Schieß zuerst, Cowboy! Wichita Western Riesen Romanpaket 14 Romane - Alfred Bekker - E-Book

Schieß zuerst, Cowboy! Wichita Western Riesen Romanpaket 14 Romane E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieses Buch enthält folgende Geschichten: (999) Wolf G. Rahn: Grainger und das Bluffer-Paar Pete Hackett: Schieß zurück, Lane Heinz Squarra: Die Jagd auf Sean Tetley John F. Beck: Zwei Brüder - zwei Colts Franc Helgath: Die Stunde der Killer Wolf G. Rahn: Sheriff Ames im Kreuzfeuer Alfred Bekker: Die Bande der Revolvermänner Pete Hackett: Wie in Rudel Bluthunde Pete Hackett: Sie waren Partner Pete Hackett: Nackt unter Geiern Heinz Squarra: Der Wolf reißt seine Feinde Wolf G. Rahn: Carringo und die schwimmende Stadt John F. Beck: Shannon und der Sklavenboss John F. Beck: Der eisige Fluch Jay Durango ist auf der Suche nach den Männern, die Rancho Bravo überfallen haben. Einige der Cowboys wurden bei diesem Angriff verletzt. Durango hat sich geschworen, die Banditen zu finden und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Einer dieser Männer ist Sean Tetley, der Sohn des mächtigen Ranchers Tobe Tetley. Er hat diesen Überfall geplant und rücksichtslos umgesetzt. Auch wenn Tobe Tetley weiß, dass sein Sohn nichts taugt, so versucht er dennoch, ihn zu schützen. Aber selbst das hindert Durango nicht daran, für Gerechtigkeit zu sorgen. Denn wer Rancho Bravo angreift, der muss dafür zahlen – selbst wenn Jay Durango selbst sein eigenes Leben riskiert!

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Seitenzahl: 1876

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Alfred Bekker Heinz Squarra, John F. Beck, Franc Helgath, Wolf G. Rahn, Pete Hackett

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Inhaltsverzeichnis

Schieß zuerst, Cowboy! Wichita Western Riesen Romanpaket 14 Romane

Copyright

Grainger und das Bluffer-Paar

​Schieß zurück, Lane

Die Jagd auf Sean Tetley

Zwei Brüder – zwei Colts

Stunde der Killer

Sheriff Ames im Kreuzfeuer

Die Bande der Revolvermänner

​Wie ein Rudel Bluthunde …

​Sie waren Partner

​Nackt unter Geiern

Der Wolf reißt seine Feinde

Carringo und die schwimmende Stadt

Shannon und der Sklavenboss

Der eisige Fluch

Schieß zuerst, Cowboy! Wichita Western Riesen Romanpaket 14 Romane

Alfred Bekker Heinz Squarra, John F. Beck, Franc Helgath, Wolf G. Rahn, Pete Hackett

Dieses Buch enthält folgende Geschichten:

Wolf G. Rahn: Grainger und das Bluffer-Paar

Pete Hackett: Schieß zurück, Lane

Heinz Squarra: Die Jagd auf Sean Tetley

John F. Beck: Zwei Brüder - zwei Colts

Franc Helgath: Die Stunde der Killer

Wolf G. Rahn: Sheriff Ames im Kreuzfeuer

Alfred Bekker: Die Bande der Revolvermänner

Pete Hackett: Wie in Rudel Bluthunde

Pete Hackett: Sie waren Partner

Pete Hackett: Nackt unter Geiern

Heinz Squarra: Der Wolf reißt seine Feinde

Wolf G. Rahn: Carringo und die schwimmende Stadt

John F. Beck: Shannon und der Sklavenboss

John F. Beck: Der eisige Fluch

Jay Durango ist auf der Suche nach den Männern, die Rancho Bravo überfallen haben. Einige der Cowboys wurden bei diesem Angriff verletzt. Durango hat sich geschworen, die Banditen zu finden und sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Einer dieser Männer ist Sean Tetley, der Sohn des mächtigen Ranchers Tobe Tetley. Er hat diesen Überfall geplant und rücksichtslos umgesetzt. Auch wenn Tobe Tetley weiß, dass sein Sohn nichts taugt, so versucht er dennoch, ihn zu schützen. Aber selbst das hindert Durango nicht daran, für Gerechtigkeit zu sorgen. Denn wer Rancho Bravo angreift, der muss dafür zahlen – selbst wenn Jay Durango selbst sein eigenes Leben riskiert!

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

© by Author/ COVER EDWARD MARTIN

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Grainger und das Bluffer-Paar

Western von Wolf G. Rahn

Der Umfang dieses Buchs entspricht 100 Taschenbuchseiten.

Grainger reitet im Auftrag der Regierung und soll einen Mann finden, der für viel Geld ein großes Stück Land vom Staat kaufen wollte. Kurz vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages ist der Mann plötzlich verschwunden und die Auftraggeber von Grainger möchten wissen, was mit dem Geschäftspartner geschehen ist. Bevor Grainger mit seinen Nachforschungen im Wohnort des Vermissten beginnt, möchte er sich, nach einem langen Ritt, noch eine Nacht in einer Weidehütte ausruhen. Als er die Hütte fast erreicht hat, sieht er in einem Bach ein junges Mädchen baden. Er grüßt es und während er sich mit ihm unterhält, wird er von hinten angegriffen und bewusstlos geschlagen...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

Der Mann warf sich hinter der spärlichen Deckung in den Dreck. Wieder peitschte ein Schuss, und das Blei knallte hinter ihm in einen Baum.

Der Grauhaarige riskierte einen schnellen Blick und feuerte zurück.

Die Belagerer hatten nur darauf gewartet, dass er sich zeigte. Fast gleichzeitig donnerten ihre Gewehre.

Er sah die Mündungsblitze. Es waren vier. Vier Banditen, die ihn töten wollten. Er wusste, dass seine Überlebenschancen gleich Null waren.

Zehn Schritte hinter ihm, am Anfang des steilen Pfades, der höher in die zerklüfteten Berge führte, lag ein mächtiger Felsbrocken. Wenn er diesen Felsen lebend erreichte, sah seine Lage schon nicht mehr ganz so hoffnungslos aus.

Er riss die Spencer mit einem wilden Aufschrei an die Wange und jagte Schuss um Schuss heraus. Die Banditen warfen sich blitzschnell in Deckung.

Dann musste er nachladen. Darauf hatten die Banditen nur gewartet. Sie stürmten los.

Sie teilten sich und hetzten von zwei Seiten heran.

Er konnte keine Sekunde länger bleiben. Jetzt galt es!

Der Mann hielt sich nicht länger mit Nachladen auf, sondern riss seinen Revolver aus dem Holster. Sechs Schuss hatte er noch, dann war alles entschieden.

Er sah die Gegner auf sich zurennen und feuerte zweimal.

Dann sprang er aus seiner dürftigen Deckung heraus und jagte geduckt die zehn Schritte bis zum Felsbrocken.

Ein zorniger Aufschrei ließ ihn hoffen, dass er einen der Banditen verletzt hatte.

.Aber gleich darauf umschwirrte ihn das heiße Blei wie ein wütender Hornissenschwarm. Sie hatten ihn jetzt dort, wo sie ihn haben wollten.

Die zehn Schritte waren unendlich lang. Bereits auf der Hälfte der Strecke packte ihn eine unsichtbare Faust und schleuderte ihn nach vorn. Er knickte in den Knien ein, raffte sich stöhnend auf und taumelte weiter. . .

Seine Faust umklammerte den Sechsschüsser.

Mit zusammengebissenen Zähnen wandte er sich um. Diesmal zur rechten Seite. Wieder feuerte er.

Sie waren noch höchstens hundert Schritte entfernt. Er sah schon ihr triumphierendes Grinsen. Einer der Kerle schoss mit der Winchester aus der Hüfte.

Der Mann ließ sich zur Seite fallen und schlug hart gegen den Felsen, den er erreicht hatte.

In panischem Entsetzen sah er das Blut, das sein Hemd tränkte. Sie hatten ihn erwischt.

Noch einmal bäumte er sich auf. Er blieb nicht hinter dem Felsen liegen, sondern jagte weiter.

Einen Augenblick lang konnten ihn die Verfolger nicht sehen. Der Felsbrocken versperrte ihnen die Sicht.

Doch schon nach zwanzig Yards tauchte er weiter oben wieder auf.

Er sah in beträchtlichem Abstand sein Pferd, das mit zitternden Flanken auf dem Pfad stehengeblieben war.

Wenn er den Hengst erreichte, blieb ihm vielleicht noch eine winzige Chance.

Zwei Patronen noch! Er würde nicht dazu kommen, die Trommel neu zu laden.

Mündungsblitze zuckten auf ihn zu.

Er rutschte am Geröll ab und glitt wieder ein Stück nach unten. Drei Schritte, die er umsonst getan hatte.

Seine Hände bluteten und brannten höllisch. Die scharfen Kanten des Gesteins hatten sie aufgerissen. Darüber vergaß er fast die Kugel, die in seinem Rücken steckte.

Ein letztes Aufbäumen. Der Grauhaarige sah die geduckten Gestalten. Groß und unüberwindlich.

In seinen müden Augen klebten Staub, Tränen und Schweiß. Er stützte den Lauf seines Sechsschüssers auf einer Felskante ab, um ihn möglichst ruhig zu halten. Mit beiden Händen hielt er den Revolver, mit beiden Zeigefingern betätigte er den Abzug.

Die Waffe entfiel seinen kraftlosen Fäusten.

Unten gellte ein Schrei.

Der Mann sah, wie der vorderste der Verfolger an seine Brust griff und taumelte. Sein Hintermann fluchte.

Zufrieden richtete sich der Gejagte auf. Er hatte wenigstens einen dieser Lumpen dorthin geschickt, wo sie alle hingehörten.

Triumphierend schüttelte er die Faust.

Da spürte er den Schlag, der ihn wie ein Pferdehuf traf. In seinen Schrei mischte sich die Detonation des Schusses, die ihn erst erreichte, als er schon von dem Pfad nach hinten kippte und kopfüber in die Tiefe stürzte.

2

Eine verlassene Weidehütte war besser als gar nichts. Grainger konnte zwar nicht erwarten, dass dort die Steaks schon in der Pfanne auf ihn warteten, aber wenigstens würde er dort ein Lager finden, bei dem ihm in der Frühe nicht die Feuchtigkeit durch die Decke kroch.

