Schieß schneller, Gunfighter! Western Koffer 10 eisenharte Romane - Alfred Bekker - E-Book

Schieß schneller, Gunfighter! Western Koffer 10 eisenharte Romane E-Book

Alfred Bekker

0,0
8,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sechs Romane von Alfred Bekker, Glenn Stirling, Horst Weymar Hübner, Larry Lash (899) Männer im Kampf um Recht und Rache. Dramatische Romane aus einer harten Zeit. Top-Autoren des Genres schrieben diese Western-Romane. Dieses Buch enthält folgende Romane: Glenn Stirling: Rinder für Santa Fé Alfred Bekker: Das Gesetz des Don Turner Alfred Bekker: Nelsons Rache Horst Weymar Hübner: Stampede des Zorns Larry Lash: Schwarze Erde Larry Lash: Zwei Kerben im Holz Horst Weymar Hübner: Mit erster Klasse in die Hölle Horst Weymar Hübner: Wenn Old Joe abrechnet Horst Weymar Hübner: Letzte Hoffnung Nugget City Horst Weymar Hübner: Die Spur des gelben Pumas Es war entsetzlich, was in jener schicksalhaften Stunde alles über Jesse Nelson hereinbrach. Es waren Bilder und Eindrücke, die ihn bis ans Ende seiner Tage nicht mehr loslassen würden: wie das Blei seiner Gegner in seinen Körper schlug. Wie er Alices Hilfeschrei hörte – und wie er sich durch beißenden Rauch und mörderische Flammen kämpfte, um vielleicht doch noch wenigstens einen der Menschen retten zu können, die er mehr liebte als alles andere auf der Welt. In dieser Stunde begann Jesse Nelsons unerbittlicher Rachetrail … Unter dem Pseudonym Neal Chadwick begann der bekannte Fantasy- und Jugendbuchautor Alfred Bekker seine Karriere mit Western-Romanen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 1444

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alfred Bekker, Larry Lash, Glenn Stirling, Horst Weymar Hübner

UUID: d1d631ce-3bca-11e6-b3b4-0f7870795abd
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write erstellt von Simplicissimus Book Farm.
UUID: 608ab401-8429-40af-8bc3-5861c1607dcb
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Schieß schneller, Gunfighter! Western Koffer 10 eisenharte Romane

​Copyright

Glenn Stirling: Rinder für Santa Fé

Das Gesetz des Don Turner

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

41

42

43

44

45

Nelsons Rache

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

33

34

35

36

37

38

39

40

41

42

43

44

45

46

47

48

49

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

62

63

64

65

66

67

Horst Weymar Hübner: Stampede des Zorns

Larry Lash: Schwarze Erde

Larry Lash: Zwei Kerben im Holz

Mit erster Klasse in die Hölle

Wenn Old Joe abrechnet

Letzte Hoffnung Nugget City

Die Spur des gelben Pumas

Schieß schneller, Gunfighter! Western Koffer 10 eisenharte Romane

Alfred Bekker, Horst Weymar Hübner, Larry Lash, Glenn Stirling

Sechs Romane von Alfred Bekker, Glenn Stirling, Horst Weymar Hübner, Larry Lash

Männer im Kampf um Recht und Rache. Dramatische Romane aus einer harten Zeit.

Top-Autoren des Genres schrieben diese Western-Romane.

Dieses Buch enthält folgende Romane:

Glenn Stirling: Rinder für Santa Fé

Alfred Bekker: Das Gesetz des Don Turner

Alfred Bekker: Nelsons Rache

Horst Weymar Hübner: Stampede des Zorns

Larry Lash: Schwarze Erde

Larry Lash: Zwei Kerben im Holz

Horst Weymar Hübner: Mit erster Klasse in die Hölle

Horst Weymar Hübner: Wenn Old Joe abrechnet

Horst Weymar Hübner: Letzte Hoffnung Nugget City

Horst Weymar Hübner: Die Spur des gelben Pumas

Es war entsetzlich, was in jener schicksalhaften Stunde alles über Jesse Nelson hereinbrach. Es waren Bilder und Eindrücke, die ihn bis ans Ende seiner Tage nicht mehr loslassen würden: wie das Blei seiner Gegner in seinen Körper schlug. Wie er Alices Hilfeschrei hörte – und wie er sich durch beißenden Rauch und mörderische Flammen kämpfte, um vielleicht doch noch wenigstens einen der Menschen retten zu können, die er mehr liebte als alles andere auf der Welt. In dieser Stunde begann Jesse Nelsons unerbittlicher Rachetrail …

Unter dem Pseudonym Neal Chadwick begann der bekannte Fantasy- und Jugendbuchautor Alfred Bekker seine Karriere mit Western-Romanen.

​Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author/ Titelbild: Edward Martin

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

www.AlfredBekker.de

postmaster @ alfredbekker . de

Glenn Stirling: Rinder für Santa Fé

„ Achtung, Jungs, da kommen sie!“, sagte Ol Canter scharf und presste seinen muskulösen Körper noch fester auf den Felsstein. Aus schmalen Augen spähte er nach vorn, wo der ausgefahrene Weg eine Biegung machte und im Gefälle zu Tal führte. Links fiel die Felswand steil ab bis hinunter zum Fluss, und rechts ragte sie wie eine Wand gen Himmel, bis hinauf zum Rande der Mesa.

Canter hörte das Prasseln von Hufen, das Rattern der Wagenräder, und über sein maskenhaft kantiges Gesicht huschte ein entspanntes Grinsen. Er und seine beiden Begleiter wirkten wie Cowboys, waren ebenso gekleidet, aber die abgeschabten Chaparrals hatten mit Rindern nichts zu tun. Ol Canter und seine beiden Freunde hatten es aufgegeben, ehrliche Arbeit zu verrichten. Seit Jahren schon. Und jetzt warteten sie auf Harry Safton. Auf ihn, der in einer Sonderkutsche saß, auf die sie nun schon seit zwei Stunden hier in der glühenden Sonne lauerten.

Das Getrappel der Hufe auf dem Schotterweg wurde deutlicher. Staub wehte nach links über den Rand der Steilwand ins Tal. Und dann tauchte die Kutsche auf. Es war ein kleiner Wagen, vierspännig und leicht. Eine sogenannte Expresskutsche, die man sich gegen zehnfachen Aufpreis mieten könne.

Vier rassige Braune jagten vor dem im Gefälle rasch fahrenden Wagen her, Bremsen kreischten, als die Biegung kam, Steine prasselten vom Weg über die abfallende Felswand in die Tiefe.

Und dann hob Ol Canter, den der Busch deckte, die Hand. Hinter ihm klickten die Verschlüsse der Gewehre. Ol Canter selbst zielte auf die Pferde vorn, dann drückte er ab, und sofort danach krachten auch die beiden anderen Schüsse.

Alle drei Kugeln schlugen in die vordersten Pferde. Die Tiere bäumten sich auf, stießen mit den Köpfen zusammen, brachen vorn ein, und die nachfolgenden beiden Braunen an der Stange versuchten völlig vergebens, sich einzustemmen. Der Wagen schob sie weiter, stieß die Tiere über die gestürzten Pferde hinweg, und binnen einer Sekunde war dort vorn ein Knäuel sich überschlagender Pferdeleiber.

Der Kutscher flog wie vom Katapult geschleudert vom Bock mitten zwischen die gestürzten Pferde. Der Wagen schwenkte mit der Hinterachse aus. Die Deichsel barst mit einem Knall; das rechte Vorderrad rammte gegen die Felswand, und jetzt wirbelte der Hinterteil des Wagens herum, hob sich über die abfallende Steilwand, schwebte jetzt über der Tiefe, und dann kippte er.

„ Verflucht, er stürzt ab!“, keuchte Ol Canter.

„ Diese Affen waren einfach zu schnell“, meinte Mich Laringford hinter Ol Canter. Der kleine, stoppelbärtige Mann mit den Mäuseaugen starrte auf die Kutsche wie auf einen Sack Geld, der ins Meer fliegt.

Mit rotierenden Rädern, die eine Türe geöffnet, flog die Kutsche über den Rand der Gebirgsstraße ins Nichts hinaus. Die gestürzten Pferde wurden wie von einer Geisterhand mitgerissen. Sekunden lang gellte ein Schrei durch die Luft, dann verschwanden Kutsche und Pferde in der Tiefe.

Mit angehaltenem Atem lauschten die drei Männer hinter den Steinplatten. Und dann hörten sie das dumpfe Klatschen der Pferdeleiber, das prasselnde Splittern des Wagenaufbaus. Eine dünne Staubfahne wehte noch von der Stelle herüber, wo die Kutsche vom Weg abgekommen und in die Tiefe gestürzt war. Dann war Stille wie an einem Sonntagmorgen.

„ Verflucht!“, brummte Mitch Laringford und verzog sein stoppelbärtiges Gesicht, das nicht nur von den Augen her an eine Maus erinnerte,

Ol Canter schwieg und wandte sich zu seinen beiden Partnern um. Da war das mondbreite Gesicht „Gun“ Mark Weatherbys hinter Gestrüpp zu sehen. Ein etwas einfältiges Gesicht, wie Ol sich jetzt sagte. Aber als Gun, wie Weatherby in seinen Kreisen genannt wurde, aufstand, zeigte sich die ganze Größe dieses Hünen. Guns riesenhafte Ausmaße ließen den sich ebenfalls erhebenden Mich Laringford wie einen Zwerg erscheinen.

„ Und nun?“, fragte Gun und glotzte stupide auf Ol Canter, der in den letzten Jahren das Denken für ihn mit übernommen hatte.

„ Und nun! Hast du das nicht gesehen, du Idiot?“, fuhr ihn Mitch an, „Die Kutsche ist zum Teufel, und der Goldfisch, den wir ins Netz pflücken wollten, mit ihr. Blödes Gefrage!“

„ Ruhig, Jungs“, brummte Ol Canter, stand nun auch auf und ging auf den Wagen weg zu.

Er war ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, gut fünf Jahre älter als Gun, fast zehn Jahre älter als Mitch, der mit seinem zerknitterten Gesicht allerdings viel älter wirkte.

