Schöpferin der Mondmagie - Sonnengeliebt - B.E. Pfeiffer - E-Book

Schöpferin der Mondmagie - Sonnengeliebt E-Book

B. E. Pfeiffer

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Beschreibung

Die magische Romantasy geht weiter ... Seit ich in der Welt der Mondhexen und Sonnenkrieger bin, ist mir eines klar geworden: Magie kennt keine Grenzen. Aber Abneigung und Hass auch nicht. Die Qamar sind genauso verbohrt wie die Solarier und obwohl das Orakel möchte, dass zwischen den Völkern Frieden herrscht, stoßen alle Bemühungen auf Widerstand von beiden Seiten. Wird sich etwas ändern, wenn Kegan und ich um die Zukunft seines Clans kämpfen? Ich bezweifle es. Aber ich werde ihn nicht allein lassen, egal welche Gefahren auf mich warten. Nur gemeinsam können wir etwas bewegen. Und das müssen wir, wenn wir je wirklich zusammen sein wollen. Band 2 der magischen Reihe um den Kampf zwischen Mondhexen und Sonnenkriegern und einer schicksalhaften Liebe.

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Schöpferin der Mondmagie

SONNGENGELIEBT

SCHÖPFERIN DER MONDMAGIE

BUCH ZWEI

B.E. PFEIFFER

Copyright © 2022 by B.E. Pfeiffer

c/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

www.bepfeiffer.com

[email protected]

Umschlaggestaltung: Makita Hirt

Lektorat: Fam Marie Schaper

Korrektorat: Julie Roth

Satz: Bettina Pfeiffer

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form sind vorbehalten. Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Für alle, die an ihren Kräften zweifeln ... Denkt immer daran: das Wort unmöglich existiert für euch nicht.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

So geht es weiter …

Es gibt noch ein Geheimnis zu lüften!

Danksagung

Über den Autor

Bücher von B.E. Pfeiffer

KapitelEins

Kälte kriecht durch die Kleidung und betäubt meine Haut. Trotzdem rühre ich mich nicht. Meine Augen sind geschlossen. Meine Stirn ist vermutlich längst festgefroren an dem Eis, auf dem ich liege. Das ist mir genauso gleichgültig wie die Gefahr, in der ich schwebe.

Alles ist verloren. Ich habe an einem einzigen Tag nicht nur dafür gesorgt, dass ein Großteil der Qamar in Gefangenschaft geraten ist. Nein. Ich habe meine Mutter in Lebensgefahr gebracht. Und den Mann, den ich liebe, an das unzerstörbare Eis einer uralten Bestie verloren.

Das alles nur, weil ich Magie in mir trage, von der ich bis vor wenigen Tagen nichts wusste. Und ein verrücktes Orakel mir erklärt hat, ich müsse eine Entscheidung treffen, ohne mir zu sagen, worum es sich handelt.

Ich habe alle verraten. Meine Eltern. Reuel. Die Qamar. Kegan.

»Kegan«, hauche ich.

Wenn ich jetzt die Augen aufmache, entdecke ich bestimmt seinen toten Körper unter dem Eis, weil er längst ertrunken sein muss. Also halte ich sie weiterhin geschlossen.

Neue Tränen lösen sich aus meinen Augenwinkeln und gefrieren in dem Moment, als sie über meine Haut fließen. Die Kälte verlangsamt meinen Herzschlag und lähmt damit den Schmerz, der sonst mein Inneres zerreißen würde. Ich will hier einschlafen und nie wieder aufwachen.

»Lyra«, faucht Frodo, der grüne Drache, mit dem ich mich angefreundet habe. »Darfst nicht einfach hier liegen. Musst kämpfen.«

»Wozu?«, frage ich mit bebender Stimme.

»Musst Qamar und Solarier und Menschen retten«, erwidert Frodo ernst.

Ich lache, aber es klingt mehr wie ein heiseres Krächzen. »Keine Ahnung, warum Nemain dachte, ich könne irgendwem helfen«, sage ich. »Ihr habt Sarnai zurück. Geht einfach. Lasst mich hier. Mich braucht doch niemand.«

»Irrst dich«, verkündet Rufus, dem ich nicht mehr vertrauen will. Er ist Nemains roter Drache und ich glaube nicht, dass er je ein Freund für mich war. »Brauchen dich. Kegan braucht dich.«

»Kegan ist tot!«, brülle ich, reiße die Augen auf und drehe mich hastig auf den Rücken. Ich wage es nicht, auf die Eisschicht zu blicken, unter der Kegans lebloses Gesicht auf mich wartet. »Er ist tot! Meinetwegen.«

»Irrst dich schon wieder«, beharrt Rufus und hält mir ein Fläschchen mit strahlend goldener Flüssigkeit vor die Nase. »Sein Lebensfaden. Wenn er stirbt, erlischt Licht.«

Ich betrachte das Leuchten, das aussieht wie ein flüssiger eingefangener Sonnenstrahl. »Aber er muss ertrunken sein«, bringe ich heiser hervor.

Meine Kehle fühlt sich wund an von den vielen Tränen, die ich vergossen habe.

