Schattenjagd - Alexander Kent - E-Book

Schattenjagd E-Book

Alexander Kent

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Beschreibung

Eine große Verantwortung drückt auf die Schultern des jungen Captain Adam Bolitho. Unter den Nachkriegsfolgen der postnapoleonischen Zeit leidend, erwartet die Royal Navy von ihm, daß er seinem berühmten Onkel Richard Bolitho, der 1815 als Admiral im Gefecht fiel, an Seemannschaft und Mut in nichts nachsteht. Und deshalb wird er mit der Sondermission beauftragt, dem Spuk der Renegaten, die den englischen Handelsschiffen in der Karibik zusetzen, ein Ende zu bereiten. Eine gefährliche Schattenjagd beginnt …

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Der AutorAlexander Kent kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Marineoffizier im Atlantik und erwarb sich danach einen weltweiten Ruf als Verfasser spannender Seekriegsromane. Er veröffentlichte über 50 Titel (die meisten bei Ullstein erschienen), die in 14 Sprachen übersetzt wurden, und gilt als einer der meistgelesenen Autoren dieses Genres neben G.S. Forester.<br />Alexander Kent, dessen richtiger Name Douglas Reeman lautet, war Mitglied der Royal Navy Sailing Association und Governor der Fregatte Foudroyant in Portsmouth, des ältesten noch schwimmenden Kriegsschiffs.

Das Buch

Eine große Verantwortung drückt auf die Schultern des jungen Captain Adam Bolitho. Unter den Nachkriegsfolgen der postnapoleonischen Zeit leidend, erwartet die Royal Navy von ihm, daß er seinem berühmten Onkel Richard Bolitho, der 1815 als Admiral im Gefecht fiel, an Seemannschaft und Mut in nichts nachsteht. Und deshalb wird er mit der Sondermission beauftragt, dem Spuk der Renegaten, die den englischen Handelsschiffen in der Karibik zusetzen, ein Ende zu bereiten. Eine gefährliche Schattenjagd beginnt …

Alexander Kent

Schattenjagd

Adam Bolithos Sondermission

Refinery by Ullsteinwww.ullteinbucherlage.de/verlage/refinery

Neuausgabe bei Refinery Refinery ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin November 2017 (1)  © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2006 © Bolitho Maritime Productions 2007 Titel der Originalausgabe: Heart of Oak (William Heinemann, Random House, London) Covergestaltung: © Sabine Wimmer, Berlin  ISBN 978-3-96048-121-8  Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Nur für Dich, Kim, mit all meiner Liebe

Falls ich an Land sterben sollte,

bringt mich hinab zum Meer

und laßt mich am Ufer ruhen.

Bringt mich zum Meer hinunter

und macht mich zum Kapitän

auf einem weißen Kriegsschiff.

Schmückt meinen Körper

mit maritimen Symbolen:

über dem Herzen ein Anker,

über dem Anker ein Stern,

und über dem Stern der Wind,

und über dem Wind das Segel!

Rafael Alberti

I Von Angesicht zu Angesicht

Die nach Falmouth bestimmte Kutsche zögerte vor dem Anstieg zu einem kleinen Hügel, ihre Räder ruckten und drückten sich in den gefrorenen Schlamm. Die Pferde, ein Vierergespann, legten sich kraftvoll ins Geschirr, sie stampften heftig, und ihr Atem dampfte in dem fahlen, dunstigen Sonnenlicht, und die Tiere wußten besser als die Menschen, daß ihr Anteil an der Reise fast zu Ende war.

Es war Februar und noch immer so bitterkalt wie schon seit Anbruch des Jahres 1818. Eigentlich war es schon lange nicht mehr so kalt gewesen, meinten viele, die an der Südküste Cornwalls wohnten. Die Bäume ragten wie schwarze Knochen in die Landschaft, als würden sie nie wieder ein Blatt oder eine Knospe austreiben; die Einfassungsmauern der Felder und gelegentlich auftauchende Dächer der Bauernhäuser glänzten wie poliertes Metall. Der Kutscher, groß und unförmig in seinem schweren Mantel, zuckte kurz aufmunternd mit den Zügeln. Keine Eile, keine Hast ging von ihm aus, er kannte seine Pferde und die Straße so gut, wie er seine eigene Stärke kannte, und seine Fahrgäste und das Gepäck kamen immer erst an zweiter Stelle.

Hinten auf der Kutsche rieb sich ein Wachmann, der unter mehreren Schichten aus Kleidungsstücken und Decken kaum zu erkennen war, die Augen, dann starrte er über die Rücken der beanspruchten Zugtiere hinweg und entdeckte einen Schwarm Möwen, der von irgendwo aufstieg. Die Vögel begannen zu kreisen – vielleicht suchten sie nach Nahrung –, während das Fahrzeug vorbeirollte. Die See war eben nie weit entfernt. Schließlich wurden die Pferde in den dafür vorgesehenen Stationen getauscht, aber er und der Kutscher blieben wie schon den ganzen Weg von Plymouth herauf stets bei der Kutsche. Der Wachmann rückte seinen Hintern hin und her, um seine Blutzirkulation wieder in Gang zu setzen, und spürte dabei hart den Druck seines Gewehrs unter der Decke, denn die Kutsche transportierte außer den Passagieren auch Post. Das Wappen, das auf den beiden Türen prangte, stand für das damit verbundene Risiko, aber auch für Ehre und Stolz.

Auf dem Weg zum Moor und dann um die trostlose Wildnis des Bodminsumpfes herum hatte er ein paar zerlumpte, Vogelscheuchen ähnelnde Figuren gesehen, die neben dem Straßenrand hingen. Sie sollten einerseits den Krähen als Futter dienen, aber man ließ sie außerdem als Warnung für potentielle Straßenräuber dort verrotten, obwohl es von dieser Sorte Mensch immer wieder mehr als genug geben würde.

Er sah, wie der Kutscher die Faust kurz hob. Nicht mehr. Doch mehr war auch nicht nötig. Ein weiteres Stück schlechter Wegstrecke! Er fluchte verhalten. Jemand sollte vielleicht die Sträflinge aus ihren warmen Zellen treiben, damit sie endlich die Straße reparierten, schließlich gab es für diese Arbeiten keine französischen Kriegsgefangenen mehr. Waterloo lag fast vier Jahre zurück und verblaßte bei allen, denen die konkrete Gefahr und die Schmerzen erspart geblieben waren, mehr und mehr in der Erinnerung.

Dann hieb der Mann auf dem Bock mit der Faust auf das Dach der Kutsche: »Festhalten da unten!«

Unter den Passagieren war eine junge Frau, und die heftigen Bewegungen der Kutsche – trotz ihrer neuen Federung – hatten die Schwangere schon mehrmals dazu gezwungen, sich zu übergeben. Das hatte jedesmal einen Aufenthalt bedeutet, sehr zum Mißfallen des Mannes in ihrer Begleitung: ihres Vaters. Wir haben trotzdem Glück, daß wir ohne Zwischenfall so weit gekommen sind, überlegte der Wachmann, während die Pferde ihre Geschwindigkeit verlangsamten und ihre Ohren nach hinten drehten, als erwarteten sie einen Ruf oder Pfiff. Er sah ein paar Farmgatter, eins stack halb im Boden. Hatte der Bauer das noch nicht bemerkt oder kümmerte es ihn nicht? Der Kutscher öffnete den Kasten, der das lange Horn enthielt, um ihre Ankunft anzukündigen. Das letzte Wegstück …

Von innen wurde wieder heftig gegen das Kutschendach geklopft, der jungen Dame war wohl erneut schlecht geworden. Aber die Pferde verfielen in ihren Trott, denn die Räder drehten sich auf dem nächsten Straßenabschnitt leichter. Die Tiere dachten vermutlich voller Vorfreude an ihren Stall, das Klopfen hörte wieder auf, also hob der Mann das Horn und befeuchte das Mundstück mit der Zunge. Es war eisig.

Im Inneren der Kutsche war es nicht viel wärmer, trotz der abgedichteten Fenster und einiger blauer Lederkissen. Es gab sogar Decken, aber wegen der heftigen Schaukelei war es seit der Abfahrt schwierig gewesen, sie an Ort und Stelle zu halten.

Midshipman David Napier verkeilte seine Schulter in den Sitz und blickte hinaus zu den Bäumen, die ihre Zweige ausstreckten, als ob sie nach den Fenstern greifen wollten, und in einiger Entfernung ragten die hellen Schatten eines Hauses oder einer Scheune auf.

Die Phantasie spielte Napier keinen Streich: Der Himmel war bereits dunkler geworden. Der Midshipman mußte eingeschlafen sein, und das trotz seiner trüben Gedanken und des ununterbrochenen Rüttelns des Fahrzeugs. Er hätte nicht sagen können, wie oft sie seit ihrer Abfahrt von der Straße abgebogen waren, um die Pferde zu wechseln und währenddessen ein paar erholsame Schritte zu tun, um Körper und Geist zu entspannen. Oder um der jungen Frau, die ihm gegenübersaß, zu erlauben, hinter einem Busch oder Baum zu verschwinden.

