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Dieser Band enthält folgende SF-Romane: Commander im Sternenkrieg (Alfred Bekker) Verschwörung auf Qriidia (Luc Bahl) Der Renegat zwischen den Sternen (Mara Laue) Im Verlauf des 23.Jahrhunderts wird die Menschheit durch Angriffe aggressiver Alien-Zivilisationen bedroht. Die Raumschiffe des Space Army Corps stellen sich diesen Bedrohungen entgegen und erforschen die Weite des Alls. L38.C-A53/ schwieg. Seine roten Augen verrieten nichts von dem, was er dachte. Er verneigte sich nur stumm wie die anderen Meister auch und nahm die ihnen soeben erteilten Befehle ohne Rückfrage oder gar Kommentare hin. Wenn Ruuned befahl, hatten die Rax zu gehorchen. So war es Gesetz seit undenklichen Zeiten. Niemand stellte die Anordnungen des Höchsten Wesens infrage. Niemand.
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Seitenzahl: 354
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Science Fiction Dreierband 3035 - Drei Romane in einem Band!
Copyright
Commander im Sternenkrieg
Verschwörung auf Qriidia
Der Renegat zwischen den Sternen
Dieser Band enthält folgende SF-Romane:
Commander im Sternenkrieg (Alfred Bekker)
Verschwörung auf Qriidia (Luc Bahl)
Der Renegat zwischen den Sternen (Mara Laue)
Im Verlauf des 23.Jahrhunderts wird die Menschheit durch Angriffe aggressiver Alien-Zivilisationen bedroht. Die Raumschiffe des Space Army Corps stellen sich diesen Bedrohungen entgegen und erforschen die Weite des Alls.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / Cover: A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
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Alles rund um Belletristik!
Chronik der Sternenkrieger
Science Fiction Roman
Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.
Im Jahr 2234 übernimmt Commander Willard J. Reilly das Kommando über die STERNENKRIEGER, ein Kampfschiff des Space Army Corps der Humanen Welten. Die Menschheit befindet sich im wenig später ausbrechenden ersten Krieg gegen die außerirdischen Qriid in einer Position hoffnungsloser Unterlegenheit. Dem ungehemmten Expansionsdrang des aggressiven Alien-Imperiums haben die Verteidiger der Menschheit wenig mehr entgegenzusetzen, als ihren Mut und ihre Entschlossenheit.
Vier Science Fiction Romanserien - ein Kosmos!
CHRONIK DER STERNENKRIEGER - die kontinuierlich fortlaufende SF-Serie über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger. Bislang 47 Romane.
CHRONIK DER STERNENKRIEGER EXTRA - Extra-Romane und Stories aus dem Sternenkrieger-Universum. Bislang 4 Titel.
COMMANDER REILLY - das kontinuierlich fortlaufende Prequel über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger unter seinem ersten Kommandanten. Bislang 22 Romane.
MISSION SPACE ARMY CORPS - Romane aus dem Sternenkrieger Kosmos über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger und anderer Schiffe des Space Army Corps der Humanen Welten in den Weiten der Galaxis. Mehr als 30 Titel in Vorbereitung.