»Locchai tötet seine Opfer nicht«, erklärt Rufus. »Nimmt sie nur gefangen und verschließt sie unter dem Eis. Irgendwann erfrieren sie, aber ertrinken nicht.«

Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich drehe mich um und starre auf das Eis, das dicker geworden ist. Kegan kann ich nicht mehr entdecken. Ob er überhaupt noch da ist?

»Wie soll ich ihn retten? Der Traumfänger hat zwar Feuer erschaffen, aber das hat dem Eis nicht mal einen Kratzer zugefügt«, erkläre ich und meine Stimme überschlägt sich.

Jemand berührt meine Schulter und ich zucke zusammen. Als ich mich umdrehe, steht Reuel hinter mir. Er hält mir die Hand hin und zieht mich auf die Beine.

»Dir ist nichts passiert«, sage ich erleichtert.

»Ich habe wohl auch einen Dickschädel«, meint er und reibt sich über den Hinterkopf. »Cullen und Sarnai sind auf dem Weg zur Grenze. Die Solarier sind noch in den Wäldern und verstecken sich vor dem Locchai, aber irgendwann werden sie sich auch wieder hervorwagen. Die Götter allein wissen, wann sie versuchen werden, uns zu folgen. Wenn du also etwas tun willst, um Kegan zu helfen, dann jetzt.«

»Aber meine Magie hat versagt. Ich konnte nicht …«

»Du hast es mit Flammen versucht. Feuer wird dir in dem Fall nicht helfen«, unterbricht Reuel mich. »Dieses Eis ist von einem Wesen mit uralten Kräften erschaffen worden. Selbst Flammen, die durch Magie entstehen, werden es nicht schmelzen.«

Meine Schultern werden schwer und ich kann kaum noch atmen. »Aber wie soll ich dann etwas unternehmen, um Kegan zu retten?«

Reuel schiebt seine Augenbrauen zusammen. »Du besitzt schöpferische Kräfte. Du kannst Dinge und sogar Momente erschaffen. Wie wäre es, wenn du es damit versuchst?«

Ich muss an das ramponierte Obst denken, das ich mit meiner Magie erschaffen habe. Dann schüttle ich den Kopf und sinke auf meine Knie.

»Ich halte das für keine gute Idee.«

Reuel schnaubt und geht neben mir in die Hocke. Behutsam legt er eine Hand auf meine Schulter. »Du denkst zu viel«, meint er. »Fühl es einfach. In dir schlummert so viel Macht, die nur darauf wartet, von dir gerufen und gelenkt zu werden.« Er hebt seine Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen. »Hast du vergessen, wie Regel eins lautet?«

»Streich das Wort unmöglich aus deinem Wortschatz«, murmle ich und atme geräuschvoll aus. »Aber wenn es schiefgeht? Wenn ich Kegan nicht rette, sondern ihm schade?«

Der Gedanke, dass er meinetwegen noch mehr leidet, lässt meinen Magen verkrampfen.

»Wenn du nichts machst, wird er früher oder später sterben.« Reuel deutet auf die Phiole in meiner Hand. »Du kannst aufstehen, weggehen, das Fläschchen mitnehmen und zusehen, wie das Licht immer dunkler wird, bis es schließlich erlischt. Oder du hörst auf, nachzudenken, und unternimmst etwas.«

»Wieso ist es dir wichtig, dass ich ihn rette?«, frage ich verwirrt.

»Es geht mir nicht um ihn oder darum, dass du mir etwas beweist«, antwortet Reuel ungewöhnlich sanft. »Es geht mir um dich. Du würdest dir nie verzeihen, wenn du es nicht wenigstens versucht hättest.«

Reuel hat recht und ich ahne, dass er diese Worte sagt, weil es ihm vor einigen Jahren wegen seiner Gefährtin Evaline auch so ergangen sein muss. Ich zwinge mich, ruhiger zu atmen, obwohl alles in mir kribbelt und mich zur Eile drängt. »Was soll ich tun?«, frage ich.

Reuel schmunzelt. »Die Magie fühlen und eine Möglichkeit erschaffen, damit Kegan aus dem Eis fliehen kann.«

»Noch vager geht es nicht, oder?«, brumme ich.

Er zuckt mit den Schultern, schmunzelt aber immer noch. »Schöpferische Macht ist sehr vage. Deswegen ist es auch schwer, sie gezielt einzusetzen, wenn man nicht viel Übung hat. Aber ich fürchte, wir haben nicht genug Zeit, um deine Fähigkeiten für das hier zu schulen.«

Kaum hat er die Worte ausgesprochen, ertönt ein Horn und am Ufer erscheinen Krieger mit gezückten Schwertern. Sie sind zu weit weg, um sie zu erkennen, aber ich bin sicher, dass es mehr sind als vorhin noch.

»Du kümmerst dich um Kegan, ich verschaffe dir Zeit«, verkündet Reuel und steht auf. »Frodo, du bleibst bei Lyra. Rufus, du kommst mit mir.«

Der rote Drache schnaubt, breitet dann aber seine Schwingen aus und fliegt zu Reuel, der mir einen letzten Blick über die Schulter zuwirft.