Doch ihr Vater wurde in seiner Ungeduld über jede Verzögerung immer ärgerlicher. Übernachtet hatte die Reisegesellschaft in einer kleinen Gastwirtschaft irgendwo außerhalb von St. Austell, doch sogar das war ihm irgendwie wie im Traum vorgekommen. Ein harter Sitzplatz auf einer Bank, eine hastige Mahlzeit, dann hatte er sich allein in einer winzigen Kammer über dem Stall wiedergefunden, unten hatten rauhe Stimmen erst gesungen, dann war betrunkenes Gelächter laut geworden, das schließlich in einer Mischung aus Drohungen und Verwünschungen endete, was Napiers Unsicherheit nur noch verstärkt hatte.

Wieder zuckte er zusammen und bemerkte, daß er instinktiv unter der Decke an sein Bein gefaßt hatte. Die tiefe Wunde brachte sich stets und ständig in Erinnerung und war leider weder ein Traum oder ein Nachtmahr. Sie war ganz real.

Weitere Häuser kamen ins Blickfeld, einige lagen bereits im Schatten, die Straße wurde härter, fester, die Räder klapperten vor sich hin, und plötzlich blökte das Horn. Es klang lauter als bisher, weil der Ton von den massiven Hauswänden zurückgeworfen wurde.

Napier leckte sich über die Lippen und hatte den Eindruck, daß sie nach Salz schmeckten. Zweimal hatte er das Glitzern einer Wasserfläche ausgemacht, und auch der Passagier, der den ganzen Weg seit Plymouth kaum etwas gesagt hatte, schreckte auf seinem Platz in die Höhe und schaute sich um.

»Sind wir da?« erkundigte er sich und unterdrückte ein Husten. Er hat einen dünnen, gekrümmten Körper und war ganz in Schwarz gekleidet: als Büroleiter eines Advokaten, wie er Napier enthüllt hatte. In einer Ledertasche, die aufwendig versiegelt war, beförderte er wahrscheinlich Dokumente, die ganz offensichtlich noch nicht einmal für seine Augen bestimmt waren.

»Wir fahren gerade in Falmouth ein.« Napier schaute sich die Häuser genauer an, in denen schon Lichter brannten.

Der Sekretär schniefte jetzt. »Natürlich wißt ihr Seeleute immer, wo ihr euch befindet, nicht wahr?« Er kicherte, umklammerte dann aber hektisch seine Tasche, die ihm vom Schoß zu rutschen drohte.

Napier starrte weiter nach draußen. Die Kutsche hatte in Plymouth eine Kirche passiert, an die er sich noch undeutlich von seinem letzten Besuch her erinnerte. Damals war sein Schiff, die Fregatte Unrivalled, nach Hause gekommen, um dringend notwendige Reparaturen durchführen zu lassen; es hatte sich um die Schäden aus dem Angriff auf Algier gehandelt. Die Besatzung war abgemustert und ausgezahlt worden, und die Fregatte war ins Vergessen versunken, allerdings nicht bei den Männern, die auf ihr gedient und überlebt hatten, auch der Kommandant, Adam Bolitho, der trotz des herausfordernden Gefechts, des schwierigen Kommandos und der bitteren Tatsache der Entlassungen sein Versprechen hielt, das er Napier damals in Plymouth gegeben hatte. Er erinnerte sich auch an die Fore Street und die Schneiderei, in der er seinerzeit kaum hatte glauben können, was mit ihm geschah. Der Schneider hatte sich verbeugt, sich die Hände gerieben und den Kapitän gefragt, was es denn sein dürfe.

»Ihre Dienste für diesen jungen Gentleman. Messen Sie ihm die Uniform eines Midshipman an«, hatte Bolitho ganz ruhig gesagt und eine Hand auf Napiers Schulter gelegt. Das war ein Augenblick, den der junge Seemann niemals vergessen würde. Mittlerweile trug er aber diese Uniform nicht mehr, denn er hatte sich in Antigua neu eingekleidet, wo man, wie die alten Muschelrücken sagten, alles kaufen konnte, solange man Geld in der Tasche hatte.

Sein erstes Schiff als Midshipman, die Fregatte Audacity, war von der Küstenartillerie von San José mit glühenden Kugeln in die Luft gejagt worden. Die Erinnerungen daran waren nur verschwommen: das Donnern der Kanonen … Männer brüllten und schrien … dann im Wasser… der Wahnsinn, die Männer, die noch dazu in der Lage waren, begeistert brüllen zu hören, als das Flaggschiff sich dem Feind näherte, zum Angriff überging, um zu siegen… Kapitän Bolithos Schiff.

Napier hatte kaum die Zeit gehabt, alle Mitglieder von Audacitys Besatzung kennenzulernen. Trotzdem war es wie eine große Familie, nach Art der Navy: Es waren die Kameraden, für die man kämpfte … Er dachte an den toten Midshipman am Strand, den er nach dem Untergang des Schiffes aus dem Wasser gezogen hatte. Und an jene, die er ewig hassen würde.

Als er diese Gedanken zur Seite schob, war es, als ob eine Tür zuschlug. Das war alles Vergangenheit. Doch was würde die Zukunft bringen?

Die Kutsche wurde langsamer und fuhr eine große Kurve. Vor seinem inneren Auge sah Napier bereits das große, graue Haus und freute sich auf das Willkommen und die Herzlichkeit der Bewohner. Er wollte sich als einer der Ihren und zugehörig fühlen und träumte weiter seinen Traum. Dann berührte er wieder sein Bein. Mal angenommen, es war wirklich alles nur ein Traum?

Türen öffneten sich, Pferde stampften auf das Kopfsteinpflaster und schnaubten, während Männer herangelaufen kamen, um sie auszuschirren. Jemand winkte, eine Frau bahnte sich eilig ihren Weg, warf ihre Arme um den Hals des Mädchens, das so reisekrank gewesen war. Der Sekretär dagegen gestikulierte mit dem Wachmann, raunzte ihn wegen des Gepäcks an, hielt aber die versiegelte Tasche fest vor die Brust gepreßt. Napier blickte auf das Schild des Wirtshauses. The Spaniards. Wieder erschien ihm das wie ein Gruß aus der Vergangenheit.

Dann waren die Pferde verschwunden, die Kutsche stand verlassen herum, und Napier blickte auf seine Midshipmankiste auf dem Kopfsteinpflaster, zu der sich gerade ein Bediensteter des Gasthauses beugte, um das Namensschild zu begutachten. Der Wachmann ging auf ihn zu, sein stämmiger Gefährte war bereits im Schankraum verschwunden.

»Ende der Fahnenstange. Jedenfalls für uns.« Er blickte sich um. »Werden Sie erwartet? Das hier ist kein guter Platz, um festzufrieren!«

Napier suchte in seiner Tasche nach ein paar Münzen. »Stimmt. Kann ich meine Kiste hier unterstellen?«

Er hörte die Antwort nicht, sondern versuchte nachzudenken, klar und scharf. Er würde zu Fuß zum Haus laufen. Diesen Weg hatte er schon einmal zusammen mit Luke Jago genommen, dem Bootssteurer des Kapitäns, dem harten Mann, der ihn an Bord der Audacity gebracht und seinen Namen gerufen hatte, als ob es ihm eine besondere Freude wäre. »Willkommen zum Dienstantritt an Bord!«

Mit den Fingerspitzen berührte er die Papiere seines Marschbefehls mit dem purpurroten Siegel, die ihm ein junger Flaggleutnant übergeben hatte, als er vor zwei Tagen das Schiff in Plymouth verlassen hatte.

»Nun mach schon. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!«

Napier drehte sich um und sah, wie der schlechtgelaunte Passagier seine Tochter zur Eile drängte. Dieser Mann hatte doch tatsächlich bei Napiers Ankunft laut darüber räsoniert, daß es einem einfachen Midshipman wohl kaum anstehen dürfte, dieselbe Kutsche wie er zu benutzen. Und der Kutscher hatte seine Befriedigung nicht verborgen, als Napier ihm den Marschbefehl mit dem Siegel des Vizeadmirals zeigte.

Das Mädchen aber strich sich ein paar Haare aus der Stirn und lächelte Napier an. »Vielen Dank für Ihre freundliche Nachsicht. Ich werde mich stets gerne daran erinnern.« Sie legte ihm die behandschuhten Finger auf den Arm. »Ich bin froh, daß Sie in Sicherheit sind.«

Dann wandte sie sich ab und ging zielgerichtet an ihrem Vater vorbei.

»Um Sie muß ich mir keine Gedanken machen, Sör.« Der Wachmann zog seinen verbeulten Hut, und auf seinem verwitterten Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. Das war etwas, was er den Jungs erzählen konnte …

Eine schmucke Kutsche, fast zierlich im Vergleich mit der schweren Postkutsche, hielt an, eine Frau stieg mit Unterstützung ihres formvollendet aufgerichteten Kutschers aus, und alle Leute drehten sich um, als sie – schlank und elegant in einem dunkelroten Mantel – herangeeilt kam, um den Midshipman zu begrüßen. Im nächsten Augenblick spürte Napier ihre Arme um seine Schulter, eine Hand an seinem Gesicht, an seinem Mund und ihre Tränen auf seiner Haut.

Sie stammelte entschuldigend: »Ein Baum lag über der Straße … Francis mußte erst Hilfe holen. Ich habe inbrünstig gehofft, daß Sie noch hier sind!« Dann warf sie ihren Kopf wie ein junges Mädchen in den Nacken, aber das fröhliche Lachen, das er im Gedächtnis hatte, wollte sich nicht einstellen.

