oder auch bei Blösts in Klingenberg am Neckar.
An meine Schwester.
Übernacht’ ich im Dorf
Albluft
Straße hinunter
Haus Wiedersehn. Sonne der Heimath
Kahnfahrt,
Freunde Männer und Mütter.
Schlummer.
Um die Junimitte vmtl. in Nürtingen. Die ohne Entwurf überlieferte alkäische Ode Rükkehr in die Heimath erscheint im Cottaischen Almanach Für Herz und Geist. Ein Taschenbuch auf das Jahr 1801. Dessen Herausgeber Friedrich Haug dürfte das Gedicht bald nach der Ankunft in Stuttgart erhalten haben.
Rükkehr in die Heimath.
Ihr milden Lüfte, Boten Italiens! Und du mit deinen Pappeln, geliebter Strom! Ihr woogenden Gebirg’, o all ihr Sonnigen Gipfel, so seid ihr’s wieder!
Du stiller Ort! in Träumen erschienst du fern Nach hoffnungslosem Tage dem Sehnenden, Und du, mein Haus, und ihr, Gespielen, Bäume des Hügels, ihr wohlbekannten!
Wie lang ist’s, o wie lange! des Kindes Ruh’ Ist hin, und hin ist Jugend und Lieb’ und Lust; Doch du, mein Vaterland, du heilig- Duldendes, siehe, du bist geblieben!
Und darum, daß sie dulden mit dir, mit dir Sich freun, erziehst du, Theures! die Deinen auch, Und mahnst in Träumen, wenn sie ferne Schweifen und irren, die Ungetreuen.
Und wenn im heißen Busen dem Jünglinge Die eigenmächt’gen Wünsche besänftiget Und stille vor dem Schiksaal sind, dann Giebt der Geläuterte dir sich lieber.
Lebt wohl dann, Jugendtage, du Rosenpfad Der Lieb’, und all’ ihr Pfade des Wanderers, Lebt wohl! und nimm und seegne du mein Leben, o Himmel der Heimath, wieder!
20. Juni; Ausgabenliste. d 20 Jun auf Stuttg. mitgegeben - 66 vor Mobel etlich Kleidungs Stücke dem Botten vor Transporte seiner Sachen - 15.
Mglw. bald nach der Ankunft in Stuttgart wird auf einer leeren Seite im vorderen Teil des Foliobuchs eine Erweiterung der als Sapphos Schwanengesang konzipierten Ode notiert. Werden die beiden in dieser Skizze nicht zitierten Zeilen als weiterhin gültig gesetzt, kann der durch das dreimalige Hier aktualisierte Plan als Palinodie, als Widerruf des resignativen Gehalts der Ode Rükkehr in die Heimath verstanden werden.
Himmlische Liebe! wenn ich dein vergäße
Wenn von der süßen Jugend immermahnend die Erinnerung nur mir blieb Eines wüßt ich Ihr Hier Hier Hier
Auf der gegenüber liegenden Seite wiederholt wird der Eingang der im Entwurf schon vorliegenden Ode Ermunterung, deren zwar nicht notierte, vmtl. jedoch von Anfang an feststehende Überschrift dem ermunternden Billet Prinzessin Augustes verpflichtet ist. Anzunehmen also, daß der Dichter hier eine der Schwester, der Geliebten und der fürstlichen Gönnerin gewidmete Odentriade ins Auge gefaßt hatte.
Echo des Himmels! heiliges Herz, warum Verstummst du unter den Sterblichen?
Dieses Vorhaben wird modifiziert und auf den Charakter des naiven, idealischen und heroischen Tons hin zentriert durch die drei einige Blätter weiter vorn in einer Reihe notierten Überschriften und Anreden:
24. Juni. Aus einem Brief Johann Isaak Gernings an Christian Ludwig Neuffer. Gerning hatte sich bald darauf von seinen Geschäften zurückgezogen und als dilletierender Schriftsteller in Homburg vor der Höhe zur Ruhe gesetzt.
Leider hab’ ich Hölderlin verfehlt, der in den nahen Taunusfluren lebte; begrüßen Sie mir ihn herzlichst; ich hoff ihn bald ’mal zu sehen; dort in Homburg sollten wir einst eine Germanische Gesellschaft jährlich halten, wie weiland die Schweizer zu Olten eine Helvetische hielten.
