DoKa - Irene Pietsch - E-Book

DoKa E-Book

Irene Pietsch

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Beschreibung

DoKa, Landarzt mit Zukunft, Russlands Beitrag zur Kultur Europas in Modest P. Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung", ist außerdem Dramaturg des großen Rätselratens um Nachspielzeiten in seiner bewegten Familiengeschichte, die er versucht, mit Mussorgsky Hilfe aufzudecken.

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Seitenzahl: 70

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Irene Pietsch

DoKa

Mandamos Verlag

© 2016 Irene Pietsch

Illustration: Irene Pietsch:

Umschlag

Vorderseite:

„Nachspielzeit“

Rückseite:

„Erinnerungsknoten“

Seite 95:

„Bajazzo“

Verlag: Mandamos Verlag UG (haftungsbeschränkt),

Alte Rabenstraße 6, 20148 Hamburg

Herstellung und Auslieferung:

tredition GmbH, Grindelallee 188, 20144

Hamburg

ISBN

Paperback

978-3-946267-03-4

Hardcover

978-3-946267-04-1

e-Book

978-3-946267-05-8

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Ein persönliches Wort

DoKa Der Berufene

Vor dem Konzert

Das Manuskript

DoKa Der Wanderer

Eine Erzählung zu

Bilder einer Ausstellung

von Modest P. Mussorgsky

Das Konzert

Nach dem Konzert

Ein persönliches Wort

Modest P. Mussorgsky lebte in der stürmisch bewegten Zeit des schmerzhaften Übergangs von starrer Tradition zur Moderne. Sowohl Musiker als auch Künstler vollzogen sie durch neue Ausdrucksformen auf Grundlage russischer Traditionen nach.

Bei den Musikern war es das „mächtige Häuflein“, bei den Künstlern eine Genossenschaft, die Wanderausstellungen als Brücke zwischen Stadt und Land organisierte. Not und Erfindungsreichtum fanden zusammen.

Die Belebung des Verkaufs von Kunstwerken wurde Programm. Die ersten, wichtigen Schritte zu einem modernen Kulturmanagement waren gemacht, für dessen erfolgreiche Umsetzung insbesondere Iwan Kramskoj in die Verantwortung genommen wurde.

Wegen seiner bis dahin einzigartigen Marketing- und Verkaufsstrategie wurde Kramskoj „DoKa“ genannt, was auch so viel heißt wie derjenige, der alles weiß oder auch „Experte“.

Die situativ bedingte Selbsthilfe der russischen Künstler machte Schule.

Mein Buch hat den historischen „DoKa“ zum Vorbild und erzählt von einem Beispiel, das wie ein Märchen beginnt und über die realitätsbezogene Gegenwart hinaus weit in eine denkbare Zukunft hineinspielt. Es sind zu einer Novelle zusammengefügte Erinnerungen an meine Bekanntschaften mit renommierten Künstlern und Musikern sowie einigen Persönlichkeiten der Ersten Stunde des Studienlehrgangs Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg.

Ich würde mich freuen, wenn Sie beim Lesen animiert werden, dem beschriebenen Weg besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Irene Pietsch

DoKa

Der Berufene

Vor dem Konzert

1

7.00 Uhr morgens MEZ. Amtliche Sommerzeit. Ohne sich im Rahmen der diplomatischen Gepflogenheiten mehr als nötig verbiegen zu müssen, gibt man sich flexibel im Umgang mit den Jahreszeiten. Greenwich ist nach wie vor Maßstab. Wo man ihn allerdings ansetzt, ist das Problem des Protokolls als Oberinstanz weltweiten Zeitmanagements.

7.00 Uhr morgens MEZ. Amtliche Sommerzeit. Knapp vor Beginn der Normalzeit ist es dunkel, eine gefühlte Dunkelheit zu viel, um noch Sommer zu sein, wenn es noch nicht Winter sein kann. Wer es sich leisten kann, hält das aus, umklammert die Normalzeit mit Normaluhr und hört mit spitzen Ohren hinein. Damals tickten wir wie sie. Keiner tickte richtiger, meinten wir. Und jetzt? Jetzt sitzen wir mit Ach und Krach dazwischen.