Es schien in der Nähe Wasser zu geben. Jedenfalls war sein Brauner schon seit geraumer Zeit unruhig und konnte es kaum erwarten, ein bestimmtes, noch unsichtbares Ziel zu erreichen.

Grainger wusste, dass er Garsson City keinesfalls mehr vor Einbruch der Dunkelheit erreichen konnte. Er hatte noch mindestens zwanzig Meilen zu reiten, und sein Hengst war ziemlich erschöpft.

Grainger gähnte. Er war hundemüde und freute sich darauf, endlich aus dem Sattel zu kommen. Morgen würde er dann ausgeruht sein. Und das war erforderlich, wenn er in Garsson City gute Arbeit leisten wollte. Und nichts anderes kam für den Mann der U.S. Government Squad in Frage.

Er gab dem Braunen die Zügel frei. Der Hengst wieherte auf und zeigte noch mal, was in ihm steckte. Das Wasser übte eine magische Anziehungskraft auf ihn aus.

Wenig später sah Grainger es auch schon durch die Büsche glitzern. Es war ein Bach, der erstaunlich viel Wasser führte. Besser hätte er es gar nicht treffen können. Da war sogar ein erfrischendes Bad möglich.

Grainger war gern sauber, wenn er in eine fremde Stadt ritt. Man wusste nie, welchen glutäugigen Perlen man dort über den Weg lief, und ein schwitzender, stinkender Sattelquetscher war nicht unbedingt das, was er den Girls zumuten wollte.

Nachdem Grainger dem Pferd schon die Entscheidung überlassen hatte, musste er nun auch akzeptieren, dass es nicht zur Hütte, sondern geradewegs zum Bach lief.

Das war ihm auch recht. Zuerst musste der Hengst versorgt werden. Alles andere hatte Zeit. Seine Stiefel wurde er noch früh genug los.

Noch vor dem Buschwerk saß Grainger ab und befreite das Tier von dem schweren Sattel.

Mit einem freundschaftlichen Klaps auf die Hinterhand verabschiedete er den Braunen der nun auch nicht mehr zu halten war, sondern auf wiehernd durch die Kette der Sträucher brach.

Grainger folgte ihm lächelnd.

Die Sonne stand schon tief. Bald würde die Dämmerung hereinbrechen.

Gerade noch Zeit für ein Bad. Danach wollte er die Hütte in Augenschein nehmen.

Grainger teilte die Zweige der Büsche und trat ans Ufer des Baches.

Sein Lächeln verstärkte sich. Einen so hübschen Bach hatte er schon lange nicht mehr gesehen. Zumindest das, was darin schwamm, gefiel ihm ausnehmend gut. Es war blond und schlank. Ob es mit allem ausgestattet war, was dazugehörte, konnte er nicht erkennen, denn das Mädchen schwamm nicht auf dem Rücken.

Als hätte die Blondine seinen Wunsch geahnt, drehte sie sich nun wie ein übermütiger Fisch um ihre eigene Achse und reckte ihre kleinen, straffen Brüste aus dem Wasser.

„Oh!“, rief sie erschrocken, als sie den großen Mann sah. Rasch fanden ihre Füße Grund, und sie tauchte so weit unter, dass nur noch ihr Kopf herausragte, der von einer goldenen Flut umschwommen wurde.

Dass sie sich dadurch keineswegs den Blicken des Fremden entzog, ahnte sie nicht. Das Wasser des Baches war kristallklar und so durchsichtig wie eine frisch geputzte Fensterscheibe..

„Tut mir leid, Miss“, sagte Grainger. „Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu erschrecken. Ich glaubte, der einzige Mensch in dieser Gegend zu sein.“

Die blauen Augen des Mädchens wurden dunkler.

„Der einzige Mensch?“, fragte sie ungehalten. „Haben Sie die Hütte nicht gesehen?“

„Das habe ich allerdings. Und genau deswegen bin ich hergekommen. Ich hatte gehofft, darin übernachten zu können. Ich wusste ja nicht...“

„Jetzt wissen Sie es.“

Grainger war in seinem Leben schon vielen Frauen begegnet, und er hätte schamlos lügen müssen, wollte er behaupten, sie spielten bei ihm nur eine nebensächliche Rolle. Aber dieses Mädchen faszinierte ihn ganz besonders. Er las etwas in dem zornigen Gesicht, aus dem die Schamröte nur zögernd wich, das ihn auf unerklärliche Art fesselte.

Nein, dieses Mädchen spielte ihm keine jener Komödien vor, mit der gewisse Frauen Unnahbarkeit heuchelten, während sie in Wirklichkeit nicht erwarten konnten, dass er sie in Besitz nahm. Hier war er auf etwas Echtes gestoßen. Und obwohl er in jeder Faser das Verlangen spürte, dieses Kleinod in seine Arme zu schließen, war ihm klar, dass das ausgeschlossen war.

„Wer sind Sie überhaupt?“, fragte das Mädchen aufgebracht. „Und was suchen Sie in dieser Gegend?“

„Ich heiße Grainger. Und ich suche, wie ich schon sagte, einen Platz, an dem ich schlafen kann.“

„Die Weide ist groß“, lautete die wenig freundliche Antwort.

„Das ist ein wahres Wort. Aber nicht überall auf dieser Weide wird einem am Morgen ein heißer Kaffee serviert, Miss.“

Sie schaute ihn verdutzt an. Dann geschah etwas, was Grainger fast nicht mehr für möglich gehalten hatte. Sie lächelte.

„Sie sind ein hartnäckiger Bursche, Grainger. Trotzdem rate ich Ihnen, sich auf der anderen Seite dieses Baches zu halten. Und das Klügste wäre, drei oder vier Meilen weiter zu reiten. Weder Sie noch Ihr Pferd sehen so aus, als ginge das über ihre Kräfte.“

Sofort ließ Grainger die Schultern sinken und setzte sein erbarmungswürdigstes Gesicht auf. „Noch drei Meilen würden uns töten“, versicherte er düster. „Auf meinem Kreuz wird dann stehen: Hier ruht Grainger. Er musste in der Blüte seiner Jahre sterben, weil ihm ein Schluck Kaffee verweigert wurde.“

Das Lächeln wurde zu einem glockenhellen Lachen. .

„Sie sind unmöglich, Grainger. Also gut! Sie bleiben jenseits des Baches, und morgen früh dürfen Sie sich mit Ihrem Becher in der Hütte melden.“

Das war zwar nicht ganz das, was Grainger sich ursprünglich vorgestellt hatte, aber er sah ein, dass er nicht mehr erwarten durfte. Ein so junges Mädchen musste vorsichtig sein, wenn es sich allein...

Er stutzte. Allein? Das war doch mehr als zweifelhaft. Natürlich war die Kleine nicht allein hier draußen. Er hatte zwar weder Männer noch Pferde gesehen, aber die Tiere konnten sich in einer Bodensenke befinden.. Und die Männer waren vielleicht in der Weidehütte, die ihm versagt blieb.

Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende geführt, als er ein entsetztes Auf flackern in den Augen der Blondine bemerkte, deren Namen er noch immer nicht wusste.

Instinktiv warf er sich zur Seite und griff zum Remington.

Aber da hatte ihm bereits der Schlag von hinten den Stetson in die Stirn getrieben.

Grainger versank in einem Meer von Honig und Schmierseife. So kam es ihm jedenfalls vor. Zäh wurde er in die Tiefe gezogen. Er versuchte, sich dagegen zu wehren.

Er ließ sich fallen und wirbelte herum. Er erwischte einen Blick auf seinen Gegner und rammte ihn mit dem Kopf.

Der andere, ein zweibeiniger Büffel mit einem gewaltigen Schädel, hob das Gewehr schon zum nächsten Schlag.

Da traf ihn Graingers Kopf in der Magengegend.

Er heulte wütend auf, schlug zwar zu, aber traf nicht mehr.

Der Mann der U.S. Government Squad hatte sich den Abschied von dem süßen Mädchen anders vorgestellt. Aber für solche Gedanken war momentan keine Zeit. Er musste zusehen, wie er aus diesem Schlamassel mit möglichst heiler Haut herauskam.

Der Büffelmann wankte unmerklich, als ihn Graingers Kopf rammte. Er stieß ein erstauntes Grunzen aus. Dann setzte er seine Fäuste ein.

Davon schien er mindestens vier Stück zu besitzen, denn seine Schläge hagelten in solcher Vielzahl auf Grainger herab, dass sie unmöglich von einem einzelnen Mann stammen konnten.

Der nächste klare Blick sagte Grainger, dass er sich in dieser Vermutung nicht getäuscht hatte.

Sie waren tatsächlich zu zweit. Der andere sah zwar gegen den Büffel wie eine Gazelle aus, aber auch er verfügte über beachtliche Schlagkraft.

Die beiden waren schweigsam. Dafür redeten ihre Fäuste eine beredte Sprache.

Er musste ein schnelles Ende herbeiführen. Der erste Schlag mit dem Gewehrlauf hatte ihn schon fast aus dem Rennen geworfen. Ihm blieb nur noch ein möglichst geschicktes Rückzugsgefecht, sonst sah es schlecht für ihn aus.

Es gelang Grainger, seine ganze Wut über die Überrumpelung in einen einzigen Schlag zu packen.

Die Gazelle hatte das Pech, dass sie ausgerechnet ihren schmalen Kopf dazwischen hielt. Sie wirbelte in den Staub, rollte ein Stückchen weiter und fand ein erquickendes Bad im Bach.

Grainger konnte diesen Teilerfolg nicht lange genießen. Schon marschierte der Büffel mit doppelter Wucht gegen ihn an.

„Jetzt machst du deinen letzten Schnaufer“, versprach er grimmig.

Grainger sprang geschickt zurück. Seine Faust stieß zum Holster. Schon fühlte sie den Griff des Remingtons und zog ihn halb heraus, als der Himmel über ihm zusammenzubrechen schien.

Er knallte wie ein Brett auf seinen Kopf, der nicht mal mehr durch seinen Stetson geschützt wurde.

Er sah die Blondine, die aus dem Wasser stieg und ihm spöttisch zulächelte. Ihr schüchterner Busen begann zu wachsen und nahm Ausmaße an, die ihn zu ersticken drohten.