Canter trat an den Rand des Weges und spähte hinunter in die gähnende Tiefe, wo der Fluss unten als schmales Band silbern dahinfloss. Zwischen dem Ufer und der Felswand lagen die Wagentrümmer. Eines der Pferde war losgerissen und lag einen Steinwurf entfernt von diesem Chaos aus Pferdeleibern, Holzteilen, zerborstenen Rädern und Eisenstücken des Beschlags. Der Kutscher klemmte, bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, zwischen zwei Pferdekadavern.

Es war ein Bild des Grauens, aber Ol Canter empfand nichts als Interesse dabei. Er suchte den jungen Mann, der in der Kutsche gesessen haben sollte. Aber er sah niemanden außer dem Kutscher.

Der bullige Gun war neben Canter getreten und glotzte einfältig nach unten. „Pshaw, sieht das aus!“, sagte er im Tonfall eines Kleinkindes.

„ Verdammt, wo steckt dieser Harry?“, fragte Mitch und blickte ebenso suchend auf die Trümmer wie Canter.

„ Wir müssen ’runter, da hilft nichts!" Canter zögerte nach seinen Worten und blickte Gun an. „Du kannst das machen, Gun. Du gehst ’runter!“

Gun nickte. „Da hinten?“ Er deutete auf die Stelle, wo der Wagenweg in weiteren Serpentinen bis ins Tal hinabführte.

„ Nimm das Pferd und reite hinunter“, sagte Canter in nachsichtiger Ruhe.

„ Mach’ ich“, murmelte Gun und lief zu dem Gestrüpp, hinter dem sie ihre Pferde versteckt hatten.

Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis Canter und Mitch den Kumpan unten sehen konnten. Gun saß ab und kletterte zwischen den Trümmern herum. Dann sah er nach oben und brüllte: „Nur der Kutscher ist da!“

„ Hast du Tomaten auf den Augen? Der Junge muss irgendwo sein, Mensch!“, schrie Canter, und jetzt war von seiner Ruhe nichts mehr zu spüren.

„ Ich sehe ja auch nichts“, meinte Mitch. Dann rief er hinab: „Gun, steig auf die Kutsche! Du musst doch hineinsehen können!“

„ Dieser ausgewachsene Idiot, ich hätte selbst gehen sollen“, knurrte Canter mürrisch. „Wenn der Junge gar nicht in der Kutsche gewesen, ist, haben wir das alles für die Katz gemacht.“

„ Sicher, und einen Mord hängen sie uns auch noch an.“ Mitch seufzte. „Bis jetzt konnten sie das nie.“

„ Hör auf zu flennen, Mensch!“, schnauzte Canter. „Die Stelle war astrein, aber wer konnte ahnen, dass der Kerl sein Gespann über den Abhang jagt.“

Mitch sah Canter verwundert an. „Dafür kann doch der Kerl nichts, Ol. Du hast doch zuerst geschossen, und wir haben alle drei verabredungsgemäß auf die Pferde gehalten. Der Rest war doch logisch.“

„ Halte dein Maul! Nichts war logisch. Ebensogut hätte die Karre stehenbleiben können. Die Stelle war gut. Da konnte uns keiner entwischen. Darum ging’s mir doch. Eh, Gun, hast du was?“

„ Nichts! Nur ’n Koffer mit Zeug. Kleiderkram.“ Gun sah nach oben und hielt dabei den Koffer hoch. Dabei öffnete er ihn noch, und der ganze Inhalt, Anzüge, Wäsche und kleine Utensilien, fiel auf die Trümmer.

„ Verdammt, das könnten doch Sachen von ihm sein“, meinte Canter. „Los, das will ich genau sehen. Wir müssen auch hinunter, Mitch! Bestimmt ist der Junge herausgeschleudert worden und liegt vielleicht sogar im Fluss oder drüben bei den Büschen. Los, zu den Pferden!“

Wenig später saßen sie in den Sätteln und ritten zu Tal.

*

Die Staubwolke wehte wie der Rauch eines Präriefeuers im Südwind über das weite Grasmeer. Die wogenden Rücken der großen Herde schoben sich nordwärts, und der Staub bildete eine Dunstglocke, aus der nur ab und zu die Flankenreiter auftauchten, um wieder darin unterzutauchen. Dumpf dröhnte das Muhen und Brüllen der Rinder über die Ebene, scharf knallten die langen Enden der Bullpeitschen durch die Luft, heiser klangen die Rufe der Cowboys.

Buster Tom Copper hatte sein Pferd abseits des Treibweges auf einer Erhebung pariert und blickte auf die vorbeiziehende Herde. Seine Herde, elfhundert Tiere groß.

Die grauen Augen des Ranchers beobachteten die Arbeit seiner Mannschaft, die scharf trieb. Trotzdem schien die Herde unendlich langsam voranzukommen in der gigantischen Weite dieses gelbgrünen Landes.

Im Osten bildeten die White Mountains einen Gebirgsgürtel, im Norden lagen die Hochflächen und Canyons des Great Colorado Plateaus, und im Westen ragten die Hügelzüge der Mogollon Mesa-Ausläufer von Nord nach Süd. Hinter der Herde, im Süden, lief alles in die weite Ebene aus, die schließlich in die Gila-Wüste mündete.

Zweihundert Meilen hatte die Herde hinter sich. Zweihundert Meilen glühende Hitze, Staub im ewigen Südwind, der nur nachts Kühlung brachte. Zweihundert Meilen Durst, denn sie hatten schon zweimal trockene Camps aufschlagen müssen. In dem staubverkrusteten, kantigen Gesicht des Ranchers zuckte es, wenn er daran dachte, was ihn jedes trockene Camp an Fleischgewicht kostete. Die Tiere magerten vor Durst an einem solchen Tag mehr ab, als sie in vierzehn Tagen wieder an Gewicht aufholen konnten. Jedes verlorene Pfund war gleichbedeutend mit weniger Geld.

Geld aber hatte Buster Tom im Augenblick mehr nötig als etwas anderes, Wasser allerdings ausgenommen. Der letzte Sommer war verheerend gewesen. Ein Sandsturm hatte ihm ein Viertel seiner Herden vernichtet. Dann der Winter. Ein für Südarizona ungewöhnlich harter Winter mit Frost und Schnee. Noch einmal kostete das mehr als vierhundert erstklassigen Schlachtstieren das Leben.

Die Entbehrungen in der Wildnis hatten Buster Tom hart und zäh gemacht. Mit seinen knapp fünfzig Jahren wirkte er verwittert wie ein alter Baum, der Hunderten von Stürmen getrotzt hat. Aber Buster Tom spürte in seinem Innern eine heftige Ungeduld. Er wusste, was es für ihn bedeutete, wenn er diese Herde nicht durchbringen würde, durchbringen bis Santa Fé. Durchbringen durch hundert kleine und große Höllen, die ihm die Natur in den Weg gelegt hatte, durchbringen durch ein von Apachen beherrschtes Gebiet. Und hier oben nördlich seiner Ranch kannte er keinen der Stammesführer. Hier war er für die Indianer ein Weißer wie jeder andere, und damit ein Eindringling, ein Feind, dem all der Hass galt, zu dem die so oft von Weißen enttäuschten Indianer fähig waren.

Ein Reiter schälte sich aus dem Staub der Herde und näherte sich dem Rancher.

Buster Tom nahm den Hut ab, wischte sich mit seinem roten Halstuch den mit Schweiß vermischten Staub von der Stirn und strich sich durchs graue Haar. Indessen war der Reiter nahe genug, um ihn deutlich erkennen zu können. Auffallend war das dem Rancher so ähnliche Gesicht des Mannes, nur dass es viel jünger schien.

Gerade, sicher und wie mit dem Pferd verwachsen saß der Mann im Sattel. Er war so groß wie der ohnehin schon stattliche Rancher, aber seine Haltung im Sattel verriet jugendliche Elastizität.

„ Wie weit noch bis zum Wasserloch, Boss?“, fragte Cliff Copper seinen Vater.

„ Vier Stunden. Es hat genug Wasser.“

Buster Tom setzte den Hut wieder auf, band sein Halstuch fest und spähte über Cliff, der auf seinem Braunen vor ihm hielt, zur Herde hin.

Cliff trieb sein Pferd noch ein Stück höher, bis es neben dem Pinto des Ranchers stand. Nun sahen sie sich an. Nur ein kurzer Blick, und in diesem Blick lag das innige Verstehen der beiden. Vater und Sohn, Männer dieses Landes, die zu denen gehörten, die Tag für Tag gegen die Unbilden der Wildnis kämpften, um der Zivilisation einen Brückenkopf zu erhalten.

„ Sten will wissen, ob dort Wild ist. Ein Braten würde uns nichts schaden“, sagte Cliff und deutete nach Norden.

„ Dickhornschafe habe ich gesehen, als ich heute Morgen dort war“, erwiderte Buster Tom. „Die Pferderemuda treibt ihr am besten in den Canyon,der rechts von der Wasserstelle liegt. Da brauchen wir keine Seile zu spannen. Und jetzt weiter, Junge!“

Cliff nickte, trieb sein Pferd an und sprengte zurück in den Dunst der Staubglocke.

Buster Tom blickte seinem ältesten Sohn nach und nickte zufrieden. Cliff würde ein guter Rancher werden, das stand für ihn fest. Und er hatte auch in der Zeit als Marshal in Tucson bewiesen, dass er zudem noch ein guter Kämpfer war. Auf der Circle C-Ranch brauchte man Kämpfer.

Die Mannschaft war gut eingespielt, Buster Tom fiel dabei die Aufgabe zu, den Treibweg zu erkunden, und von so einer Erkundung war er eben zurückgekommen. Alles war in Ordnung. In vier Stunden würde die Herde an der Wasserstelle sein. Dann führte der Trail durch die Berge.

Buster Tom ritt hinab zur Herde, überholte sie und sah ganz vorn vor dem Leitstier Jimmy, seinen zweiten Sohn, der die Herde führte, Buster Tom lächelte. Wie schwer musste es dem blonden Hitzkopf fallen, so langsam zu reiten? Wo Jimmy doch sonst wie der Teufel dahinpreschte und von manchen Leuten in Tucson „Gilaschreck“ genannt wurde. Jimmy war einundzwanzig, und selbst Buster Tom fragte sich, wann Jimmy endlich etwas ruhiger werden würde.

