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Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner. In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf... Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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Schlachtpläne - Chronik der Sternenkrieger #24
Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, Volume 24
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2018.
Title Page
Chronik der Sternenkrieger 24 | Schlachtpläne | von Alfred Bekker
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Ein CassiopeiaPress E-Book
Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Die Entscheidungsschlacht“.
© 2005,2008,2013 by Alfred Bekker
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)
www.AlfredBekker.de
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MITTE DES 23. JAHRHUNDERTS werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...
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ALFRED BEKKER schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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Rena Sunfrost sprang zur Seite, während der ungestüme Morrhm-Krieger einen Ausfallschritt nach vorn machte. Die Monoklinge fuhr mit einem bläulichen Flor durch die Luft, haarscharf an Rena vorbei. Sie warf sich zu Boden, rollte um die eigene Achse und war im nächsten Augenblick schon wieder auf den Beinen. Atraan, der Häuptling der Zuur-Morrhm und Kommandant des Flaggschiffs VONDRASH, hatte es nicht auf Rena abgesehen, auch wenn er sie durch seine rücksichtslose Vorgehensweise gefährdet hatte. Atraans Gegner war Unterhäuptling Natronax – ein Morrhm-Krieger, der Atraan fast um eine Haupteslänge überragte.
Natronax wich dem ersten Hieb seines Gegners geschickt aus, versuchte anschließend eine Finte und stieß zu. Um Haaresbreite verfehlte er Atraan, der ins Straucheln geriet. Natronax fasste den Griff seines Mono-Schwertes mit beiden Pranken.
„Vielleicht sollten wir die Sache etwas spannender machen, alter Mann!“, rief der Riese. „Wenn ich dich besiege, darf ich alle deine Sklaven den Göttern opfern, ohne dass deine zänkischen Ehefrauen sauer sind!“
Atraan knurrte wie ein wildes Raubtier. „Du magst im üblen Atem des Todesgottes verfaulen, Natronax!“
Der Häuptling der Zuur-Morrhm rappelte sich auf. Aber Natronax war schon wieder bei ihm.
Von oben führte er einen blitzschnellen Hieb mit seiner Monoklinge. Atraan konnte nicht viel mehr als den bläulichen Schimmer erkennen, der dieses Schwert umflorte, wenn es die in der Luft enthaltenen Sauerstoff- und Stickstoff-Moleküle durchschnitt. An schlecht gelüfteten Kampfplätzen kam es nach einer längeren Auseinandersetzung häufig auf Grund der abgespaltenen Sauerstoffatome zu einer erhöhten Bildung von Ozon, das bei manchen Sauerstoffatmern – darunter auch den Morrhm - eine halluzinogene Wirkung hatte. In den Überlieferungen aus der alten Zeit war von Kämpfen die Rede, bei denen die Beteiligten sich dabei regelrecht in einen ebenso emotional wie chemisch begründeten Rausch hineingesteigert hatten.
Ein blutiger Rausch zumeist, in dem bis zum bitteren Ende um die Vorherrschaft gekämpft wurde.
Natronax täuschte an und ließ das Monoschwert erneut herumwirbeln. Aber Atraan hatte sich inzwischen wieder gefangen. Er parierte den Hieb, wich dem nächsten Schlag aus und versuchte dann einen Ausfall nach vorn. Natronax war ihm auf Grund seiner selbst für Morrhm-Verhältnisse enormen Körpergröße auch an Reichweite erheblich überlegen. Atraan wusste daher, dass er wahrscheinlich nur eine einzige Chance hatte, die er nutzen musste.
Ein Stich mit der Monoklinge, die zwar als Hiebwaffe eigentlich effektiver eingesetzt werden konnte, aber auch eine gefährlich Spitze aufwies. Fast widerstandslos glitt sie an der Panzerplatte des Harnischs vorbei durch das Gelenkstück an der Achsel. Von da aus war es nicht weit bis zum Herzen.
Natronax erstarrte mitten in der Bewegung.
Er hatte das Schwert noch zum Schlag erhoben, so als wollte er Atraan von oben bis unten in der Mitte durchteilen.
Doch nun stand er schwankend und wie erstarrt da.
Atraan setzte den Stiefel an und zog die Monoklinge aus dem Körper des Kontrahenten heraus. Dieser lebte noch, auch wenn das Blut durch die Ritzen des Schulterstücks heraussprudelte.
Natronax versuchte den Schwerthieb, zu dem er an gesetzt hatte, noch auszuführen.