Er wollte sich an ihrem prallen Körper festhalten, griff aber nur etwas Hartes, Unangenehmes und schlug schließlich auf dem Boden auf, wo ihm auch diese Visionen vergingen.

3

Als er wieder zu sich kam, war es stockfinster um ihn.

Das Blut rauschte in seinem Kopf. Ihm war hundeelend. Erst nach einiger Zeit begriff er, warum alles so entsetzlich schaukelte.

Er fühlte einen Sattel unter sich. Er drückte auf seinen Magen.

Grainger konnte sich genau erinnern, dass er beim Reiten noch nie jene Position bevorzugt hatte, bei der Kopf und Füße nach unten hingen, während der Bauch auf dem Sattel lag.

So transportierte man für gewöhnlich nur Tote. Aber von diesem Zustand befand er sich zum Glück noch ein ganzes Stück entfernt.

Langsam holte er sich das Erlebnis am Bach ins Gedächtnis zurück. Seltsamerweise spürte er keinen Groll auf die junge Blonde, deretwegen er den Angriff zu spät pariert hatte. Wenn er an die Kleine dachte, stieg ihm das Blut in den Kopf.

Aber das lag wohl hauptsächlich an seiner ungewöhnlichen Haltung.

Wohin brachten sie ihn?

Grainger vernahm nur den Hufschlag seines Braunen und eines weiteren Pferdes. Also ritt nur ein Mann mit ihm. Der andere und das Mädchen waren zurückgeblieben.

Das war günstig. Mit einem einzelnen wollte er schon fertig werden, sofern der Halunke die Freundlichkeit besaß, ihn vom Pferd loszubinden.

Vorerst aber konnte davon keine Rede sein. Der Ritt ging über leicht hügeligen Boden, und sein Begleiter schwieg sich über seine Absichten aus.

Es wurde langsam hell. Demnach mussten sie schon stundenlang geritten sein. Grainger sah nur den Bauch seines Braunen und ein paar wirbelnde Hufe, die ihm den Staub ins Gesicht schleuderten.

Er musste husten.

Der andere wertete das als erstes Lebenszeichen nach der Bewusstlosigkeit und verhielt die Pferde.

Grainger spürte, wie sich die Fesseln um Hand und Fußgelenke lösten, aber er wartete noch mit dem Angriff, denn erstens war sein Körper steif, und zweitens wusste er nicht, ob der andere nicht mit gezogener Waffe auf eine unbedachte Bewegung von ihm wartete.

Eine Faust krallte sich in seinen Rücken und schleuderte ihn auf den Boden.

Gleichzeitig blinzelte Grainger in die schwarze Mündung eines Revolvers.

„Nur, damit du keine Dummheiten machst“, sagte der Büffel erklärend. „Typen wie du drehen manchmal durch.“

„Typen wie du können mir den Buckel runterrutschen“, erwiderte Grainger verärgert.

Eine Stiefelspitze trat ihm in die Seite.

„Du verkennst deine Lage, Grainger. Wenn ich will, knalle ich dich ab, und kein Hahn kräht nach dir.“

„Aus Hähnen habe ich mir noch nie viel gemacht. Mir waren schon immer die Hennen lieber.“

Der Büffel funkelte ihn wütend an. „Das haben wir gemerkt. Aber bevor einer seine dreckigen Pfoten nach Rut ausstreckt, klopfen wir ihm ordentlich eins drauf.“ .

Der Mann der U.S. Government Squad grinste. „Also Rut heißt das niedliche Kind. Du bist doch hoffentlich nicht mit ihr verheiratet. Sie sah eigentlich ganz normal aus.“

Der andere beugte sich wütend herab und packte ihn mit der Linken am Hals.

Darauf hatte Grainger nur gewartet. Er klappte wie ein Taschenmesser zusammen. Dann stieß er seine Füße von sich weg.

Der Kerl bäumte sich auf und flog durch die Luft.

Den Sechsschüsser behielt der Mann in der Faust.

Grainger schoss in die Höhe und warf sich auf den Gegner, bevor er den Lauf in seine Richtung schwenken konnte. Er zögerte nicht, sondern schlug ihm die Faust ans Kinn.

Der Büffel riss seine Augen weit auf und schloss sie gleich wieder.

Doch Grainger ließ sich nicht täuschen. Im Nu brachte er den Revolver an sich und stellte grimmig fest, dass es sich um seinen eigenen Remington handelte.

Er drehte den Spieß nun um und richtete die Waffe auf den Mann, der sich nicht mehr zu rühren wagte.

Erst als der erwartete Schuss nicht erfolgte, schlug der Büffel verwundert die Augen wieder auf.

„Warum drückst du nicht endlich ab, verdammter Killer?“, fragte er.

„Du kannst mich ruhig bei meinem Namen nennen“, entgegnete Grainger gelassen. „Du kennst ihn ja. Und wenn du mir auch noch deinen verrätst, wird es vielleicht noch richtig gemütlich.“

„Fahr zur Hölle, Grainger!“

„Da musst du mir schon den Weg zeigen. Am besten, du gehst voraus. Also heraus jetzt mit der Sprache! Wer bist du, und warum hast du mich mit deinem Komplizen überfallen?“

Der andere zögerte. Am liebsten hätte er irgendeine freche Antwort gegeben. Doch dann überlegte er sich, dass es immerhin um sein Leben ging, und da riss man den Mund besser nicht allzu weit auf.

„Ich heiße Bram Webster“, quetschte er durch die Zähne. „Und warum ich dich lieber tot als lebendig sehen würde, weißt du ganz genau. Du gehörst doch zu den Banditen, die hinter Rut her sind. Aber die bringt inzwischen Jens in Sicherheit. Ihr kriegt sie nie in eure dreckigen Pfoten.“

„Jens ist wohl dein Partner, der wie eine Gazelle aussieht?“, vermutete Grainger.

„Sei froh, dass nicht er mit dir geritten ist. Er hätte dich längst abserviert. Er ist nämlich ganz verrückt auf Rut, und wenn einer dem Mädchen zu nahe kommt, sieht er rot.“

„Dreißig Yards finde ich nicht besonders nahe, Webster. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass sich die Kleine ganz gut allein ihrer Haut zu wehren weiß.“

„Gegen einen einzelnen vielleicht, aber nicht gegen eure ganze Horde. Da braucht es schon ein paar handfeste Männer, die die richtige Sprache sprechen.“

„Hoffentlich stürzt nicht ein ganzes Weltbild in sich zusammen, wenn ich dich auf einen winzigen Irrtum aufmerksam mache. Ich gehöre weder zu einer Horde, noch bin ich Bandit. Trotzdem flehe ich den Himmel an, dass dieser Jens bei Rut auch kein Glück haben möge. Und jetzt darf ich wohl noch wissen, warum ihr euch zu dritt in einer einsamen Weidehütte herumtreibt.“

Bram Webster versuchte sich aufzurichten, aber Graingers Remington sprach eine stumme Warnung aus.

„Du bist wirklich kein Bandit?“, vergewisserte sich der Büffel zweifelnd.

Grainger lachte. „Wenn ich einer wäre, würde ich es bestimmt nicht zugeben. Aber ich bin nun mal keiner. Mein einziger Ehrgeiz besteht darin, ungeschoren nach Garsson City zu kommen. Darüber hinaus hätte mir ein Becher Kaffee vermutlich sehr gut gemundet, aber diese Tour habt ihr mir nun leider vermasselt.“

„Und warum bedrohst du mich dann mit der Kanone?“

„Weil ich sicher gehen will, dass du nicht begriffsstutzig bist. Falls ich jetzt mein übriges Eigentum wiederbekomme, werden sich unsere Wege trennen. Falls nicht, halte ich mich an deinem Zeug schadlos. Zurück reite ich die Strecke jedenfalls nicht mehr, wenn ich mich auch von Rut noch gern ordnungsgemäß verabschiedet hätte.“

„Das heißt, ich soll dir deine Winchester und dein Messer zurückgeben?“ .

„Ich schätze Männer mit rascher Auffassungsgabe“, gab Grainger zu. „Allerdings ist es nicht nötig, dass du dich bemühst. Ich hole mir meinen Kram schon selbst.“

Er steckte den Revolver ins Holster zurück und drehte sich um. Er wandte nun Bram Webster den Rücken zu. Er war ziemlich sicher, dass der Mann sich einen Angriff zweimal überlegen würde. Und falls er sich irrte, war er immerhin so aufmerksam, dass ihn der andere nicht überraschen würde.

Er irrte sich nicht. Dafür hörte er hinter sich eine anerkennende Stimme:

„Du hast Mut, Grainger. Das muss man dir lassen. Hast du vergessen, dass ich noch meinen eigenen Sechsschüsser besitze?“

Grainger drehte sich nicht nach dem Mann um. „Solche Dinge vergesse ich nicht“, sagte er. „Ich weiß sogar, dass deine Finger jetzt verdammt zucken. Aber sie gehorchen dem Mann, der längst kapiert hat, dass er keinen Schweinehund vor sich hat.“ Bedächtig ging er zu dem Schecken und zog seine Winchester aus der Deckenrolle heraus. Sein Messer fand er in der Satteltasche.

Erst jetzt wandte er sich zu dem am Boden Liegenden um und fragte verwundert: „Willst du dort Wurzeln schlagen, Kumpel? Oder verkriechst du dich vor Angst im Gras, weil du das Hufgetrappel nicht deuten kannst?“

Jetzt schoss der Bulle in die Höhe. Seine Augen blickten nicht mehr feindselig. Graingers Benehmen hatte ihn offenbar überzeugt.

„Du hast es also auch gehört?“, fragte er und hielt seinen Kopf lauschend schief. „Es müssen an die acht oder zehn Reiter sein, und sie nähern sich uns von Norden.“

Grainger nickte. „Die Richtung stimmt. Aber sie sind nicht mehr als sechs. Allerdings reiten sie einen scharfen Galopp. Sie müssen es ziemlich eilig haben. Wer noch vor dem Morgengrauen ein derartiges Tempo anschlägt, ist mir von Hause aus verdächtig.“

„Banditen?“, kam die bange Frage. Grainger besaß einen guten Grund, genau daran zu glauben. Allerdings durfte er nicht darüber sprechen. Sein Eid verpflichtete ihn zur Geheimhaltung seiner Mission.

„Auf jeden Fall sollten wir uns darauf einstellen“, wich er aus. „Oder soll ich dich wegen Müdigkeit entschuldigen?“

„Ich darf also wieder zu meinen Waffen, Grainger?“ Bram Webster konnte es gar nicht glauben, dass er mit einem blauen Auge davonkommen sollte.