»Du kannst das«, sagt er mit einem Zwinkern. Dann rennt er los.

Ich wische über das Eis, das so dick ist, dass ich Kegan auch nicht sehen würde, wenn er direkt unter mir wäre. Ich habe keine Ahnung, wie ich ihn da herausholen soll. Mir muss allerdings bald etwas einfallen.

Reuel bleibt auf dem Eis stehen und zieht seinen Traumfänger. Funken sprühen davon auf sein Schwert und setzen es in Flammen. Ich bin sicher, dass er ein erfahrener Kämpfer ist, aber selbst mit Magie kann er eine Armee Solarier in ihrem eigenen Reich nicht lange aufhalten.

»Wie kann ich Kegan da rausholen?«, frage ich mehr mich selbst als Frodo neben mir.

Die Phiole in meiner Hand fühlt sich warm an und ich bemerke, dass ihr Licht im selben Takt pulsiert wie mein Traumfänger. Ich schließe die Augen und taste nach der Magie, die über das Netz meines Traumfängers sprüht.

In meinen Gedanken formt sich ein Bild von Kegan, der im kalten Wasser treibt und zu mir hochblickt. Der Locchai hat seinen langen Hals um ihn gelegt und hält ihn fest wie einen kostenbaren Schatz.

»Fühl die Magie«, flüstert eine Stimme in meinem Kopf, die mir bekannt vorkommt.

»Nemain?«, frage ich, doch ich erhalte keine Antwort.

Sie würde mich ohnehin nur von dem ablenken, was ich tun möchte. Ich sehe Kegan so klar vor mir. Sein Gesicht mit den goldenen Streifen, umrahmt von den blonden Haaren. Seine türkisfarbenen Augen und die ausgestreckte Hand, die das Eis über seinem Kopf zu berühren versucht, obwohl er langsam in die Tiefe sinkt.

Ohne die Augen zu öffnen, lege ich mich schließlich wieder auf den Bauch. Ich muss ihn nur aus dem Wasser herausziehen. In Gedanken sehe ich, wie das Eis vor meiner Hand zurückweicht, als ich sie nach ihm ausstrecke und weiß, dass es auch in der Wirklichkeit den Weg für mich freigibt. Ich tauche mit dem Kopf unter Wasser und bin nicht überrascht, dass ich sowohl atmen als auch klar sehen kann. Kegan ist nur einen halben Meter von der Oberfläche entfernt und schwebt, festgehalten vom Locchai, im Wasser. Als er mich sieht, keucht Kegan. Er sagt etwas, das ich nicht verstehe. Es kann nicht so wichtig sein, wie ihn zu retten.

Ich schiebe mich weiter Richtung Öffnung, bis auch meine Brust im Wasser hängt, während die Magie von Traumfänger und Phiole durch meinen Körper fließt. Frodo landet auf meinen Beinen und hält mich fest, damit ich nicht abrutsche. Ich umklammere sie noch fester und halte meinen Arm nach hinten, damit beides über Wasser bleibt. Die andere Hand strecke ich Kegan entgegen. Meine Fingerspitzen berühren seine und ich zische, weil seine Haut bereits eiskalt ist.

Ich muss Kegan befreien. Also mache ich mich noch länger und umfasse sein Handgelenk. Der Locchai regt sich und seine Augen blitzen gefährlich auf. Er faucht zornig und seine Zunge streift meinen Arm. Kälte, so frostig, dass sie brennt, zieht über meine Haut. Aber auch das wird mich nicht aufhalten.

»Er kommt mit mir«, sage ich zu dem Locchai.

»Meine Beute, nicht deine«, erwidert das Wesen.

»Tut mir leid, aber Kegan gehört schon lange mir.« Der Locchai faucht mich an, während meine Magie seinen Körper einhüllt. »Ich kann ihn dir nicht überlassen. Gib ihn frei.«

Das Wesen wehrt sich gegen die Kraft, die ich einsetze, und der Traumfänger pulsiert heftiger unter meinen Fingern. Ich wage es nicht, ihn ins Wasser zu halten, also kann ich nur einen Arm nach Kegan ausstrecken. Der Baum, den ich gesehen habe, als ich den Traumfänger zum ersten Mal berührt habe, erscheint zwischen uns. Kegan betrachtet ihn, dann mich.

Meine Augen sind auf Kegan gerichtet. Seine Lippen schimmern bereits bläulich und Eis bildet sich an seinen Haaren. Ich lasse noch mehr Magie fließen.

»Gib. Ihn. Frei!«, fordere ich.

Ein Schwall dunkelblauer Flüssigkeit färbt das Wasser um mich dunkel. Meine Magie durchdringt jene des uralten Wesens und löst die Kraft, die ihn umgibt, Stück für Stück auf. Der Locchai kreischt und das Eis unter meinem Körper zittert und knirscht.

»Elende Mondhexe!«, zischt das Wesen und lässt Kegan los. »Nimm ihn, aber lass mich zufrieden.«

Mit einem ohrenbetäubenden Schrei verschwindet der Locchai in den Tiefen des Sees. Ich will Kegan aus dem Wasser ziehen, aber ich kann mich kaum noch bewegen. Der Traumfänger ist vollkommen still und jegliche Kraft ist aus meinem Körper gewichen.

