SCHOSCH 1 - Irene Pietsch - E-Book

SCHOSCH 1 E-Book

Irene Pietsch

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Beschreibung

Eine Reinzeichnung von Hamburgs Klein New York: Love & Crime, Kultur & Subkultur. Dem Buch ging eine vieljährige Recherche voraus, die das Zusammenleben von einer stark wachsenden Population verschiedener Ethnien und Religionen auf einer Fläche beleuchtet, die kleiner ist als Hamburgs Außenalster, mit der Grundfläche des Fürstentums Monaco, und Fragen aufwirft, die an alle gestellt werden, die es in der Hand haben, den schwierigen All- und Sonntag unter den gegebenen Umständen reibungsloser zu gestalten.

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Irene Pietsch

SCHOSCH 1

Mandamos Verlag

© 2019 Irene Pietsch

Umschlag:

Irene Pietsch

Illustration:

Irene Pietsch

Verlag:

Mandamos Verlag UG (haftungsbeschränkt)

Alte Rabenstr. 6, 20148 Hamburg

Herstellung und Auslieferung:

tredition GmbHHalenreie 42, 22359 Hamburg

ISBN

Paperback

978-3-946267-54-6

Hardcover

978-3-946267-55-3

e-Book

978-3-946267-56-0

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Statt Vorwort

Einige Namen in dieser erzählerischen Dokumentation sind aus Datenschutzgründen in Abkürzungen wiedergegeben.

Hamburg, im Januar 2019

Irene Pietsch

Ein Sommernachmittag. Ich will hören und sehen, was andere zu hören und zu sehen bekommen. Normalerweise fährt man nicht mit der roten, blauen oder gelben Linie, wenn man aus Hamburg ist. Die Doppeldecker sind Touristen vorbehalten. Die Entscheidung, sich einer der Linien zu bedienen, fällt, als wir in der Hafencity sind und bei glühender Hitze das Sommerfest am Lohsepark suchen, da, wo der Hannoversche Bahnhof war, von wo aus Hamburger Juden deportiert wurden. Ich hatte es im Laufe einer Recherche über das Museum für Kunst und Gewerbe durch einen Hinweis aus amerikanischer Feder eines Nachkommen von NS-Opfern zu dem – inzwischen für den Publikumsverkehr gesperrten - Innenhof des Museums herausgefunden und die Pressereferentin des Museums danach gefragt.

Sie, eine gelernte Goldschmiedin, war im schönstem Sächsisch verärgert über meine Kühnheit, die Pressearbeit des Museums in Frage zu stellen, fand es aber dann doch wohl opportun, sich in angemessenem Abstand zu ihrer Verärgerung, entsetzt zu zeigen.

Nachdem ich nicht locker gelassen hatte, tat sie sogar noch ein Übriges und versprach, sich kundig zu machen, warum in keiner Publikation des Museums davon die Rede ist. Es hatte die Kriegsjahre - vermutlich als besonders schützenswertes Objekt - ohne ernsthafte Beschädigungen hinter sich gelassen und dürfte im Besitz von Dokumenten sein. Auf das Wirken der Museumsspitze und einiger ihrer Mitarbeiter während der NS-Zeit wird jedoch in Veröffentlichungen hingewiesen.

Ich gab den Stand meiner Recherchen an eine interessierte Persönlichkeit weiter. Ein Resultat ließ auf sich warten.

Der Hannoversche Bahnhof ist jetzt erst Gedenkstätte geworden. Sie liegt in der Hafencity.

Die Pressereferentin und ich waren über mein erstes Buch „Heikle Freundschaften – Mit den Putins Russland erleben“ in Kontakt gekommen, als mir über den damaligen Vorstandsvorsitzenden der mitgliederstarken und sehr einflussreichen Justus Brinckmann-Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. Ing. CF, eine Lesung in der dem Museum angeschlossenen Bucerius Bibliothek organisiert worden war. Er war SPD Bürgermeister von Stuttgart gewesen und danach Städteplaner der zweiten Stunde nach dem Zweiten Weltkrieg im mit absoluter SPD Mehrheit regierten Hamburg und einer der wichtigsten Ansprechpartner für die Wohnungsbaukreditanstalt, die ihren Sitz am Besenbinderhof hat. Ihr Vorstandsvorsitzender war der verstorbene SPD – Bürgerschaftsabgeordnete Dr. HFr..

Ich besuchte vor Jahren Herrn Dr. HFr. in seinem Büro. Damals sah die Gegend von dort oben beinahe romantisch aus. Der Besenbinderhof mit der Grünanlage wirkte rein optisch wie ein Central Park mit Madison Square Garden, nur alles viel viel kleiner und mit einer ganz ganz anderen Geschichte.

Der Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe an der Brockestraße – benannt nach dem Komponisten, dem ein eigenes Festival in Bergedorf gewidmet ist - war Herr Prof. HoBo. Unter seiner Regie konnte das Museum eine beachtliche Ostasiensammlung aufbauen, die teilweise eine Dauerleihgabe des Hauses Reemtsma ist.

Reemtsma steht auch hinter dem Barlach Haus im Jenisch Park in Groß Flottbek, das bereits mehrmals – neben seiner ständigen Schau von Ernst Barlach Skulpturen, in denen der Künstler seine Kriegserinnerungen in Russland verarbeitet hat – bemerkenswerte Ausstellungen von internationalen Expressionisten und russischen Künstlern zeigte.