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Jack Raymond, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
in chronologischer Reihenfolge
Einzelfolgen:
Commander Reilly 1: Ferne Mission (Handlungszeit 2234)
Commander Reilly 2: Raumschiff STERNENKRIEGER im Einsatz
Commander Reilly 3: Commander im Niemandsland
Commander Reilly 4: Das Niemandsland der Galaxis
Commander Reilly 5: Commander der drei Sonnen
Commander Reilly 6: Kampf um drei Sonnen
Commander Reilly 7: Commander im Sternenkrieg
Commander Reilly 8: Kosmischer Krisenherd
Commander Reilly 9: Invasion der Arachnoiden
Commander Reilly 10: Das Imperium der Arachnoiden
Commander Reilly 11: Verschwörer der Humanen Welten
Commander Reilly 12: Commander der Humanen Welten
Commander Reilly 13: Einsatzort Roter Stern
Commander Reilly 14: Im Licht des Roten Sterns
Commander Reilly 15: Die Weisen vom Sirius
Commander Reilly 16: Die Flotte der Qriid
Commander Reilly 17: Ein Raumkapitän der Qriid
Commander Reilly 18: Commander der Sternenkrieger
Commander Reilly 19: Eine Kolonie für Übermenschen
Commander Reilly 20: Kampfzone Tau Ceti
Commander Reilly 21: Prophet der Verräter
Commander Reilly 22: Einsamer Commander
Terrifors Geschichte: Ein Space Army Corps Roman (Handlungszeit 2238)
Erstes Kommando: Extra-Roman (Handlungszeit 2242)
Erster Offizier: Extra-Roman (Handlungszeit 2246)
Chronik der Sternenkrieger 1 Captain auf der Brücke (Handlungszeit 2250)
Chronik der Sternenkrieger 2 Sieben Monde
Chronik der Sternenkrieger 3 Prototyp
Chronik der Sternenkrieger 4 Heiliges Imperium
Chronik der Sternenkrieger 5 Der Wega-Krieg
Chronik der Sternenkrieger 6 Zwischen allen Fronten
Chronik der Sternenkrieger 7 Höllenplanet
Chronik der Sternenkrieger 8 Wahre Marsianer
Chronik der Sternenkrieger 9 Überfall der Naarash
Chronik der Sternenkrieger 10 Der Palast
Chronik der Sternenkrieger 11 Angriff auf Alpha
Chronik der Sternenkrieger 12 Hinter dem Wurmloch
Chronik der Sternenkrieger 13 Letzte Chance
Chronik der Sternenkrieger 14 Dunkle Welten
Chronik der Sternenkrieger 15 In den Höhlen
Chronik der Sternenkrieger 16 Die Feuerwelt
Chronik der Sternenkrieger 17 Die Invasion
Chronik der Sternenkrieger 18 Planetarer Kampf
Chronik der Sternenkrieger 19 Notlandung
Chronik der Sternenkrieger 20 Vergeltung
Chronik der Sternenkrieger 21 Ins Herz des Feindes
Chronik der Sternenkrieger 22 Sklavenschiff
Chronik der Sternenkrieger 23 Alte Götter
Chronik der Sternenkrieger 24 Schlachtpläne
Chronik der Sternenkrieger 25 Aussichtslos
Chronik der Sternenkrieger 26 Schläfer
Chronik der Sternenkrieger 27 In Ruuneds Reich
Chronik der Sternenkrieger 28 Die verschwundenen Raumschiffe
Chronik der Sternenkrieger 29 Die Spur der Götter
Chronik der Sternenkrieger 30 Mission der Verlorenen
Chronik der Sternenkrieger 31 Planet der Wyyryy
Chronik der Sternenkrieger 32 Absturz des Phoenix
Chronik der Sternenkrieger 33 Goldenes Artefakt
Chronik der Sternenkrieger 34 Hundssterne
Chronik der Sternenkrieger 35 Ukasis Hölle
Chronik der Sternenkrieger 36 Die Exodus-Flotte (Handlungszeit 2256)
Chronik der Sternenkrieger 37 Zerstörer
Chronik der Sternenkrieger 38 Sunfrosts Weg (in Vorbereitung)
Sammelbände:
Sammelband 1: Captain und Commander
Sammelband 2: Raumgefechte
Sammelband 3: Ferne Galaxis
Sammelband 4: Kosmischer Feind
Sammelband 5: Der Etnord-Krieg
Sammelband 6: Götter und Gegner
Sammelband 7: Schlächter des Alls
Sammelband 8: Verlorene Götter
Sammelband 9: Galaktischer Ruf
Sonderausgaben:
Der Anfang der Saga (enthält “Terrifors Geschichte”, “Erstes Kommando” und
Chronik der Sternenkrieger #1-4)
Im Dienst des Space Army Corps (enthält “Terrifors Geschichte”, “Erstes Kommando”)
Druckausgabe (auch als E-Book):
Chronik der Sternenkrieger: Drei Abenteuer #1 -12 (#1 enthält Terrifors Geschichte, Erstes Kommando und Captain auf der Brücke, die folgenden enthalten jeweils drei Bände und folgen der Nummerierung von Band 2 “Sieben Monde” an.)