Er ritt zu Jimmy hinüber, der grüßend die Hand hob, als er seinen Vater sah. Jimmy war über und über mit Staub paniert; sein Pferd ähnelte einem Schuppentier, so sehr hatten sich Schweiß und Staub zu kleinen Platten auf dem Fell vermischt. Als Jimmy seinen Vater ansah, leuchtete das Weiß seiner Augen und seiner Zähne wie aus einer Maske heraus.

„ Ist genug Wasser drin?", rief Jimmy, und seine Stimme war rau wie ein Reibeisen.

„ Ja. Vier Stunden noch, dann habt ihr sie.“

„ Boss, wo steckt Sten mit dem Chuckwagon?“

„ Ist schon voraus. Was ist?"

„ Mein Tabak ist alle."

Buster Tom griff in die Westentasche und zog seinen Lederbeutel heraus, warf ihn Jimmy zu, der ihn geschickt auffing, sich nach Mexikanerart mit einer Hand eine Zigarette drehte und den Beutel zurückwarf. Als die Zigarette brannte, wollte er etwas sagen, doch sein Vater starrte wie gebannt nach vorn. Jimmy folgte der Blickrichtung und entdeckte weit voraus eine Reitergruppe. Drei Reiter waren es, die sich scheinbar unendlich langsam näherten. Aber das sah nur auf diese weite Distanz so aus.

„ Weiße“, sagte Buster Tom, der ein Armeefernglas besaß und damit jetzt auf die Reifer sah. „Keine Apachen.“

Zehn Minuten später waren die drei Reiter so nahe, dass sie auch ohne Fernglas deutlich zu erkennen waren.

*

„ Eine Herde! Wo treiben die hin?“, meinte Mitch Laringford, als er in der Ferne den scheinbar endlosen braunen Wurm aus Rinderleibern entdeckt hatte.

Ol Canter zuckte die Schultern. „Vermutlich nach Santa Fé. Für uns eine nutzlose Sache.“

„ Heute war alles nutzlos“, knurrte Mitch Laringford und sah zu Gun hinüber, der wie eine Statue auf seinem großen Pferd saß und einfältig grinste, wie er es immer tat, wenn er nicht wusste, was er sagen sollte.

„ Es gibt nur eins, Mitch“, meinte Ol Canter, „der Junge hat überhaupt nicht in der Kutsche gesessen. Er kann nicht drin gewesen sein. Sonst müssten wir ihn doch gefunden haben. Wenigstens eine Spur von ihm.“

„ Stimmt, aber mir gefällt die Sache trotzdem nicht. Nun haben wir einen Mord am Hals, und genau genommen für die Katz.“

„ Nicht für die Katz“, mischte sich Gun ein und streckte seine riesige Faust vor. Als er sie öffnete, glitzerte darin die goldene Taschenuhr, die er im Koffer gefunden hatte.

„ Idiot!“, knurrte Ol Canter. „Dafür hätten wir das nicht zu tun brauchen. Eh, siehst du die Spuren?“, wandte er sich an Mitch. „Der Küchenwagen ist schon vorbei. Und ich dachte, wir kommen an einen Schluck Kaffee. Sie werden am Wasserloch rasten. Das ist noch über drei Stunden von hier,“

„ Was geht uns die Herde an?“, sagte Mitch wegwerfend. „Komm, Ol, reiten wir weiter.“

Ol starrte mit verkniffenen Augen auf die noch ziemlich weit entfernte Herde. „Wirklich? Mir ist da eben eine Idee gekommen, Mitch, Eine klasse Idee!“

Gun lachte blöde vor sich hin. „Er hat immer gute Ideen, Mitch. Immer hat er sie!“

„ Halt die Schnauze! Wie gut seine Ideen sind, haben wir vorhin erst gesehen. Was für eine Idee denn schon wieder, Ol?“

Ol musterte ihn wütend. „Werde nur nicht frech, Mitch! Das mit dem Jungen konnte ich ja nicht voraussehen. Die Informationen waren großartig.“

„ Das habe ich erlebt“, meinte Mitch verächtlich.

Ol ging nicht darauf ein. Er sah der Herde entgegen und grinste plötzlich triumphierend. „Hört zu, Jungs, hört genau zu!“ Er warf einen kurzen Blick auf seine Partner, dann sah er wieder zur Herde hin und sagte: „Wir brauchen frische Pferde. Die dort haben eine Remuda und können uns drei frische Pferde eintauschen.“

„ Mein Pferd ist mir noch frisch genug“, meinte Mitch, und Gun, der immer nachquatschte, was Mitch sagte, meinte: „Meins ist auch nicht müde, Ol.“

„ Sie sind zu müde, um einen schnellen Ritt zu machen“, erklärte Ol. „Und einen schnellen Ritt müssen wir machen, wenn das mit dem Jungen noch was werden soll. Außerdem könnt ihr Gift darauf nehmen, dass sie die Kutsche suchen, weil sie nicht ankommt. Dann wäre es gut, wenn wir andere Pferde haben. Welche mit einem fremden Brand.“

„ Du meinst, man hat uns in St. Johns gesehen, als wir die Sache ausgekundschaftet haben?“, fragte Mitch,

„ Gesehen und registriert, wie das eben in so einem Nest ist. Also, Jungs, die frischen Pferde und dann nach Fort Verde. Ich muss wissen, ob der Junge schon bei seinem Alten ist oder nicht. Wenn nicht, fangen wir ihn unterwegs ab, Der alte Safton hat mehr Geld, als ihr euch denken könnt. Und Harry ist sein einziges Kind. Ein Mann wie Safton tut sonst was, wenn sein Sprössling in Schwierigkeiten ist.“

„ Ein Mann wie Safton!“, wiederholte Mitch abfällig. „Er hat uns angeschmiert. So machen diese Brüder ihr Geld.“

„ Eben, und dafür soll er zahlen. Zahlen, bis er schwarz wird. Doch dazu müssen wir den Jungen haben. Dieser Rotznase tut es auch ganz gut, wenn ihm der Hintern auf Grundeis geht. Hast du gesehen, wie sich dieser Bursche im Hotel in St. Johns aufgespielt hat? Siebzehn ist er und gibt an, als hätte er das Pulver erfunden. Also Jungs, reiten wir zu dieser Mannschaft, damit wir an frische Pferde kommen. Ich werde denen eine feine Story verpassen.“

Er griff in die Tasche, zog einen blitzenden Marshalstern heraus und steckte ihn sich an die Brust.

„ Was soll denn dieser Zauber?“, fragte Mitch misstrauisch.

Gun starrte auf den Stern, dann auf Ols Gesicht und machte Augen, als sähe er Ol zum ersten Mal im Leben. Er machte dabei den Mund auf wie ein staunendes Kind. Dann entspannte sich sein Gesicht und er lachte einfältig. „Ol als Marshai, haha!“

„ Hör auf mit diesem Gemecker!“, fauchte ihn Mitch an, und Gun, der viel größer und breiter als Mitch war, wurde sofort ernst, blickte Mitch ängstlich an und machte wieder den Mund auf.

„ Seht ihr, jetzt werden sie sich auch unsere Story anhören, nicht wahr, Deputy Mitch Laringford? Und du, Gun, hältst dein Maul, verstanden! Du sagst gar nichts! Und wenn du was sagst, dann sag, dass du vereidigter Deputy bist! Dass du die Kerle jagst, die eine Kutsche überfallen haben! Klar?“

„ Gewiss, Ol, ich sage alles, was du willst“, meinte Gun.

„ Er wird wieder den größten Mist zusammenreden“, knurrte Mitch. „Ol, die Sache ist nicht komisch. Die Tauschpferde bekommen wir auch ohne diesen Unfug.“

„ Aber sie werden am Wasserloch lagern, vielleicht werden sie auch jagen. Dort sind Dickhornschafe. Dann finden sie die Kutsche, du Narr. Und sie werden sich zusammenreimen können, was wir mit den frischen Pferden wollten. Also, wir machen es, wie ich gesagt habe, Los jetzt!“

*

Kane kam von hinten vor und übernahm die Herdenspitze. Jimmy folgte seinem Vater zur Seite, und sie ließen die Herde an sich vorbei. Dann waren auch die drei Fremden heran. Einer von ihnen, ein großer, schlanker Mann mit dunklem Haar und grauen Schläfen, trug den Marshalstern. Die beiden anderen, der eine klein und drahtig, der andere groß und muskulös, blieben zurück. Nur der Marshal kam bis dicht an Buster Tom heran,

„ Mein Name ist Canter, Marshal der Territoriumsbehörde. Ich habe ein paar Fragen an Sie. Sind Sie der Treibherdenboss?“ Er musterte Buster Tom mit dem durchbohrenden Blick, wie das viele Marshals tun.

„ Ich bin der Rancher. Mein Name ist Copper, Tom Copper von der Circle C-Ranch.“

„ Aha, Mr. Copper, wir kennen das Südgebiet noch nicht so genau. Wir sind hinter einer Bande her, die erst vor wenigen Stunden einen Überfall auf eine Kutsche losgelassen hat. Dort vorn im Canyon liegen die Trümmer." Er deutete nach Norden, „übrigens sind die beiden meine Deputies“, erklärte er mit einer Handbewegung auf Gun und Mitch, er sagte aber nicht ihre Namen. Vielmehr wandte er sich wieder Buster Tom zu und fragte: „Sind Fremde in Ihrer Nähe aufgetaucht?“

„ Wir haben keine gesehen“, erwiderte Jimmy an seines Vaters Stelle.

„ Das ist mein Sohn, der immer an der Herdenspitze war“, erklärte dazu Buster Tom. „Was wollen Sie noch wissen? Wir treiben eine Herde, Gentleman, da hat man die Zeit nicht auf dem Wege gefunden.“

„ Wir brauchten frische Pferde, um die Bande zu verfolgen.“

„ Haben Sie die Spur gefunden?“, wollte Jimmy wissen.