„Dazu hast du sie doch schließlich mitgenommen.“

Der Mann der U.S. Government Squad überprüfte das Magazin seiner Winchester und fand es gefüllt.

Bram Webster folgte schweigend seinem Beispiel.

Die beiden Männer verhielten sich jetzt, als ritten sie bereits seit Wochen miteinander und hätten nie auch nur den geringsten Argwohn gegeneinander gehegt.

Die Reiter näherten sich rasch, doch Grainger merkte bald, dass sie sich um etliche Meilen verfehlen würden. Ihre Sorge war also unbegründet.

Trotzdem war Bram Websters Gesicht aschgrau.

Grainger ahnte, woran der andere dachte. An Rut und Jens. Wenn es sich wirklich um Desperados handelte und die beiden waren ihnen in die Hände gefallen, dann war das Schlimmste zu befürchten.

„Ich reite zurück“, erklärte der Büffel entschlossen.

„Was gewesen ist, können wir nachträglich nicht mehr verhindern“, stellte Grainger fest. „Ich werde den Burschen folgen. Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir dasselbe Ziel. Garsson City. Ich kriege heraus, was bei der Weidehütte vorgefallen ist.“

„Willst du es mit dieser Überzahl aufnehmen, Grainger?“

„Nicht allein. In Garsson City soll es ja einen Sheriff geben. Grüße Rut von mir! Sie soll den Kaffee warmhalten.“

Er schwang sich auf seinen Braunen.

„Ich hoffe, dass ich's ausrichten kann“, gab Bram Webster grimmig zurück.

Dann ritten die Männer in entgegengesetzten Richtungen fort.

4

„Sie könnte es gewesen sein“, sagte ein Bursche mit einer Geiervisage. „Der Fetzen, den wir in der Hütte gefunden haben, stammte zweifellos von einem Weiberkittel.“ Seine gewaltige Nase stach wie ein Messer unter den Augen hervor, die unter den pechschwarzen, buschigen Brauen kaum zu sehen waren. Sein Kinn war spitz und endete in einem Haarbüschel, das der Kerl vermutlich Bart nannte.

Ein Hagerer mit einem Totenkopfgesicht schlug wütend seine rechte Faust in die geöffnete Linke. „Könnte und hätte!“, tobte er. „Davon haben wir nichts. Jedenfalls war die Puppe weg, und der Boss wird nicht gerade zufrieden mit uns sein.“

Der Mann sah aus wie seine eigene Leiche. Das Lebendigste an ihm waren seine glühenden Augen. Auch seine knochigen Hände waren ständig in Bewegung.

„Der Boss ist ohnehin stocksauer auf uns“, meldete sich ein Dritter. Er trug einen roten Bart und hatte einen leichten Silberblick. „Den interessiert nicht das Weib. Der will den Zaster sehen, und das bald.“

„Wenn ihr euch nicht so dämlich angestellt hättet, würde er das Geld längst haben“, versicherte der Nächste eisig. Sein mexikanischer Gesichtsschnitt war bestimmt nicht zufällig. Sein Haar glänzte schwarz und fettig. Alles an ihm war schmal. Die Lippen, die Augenschlitze und der Nasenrücken. Nur die Schultern nicht. Die konnten sich sehen lassen.

„Dämlich?“ Der Rotbärtige fuhr empört auf. „Du warst ja nicht dabei, Tores. Du kannst ja klug daherreden. Schließlich war Jay verwundet und brauchte einen Doc. Wir mussten zurück und konnten nicht ewig nach dem Toten und seinem Zaster suchen.“

„Jay war selbst schuld, dass er sich eine Kugel einfing“, beharrte der Mexikaner. .

„Hättest du ihn etwa hilflos liegen lassen?“

Tores’ Augen blitzten verschlagen. „Ich führe das aus, was der Boss anordnet. Er hat nichts von einem Krankentransport gesagt.“

Ken Morgan, dem Bärtigen, verschlug es für einen Moment die Sprache. Dann keuchte er: „Sieh dich vor, Tores! Es könnte leicht sein, dass schon morgen du es bist, der Hilfe braucht. Ich werde mich dann an deine Worte erinnern.“

„Was soll das Streiten?“, schimpfte ein bulliger Typ, der aber nicht fett, sondern muskulös war. Er war der kleinste der fünf Männer, die in der Scheune hockten, obwohl sie die zwei Meilen bis zur Stadt sicher auch noch geschafft hätten. „Es war ganz einfach Pech, dass der Trottel in den Abgrund stürzte, bevor ihr ihm das Geld abnehmen konntet. Aber das ist noch lange kein Grund zum Lamentieren und schon gar nicht für böse Worte unter Freunden.“

„Trey hat recht“, bestätigte Glyn Flippen, das Geiergesicht. „Wir wollen lieber überlegen, was wir tun können, um den Alten aus dem Felsenlabyrinth herauszulocken.“

Der Hagere mit dem Totenkopfgesicht schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass der Kerl noch lebt“, sagte er eisig. „Der Sturz hat ihm das Genick gebrochen, wenn ihn meine Kugel nicht schon vorher erledigt hatte.“

„Erstens war es meine Kugel“, widersprach Ken Morgan, „und zweitens hätten wir ihn finden müssen, wenn er tot wäre. Es gibt solche Typen, die sind elastisch wie ’ne Katze.“

Stepin Baile, der Bursche mit dem Totenkopfgesicht, lachte hart. „Muss aber eine verdammt alte Katze gewesen sein. So an die fünfzig Jahre. In dem Alter, habe ich mir sagen lassen, brechen sogar Katzenknochen. Der Halunke ist tot. Wir brauchen nur die Geier zu beobachten, dann haben wir ihn auch. Und mit ihm seine Mäuse.“

„Ihr könnt sagen, was ihr wollt“, sagte Glyn Flippen. „Ich bin der Meinung, dass er lebt Und nichts brächte ihn schneller aus seinem Versteck, als wenn er das Mädchen in unserer Gewalt wüsste.“

„Also werden wir es uns holen“, entschied Trey Harper. „Es war nicht allein. Wir haben Spuren von mehreren Pferden gesehen. Und alle wiesen, in Richtung Garsson City. Demnach wartet unser Vögelchen bereits auf uns. Wir brauchen es uns nur zu holen.“

Tores, der Mexikaner, wehrte verächtlich ab. „Mit Weibern hat man nur Ärger. Ich bin nicht für das Raffinierte um sieben Ecken. Mir ist der direkte Weg lieber: Was hilft uns das Girl, wenn der Vater schon tot ist? Dann sind wir nur gezwungen, es auch zu erledigen.“

„Na, und?“, wunderte sich Ken Morgan. „Hat dir das schon jemals etwas ausgemacht? Im Übrigen wüsste ich für die Puppe schon eine Verwendung.“ Er schnalzte genießerisch mit der Zunge.

Die anderen lachten.

„Ausgerechnet du?“, fragte Glyn Flippen amüsiert den Schielenden. „Da wüsste ich schon einen Geeigneteren."

„Etwa dich? Dass ich nicht lache! Du hackst ihr ja mit deiner Nase die Augen aus.“

„Von wegen! Du wirst schon...“

„Wenn ihr nicht streiten könnt, seid ihr nicht gesund“, unterbrach ihn Trey Harper ungehalten. „Wenn ihr mich fragt, die Puppe reicht für uns alle."

„Also, worauf warten wir noch?“, wollte Stepin Baile wissen. „Holen wir uns das Kaninchen! Alles weitere ergibt sich von selbst.“

Sie gönnten ihren Pferden noch eine Stunde Ruhe, denn sie wussten, dass man sie bald jagen würde. Und dann mussten sie die Schnelleren sein.

5

Rut Wilson glaubte, dass die Sorge des Mannes an ihrer Seite unbegründet war, doch sie folgte ihm widerspruchslos. Ihr Vater hatte sie aus gutem Grund in die Hände von Jens und Bram gegeben, und die beiden hatten sich bis jetzt auch rührend um sie gekümmert.

Freilich, dass sie diesen Grainger zusammenschlugen, wäre vielleicht nicht nötig gewesen. Aber besonders Jens verstand keinen Spaß, wenn er sie in Gefahr glaubte. Das lag nicht nur an dem Auftrag, den er übernommen hatte, sondern vor allem daran, dass seine Augen immer denen eines Kalbes ähnelten, wenn er sie ansah.

Das Mädchen sah den blonden Mann verstohlen von der Seite an und lächelte in sich hinein. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, ein Leben an der Seite dieses blassen Burschen zu verbringen.

Die Männer könnten ihr überhaupt alle gestohlen bleiben. Sie wollte von ihnen nichts wissen. Ob sie nun Jens hießen oder Grainger oder Beelzebub. Schlimme Absichten hatten sie alle. Aber da spielte sie nicht mit. Jedem, der es wagte, sie anzufassen, würde sie gehörig auf die Finger klopfen.

Jens Cole dachte anders über dieses Thema. Für ihn war es klar, dass er Rut in ein paar Jahren heiraten würde. dass sie sich bis dahin für keinen anderen Mann interessierte, dafür würde er schon sorgen.

Er sah am Horizont die Schatten der ersten Häuser. Es war besser, Rut nach Garsson City zu bringen. In der Stadt konnte ihr nicht so leicht etwas passieren wie draußen in der Wildnis.

Schweigend ritten sie nebeneinander, bis sie die Siedlung erreichten.

In Garsson City hatte der Tag längst begonnen. Die Menschen gingen ihrer gewohnten Arbeit nach. Aber Jens spürte sofort, dass etwas in der Luft lag, das nach Gefahr roch.

Hatte er einen Fehler begangen? Hätten sie nicht herkommen dürfen?

Die Leute, denen sie auf der Main Street begegneten, musterten sie misstrauisch. Ihre Erfahrungen mit Fremden waren anscheinend nicht die besten.

Sie ritten zum Hotel und nahmen zwei Zimmer.

Später trafen sie sich im Restaurant, das neben dem Hotel lag, um eine einfache Mahlzeit einzunehmen.

Die meisten Tische waren besetzt. Sie fanden Platz in der Nähe des Eingangs und konnten die Straße gut überblicken.