Ferner erschienen Doppelbände, teilweise auch im Druck.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
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Aus dem Logbuch des Leichten Kreuzers SURVIVOR, 5. Mai 2246
Wir werden in Kürze das Dambanor-System erreichen. Die krisenhafte Zuspitzung der Lage dort erfordert nach Einschätzung des Oberkommandos unser Eingreifen. Dabei wird es auf das Fingerspitzengefühl aller Beteiligten ankommen, was auch durch den bislang unklaren Status der Region bedingt ist.
Mein neuer Erster Offizier Lieutenant Commander Rena Sunfrost hat sich gut eingearbeitet. Ich bin vollauf zufrieden mit ihr und denke, dass ich ihr ohne Bedenken das Kommando über das vorgesehene Bodenteam auf Dambanor II anvertrauen kann.
gez. Commander Theo Tulane
Auf der Suche nach Talenten, die sich vielleicht für höhere Aufgaben eigneten, habe ich immer wieder den Weg einzelner junger Space Army Corps Offiziere intensiv verfolgt. Der Erste Qriid-Krieg hatte hohe Verluste gefordert, was das erst im Aufbau befindliche Space Army Corps natürlich besonders hart traf. Dazu kommt, dass man hoch qualifizierte, gut ausgebildete Raumsoldaten nicht von heute auf morgen ersetzen kann.
Zu den Männern und Frauen, deren Weg ich sehr genau verfolgt habe, gehören unter anderem Admiral Ned Nainovel und Admiral Thorbjörn Soldo. In anderen Fällen haben sich die Hoffnungen weit weniger erfüllt.
Was Captain Rena Sunfrost angeht, die während eines Einsatzes gegen die Überfälle der Morrhm im Randwelten-Gürtel des K'aradan-Reichs in die Hände des Feindes fiel und seitdem verschollen ist, so war mir auch bei ihr schon bald klar, dass sie ein sehr förderungswürdiges Talent ist.
Ihr Fall hat ja in jüngster Zeit für Aufsehen in unseren Medien gesorgt – verbunden mit der Frage, ob es wirklich sinnvoll war, der Bitte des K'aradan-Reiches um Unterstützung gegen die Überfälle der Morrhm nachzukommen.
Was Sunfrost betrifft, so wurde ich zuerst im Jahr 2241 auf sie aufmerksam, als ich ihren Namen inden Berichten über einen Einsatz im Dambanor-System las.
(Aus den Erinnerungen von Admiral Gregor Raimondo, seit Februar 2252 im Datennetz abrufbar unter dem Titel „Wir beschützten die Sterne – Über die Geschichte des Space Army Corps“; ergänzte Fassung Juni 2252)
Der Kommandant des Schiffes, auf dem ich diene, ist eine Frau namens Rena Sunfrost. Im Großen und Ganzen teilt sie das Heidentum und die Glaubensarmut, die für die menschliche Gattung so kennzeichnend zu sein scheint. Aber ich erfuhr durch Zufall ein interessantes Detail ihrer Biographie, dass deutlich macht, wie selbst unter dem Einfluss von Kulturen, die durch völlige geistliche Indifferenz, spirituelle Armut und falsch verstandene Toleranz geprägt werden, der Kern eines göttlichen Bewusstseins erhalten hat, das in Situationen existenzieller Gefahr zum Ausdruck kommt.
Rena Sunfrost geriet während ihrer Zeit als Erster Offizier der SURVIVOR in eine Situation, in der sie von einem echsenartigen Eingeborenen des Planeten Dambanor II mit einer Steinschlosswaffe getroffen wurde. An den Verletzungen wäre sie beinahe gestorben. Dieses Erlebnis scheint sie stark geprägt zu haben, denn sie trägt das verbeulte Bleiprojektil noch heute als Talisman mit sich herum. Offenbar ist die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit immer der direkteste Weg zum Glauben – wenn ein so hoher Begriff für diese Form primitiver, undifferenzierter Religiosität überhaupt statthaft ist.