Dennoch fühlte Napier die Wärme ihrer Umarmung, ihre Freude und ihre Traurigkeit. Er wollte mit ihr reden, ihr alles erklären, aber seine Stimme kam ihm selbst fremd vor. »Lady Roxby, es ist alles so schnell gegangen …«

Sie hielt ihm mit einem Finger den Mund zu und schüttelte den Kopf, ihre Augen ließen die seinen keine Sekunde los. »Tante Nancy, mein Lieber. Erinnern Sie sich?« Sie versuchte ihre Stimme wieder in den Griff zu bekommen, als sie nach dem Kutscher rief. »Francis, geh mir zur Hand. Vorsichtig, bitte.«

Aber Francis bedurfte keines besonderen Hinweises. Er hatte bei der Kavallerie gedient, niemals vergessen, wie die Narben des Krieges aussahen, und hatte deshalb schon die dunklen Blutflecke auf den weißen Breeches des Midshipman entdeckt.

Lady Roxby stand neben der Kutsche, während Napier mit Mühe die Stufe enterte. Sie war sich der neugierigen Augen in den Fenstern des Wirtshauses und auf der Straße bewußt, denn dort wurde heftig diskutiert und spekuliert, aber sie zollte dem keine Beachtung. Nancy hatte ihn zuletzt als kleinen Jungen gesehen, stolz aber scheu in seiner neuen Uniform, bevor er abgefahren war, um an Bord seines Schiffes zu gehen, und das meiste, was inzwischen geschehen war, war ihr durch einen Brief übermittelt worden, der England mit einer schnellen Kurierbrigg aus der Karibik erreicht hatte. Den Rest konnte sie sich vorstellen, denn sie war die Tochter eines Seeoffiziers und die Schwester eines der berühmtesten Seehelden Englands, also war sie damit vertraut, daß Schmerz und Ruhm gewöhnlich Hand in Hand daherkommen.

Napier blickte sie an, seine Augen schienen sein gesamtes Gesicht zu beherrschen. »Ich … es tut mir so leid. Ich wollte Ihnen keine Umstände machen…«

Aber Francis hatte sich bereits an ihr vorbeigedrängt und verstaute den Jungen vorsichtig auf einem Sitzplatz. »Er ist jetzt gut untergebracht, M’lady.«

Sie nickte. »Danke, Francis. Sie können uns nach Hause bringen.«

Nach Hause!

Luke Jago, Kapitän Adam Bolithos Bootssteurer, stand neben einem der hohen Fenster und starrte hinunter auf die Straße. Die Kutsche und der Karren, die ihn und ein paar persönliche Habseligkeiten hergebracht hatten, waren längst wieder abgefahren, und nach der endlosen Fahrt von Plymouth hierher fühlte er sich jetzt wie ausgesetzt, abgeschnitten von allem, was ihm vertraut war.

Die Straße lag verlassen und war genau wie dieses Haus zu ruhig, um auf das Leben hinzuweisen. Die Gebäude gegenüber sahen gesichtslos und imposant aus, und er ließ den Vorhang los und hörte zu, wie er zurück in die Ruhestellung rauschte. Alles in diesem Zimmer lag am richtigen Platz. Es war überwältigend. Die Decke erschien ihm zu hoch, außerhalb jeder Reichweite, und er mußte an das Flaggschiff Athena denken. Sogar in der großen Staatskabine achtern mußte man unter den Decksbalken den Kopf einziehen, weiter unten auf den Geschützdecks ging es noch beengter zu. Konnten sich diese Leute hier an Land überhaupt jemals vorstellen, was es hieß, dort zu leben und zu kämpfen?

Er entspannte sich sehr langsam, sein plötzlicher Groll hatte ihn selbst überrascht. Das Haus kam ihm leer vor, wahrscheinlich war es das auch die meiste Zeit gewesen. Alles an seinem Platz: die zierlichen Stühle, poliert und ohne Kratzer, ein riesiger Marmorkamin, in dem Holzscheite aufgestapelt lagen, doch nicht angezündet waren. Neben einem der Fenster standen Blumen in einer Vase, aber es war Februar, und sie bestanden aus farbiger Seide. Über einem kleinen Intarsientisch hing ein Bild. Jago betrachtete es jetzt überrascht, denn es war seiner Aufmerksamkeit entgangen, als er den Raum betreten hatte: das Porträt eines Seeoffiziers, der ein Fernrohr hielt, ein junger Kapitän, noch kein Vollkapitän, aber Jago erkannte ihn dennoch: Sir Graham Bethune, Vizeadmiral der Blauen Flagge, der sein Flaggschiff in Portsmouth so überstürzt verlassen hatte, als wollte er ein Wettrennen mit dem Teufel veranstalten.

Jago nahm sehr vorsichtig auf einem der mit Satin bespannten Stühle Platz und versuchte erneut, seine Gedanken zu ordnen. Er hatte einen hellen Kopf und normalerweise ein entsprechendes Erinnerungsvermögen, aber nach der Schlacht mit den Sklavenhändlern von San José und dem mörderischen Beschuß durch ihre Landbatterien schienen sich die Ereignisse der Vergangenheit miteinander zu vermischen. Er hatte eine Entermannschaft geführt, um den Schoner zurückzuerobern, eine Frau hatte auf dem zerstörten Deck gestanden und wie gebannt an ihm vorbei auf die Athena gestarrt, als ob sie Schmerzen nicht mehr wahrnehmen könnte. Daß sie blutete, hatte völlig irreal gewirkt, und im Gefecht kann einem die Erinnerung schließlich viele Streiche spielen. Doch Jago hörte immer noch ihren Freudenschrei, ehe sie tot zu Boden gefallen war.

Dann waren sie nach Antigua zurückgekehrt, als Sieger mit ihren Prisen, und eine enervierende Stille hatte sie in English Harbour begrüßt. Ein paar der Männer waren im Gefecht getötet und auf See bestattet worden, andere wurden in Antigua an Land getragen und wurden dort – immer noch – gesund gepflegt.

Jago selbst war gegen die Härten des Seekriegs und seinen unvermeidlichen Preis abgehärtet, doch die langen Kriegsjahre gegen Frankreich und Spanien waren jetzt Vergangenheit. Es herrschte Frieden, obwohl einige Männer das nicht so sehen wollten. Für den einfachen Hein Seemann war jeder ein Feind, wenn er am Bodenstück einer Kanone stand oder ihm sein Entermesser an den Nacken hielt.

Aber die Überfahrt nach Antigua hing Jago noch immer wie ein Alptraum in den Kleidern. Die See war ruhig gewesen, mit leichten Winden, das Zwischendeck war geräumt und alle Arbeiten an den Spieren und dem Rigg waren aufgeschoben worden. Jago hatte in vielen Kämpfen viele bekannte Gesichter – einige gehörten guten Männern, andere schlechten – über die Seite rutschen sehen. Aber diesmal war alles anders gewesen. Der Körper der Dame war in Segeltuch eingenäht und mit Kugeln beschwert worden, darüber hatte man eine Flagge gebreitet. Unsere Flagge, dachte er. Sogar ein paar Verwundete waren an Deck gekommen, drängten sich zwischen ihre Kumpels oder stützten sich an den Finknetzen, um der Stimme des Kapitäns zu lauschen, der die bekannten Worte sprach, die die meisten von ihnen auswendig kannten. Und doch war alles so anders gewesen …

Sogar das gleichmäßige Klappern der Pumpen, das seit den ersten Einschlägen der Kanonenkugeln nicht mehr verstummt war, hatte geschwiegen. Und Bethune, ihr Vizeadmiral, hatte dagestanden und den berüchtigten Lord Sillitoe angeblickt. Ein Opfer oder ein Übeltäter, das blieb unentschieden und war zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort auch unwichtig. Wichtig waren die Daten, die Jago später im Logbuch des Segelmeisters verewigt gefunden hatte: das Datum und ihre Position in der Karibik, wo Catherine, Lady Somervell, in der See versunken war. Jago erinnerte sich ganz genau an Adam Bolithos Gesicht, als die Gräting angehoben worden war und die Männer das Klatschen längsseits gehört hatten. Seeleute dachten oft an den Tod, machten darüber im Messedeck sogar Witze. Diesmal nicht.