Umgekehrt war das allerdings auch der Fall, und die fünf Männer, die kurz darauf an dem Restaurant vorbeiritten, zügelten wenige Schritte später ihre Pferde und zogen sie herum.

Jens Cole blickte in die finsteren Gesichter, auf denen ein höhnisches Grinsen lag.

Er beugte sich leicht über den Tisch und flüsterte Rut Wilson zu: „Es ist besser, wenn wir von hier verschwinden. Das Publikum wird schlechter.“

Das Mädchen wehrte sich dagegen, ständig herumkommandiert zu werden. Es hatte Hunger, und der Teller war noch nicht leer.

„Mir gefällt es hier“, sagte es. „Garsson City ist eine hübsche Stadt. Ich verstehe gar nicht, warum Pa mich noch nie hierher mitgenommen hat.“

Jens wurde ungeduldig. Er stand abrupt auf und packte Rut Wilson am Arm, um sie mit sich zu ziehen.

Wütend befreite sie sich aus seinem Griff. „Was soll das, Jens?“ Ihre blauen Augen waren wieder dunkel.

„Es ist besser. Glaube mir! Dein Vater hat uns aufgetragen, auf dich aufzupassen.“

„Ich werde schon nicht in die Suppenschüssel fallen“, versicherte das Mädchen lachend.

Doch das Lachen erstarb. Als die fünf Männer sich durch die Tür schoben, begriff auch Rut Wilson, was der wahre Grund für Jens’ Sorge war.

„Belästigt Sie dieser Bastard, Miss?“, fragte ein Bursche mit einem struppigen roten Bart und einem Silberblick. Er schaute dabei an ihr vorbei.

„Nein, nein!“, beeilte sich Rut zu versichern. „Alles in Ordnung.“

„Das scheint uns aber nicht so.“ Ein kleiner, bulliger Typ schob sich heran, Seine Muskelstränge sprengten fast sein schmutziges Baumwollhemd über der Brust.

Nun folgten auch die anderen drei. Sie bauten sich wie eine drohende Wand vor dem Tisch auf.

„Nimm die Pfoten von der Senorita, Amigo!“, befahl der Mexikaner. Seine Augen waren schmal und drohend.

Jens Coles Rechte zuckte nach unten.

„Das würde ich mir an deiner Stelle ein paarmal überlegen“, sagte der Kerl, der wie der Tod persönlich aussah. „Unsere Kugeln hatten heute noch keinen Auslauf.“

Der Blonde starrte entsetzt in drei Revolvermündungen. Die Halunken waren verteufelt schnell mit den Schießeisen. Schneller jedenfalls als er. Schneller als jeder andere, den er kannte. Ehrliche Viehtreiber konnten mit der Waffe nicht so geschickt umgehen. . ,

„Lasst uns gefälligst in Ruhe!“, stieß er rau hervor und schätzte seine Chancen ab. Er hatte keine, das sah er sofort ein.

„Dein Wunsch ist uns Befehl, du furchterregender Killer“, sagte einer mit einem Geiergesicht feixend. „Siehst du nicht, wie wir vor dir zittern? Wir haben schon wirklich Pech. Da kommen wir in friedlicher Absicht in diese Stadt, und dann muss uns ausgerechnet so ein brutaler Schläger wie du über den Weg laufen. Hoffentlich schlägst du uns nicht alle kurz und klein.“

Die übrigen lachten johlend.

Jens Cole spürte einen heftigen Schlag gegen die Brust. Er taumelte, riss aber noch rechtzeitig die Fäuste hoch, um zu verhindern, dass der nächste Hieb sein Gesicht traf.

Von hinten packten ihn ein paar Hände und zwangen seine Ellbogen auf den Rücken. Sofort klatschten Schläge in sein ungeschütztes Gesicht. Rut Wilson schrie auf.

Die übrigen Gäste in dem Restaurant zogen sich zurück. Mit einer Schlägerbande wollten sie nichts zu tun haben. Die Auseinandersetzung war eine reine Privatangelegenheit der Fremden. Da mischte man sich am besten nicht ein.

Rut sah nicht tatenlos zu, wie Jens Cole zusammengeschlagen wurde. Wütend trat sie dem Mann, der am nächsten bei ihr stand, gegen das Schienbein, dass der Bursche aufheulte.

„Du Klapperschlange!, schrie Glyn Flippen, der Kerl mit dem Geiergesicht. „Das hast du nicht umsonst gemacht.“ Seine knochigen Hände griffen nach ihr.

Rut Wilson entwand sich ihm angewidert, aber schon fühlte sie sich von hinten umschlungen. Heißer, stinkender Atem schlug ihr ins Gesicht. „Wie wär’s denn, Puppe, wenn du mir dein Zimmer zeigen würdest, während die Kumpels noch ein bisschen mit dem Lümmel ihren Spaß haben? Spaß verspreche ich dir auch. Und was für einen!“ Er lachte roh.

Als ihn Ruts kleine Faust traf, lachte er nicht mehr.

Aber das nützte alles nichts. Sie waren zu fünft, und der Muskulöse zerrte ihr nun die Arme nach hinten.

Ihre kleinen Brüste stemmten sich trotzig vor.

Der Mexikaner, der dicht vor ihr stand, verlor fast die Augen aus seinen Höhlen. Seine Hände zuckten vor und strichen begehrlich über die sanften Hügel. Seine Lippen öffneten sich leicht. Seine Finger packten jetzt fester zu. ’

Rut schrie auf.

Ihr Knie zuckte nach oben, aber der Mexikaner hatte ihre Absicht rechtzeitig geahnt Er wich zur Seite aus und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. .

„Verdammte Hure!“, schrie er. „Du wirst mich noch anflehen, ein bisschen zärtlich zu dir zu sein, wenn sich erst mal Trey und Glyn um dich gekümmert haben.“

Jens wehrte sich nur noch schwach. Längst wäre er zu Boden gegangen, wenn ihn der Bärtige nicht gestützt hätte.

Er ließ erst los, als Stepin Baile das Zeichen dafür gab.

Der Speisesaal hatte sich merklich geleert. Obwohl längst klar war, dass die Schläger auch mit dem Mädchen nichts Gutes im Sinn hatten, war niemand so mutig, einzugreifen.

Die Banditen sahen sich drohend im Kreis um. Dann nickten sie zufrieden. Sie hatten nichts anderes erwartet.

Ohne Jens Cole noch eines Blickes zu würdigen, packten sie das sich heftig sträubende Mädchen und schleiften es zur Tür.

Rut Wilson ahnte, was sie nun erwartete.

6

Grainger traf am Vormittag in Garsson City ein.

Zuerst wollte er seinen Braunen im Mietstall unterstellen, doch dann überlegte er sich, dass er das Pferd vielleicht noch brauchen würde, falls er die Verfolgung der unbekannten Männer aufnehmen musste, von denen er noch nicht wusste, was sie an der Weidehütte getrieben hatten.

Er ritt über die Main Street und wunderte sich über die vielen aufgeregten Männer, die in Gruppen zusammenstanden und irgendein brisantes Thema diskutierten.

Office. Der Sheriff würde am ehesten wissen, ob vor kurzem ein paar Fremde in die Stadt geritten waren und wo sie sich zur Zeit aufhielten. Er lenkte sein Pferd zum Sheriff’s

Er musste am Hotel vorbei, und als er einen Blick in das anschließende flache Gebäude warf, wusste Grainger Bescheid. Da drinnen in dem Speisehaus tanzte der Teufel.

Es waren eine ganze Menge Teufel, und der Mann der U.S. Government Squad hätte jeden Eid geschworen, dass er die Gesuchten vor sich hatte.

Offenbar hatten sie einen Streit vom Zaun gebrochen, denn es waren Schreie und das Brechen von Holz zu hören.

Grainger prüfte den Sitz seines Remington. Dann glitt er aus dem Sattel, band seinen Braunen am Zügelbalken vor dem Haus fest und stieß die Tür auf.

Mit einem einzigen Blick erfasste er die Situation. .

. Jens Cole, der bewusstlos in einer Ecke lag, sah er zunächst nicht. Aber er erkannte das blonde Mädchen vom Bach, und er begriff, dass es nicht freiwillig mit diesen Strolchen gehen wollte.

Die Unterhaltung verstummte augenblicklich, als man ihn bemerkte. Die Männer verdrückten sich beinahe ängstlich.

Waren Fremde in dieser Stadt grundsätzlich nicht willkommen? Oder verwechselte man ihn mit irgend jemandem?

Grainger zögerte keine Sekunde. Zwar sah er, dass er mit keiner Unterstützung rechnen konnte, und er zählte fünf Gegner, aber durch eine zahlenmäßige Übermacht hatte sich Grainger noch nie abschrecken lassen, wenn es darum gegangen war, Menschen in Bedrängnis beizustehen.

Er warf sich vor, packte mit der Linken den Kerl, der gerade in Griffnähe stand, und schoss seine Rechte ab.

Glyn Flippen kippte lautlos um und blieb zwischen den Stühlen liegen.

Grainger gab zu, dass ihm der Überraschungseffekt geholfen hatte. Bei den anderen vier würde er es schwerer haben.

Die Banditen kapierten schnell. Da war doch glatt ein Verrückter, der sich mit ihnen anlegen wollte.

Ken Morgan und Stepin Baile lösten sich gleichzeitig, während Trey Harter und der Mexikaner Tores bei dem Mädchen blieben.

Der Totenkopfgesichtige schlug zuerst zu.

Grainger blockte den Hieb ab und schlug zurück. Dabei wich er gewandt zur Seite und ließ den Rotbärtigen ins Leere dreschen.

Der Halunke mit dem Silberblick sauste durch die Wucht seines Schlages ein Stück vor.

Grainger ließ seinen Fuß stehen, und der Kerl stürzte darüber.

Dafür aber traf ihn der andere mit einem Aufwärtshaken.

Dem Mann der U.S. Government Squad wurde es flau. Er hatte sich ein bisschen viel aufgeladen, denn die Burschen waren nicht zimperlich.

Er musste noch einen Schlag hinnehmen. Dann packte er zu. Mit beiden Armen umschlang er seinen Gegner. Denn er hatte gesehen, wie der Kerl, der neben Rut stand, zur Waffe griff. .

Grainger hielt den Banditen als Schild vor sich.

Stepin Baile versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien. Es gelang ihm nicht.

Doch dann sah der Mann der U.S. Government Squad, dass der Kerl mit dem Silberblick sich wieder erholte. Er richtete seine Augen auf ihn aus und rannte los.