Vmtl. Ende Juni, aus Stuttgart. An Johanna Christiana Gock.
Liebste Mutter!
Ich danke Ihnen herzlich für Ihren gütigen Brief, und die guten Wünsche, die er enthält. Ich werde mich bestreben, von meiner Seite alles zu thun, was mich einer baldigen und dauernden Erfüllung derselben würdig machen kann.
Sie können nicht glauben, mit welchem Gefühle von Dank und Achtung gegen die Meinigen ich meinen Weg hieher gieng. Die Theilnahme und Aufmunterung treuer wohlmeinender Gemüther ist mir auf der Stelle meines Lebens, worauf ich jezt bin, ein größeres Geschenk, als irgend etwas, worauf man sonst großen Werth zu legen Ursache hat.
Mein Logis und die Aufnahme in meines Freundes Hauße fand ich ganz nach meinem Wunsche.
Überhaupt haben mich meine alten Bekanten so gutmüthig empfangen, daß ich wohl hoffen darf, hier eine Zeit im Frieden zu leben, und ungestörter, als bisher, mein Tagewerk thun zu können.
Ich halte es für ein Glük, daß mir schon das anständige und erwünschte Anerbieten von einem jungen Manne, der in der Canzlei arbeitet, gemacht worden ist, daß ich ihm Stunden in der Philosophie geben möchte, wofür mir monatlich ein Karolin bezahlt wird.
Sonst habe ich eben manche Ausgabe machen müssen, um mich vollends in meiner kleinen Wirthschaft einzurichten. Besonders habe ich mich nicht gerne entschlossen, mir einen Schreibtisch, der zugleich als Commode dient, zu bestellen, was doch, als ein anständiges Meuble, mir nothwendig schien und von Landauer angerathen wurde, weil ich auf dem kleinen Tischchen nicht wohl mit meinen Papieren in Ordnung bleiben, und wie Sie selbst sehn, ohne Inkommodität meine Kleider und Wäsche pp. auch nicht immer in dem Koffre behalten kann.
Ich brauche den Schreibtisch nicht gleich zu bezahlen, also sind Sie auch nicht für jezt gerade dadurch mit neuen Ausgaben belästigt. Wenn es Ihnen aber möglichwäre, noch mit einigen Karolinen mir in einiger Zeit auszuhelfen, und mich so vollends sicher zu stellen, so werde ich es mit herzlichem Dank annehmen und wohl auf ein Jahr lang Sie, liebste Mutter! unbelästiget lassen können. Haben Sie eben jezt noch Gedult mit mir! An Fleiß und gutem Muth und gehöriger möglichster Einschränkung soll es nun und nimmer fehlen.
Es betrübt mich genug, da ich andern Menschen und besonders den Meinigen nur Freude machen möchte, daß ich für jezt nur immer mehr empfangen muß, als geben kann.
Tausend Grüße an meine theure Schwester! Ich habe neulich unterwegs ein kleines Gedicht an sie entworfen, das ich ihr nächstens schiken will, wenn es ihr einen vergnügten Augenblik machen sollte. Landauers empfehlen sich Ihnen und der Schwester. Ich hoffe immer noch, daß wir in kurzem Friede haben, und von kriegerischen Unruhen befreit seyn werden.
Ich habe noch eine ziemliche Quantität weiße Wäsche in meinem Koffre gefunden, Sie dürfen sich also nicht wundern, wenn Sie unter der schwarzen Wäsche manches nicht finden, was zur ganzen Anzahl gehörte. Die Beinkleider bitte ich auszubessern, und die kurzen färben zu lassen. Ich will Ihnen im nächsten Briefe schreiben, wie viel ich Hembden p.p. noch hier habe, daß Sie sehen können, wie viel mir fehlt.
Küssen Sie die lieben Kinder in meinem Nahmen. Ewig Ihr dankbarer Sohn Hölderlin.
Der Bücherkasten u. Vorhang ist ganz nach Wunsche ausgefallen. Meine Sachen habe ich alle richtig erhalten.