„ Nein, aber der Kutscher lebte noch, und so haben wir den Verdacht, dass sie nach Westen sind. Nach Fort Verde.“

„ Nun gut, Sie können frische Pferde bekommen.“ Buster Tom musterte die Tiere der drei Fremden und fuhr fort: „Sehr abgehetzt sehen Ihre Pferde nicht aus. Woher stammt der Brand?“

„ Cimarron-Ranch Colorado.“ Ol Canter grinste verbindlich. Aber sein Grinsen gefror ein, als Buster Tom lässig fragte:

„ Jimmy, wie hieß die Ranch, auf der Sten früher Koch gewesen ist? Das muss doch die Cimarron-Ranch gewesen sein.“

„ Stimmt, Boss.“

„ Dann hol mal Matt her, der ist ja damals dort oben gewesen und hat uns Sten gebracht!“

Jimmy nickte nur, zog sein Pferd herum und jagte in die Staubwolke hinein.

„ Misstrauen Sie uns, Rancher?“, fragte Ol Canter in gut gespieltem barschen Tonfall.

Buster Tom schüttelte den Kopf. „Misstrauen? Warum denn? Ich möchte Ihnen helfen. Wenn es tatsächlich Cimarron-Pferde sind, können wir sie auf einer Poststation abgeben und zur Ranch zurückschicken. Dann wird mir der Rancher dort einen Scheck zusenden. Aber erst muss ich wissen, wie gut diese Ranch ist, und dann muss ich sicher sein, dass diese Pferde auch von dort sind.“

„ Hören Sie, Mr. Copper, es sind Cimarron-Pferde!“, sagte Canter scharf.

„ Und die gehören Ihnen, oder sind es Leihpferde?“

„ Es... es sind Leihpferde“, sagte Canter nach kurzem Zögern und warf dabei einen beschwörenden Blick auf Mitch, der gerade etwas sagen wollte.

„ Na also, dann ist es doch berechtigt, was ich tue“, meinte Buster Tom.

Aus dem Staub der fast vorbeigezogenen Herde tauchte jetzt ein großer dürrer Mann auf, der etwa in Buster Toms Alter war, aber viel älter wirkte. Sein Gesicht war so faltig und zerknittert, dass es an Baumrinde erinnerte. Er hockte im Sattel wie ein müder Adler auf einem Ast. Aber dieser Mann war mehr als er schien, nicht nur, weil er Buster Toms Vormannrolle innehatte. Der ehemalige Scout Matt Jackson hatte zusammen mit Buster Tom die Circle C-Ranch aufgebaut. Ein alter Löwe, der durchaus noch gefährlich hart kämpfen konnte und mit Erfahrung wettmachte, was ihm an jugendlicher Kraft fehlte.

Misstrauisch musterte er Canter und dessen beide Gefährten. Dann fragte er, ohne den Blick von Canter zu nehmen: „Was liegt an, Buster Tom?“

„ Den Brand der Pferde kennst du doch, wie?“

„ Cimarron-Ranch.“

„ Na also!“, sagte Canter. „Wir haben die Gäule erst vorgestern dort bekommen.“

„ Das ist Marshal Canter mit zwei Deputies“, erklärte Buster Tom und erzählte knapp, was Canter behauptet hatte.

Matt Jackson hörte es sich an, ohne zu zeigen, wie er darüber dachte. Dann sah er Buster Tom an. Der nickte nur, und Matt Jackson nickte auch.

Unruhig blickte Canter von einem zum anderen. Schließlich sagte Matt Jackson: „Tja, Buster Tom, was nun?“ Er wandte sich Canter zu und sagte: „Also, ihr habt die Gäule vorgestern auf der Cimarron-Ranch bekommen. Hm, und jetzt geht es der Bande nach. Hm.“ Er sah wieder Buster Tom an. „Wirklich schade um die schöne Geschichte. Tja, was machen wir mit diesem Marshal?“

Canter wurde nervös, „Was soll das Gerede? Eh, habt ihr nun frische Pferde oder nicht?“

„ Wir haben frische Pferde“, sagte Buster Tom. Er winkte Jimmy zu, der weit hinter den drei Fremden auftauchte und langsam näher kam. Nun tauchte auch Cliff noch auf.

Mitch sah sich um und erkannte die beiden näher kommenden Reiter, übersah auch nicht, dass sie ihre Gewehre aus den Scabbards gezogen hatten. Seine Hand tastete sich zum Revolver.

Aber da sagte Buster Tom ruhig: „Marshal, jeder Gesetzesbeamte hat einen Ausweis. Sie doch ganz sicher auch, nicht, wahr?“

Canter verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Was soll diese idiotische Frage, he? Ich bin Marshal und damit basta.“

„ Wie können Sie es erklären, Marshal", fragte nun Matt Jackson, und er betonte das Wort Marshal auf jeder Silbe, „dass die Cimarron-Ranch Ihnen Pferde geliehen hat, wenn die Cimarron-Ranch seit einem guten Jahr gar nicht mehr existiert?“

„ Was?“, rief Canter.

Mich knurrte nur: „Idiot!“

„ Ja, sie wurde von Kiowas niedergebrannt. Die Mannschaft löste sich auf. Zwei Männer kamen zur Circle C, also zu uns. Der eine ist unser Treibherdenkoch. Der andere ist auf diesem Trail nicht dabei. Die Pferde übernahm damals die Wells Fargo-Gesellschaft, denn bei ihrer Bank hatte der Cimarron-Rancher Geld geliehen. Der Rancher war im Kampf gegen die Kiowas gefallen. Tja, Marshal, nun ist Ihre schöne Geschichte kaputt. Was nun?“

Matt Jackson grinste schief, und Buster Tom konnte sich eines mitleidigen Lächelns auch nicht erwehren.

„ Da ist noch etwas", sagte Buster Tom, bevor Canter etwas äußern konnte. „Den Großen dort, den kenne ich. Das ist Gun Mark Weatherby. Sein Steckbrief hängt in Tucson vor dem Office von Marshal Rip O’Hagan. Für fünfhundert Dollar Belohnung kann man Ihren Deputy bei Rip O’Hagan abliefern. Was sagen Sie dazu?“

Canter schien zu begreifen, dass es nichts mehr gab, was er dem Rancher und seinem Vormann auftischen konnte. Es blieb offenbar nur noch die Gewalt, um diese Misere zum Guten zu wenden. Mitch sah diesen Ausweg noch früher als sein Kumpan.

„ Gun, gib Zunder!“, zischte er dem Hünen zu.

Das war für Gun ein gewohntes Zeichen. Gun tat, was er immer getan hatte, wenn von Mitch dieser Hinweis gekommen war. Er griff mit traumhafter Schnelligkeit zum Revolver. Jetzt endlich wendete sich alles so, wie er es kannte. Diese Wortgeplänkel, davon hielt er nichts. Aber der Griff zur Waffe, das war ihm vertraut, hier wusste er genau, was zu tun war.

Er hatte sie heraus, riss sie hoch, doch plötzlich sah er an Buster Toms Hüfte einen grellen Blitz, spürte gleichzeitig einen heftigen Schlag an der Schulter und wurde halb im Sattel herumgerissen.

Mitchs Pferd bäumte sich auf. Trotzdem zog Mitch noch seinen Revolver. Aber da traf ihn etwas von hinten, stieß ihn nach vorn auf den Pferdehals, und dann keilte das Pferd gerade nach hinten aus, nahm den Kopf herunter, und Mitch wurde wie von einem Katapult aus dem Sattel geschleudert.

Canter hatte die einzige Chance genutzt, die sich ihm bot, als Mitchs Pferd bockte. Er riss sein Tier herum, zog ihm brutal die Sporen an den Flanken entlang, und das gepeinigte Tier flog wie ein Pfeil davon, direkt in die Staubwolke des Herdenendes hinein.

In dieser Dunstglocke verschwand Canter und tauchte erst auf der anderen Seite wieder auf, jagte weiter nach Westen zu und schoss wie irr zurück, als zwei Cowboys auftauchten, die ihn verfolgen wollten. Er traf das Pferd des vorderen, woraufhin die beiden zurück blieben.

Canter entkam, und niemand folgte ihm noch. Zornig und enttäuscht trieb er sein Pferd auch dann noch an, als die Staubglocke der Herde weit hinter ihm lag und die schroffen Felsen und das Labyrinth von Schluchten und Canyons vor ihm auftauchten.

*

Ein Schuss hatte Guns Pferd an der Kruppe gestreift. Dem verletzten Reiter im Sattel ging das Tier durch. Gun, an der Schulter getroffen und nur noch mit viel Glück im Sattel, konnte das Tier nicht parieren. Es raste davon, und Gun klammerte sich, von Schmerzen gepeinigt, an dem Sattelhorn fest.

Buster Tom schüttelte den Kopf, als Matt Jackson fragte, ob sie Gun einholen sollten.

„ Wir sind keine Marshals. Unsere Herde ist wichtiger für uns“, entschied der Rancher. Er sah auf Mitch nieder, der mit seltsam verdrehtem Kopf am Boden lag.

Jimmy war schon da, und Cliff kam ebenfalls, sprang vom Pferd und kniete sich neben Mitch. Dann hob er nach kurzer Untersuchung den Kopf. „Aus.“

„ Deputy, hat er gesagt“, murmelte Matt Jackson. „Buster Tom, wir sollten Gun Weatherby verfolgen. Der Bursche ist fünfhundert Bucks wert.“

„ Die Herde, habe ich gesagt, Matt!“, erwiderte der Rancher. „Matt, übernimm die Führung, sie werden langsamer! Jimmy, zurück zur Herde! Das hier mache ich mit Cliff!“

Jimmy zog einen Flunsch, denn er kam sich wie ein Schuljunge vor, den man wegschickt.

Matt Jackson winkte Jimmy. „Komm, Junge!“

Buster Tom ritt zu Mitchs Pferd hin, das ein Stück weggelaufen war. Er nahm es am Zügel und brachte es zurück. Cliff stand jetzt neben Mitch.

„ In den Taschen war nicht viel, nur das hier!“ Er hob ein buntgewürfeltes Tuch hoch, in das er die Utensilien aus Mitchs Taschen gepackt hatte. „Nichts von Bedeutung“, sagte Cliff dazu.

„ Sieh in den Satteltaschen nach!“ Buster Tom gab Cliff die Zügel des Braunen von Mitch und stieg aus dem Sattel. Er trat vor Mitch hin und musterte den toten Mann.