In Antigua hatten neue Befehle gewartet. Sillitoe, ein Freund des Prinzregenten, wie man sich erzählte, war in den Gewahrsam des dortigen Kommodore übergeben worden, den man zum Konteradmiral beförderte, während Athena und ihre Gefährten im Feuer gestanden hatten. Jago war während des Rests des Feldzugs dicht bei seinem Kapitän geblieben – wenn man das so formulieren konnte, überlegte er düster. Der Kapitän hatte seine Besatzung wieder zusammengezogen, hatte die Verwundeten besucht und war oft uneins mit Bethune gewesen. Letzterer brüllte herum, schlug mit der Faust auf den Tisch und betrank sich über sein Stehvermögen und seine normale Vorsicht hinaus. Einige Leute tuschelten, daß Bethune in Catherine Somervell verliebt gewesen wäre, aber Jago wußte, daß sie nur einen Mann geliebt hatte: Sir Richard Bolitho, der auf dem Deck seines Flaggschiffs umgekommen war, als er Napoleon nach dessen Flucht von Elba verfolgte. Jago hatte Catherine damals in der alten Kirche von Falmouth genau beobachtet, als alle Flaggen auf Halbstock gesetzt waren und die Unrivalled Salut geschossen hatte. Außerdem hatte sie Richards Namen gerufen, als sie jetzt tot zu Boden stürzte, und es hörte sich eher wie ein Willkommensgruß denn ein Abschiedswort an, jedenfalls erschien Jago das rückblickend so …

Irgendwo schlug eine Uhr. Zwei Reiter trotteten ohne Eile unten vor dem Haus vorbei, dem Schnitt ihrer Uniform nach handelte es sich um Dragoner. Offiziere, dachte er und preßte fest die Lippen zusammen. Mehr konnte er nicht tun.

Aber es gab noch etwas, was ihn beunruhigte. Die Athena hatte kurz in Plymouth geankert, bevor sie ihre Reise nach Portsmouth fortsetzte, von wo sie ein Jahr zuvor ausgelaufen war, und Bethune hatte darauf bestanden, die Reise dort zu unterbrechen, um offensichtlich dringende Depeschen mit einem Kurier auf den Weg zu bringen.

Dann hatte der Kapitän sogar Zeit gefunden, mit den Männern zu reden, die abgemustert oder an Land gebracht wurden, wo ihre Wunden versorgt werden konnten. Das waren die Glücklichen … wie der Junge, der Midshipman, der es irgendwie geschafft hatte, in San José an Land zu schwimmen, nachdem die Audacity in die Luft geflogen war. Sein Kapitän war gefallen, war von einer rotglühenden Kugel der Batterie in der Körpermitte durchgerissen worden, und einer der überlebenden Leutnants hatte es für richtig gehalten, einen kurzen Bericht über David Napiers Mut zu verfassen und die Entschlossenheit, mit der er einen anderen Midshipman unterstützt und mit sich an den Strand gezogen hatte, wo die Royal Marines beide fanden. Aber nur Napier hatte überlebt und war jetzt vermutlich in Falmouth, im Haus der Bolithos, hinter dem die grünen Hügel begannen und zu dessen Füßen die See lag.

Kapitän Adam Bolitho war zur Zeit auch in der Admiralität, konnte also nicht allzu weit von diesem Zimmer entfernt sein. Es ist immer schwierig, dachte Jago, hier in London die genaue Position zu bestimmen. Die Admiralität mußte sich irgendwo hinter diesen gesichtslosen Häusern befinden. Bethune lebte hier, wenn es ihm in den Kram paßte, und er hatte es sich angewöhnt, in gemächlichem Tempo zu seinem Büro durch den Park zu reiten. Die Athena war außer Dienst gestellt worden. Noch ein Opfer, genau wie die Unrivalled nach der Seeschlacht vor Algier. Wieder hatte Jago die stillen Bündel vor Augen, die traditionell über die Seite auf die letzte Reise geschickt wurden, und nur mühsam bezähmte er seinen Unmut. So war es nun mal. Die See war der einzige Ort, wo er sich auskannte. Die See war alles, was er wollte. Er stand auf und schaute auf die Tür.

Aber es tauchte niemand vom Personal auf oder gar Lady Bethune. Nicht, daß sie versucht hätte, ihm aus dem Weg zu gehen, aber schließlich kam George Tolan, Bethunes Diener, obwohl ihm diese Bezeichnung nicht gerecht wurde, und sah wie immer schneidig und alert in seinem unverwechselbaren blauen Rock aus. Unzweifelhaft stand er mit seinem Herrn und Meister auf sehr vertrautem Fuß, wirkte mehr wie ein Begleiter oder Leibwächter mit der Haltung eines Soldaten oder eines Marineinfanteristen, und Jago hatte ihn in der Kabine der Athena beobachtet, wie er Wein oder schärfere Sachen ausschenkte, aber vorher jedes Glas und jeden Weinkelch prüfend in die Hand nahm, ohne jedes gezierte Getue, das sich viele andere erlaubten. Als die Kanonen Feuer aus den Stückpforten der Athena gespien hatten und vom Rückstoß binnenbords geschleudert wurden, hatte er Tolans anderes Gesicht kennengelernt, das einem Mann gehörte, der sich in der Raserei der Schlacht bückte, aber keine Angst zeigte. Das war ein guter Mann, den man neben sich haben wollte, aber auch einer, den man nie richtig kennenlernen würde.

Tolan blickte sich jetzt in dem Zimmer um, und ihm entging nichs, da war sich Jago sicher.

»Ich habe in der Küche Bescheid gesagt, daß man für Sie eine Mahlzeit zubereitet. Auch ein Drink dürfte nach der ganzen Hetze nicht unwillkommen sein, möchte ich vermuten.«

Sollte er noch von der langen Reise von Portsmouth durcheinander oder wenigstens irritiert sein, dem Auf- und Abladen und vorübergehendem Einlagern und anschließenden Nachzählen und Kontrollieren von Bethunes persönlichen Habseligkeiten an jedem Haltepunkt entlang der endlosen Straße, so zeigte er es mit keiner Geste. Wahrscheinlich kannte er Bethune besser als jeder andere.

Jago hob die Schultern. »Jetzt sagen Sie mir noch, wie lange der Käpt’n bei Ihren Lordschaften weilen wird.« Er blickte auf das Porträt an der Wand. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, worüber diesmal lange palavert werden soll. Es ist vorbei, wir haben getan, was man uns befohlen hat. Das war’s!«

»Diesmal ist es nicht so einfach, fürchte ich.«

»Man hat Käpt’n Bolitho schon sein letztes Schiff genommen, es wurde außer Dienst gestellt. Jetzt die Athena … Mein Gott, sie ist erst ein paar Jahre alt!«

Tolan beobachtete ihn. »Stapellauf war 1803, hat man mir erzählt. Das scheint mir ziemlich alt.«

Jago protestierte empört: »Sie ist aus gutem Eichenholz, das in Kent gewachsen ist!« Dann ergänzte er: »Das ist kein Alter für ein richtiges Schiff, zur Hölle! Die Victory von unserem Nel hatte vierzig Jahre auf dem Buckel, als sie vor Trafalgar kämpfte. Sie wissen nicht, was sie tun, diese verdammten Lords!«

Tolan schien nachzudenken. »Sie machen sich Sorgen um Ihren Kapitän, nicht wahr? Natürlich gibt es etwas, das tiefer als Pflichterfüllung geht, man nennt es persönliche Loyalität. Sie sind kein Mann, den man leicht für sich einnimmt, und ich schätze das.«

Er lächelte ihn plötzlich so herzlich an, als ob er ihm einen Händedruck angeboten hätte, dachte Jago später. Dabei kam es nur selten vor, daß sich dieser harte Mann derart in die Karten schauen ließ.

Tolan fuhr fort: »Jetzt werde ich den Drink holen.« Er blickte zu dem Porträt hoch, der junge Kapitän … »Für uns beide.«

Jago stand am Fenster, er kämpfte um die richtigen Worte und mit den Erlebnissen, die hinter ihnen lagen. Tiefer als Pflichtgefühl, Loyalität. Das war etwas, das ihm selbst nie in den Sinn gekommen wäre, wenn er ehrlich war. Nach der Auspeitschung, die unauslöschliche Narben in seinem Bewußtsein und auf seinem Körper hinterlassen hatte, war er vor dem kleinsten Zeichen von Freundschaft stets zurückgewichen.

Vielleicht nannte man es besser Vertrauen?

Er war wieder allein im Zimmer und hatte nicht einmal gehört, wie Tolan die Tür hinter sich schloß. In Gedanken stand er bereits wieder auf dem Deck der Athena, so als wäre es erst gestern gewesen. Die Seeleute hatten sich nach der Zeremonie langsam zurückgezogen und waren widerwillig an ihre Arbeiten zurückgekehrt. Die leere Gräting lehnte am Laufgang, die große vorgeheißte Flagge bewegte sich kaum in der Brise, und die in Segeltuch eingenähten Leichen lagen schon auf dem Grund des Meeres. Aber besonders deutlich hatte er das Gesicht von Adam Bolitho vor Augen, als der sich von der Bordwand abwendete. Ihre Blicke hatten sich getroffen, und Adam hatte sehr leise gesagt, fast nur gehaucht: »Sie sind jetzt zusammen. Nichts kann sie mehr behelligen.« Jago war tief gerührt gewesen.

Plötzlich wurden Geräusche und Stimmen auf der Treppe laut, Tolan brachte den Wein seines Herrn oder vielleicht auch etwas Stärkeres. Jago spürte, daß sich unwillkürlich ein Lächeln an seinen Mundwinkeln einnistete.

»Es wird ein anderes Schiff geben.« Dann wurde ihm klar, daß er die Worte wie eine Beschwörung laut vor sich hin gesprochen hatte.

Ein Wort genügt, Käpt’n.

»Wenn Sie hier bitte warten wollen, Kapitän … äh … Bolitho.« Der Bedienstete der Admiralität hielt ihm die Tür auf. »Sollten Sie irgendwelche Wünsche haben …« Er beendete den Satz nicht, sondern schloß die Türe wieder leise hinter sich.