Nach der Ankunft in Stuttgart. Mit anderer Stimme redend und mglw. schon im Blick auf das zentrale Bild des im Foliobuch folgenden Entwurfs Wie wenn am Feiertage...: Übersetzung des Dionysos-Prologs Η κ ω ∆ ι ο ς π α ι ς τ η ν δ ε … In v. 11 setzt Hölderlin statt der Tochter Heiligtum (ϑ υ γ α τ ρ ο ς σ η κ ο ν) … Feigenbaum (…σ υ κ ο ν) und bringt drei Jahre später, im Gesang Andenken, die beiden klanglich nahen Begriffe - den eingefriedeten Raum unter freiem Himmel und den deutungsvollen Baum - zusammen: Im Hofe aber wächset ein Feigenbaum.
Die Bacchantinnen des Euripides.
Ich komme, Jovis Sohn, hier ins Thebanerland, Dionysos, den gebahr vormals des Kadmos Tochter Semele, gechwängert vom Gewitterfeuer. Und sterbliche Gestalt, an Gottes statt annehmend Bin ich bei Dirzes Wald, bei Ismenos Gewässer. Der Mutter Grabmal seh’ ich, der gewitterhaften, Dort, nahe bei den Häusern, und der Hallen Trümmer, Die rauchenden, noch lebend göttlichen Feuers Flamme. Die ewge Gewaltthat Heres gegen meine Mutter. Ich lobe doch den heilgen Kadmos, der im Feld hier Gepflanzt der Tochter Feigenbaum. Den hab ich rund Umgeben mit des Weinstoks Traubenduft und Grün, Und ferne von der Lyder golderfülltem Land, Der Phryger und der Perser lichtgetroffner Gegend, Bei Bactras Mauern, durch das stürmische Gefild Der Meder, durch Arabien, das glükliche, Und die ganze Asia wandernd, die am salzigen Gewässer liegt, für beede, Griechen und Barbaren Wie sie gemischt sind, reich an schöngethürmten Städten, So kam ich hier in eine Griechenstadt zuerst, Daselbst mein Chor zu führen und zu stiften mein Geheimniß, daß ich sichtbar sei ein Geist den Menschen. Zuerst in Thebe hier im Griechenlande, Hub ich das Jauchzen an, das Fell der Rehe fassend.
Vmtl. Ende Juni. Erstes Konzept zu einem dem Dichterberuf geltenden Gesang in metrisch korrespondierenden Strophen nach antikem Muster. Es wird einige Zeilen unter dem Dionysos-Prolog begonnen, der hier noch fehlende Beginn mit dem folgenden Vorentwurf nachgetragen.
Fragt die
Aber wie nenn ich sie Hier im sei das Lied Der Erd und ihren Flammen und der Sonne des Himmels Und den Gewittern, die in der Luft, und die Geheimnißvoller bereitet, hinwandernd Zwischen Himmel und Erde, unter den Völkern, Gedanken sind, des göttlichen Geistes Stillendend in der Seele des Dichters.
Daß sie getroffen vor Alters, Unendlichem bekannt, von langen Erinnerungen Erbebt in ihrer eigenen Tiefe Und ihr, entzündet von göttlichem, Die Frucht, in Liebe geboren, Des Himmels und des Menschen Werk Der Gesang entspringt, damit er zeuge von beiden.
So traf Und alle trinken jezt ohne Gefahr Das himmlische Feuer, doch uns, ihr Dichter uns gebührt Mit entblößtem Haupt, unter Gottes Gewittern, zu stehen, und des Vaters Stralen, sie selbst, sie selbst Zu fassen, und eingehüllt Den Menschen
Vmtl. im Juli entstehen die weiteren Stufen des Gesangs in metrisch korrespondierenden Strophen. Vorfügung des noch nicht versifizierten Beginns und mehrstufige Fortsetzung bis zum Abschluß des Vorentwurfs. Die versuchsweise Einrükkung einiger Zeilen des Konzepts wird hier der linksbündigen Anordnung des übrigen Entwurfs angeglichen.