Grainger reagierte prompt. Er ließ sich mitsamt dem Banditen fallen. Dabei versetzte er ihm einen zusätzlichen Schwung, und der Schielende prallte mit ihm zusammen.

Grainger rollte sich zwischen den Tischen hindurch, ergriff noch im Liegen einen der Stühle und schleuderte ihn in die Richtung, in der er den verhinderten Schützen wusste.

Der Bandit schoss. Grainger sah den Mündungsblitz auf sich zurasen. An seiner Wange strich der Gluthauch des Schusses vorbei. Sekundenlang starrte er in die gemeinen Augen des bulligen Kleinen. Dann schlug er zu.

Rut schrie auf.

Grainger erkannte, dass der Mexikaner versuchte, sich unbemerkt mit ihr zu verdrücken. Er schnellte empor und setzte den beiden nach.

Er riss den Mexikaner zurück. Im letzten Moment sah er den blitzenden Stahl des Messers. Er warf sich zur Seite, flog über einen Tisch. Seine Stiefel jagten hoch und trafen die Faust mit dem Messer, das auf den Boden klapperte.

Grainger gönnte sich keine Pause. Seine Augen suchten den nächsten Gegner.

Inzwischen war die Geiervisage wieder auf der Höhe.

Grainger schleuderte das Mädchen zur Seite, fort aus der Gefahrenzone.

Der Bandit stürmte auf ihn los.

Er prallte gegen eine unsichtbare Mauer, denn nun lag der Remington in Graingers Faust, und sein Daumen zog den Hammer zurück.

„Wenn’s am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören“, sagte Grainger. Er ging auf den Mann mit dem dünnen Haarbüschel am Kinn zu. Der Kerl wich vor ihm zurück.

Grainger behielt auch die übrigen Banditen im Auge, was verhältnismäßig einfach war, denn der Mann mit dem Totenkopfgesicht und der Schielende hatten es bereits vorgezogen, die Stätte ihrer Niederlage zu verlassen. Der Mexikaner verdrückte sich gerade durch die Tür.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Halunken schien nicht sehr ausgeprägt zu sein. Aber vielleicht wollten sie nur einen neuen massiven Angriff beraten.

Rut stöhnte. Aus den Augenwinkeln sah Grainger, dass das Mädchen blutete. Obwohl es sich vermutlich nur um eine harmlose Schramme handelte, packte ihn Zorn.

„Verdammt noch mal!“, schrie er. „Holt endlich einer den Sheriff!“

Niemand gehorchte. Sämtliche Gäste hatten längst heimlich das Restaurant verlassen. Wer hatte schon Lust, sich bei einer Auseinandersetzung zwischen Fremden ein Stück Blei einzufangen?

„In diesem Haus bin ich der Sheriff“, klang eine energische Stimme von der Treppe.

Grainger blickte nach oben.

Diesen Augenblick nutzte Glyn Flippen. Mit einem mächtigen Satz erreichte auch er die Tür und brachte sich in Sicherheit.

Grainger sah keinen Sheriff. Auf der obersten Stufe der Treppe stand lediglich eine Frau. Allerdings eine atemberaubende.

Ihr Haar war so schwarz wie das einer Indianerin. Das feingeschnittene Gesicht mit dem trotzig aufgeworfenen Mund und grünlich schillernden Augen war gebräunt. Bekleidet war die Frau mit einer weißen, bestickten Bluse und einem langen, weiten Rock.

Grainger riss sich von ihrem Anblick los. Natürlich war es längst zu spät. Die Banditen hatten das Weite gesucht.

Rasch trat er ans Fenster. Weit hinten sah er noch eine Staubwolke. Sie gaben sich tatsächlich geschlagen.

Er wandte sich wieder der Unbekannten zu, die langsam die Stufen herab schritt.

Sie lächelte tiefgründig. „Auf meiner Brust wirst du keinen Stern entdecken, Fremder“, sagte sie mit ihrer dunklen, kehligen Stimme. „Auch wenn du sie noch so lange anstarrst.“ Grainger wurde nicht verlegen, obwohl er sich ertappt fühlte. Diese Frau verfügte in der Tat über ein paar Rundungen, die man mit einem einzigen Blick kaum erfassen konnte. Die Bluse war raffiniert geschnitten und betonte ihre Formen noch.

Gewaltsam riss er sich von dem Anblick los. „Es ist Ihnen gelungen, Miss, auch noch den letzten Halunken zu vertreiben“, stellte er fest.

Sie lachte gutgelaunt. „Sei froh, Fremder! Du hättest bei uns keine Hilfe gefunden.“

„Und der Sheriff?“

„Ist unterwegs. Sein Deputy wurde von Viehdieben erschossen. Alle Männer, die etwas taugen, reiten mit ihm. Wenn du Sorgen hast, musst du dich an mich wenden. Ich bin in diesem Haus der Boss. Mir gehört der Laden.“

„Die fünf Fausthelden gehören wohl nicht nach Garsson City, oder?“ Sie schüttelte ihre schwarzen Locken. „Sie waren noch nie hier. Und nach dieser Behandlung werden wir sie wohl auch nicht mehr sehen.“ Davon war Grainger allerdings noch nicht überzeugt. Er glaubte nicht an eine zufällige Begegnung der Banditen mit Rut.

Nun fiel ihm auch das blonde Mädchen wieder ein.

Rut lag noch immer auf dem Boden und schluchzte verhalten.

Grainger löste sein Halstuch und hielt es dem Mädchen hin.

Rut sah ihn verstört an. Die blauen Augen drückten ein Gemisch aus Ratlosigkeit und Ekel aus.

„Sie bluten, Rut“, sagte Grainger sanft. „Lassen Sie sich helfen!“

Er schob einen Arm unter den Rücken des Mädchens, während er mit dem Tuch das Blut abzutupfen begann.

„Fassen Sie mich nicht an!“

Rut Wilson hämmerte ihre kleinen Fäuste gegen seine Brust. In der Erinnerung sah sie den schmierigen Mexikaner. Sie spürte seine Hände auf ihrem Busen. Die Vorstellung, ein Mann könnte sie wieder so berühren, entsetzte sie.

„Ich zerschlage dir sämtliche Knochen im Leib“, hörte Grainger hinter sich ein Versprechen.

Als er sich umsah, knallte eine Faust gegen sein Kinn. Der Kopf wurde nach hinten gerissen. Er spürte den zweiten Hieb, fühlte, wie sich sein Körper etwas anhob und gegen etwas Hartes prallte.

Vor seinen Augen tanzten zwei wunderschöne Frauen. Die eine war blond und eher knabenhaft, zierlich gebaut. An ihr fesselte der Reiz der Jugend und Unnahbarkeit. Die andere, Schwarzhaarige, sah ihn glutvoll an. Ihm wurde siedend heiß. Doch dann verschwamm alles vor seinen Augen, und plötzlich wurde es dunkel und still um ihn.

7

Irgendwann kam er zu sich. Hätte er noch immer im Speisesaal gelegen, so hätte Grainger geglaubt, dass höchstens ein paar Sekunden vergangen waren, denn noch immer sah er das Bild jener schwarzhaarigen Unbekannten vor sich.

Aber er lag nicht mehr zwischen den Tischen und umgestürzten Stühlen. Unter seinem Rücken war etwas angenehm Weiches, das sich wie ein Bett anfühlte.

Es war ein Bett. Jemand musste ihn in ein Zimmer geschleppt haben.

Sein Blick begann zu wandern.

Er sah ein kleines Fenster, vor das ein karierter Vorhang gezogen war. Das Tageslicht schimmerte durch den Stoff. Auf einer niedrigen Holzbank standen eine Schüssel mit Wasser und eine Kanne. Gegenüber befand sich eine Tür. Sie war geschlossen. Daneben lag ein Sattel auf dem Fußboden.

Sein Sattel. Und seine Satteltaschen waren ebenfalls da. Die Winchester lehnte neben dem Bett, auf dem er lag. An der Wand zur Rechten stand ein kleiner Schrank. Alles sah nach einem stinknormalen Hotelzimmer aus. Nur das schwarzgelockte Gesicht über ihm passte nicht zu der Einrichtung.

„Lassen Sie mich raten, Miss!“, bat er und richtete sich ein wenig auf. „Sie sind der Sheriff, stimmt’s?“

Sie lachte gurrend. „Jedenfalls geschieht in diesem Zimmer, was ich befehle“, erklärte sie. „Fühlst du dich besser, Grainger?“ Er schoss in die Höhe. „Grainger? Ich kann mich nicht entsinnen, dass ich mich...“

„Das ist wahr, Grainger. Du hast vergessen, dich vorzustellen. Aber der andere nannte deinen Namen.“

;,Der andere?“

„Er schien dich nicht besonders zu mögen. Dabei hast du ihm doch nur geholfen. Habe ich recht?“

„Ich bin nicht sicher, Miss. Gehörte er nicht zu den Halunken, mit denen ich die Meinungsverschiedenheit hatte?“

„Nach einer Meinungsverschiedenheit sah mir das allerdings auch aus. Aber er gehörte zu der Blonden. Ich dachte, du kennst ihn.“

In Grainger dämmerte es. „Hat er so ein schmales Gesicht?“, fragte er. „Fast wie eine Gazelle?“

Die Frau schaute ihn verwundert an. Dann lachte sie amüsiert. „Der Vergleich ist gar nicht so ohne. Doch, so könnte man es ausdrücken.“

„Also Jens“, murmelte Grainger. „Aber wieso...?“

Er unterbrach sich selbst. Plötzlich war ihm alles klar. Jens liebte Rut. Und er hatte keine Ahnung, wie er sich mit Bram Webster geeinigt hatte. Also hielt er ihn nach wie vor für einen Gegner. Nun, das konnte man ja schnell aufklären.

„Sie sind fortgeritten“, sagte die Frau, bevor er die entsprechende Frage stellte.

„Fort?“

„Ja. Der Mann und das Mädchen. Ich glaube, sie lieben sich.“

Das hörte Grainger gar nicht gern. „Sie hätten bleiben sollen“, murmelte er. „Das wäre besser gewesen.“

„Sah nicht so aus, als ob dich die Blondine mochte.“

„Darum geht es nicht“, sagte Grainger.

„Wirklich nicht, Grainger?“

Die Schwarzhaarig beugte sich weiter über ihn.