In seinem Schrei vermischte sich der Ausdruck unsagbarer Schmerzen mit wutentbranntem, unbändigem Zorn. Blut rann ihm dabei auch aus Nase und Maul. Es floss zusammen mit zähflüssigem Speichel die Hauer entlang, an denen es schließlich herabtropfte. Mit einem Kampfschrei, der so durchdringend und barbarisch klang, wie nichts, was Rena Sunfrost je zuvor zu Gehör bekommen hatte, stürzte sich Natronax auf Atraan.
Aber sein Schlag hatte nichts mehr von der Geschmeidigkeit und Kraft, die seine Hiebe zuvor ausgezeichnet hatten.
Er war ungeschickt und kraftlos geführt. Für Atraan war es eine Kleinigkeit, ihm auszuweichen und anschließend selbst zum tödlichen Hieb anzusetzen.
Mit einem einzigen kraftvollen Schlag spaltete Atraan seinen Gegner vertikal in Hüfthöhe, knapp unterhalb des Brustharnischs. Der Oberkörper sackte zu Boden. Die Beine und das Becken mit dem Waffengurt blieben noch eine Sekunde stehen, ehe auch sie zu Boden fielen. Blut spritzte hoch empor. Unter den anwesenden Zuschauern war keiner, der nicht mehr als nur ein paar dicke Tropfen abbekommen hatte.
Atraan steckte sein Monoschwert zurück an seinen Ort. Dann schlug er sich mit beiden Fäusten gegen den Brustharnisch. Ein dumpfes Geräusch entstand dabei, was Rena an den Klang ferner Trommeln erinnerte.
Dann wandte sich Atraan an die Zuschauer. Die meisten waren Morrhm-Krieger. Ein paar Frauen waren auch darunter, die aufpassen mussten, ihre Bewunderung für Atraans Kampfkünste nicht allzu offen zur Schau zu tragen, weil sie sonst Probleme mit ihren Männern bekommen hätten. Ein wüster Fauststoß konnte dann schnell an die Stelle von liebevollen Bissen treten. Manche Morrhm-Männer neigten in Fällen emotionaler Untreue auch dazu, ihre Gattin mit dem Monoschwert zu vierteilen.
„Hat sonst noch irgend jemand Lust, meine Entscheidungen anzuzweifeln?“, rief Atraan. „Wenn jemand glaubt, dass er den Stamm oder dieses Flaggschiff besser führen kann als ich, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, vorzutreten und es zu beweisen.“
Der Anführer der Zuur-Morrhm ließ den Blick schweifen. Sein Maul war weit geöffnet, fast als ob er gähnen würde. In Wahrheit handelte es sich um eine Geste der Einschüchterung. Ein Morrhm-Krieger zeigte damit die gewaltigen, selbst bei geschlossenem Maul ein Stück hervorragenden Hauer und demonstrierte dem Gegenüber damit, dass er jederzeit bereit war, sich zum Kampf zu stellen.
Die mächtige linke Pranke Atraans legte sich um den Schwertgriff. Die dicken, wurstförmigen Finger der anderen Pranke nestelten scheinbar lässig und desinteressiert an den verschiedenen technischen Gerätschaften herum, mit denen Gürtel und Kampfanzug eines Morrhm-Kriegers so ausgestattet waren.
Quälende Augenblicke des Schweigens folgten.
Er weiß genau, was er tut, ging es Rena Sunfrost durch den Kopf. An ihrem Handgelenk trug sie wieder den Space Army Corps Kommunikator, den man ihr ganz zu Anfang ihrer Sklavenzeit abgenommen hatte.
Auf wunderbar verschlungenen Wegen war er schließlich an sie zurückgegangen. Die Kommunikator-Funktion konnte sie natürlich nicht nutzen, weil sie nicht damit rechnen konnte, dass sich in Funkreichweite des Gerätes Space Army Corps-Verbände befanden, die auf dieser Frequenz und der gleichen Codierung kommunizieren konnten. Aber das integrierte Translatorprogramm war um Längen besser als jenes, das sich in dem Gerät befunden hatte, auf das sie zuvor angewiesen war.
Rena atmete tief durch und registrierte genau die Reaktionen der anwesenden Morrhm. Er mag grobschlächtig und barbarisch erscheinen - in Wahrheit verbirgt sich hinter diesem Gesicht mit Wildschwein-Affinität ein sehr sensibler Psychologe. Wahrscheinlich wäre der Kerl sonst auch niemals so weit aufgestiegen.
Atraan genoss das Schweigen.