Wie wenn der Landmann am Feiertage das Feld zu betrachten hinausgeht, des Abends, wenn aus heißer Luft die kühlenden Blize fielen den ganzen Tag, und fern noch hallet der Donner, und wieder in sein Ufer der Strom sinkt, aber frischer grünet die Wiese und der Kornhalm richtet sich auf, vom erquikenden Reegen des Himmels und glänzend stehn in stiller Sonne die Bäume des Hains,
So stehen jezt unter günstiger Witterung
die Dichter. Die kein Meister allein, die wunderbar, allgegenwärtig erziehet, in leichtem Umfangen, die mächtige, die göttlichschöne Natur. Drum, wenn zu schlafen sie scheint in Zeiten des Jahrs, am Himmel oder unter Pflanzen oder den Völkern, trauert der Dichter Angesicht auch. Sie scheinen allein zu seyn.
Und wie des Helden Auge siegverkündend, von mächtigen Gedanken entzündet, so ist jezt entzündet an den Thaten des Lebens ein Feuer in der Seele doch kaum gefühlt, der Dichter und was zuvor geschah, uns Schlafenden was täglich noch geschiehet, in göttlicher Bedeutung ist es offenbar geworden und eine neue Sonne scheinet über uns, es blühet anders denn zuvor der Frühling, wie Waldes Rauschen, von göttlichem Othem bewegt, so tönet der geschäfftiglärmende Tag um uns, und lieblich der Schlaf der Nacht, Und wir sängen
und wenn der Wohllaut einer Welt in uns wiedertönte, so sollt es klingen, als hätte der Finger eines Kindes, muthwillig spielend, das Saitenspiel des Meisters berührt? o schonet nicht sein Saitenspiel, und spottet selber des Meisters, doch wenn sein Geist, und so wir tönen, er hört es nicht! doch andre werden es hören das Lied, das gleich der Rebe der Erd’ entwachsen ist und ihren Flammen und der Sonne des Himmels und den Gewittern, die in der Luft, und die Geheimnißvoller bereitet, hinwandernd Zwischen Himmel und Erde, unter den Völkern,
Gedanken sind, des göttlichen Geistes Still endend in der Seele des Dichters.
Daß sie getroffen vor Alters, Unendlichem bekannt, von langen Erinnerungen Erbebt in ihrer eigenen Tiefe Und ihr, entzündet von göttlichem, Die Frucht, in Liebe geboren, Des Himmels und des Menschen Werk Der Gesang entspringt, damit er zeuge von beiden.
So traf
Und alle trinken jezt ohne Gefahr Das himmlische Feuer, doch uns, ihr Dichter uns gebührt Mit entblößtem Haupt, unter Gottes Gewittern, zu stehen, und des Vaters Stralen, sie selbst, sie selbst Zu fassen, und eingehüllet und gemildert, im Liede den Menschen, die wir lieben, die himmlische Gaabe zu reichen. Denn sind wir reinen Herzens nur, den Kindern gleich sind schuldlos oder gereiniget von Freveln unsere Hände, dann tödtet dann verzehret nicht, der heilige und tieferschüttert bleibt, das innere Herz doch fest, mitleidend die Leiden des Lebens, den göttlichen Zorn der Natur, und ihre Wonnen, die der Gedanke nicht kennt, Aber wenn von selbgeschlagener Wunde das Herz mir blutet, und tiefverloren der Frieden ist, und freibescheidenes Genügen. und die Unruh’, und der Mangel mich treibt zum Überflusse des Göttertisches, wenn es rings um mich
und sag ich gleich, ich wäre genaht, die Himmlischen zu schauen, sie selbst sie werfen mich tief unter die Lebenden alle, den falschen Priester hinab, daß ich, aus Nächten herauf, das warnend ängstige Lied, den Unerfahrenenen singe.
Auf die Reinschrift der zweiten und Entwurf der dritten Strophe folgten die Überarbeitungen dieser Niederschrift auf einem dem Foliobuch beigelegten Quartblatt.
So steht ihr unter günstiger Witterung Ihr die kein ie kein Meister allein, die wunderbar Allgegenwärtig erziehet, in leichtem Umfangen, Die mächtige, die göttlichschöne Natur. Drum wenn zu schlafen sie scheint in Zeiten des Jahrs Am Himmel oder unter den Pflanzen oder den Völkern, So trauert der Dichter Angesicht auch, Sie scheinen allein zu seyn, doch ahnen sie immer. Denn ahnend ruhet sie selbst die Natur.