Er roch ihre Haut. Sie verströmte einen angenehmen, verwirrenden Duft.

„Wirklich nicht“, sagte er lahm.

Sie strich ihm mit ihren schmalen Fingern über die trockenen Lippen. „Sie ist nur ein Kind, Grainger“, flüsterte sie rau. „Sie hätte dir nichts geben können.“

Es fiel ihm nicht schwer, seine Gedanken von der blonden Rut loszureißen. Er hatte ihr helfen können. Das musste ihm genügen. Die Fremde öffnete ihre Lippen ein wenig. Er sah die rosige Zungenspitze zwischen den perlweißen Zähnen.

Was für eine Frau!

„Falls du dich später an mich erinnern willst“, hauchte sie. „Ich heiße Lorisa. Aber der Name ist nicht das Beste an mir, Grainger.“

Ihr Blick verschleierte sich.

Er wollte nach ihr greifen, doch da sprang sie schnell zurück.

„Du willst mich“, rief sie triumphierend. „Gib es zu, dass du mich willst!“

Sie zog sich in die äußerste Ecke des Zimmers zurück.

Was sollte der Blödsinn? Spielte sie mit ihm Katz und Maus? Natürlich wollte er sie.

Mit einem Satz war er vom Bett herunter. Sein Schädel dröhnte. Dieser verfluchte Jens! Sein Glück, dass er fortgeritten war. Mitsamt der kleinen Rut. Das Mädchen war wirklich nichts für ihn. Zu jung und zu zart.

Aber Lorisa hatte Format. Und was für eins!

Sie sahen sich lauernd an.

In Lorisas Mundwinkeln spielte ein spöttisches Lächeln. Dennoch hob und senkte sich ihr Busen wie nach einem anstrengenden Lauf.

Grainger ging Schritt für Schritt auf die Frau zu.

Lorisa kannte Männer, denen in solchen Situationen etwas Raubtierhaftes anhaftete. An Grainger war nichts Brutales oder Gemeines. Er war ein Mann, ein starker Mann, doch sie ahnte in diesem Augenblick, dass er ungeheuer zärtlich sein konnte. Und in diesem Moment war sie eifersüchtig auf die kleine Blondine, der er so behutsam das Blut aus dem Gesicht gewischt hatte.

„Grainger!“, stöhnte sie.

Ihre Augen suchten die Tür, obwohl sie genau wusste, dass sie bleiben würde.

Grainger brannte seinen Blick wie ein glühendes Eisen auf ihre Haut.

Die Frau erbebte. Sie stand vor einem Vulkan, an dessen Oberfläche es bereits brodelte.

Mit zwei schnellen Schritten war Grainger bei ihr.

Mit einem Aufschrei warf sie sich ihm in die Arme.

Seine Hände berührten ihren Rücken. Langsam strichen sie darüber. Seine Rechte wanderte zum Nacken hoch, während er mit der Linken die Frau sanft an sich zog.

Sie schmiegte sich an ihn, ohne seine Liebkosungen zu erwidern. Vorerst wollte sie nur genießen, wollte sich ganz diesen erfahrenen Händen anvertrauen. Sie hatte einen Mann gefunden, der ihr ebenbürtig war.

Grainger spürte ihre Hitze durch den Stoff hindurch.

Dann fanden sich ihre Lippen. Lorisa war voller Leidenschaft.

„Grainger! Grainger!“, stammelte sie zwischen den Küssen, mit denen er jede bloße Stelle ihres Körpers bedeckte.

Mit einem Aufschrei stemmte sie ihre Hüften gegen ihn.

„Mein Gott, Grainger!“

Seine Hand war bereits bei dem Verschluss ihres Rockes. Er musste sich zwingen, sie ein Stück von sich wegzuhalten, damit die knisternden Hüllen auf den Boden gleiten konnten.

Auf dem linken Oberschenkel besaß sie ein kleines Muttermal, doch Grainger ignorierte das völlig. Der Anblick der makellos schönen Frau erregte ihn.

Noch einmal riss er sie in seine Arme. Dann trug er sie aufs Bett

Die Umwelt versank um sie. Es gab nichts außer ihren Körpern und ihren Gefühlen.

Das Krachen der Tür riss sie in die Wirklichkeit zurück.

Vielleicht dauerte es Sekundenbruchteile länger als sonst, aber Grainger war auch jetzt noch verteufelt schnell.

Er warf sich zur Seite und stieß Lorisa von sich fort.

Während die nackte Frau auf den Fußboden stürzte, hielt Grainger bereits die Winchester in der Hand und ließ sich auf der entgegengesetzten Seite aus dem Bett rollen.

Ein hämisches Gelächter drang an sein Ohr, und eine spöttische Stimme sagte: „Ich glaube, er legt auf dein Dankeschön keinen Wert mehr, Rut.

Grainger ließ das Gewehr sinken. Hastig griff er nach seiner Hose.

Er sah in das Gazellengesicht von Jens Cole, der ihn frech angrinste, und auf den Büffelschädel von Bram Webster. Der Teufel mochte wissen, wieso der plötzlich auch hier war.

Dazwischen aber stand Rut, das zarte, blonde Mädchen, starrte ihn entgeistert und voller Abscheu an.

Ihr Gesicht war rot bis zu den Haarwurzeln. Die Blondine machte auf dem Absatz kehrt und stürzte davon. Er hörte ihre Stiefel über die Treppenstufen klappern.

Jens und Bram hielten keine Waffen in den Fäusten.

„Wollt ihr mir gefälligst erklären, was das zu bedeuten hat?“, fragte Grainger wütend.

„Es ist meine Schuld, Grainger“, sagte Lorisa leise. „Ich habe nicht daran gedacht, die Tür zu verriegeln.“

„Daran hätte ich auch denken können“, sagte Grainger. „Aber wieso hast du behauptet, die beiden wären fortgeritten?“ Er ging dorthin, wo noch immer Rock und Bluse lagen, und warf ihr die Sachen zu.

Sie schlüpfte hinein, ohne sich um die Männer an der Tür zu kümmern. „Kannst du dir das nicht denken, Grainger?“, fragte sie traurig.

Doch, er konnte es sich denken. Lorisa war eine Frau. Und als solche hatte sie sofort kapiert, dass Rut ihm nicht gleichgültig war. Sie sah in ihr eine Konkurrenz, denn gegen Leidenschaft und Erfahrung hatte die Blondine taufrische Jugend und Unschuld zu setzen.

Sie schenkte ihm einen langen, verzehrenden Blick und wollte bedrückt aus dem Zimmer gehen.

Grainger hielt sie zurück. Er durfte ihr nicht übelnehmen, dass sie mit den Waffen einer Frau gekämpft hatte. Schließlich hatte er auch seinen Teil dazu beigetragen, und die Stunde mit Lorisa gehörte jedenfalls nicht zu seinen unangenehmen Erinnerungen. Rut würde er nie besitzen, aber Lorisa konnte ihm noch manche Nacht verschönern.

Allerdings durfte er darüber nicht vergessen, weswegen er eigentlich hier war.

„Lorisa“, sagte er lächelnd, „soll ich dir verraten, warum diese Gentlemen vergaßen anzuklopfen, bevor sie uns einen Besuch abstatteten? Es gibt zwei Gründe. Zum einen wollten sie um alles in der Welt die atemberaubendste Frau dieses Countys so sehen, wie diese Kerle sie sonst nie zu sehen bekämen, weil du nicht nur schön bist, sondern auch einen hervorragenden Geschmack besitzt, was du gerade bewiesen hast.“

„Und zum anderen?“, wollte Jens Cole böse wissen.

„Zum anderen wusste unser blonder Held mit dem Gazellengesicht natürlich genau, was ihn hinter der Tür erwartete. Er bildet sich ein, dass er mir damit einen Tiefschlag versetzt hat und dass Rut ihn dafür anbeten wird.“

„Wenn du sie noch einmal anfasst, Grainger, knalle ich dich über den Haufen“, drohte Jens Cole finster. „Ich habe inzwischen erfahren, dass du uns gegen die Meute geholfen hast. Das wusste ich nicht, aber du kannst ja einen Hieb vertragen. Doch eins merke dir gefälligst, Grainger. Rut ist für dich zu schade. Bevor du dich an ihr vergreifst, bringe ich dich um.“

„Hat dein Lied nur diese eine Strophe, Cole?“, erkundigte sich Grainger. „Ich bin schließlich kein Trottel und kapiere, wenn man mich nicht mag. Trotzdem hätte ich gern gewusst, ob deine Eifersucht der einzige Grund für euren Besuch war.“

Jetzt schob sich Bram Webster vor. Verstohlen betrachtete er aus den Augenwinkeln Lorisa, die ihn mächtig beeindruckt zu haben schien. Zwar war sie jetzt wieder bekleidet, doch unter dem Stoff konnte er mühelos ihre Konturen verfolgen.

„Ich bin zur Hütte zurückgeritten“, berichtete er, „und fand jede Menge Spuren. Aus denen las ich, dass die Reiter, die wir draußen gehört hatten, tatsächlich dort gewesen sein mussten. Allerdings deutete nichts auf einen Kampf hin. Da alle Spuren nach Süden führten, entschloss ich mich, ebenfalls nach Garsson Gity zu reiten. Hier erfuhr ich von Jens und Rut, was geschehen war. Rut hatte das Bedürfnis, sich bei dir für die Hilfe zu bedanken... .“

„... aber nicht so, wie es dir wahrscheinlich lieber wäre“, fiel Jens Cole ihm gehässig ins Wort.

Grainger versuchte, das Ganze von der humorigen Seite zu sehen. „Jedenfalls“, stellte er fest, „habt ihr ein einmaliges Talent, immer im genau falschen Moment aufzutauchen. Ihr solltet gut auf das Mädchen aufpassen. Die Halunken haben sich zwar zurückgezogen, doch ich glaube nicht, dass sie sich mit der Niederlage abfinden.“

„Wer bist du eigentlich, Grainger?“, wollte Bram Webster wissen. „Du legst dich mit fünf Schlägern an und gehst nicht nur mit heiler Haut daraus hervor, sondern jagst sie auch noch in die Flucht.“

„So etwas kommt vor“, sagte Grainger achselzuckend. „Leider hat mir anschließend der sechste Schläger eins auf die Nase gegeben.“

„Aufs Kinn“, korrigierte Jens Gole. „Und ich schlage dir sämtliche Knochen...“

„Das Lied kann ich nun schon bald selber singen, Cole. Wenn du dafür sorgst, dass wir uns nicht mehr treffen, können wir auch nicht mehr aneinandergeraten. Das beste ist, wenn ihr gleich fort reitet, denn ich habe in Garsson City noch etwas zu erledigen.“

„Das haben wir gesehen“, sagte Jens Cole und grinste anzüglich.