7.00 Uhr morgens MEZ, obwohl amtliche Sommerzeit, weder Sommer noch Winter und erst recht nicht normal. Wer kann, schafft Regeln dagegen, baut ein Gerüst.

Um 7.00 Uhr morgens MEZ Sommerzeit ist die Ambulanz von Dr. Benjamin Kassenlos, respektvoll „DoKa“ genannt und Landarzt aus Leidenschaft, für Notfälle in der Alten Meierei geöffnet, die seit ihrer Fremdnutzung durch den ärztlichen Betrieb mehrere Umbauten erlebt hat.

Geblieben ist der Grundriss, ein rechteckiger, anderthalbgeschossiger Langbau, der über das gesamte Erdgeschoss für die Praxis genutzt wird.

Zwecks und behufs besserer Erreichbarkeit, ist die breite Tür, die sich in der Mitte der zum Hof hin gelegenen Längsseite unter der Spitzgiebelgaube befindet, geschlossen worden. Sie blieb jedoch aus Denkmalschutz Gründen von Amts wegen rein äußerlich in Form und Farbe erhalten. Die Gesamtoptik des Anwesens hat davon profitiert, eine Zielsetzung, für die keine Mühe gescheut wurde und der sogar die Katzentür geopfert wurde.

Die Erträge des Gartens werden nach dem allgemeinen Abernten in der Spätreifezeit an Patienten verteilt, die Bedarf haben, weswegen sich viele schon Wochen vorher einen Termin bei DoKa geben lassen, um ja rechtzeitig vor Ort zu sein.

Der weit größere Teil der Ernte wird in hoch technisierten, mit Temperaturreglern in speziell programmierten Bevorratungsmöglichkeiten für Gemüse wie Obstsorten, welcher Verarbeitungsform auch immer, eingeschichtet. Das alles neben Kartoffel- und Rübenmieten, die aus Pietät nicht abgebaut werden, sowie etwas entfernter installierten Altpapier- und Leergutcontainern, die genau das beherbergen, was für sie vorgesehen ist.

Eine weitere nostalgische Besonderheit ist ein Regal, auf dem die besonders schmackhaften Äpfel desjenigen Baums akribisch nach Güte und Sorte auf Stroh ausgelegt sind, den DoKa zur Geburt seines jüngsten Sohnes gepflanzt hat und die er sich vorbehalten hat, in regelmäßigen Abständen eigenhändig zum Lüften zu wenden, wenn er es nicht vergisst. Das zu verhindern, ist die Aufgabe von Schwester Nelli.

Außerdem gibt es in dem großen Keller der Alten Meierei ein gut gerüstetes Ersatzteillager für alles, was gebraucht werden könnte, um Schneepflug und Rasenmäher, Schubkarren und andere Geräte nach technischem Totalausfall wieder gangbar machen zu können. Die dabei auf Höchstleistung getrimmten Maschinen, sind nach den Rundumreparaturen nicht selten zu Multifunktionen fähig, die patentfähig sind oder werden könnten.

Um 7.00 Uhr MEZ. Sommerzeit. Amtlich. Der Praxisbetrieb hat seine Arbeit aufgenommen. Einer von sechs regulären Parkplätzen im Bereich „Personal und Lieferwagen“ ist besetzt.

Des Weiteren gibt es einen Platz für Dr. Kassenlos, der offenbar noch erwartet wird und vier für „Patienten und Besucher“, die heute ausnahmsweise leer bleiben.

Wer an anderen Tagen trotz aller Bemühungen keinen Parkplatz findet, kommt zur falschen Zeit. Das ist DoKas feste Überzeugung. Er weigert sich, mehr Fläche des Grundstücks für den Bau von Parkplätzen zur Verfügung zu stellen und meint, auf Linderung des Problems durch das Regulativ von Verhaltensweisen der Patienten mit- und untereinander vertrauen zu können. Das ist allerdings nur so lange eine wirksame Methode, die einigermaßen funktioniert, wie sie den Frieden im Wartezimmer nicht bedroht.