Aus den persönlichen Aufzeichnungen von Nirat-Son, einem qriidischen Austauschoffizier an Bord des Sondereinsatzkreuzers STERNENKRIEGER II unter Captain Rena Sunfrost im Dienst des Space Army Corps der Humanen Welten – verfasst 2251)
Sambana nennen Qriid nicht ohne Schaudern ein Volk, das vor Äonen diesen Teil der Galaxis beherrschte und eine Technik zu Stande brachte, von der die Menschheit noch in Jahrtausenden nur träumen kann. Wahrscheinlich sind die Sambana mit den ‚Alten Göttern’ der Fash’rar identisch. Andere bezeichnen sie als ‚die Erhabenen’.
Das Qriid-Wort Sambana bedeutet ‚Gottes zuerst erwähltes Volk’, das mit allen Wundern der Technik ausgestattet wurde und dies Gott mit Undank und Überheblichkeit dankte. Der Legende nach glaubten die Sambana schließlich, selbst Götter zu sein, weshalb sie häufig auch als ‚Sambano’ bezeichnet werden. Dieser o-Laut am Ende verändert die Bedeutung in ‚Gottes zu Unrecht erwähltes Volk’.
Aus: DAS MOTIV DES ERWÄHLTEN VOLKES IM PENTATEUCH UND IM BUCH DES ERSTEN AARRIID – EIN VERGLEICH; abrufbar im Datennetz ab Januar 2252; Verfasser: Guillermo Benford (Ordensname: Bruder Guillermo)
Dambanor-System, 2246 n. Chr.
„Austritt aus dem Sandström-Raum“, meldete Alex Enarom, der Ruderoffizier des Leichten Kreuzers SURVIVOR. „Gegenwärtige Entfernung von der Erde: 56,3 Lichtjahre. Entfernung zur gegenwärtigen Position des Zielplaneten Dambanor II: 5 Astronomische Einheiten.“
„Leiten Sie das Bremsmanöver ein“, befahl Lieutenant Commander Rena Sunfrost. Der Erste Offizier der SURVIVOR führte gegenwärtig das Brückenkommando.
Sunfrost erhob sich vom Kommandantensitz. Mit 28 Jahren Erster Offizier eines Raumschiffs, das war eigentlich nicht schlecht. Eine Karriere, mit der man zufrieden sein konnte. Als Fähnrich hatte sie im Stab von Admiral Kevin Müller gedient, später als Lieutenant unter anderen ein unterlichtschnelles Raumboot kommandiert.
War es nicht das, was du immer wolltest? Hinaus, zu den Sternen fliegen?
Zu allem Überfluss hatte sie kurz vor Antritt Ihres Kommandos auch noch geheiratet. Als ob mein Leben nicht schon kompliziert genug gewesen wäre!, ging es ihr mit einem versonnen Lächeln durch den Kopf. Sie dachte oft an Tony Morton, den Mann, der mit seinem Charme und seinem unverwechselbaren Charisma ihr Herz im Sturm erobert hatte. Morton hatte einen Lehrstuhl an der Far Galaxy Akademie auf dem Kuiper-Zwergplaneten Sedna gehabt und war innerhalb kürzester Zeit zu einem der bedeutendsten Genetiker und Terraforming-Spezialisten geworden. Zwei Jahre war Rena bereits mit ihm zusammen. Ihre Beziehung hatte sich einigermaßen mit dem Dienst im Space Army Corps vereinbaren lassen, solange sie ein unterlichtschnelles Raumboot mit dreißig Mann Besatzung kommandiert hatte, dessen bevorzugtes Einsatzgebiet ohnehin der Kuiper-Gürtel im Sol-System war.
Sedna – ein rotbrauner Plutogroßer Zwergplanet und Sitz der Far Galaxy Akademie – war lag schließlich ganz in der Nähe des Operationsgebiets.
Aber dann hatte Tony das Angebot einer großen Firma aus dem Wega-System bekommen.
Ein Angebot, das ein aufstrebender Terraforming-Spezialist einfach nicht ablehnen konnte, wie er ihr klargemacht hatte. Warum hast du so gedrängt, ihn doch noch zu heiraten?, überlegte sie nicht zum ersten Mal. Hast du gedacht, du könntest ihn dadurch fester an dich binden? Ihn dir sichern, selbst über Lichtjahre hinweg? Wahrscheinlich hast du dir etwas vorgemacht. Rena versuchte die Gedanken daran zu verscheuchen. Aber es gelang ihr nicht. Es gab immer etwas, das er mehr liebte als dich. Die Wissenschaft. Und wenn du ganz ehrlich bist, dann hast du das immer im Grunde deines Herzens gewusst.