»Du musst mich loslassen«, sagt Kegan mit zittriger Stimme. »Bitte. Lass mich los und rette dich.«

»Niemals«, erwidere ich schwach. »Ich brauche nur einen Moment.«

Kegan strampelt mit seinen Füßen und sein Körper nähert sich meinem. Er legt seine Hände an meine Wangen. Ich klammere mich an seinem Unterarm fest, damit er sich nicht einfach losreißen kann.

Sein Daumen streicht über meine Haut. »Darf ich dich küssen?«, fragt er unsicher.

Ich nicke und schließe meine Augen. Seine Lippen berühren meine und Wärme breitet sich in mir aus. Ich seufze und öffne meinen Mund leicht für ihn, lasse den Kuss so intensiver werden.

Mein Traumfänger beginnt zu pulsieren und neue Kraft durchströmt meinen Körper. Kegan gibt meine Lippen frei und ich sehe ihm in die Augen. Stumm nicken wir uns zu und er bewegt seine Beine, während ich an seinem Arm ziehe.

Magie umschließt uns und verleiht Kegan Schwung. Ich falle auf meinen Rücken und er landet auf mir. Kaltes Wasser sickert in meine Kleidung und meine Zähne klappern. Ich drücke Kegan die Phiole in die Hand. Sofort verschwindet die Kälte und seine Wärme dringt durch den feuchten Stoff und trocknet ihn.

Am liebsten würde ich vor Erleichterung schluchzen, meine Finger in seinen Haaren vergraben und ihn noch einmal küssen. Aber noch sind wir nicht in Sicherheit.

Direkt neben uns explodiert etwas. Kegan und ich sehen zu Reuel, der die Solarier mit seinen Feuerbällen kaum noch zurückhalten kann.

Kegan springt auf und hilft mir hoch. »Bleib hinter mir«, sagt er. »Du hast schon zu viel Magie verbraucht, um mich zu retten. Und vielleicht kann ich Ayden überzeugen, uns gehen zu lassen.«

Erst da bemerke ich, dass nicht Cinaéd die Krieger anführt, sondern ein anderer Solarier. Bevor ich etwas sagen kann, streckt Kegan beide Arme seitlich aus und geht auf Reuel zu.

»Hört auf zu kämpfen«, ruft er und tatsächlich lassen sowohl die Solarier als auch Reuel die Waffen sinken.

Ich folge Kegan mit Frodo, der wieder auf meiner Schulter sitzt. Jetzt erkenne ich Ayden, der die Männer anführt. Er sieht Kegan sehr ähnlich, nur ist sein Gesicht etwas kantiger und seine Haare ein wenig dunkler. Aber die Augen sind genauso türkis wie die von Kegan und auch er ist groß und durchtrainiert. Sind alle Brüder mit Captain America verwandt?

»Kegan«, sagt Ayden erleichtert. »Ich dachte, der Locchai hat dich erwischt.«

»Das hat er auch«, erwidert Kegan, der gerade an Reuel vorbeigegangen ist. Ich folge dicht hinter ihm, obwohl Reuel mir bedeutet, bei ihm zu bleiben. In dem Moment greift Kegan nach meiner Hand und zieht mich zu sich. »Lyra hat mich gerettet.«

Ayden hebt eine Augenbraue. »Freiwillig?«

»Sie ist die Frau, die ich liebe«, verkündet Kegan, statt auf die Frage einzugehen.

Schmetterlinge flattern in meinem Magen. Er hat vor seinem Bruder und all den Kriegern zugegeben, eine Qamar zu lieben.

»Wirst ja rot«, flüstert Frodo mir ins Ohr.

»Shhh«, mache ich und richte meinen Blick auf die Krieger.

Sie wirken verwirrt. Nur Ayden nicht.

»Ich verstehe«, sagt er nach einer Weile. Aus seiner Stimme kann ich nicht schließen, was er davon hält.

»Ich fürchte, unser Plan muss sich ändern«, meint Kegan.

»Das befürchte ich auch«, erwidert Ayden und dreht sich zu den Kriegern um. »Lasst uns allein.«

»Aber Laird, der Sid und die Drachen …«

»Werden sich ebenfalls zurückziehen«, verkündet Reuel. »Damit die Brüder reden können.«

Rufus zischt und fliegt dann hinter Reuel. Frodo gesellt sich zu ihm. Ich will Kegans Hand loslassen und mit Reuel gehen, aber Kegan hält mich fest.

»Bleib bitte«, flüstert er mir ins Ohr.

Ich nicke und werfe Reuel einen Blick zu.

»Ich bin nicht weit weg«, sagt er laut genug, dass Ayden es hören muss. »Komm also nicht auf dumme Ideen, Bürschchen.«

Ich sehe Reuel nicht nach, sondern beobachte die Krieger, die sich an das Ufer zurückziehen. Das Eis unter unseren Füßen bewegt sich leicht. Ob es jetzt, da der Locchai fort ist, schmelzen wird?