Die Alternative für alle Fälle sind Fahrräder. Für sie ist ein passables Angebot an Ständern aufgestellt, die sich normalerweise großen Zuspruchs erfreuen. Heute sind auch sie unbenutzt.

Der erste Stock der Alten Meierei ist vom allgemeinen Praxisbetrieb ausgenommen. Dort logierten Auszubildende. Inzwischen hat das Jungvolk eine andere Möglichkeit für sich entdeckt, um sich der Obhut des Lehrherrn zu entziehen: Fahrgemeinschaften.

Die Nutzung der Räume weckte Begehrlichkeiten und war umstritten, was Stillstand bedeutete. Immer wieder wurden DoKa neue oder alte neu überarbeitete Pläne auf der Basis der neuen vorgelegt, von denen man nach bestem Wissen und Gewissen meinte, dass sie zustimmungsreif sind und dennoch meistens keine ungeteilte Gnade vor DoKas Augen fanden. Er selber neigt zu konservativ progressivem Handeln.

Nach reiflich überdachten Bedenken gab er seine Zustimmung, in den Räumen über der Praxis zu Ostern und Weihnachten kleine Märkte stattfinden zu lassen, die von Patienten mit Selbstgebasteltem und allerlei Handarbeiten bestückt werden.

Ein gastronomischer Teil war zwar auch im Konzept vorgesehen, sollte aber bescheiden bleiben, hatte DoKa zur Auflage gemacht, der die engagierten Aktiven seines Patientenkreises brav zustimmten.

Die Initiative fruchtete und florierte. Zum Gebäck kam Herzhaftes, zu den Säften Liköre. Irgendwann schlugen die Wellen der guten Umsatzlaune so hoch, dass zusätzlich musiziert und sogar bis zum Morgengrauen getanzt wurde, was DoKa veranlasste, ein Schild am Eingang zum Hof aufzustellen, auf dem darum gebeten wurde, hinter dem Haus zu musizieren.

Dem wurde mit so wenig Begeisterung Folge geleistet, dass seitdem Akkordeon und Gitarre im Kofferraum auf ihren Einsatz nach dem offiziellen Begrüßungsteil durch DoKa warten, den er nach strengem Ritual absolviert.

Einladungen zur Teilnahme an der Veranstaltung lehnt er freundlich mit dem Hinweis ab, er werde sie von Ferne mit Wohlwollen begleiten, was nichts anderes heißt, als dass er sich in den Country Club im Alten Herrenhaus gegenüber der Alten Meierei zurück zieht. Von dort aus kann er die Tür zur Praxis in der Alten Meierei im Blick behalten.

Hinter der Tür eröffnet sich ein leicht eingeengter, dennoch freier Blick auf eine Schneise zwischen Stuhlreihen rechts und links der Wände, wo normalerweise Patienten Spalier sitzen. Von einem Zentraltisch am Ende der linken Reihe aus altem Verandamöbelbestand können sie sich mit Anschauungsmaterial versorgen oder einfach die Galerie der Konterfeis von Hähnen in Prachtgefieder betrachten.

Kurz nach 7.00 Uhr morgens. Immer noch Sommerzeit. MEZ. Amtlich. Die hellen Hochsommernächte sind vorbei. Die Morgen sind träge. Schon hilft man sich mit energiesparendem Kunstlicht.

Schwester Nelli in Alltagsuniform agiert mit trainierter Konzentration abwechselnd am Computer und in der Neuordnung des handschriftlichen Terminkalenders.

Auf diese Weise gestaltet sie den Beginn des Arbeitstages überaus effizient.

Unterstützt wird sie dabei von einem Pott Kaffee. Schwarz. Das muss sein. Gerade morgens, wenn sie allein mit sich und der Arbeit ist.