„ Irgendwie kommt er mir bekannt vor. Aber mir fällt nicht ein, woher ich ihn kenne.“

Cliff untersuchte die Satteltaschen und brachte ein weißes Hemd zum Vorschein, in dessen Brusttasche die Initialen HS gestickt waren. Dann fand er auch noch Taschentücher, Unterwäsche, und überall fand sich dieser Initialschriftzug HS.

„ Scheint ein vornehmer Bursche gewesen zu sein, wenn’s ihm gehört hat“, meinte Cliff.

„ Es sieht mehr nach geraubtem Zeug aus. Diese Sorte schneuzt sich nicht in Taschentücher. Noch was?“

Buster Tom wandte sich seinem Sohn zu, der nun auch ein Buch zum Vorschein gebracht hatte. Es war ein schwarzes Buch mit der goldgeprägten Aufschrift: Für dich,

Cliff schlug es auf. Auf dem Innendeckel stand etwas, und er las es vor: „Harry Safton, St. Louis, Winton College.“ Cliff blätterte weiter. „Es sind Gedichte drin und Sprüche mit der Unterschrift von verschiedenen Leuten. Sieht aus wie ein Poesiealbum oder so was, wie es Rosalie hat.“

„ Aha, und so etwas soll so ein Bursche besitzen?“ Buster Tom schüttelte den Kopf. „Ich nehme an, dass diese drei Galgenvögel die Kutsche ausgenommen haben. Das scheint hier ganz in der Nähe zu sein. Vielleicht haben wir sie noch gestört. Wenn man nur herausfinden könnte, warum sie von uns Pferde haben wollten. Die sie hatten, waren ja gar nicht so fertig. Also, begraben wir ihn. Die Herde ist schon ein ganzes Stück weg. Komm, Cliff!“

Cliff schnallte den Handspaten vom Sattel und begann zu graben, während Buster Tom die Satteltaschen wieder füllte und an den Sattel hängte. Als sie Mitch begraben hatten, ritten sie der Herde nach.

*

Die Herde lagerte rund um die große Wasserstelle am Fuße des Canyons, der weit in die Felsenmauern hineinreichte.

Sten, der Mannschaftskoch, hatte den Dutch-Ofen neben dem Chuckwagon aufgebaut und backte Sauerteigbiskuits. Die Männer der elfköpfigen Mannschaft saßen im Schatten des Chuckwagons, soweit sie nicht Herdenwache hatten. Reiter umkreisten, eintönige Lieder singend, die Herde. Dieser Singsang beruhigte das Vieh. Die Rinder, überwiegend Stiere und einige ältere Kühe, fraßen noch. Hier in der Umgebung des Wassers wuchs hohes, bis weit über den Bauch der Tiere reichendes Grammagras, das so scharfblättrig war, dass man sich daran die bloßen Finger zerschneiden konnte.

Buster Tom schlief. Er hatte letzte Nacht nicht schlafen können, weil er zur Erkundigung des Trails vorausgeritten war. Cliff war mit Jimmy im Canyon, um zu jagen, und Matt Jackson thronte oben auf dem Chuckwagon, seinem Lieblingsplatz in Treibercamps.

Die Männer im Schatten des Wagens schlürften den starken und heißen Kaffee, den Sten vorhin ausgeteilt hatte, und kauten auf den brutzeligen, frischen Sauerteigbrötchen, die ihnen Sten zuwarf, sobald er welche fertig hatte.

Um den Rancher nicht aufzuwecken, sprachen die Männer gedämpft und murmelnd. Nur Matt Jackson beteiligte sich nicht an der Unterhaltung, die sich um die Auseinandersetzung mit den drei Fremden drehte.

Plötzlich tauchten im Canyon Jimmy, Cliff und fünf weitere Reiter auf, die Uniformen der Kavallerie trugen. Sie hatten ein Pferd am Zügel, auf dem ein Mensch lag.

Matt Jackson stieß einen kurzen Pfiff aus, und nahezu augenblicklich fuhr Buster Tom hoch, rieb sich die Augen, sah, wohin seine Männer blickten, und stand auf. Da entdeckte auch er die Reiter.

Jimmy galoppierte auf seinem Pferd voraus und langte vor den anderen beim Herdencamp an. Mit einem Sprung war er aus dem Sattel. „Sie haben Gun erschossen. Er ist ihnen direkt vor die Mündung geraten. Cliff und ich haben die Kutsche gesehen, oder was davon übrig ist. Der Kutscher war völlig verstümmelt.“

„ Fahrgäste?“

„ Ein Junge soll in der Kutsche gewesen sein, aber wir haben ihn nicht gefunden. Es wimmelt von Indianerspuren dort.“

Jimmy sah sich nach den Kavalleristen um, die mit Cliff näher kamen. Der tote Gun Weatherby hing festgebunden auf seinem Pferd.

Ein bärtiger Sergeant führte die Patrouille. Er salutierte lässig und wandte sich an Buster Tom. „Mr. Copper, nehme ich an?“ Und als Buster Tom nickte, fuhr der Sergeant fort: „Sergeant Fowlers, B-Kompanie von den sechsten Rangers. Wir sind von St. Johns aus der Kutsche gefolgt und wussten rein zufällig, dass sie mit dem jungen Safton unterwegs nach Fort Verde war. Die Kutsche ist gestoppt worden und in den Canyon gestürzt. Der Fahrer ist dabei umgekommen, aber wir suchen den Jungen.“

„ Keine Spur davon?“

„ Keine. Dieser Weatherby hat noch gelebt, als wir ihn vom Pferd geschossen haben. Er sagte, dass sie vom alten Safton eine zackige Lösegeldsumme herausholen wollten, den Jungen aber selbst nicht gefunden hätten.“

„ Aber wenn er in der Kutsche war, muss er doch gefunden werden“, meinte Buster Tom.

Der Sergeant zuckte die Schultern und strich sich über den blonden Bart. „Keine Spur, dafür Dutzende von ganz frischen Spuren der Apachen. Unbeschlagene Pferdetritte, Mokassinspuren, es wimmelt nur so davon.“

Buster Tom kniff besorgt die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. „Apachen? Verdammt noch mal!"

Er blickte über seine Herde, die er bis Santa Fé durchbringen musste, wenn er seine Ranch behalten wollte. Apachen auf dem Wege, das war schlimmer für diesen Trail als drei trockene Camps hintereinander. Auf der Circle C hatte er da keinen Kummer. Die Apachen hatten dort längst gemerkt, wie Buster Tom dachte, und dass er nicht zu denen gehörte, die in einem toten Indianer einen guten Indianer sahen. Cochise und Buster Tom achteten und mieden den Streit miteinander. Doch hier oben gab es viele junge, radikale Häuptlinge, die es satt hatten, sich die Zwiespältigkeiten der Weißen länger gefallen zu lassen — vor allem weigerten sie sich, in die Reservation zu ziehen, die ihnen die weißen Politiker im erbärmlichsten Teil Arizonas zugewiesen hatten. Der Krieg nahm immer härtere Formen an, und nichts war den an Fleisch knappen Apachen willkommener als eine Herde Rinder.

Buster Tom sah zu Sten hin, der noch immer Biskuits backte. „Kaffee für die Patrouille und zu essen, Sten!"

Sten nickte nur, und die Soldaten saßen auf einen Befehl ihres Sergeants hin ab.

Buster Tom deutete auf den toten Gun und fragte: „Was wird damit?"

„ Wir nehmen ihn nach Fort Verde mit", erklärte der Sergeant, dem Sten gerade eine Blechtasse mit heissem Kaffee gab. „Fünfhundert Dollar sind kein Dreck.“ Der Sergeant grinste breit. „Wir bekommen zwar nur einen Teil, aber der Rest geht an unsere Einheit, und so etwas ist immer nützlich. Von wegen der Beförderung und so.“

Er schlürfte den heißen Kaffee Und schien nun über dieses Thema nicht mehr reden zu wollen.

Eine Stunde später ritt die Patrouille weiter. Die Rinder mit dem Brand der Circle C lagen indessen im Gras und kauten wieder. Im Westen stand die Sonne schon sehr tief, und die Berge warfen blaue Schatten bis weit in die Ebene hinaus.

„ Wir treiben bei Einbruch der Dunkelheit weiter“, sagte Buster Tom, der mit Matt Jackson und Cliff etwas abseits von den anderen hockte. „Apachen wagen sich nachts nicht an große Mannschaften heran.

„ Das Vieh ist aber noch ziemlich erschöpft“, sagte Matt Jackson. „Buster, ich würde es nicht überstürzen. Wenn wir beim Treiben nicht gut vorankommen, taugt das auch nicht viel,“

„ Du hast recht, aber ich sehe es anders. Bei Einbruch der Dunkelheit also!“

Das war endgültig, und Matt Jackson kannte den alten Freund und Partner viel zu gut, um jetzt etwas einzuwenden. Auch Cliff schwieg,

„ Was mag nur aus dem Jungen geworden sein?“, fragte Cliff nach einer Weile, in der sie jeder ihren Gedanken nachgehangen hatten.

„ Dem Jungen? Ach so, ja, wer weiß, ob er überhaupt in dieser Kutsche war. Ein kleiner Junge?“, fragte Buster Tom.

„ Nein, siebzehn Jahre alt, sagt der Sergeant“, erklärte Cliff.