Ayden verschränkt seine Arme vor der Brust und mustert mich von Kopf bis Fuß. Dann sieht er zu Kegan.

»Ich hoffe, sie ist all den Ärger wert, den wir jetzt haben«, meint Ayden frostig.

»Das ist sie«, erwidert Kegan, ohne zu zögern. »Und bevor du fragst, du kannst vor ihr offen sprechen.« Er wendet sich mir zu. »Ich hätte ihr längst von unserem Plan erzählen sollen.«

»Sie weiß es gar nicht?«, hakt Ayden nach.

Kegan schüttelt den Kopf. »Noch nicht. Aber es wird Zeit, diesen Fehler wiedergutzumachen.«

KapitelZwei

Ich starre Kegan an, der wiederum seinen Bruder ansieht. Meine Haut kribbelt. Auf seine Erklärung bin ich wirklich gespannt.

»Wir sollten den See verlassen«, schlägt Ayden vor. »Das Eis sieht bereits trügerisch dünn aus.«

»Ich mache mir eher Sorgen um Cinaéd als um das Eis«, entgegnet Kegan ernst. »Er muss glauben, dass ich tot bin.«

»Warum?«, hakt Ayden nach.

»Es ist die sicherste Möglichkeit für uns alle«, antwortet Kegan. »Ich möchte mit Lyra zusammen sein und Cinaéd weiß jetzt, dass ich ihn verraten habe. Dabei soll es bleiben. Er soll glauben, dass ich der Einzige bin, der ihn hintergeht. Wenn er denkt, du hättest mich gehen lassen, bist du in Gefahr. Du verstehst, was ich dir damit sagen will?«

Ayden nickt grimmig. »Meine Männer sind mir treu ergeben. Sie werden nichts von deinem Überleben erzählen.«

»Gut«, meint Kegan.

»Aber auf dem See wird Cinaéd dich leichter sehen können, als wenn wir uns im Wald unterhalten«, wirft Ayden ein. »Er ist mir auf halbem Weg begegnet und hat von dem Locchai gesprochen und gemeint, er verschanzt sich im Schloss, bis das Biest wieder in der Dunkelheit seiner Grotte verschwindet.«

»In dem Fall sind die Wälder wohl sicherer«, stimmt Kegan zu und drückt meine Hand. Seine Wärme hüllt mich ein und ich ahne, dass er meine Magie gerade wieder vor den anderen Solariern verbirgt. »Geh voran, Ayden. Wir folgen dir.«

Es scheint Ayden nicht zu gefallen, mir den Rücken zuzukehren, denn er zögert. Schließlich gibt er ein Schnauben von sich, dreht sich um und schlittert auf das Ufer zu. Seine Männer kann ich am Rand des Sees ebenso wenig entdecken wie Reuel. Hoffentlich haben Cullen und Sarnai die Grenze bereits überschritten und sind außer Gefahr.

Ich bin froh, dass meine Füße wieder festen Boden berühren statt des Eises, das mittlerweile besorgniserregend knackt. Ayden führt uns zu einer dicht stehenden Baumgruppe, an deren Ästen rötliche Blätter hängen. Frost überzieht alles und lässt diesen Ort malerisch aussehen. Vom Schloss aus kann man uns hier sicher nicht entdecken.

Ayden bleibt stehen und dreht sich zu uns um. »Wie soll unser Plan jetzt also lauten, wenn du offiziell nicht mehr am Leben bist?«, kommt er gleich zur Sache.

»Wie lautete er denn bisher?«, frage ich, weil ich befürchte, dass ich sonst wieder nur Bruchstücke verstehe.

Kegan holt tief Luft und sieht mir in die Augen. »Schon bevor ich dich getroffen habe, war für mich klar, dass Cinaéd nicht Chief werden darf«, beginnt er.

»Das war jedem bei Verstand bewusst«, meint Ayden finster. »Leider ist Cinaéd stark und ziemlich skrupellos, was die Magieentnahme bei Qamar betrifft. Und er hatte schon ein paar Jahre Vorsprung, um seine Kräfte zu sammeln.«

»Deswegen haben Ayden und ich uns zusammengetan«, fügt Kegan hinzu. »Wir haben herausgefunden, dass Magie, die freiwillig gegeben wird, viel stärker ist als jene, die Qamar unter Zwang freisetzen.«

»Also helft ihr den Qamar, zu fliehen, und bittet sie, euch im Gegenzug mit Magie zu versorgen?«, hake ich nach.

»Deswegen und weil wir beide unser Herz an eine Qamar verloren haben«, brummt Ayden und fährt sich durch das blonde Haar.

»Was?« Ich blinzle verwirrt.