Adam Bolitho blieb einen Moment stehen, um sich zu orientieren oder auch um sich innerlich vorzubereiten. Nach der ganzen Hektik und Ungewißheit kam ihm diese Ruhe plötzlich ziemlich enervierend vor. Ein Tisch, drei Stühle und ein Fenster, das war eher eine Zelle als ein Warteraum.

Wie die meisten aktiven Offiziere hatte er den Sitz der Admiralität nur wenige Male während seiner Dienstzeit besucht, und jedesmal war er von dem geordneten Durcheinander und der Zweckdienlichkeit beeindruckt gewesen. Schreiber schleppten Papierstapel, eilten durch ein Labyrinth aus Korridoren, öffneten und schlossen Türen. Einige wurden sogar extra bewacht, solange dahinter strategische Besprechungen stattfanden. Andere standen offen und enthüllten den Blick auf die Materia­lien und Werkzeuge des Kommandierens: riesige Wandkarten, Instrumente, Reihen von Besucherstühlen. Es war offensichtlich, welche ungeheure Macht und Kontrolle über die weltgrößte Marine innerhalb dieser Mauern ausgeübt wurde.

Adam Bolitho trat an den Tisch, auf dem ein ordentlich gefaltetes Exemplar der Times lag, daneben standen ein Glas und eine Wasserkaraffe, und es war so still, als ob in dem ganzen langen Korridor der Atem angehalten würde. Er schlenderte weiter ans Fenster, Ungeduld stieg in ihm auf als Resultat der Überbeanspruchung und der Erschöpfung von Körper und Geist. Er hätte voraussehen müssen, was da auf ihn zukam: der bittere Nachgeschmack der Schlacht von San José, dem »Geplänkel«, wie es eine Zeitung ausgedrückt hatte, und der langen Heimreise. Plymouth und Portsmouth – er rieb sich die Stirn. Das war nur wenige Tage her, aber ihm kam es wie eine halbe Ewigkeit vor.

Aus dem Fenster blickte man in einen Lichthof, und die gegenüberliegende Mauer lag so dicht dran, daß man den Kopf gegen die Fensterscheibe drücken mußte, um den Boden des Hofes zu sehen. Drüben gab es kein einziges Fenster. Befanden sich dort irgendwelche Lagerräume? Und oben, eingefangen zwischen den beiden Wänden, leuchtete eine Stück Himmel: grau, kalt, feindselig. Adam trat vom Fenster zurück und schaute sich wieder in dem Zimmer um. Es glich wirklich einer Zelle.

Man hatte eine Kutsche zu Bethunes Haus geschickt, um ihn abzuholen und nach Whitehall zu bringen. Dort war er von einem Büroangestellten empfangen worden, der höfliche Phrasen über das Wetter und den starken Straßenverkehr gemurmelt hatte, welcher, wie man ihm erzählte, häufig zu Verzögerungen bei wichtigen Treffen führte, weil auch hohe Offiziere im Stau steckenblieben. »Die ständige Betriebsamkeit, der Lärm … es ist wie in einem fremden Land«, sagte der Mann. Der Fremde hier bin ich, dachte Adam in diesem Moment.

Dann war er einem livrierten Bediensten überantwortet worden, einem großgewachsenen, schweren Mann in einem schmucken Rock mit langen Schößen und glänzenden Knöpfen, dessen Schnallenschuhe auf dem Boden der Korridore ordentlich geknallt hatten, während er ihm den Weg wies. Er erinnerte Adam an ein Linienschiff, dem kleinere Fahrzeuge tunlichst aus dem Weg gingen…

Auf der ansonsten kahlen Wand hing ein Bild: Ein Zweidecker schoß Salut für einen nicht sichtbaren Gegner. Es war alt und stammte wahrscheinlich aus Holland, Adams Verstand beschäftigte sich mit den belanglosen Details, und seine Seele hielt sich an ihnen fest. Alle diese Gesichter und Namen! Es war noch nicht mal ein ganzes Jahr vergangen, seitdem Vizeadmiral Bethunes Flagge auf der Athena gesetzt worden war. Und ich sein Flagg­kapitän wurde, dachte er. Und jetzt wurde sie außer Dienst gestellt, wie all die anderen unerwünschten Schiffe auch. Ihre Leistungen und auch ihre Opfer würden bald vergessen sein.

Adam dachte an den langen Warteraum, in den er im Vorbeigehen kurz hatte hineinschauen können. Das Szenarium hatte ihn sehr stark an die aufgelegten Schiffe erinnert, welche jetzt die Häfen und verfügbaren Flüßchen füllten: ein letzter Abstellplatz. Hier war es ein Parkplatz für Offiziere, nur einige wenige in Uniform, die in dem Saal auf einen Termin bei jemandem warteten, der vielleicht über Einfluß verfügte. Not, ja Verzweiflung trieb sie dazu, um ein Schiff zu bitten, egal was für eins es sein mochte. Ihre einzige Angst war, endgültig ausgemustert zu sein aus dem Leben, das sie kannten, aus dem System katapultiert zu werden und als Strandgut zu enden. Als Warnung für alle anderen ihres Berufsstandes … Auf der Liste der Navy standen neunhundert Kapitäne zur See, und nicht ein einziger Admiral war unter sechzig Jahre alt. Adam wandte sich abrupt ab und betrachtete sein Spiegelbild in der Fensterscheibe. Er war jetzt achtunddreißig Jahre alt oder würde es doch in vier Wochen sein. Welche Zukunft habe ich, fragte er sich und bemerkte, daß er eine Hand in seinen Rock geschoben hatte, in die Tasche, in der er die Briefe aufbewahrte. Das war die Verbindung, auf die er vertraute. Cornwall! Es sei denn … Er zog seine Hand aus der Tasche.

»Wenn Sie mir folgen wollen, Kapitän Bolitho.«

Adam schnappte sich schnell seinen Hut vom Tisch mit der ungelesenen Zeitung, denn er hatte gar nicht gehört, wie die Tür geöffnet worden war. Der Bedienstete blickte sich im Zimmer um, als ob das so üblich wäre. Wonach suchte er? Ihm war bestimmt nichts fremd: die großen Siege und die Niederlagen, die Helden und die Verlierer.

Adam Bolitho berührte den alten Säbel an seiner Hüfte, der Teil der Bolitho-Legende war, und er meinte fast die Stimme seiner Tante zu hören, die ihn an diese Vergangenheit erinnert hatte, als sie sein Porträt betrachtete. Er war mit einer gelben Rose an seinem Uniformrock gemalt worden, Lowennas Rose, er konnte sie jetzt wieder ganz plastisch vor sich sehen. Andromeda. Dann hörte Adam, wie die Tür hinter ihm geschlossen wurde. Cornwall schien zehntausend Meilen entfernt zu sein.

Jetzt waren weniger Leute auf den Korridoren unterwegs, oder sie nahmen diesmal einen anderen Weg. Er sah noch mehr Türen, vor einer warteten zwei Offiziere. Nur ein kurzer Blick, ein schnelles Zucken der Augen­lider, nicht mehr – warteten sie auf eine Beförderung oder auf das Kriegsgericht?

Adam verbannte alles aus seinem Kopf, um sich auf das anstehende Gespräch zu konzentrieren und auf den Mann, mit dem er zusammentreffen sollte: John Grenville, der noch als Vollkapitän in der Rangliste geführt wurde, aber hier in der Admiralität dem Ersten Lord als Sekretär zugeteilt war. Und Adam dachte an Bethunes Worte: »Über ihm gibt es nur den lieben Gott!«

Der Lakai blieb stehen und musterte Adam abermals scharf, dann schnarrte er plötzlich: »Mein Sohn hat auf der Frobisher gedient, als Sir Richard getötet wurde, Sir. Er spricht oft von Ihrem Herrn Onkel, wenn wir uns treffen.« Dann nickte er bedächtig. »Der Admiral war ein echter Gentleman.«

»Danke.« Irgendwie beruhigten Adam diese Worte, es war, als ob ihm jemand die Hand gereicht hätte. »Bringen wir es hinter uns, nicht wahr?«

Nach dem verliesartigen Wartezimmer erschien ihm der Eckraum, in den man ihn jetzt geführt hatte, enorm groß. Er besaß riesige Fenster, und es gab mehrere Tische. Auf einem stand ein zusammenklappbarer Kartenständer, ein anderer war mit Aktenordnern überladen, und Kapitän John Grenville saß an einem riesigen Schreibtisch mit dem Rücken zum Fenster, so daß sich seine Silhouette scharf gegen das schwache Licht abzeichnete. Er wirkte klein, mager, auf den ersten Blick fast zerbrechlich, und sein Haar war vollkommen weiß und sah aus wie eine zeremonielle Perücke.