„ So ein Bursche löst sich nicht in Luft auf. Aber wenn ihn nicht einmal die drei Galgenvögel gefunden haben und dann auch die Patrouille nicht, werden wir uns wohl die Mühe sparen dürfen.“

„ Buster Tom denkt an nichts als an seine Herde“, sagte Matt grinsend. „Und damit hat er recht. Cliff, wenn wir diese Herde nicht zu wenigstens siebzig Prozent nach Santa Fé bringen, haben wir auf der Circle C ausgefrühstückt. Dann kommt der Termin, wo die Wells Fargo ihren Kredit zurückhaben möchte, den Buster letzten Herbst genommen hat. Wie ich Morrison, unseren lieben Nachbarn, kenne, steigt der in diese Forderung ein, kauft der Wells Fargo die Kreditbriefe ab, und was weiter kommt, kannst du dir an fünf Fingern abzählen. Dann gehen wir baden mit Hut und Sporen.“

„ Ich weiß, und wir werden es auch schaffen, die Herde durchzubringen.“ Cliff sah seinen Vater an, der sich besorgt am Hinterkopf kraulte. „Oder hast du kein Zutrauen zu uns?“

„ Zu euch schon“, sagte Buster Tom, „aber weniger zu den Apachen. Und außerdem könnte uns dieser Pseudomarshal noch ein Ei ins Nest legen.“

„ Wenn den die Patrouille trifft, geht es ihm wie Gun Weatherby. Die haben nur einmal gerufen, dass er die Hände heben soll. Er hat das nicht sofort getan, da haben sie ihm eine Salve unter den Hut geschossen, die einen Elefanten aufs Kreuz gelegt hätte."

Cliff wollte noch etwas sagen, da ertönte ein Alarmpfiff vom Canyon her. Die verdoppelten Wachen um die Herde verteilten sich. Ein Mann von ihnen, der Cowboy Kane, winkte am Canyon drüben.

„ Auf, Jungs, Gewehre klar!“, rief Buster Tom den Männern im Camp zu.

Aber da kam schon Kane angeritten. Er jagte direkt auf Buster Tom zu, der, das Gewehr in den Händen, zwischen seinen Männern stand.

„ Boss, Apachen! Sie sind den Canyon entlang gekommen, haben einen Speer in den Boden gerammt und sind wieder umgedreht. “

„ Und was noch?“

„ An dem Speer hängt was.“

„ Cliff, reite mit ihm! Seht nach, was es bedeutet!“, befahl der Rancher.

Zehn Minuten später kam Cliff mit einem Stiefel in der Hand wieder. Es war ein weicher, schwarzer Stiefel, wie ihn die Leute in der Stadt trugen. Alles wirkte sehr teuer und empfindlich. Cliff schwenkte den Stiefel im Licht der letzten Sonnenstrahlen und sagte: „Das hing am Speer.“

Buster Tom nahm den Stiefel, sah ihn genau an und entdeckte die Initialen HS aus Silberfaden am äußeren Schaft. „Sie haben den Jungen.“

„ Dann lebt er offenbar kaum noch“, meinte Cliff.

„ Das würde ich nicht behaupten“, erwiderte Matt Jackson. „Wie mir scheint, wollen sie, dass wir jetzt hinkommen, um den Jungen zu suchen.“

„ Das werden wir nun bestimmt nicht tun. Was geht uns der Direktor .der Wells Fargo an?“, erklärte Buster Tom.

„ Direktor der Wells Fargo?“, fragte Cliff verblüfft.

Matt erklärte für den Rancher: „Safton ist der Boss der Wells Fargo im Territorium. Der Junge ist wahrscheinlich sein Sohn.“

„ Aber wir können ihn doch nicht bei den Indianern lassen!“, protestierte Cliff.

„ Haben wir ihn hingebracht?“, fragte Matt Jackson.

„ Das ist doch egal. Ein Weißer ist in Not, und wir sind verdammt verpflichtet, ihm zu helfen!“

Buster Tom nickte. „Sind wir, wenn wir Anhaltspunkte hätten. Vermutlich ist der Junge tot. Die Apachen wollen uns von der Herde locken." Er sah zum westlichen Himmel. „In einer Stunde ist die Herde in Marsch.“

Jimmy, der herangeritten war, hatte Cliffs letzte Worte und Buster Toms Antwort gehört. „Boss“, rief er, „wir können doch diesen Jungen nicht einfach seinem Schicksal überlassen.“

„ Willst du die Circle C aufgeben?“, fragte Buster Tom eisig.

Jimmy wurde puterrot. „Aber zum Teufel, was soll diese Frage, Boss? Was hat das mit der Ranch zu tun?“

„ Die Ranch braucht Geld. Für diese Herde werden wir welches bekommen. Und diese Herde muss durchgebracht werden. Das allein ist es, was jetzt eine Rolle spielen darf, sonst gar nichts,“'

„ Verflucht!" Jimmy knallte wütend die Faust aufs Sattelhorn. „Das ist die reinste Ellenbogenpolitik! Hoppla, jetzt kommen wir, und alles andere geht uns einen Dreck an! Boss, ich finde, das geht ein paar Ecken zu weit,“

„ Hat dir jemand gesagt, dass du deinen Posten verlassen sollst, Jimmy?“, knurrte Buster Tom scharf.

„ Nein, zum Teufel, aber ich habe es satt, immer nur wie ein Leitbulle durchs Leben zu rennen. Da sitzt ein Bursche unter den Rothäuten, und wir drehen hier Daumen und denken an verfluchtes Geld."

„ Geld? Ich denke an die Ranch, und du setzt dich auf deinen Hintern und tust, was ich dir sage!“

„ Schon gut, ich tu’s ja, aber ich will verdammt sein, wenn mir das gefällt, was wir hier tun. Als wenn es außer der Circle C nichts anderes auf der Welt gibt. Als wenn...“

Cliff fuhr ihn an: „Sei still! Reite auf Posten! Für uns gibt es nur die Circle C! Nur sie ist unsere Welt! Wenn du das nicht begreifst, noch immer nicht, dann pack doch deinen Mist und verschwinde!“

„ Stopp!“, rief Buster Tom. „Das geht zu weit! Jimmy, reite auf Posten! In einer Stunde wird getrieben! Cliff, löse Kane ab! Ihr anderen brecht das Lager ab. Der Chuckwagon rollt in einer Viertelstunde. Matt, du reitest mit dem Wagen voraus. Im Morgengrauen müssen wir die Wasserfälle erreicht haben. Du weißt, dass es zu schaffen ist, Matt.“

Matt Jackson nickte. Indessen ritt Jimmy wild knurrend davon. Cliff sattelte sein Pferd und verschwand ebenfalls. Bald darauf erschien Kane.

Drei Männer halfen Sten beim Packen des Chuckwagons, Andere spannten die Maultiere ein. Und im Westen verschwand die Sonne hinter den Bergen. Der Himmel färbte sich tiefviolett.

*

Sie hatten Canter im Schlaf überrascht, und jetzt saß er gefesselt zwischen ihnen. Ihre breiten, schmaläugigen Gesichter glänzten wie Bronze im Schein des Feuers. Er roch ihre bittersüßliche Ausdünstung, die an ein Geruchsgemisch aus Tran, Urin und Zwiebel erinnerte. In ihren Gesichtern waren grelle Farbstriche zu erkennen, aber sie hatten nur wenige Gewehre, und die waren ohne Munition. Sie führten Krieg, was sich durch die Gesichtsbemalung ausdrückte, aber im Grunde, so durchschaute es Canter, hatten sie die Schlacht bereits verloren. Die ständigen Patrouillen der Armee und die immer bessere Bewaffnung der Kavallerie setzte ihnen so sehr zu wie der Hunger.

Sie waren an die vierhundert Menschen, Greise, Frauen und Kinder eingeschlossen, und mehr als zwei oder drei Dickhornschafe konnten sie am Tage nicht erlegen. Aber auch die waren ihnen seit kurzem versagt, wie Canter erfahren hatte. Denn er sprach den Dialekt der Apachen, und so wusste er, dass die Schafe an einer Seuche litten, die beim Menschen, wenn er das Fleisch dieser Tiere genoss, Brechdurchfall und Schwindel erregten.

Der Stamm brauchte dringend Fleisch. Aber er hatte keine ausreichende Bewaffnung, um es mit insgesamt vierzehn vortrefflich ausgerüsteten Weißen aufnehmen zu können. Canter war von ihnen überhaupt nur der Waffen wegen überfallen worden. Doch dann hatte er mit ihnen gesprochen, und damit war sein Skalp auf dem Kopf geblieben. Canter lebte, obgleich er spürte, wie sehr sie ihm misstrauten.

Ein relativ junger Häuptling führte den Stamm. Überhaupt bemerkte Canter hier im Lager nur junge Männer und sehr alte. Irgendwie fehlte eine ganze Generation dazwischen, doch, er konnte sich denken, wo die geblieben war. Erbitterte und verlustreiche Kämpfe mit den Weißen hatten den Stamm dezimiert und den Überschuss der Frauen verdoppelt.

Der junge Häuptling dieses aus dem mexikanischen Gebiet heraufgezogenen Stammes wurde Sargento genannt, weil er schon als Junge einen mexikanischen Sergeant erstochen hatte und seitdem Reste von dessen Uniform trug. Eigentlich war davon nur noch der Kragen und ein Ärmel der Jacke übriggeblieben, die Sargento kurzerhand an eine erbeutete Uniformjacke eines US Kavalleristen geheftet hatte.

Das Lager befand sich in einem ausgebuchteten Canyon, dessen Zugänge und Felsenränder ausgezeichnet bewacht wurden. Im Lager selbst wimmelte es von Kindern und Hunden, Katzen und Hühnern, die aussahen, als wären sie zur Hälfte gerupft worden. Ein kräftiger junger Bursche wachte über die Hühner, offenbar in der Sorge, es könnten noch weniger werden. Wie viele mexikanischen Indianer gaben die Apachen dieses Stammes die gequirlten rohen Eier der Hühner ihren kleinen Kindern.

Doch die Erwachsenen litten Hunger. Sie alle waren ausgemergelt, und ihre Blicke beobachteten jedes Pferd. Wenn es lahmte, konnte man es schlachten. Doch die Mustangs schienen sich einer hervorragenden Gesundheit zu erfreuen, so dass kein Grund zum Schlachten vorgebracht werden konnte.

Der wirkliche Führer des Stammes, sozusagen das politische Oberhaupt, war ein uralter; mumiendürrer Indianer mit schütterem weißem Haar. Vor dem saß jetzt Canter und beobachtete die dunklen stechenden Augen seines Gegenübers.

Canter war flankiert von drei kräftigen Kriegern, und zwei weitere, unter ihnen Sargento, saßen neben dem alten Mann.

Lange schwiegen sie, und Canter wusste, worüber sie nachdachten. Er hatte ihnen von der Herde erzählt, die ganz in der Nähe war. Doch sie scheuten offenbar einen Angriff, obgleich er ihnen erklärt hatte, wie sie es risikolos wagen konnten.