Die Beförderung zum Lieutenant Commander war da für Sunfrost gerade recht gekommen.
Schon als Lieutenant hatte sie die Chance, an Bord eines Leichten Kreuzers zu kommen, abgelehnt, um in Tonys Nähe bleiben zu können.
Aber jetzt hielt sie nichts mehr im Sol-System.
„Wir bekommen ein Identifizierungssignal der Raumkontrolle“, meldete der für Funk und Ortung zuständige Offizier. Sein Name war Lieutenant Frank Nyborg, ein großer Blonder mit kurz geschorenen Haaren.
„Antworten Sie mit der Routineprozedur, Lieutenant“, befahl Sunfrost.
„Aye, aye!“, bestätigte Nyborg.
„Außerdem rufen Sie bitte den Captain auf die Brücke.“
„In Ordnung.“
„Man hätte gleich eine ganze Flottille schicken sollen, anstatt nur ein einziges Kriegsschiff“, lautete der etwas missmutige Kommentar von Lieutenant Tarik Astanov, dem Waffenoffizier.
„Offenbar hat man im Oberkommando auf eine Deeskalationsstrategie gesetzt“, lautete Sunfrosts Antwort. Das glaubst du ja nicht einmal selbst!, meldete sich ein kritischer Geist in ihrem Hinterkopf.
Astanov, ein gedrungen wirkender Mann mit hohen Wangenknochen und leuchtend grünen Augen, lächelte verhalten.
„Das ist die offizielle Position des Oberkommandos. Aber ich mache mir so meine eigenen Gedanken.“
„Und die wären?“
„Es besteht dauernd die Gefahr, dass die Humanen Welten in den Konflikt zwischen K'aradan und Fulirr hineingezogen werden. Da zieht man so viele Einheiten ab, wie nur möglich, um die Lage zu stabilisieren.“
„Möglich, dass Sie Recht haben. Aber das sollte uns nicht daran hindern, unseren Auftrag so gut wie möglich zu erfüllen. Das erwartet der Captain von Ihnen – und ich ebenfalls.“
„Es war nicht meine Absicht, das in Zweifel zu ziehen“, erwiderte Astanov.
„Das freut mich zu hören.“
Wird mich nachher wieder jemand hinter meinem Rücken Eisbiest nennen?, überlegte sie. Es sollte dir langsam gleichgültig sein...
Mit einiger Verspätung betrat Commander Theo Tulane die Brücke. Das dunkle Haar stand etwas länger auf dem Kragen der Uniformjacke, als dies eigentlich dem ästhetischen Ideal eines Space Army Corps entsprach. Tulane war im New Hope-System am Rande des Niemandslandes geboren worden. In den Jahren vor der Gründung des Space Army Corps war er Pilot auf bewaffneten Frachtern der New Hope Company gewesen, später Kommandant eines Schiffes der New Hope Force, einer Raumflotte, die von der Lokalregierung des Systems aufgestellt worden war, weil der Humane Rat sich langer Zeit nicht dazu entschließen konnte, endlich eine bewaffnete Kriegsflotte aufzustellen, die Kolonien vor Überfällen und bewaffneten Aggressionen von außen schützte.
Die New Hope Force war schließlich in das Space Army Corps integriert worden. Und nach Einführung der neuen, wendigen Scout-Klasse hatte auch Theo Tulane ein entsprechendes Kommando bekommen.
Tulane hatte die Space Army Corps Akademie auf Ganymed nie von innen gesehen. Dementsprechend respektlos war mitunter sein Verhalten Vorgesetzten gegenüber, die er überwiegend für praxisferne Theoretiker und Simulationsstrategen hielt. Tatsächlich brachte er mehr Erfahrung im All mit, als die meisten anderen Space Army Corps Offiziere dies von sich behaupten konnten.