„Quatschkopf! Ich suche einen Mann, der sich offenbar in Luft aufgelöst hat.“

„Und den suchst du ausgerechnet in unserer Stadt?“, wunderte sich Lorisa.

„Von hier erhielt ich seine letzte Nachricht“, erklärte Grainger.

Das entsprach nicht ganz der Wahrheit Die Nachricht hatte nicht er, sondern die Regierung in Washington erhalten. Der Mann, den er im Auftrag der U.S. Government Squad suchen sollte, wollte ein Geschäft mit der Regierung abschließen. Ein großes Geschäft, bei dem es um den Kauf ausgedehnter Ländereien ging. Der Mann musste über beträchtliche Geldmittel verfügen. Dass er sich kurz vor dem Abschluss plötzlich in Schweigen hüllte, ließ das Schlimmste befürchten. In Washington schloss man die Möglichkeit nicht aus, dass der Mann einem Verbrechen zum Opfer, gefallen war. Deshalb war er, Grainger, auf den Weg geschickt worden, damit er den Fall klärte. .

Ein schwieriger Auftrag, denn wie immer durfte er über die wahren Hintergründe seiner Mission nichts verlauten lassen. Er führte keinerlei Legitimation mit sich, dass er im Auftrag der U.S. Government Squad und im Namen des Gesetzes ritt.

„Wie soll der Mann heißen?“, erkundigte sich Lorisa.

„Wilson. Austin Wilson.“

„Ruts Vater?“, fragten Bram Webster und Jens Cole fast gleichzeitig. Sie waren sichtlich überrascht.

Auch Grainger hatte mit einer solchen Möglichkeit nicht gerechnet. Trotzdem hatte er noch seine Zweifel. „Wilson ist nicht gerade ein seltener Name“, gab er zu bedenken.

„In Verbindung mit Austin ist er schon seltener“, sagte Bram Webster. „Und da gibt es noch eine Kleinigkeit, die für dich vielleicht wichtig ist Wir haben von Ruts Vater seit über vier Wochen nichts mehr gehört.“

„Er ist verschwunden?“

„Das ist nicht ganz der treffende Ausdruck. Er befindet sich auf der Flucht.“

Grainger kniff die Augen zusammen. „Ein Bandit?“

„Einen ehrlicheren, harmloseren Mann als Austin Wilson hast du noch nie getroffen“, behauptete Jens Cole im Brustton der Überzeugung. „Er besitzt nur einen einzigen Fehler für gewisse Leute. Er möchte sein Vermögen, das er sich erarbeitet hat, auch behalten und es nicht skrupellosen Gaunern in den Rachen werfen.“

„Er ist also vor Banditen auf der Flucht?“ Jetzt begriff Grainger. Und diese Version deckte sich auch mit den Befürchtungen der Regierung.

„Es ist zu befürchten, dass er längst nicht mehr lebt“, sagte Bram Webster leise. „Davon dürfen wir gegenüber Rut natürlich nichts verlauten lassen. Wir haben von ihrem Vater den strikten Auftrag, sie zu schützen. Mr. Wilson befürchtete, dass die Banditen auch über das Mädchen versuchen würden, an sein Geld heranzukommen.“

„Entführung?“

Bram Webster nickte. „Mr. Wilson rechnete mit einer Erpressung. Deshalb wollte er vorbeugen und für ein paar Tage untertauchen. Er kennt ein Versteck in den Bergen. Für Rut wäre die Tour zu beschwerlich gewesen, sonst hätte er sie natürlich mitgenommen.“ .

Grainger dachte nach. Dann fragte er: „Von wem fühlte Mr. Wilson sich verfolgt? Hat er Namen genannt? Oder handelte es sich nur um einen vagen Verdacht?“

„Zuerst glaubten wir ihm nicht, denn er konnte überhaupt nichts Konkretes vorweisen“, gab Bram Webster zu. „Aber da er nun nicht wieder auftaucht, scheint es doch so, als würden sich seine Befürchtungen bewahrheiten.“

„Könnte es nicht sein, dass unsere fünf aufdringlichen Freunde etwas mit der Sache zu tun haben?“, überlegte Grainger laut. „Dann wäre es kein Zufall, dass sie sich so intensiv für das Mädchen interessierten.“

Bram Webster und Jens Cole sahen ihn erschrocken an.

„Teufel!“,sagte Jens. „Das wäre ein starkes Stück.“

„Das auf der anderen Seite aber doch wieder hoffnungsvoll stimmt“, erwiderte Grainger. Er schnallte sich seinen Revolvergurt um und überprüfte seine Waffe.

„Hoffnungsvoll?“, fragte Webster. Grainger nickte. „Wenn die Schufte die Kleine in ihre Hände bringen wollen, kann das nur bedeuten, dass sie die Absicht haben, Wilson damit unter Druck zu setzen. Das gelingt aber nur bei einem, der noch am Leben ist.“

„Das ist wahr“, rief Bram Webster. „Wir müssen Rut unbedingt in Sicherheit bringen“, erklärte Jens Cole aufgeregt.

„Aber gleichzeitig müssen wir Mr. Wilson helfen. Er befindet sich wahrscheinlich in der Klemme. Vielleicht ist er sogar verletzt." Bram Webster sah Grainger ein wenig ratlos an, als erwartete er von ihm den rettenden Gedanken.

„Wir brauchen für das Mädchen einen sicheren Platz“, sagte Grainger.

„Sie kann bei mir bleiben“, bot Lorisa spontan an. „Bei mir geschieht ihr nichts, und wenn ihr es nicht gerade jedem erzählt, wird niemand auf den Gedanken kommen, dass ich sie beherberge.“

Grainger schüttelte entschieden den Kopf. „Dein Angebot in Ehren, Lorisa“, sagte er. „Aber damit ist Rut bestimmt nicht einverstanden.“

„Sie würde hier auch nur verdorben werden“, murmelte Jens Cole bissig.

Grainger überhörte den Einwand und legte der Frau, in deren Augen es wütend aufflammte, beschwichtigend die Hand auf den Arm.

„Wir müssen damit rechnen, dass die fünf Schläger unsere Gegner sind“, sagte er.

„Unsere Gegner?“, fragte Bram Webster erstaunt.

Grainger sah ihn erstaunt an. „Was dachtest du, Webster? Soll ich einen alten Freund etwa im Stich lassen?“

„Von einem alten Freund, der Grainger heißt, hat Mr. Wilson nie etwas erzählt“, meckerte Jens Cole.

„Du bist ja wohl auch nicht sein Sohn, dem er alles auf die Nase bindet“, stellte Grainger fest.

„Noch nicht“, gab der andere zu. „Noch nicht.“

„Bei fünf Banditen“, fuhr Grainger fort, „hilft ein ungesichertes Hotelzimmer nicht. Außerdem ist der Sheriff mit den besten Männern unterwegs. Wir brauchen einen Raum, den notfalls ein oder zwei Männer verteidigen können.“

„Willst du sie vielleicht ins Gefängnis stecken?“, brauste Jens Cole auf.

„Der Gedanke ist gar nicht so übel“, fand Grainger. „Im Gefängnis wäre sie bestimmt vor dem Zugriff der Halunken sicher. Aber das möchte ich ihr dann doch nicht zumuten. Schließlich hat sie nichts verbrochen.“

„Ich könnte mit Mr. Kearney reden“, schlug Lorisa vor.

„Wer ist das?“, wollte Grainger wissen.

„Ihm gehört die Bank von Garsson City. Er verfügt über sichere Räume.“

„Das hört sich gut an“, gab Grainger zu. „Du kennst den Mann näher, Lorisa?“

„Lass mich das nur machen“, sagte Lorisa lächelnd. „Bei Mr. Kearney habe ich Kredit.“

8

Emerson Kearney war ein ewig schwitzender, schwergewichtiger Mann. Er thronte hinter seinem großen Schreibtisch und hörte aufmerksam zu, was Lorisa ihm erklärte. Zwischendurch ließ er seinen Blick hinter blitzenden Brillengläsern neugierig von einem zum anderen wandern.

Besonders nachhaltig betrachtete er Rut Wilson, um die es ging. Aber seine Augen ruhten nicht begehrlich auf dem Mädchen, sondern eher väterlich.

Nachdem Lorisa geendet hatte, wandte er sich an Rut Wilson, die ihren Widerwillen gegen die Schwarzhaarige und Grainger noch immer deutlich zu erkennen gab.

„Ich wusste gar nicht, dass Mr. Wilson eine so hübsche Tochter hat“, sagte er lächelnd. „Der alte Gauner hat mir zwar sein ganzes Vermögen anvertraut, aber seinen kostbarsten Besitz hat er mir vorenthalten.“

„Sie kennen Pa?“, rief das Mädchen überrascht.

Emerson Kearney nickte bestätigend. „Schon seit Jahren. Ich bin sein Partner in sämtlichen Geldgeschäften. Alle drei Monate kommt er nach Garsson City, um alles Erforderliche mit mir zu besprechen.“

„Wann war er das letzte Mal bei Ihnen?“, erkundigte sich Grainger.

Der Direktor dachte kurz nach. Dann erklärte er: „Das war vor ungefähr fünf Wochen. Er hatte ein größeres Geschäft vor, für das er fast sein gesamtes Konto plünderte. Ich musste ihm vierzigtausend Dollar auszahlen.“

„Vierzigtausend!“. Grainger pfiff durch die Zähne.

„Eine stolze Summe, nicht wahr? Und der alte Fuchs wollte mir nicht verraten, wofür er sie brauchte. Jetzt mache ich mir natürlich Vorwürfe, dass ich ihn nicht besser beraten habe. Aber wie hätte ich das tun sollen? Er zog mich ja leider nicht ins Vertrauen. Vielleicht hatte er Angst, ich könnte ihm das Bombengeschäft wegschnappen.“

Er lachte und wischte sich den Schweiß aus dem Nacken. „Die verdammte Hitze bringt mich noch um", erklärte er schnaufend.