Es war ein Schweigen, das alle Schattierungen zwischen Furcht und Ehrfurcht beinhaltete. Ein Augenblick, in dem er seine Macht demonstrieren konnte, wie es sonst kaum je möglich war.
Mit dem Fuß drehte er den abgetrennten Oberkörper seines Gegners herum und trat dabei durch die sich ausbreitende Lache von Morrhm-Blut.
„Er war ein guter Krieger“, sagte Atraan. „Aber die Götter sind mit mir und es ist deswegen einfach dumm, sich gegen mich zu stellen. Doch das sollte niemanden abhalten. Ich bin überzeugt davon, dass alle hier im Raum einen guten Kampf zu schätzen wissen!“
Dröhnende, glucksende Laute drangen aus dem Rachen des Morrhm, in dessen Kehle dabei irgendetwas auf eine Weise vibrierte, die daraus einen zumindest für menschliche Ohren fast unerträglichen Laut machte.
„Wir werden dir treu folgen, Atraan!“, sagte jetzt einer der Anwesenden. Er hob sein Monoschwert und stieß einen barbarischen Ruf aus, den Renas Translatorsystem nicht zu übersetzen vermochte.
Die anderen reckten ebenfalls ihre Schwerter in die Höhe und stimmten in den Ruf mit ein.
Rena hatte angesichts dieses Geräuschpegels das Gefühl, ihr Kopf müsste gleich platzen. Sie erinnerte das Ganze an den Start von Düsenjägern, wie man ihn in antiken Filmdokumenten miterleben konnte.
Dreimal war das ohrenbetäubende Brüllen der Morrhm-Krieger zu hören, dann zerstreute sich die Versammlung.
Atraan sprach eine der Frauen an.
„Bring ein paar Sklaven her.“ Er deutete auf die zerstückelte Leiche seines Kontrahenten. „Sollen die Säugetierabkömmlinge zusehen, dass sie hier saubermachen und die sterblichen Überreste des ehrenwerten Natronax einsammeln. Sie sollen ehrenvoll aufgebahrt und in aller gebotenen Form dem Totengott übergeben werden, der sie gnädig in sein Reich aufnehmen möge!“
„So ist dein Wunsch in Erfüllung gegangen, Atraan“, sagte die Morrhm-Frau. „Der faulige Atem des Totengottes umfängt Natronax.“
„Was beweist, dass das Universum von den Mächten des Guten beherrscht wird!“
„Warum soll ich Sklaven herbeiholen, um die Überreste von Natronax einzusammeln? Wäre es nicht eigentlich die Aufgabe seiner Ehefrauen, sich darum zu kümmern? Ich könnte sie verständigen.“
„Nein, ich möchte, dass Sklaven das erledigen. Es soll eine Geste der Wertschätzung gegenüber Natronax und seiner Familie sein. Schließlich weiß ich ja nicht, wann ich vielleicht mal die Unterstützung seines Clans brauche.“
„Eine kluge Überlegung.“
„Richte Natronax’ Frauen aus, dass jede von ihnen, die in Zukunft Wert darauf legt, richtig gebissen zu werden, sich mir gerne anschließen kann.“
„Das Angebot einer Witwenheirat. Welch eine noble Geste, Atraan!“
„Natronax’ Clan wird es schwer haben, noch Gründe für eine Racheaktion zu finden.“
Die Frau ging davon.
Nur noch Rena Sunfrost und Atraan blieben zurück.
„Komm her, Sklavin“, sagte der Morrhm-Häuptling an die ehemalige Kommandantin des Sondereinsatzkreuzers STERNENKRIEGER gerichtet.
Zögernd leistete Rena diesem Befehl Folge.
Widerstand zu leisten hatte ohnehin nicht viel Sinn. Aber im Augenblick fragte sie sich schon, welche Gemeinheit sich Atraan jetzt ausgedacht haben mochte.
Allerdings sollte sie sich in diesem Punkt getäuscht haben.
„Willst du, dass ich damit beginne, die Überreste deines Gegners zu beseitigen?“, fragte Rena kühl und mit vor der Brust verschränkten Armen. Ihre Space Army Corps-Uniformjacke war an mehreren Stellen mit Morrhm-Blut besudelt.