»Nehmen Sie Platz, Kapitän Bolitho.« Er deutete mit der Hand auf einen Stuhl direkt ihm gegenüber. »Sie müssen nach der Reise ziemlich erschöpft sein. Der Fortschritt hat die Übermittlungszeit für Nachrichten auf ein Minimum reduziert, aber die Fortbewegung des menschlichen Körpers ist immer noch von den Kräften eines guten Pferdes abhängig!«

Adam setzte sich vorsichtig, denn jeder Muskel erinnerte ihm schmerzhaft an die Reise von Portsmouth. Während der endlosen Pausen, die notwendig waren, um die Pferde zu wechseln oder sie ausruhen zu lassen, hatte Adam das neue Telegraphensystem entdeckt, das auf einer Reihe von Hügeln und hohen Gebäuden errichtet worden war. Es verband die Station auf dem Dach, unter dem sie saßen, mit der letzten Übermittlungsstation auf der Kirche neben der Werft in Portsmouth, und bei guter Sicht konnte eine Nachricht über die gesamte Distanz innerhalb von zwanzig Minuten übermittelt werden. Das war weniger Zeit, als ein Kurier benötigte, um sein Pferd zu satteln und aufzusteigen.

Das Licht der Wintersonne war jetzt stärker, oder Adams Augen hatten sich an den Raum gewöhnt, jedenfalls bemerkte er, daß sie nicht alleine waren. Ein zweiter Mann saß fast im verborgenen hinter einem Schreibtisch auf der anderen Seite des Raumes, erhob sich und verbeugte sich knapp. Das Licht spiegelte sich kurz in den Brillengläsern, die er auf die Stirn geschoben hatte – genau wie bei Daniel Yovell, dachte Adam.

Grenville stellte vor: »Das ist Mister Crozier. Er wird uns nicht stören.« Er beugte sich auf seinem Stuhl vor und drehte die Papiere um, die vor ihm in sauberen Stapeln aufgebaut waren.

Adam zwang sich, einen Muskel nach dem anderen zu entspannen, er fühlte jetzt keine Müdigkeit mehr, keine Verzweiflung, er war auf dem Posten. Und auf der Hut. Und er war allein auf sich gestellt.

»Ich habe natürlich alle Berichte über das Unternehmen gelesen, das unter dem Kommando von Sir Graham Bethune durchgeführt worden ist. Ihre Lordschaften sind auch über die operationelle Kontrolle durch den Kommodore auf Antigua informiert worden.« Er fuhr sich mit einer Hand über den Mund, in seiner Stimme hatte vielleicht eine winzige Spur Sarkasmus mitgeschwungen. »Jetzt Konteradmiral der Antiguastation. Das war mir entfallen!«

Adam sah den Mann zum ersten Mal deutlich vor sich: das schmale Gesicht, die ausgeprägten Wangenknochen und die faltige Gesichtshaut, vielleicht als Hinterlassenschaft einer schweren Fiebererkrankung im Laufe seiner früheren Dienstzeit. Ansonsten schien Grenville scharfgeschliffen wie eine Stahlklinge und leistete sich bestimmt keinen Fehler bei der Beförderung von wem auch immer. Und schon gar nicht auf Antigua.

»Hatten Sie als Flaggkapitän jemals den Eindruck, daß die Durchführung der Operation nicht vollständig zufriedenstellend abgelaufen sein könnte?«

Das war fast leicht dahingesagt, doch Adam spürte die gespannte Aufmerksamkeit des Schreibers und hatte das Gefühl, daß der Mann sein Schreibwerkzeug schon in pures Gift tauchte.

»Ich habe meinen Bericht bereits eingereicht, Sir, das Logbuch der Athena belegt den vollständigen Einsatz des Schiffes.«

Erstaunlicherweise lachte Grenville. »Gut gekontert, Bolitho, wie man es von einem guten Flaggkapitän erwartet!« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, dann änderte sich seine Laune wieder. »Sie stehen nicht unter Eid, auch stehen Sie in keiner Weise unter irgendeinem Verdacht.« Er hob abwehrend eine Hand, als ob er einen Einspruch erwartete, während seine Gesichtshaut fast transparent wirkte. »Wir kennen Ihre Personalakte im Dienst des Königs sehr genau, sowohl als Kommandant als auch aus den Zeiten, als Sie unter diversen Kapitänen gedient haben. Sie stehen hier nicht vor Gericht, aber wir haben es hier mit Diplomatie zu tun, die bekanntlich sehr viel undurchschaubarer ist als Kanonenmündungen oder die Gründe für die richtigen und falschen Entscheidungen in einer Schlacht.«

»Man kann von keinem Kapitän erwarten, daß er seinem Admiral widerspricht.« Adam brach ab, dann fuhr er in ruhigem Ton fort: »Wenn man alle Umstände berücksichtigt, also die Schiffe, die uns zur Verfügung standen, und das Wetter, dann komme ich zu dem Schluß, daß wir auf die einzig mögliche Art und Weise vorgegangen sind. Gute Männer sind an jenem Tag in San José gestorben. Die Sklaverei ist ein Übel und eine brutale Angelegenheit, aber sie zahlt sich immer noch übermäßig hoch für jene aus, die sie betreiben.« Er wandte sich unbewußt in die Richtung des halbverborgenen Schreibtisches um. »Und sie kostet Menschenleben, selbst wenn das Ganze von vielen als Belanglosigkeit abgetan wird, die es auf jeden Fall besser wissen!«

Die knochige Hand kam langsam hoch. »Gut gesprochen, Bolitho. Ich hoffe, daß Ihre Ideale im Parlament Gehör finden. Schließlich und endlich …« Er blätterte in weiteren Papieren, und als er weitersprach, hatte es den Anschein, als ob er seine Gedanken damit in Übereinstimmung gebracht hätte. »Die Athena ist außer Dienst gestellt, und die Besatzung wurde, soweit möglich, auf andere Schiffe verteilt, der Rest verbringt sein Leben an Land. So ist es bei der Royal Navy üblich. Ihr Erster Leutnant wurde ausgewählt, auf der Athena zu bleiben, bis sie eine neue Aufgabe erhält«, ein kalter Blick flog kurz zu Adam über die Schreibtischplatte, »oder abgewrackt wird.«

Adam erwiderte nichts, sondern hatte die ernsten, niemals lächelnden Gesichtszüge von Stirling, dem Ersten Leutnant, vor Augen, immer unbewegt, unerschütterlich selbst in der Hitze des Gefechts. Ein Mann, den er niemals verstehen würde. Aber konnte man ihm daraus einen Vorwurf machen?

Grenville stand plötzlich auf und trat an das nächstgelegene Fenster. In dem schlichten, perfekt geschnittenen blauen Rock war es einfach, ihn sich wieder als Kapitän vorzustellen. Über seine Schulter hinweg bemerkte er fast wie nebenbei: »Sie haben Lady Somervell auf See beisetzen lassen. Das war Ihre Entscheidung, glaube ich?«

Darüber mußte ihm Bethune berichtet haben oder der Erste Lord.

Adam blickte an ihm vorbei in den bedeckten Himmel und konnte die Szene wieder sehen, als wäre sie gerade eben erst zu Ende gegangen. Bethune und Sillitoe hatten einander fixiert, und jeder hatte versucht, den anderen dazu zu bringen, die Augen als erster niederzuschlagen. In dem Haß hatte aber noch etwas mitgeschwungen, das stärker als sie beide war.

Er flüsterte: »Jetzt ist sie frei, Sir.« Dann blickte er zu dem Schreiber hinüber. Alle Schreibfedern lagen noch immer in ihrem Ständer. Unbenutzt. Er fragte ruhig: »Was wird aus Sillitoe, Sir?«

Grenvilles Schultern hoben sich leicht. »Andere, die weit über Ihren Lordschaften stehen, werden über sein Schicksal entscheiden. Da können Sie sicher sein.« Er drehte sich um und blickte ihn fest an. »Und was ist mit Ihnen, Bolitho? Haben Sie schon Pläne geschmiedet?«

Adam sprang auf die Füße, ohne sich dessen bewußt zu werden. »Ein anderes Schiff, Sir.« Er hatte die gleichen Hoffnungen wie all die anderen in dem schrecklichen Wartesaal und war entschlossen, keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen.

Grenville blickte auf die Uhr, die auf dem Kaminsims stand, als sie leise die Stunde anschlug. Dann zog er seine Uhr hervor, als reagierte er auf ein Signal. Der Schreiber hatte sich hinter seinem Schreibtisch erhoben, und sein Blick hing an der Tür. Grenville lächelte, aber seine Augen verrieten nichts. »Ich habe gehört, daß Sie beabsichtigen zu heiraten?«

»Ich … ich hoffe …« Er blickte nach unten, als Gren­ville seine Hand ergriff. Der Händedruck schien aus einem Schraubstock zu kommen.

»Dann machen Sie das. Mein Segen für Sie beide.« Er wandte sich ab. »Fassen Sie sich in Geduld, Bolitho, ein Schiff wird sich finden.«

Die Tür wurde geöffnet, und Adams Instinkt sagte ihm, daß ein weiterer Besucher auf eine Audienz bei diesem Mann wartete, der einen so gebrechlichen Eindruck machte, aber so mächtig war – im direkten Kontakt mit dem Ersten Lord höchstpersönlich. Er würde diese Unterredung vergessen haben, bevor die Uhr erneut schlug.

Doch Adam sah, daß sich Grenville umgedreht hatte und ihm jetzt direkt in die Augen schaute. Er konnte die Kraft dieses starren Blickes fast wie eine körperliche Berührung spüren.

