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Das Leben leben zu können bleibt immer dem einzelnen überlassen. Dem modernen Menschen, der auf Wissenschaft, Technik und politische Systeme vertraut, fehlt es jedoch an dieser Kunstfertigkeit. Anstatt darüber zu klagen, geht es dem Autor um die konkreten Fragen zu einer neuen Lebenskunst. Dazu kann die Philosophie einen entscheidenden Beitrag leisten. Die grundlegende Frage »Was soll ich tun?« hat in diesem Moment keinen moralischen, sondern einen existentiellen Sinn und zielt auf die Kunst der Existenz, aus dem abstrakten Leben ein eigenes werden zu lassen. Dazu dient das Nachdenken über den Umgang mit Gewohnheiten, Lüsten und Schmerzen, mit Zeit und Tod, über die Künste der Ironie, des »Negativdenkens«, der Gelassenheit – einen Lebensstil, der auf die entscheidende Herausforderung der Zeit zu antworten vermag.
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Seitenzahl: 248
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das Leben leben zu können bleibt immer dem einzelnen überlassen. Dem modernen Menschen, der auf Wissenschaft,Technik und politische Systeme vertraut, fehlt es jedoch an dieser Kunstfertigkeit. Anstatt darüber zu klagen, geht es dem Autor um die konkreten Fragen zu einer neuen Lebenskunst. Dazu kann die Philosophie einen entscheidenden Beitrag leisten. Die grundlegende Frage »Was soll ich tun?« hat in diesem Moment keinen moralischen, sondern einen existentiellen Sinn und zielt auf die Kunst der Existenz, aus dem abstrakten Leben ein eigenes werden zu lassen. Dazu dient das Nachdenken über den Umgang mit Gewohnheiten, Lüsten und Schmerzen, mit Zeit und Tod, über die Künste der Ironie, des »Negativdenkens«, der Gelassenheit – einen Lebensstil, der auf die entscheidende Herausforderung der Zeit zu antworten vermag.
»Ob er dem tieferen Sinn von Gewohnheiten nachgeht oder für eine heitere Skepsis als Grundhaltung plädiert, der Alltag avanciert zum Prüfstein jeder Theorie … Schmid pflegt einen luziden, eingängigen Stil bar jeder intellektuellen Verstiegenheit.«
Martin Scherer, Focus
Wilhelm Schmid, geboren 1953, lebt in Berlin. Er ist einer der erfolgreichsten philosophischen Publizisten in Deutschland und hält mit immensem Erfolg zahlreiche Vorträge, zudem lehrt er als Privatdozent in Erfurt und Tiflis.
Wilhelm Schmid
Schönes Leben?
Einführungin die Lebenskunst
Suhrkamp
Umschlagabbildung:
Paul Klee. Übermut, 1939, 1251 (PQu II).
Öl und Kleisterfarben auf Packpapier auf Jute über Keilrahmen; original Rahmenleisten; 100 x 130cm.
Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern, Inv. Nr. B 36.
© VG Bild-Kunst, Bonn 2005
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2015
Der vorliegende Text folgt der 4. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 3664.
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2000
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
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Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-74382-9
www.suhrkamp.de
Vorwort
»Exkursion in die Philosophie«:Edward Hoppers Bild
Warten auf das Leben und die Suche nach einer neuen Lebenskunst
Einige Grundfragen der Lebenskunst und das finale Argument
Arbeit der Sorge:Das Netz der Gewohnheiten knüpfen
Aufhebung der Sorge:Die Lüste genießen
Anstoß zur Sorge:Vom Sinn der Schmerzen
Äußerste Sorge:Vom Leben mit dem Tod
Grundlegende Technik:Die Zeit gebrauchen
Experimentelle Technik:Auf den Versuch hin leben
Technik des Umgangs mit Affekten:Kunst des Zorns
Technik des Umgangs mit Widersprüchen:Kunst der Ironie
Technik der Umkehrung:Negativ denken
Aussetzen von Lebenskunst:Melancholie
Einsetzen von Lebenskunst:Gelassenheit
Der Lebensstil des ökologischen Selbst
Lebenskunst im Cyberspace
Fitness? Wellness? Gesundheit als Lebenskunst
Die Wiederkehr der Heiterkeit:Zur Rehabilitierung eines philosophischen Begriffs
Der Weg zum Glück und die Kunst, dem Leben Sinn zu geben
Das Ziel der Lebenskunst:Sich ein schönes Leben machen
Textnachweis
Ist das Leben, das wir leben, unser »eigenes«? Es wird bestimmt von Faktoren, auf die wir doch kaum Einfluss haben, von Mächten, die nach Belieben mit uns umzuspringen scheinen. Gleichwohl wird dieses Leben zu unserem eigenen – spätestens am letzten Tag. Nur wir selbst werden es zu Ende bringen, wer oder was auch immer es bestimmt haben mag. Wir allein sind – vor uns selbst – für dieses Leben verantwortlich, niemand sonst wird, schon gar am ultimativen Punkt, diese Verantwortung übernehmen. Lebenskunst ist die Ernsthaftigkeit des Versuchs, aus diesem Grund sich das Leben beizeiten selbst anzueignen und vielleicht sogar ein »schönes Leben« daraus zu machen. Einige Ideen und Kunstgriffe dazu finden sich hier.