Dann sagte der Alte mit krächzender Stimme: „Bolo!“

Einer der Männer an seiner Seite erhob sich und lief zu einem der Zelte. Bald darauf tauchte er dort mit einem baumlangen Neger wieder auf. Verblüfft sah Canter auf den Neger. Er hatte noch nie erlebt, dass Indianer und Neger sich vertragen hätten. Aber dieser Neger dort schien keinesfalls ein Gefangener zu sein, Er unterhielt sich wie ein Freund mit dem viel kleineren Apachen, der ihn geholt hatte.

Der Neger kam an den Kreis heran, lächelte dem Alten und dann Sargento zu und setzte sich neben den Alten. Im Gegensatz zu den Apachen trug der Neger die Kleidung wie ein Weißer, der im Westen lebte. An den etwas ramponierten Cowboystiefeln hatte er riesige mexikanische Sporen.

Canter war der kurze feindselige Blick des Negers nicht entgangen, als der ihn angesehen hatte. Jetzt tuschelten der Alte, Sargento und dieser Neger miteinander, dann nickte der Neger und wandte sich Canter zu.

In breitem, unverfälschtem Texanisch sagte der Neger: „Ich bin Bolo. Diese Männer hier sind meine besten Freunde. Ich lebe seit fünf Jahren bei ihnen. Das sage ich dir, damit du verstehst, dass ich dir nicht auf den Leim gehe. Ja, wir wollen die Herde, aber wir können sie nicht so erobern, wie du das vorgeschlagen hast. Wir wissen auch, dass du und zwei andere Weiße die Kutsche überfallen wolltet. Da war ein Junge drin, den ihr nicht gefunden habt, weil ihr, wie alle Weißen, zu schnell die Geduld verliert. Als ihr nicht mehr gesucht habt, habe ich nachgesehen und den Jungen gefunden. Er war unverletzt und hing in einem Strauch. Wir haben ihn hergebracht.“

Canter schluckte, so sehr verblüffte ihn diese Nachricht. Aber im Handumdrehen hatte er wieder eine neue Idee. Wenn es ihm gelang, den Jungen in die Hand zu bekommen, wurde aus seinem Erpressungsversuch doch noch etwas. Doch bevor er diesen Gedanken zu Ende spinnen konnte, sagte Bolo, der Neger:

„ Wir werden mit den Weißen tauschen. Den Jungen gegen die Herde. Aber erst müssen wir von dir wissen, warum ihr diesen Jungen überfallen wolltet!“

„ Der Junge ist der Sohn eines sehr reichen Mannes.“

„ Welcher Mann ist das?“, unterbrach Bolo den Banditen.

„ Ein gewisser Safton. Der Direktor der Wells Fargo. Er ist sehr vermögend.“

Bolo nickte. „Und du kennst auch die Männer, die mit der Herde kommen. Du hast mit ihnen gesprochen. Was hast du von ihnen gewollt?“

„ Pferde, frische Pferde“ erwiderte Canter.

„ Wer sind die Männer?“

„ Ein Rancher aus dem Süden, zwei Söhne von ihm und elf Cowboys.“

Bolo übersetzte alles dem alten und dem jungen Häuptling, dann fragte er Canter: „Wie viele Rinder werden uns die Weißen für den Jungen geben?“

Canter zuckte die Schultern. „Wie ich sie einschätze kein einziges.“

„ Auch wenn wir sagen, dass wir den Jungen töten würden?“

Canter kam plötzlich die Idee. „Vielleicht muss man sie fragen. Ich würde das für euch tun.“

„ Wir haben einen Stiefel des Jungen in ihre Nähe gebracht. Aber sie haben nichts getan.“

„ Vielleicht wissen sie nicht, was das bedeutet. Ich würde mit ihnen reden“, wiederholte Canter. „Ja, ich würde das tun.“

„ Es sind nicht deine Freunde“, erinnerte ihn Bolo.

„ Sie werden vielleicht keine Rinder geben, aber sie werden mich in Ruhe lassen, wenn sie damit vermeiden, den Jungen in Gefahr zu bringen.“

„ Wir brauchen Rinder. Fünfhundert Rinder für den Jungen“, erklärte Bolo nach kurzer Beratung mit den Häuptlingen.

Canter hätte fast laut gelacht, doch dann nickte er. „Ich werde es versuchen. Fünfhundert Rinder.“

„ Ich werde dich begleiten, und du wirst ohne Waffen sein, Weißer!“, entschied Bolo nach abermaliger Rücksprache mit den Häuptlingen. „Ich traue dir nicht. Ich traue keinem Weißen!“

„ Und was wird aus dem Jungen?“, fragte Canter. „Lasst ihr ihn dann frei, wenn ihr die Rinder wirklich bekommt?“

„ Wir sind keine Weißen, die ihr Wort brechen. Wir halten es!“, fuhr ihn Bolo an.

„ Kann ich mit dem Jungen reden?“, fragte Canter.

Bolo besprach sich mit den anderen, dann nickte er und sagte: „Ja, wir erlauben es. Ein paar Minuten nur.“

Zwei kräftige Apachen führten den an den Händen gefesselten Canter zu einem im Zentrum des Lagers stehenden Zelt, an dessen Pflöcken drei Hunde angebunden waren, verwahrloste, struppige Köter, die wild die Zähne fletschten.

Einer der Indianer fauchte die Hunde an, und sie kuschten. Dann wurde Canter ins Zelt gedrängt. Noch mehr als draußen roch es hier nach ranzigem Pett und Urin, ein Geruch, der von im Urin gegerbten Leder der Indianer stammte. Es herrschte Halbdunkel. Doch bald gewöhnten sich Canters Augen daran, und er entdeckte einen jungen Burschen mitten im Zelt, angebunden an eine der Zeltstangen.

Er hatte dunkles, bis in die Stirn hängendes Lockenhaar, ein schmales, weichliches Gesicht und große, mädchenhafte Augen. In seinem Gesichtsausdruck vermischten sich Arroganz und Furcht.

Bolo, der Neger, trat ein und stellte sich neben Canter. Sofort veränderte sich das Gesicht des Jungen. Er kniff furchtsam die Augen zusammen. Seine Lippen zuckten. Dann bog er den Kopf zur Seite, als fürchte er, geschlagen zu werden.

„ Du hast ihn schon geprügelt?“, fragte Canter den riesigen Neger.

„ Ja, weil er sich benommen hat wie diese hochmütigen Baumwollpflanzer, bei denen ich als Kind gelebt habe. Weil er genau wie sie so tat, als wäre ich ein wildes Tier, ein Dreck, den die Hölle ausgespuckt hat. Das hat er sogar zu mir gesagt. Da habe ich ihn geprügelt, und ich habe ihm beigebracht, was der einzige Weiße, den ich verehre, gesagt hat: Alle Menschen sind gleich. Das hat Lincoln gesagt. Aber der Junge hier hat gelernt. Was hat Präsident Lincoln gesagt?“ Bolo wandte sich dabei an den jungen Burschen und nahm eine unmissverständlich drohende Haltung ein.

Wie ein Automat antwortete der junge Bursche, ohne Bolo anzusehen: „Alle Menschen sind gleich.“

Der Neger grinste wie ein Schuljunge, der den Lehrer überlistet hatte. „Na, er hat es gelernt.“

Canter kauerte sich vor den Jungen. „Du bist Harry Safton. Ich bin gefangen wie du. Aber du hast eine Chance, weil dein Vater reich ist. Glaubst du, dass er zwölftausend Dollar für deine Freiheit zahlen wird?“

Harry zuckte herum und sah Canter an. „Zwölftausend?“

„ Soviel kosten fünfhundert Stiere. Die Apachen wollen Fleisch. Es ist eine Herde in der Nähe. Der Rancher würde vielleicht fünfhundert Rinder abgeben, wenn man ihm versprechen könnte, dass dein Vater sie ihm bezahlt.“

„ Bestimmt kann er das bezahlen, ganz bestimmt!“, behauptete Harry. „Bitte helfen Sie mir! Bitte!“

„ Ich kann nicht viel tun, aber ...“

Da sagte Bolo: „Er ist der Mann, der die Kutsche überfallen hat, er und zwei andere, die tot sind. Ohne ihn wärst du gar nicht hier.“

Entsetzt sah Harry auf Canter.

Der sagte grinsend: „Es war ein Versehen."

Bolo ergänzte: „Wir brauchen Fleisch, weil wir sonst verhungern, aber er wollte ein ganz großes Geschäft machen. Nun muss er dich noch einmal verkaufen, wenn er nicht selbst sterben will.“

*

Die Wasserfälle donnerten in den tiefen Canyon hinab, und der Lärm wurde von der Felsenschlucht hundertfach verstärkt. In diesem Getöse ging das Brüllen der Stiere völlig unter. Die Cowboys konnten sich nur durch Zeichen verständigen, und das Vieh selbst strömte wie magisch angezogen auf den riesigen Weiher zu, der sich unterhalb vom Wasserfall gebildet hatte und zu dampfen schien, aber es war in Wirklichkeit sprühendes, hochgepeitschtes Wasser.

Die Rinder drängten sich um den Weiher und soffen. Auch die Pferde der Cowboys steckten ihre Mäuler ins kühle Nass, und die Männer beugten sich aus den Sätteln, füllten ihre Wasserflaschen oder machten es wie Hep Waller, der sich direkt vom Sattel ins Wasser fallen ließ, mitsamt der Kleidung darin herumplantschte und dann prustend an Land watete.

Sten hatte den 'Chuckwagon etwas weiter in den Canyon hineingefahren, und einer der Männer trieb die Maultiere, die abgeschirrt waren, zum Wasser. Auch die Ersatzpferde soffen, und in kurzer Zeit war der Weiher eine gelbbraune Brühe, aufgewühlt von Hunderten von Hufen.

Buster Tom überblickte das Areal. Oben auf den Felsen waren schon die Posten aufgezogen, die er eingeteilt hatte. Auch Cliff war dabei.

Matt Jackson, der Vormann, stand neben dem Rancher, Sie gingen beide ein Stück zurück, wo der Lärm des Wasserfalls nicht mehr so laut dröhnte.