Grenville stellte ohne Überheblichkeit fest: »Ich verfüge hier in der Admiralität über eine gewisse Autorität, manche würden es Einfluß nennen. Aber ich habe niemals die einfachen Wahrheiten vergessen, die einen guten Seemann ausmachen.« Er machte eine unbestimmte Handbewegung. »Auf dem eigenen Deck zu stehen, die Stimme des Windes über sich und um sich herum zu hören – nichts kann oder wird das je ersetzen.« Er schüttelte den Kopf, ungeduldig oder verlegen, wer wollte das beurteilen. »Ich mußte Sie befragen, Bolitho, um sicherzugehen. Jetzt raus mit Ihnen! Der Hauptschreiber wird sich um Ihre Bedürfnisse kümmern.«

Als Adam draußen auf dem Flur stand, reichte ihm jemand seinen Hut. »Hier entlang, Sir.« Und schon war die Tür geschlossen. Als ob Adam sich das alles nur eingebildet hätte.

Aber die Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf. Ich mußte Sie befragen, um sicherzugehen … Er berührte den Säbel, preßte die schwere Waffe gegen seine Hüfte und merkte nicht einmal, daß sich die beiden Offiziere von vorhin umdrehten, als er an ihnen vorbeiging.

Der alte Kapitän kannte alle Facetten eines eigenen Kommandos, die Vorwürfe und Beschuldigungen ebenso wie die Jubelrufe des Triumphs, wenn die Flagge des Feindes im Pulverqualm der Schlacht herabsank. Und wenn der Stolz den Zweifel und die Angst besiegte. Adam spürte noch immer den eisenharten Griff des Händedrucks. Dann machen Sie das! Er wollte die Liebste wiedersehen, mit ihr zusammen sein. Geh mit mir!

Dann schien es eine Ewigkeit zu dauern, ehe der Hauptschreiber zufriedengestellt war. Fragen, Antworten, Papiere mußten unterschrieben werden, doch schließlich war es vollbracht. Auf seinem Weg zur Eingangshalle passierte Adam wieder den großen Wartesaal. Alle Stühle waren jetzt an einem Ende zusammengestellt, und zwei Männer bohnerten den Boden für den nächsten Tag. Eine Tür wurde geöffnet und schlug laut wieder zu, aber keiner der beiden blickte von seiner Arbeit auf.

Die Türen der Admiralität nach draußen standen offen, die Luft war eisig, und es herrschte pechschwarze Nacht. Aber es gab Kutschen, und Männerstimmen wünschten einen guten Abend. Einer der Kutscher sollte ihn zum Haus von Bethune fahren. Doch alles, was er in diesem Augenblick sah, war der Offizier, der gerade eben hinter ihm aus der Tür getreten war. Es war wohl die letzte Unterredung an diesem Tag gewesen, eine von vielen … Vielleicht hatte jemand dem Mann nach der langen Wartezeit etwas Hoffnung machen können?

Dann drehte dieser Offizier sich auf dem Absatz um, starrte auf Adams Uniform mit den goldenen Litzen, auf die noch ein wenig Licht aus der Pförtnerloge fiel, und blickte plötzlich Adam scharf ins Gesicht. In diesen Augen blinkte kein Neid, es loderte blanker Haß, der wie eine offene Wunde brannte.

»Hier entlang, Kapitän Bolitho!«

Adam folgte dem Bediensteten die Stufen hinunter in die kalte Dunkelheit, das war eine brutale Warnung gewesen, die er niemals vergessen würde.

Der Kutscher sprang von seinem Bock und klappte mit gekonntem Schwung die Trittstufe herunter. »Nun, wo soll’s denn hingehen, Sir? Wird wieder eine verdammt kalte Nacht, würde ich meinen!«

Adam stampfte mit den Füßen auf und blickte an der Hauswand hoch. Die Kutscher, die von der Admiralität beschäftigt wurden, kannten sich ganz sicher in ihrem Geschäft aus, und auf sich allein gestellt hätte Adam nie den Weg zu diesem Ort zurückgefunden. Trotzdem war es ihm so vorgekommen, als hätte die Fahrt weitaus länger als auf dem Hinweg nach Whitehall gedauert. Vielleicht hatte sich der Kutscher nicht für die kürzeste Strecke entschieden, möglicherweise auf die geringe Chance hin, daß seinem Passagier nach den langen Verhandlungen dieses Tages mit Ihren Lordschaften der Sinn noch nach etwas Zerstreuung stand.

Es war eine andere Welt, und Adam erhielt Einblicke in ein London, das er niemals genauer kennenlernen würde. Menschen drängten sich um offene Kohlefeuerstellen auf den Straßen, als warteten sie auf Arbeitgeber oder einfach nur auf Gesellschaft. An einer Ecke stand eine Hure, an einer anderen rezitierte ein großer, in Lumpen gekleideter Mann Gedichte oder hielt eine Predigt, oder vielleicht sang er auch. Niemand schien ihm zuzuhören.

Adam tastete in der Tasche nach ein paar Münzen, er war erschöpfter, als er gedacht hatte. In den meisten der Fenster brannte Licht, aber nicht hinter dieser Fassade.

»Danke, Sir!« Der Atem des Kutschers wehte wie Rauch im Lampenlicht davon. »Ich hoffe, daß Sie mich wieder mal beehren.«

Adam mußte ihm mehr in die Hand gedrückt haben, als er beabsichtigt hatte, und drehte sich um, als die Vordertür geöffnet wurde

»Willkommen, Sir! Ich hatte schon begonnen, mir darüber Gedanken zu machen, ob man Sie irgendwo aufgehalten hat! Und das im wahrsten Sinne des Wortes!«

Es war Francis Troubridge, Bethunes junger Flaggleutnant, wie immer makellos gekleidet. Seine Uniform sah noch genauso perfekt aus wie zu dem Zeitpunkt, als sie gemeinsam die Kutsche in Portsmouth bestiegen hatten. Doch etwas stimmte nicht im Haus, irgend etwas war nicht in Ordnung. In der Eingangshalle standen überall Gepäckstücke herum, die noch mit den wasserdichten Reiseplanen versehen waren. Adam sah Jago aus dem Schatten unter der großen geschwungenen Treppe auftauchen, sein Gesicht war ernst, seine Augen ruhig. Adam vermutete das Schlimmste und war auf alles gefaßt.

»Keine Fallböen, Käpt’n?« Und dann, nachdem Luke ihn genau angeschaut hatte: »Ich wußte es und habe es Ihnen vorhergesagt!«

Sie schüttelten einander die Hand mit festem Griff, als ob sie eine Abmachung bekräftigen müßten wie nach jenen Ereignissen, in denen sogar das Überleben zweifelhaft gewesen war.

»Zur Zeit kein Schiff, Luke. Aber auch keine Sturm­böen«, erklärte ihm Adam.

Troubridge sah und hörte alles genau und machte sich eine Notiz im Gedächnis. Zwischen jedem Kapitän und seinem Bootssteurer herrschte in der Regel ein besonderes Vertrauensverhältnis. Aber es ging sogar noch tiefer als das. Troubridge hatte schon viel gelernt. Und er lernte immer noch.

Adam blickte die Treppe hinauf. »Es ist sehr ruhig hier. Wo sind sie alle?«

Troubridge antwortete: »Sir Graham ist abgereist, um Lady Bethune zu treffen … Es kam alles ganz plötzlich.«

Adam massierte sein Kinn mit Hilfe der Handknöchel. Nichts war mehr wie bei ihrer Ankunft, als Bethune durch das Haus gefegt war, als wäre er von einem dämonischen Höllenfeuer angeheizt worden. Er hatte Befehle und Fragen in Troubridges Richtung gebellt und auch in die seines froschähnlichen Sekretärs und dann kaum eine Antwort abgewartet. Er hatte sich aufgeführt wie der Vizeadmiral, als den Adam ihn zunächst kennengelernt hatte, und nicht wie der launische, verzweifelte Mann, der die meiste Zeit betrunken in seiner Unterkunft gelegen hatte, während die Athena auf ihrer letzten Überfahrt nach Portsmouth war.

»Hat er eine Nachricht für mich hinterlassen? Ich bin von meinen Pflichten entbunden, bis ich neue Befehle bekomme, aber das muß ihm bekannt gewesen sein.«

»Er wußte es.« Troubridge biß sich auf die Unterlippe. »Lady Bethune ist vor ihm abgereist. Ich glaube, sie war über den Gang der Ereignisse hocherfreut.«

Adam nahm Platz auf einem der geschnitzten, unbequemen Stühle und dachte an den schlanken, weißhaarigen Grenville. Manche würden es Einfluß nennen. Er blickte den Flaggleutnant direkt an. »Vergeben Sie mir, aber ich möchte Sie direkt fragen: Was werden Sie tun?«

Troubridge blickte sich unschlüssig in der pompösen Eingangshalle um. »Ich werde zunächst meinen Vater besuchen. Zweifellos wird er sehr bald erfahren, was geschehen ist.«

So viele Erinnerungen! Troubridge, der Adjutant, der überaus gewandt jedes Problem gemeistert und jede Schwierigkeit aus dem Wege geschafft hatte, die seinem Vorgesetzten hätte Ärger bereiten können, jeden Tag und jede Stunde – dieser Troubridge war Adam in der kurzen Zeit ein wahrer Freund geworden. Hier in London war er damals an Adams Seite, zusammen mit Jago, in das schäbige Atelier hineingeplatzt, in dem sich Lowenna gerade eines Übergriffs erwehren mußte. Wie hatte Sir Richard seine engsten Freunde und Kameraden immer genannt? Meine kleine Crew. Oder, wie er es von anderen gehört hatte: Wir, die glücklichen Wenigen … Bei Troubridges Vater handelte es sich um Admiral Sir Joseph Troubridge, der in der Navy einen guten Namen hatte und von allen respektiert wurde, einen Veteranen von den Saintes und dem Glorreichen Ersten Juni. Als Leutnant war er mit dem jungen Horatio Nelson befreundet gewesen, jetzt verließ er die Liste der Navy, um eine prestigeträchtige Stellung bei der Ehrenwerten Ostindischen Kompanie anzutreten, bei John Companie, wie man sie spitzbübisch nannte. Troubridges Zukunft lag also in guten Händen. Aber wie im Warteraum in der Admiralität gab es keine endgültige Lösung.