„Nein, das können andere Sklaven erledigen“, antwortete Atraan. „Außerdem wird sich, wie du vielleicht mitbekommen haben wirst, Gorana um das Problem kümmern. Sie ist die Erste Sklavenmeisterin hier an Bord. Dass ich meine Privatsklaven für derartige Aufgaben einsetze wäre übertriebene Ehrerbietung dem Toten gegenüber und könnte so interpretiert werden, dass ich vielleicht bereue, was ich getan habe. Oder noch schlimmer: Man könnte denken, dass ich Angst vor Natronax’ Verwandtschaft habe.“
„Langsam begreife ich, dass die Morrhm offenbar ein Sozialleben haben, das doch etwas komplexer ist, als es der Hang zu gewaltsamen Problemlösungen vermuten lässt!“
Atraan lachte dröhnend und unterstrich die Wirkung noch mit ein paar gurgelnden Lauten, die tief in seiner Kehle entstanden.
„Dieses Lob aus dem Mund einer Sklavin rührt mich zutiefst!“, meinte er voller Ironie. Dann hob er die breiten Schultern. Mit den Füßen schob er die untere Körperhälfte des zerteilten Morrhm-Kriegers ein Stück zur Seite. Blut und Gedärme schmierten dabei über den Boden. Sunfrost vermied den direkten Anblick. „Weißt du, eigentlich hasse ich es, zu töten. Ich bin für Frieden und Verständigung. Kooperation, das ist es, worauf es ankommt.“
Ach, jetzt sag nur noch, dass du immer weinen musst, wenn du einen Konkurrenten einen Kopf kürzer gemacht hast, ging es Rena voller Sarkasmus durch den Kopf.
„Leider geht es nicht anders“, fuhr Atraan fort. „Bevor ich die Befehle anderer ausführe, befehle ich lieber selbst.“
„Kann ich irgendwie verstehen“, murmelte Rena.
„Der Unterschied zwischen euch K'aradan und uns scheint kleiner zu sein, als manch einer annimmt.“
„Der Unterschied besteht im Moment darin, dass du frei bist – und ich eine Sklavin...“
„Deine Rasse hat einen schrägen Humor. Das gefällt mir.“ Er zog urplötzlich sein Monoschwert hervor. Blitzartig zuckte die Klinge hervor und aus irgendeinem Grund glaubte Rena Sunfrost im ersten Moment, dass er einen Angriff beabsichtigte. Vielleicht deshalb, weil sie schon zu oft Zeuge von eruptiven Stimmungswechseln unter den Morrhm gewesen war. Stimmungswechsel, die nicht selten für irgendjemanden damit endeten, dass er mit einem Monoschwert zersäbelt wurde, wie es mit Natronax geschehen war.
Zu Renas Überraschung reichte Atraan ihr den Griff des Schwertes.
„Ich würde es nirgendwo anders anfassen“, erklärte er.
„Was...“
„Na los, nimm es schon. Man sollte die Dinger nach jedem Kampf mit dem Molekularmodulator reinigen, um die Schärfe der Klinge zu erhalten. Sieh zu, dass es ordentlich wird und du dich nicht selbst dabei verstümmelst. Ich will die Waffe so schnell wie möglich in gutem Zustand zurück haben.“
„Aber ich habe keine Ahnung...“
„Du hast einen guten Translator. Damit kannst du dich in den internen Rechner einklinken und die Gebrauchsanweisung laden.“ Atraan verzog das Gesicht. „Normalerweise ist dafür eine meiner Frauen zuständig. Ich finde aber, dass das eher die Arbeit einer Sklavin ist.“
Mit diesen Worten ließ Atraan Rena einfach stehen.
Na großartig, dachte sie. Andererseits gibt es wirklich unangenehmere Aufgaben, zu denen man hier eingeteilt werden kann.
*
NACH EIN PAAR SCHRITTEN und noch in Hörweite Renas meldete sich Atraans Kommunikator mit einer schrillen Fanfare. Der Häuptling des Stammes der Zuur-Morrhm nahm das Gespräch entgegen.
„Hier spricht Atraan! Was gibt es?“
„Kommandant, wir haben den Raumsprung ins Kessimu-System erfolgreich absolviert“, meldete ein Brückenoffizier der VONDRASH.