Fern davon, »leicht« zu sein, ist die Lebenskunst die Arbeit an der eigenen Autonomie, auch die Hilfestellung hierzu für Andere. Dass Lebenskunst von manchen leichthin für »etwas Oberflächliches« gehalten wird, ist auf den Umstand zurückzuführen, dass sie in moderner Zeit kein Gegenstand ernsthafter Reflexion mehr war. Eigentlich ist Lebenskunst jedoch »etwas Philosophisches«, schon das Wort selbst entstammt der Philosophie und war bereits in antiker Zeit im Gebrauch. Der Versuch zur Erneuerung einer »Philosophie der Lebenskunst«1 knüpft daran an; dass dies auf einiges Interesse in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft gestoßen ist (eine unerwartet integrative Wirkung der Lebenskunst), ist zweifellos der Situation der Zeit geschuldet: Das Ende der Ideologien, das Ende der mit ihnen verbundenen Träume, sozialistischen wie kapitalistischen, das Ende der allzu optimistischen Utopien, die mit Wissenschaft und Technik in der Moderne des 19. und 20. Jahrhunderts verbunden waren, wirft die Menschen in ungeahntem Maße auf sich selbst zurück. Nichts und niemand, so ahnen sie, wird jemals die perfekte Welt schaffen, in der das Leben unproblematisch ist; Ideologien und Utopien haben eher neue Probleme herbeigeführt, mit denen viele nicht mehr zu leben verstehen. Und selbst wenn es dereinst gelänge, eine »ideale« Gesellschaft zu schaffen – woher der naive Glaube, der Lebensvollzug verstünde sich dann quasi von selbst?
Das Bemühen um eine Neubegründung der Lebenskunst ist der Versuch zu einer Antwort darauf. Wichtig sind jedoch die Vorzeichen dafür: nicht normativ vorzugehen, Normen und allgemeine Verbindlichkeiten schaffend, sondern optativ, Optionen und Möglichkeiten eröffnend. Unter diesen Vorzeichen sind die Vorschläge zu lesen, die hier gemacht werden: Es handelt sich also nicht etwa, wie in der früheren Geschichte der Philosophie, um eine inhaltliche Festlegung der Lebenskunst, sondern um das Aufzeigen von Bedingungen und Möglichkeiten hierzu. Nicht nur die Wahl der Lebenskunst selbst, sondern auch die Wahl und Einübung einzelner Künste des Lebens obliegt dem jeweiligen Subjekt der Lebenskunst. Die systematische Grundlegung dazu findet sich im genannten, umfassend ausgearbeiteten Ansatz zu einer Philosophie der Lebenskunst, etwa was die zentrale Frage der Wahl oder die Aufklärung von Strukturen, insbesondere Machtstrukturen betrifft, durch deren Kenntnis Spielräume der Wahl erst entstehen können. Dort wird die politische Dimension diskutiert, die aus der Lebenskunst mehr macht als die Pflege privater Gärten; eine lange Erörterung gilt der Frage, was unter dem »Subjekt« der Lebenskunst verstanden werden kann und welche Rolle dessen Beziehungen zu Anderen spielen. Auch eine Fülle von Nachweisen und weiterführender Literatur ist dort zu finden.
Der ersten Annäherung und dem besseren Überblick aber dient die vorliegende Einführung in die Lebenskunst. Das Buch unternimmt, der »Philosophie der Lebenskunst« folgend, eine »Exkursion in die Philosophie« anhand eines Bildes des Malers Edward Hopper, einen Ausflug also in jenen Raum des Denkens, in dem die Frage nach dem Leben gestellt werden kann, um die Antwort zu suchen, die das Lebenkönnen wieder ermöglicht. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der praktischen Seite möglicher Antworten, auf der Ausarbeitung von Künsten im Umgang mit Gewohnheiten, Lüsten, Schmerzen, Zorn, Zeit und Tod, Künsten der Ironie, des »Negativdenkens« und der Gelassenheit. Mit dem Entwurf zu einer ökologischen Lebenskunst wird auf die entscheidende Herausforderung der Zeit, mit einer »Lebenskunst im Cyberspace« auf die Internetisierung der Existenz zu antworten versucht. Ausgewählte Abschnitte aus der »Philosophie der Lebenskunst« hierzu werden um neuere Reflexionen über Gesundheit, Heiterkeit, Glück und die Frage nach Sinn ergänzt.