Jezt aber tagts. Ich harrt und sah es kommen. Und was ich sah, das Heilige sei mein Wort! Denn sie, sie selbst, die älter, denn all ihre Zeiten Und alle Götter des Abends und des Orients ist, Die Natur selber ist mit Waffenklang erwacht, Und hoch vom Aether bis zum Abgrund Nach vestem Geseze, aus heiligem Chaos geboren Fühlt neu die Begeisterung allerschaffend sich
Vorläufige Reinschrift, Neufassung des Vorentwurfs und weitere Überarbeitungsstufen. Der im Vorentwurf unvollständig gebliebene Schluß wird nur partiell überarbeitet und ausgeformt.
Wie wenn am Feiertage, das Feld zu sehn Ein Landmann geht, des Morgens, wenn Aus heißer Nacht die kühlenden Blize fielen Die ganze Zeit und fern noch tönet der Donner, In sein Gestade wieder tritt der Strom, Und frisch der Boden grünt Und von des Himmels erfreuendem Reegen Der Weinstok trauft und glänzend In stiller Sonne stehn die Bäume des Haines:
So stehn sie unter günstiger Witterung, Sie die kein Meister allein, die wunderbar Jezt erzieht in leichtem Umfangen Die mächtige, die göttlichschöne Natur. Drum wenn zu schlafen sie scheint zu Zeiten des Jahrs Am Himmel oder unter den Pflanzen oder den Völkern So trauert der Dichter Angesicht auch, Sie scheinen allein zu seyn, doch ahnen sie immer. Denn ahnend ruhet sie selbst auch.
Jezt aber tagts! Ich harrt und sah es kommen, Und was ich sah, das Heilige sei mein Wort. Denn sie, sie selbst, die älter denn die Zeiten Und über die Götter des Abends und des Orients ist, Die Natur ist jezt mit Waffenklang erwacht, Und hoch vom Aether bis zum Abgrund nieder Nach vestem Geseze, wie einst, aus heiligem Chaos gezeugt, Fühlt neu die Begeisterung sich, Die Allerschaffende wieder.
Und wie im Aug’ ein Feuer dem Manne glänzt, Wenn hohes er entwarf; so ist Von neuem an den Zeichen, den Thaten der Welt jezt Ein Feuer angezündet in Seelen der Dichter. Und was zuvor geschah, doch kaum gefühlt, Ist offenbar erst jezt, Und die uns lächelnd den Aker gebauet, In Knechtsgestalt, sie sind erkannt, Die Allebendigen, die Kräfte der Götter.
Erfrägst du sie? im Liede wehet ihr Geist Das auch der Sonne, wie Blumen und dunkler Erd Entwächst, und Wettern, die in der Luft, und andern Die vorbereiteter in Tiefen der Zeit, Und deutungsvoller, und vernehmlicher uns Hinwandeln zwischen Himmel und Erd und unter den Völkern Des gemeinsamen Geistes Gedanken sind, Still endend in der Seele des Dichters, Daß schnellbetroffen sie, unendlichem bekannt Seit langer Zeit, von Erinnerung Erbebt, und ihr, von heiligem Stral entzündet Die Frucht in Liebe geboren, der Götter und Menschen Werk Der Gesang, damit er beiden zeuge, glükt. So fiel, wie Dichter sagen, da sie sichtbar Den Gott zu sehen begehrte, sein Bliz auf Semeles Haus Und die Asche der göttlichgetroffnen gebahr, Die Frucht des Gewitters, den heiligen Bacchus.
Und daher trinken himmlisches Feuer jezt Die Erdensöhne ohne Gefahr. Doch uns gebührt es, unter Gottes Gewittern, Ihr Dichter! mit entblößtem Haupte zu stehen, Des Vaters Stral, ihn selbst, mit eigner Hand Zu fassen und dem Volk’ ins Lied Gehüllt die himmlische Gaabe zu reichen. Denn sind nur reinen Herzens, Wie Kinder, wir, sind schuldlos unsere Hände
Dann tödtet nicht, der reine versengt er nicht Und tieferschüttert, die Leiden des Stärkeren Mitleidend, bleibt im unaufhaltsamen Sturme Des Gottes, wenn er nahet, das Herz doch fest. Doch weh mir! wenn von selbgeschlagener Wunde das Herz mir blutet, und tiefverloren der Frieden ist, und freibescheidenes Genügen, und die Unruh’, und der Mangel mich treibt zum Überflusse des Göttertisches, wenn rings um mich
und sag ich gleich, Ich sei genaht, die Himmlischen zu schauen, Sie selbst, sie werfen mich tief unter die Lebenden alle Den falschen Priester hinab, ins Dunkel, daß ich Dort das warnende Lied den Gelehrigen singe.