„Freut mich zu hören. Dann können wir Kessira-Tamo ja endlich plündern, nachdem wir so lange mit technischen Problemen zu kämpfen hatten.“
„Jawohl, Kommandant.“
„Die Krieger werden schon ungeduldig. Wenn das so weitergegangen wäre, hätte ich wahrscheinlich jeden Tag einen oder zwei meiner besten Leute erschlagen müssen!“
„Das wäre bedauerlich gewesen.“
„In der Tat!“
Mit den technischen Schwierigkeiten hatte es eine besondere Bewandtnis. Rena Sunfrost horchte sofort auf, als die Rede darauf kam. Sie selbst hatte versucht, das Eintreffen der Morrhm im Kessimu-System durch Sabotage zu verzögern. Mit Hilfe ihres Translators war es ihr zeitweilig gelungen, sich in den privaten Rechnerzugang zu den Schiffssystemen einzuwählen, der es ihrem Besitzer erlaubte, wichtige Kommandofunktionen von seinen eigenen Räumen aus zu erfüllen. Den Raumsprung-Antrieb kurzzeitig ausfallen zu lassen war nicht weiter schwierig gewesen. Das System stellte sich ohnehin als ziemlich fehleranfällig heraus und die Morrhm wunderten sich daher auch nicht besonders, wenn die betreffenden Aggregate mal nicht nach Wunsch funktionierten.
Anspruchsvoller war schon die Benutzung des X-Raum-basierten Überlichtfunks.
Zwar waren die entsprechenden Systeme kaum gesichert, aber der Überlichtfunk wurde von den Morrhm selten benutzt und daher musste Rena sehr vorsichtig vorgehen, um nicht aufzufallen.
Es war ihr schließlich gelungen, eine Botschaft an das Space Army Corps zu übermitteln, in der das nächste Ziel der Zuur-Morrhm-Flottille angegeben wurde. Auch das war ein Vorteil, seit sie Privatsklavin des Kommandanten war. Wenn man die Ohren aufhielt und den Translator eingeschaltet hatte, konnte sie ganz nebenbei vieles an Information mitbekommen, was eigentlich nicht für sie bestimmt war. Sei es aus den Gesprächen von Taur mit seinen Frauen oder der Frauen untereinander. Manchmal bekam sie auch mit, wenn Taur mit Untergebenen über die Schiffskommunikation sprach. Und seit sie ins Rechnersystem eindringen konnte, hatte sie noch ein paar weitergehende Möglichkeiten.
Die Frage war nur, ob dieser Funkspruch auch gehört wurde.
Die X-Raum-Technologie war schließlich von den Menschen vor langer Zeit wegen ihrer Unberechenbarkeit aufgegeben worden. Der Sandström-Raum war das Kontinuum der Wahl sowohl für den Überlichtflug als auch für überlichtschnelle Kommunikation. Ich hoffe, es fällt ihnen auf, wenn sie ein Signal im Abseits der Kommunikationskanäle bekommen, dachte Sunfrost. Aber das setzt natürlich voraus, dass danach auch gesucht wird.
Atraan und seine Barbarenhorde würden also erwartet werden.
Und je länger sich ihr Eintreffen verzögerte, desto mehr Einheiten des Space Army Corps und der K'aradan-Flotte würden dort auf die Morrhm warten.
Man kann nicht immer gewinnen, dachte Rena, als sie die Nachricht vom erfolgreichen Raumsprung des Morrhm-Schiffs gehört hatte. Für Besatzung und Sklaven war davon nichts zu spüren gewesen. Die einzige Nebenwirkung des X-Raum-Sprungs, auf dem der Überlichtantrieb der Morrhm basierte, war eine deutlich erhöhte radioaktive Strahlung, die darüber hinaus mit höherdimensionalen Strahlungskomponenten gemischt war.
Aber Strahlung spürte man nicht.
Zumindest nicht sofort.
Man merkte erst etwas, wenn die Haare ausgingen oder der Magen so empfindlich wurde, dass man nichts mehr bei sich behalten konnte. Da den Morrhm selbst Radioaktivität kaum etwas auszumachen schien, sahen sie das Ganze überhaupt nicht als ein Problem an, gegen das etwas unternommen werden konnte. Manchmal wunderten sie sich über die kurze Lebenserwartung, die allgemein unter den Sklaven herrschte – und zwar selbst bei den K'aradan, die eigentlich dadurch, dass sie die meisten Organe doppelt besaßen, körperlich recht robust waren.
Atraan drehte sich nicht noch einmal um, sondern ging einfach weiter, nachdem er das Gespräch unterbrochen hatte.
Rena Sunfrost stand mit der Monoklinge ihres Sklavenhalters da.
Zu glauben, dass sie damit ein Machtmittel in der Hand hielt oder gar Widerstand leisten konnte, war völlig irrig.
Jeder Morrhm konnte sie sofort mit einer Projektilwaffe niederstrecken oder sie mit einer Elektropeitsche wieder zur Räson bringen.