„ Jimmy macht mir Sorgen“, sagte Matt. „Er will diesen jungen Burschen aus dem Apachenlager befreien.“

„ Ich kann mir das denken“, erwiderte Buster Tom. „Und Cliff?“

„ Cliff hält sich wie immer an deine Befehle. Aber es wurmt ihn auch.“

„ Und die Mannschaft?“

„ Die Mannschaft will die Rinder so schnell wie möglich aus dem Apachengebiet heraushaben.“

Buster Tom nickte, als hätte er keine andere Antwort erwartet. „Matt“, sagte er dann, „wir können diesen Jungen natürlich nicht sitzenlassen. Aber ich muss erst die Herde weit genug haben, ehe ich etwas tun kann. Das bleibt unter uns, Matt. Achte mit darauf, dass Jimmy keine Zicken macht. Die Herde muss erst in Sicherheit sein. Ich kann mir keine Verluste leisten. Gar keine.“

„ Es ist wie ein Witz, Buster, dass ausgerechnet der Sohn des Mannes bei den Apachen sitzt, falls er überhaupt noch lebt, der deinen Kredit gekündigt hat.“

„ Du meinst, dass es eine Ironie des Schicksals ist? Stimmt ja auch, Derrick hatte den Kredit verlängern wollen, aber die Direktion, und damit Safton, hat abgelehnt. Tja, Matt, so spielt das Leben. Und nun sitzt der Junge bei den Apachen und könnte uns gut brauchen. Ich fürchte nur, sie haben ihn längst umgebracht.“

„ Vielleicht, aber ich nehme an, sie wollen aus ihm ein Geschäft machen.“

Buster Tom musterte den alten Sattelgefährten. „Ja, das glaube ich auch, wenn er noch lebt. Wir werden das ganz gewiss an diesem Lager noch erfahren.“

Eine gute Stunde später hatten sich die Männer der Mannschaft um ein Feuer versammelt, das unweit vom Chuckwagon brannte. Nur die vier Wachen waren auf Posten.

Jimmy lag auf dem Bauch und kaute auf einem Grashalm. Er, der sonst immer zu Späßen aufgelegt war, brütete vor sich hin und schwieg.

Cliff machte ebenfalls ein mürrisches Gesicht und kauerte vor dem Rad des Chuckwagons. Hep Waller, der kleine, krummbeinige Cowboy mit dem feuerroten Haar, hockte neben ihm. Auch er war ernst, obgleich er sonst wie Jimmy eher zum Lachen neigte als zur Trübsal.

Buster Tom trank seinen Kaffee aus der Blechtasse und beobachtete die Männer. Er spürte genau, dass auch die Mannschaft jetzt eine andere Haltung einnahm als noch gestern.

Sie werden es begreifen lernen müssen, dachte Buster Tom, Ich kann den Ertrag härtester Arbeit nicht einfach wegwerfen.

Er hatte diesen Gedanken noch gar nicht zu Ende gesponnen, da rief Kane vom Felsen herunter: „Zwei Reiter! Kommen aus den Bergen!“

„ Gewehre fertigmachen!“, rief Buster Tom. „Verteilen!“

Es war, als risse dieser Befehl die Männer aus ihren trübsinnigen Gedanken und ermöglichte es ihnen, alles zu vergessen, was sie beschäftigte. Hastig liefen die Männer vom Feuer weg. Jetzt wussten sie wieder, was sie zu tun hatten.

Buster Tom blieb mit Matt Jackson und Sten, dem Koch, beim Chuckwagon. Und dann sahen sie auch die beiden Reiter den Canyon entlangkommen. Der eine blieb jetzt zurück und parierte sein Pferd.

Der Rancher nahm sein Fernglas und blickte auf den Zurückgebliebenen. „Ein Neger, Matt. Ein Neger und angezogen wie ein Cowboy. Aber er hat eine Feder im Hut.“

„ Dann weiß ich, welcher Stamm das ist“, sagte der alte Matt. „Sargento hat einen Neger bei sich, der Bolo heißt. Er ist ein gefährlicher Bursche, dem die Weißen übel mitgespielt haben und der sich nun dafür rächt."

„ Woher weißt du das?“

„ Ich sprach neulich in Tucson mit einem Indianeragenten. Der hat’s mir erzählt.“

„ Und weißt du, wer auf uns zukommt?“, fragte Buster Tom, der den näher kommenden Reiter durchs Glas beobachtete. „Halt dich fest, das ist dieser Pseudomarshal Canter.“

„ Na, der kann was erleben!“, meinte Matt.

„ Vorsicht! Wenn einer wie der sich noch mal zu uns traut, hat das Gründe. Da, der Neger reitet auch weiter, Sehr vorsichtig, dieser Bursche.“

Canter war auf hundert Schritt herangekommen. Er streckte die Arme hoch und ritt langsam weiter. Dabei sah er immerzu misstrauisch nach oben zu den Rändern des Canyons und hinüber zu den Felsnischen, wo Gewehrmündungen aus sicheren Deckungen ragten und auf ihn zielten.

Als Canter vor Buster Tom und Matt Jackson ankam, ging Sten, ohne dazu aufgefordert zu sein, im Bogen um Canter herum und richtete sein Gewehr auf ihn. „Das ist ein Optimist, wie?“, meinte Matt Jackson und grinste Canter hart an.

„ Ich bin von den Apachen zum Verhandeln geschickt worden“, sagte Canter mit spröder Stimme. „Sie töten den Jungen, wenn ihr mich umlegt.“

„ So?“, brummte Buster Tom. „Und wer ist dieser dunkle Gent dort hinten?“

„ Bolo, ein Neger, der bei den Apachen lebt.“

„ Aha.“ Buster Tom sah auf Bolo, der wieder sein Pferd gezügelt hatte und etwa dreihundert Schritt entfernt wartete. „Canter“, sagte Buster Tom, „dreh um und bring ihn mit. Sag ihm, dass er die Waffen ablegen soll. Er hat freies Geleit Er braucht nicht dort zu warten.“

„ Er wird euch nicht trauen.“

„ Warte, Buster, ich mache das“, sagte Matt Jackson, dann ging er los, Buster Tom sah, wie er bald darauf dem Neger etwas zurief, dann kam Bolo langsam angeritten. Kurz darauf trafen beide beim Chuckwagon ein.

„ Er hat nur einen Revolver“, sagte Matt Jackson und deutete auf den großen Neger im Sattel, „und er hat versichert, dass er nicht damit schießt, solange er hier ist. Ich würde ihm vertrauen."

Überrascht blickte Bolo auf Buster Tom, als der zustimmend nickte. „In Ordnung“, sagte der Rancher. „Du hast freies Geleit, Bolo.“

Bolo konnte seine Verwunderung, dass man auch seinen Namen kannte, kaum verbergen. Doch dann schien er sich zu sagen, dass sie es von Canter wussten.

„ Was also wollt ihr?“, fragte Matt Jackson.

„ Fünfhundert Rinder gegen den Jungen“, erklärte Canter. „Er ist gesund. Ich habe selbst mit ihm gesprochen. Sein Vater ist der Direktor Safton von der Wells Fargo. Ein reicher Mann. Bestimmt bekommt ihr von ihm das Geld für die Rinder zurück.“

Buster Tom und Matt Jackson sahen sich an, dann erwiderte Buster Tom auf Canlers Eröffnung: „Wir machen keine Geschäfte.“ Er wandte sich an Bolo: „Haben die Apachen nicht genug zu essen?“

Der Neger gefiel ihm. Nichts an diesem Hünen wirkte hinterhältig. Der Mann war ein Feind, aber ein ehrlicher.

Bolo nickte. „Nein, es ist alles knapp. Wir brauchen Fleisch.“

„ Ich schenke euch zwanzig Stiere.“ Buster Tom sah zufällig kurz dorthin, wo Jimmy stand, der hinter einem Felsvorsprung stand und jedes Wort der Unterhaltung verstehen konnte. Jimmy machte ein Gesicht, als hätte sein Vater eine Wasserstelle in der Wüste vergiftet.

Bolo und der große Rancher sahen sich in die Augen. Der Neger schien zu spüren, dass Buster Tom anders als jene Weißen war, die Bolo so hasste.

„ Warum machst du das?“, fragte Bolo.

„ Weil ihr Hunger habt.“

„ Wir wollen aber fünfhundert Rinder.“

„ Ich schenke euch zwanzig.“

„ Und der junge Bursche?“ fragte Bolo.

„ Ich bin Rancher in einer Gegend, wo man Mühe hat, ein Rind aufzuziehen. Die Wells Fargo Bank hatte mir im vorigen Jahr Geld geliehen. Weil es ein schlechtes Jahr für uns gewesen ist. Die Bank hat den Kredit jetzt gekündigt. Ich muss diese Herde durchbringen, wenn ich existieren will. Der Mann, der über die Kündigung entschieden hat, heißt Safton.“

Bolo blieb ganz ruhig, als er erwiderte: „Meine Freunde werden den jungen Burschen töten, wenn sie keine fünfhundert Rinder bekommen.“

„ Dann wird die Armee deine Freunde vernichten. Ich tausche nicht, ich feilsche nicht, aber ich helfe denen, die in Not sind. Ihr habt Hunger. Dafür bekommt ihr zwanzig Stiere. Das hilft euch weiter. Wenn ihr klug seid, lasst ihr den Jungen frei und bringt ihn in eine Stadt, sonst wird der da ...“, Buster Tom zeigte auf Canter, „ ... ihn nochmals hochnehmen. Sag deinen Freunden, dass ich dort, wo meine Ranch liegt, mit Cochise gut auskomme. Wir machen keine schmierigen Geschäfte miteinander, aber es gibt Situationen, wo wir uns helfen. Für mich sind Apachen anders denkende Menschen, manchmal meine Feinde, aber niemals waren sie bisher Banditen, die Leute entführen, um dagegen Fleisch einzutauschen.“

Ein Seitenblick auf Jimmy bewies dem Rancher, dass sein Sohn sich nicht mehr lange beherrschen würde. Jimmy zeigte seine Empörung ganz offen, und es konnte nur noch Minuten dauern, bis sein Temperament mit ihm durchgehen würde.