Zur Kunst in der Lebenskunst, zum »gekonnten Leben« und zur bewussten Lebensführung kann das philosophische Nachdenken einen Beitrag leisten. Philosophisch ist die Suche nach Gründen und Begründungen, die Klärung von Begriffen, das Ausfindigmachen von Strukturen und grundlegenden Zusammenhängen, das Durchdenken von Bedingungen und das Auseinanderlegen von Möglichkeiten. In diesem Sinne kann die Philosophie Hilfestellung bieten bei der Aufklärung einer Lebenssituation; sie verhilft dazu, besser zu verstehen, was geschieht, welche Möglichkeiten ein Individuum hat oder nicht hat. Die wichtigste Lebenshilfe wird auf der Ebene des Denkens geleistet, denn allzu häufig sind wir nicht etwa das Opfer äußerer, anonymer Mächte oder innerer, psychischer Strukturen, sondern Opfer eines Denkens, das uns über eine Sache dies und nichts anderes denken lässt. Das Denken kann Haltung und Verhalten beeinflussen und aus Engpässen befreien.
Und was kann »schönes Leben« in diesem Zusammenhang bedeuten? Wie beim Begriff der Lebenskunst selbst, handelt es sich beim »schönen Leben« um einen vergessenen Begriff der antiken Ethik und Ästhetik, der erneut in die Debatte eingeführt werden soll, um über das allzu unkritisch gedachte »gute« oder gar »gelingende Leben« hinauszukommen. Der Begriff des »schönen Lebens« zieht sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Texte; ihn ins Zentrum zu rücken, ist das wichtigste Anliegen des Buches. In der Geschichte der Philosophie, bei Platon ebenso wie bei Diogenes oder Epikur und den Stoikern, war dies eine geläufige Formel: »schön zu leben« (kalos zen). Einer, der sagte, er tauge nicht zur Philosophie, erhielt von Diogenes umgehend zur Antwort: »Wozu also lebst du, wenn du dich nicht darum sorgst, schön zu leben?« Sich um ein schönes Leben zu sorgen: damit ist gemeint, das Leben nicht einfach nur dahinzuleben, dem Gesetz der Trägheit folgend, sondern in die Existenz einzugreifen und sie bewusst zum Gegenstand einer Ausarbeitung zu machen. In der Tradition des Humanismus spielte diese Idee des schönen Lebens eine tragende Rolle. Gedacht ist die philosophisch reflektierte Lebenskunst vor diesem Hintergrund nicht als eine Schönwetter-Lebenskunst, die ein Luxusgut für diejenigen sein könnte, die sonst schon alles haben. Vielmehr als eine existenzielle Lebenskunst, für die jegliche Ethik mit der Haltung und dem Verhalten des Individuums selbst beginnt, um am eigenen Leben und, gemeinsam mit Anderen, am gesellschaftlichen Zusammenleben zu arbeiten.
Ein Ausschnitt aus dem Alltag zweier Menschen: Ein grübelnder Mann, die Stirn in Falten gelegt und mit strengen Bügelfalten in den Hosenbeinen, sinnt angestrengt über etwas nach. Er ist nicht allein, nicht zu übersehen ist die halb entblößte Frau hinter ihm, hingestreckt auf eine Liege, an deren Rand er sitzt, und abgewandt von ihm, ihr Gesicht ist nicht sichtbar. Die quer übers Kopfkissen hingegossenen Haare könnten verraten, dass sie sich abrupt von ihm weggedreht hat, und sie macht nicht die geringsten Anstalten, sich ihm wieder zuzuwenden. Auch er schenkt ihr keinen Blick, er bleibt am Rand der Liege sitzen, in sich zusammengesunken und etwas verkrampft, eine Gestalt der Ratlosigkeit. Unklar bleibt das Verhältnis zwischen beiden, unklar, ob es um dieses Verhältnis geht, unklar, ob es noch ein Verhältnis gibt, unklar erst recht, welchen Sinn in diesem Bild von 1959 die »Exkursion in die Philosophie« haben soll.
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