Neben Und tieferschüttert, die Leiden des Stärkeren / Mitleidend… die Randnotiz: Die Sphäre die höher ist, als die des Menschen diese ist der Gott
Vmtl. Mitte Juli. An Johanna Christiana Gock.
Liebste Mutter!
Nur ein paar Worte, um Ihnen herzlichen Dank zu sagen und vorzüglich auch Sie zu versichern, daß eine Anmahnung von Ihnen gewiß von mir nicht, wie wohl sonst der Fall seyn konnte, mit Empfindlichkeit mehr aufgenommen werde.
Sie sind ja als Mutter, meine natürliche und ewige Freundin und was ist ehrwürdiger und dem Herzen wohlthätiger, als wenn ein treuer Sinn, wie der Ihre, die Sorgen und nothwendigen Bedenklichkeiten des Lebens für uns übernimmt.
Glauben Sie nur, wenn ich Sie manchmal stillschweigend ansah, und das Alter in Ihrer mir öfters gegenwärtigen Miene bemerkte, da dachte ich im Herzen, so opfert sich eines für das andre, u. ja! Sie haben mir und mir besonders viele Liebe, und manche Kraft geopfert, die sich in Besorgnissen und Bemühungen um mich verzehrte. Und wenn ich Ihnen selten so etwas ausspreche, so ist es nur, weil ich solche Gedanken lieber in mir bewahre, um sie, wo möglich, in einem Leben, das Ihrer würdig ist, zu offenbaren. -
Sie können nun eine Weile wieder, wie ich hoffe, wegen meinen Bedürfnissen ruhig seyn. Ich habe ein paar Karolin noch von meinem Verleger einzunehmen, und so wird es mir möglich, nebst dem gütig zugesandten, den Schreibtisch zu bezahlen und zum Hausgebrauche noch einige Zeit auszureichen. Ich habe auch wieder einen neuen Antrag zu Lectionen von HE. Registrator Gutscher, den ich noch von Rastadt aus kannte, bekommen.
Wahrscheinlich will mich HE. Registrator Frisch vierteljährlich bezahlen, denn ich habe noch nichts von ihm eingenommen, kann aber, wie ich weiß, in jedem Falle auf seine Generosität rechnen.
Der Brief von unsrem Karl ist eigentlich an Sie gerichtet und ich muß tausendmal um Vergebung bitten, daß ich ihn das leztemal wieder zu schiken vergaß. Ich war damals zu sehr beschäfftiget.
An alle herzlichen Gruß!
So bald es meine Geschäffte erlauben, bin ich so frei, Sie zu besuchen.
Ihr treuer Sohn Hölderlin.
Nach Abbruch des nach griechischem Vorbild metrisch gebundenen Gesangs Wie wenn am Feiertage… Rückkehr zu der im Frühjahr begonnenen Erweiterung epigrammatischer Oden. Zunächst Konzept zur großangelegten Neufassung der ursprünglich zweistrophigen asklepiadeischen Ode An die Deutschen.
Spottet ja nicht Oder kommt - - Sind eure Berge Kurzsichtig der Menschen Leben Aber o ihr heiligen prophetischen Wenn ich, wie eine unzeitige Blüthe Dir die ahne So dir Ohne Freu
Nach mehreren Entwurfsstufen erreicht die Ode den Umfang von 16 Strophen, wobei die letzten beiden nur in unausgeformtem Entwurf vorliegen.
An die Deutschen.
Spottet nimmer des Kinds, wenn noch das alberne Auf dem Rosse von Holz herrlich und groß sich dünkt, O ihr Guten! auch wir sind Thatenarm und gedankenvoll.
Aber komt, wie der Stral aus dem Gewölke komt,
Aus Gedanken vieleicht, geistig und reif die That? Folgt die Frucht, wie des Haines Dunklem Blatte, der stillen Schrift?