»Ja, es ist so«, gesteht Ayden und blickt zu Boden. »Ich habe sie ebenfalls in der Menschenwelt getroffen. Seit sie hier ist, habe ich sie zweimal gesehen. Beide Male, als ich ihr half, aus der Gefangenschaft meines Bruders zu fliehen. Ich weiß nicht, wo sie jetzt steckt, aber ich hoffe, sie ist sicher.«

»Also bist du auch ohne Gefährtin hierher zurückgekehrt?«

Ayden schüttelt den Kopf. »Nein, ich habe eine andere Frau geheiratet. Was das betrifft, war Kegan entschlossener als ich. Ich habe nie eine Chance gesehen, je mit Svajoné zusammen zu sein. Kegan wollte dich nicht vergessen und hat sich geweigert, eine andere Frau mitzubringen. Es war ihm lieber, dass wir uns über ihn lustig machen, als dich aufzugeben. Und weil er Angst hatte, dass dir etwas zustößt, hat er seinen Aufenthalt in der Menschenwelt abgebrochen und ist zurückgekommen. Obwohl er wusste, dass es ihm nicht mehr erlaubt sein würde, für längere Zeit in die Menschenwelt zurückzukehren.«

Meine Wangen fühlen sich heiß an und ich wende mich Kegan zu, der mich ernst mustert. Ich hatte keine Ahnung, was er wirklich alles auf sich genommen hat.

»Jedenfalls hatten wir schon vor unserer Begegnung einen Plan«, nimmt Kegan den Faden wieder auf. »Einer von uns sollte gegen Cinaéd bestehen, indem wir die gesammelte Magie bündeln. Aber dann bist du aufgetaucht.«

Sein Blick wandert zu meinem Traumfänger, der immer noch in meiner Hand ruht. Die Magie pulsiert nur schwach, aber sie fühlt sich an, als wäre sie ein Teil von mir. Oder ich von ihr.

»Cinaéd hat deine Macht gespürt«, erklärt Ayden. »Er hat nach dir gesucht, seitdem eine Gefangene meinte, es würde eine Qamar geben, die Cinaéd das Fürchten lehren würde. Mit einem Traumfänger, dessen Rahmen dunkelblau wie der Nachthimmel über Numar sein wird.«

»Er hat Nachforschungen angestellt«, murmelt Kegan. »Wir wissen nicht viel über eure Kräfte. Aber in halb zerfallenen Schriftrollen fand er etwas über die Farbe eurer Traumfänger und die Macht, über die ihr verfügt.« Er seufzt. »Du trägst schöpferische Magie in dir. So etwas gab es wohl schon länger nicht mehr. Aus dem Grund wollte er dich unbedingt haben.«

»Das hat unseren Plan bereits verändert«, meint Ayden. »Erst wollten wir Cinaéd davon abhalten, nach Numar vorzudringen und nach der Felsenstadt der Qamar zu suchen. Wir hatten gemeinsam genug Magie, die stärker war als jene, die er besaß. Aber Cinaéd war besessen davon, diese eine Qamar zu finden, mit der er nicht nur Chief unseres Clans, sondern König über alle werden könnte. Wir mussten verhindern, dass er dich in die Finger kriegt. Das war unsere neue Priorität.«

»Ich dachte, er wollte meine Mutter, die weiße Rose.« Die beiden Männer mustern mich schweigend. »Warum sollte gerade meine Kraft ihm dabei helfen?«, hake ich nach.

Ayden blinzelt und sieht Kegan an. Der atmet geräuschvoll aus. »Wir tragen die Macht der Sonnengötter in uns. Die Magie der Qamar macht uns noch stärker, aber die Zauber haben Grenzen. Alles hat Grenzen. Nur die schöpferische Kraft nicht.«

»Du meinst, er wäre mit mir unbesiegbar?«

Kegan nickt und mir wird schwindlig. Meine Gedanken überschlagen sich. Nemain meinte, ich hätte mit Kegan gehen sollen, als er mit den anderen Solariern in die Felsenstadt gekommen war, um mich zu holen. Aber er hatte immer Angst, dass er mich nicht vor Cinaéd beschützen kann. Wozu dann all das?

»Also hat Kegan vor drei Tagen darauf gedrängt, dass wir eure Felsenstadt angreifen«, bringt Ayden mich zurück in die Realität.

Ich blinzle und mustere Kegan, der seinen Blick ein wenig senkt. Vor drei Tagen habe ich ihm erzählt, dass die Qamar für eine Nacht keine Magie besitzen und machtlos sein würden.

»Er hat mit Cinaéd eine Vereinbarung getroffen«, fährt Ayden fort, weil Kegan das Wort nicht ergreift. »Wenn er uns zu der Stadt bringt, darf er die eine Qamar für sich beanspruchen, die er aus der Menschenwelt kennt. Cinaéd hat sein Wort gegeben. Ein Schwur ist bindend und er hätte ihn nicht zurücknehmen können. Sonst hätte er das Ansehen unter allen Kriegern verloren oder im schlimmsten Fall den Clan verlassen müssen. Du hättest Kegan gehört und damit …«

»Wäre ich sicher gewesen«, beende ich den Satz und schlucke schwer.