Troubridge grinste zum ersten Mal. »Ich werde es Sie wissen lassen, Ich habe Sie einmal gefragt, ob Sie in der Zukunft wieder meine Dienste annehmen würden, falls sich die Gelegenheit bieten sollte.«

Adam packte ihn am Arm. »Sie werden immer mein Freund bleiben, Francis. Seien Sie dessen gewiß. Und der von Lowenna auch.«

Die Tür öffnete sich, und Tolan erschien in der Halle. Er meldete Troubridge: »Ihre Kutsche ist vorgefahren, Sir«, blickte aber dabei Bolitho an. »Ich habe bereits Ihre Sachen nach unten schaffen lassen.«

Troubridge seufzte. »Die Bethunes geben das Haus auf, Kapitän Bolitho. Sir Graham wird sich nicht mehr lange in London aufhalten, fürchte ich«, fügte er schneidig hinzu, wieder ganz der Flaggleutnant. »Sie reisen schon morgen ab. Ich habe eine Information von Whitehall bekommen, und ich wünsche Ihnen eine schnelle Reise und viel Glück.« Zu Jago gewandt fügte er hinzu: »Haben Sie ein scharfes Auge auf den Kapitän.«

Sie schüttelten sich nochmals die Hände.

»Bis zum nächsten Horizont, Francis.«

Dann erklang nur noch das harte Rattern von Rädern, und Adam stellte sich vor, wie hinter den anderen Fensterscheiben viele Augen in dieser Straße alles verfolgten.

Jago meinte: »Es wird bald etwas zu futtern geben, Käpt’n. Sie müssen am Verhungern sein.«

Adam wandte sich zur Tür, wo Troubridge auf ihn gewartet hatte für den Fall, daß er gebraucht wurde. Er bemerkte, daß auch Tolan noch immer neben der Treppe stand.

»Wann folgen Sie Sir Graham?« Er mußte völlig erschöpft sein, sonst hätte er die Situation sofort durchschaut.

Jago knurrte barsch: »Die Lady des Vizeadmirals hat ihm befohlen, in den Sack zu hauen! Das ist die nackte Wahrheit!«

Tolan murmelte: »Ich kann damit umgehen.«

Adam setzte sich wieder, denn der Boden bewegte sich unter ihm wie ein schwankendes Deck, beinahe hätten seine Beine ihn im Stich gelassen. Alles war vorbei. Er testete jeden Gedanken, bevor er ihm Gestalt verlieh. Morgen werde ich nach Hause fahren. Nach Falmouth. Zu Lowenna. Wenn … er stoppte den Gedankenstrom genau an dieser Stelle. »Ich würde gerne etwas trinken, wenn Sie so freundlich wären. Um die Zweifel des heutigen Tages hinunterzuspülen und auch das Bedauern.« Er machte eine Pause. »Falls Sie möchten, Tolan, können Sie mit uns nach Falmouth kommen.«

Jago nickte, ohne dabei zu lächeln. Tolan starrte ihn nur verständnislos an, und seine übliche Fassung kam ins Wanken.

Dann antwortete er: »Ich werde dafür sorgen, daß Sie es nie bereuen werden.«

Jago hatte die Zeichen der Zeit richtig erkannt. »Ich gehe mit ihm und helfe ihm ein wenig.«

Doch Adam hörte ihn kaum. Er würde hier und jetzt einschlafen, wenn er sich nicht eisern zusammenriß. Alles war so still. Kein Ruf, zu den Waffen zu greifen, kein Rasseln der Trommeln und kein eiliges Stampfen rennender Füße. Kein Knoten, der sich unangenehm in der Magengegend zusammenzog. Und keine aufsteigende Angst, die er niemals zeigen durfte, wenn er am dringendsten gebraucht wurde. Er berührte die Briefe in der Innentasche seines Rocks. Sprach den Namen der Absenderin laut vor sich hin und wußte sicher, daß sie ihn auf irgendeine Art hören würde.

II Wieder unter den Lebenden

Das Mädchen mit dem Namen Lowenna zuckte zusammen, als ihre Hüfte gegen den kleinen Tisch stieß, aber sie gab keinen Laut von sich; sie war sich der Stille sehr bewußt, und der Fußboden unter ihren nackten Füßen war eiskalt. Im Augenblick konnte sie sich nicht einmal daran erinnern, wie sie aus dem Bett gekommen war, aber sie zitterte am ganzen Körper – und dafür war nicht nur die Kälte verantwortlich.

Das Zimmer lag in völliger Dunkelheit, trotzdem vermeinte sie, den Umriß eines Fensters zu erkennen, das vorher nicht sichtbar gewesen war. Vorher? Nancy Roxby, Adams Tante, war den größten Teil des Tages bei ihr geblieben, um sicherzugehen, daß das Mädchen nicht alleine war, sogar bei einem Spaziergang entlang des Kaps hatte sie Lowenna begleitet, obwohl sich der Wind aus der Falmouth Bucht scharf wie ein frisch geschärftes Messer angefühlt hatte. Lowenna faßte sich und fuhr mit den Fingern durch ihr langes Haar, um es unter dem dicken Schal hervorzuholen. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, daß sie ihn vom Stuhl aufgehoben hatte.

Im Haus war alles ruhig. Sie zog den Schal enger um sich und spürte ihren Herzschlag. Das Herz pochte noch immer zu schnell, wie am Ende ihres Alptraums: des Alptraums überhaupt. Aber warum jetzt? Ein langer Kampf war vorbei. Dank der Fürsorge und Beharrlichkeit ihres Beschützers hatte sie ihn gewonnen, trotzdem erschauderte sie bei der Erinnerung an die Schmerzen und brutalen Verletzungen, an ihr Flehen und ihre Schreie, die nur schlimmere Übergriffe bewirkt hatten. Manchmal meinte sie die Stimme ihres Vaters zu hören, der die Männer schluchzend so inständig bat aufzuhören, als wäre er selbst das Opfer.

Sie ging zum Fenster, ihre Füße machten dabei kein Geräusch, und beruhigte ihre Gedanken, so wie sie es sich antrainiert hatte, denn nichts sollte ihr den heutigen Tag verderben. Adam kam nach Falmouth. Heute! Das war keine Wahnvorstellung oder ein lang gehegter Lieblingstraum, es war die Wirklichkeit. Jetzt! Sie löste die Kordel und zog daran, um einen der schweren Vorhänge zu öffnen. Es war noch dunkel, nur die Ahnung eines dunklen Grautons unterschied das Land bereits vom Himmel. Kein einziger Stern war zu sehen gewesen, als sie in der Nacht an das Fenster getreten war. Oder hatte sie das auch nur geträumt?

Was wohl Nancy jetzt machte, fragte sie sich. Nancy war hier geboren, im alten Stammhaus der Bolithos, als Tochter eines Kapitäns der Royal Navy. Lowenna packte die Kordel so fest, bis ihre Hände schmerzten. Und Adam war ihr Bruder. Nancy war immer mit den Geschäften ihres eigenen Gutes beschäftigt und darüber hinaus auch mit den Angelegenheiten dieses Anwesens, außerdem hatte sie zwei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder, die irgendwo in London lebten. Ihr Ehemann, der sehr beeindruckende Lewis Roxby, war bereits gestorben, aber Nancy stand unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung. Sie war eine Dame von großer Vornehmheit, doch auch hart, wenn sie etwas durchsetzten wollte. Außerdem war sie fast siebzig Jahre alt und jedesmal überrascht, wenn Männer sich noch immer nach ihr umdrehten, während sie vorüberging.

Lowenna fand den Griff und öffnete vorsichtig das Fenster. Es war windstill, aber die Kälte verschlug ihr den Atem und strich mit eisiger Hand über ihr Haar. Sie schloß es wieder, zuvor lauschte sie aber einer Stimme unten am Fuß der Mauer, deren Besitzer offensichtlich hinter der Ecke auf der Zufahrt zu den Ställen stand. Das Gesinde war schon bei der Arbeit, bereitete den Empfang der Bolitho-Kutsche vor. Wie kalkulierten sie wohl die Ankunftszeit? Die Straßen waren im Februar meist noch in üblem Zustand, obwohl man von Young Matthew, wie der älteste Kutscher immer noch genannt wurde, sagte, daß er sie besser als jeder andere kannte.