Auch das Museum für Kunst und Gewerbe hatte davon einiges zu bieten. Die Herkunft einer der umfangreichsten, wenn nicht die umfangreichste Sammlung von Plakaten überhaupt, wie Herr Prof. HoBo gerne unterstrich, blieb im Dunkeln. Nur ab und an wurden einige Exponate davon – auch Keramiken – gezeigt. Die frühsowjetischen Keramiken gelten als Unikate.

Alles zusammen lässt erahnen, welche Schätze im Keller oder auch auf dem Dachboden des Museums einer Erweckung warten. Zuletzt war es das Schicksal von Lavinia Schulz und ihrem Mann Walter Holdt gewesen, der dänischer Abstammung war. Sie war expressionistische Tänzerin, er Musiker, Komponist und ihr Tanzpartner.

Lavinias Markenzeichen: selbst genähte Ganzkörpermasken, die an Fabeltiere erinnerten und ihre Zügellosigkeit, die wegen „unzüchtiger“ Darbietungen mit Walter Holdt ein Auftrittsverbot zeitigten. Wer sie angezeigt und das Verbot erwirkt hatte, bleibt mysteriös, da sich die beiden eines großen Publikumserfolgs erfreuen durften und sogar im Curio-Haus auftraten, das der Hamburger Gesellschaft mit Beziehungen vorbehalten war.

Der damalige Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe, Max Sauerlandt, sah denn auch keinen zwingenden Grund, die Künstler nicht weiter nach Kräften zu unterstützen. Er wurde nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Herkunft des Amtes enthoben. Zu seinem Nachfolger wurde Herr vS bestimmt.

Ich hatte über Frau HHH, eine ehemalige Konsulin am Generalkonsulat des Königreiches Dänemark in Hamburg, versucht, Kontakt zu den Verwandten von Walter Holdt aufzunehmen. Der Sohn von ihm und Lavinia Schulz hatte rund zwanzig Jahre nach dem Krieg das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg besucht. Er hatte als Kleinkind überlebt, als seine Mutter seinen Vater und anschließend sich selber erschoss. Aufgewachsen war er bei Verwandten in Dänemark auf.

Die Mitteilungen der Konsulin über ihre telefonischen und schriftlichen Bemühungen und ein kurzer Brief aus Dänemark über das Befinden des Sohnes von Lavinia Schulz und Walter Holdt waren wenig aufschlussreich.

Ich fragte mich weiter durch.

Prof. FkB von der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, Kultur- und Kunstgeneralist aus Ostberlin, kümmerte sich um den künstlerischen Nachlass von Lavinia Schulz und Walter Holdt. Er hatte die Magisterarbeit der Kunsthistorikerin AKa. gelesen. Sie enthielt Bilder der Masken mit präzisen Beschreibungen ihrer Materialbeschaffenheit und Zuordnung im künstlerischen Gesamtkonzept. Namen von Urviechern und Märchengestalten aus der Welt der nordischen Sagas und bei einigen Bildern sogar exakte Daten, zu welchen Auftritten sie gebraucht worden waren, rundeten den imposanten Eindruck der Machart von avantgardistischer Kunst ab.

Das Schicksal der beiden Künstler fing, im Kontext mit dem europäischen Expressionismus, an, mich lebhaft zu interessieren. Ich nahm eigene Studien darüber auf, nachdem Prof. FkB mir eine Fotokopie der Magisterarbeit von AKa. gegeben hatte.

Im er sten Schritt telefonierte ich mit AKa.. Meine Referenz: Prof. FkB. Ich wollte sie gerne in nächster Zeit interviewen. Sie wehrte ab.

Prof. FkB hatte die Ganzkörperkostüme und Masken auf dem Boden des Museums für Kunst und Gewerbe entdeckt, wie er sagte. Die Kostüme seien in einem extrem schlechten Zustand gewesen, was auf den Bildern in der Arbeit von AKa. nicht zu sehen ist, aber andererseits nicht verwundern kann, da die Masken und Ganzkörperkostüme intensiv gebraucht und wohl kaum oder gar nicht gereinigt worden waren. Wie wäre das in den Notjahren zwischen den beiden Weltkriegen möglich gewesen, wo doch in allen Biographien der beiden darauf hingewiesen wird, dass sie am Hungertuch nagten, was in der Tat von Lavinia Schulz gipfelte. Sie bediente sich dabei einer Waffe ihres Partners Walter Holdt, die er wohl – wahrscheinlich illegal und aus fraglichem Grund – zu Hause am Besenbinderhof in St. Georg aufbewahrt hatte. Holdt war, neben den Tanzauftritten mit Lavinia, mal allein, mal in ihrer Begleitung als Jazzmusiker auf St. Pauli unterwegs gewesen, was vielleicht die Spannungen zwischen dem Paar erhöht haben mag.

Zumindest Holdt zeigte pathologische Erschöpfungserscheinungen, wie Biographien berichten, aber auch Lavinia Schulz darf eine gewisse Gereiztheit und Nervosität zugebilligt werden. Sie war mit ihrem Sohn schwanger. Ob sie zu Hause am Besenbinderhof oder woanders niederkam, darüber ist in den Biographien nichts zu finden.