Kegan nickt zögerlich. »Ich wollte dein Vertrauen nicht missbrauchen. Aber ich … mir lief die Zeit davon. Beim Mitternachtsmond verfügt ihr über keine Magie, Cinaéd konnte deine Kräfte also nicht erkennen. Er wusste nicht, dass die Qamar mit den schöpferischen Mächten die Frau ist, in die ich mich verliebt habe. Ich habe es auch so wirken lassen, als wäre ich nur aus einem Grund hinter dir her.« Er räuspert sich. »Jedenfalls habe ich etwas gebraucht, um diesen Handel treffen zu können. Danach hätte ich dir alles erklärt. Hätte ich dich vorher eingeweiht, hättest du nie zugestimmt …«

»Natürlich nicht«, sage ich aufgebracht. »Meine Sicherheit für das Leben so vieler? Das ist es nicht wert …«

»Lyra, verstehst du es nicht?« Kegan legt seine Hände an meine Schultern. »Wenn Cinaéd dich bekommt, wird er deine Macht nutzen, um sich die Krone über die Clans zu holen. Was denkst du, wird dann aus den Qamar werden?«

»Aber …«, setze ich an und finde keine Worte. Tränen brennen in meinen Augen. Ganz gleich, wie ich es drehe oder wende, ich komme zu demselben Schluss. Meinetwegen müssen Qamar leiden. Egal ob ich mit Kegan gegangen wäre oder nicht.

»Es gab keinen anderen Weg«, erklärt er ernst. »Ich wollte dich in Sicherheit bringen und dafür sorgen, dass mein Bruder nicht Chief wird oder die Krone über die Clans an sich reißt und die Qamar noch erbitterter verfolgt.«

»Wolltest du Chief werden?«, frage ich heiser und zwinge mich dazu, ihm in die Augen zu schauen.

Er zögert einen Moment. »Nicht wenn es sich hätte vermeiden lassen«, antwortet er schließlich. »Ich will meinen Clan nicht führen. Alles, was ich will, ist, mit dir zusammen zu sein. In Frieden und sicher. Ayden hätte mir dabei geholfen.«

Mein Blick wandert zu seinem Bruder, der stumm nickt. Hätte er als Chief wirklich dafür gesorgt, dass die Qamar sicher sind? Wäre das überhaupt genug gewesen? Es gibt noch drei andere Clans …

»Was sollen wir jetzt also tun, Bruder?«, fragt Ayden nach einer Weile.

»Cinaéd denkt, ich bin tot«, erwidert Kegan. »Sag ihm, dass Lyra ebenfalls umgekommen ist.«

»Dann müsste ich ihm erklären, dass einer meiner Männer sie getötet hat«, wirft Ayden ein. »Und er wird die Leiche fordern. Oder ihren Traumfänger. Beides kann ich ihm ja wohl nicht präsentieren.«

»Dann behaupte, sie wäre im Eis versunken«, erwidert Kegan heftig. »Oder ein Greif hätte sie sich geschnappt und im Flug zerrissen. Was auch immer. Er muss denken, dass sie fort ist.«

»Und dann?« Ayden schnaubt. »Wir wollten verhindern, dass er Chief wird. Brandon mag ihn nicht unterstützen, aber er wird sich nicht gegen ihn stellen. Allein habe ich nicht genug Magie, um …«

»Hier«, unterbricht Kegan ihn und zieht mehrere kleine Amphoren aus seinem Beutel.

Sie schimmern in den unterschiedlichsten Farben. Die mit meiner Magie ist auch darunter.

»Das ist die gesamte Magie, die ich gesammelt habe. Zusammen mit deiner sollte es genügen, damit du den Speer erringst.«

Ayden zögert und starrt auf die kleinen Gefäße. »Es ist dir ernst? Du willst uns verlassen und nie wieder zurückkommen?«

»Vielleicht komme ich zurück, wenn du Chief bist«, erwidert Kegan. »Um dich zu unterstützen, wenn du dich den anderen Clanführern stellst.«

Er macht einen Schritt auf seinen Bruder zu und hebt die Hand mit den Amphoren höher. Ayden stößt den Atem aus, dann nimmt er die kleinen Gefäße entgegen.

»Es wäre mir lieber, du würdest an meiner Seite bleiben«, murmelt er. »Cinaéd darf man nicht unterschätzen. Er will den Speer und er wird nach deiner Mondhexe suchen, wenn er auch nur den geringsten Zweifel an meinen Worten hegen sollte.« Dabei deutet er mit dem Kinn auf mich.

»Wenn ich in Lyras Nähe bin, kann ich sie besser beschützen«, wirft Kegan ein. »Außerdem weiß Cinaéd jetzt, dass ich den Qamar geholfen habe. Er wird mich töten, sobald sich ihm eine Chance dazu bietet.«

Ayden wirkt immer noch nicht überzeugt. Er fährt sich durch die Haare und presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.

»Ich fürchte, du hast recht«, gibt Ayden schließlich zu. »Cinaéd wird dich töten, wenn du nicht fliehst. Und vermutlich ist das die einzige Chance, die du hast, um mit deiner Mondhexe zusammen zu sein.« Er atmet hörbar aus. »Ich verzichte nicht gern auf deine Hilfe. Aber es ist mir lieber, du lebst und kehrst irgendwann zurück.« Er sieht erst mich an, dann Kegan. »Passt aufeinander auf.«

»Und du auf dich.« Kegan umfasst Aydens Unterarm und sein Bruder erwidert die Geste. »Danke, Ayden.«

»Dank mir erst, wenn ich Chief bin und ihr nicht mehr um euer Leben bangen müsst«, brummt sein Bruder. »Und jetzt geht, bevor Cinaéd seine Furcht vor dem Locchai überwindet und nach euch sucht.«

Kegan lässt ihn los. Ayden nickt mir zu und verschwindet dann in Richtung Schloss.