Und das Schweigen im Volk, ist es die Feier schon Vor dem Feste? die Furcht, welche den Gott ansagt? O dann nimmt mich, ihr Lieben! Daß ich büße die Lästerung.
Schon zu lange, zu lang irr ich, dem Laien gleich, In des bildenden Geists werdender Werkstatt hier, Nur was blühet, erkenn ich, Was er sinnet, erkenn ich nicht.
Und zu Ahnen ist süß, aber in Leiden auch, Und schon Jahre genug leb’ ich in sterblicher Unverständiger Liebe Zweifelnd, immer bewegt vor ihm
Der das stetige Werk immer aus liebender Seele näher mir bringt, lächelnd dem Sterblichen Wo ich zage, des Lebens Reine Tiefe zu Reife bringt.
Schöpferischer, o wann, Genius unsers Volks, Wann erscheinest du ganz, Seele des Vaterlands Daß ich tiefer mich beuge Daß die leiseste Saite selbst
Mir verstumme vor dir, daß ich beschämt Eine Blume der Nacht, himmlischer Tag, vor dir Enden möge mit Freuden Wenn sie alle, mit denen ich
Vormals trauerte, wenn unsre Städte nun Hell und offen und wach, reineren Feuers voll Und die Berge des deutschen Landes Berge der Musen sind,
Wie die herrlichen einst, Pindos und Helikon, Und Parnassos, und rings unter des Vaterlands Goldnem Himmel die freie Klare geistige Freude glänzt.
Enge begränzt ist wohl unsere Lebenszeit, Unserer Jahre Zahl sehen und zählen wir, Doch die Jahre der Völker Sah ein ein sterbliches Auge sie?
Wenn die Seele dir auch über die eigne Zeit Sich die sehnende schwingt, trauernd verweilest du Dann am kalten Gestade, Bei den Deinen und kennst sie nie,
Und die Künftigen auch, sie, die Verheißenen Wo wo siehest du sie, daß du an Freundeshand Einmal wieder erwarmest, Einer Seele vernehmlich seist?
Klanglos, ists in der Halle längst, Armer Seher! bei dir, sehnend verlischt dein Aug Und du schlummerst hinunter, Ohne Nahmen und unbeweint.
Helle Morgen und ihr Stunden der Nacht! wie oft O wie Richterin! Nachwelt, hab ich den Wagen deines Triumphs und die Beute gesehn Und die Wilden in goldenen Ketten, Und es sangen die Priester des Friedens Dem liebenden Volk und seinem Genius Wonnegesang! in den Hainen Des Frühlings!
Vmtl. in der zweiten Julihälfte. An Johanna Christiana Gock. Unvollständige Wiedergabe durch Chr. Th. Schwab. Gustav Schlesier faßt den Inhalt des ganzen Briefs zusammen und zitiert auch einen Satz aus der in Schwabs Ausgabe von 1846 fehlenden Passage.
Stuttgart, im Juli 1800
Liebste Mutter!
Da ich gegenwärtig sehr beschäfftigt bin, um vor meinem Besuche in Reutlingen noch mit einigem fertig zu werden, so müssen Sie eben dißmal mit einigen Worten vorlieb nehmen. Meinen herzlichsten Dank für Ihre lieben Briefe! Gestern erhielt ich auch noch den, welchen Sie mir zulezt nach Homburg geschrieben.
Wenn ich denke, wie viel stärker und gesünder ich mich seit Veränderung meines Aufenthalts fühle, und wie sich meine jezige Lage täglich angemessener für meine Bestimmung und sicherer zu meinem Auskommen bildet, so fühle ich eine Zufriedenheit und Ruhe, die ich lang entbehrte, und ich hoffe, es soll so bleiben, und dieser Zustand werde einen vesten und frohen Dank gegen die theuern Meinigen und gegen meine Freunde in mir erhalten. Ich habe jezt drei Anerbieten zu Lectionen, die mir alle angenehm sind.
Meine Feierstunden bringe ich in guter wohlmeinender Gesellschaft zu, und mein eigenstes Geschäfft gehet, wie es scheint, mir jezt auch leichter und reiner von Herzen.