Meine Gedanken schwirren immer noch wild durch meinen Kopf. Das hier ist irgendwie nicht richtig. Kegan sollte nicht weglaufen. Nicht meinetwegen …

»Lass uns nach den anderen Qamar suchen«, sagt er und ergreift wieder meine Hand.

Er lächelt, aber seine Augen wirken seltsam dunkel dabei. Als Kegan losgeht, bleibe ich stehen.

»Bist du sicher, dass du das willst?«, frage ich. »Noch kannst du umkehren und versuchen, Cinaéd von deiner Unschuld zu überzeugen. Du könntest …«

»Lyra«, haucht er und dreht sich wieder zu mir um. »Ich habe es vorhin ernst gemeint. Ich würde alles tun, um dich zu beschützen. Alles.«

»Aber vielleicht bereust du diese Entscheidung irgendwann. Vielleicht …«

»Vielleicht aber auch nicht«, unterbricht er mich. »Möglicherweise ist es das, was ich will.«

»Ein Leben auf der Flucht unter Wesen, die dir nicht vertrauen?«, fasse ich seine Situation zusammen.

Er hebt seine Hand und streicht sanft über meine Schläfe und Wange. »Solange du da bist, wird alles gut.«

»Und wieso siehst du dann so unglücklich aus?«, wispere ich.

»Ich mache mir nur Sorgen«, gesteht er. »Mein Plan hat anders ausgesehen. Ich wollte Ayden nicht alleine lassen. Er hat recht, Cinaéd darf man nicht unterschätzen, erst recht nicht, wenn er denkt, er würde etwas nicht bekommen, das er möchte. Aber die Dinge sind nun einmal anders gekommen.«

Ich presse meine Lippen zusammen, damit sie nicht beben. Hätte ich all das nur gewusst …

»Es tut mir so leid«, bringe ich heiser hervor. Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten und Kegan wischt sie fort. »Ich hätte dir vertrauen sollen, aber …«

»Shhh«, macht er und zieht mich in seine Arme. »Es war auch meine Schuld. Ich hätte dir auch vertrauen sollen.«

»Was meinst du?«

»Ich hätte dir alles erzählen sollen. Du wärst am Anfang vielleicht – zurecht – aufgebracht gewesen. Aber du hättest mich bestimmt verstanden, wenn ich es dir erklärt hätte. Du hättest mir geglaubt, dass ich die Qamar wieder freilassen würde.« Er haucht einen Kuss auf meine Stirn. »Ich hätte es dir einfach sagen sollen. Aber ich hatte Angst davor, dass du ablehnst und ich dich nicht mehr beschützen kann.«

Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter. Kegans Worte trösten mich nicht, obwohl er sie mir genau deswegen geschenkt hat. Ich bin zu wütend auf mich selbst. Und auf Nemain. Wenn sie von Anfang an gesagt hätte, was geschehen wird, hätte ich anders gehandelt. Jetzt liegt alles in Trümmern.

»Wir müssen meine Eltern und Reuel finden«, murmle ich.

»Deine Eltern?«, hakt Kegan nach.

Ich nicke. »Cullen und Sarnai sind meine Eltern«, sage ich und sehe zu ihm auf. »Das Orakel meinte, Sarnai kann uns helfen, alles wieder geradezubiegen und …«

»Und was?«, fragt er, weil ich nicht weiterspreche.

»Die Welten vor dem Untergang zu bewahren«, beende ich den Satz schließlich.

Kegan wirkt nicht überrascht. Er nickt nur und lässt mich los. »Dann sollten wir die drei Qamar und die beiden Drachen möglichst schnell finden«, meint er. »Und anschließend sollten wir in Numar ein sicheres Versteck suchen. Nur für den Fall, dass Cinaéd Ayden nicht glaubt.«

Ich atme tief durch. Dann ergreife ich seine Hand und folge Kegan tiefer in den Wald hinein.

KapitelDrei

Kegan führt mich in straffem Tempo durch den Wald. Je weiter wir uns vom Schloss entfernen, umso weniger Schnee liegt unter unseren Füßen. Kegans Anspannung lässt aber trotzdem nicht nach. Er spricht kein Wort, zieht mich einfach mit sich und sieht sich ständig um.

»Kegan«, sage ich keuchend.

»Entschuldige, bin ich zu schnell?«, fragt er und verlangsamt seine Schritte.

»Nein. Ich meine ja, aber darum geht es nicht«, bringe ich heraus.

»Worum dann?«, will er wissen, weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, zu Atem zu kommen, um gleich weiterzusprechen.

»Kannst du kurz stehen bleiben?«, bitte ich ihn.

Er lässt seinen Blick wieder schweifen, dann hält er tatsächlich an. »Wir müssen Nathaira verlassen, so schnell wir können«, erklärt er entschuldigend.

---ENDE DER LESEPROBE---