Unser guter trefflicher Karl wird nun auch wohl nicht lange mehr in Ungewißheit über seine Lage bleiben.
Schlesiers Regest und Zitat.
Freut sich, daß die Mutter neulich in Nürtingen von keinem militärischen Besuche erschreckt worden. Er hofft, es soll auch vollends so ziemlich leicht für seine Landsleute vorbeigehen. „Man spricht stark von einem baldigen gründlichen Frieden.”
Sonntag Nacht will er bei der Mutter übernachten. Landauer wird mit ihm kommen.
In Chr. Th. Schwabs Ausgabe von 1846 Ihr dankbarer und treuer Sohn Hölderlin
Ende Juli oder Anfang August. An Carl Gock, zur Zeit noch Schreiber in Markgröningen, dem vmtl. Buchhalter Frisch eine neue, im September angetretene Stelle im Löwensteinischen Lichtenstern vermittelt hatte. Auf die Nähe zur nachstehend eingeordneten Ode Rousseau deutet die dort und auch hier in der letzten Zeile erscheinende Anspielung auf das Horazische Ich habe gelebt. (III, 29:43).
Liebster Karl!
Buchhalter Frisch ist bis izt noch nicht aus der Kanzlei nach Hauße gekommen; ich werde ihn aber wohl noch nach Tisch fragen können, und dann noch dir eine Antwort schreiben, ehe der Bote abgeht.
Ich denke, da sich die Gelegenheiten zu einem anständigen Posten so dir zudrängen, daß es dir in kurzer nicht fehlen wird.
Bist du doch auch wieder ganz hergestellt? Sei so gut, und sage mir im nächsten Briefe doch auch etwas davon.
Ich würde in dieser schönen und großen Zeit und in der Ruhe und Freiheit, die ich habe, wohl sagen können, daß ich wahrhaft lebte, wenn nicht noch alte Leiden in mir zuweilen,
Aus den zu subjektiv gefärbten Strophen 11-14 der asklepiadeischen Ode An die Deutschen entsteht auf einer der zwei Beilagen und im Stuttgarter Foliobuch die zehnstrophige alkäische, an das alter ego des Dichters gerichtete Ode Rousseau. Da der nur konzipierte Schluß der asklepiadeischen Ode An die Deutschen jene vier adaptierten Strophen voraussetzte, endet auch diese mit der zehnten Strophe.
Rousseau.
Wie eng begränzt ist unsere Tageszeit. Du warst und sahst und stauntest, Abend ists. Nun schlafe wo unendlich ferne Ziehen vorüber die Völkerjahre
Und mancher siehet über die eigne Zeit Ihm zeigt ein Gott ins Freie, doch sehnend stehst Am Ufer du, ein Aergerniß den Deinen, ein Schatten, und liebst sie nimmer,
Und jene, die du nennst, die Verheißenen, Wo sind die Neuen, daß du an Freundeshand Erwarmst, wo nahn sie, daß du einmal Einsame Rede, vernehmlich seiest?
Klanglos ists armer Mann, in der Halle dir, Und gleich den Unbegrabenen, irrest du Unstät und suchest Ruhe und niemand Weiß den beschiedenen Weg zu weisen.
So eile denn zufrieden! der Baum entwächst Dem heimatlichen Boden, aber es sinken ihm Die liebenden, die jugendlichen Arme, und trauernd neigt er sein Haupt.
Des Lebens Überfluß, das Unendliche, Das um ihn und dämmert, er faßt es nie. Doch lebts in ihm und gegenwärtig, Wärmend und wirkend, die Frucht entquillt ihm.
Du hast gelebt! ge auch dir, auch dir Erfreut die ferne Sonne dein Haupt, Die Stralen aus schöner Zeit, es Haben die Boten dein Herz gefunden.
Vernommen hast du sie die Sprache der Fremdlinge, Gedeutet ihre Seele! Dem Sehnenden war Genug der Wink, und Winke sind Von Alters her die Sprache der Götter.
Und wunderbar, als hätte von Anbeginn Des Menschen Geist, das Werden und Wirken all, Des Lebens alte Weise
© 2004 Luchterhand Literaturverlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Alle Rechte vorbehalten.
eISBN : 978-3-641-01121-5
Leseprobe
www.randomhouse.de