Schon deswegen galt Tulane als nahezu unantastbar. Der Mangel an guten Raumkommandanten war einfach zu groß und es wäre schlicht und ergreifend sehr schwer gewesen, ihn zu ersetzen. So arrangierte sich das Space Army Corps mit dem Nonkonformisten Tulane und umgekehrt dieser mit der in seinen Augen starren und teilweise betriebsblinden Hierarchie der Raumstreitkräfte.
Nach Rena Sunfrosts Eindruck waren beide Seiten dabei nicht unbedingt schlecht gefahren.
An einer Karriere und den Aufstieg in irgendwelche Stabsränge schien er nicht interessiert zu sein, was ihm eine innerliche Unabhängigkeit gab, die für manchen Vorgesetzten schwer zu ertragen war.
„Achtung! Captain auf der Brücke!“, meldete Rena Sunfrost und nahm Haltung an.
Theo Tulane erwiderte den militärischen Gruß nachlässig und mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
„Rühren und weitermachen, I.O.“
„Ja, Sir.“
Lieutenant Nyborg meldete sich jetzt zu Wort. „Wir erhalten eine Transmission des Olvanorer-Camps auf Dambanor II.“
„Auf den Schirm damit!“, verlangte Tulane.
„Der Funkkanal ist frei und mit dem Videosignal synchronisiert, Captain. Sie können sprechen, sobald das Bild zu sehen ist.“
„Danke, Mister Nyborg.“
Auf dem Panorama-Schirm verschwand das Bild der Sonne Dambanor. Stattdessen erschienen Gesicht und Oberkörper eines Mannes, der eine dunkle Kutte trug.
„Hier spricht Commander Theo Tulane, Captain des Leichten Kreuzers SURVIVOR. Ich freue mich, Sie bei dieser Gelegenheit begrüßen zu dürfen.“
„Ich bin Bruder Theramenes, der Leiter des Olvanorer-Forschungscamps auf Dambanor II. Ich muss sagen, es hat lange gedauert, bis der Humane Rat und das Oberkommando des Space Army Corps die Probleme im Dambanor-System wahrgenommen haben, aber anscheinend ist man nun gewillt, etwas zu unternehmen.“
„Das ist richtig, Bruder Theramenes. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mit umfassenden Handlungsvollmachten versehen wurde.“ Ein Lächeln glitt über Tulanes Gesicht und verlieh seinem ansonsten recht kantigen Gesicht eine fast weiche Note. „Ihre Worte klingen fast so, als wünschten Sie sich eine militärische Intervention.“
„Wie Sie wissen ist unser Wissenschaftler-Orden gegen jede Gewaltanwendung und befolgt außerdem das Prinzip strikter Neutralität.“
Tulanes Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. „Okay, Sie haben mir gesagt, was Sie wahrscheinlich sagen mussten und bei solchen Gelegenheiten immer zum Besten geben. Ich freue mich aber trotzdem auf die Zusammenarbeit mit Ihnen, Bruder Theramenes. Und um ehrlich zu sein, wir sind auf Ihre Lageeinschätzung der lokalen Verhältnisse auch dringend angewiesen.“
„Ich übersende Ihnen mit dieser Transmission einen Datenstrom, der Ihnen detaillierte Information über die gegenwärtige Lage vermittelt. Vermutlich stehen Sie vor schwierigen Verhandlungen stehen.“
„Das befürchte ich auch“, bekannte Tulane. „Wobei Sie mir in so fern sehr optimistisch zu sein scheinen, als es nach meiner Ansicht noch gar nicht fest steht, ob es überhaupt zu Verhandlungen kommen wird…“
„Wenn Sie möchten, entsenden wir einen diplomatischen Berater, der Ihnen in dieser Hinsicht für die Dauer Ihres Einsatzes im Dambanor-System zur Seite steht und Sie darüber hinaus auch jederzeit mit detaillierten Lageinformationen versorgen kann.“
„Dieses Angebot nehme ich gerne an“, bekannte Tulane. „Das diplomatische Geschick der Christopher ist ja geradezu sprichwörtlich.“
„Ihr Berater wird Bruder Sabanos sein. Da ich annehme, dass Sie bereits während Ihrer Bremsphase von den anderen relevanten Interessengruppen im Dambanor-System angefunkt werden und vielleicht sogar schon gezwungen sind, Entscheidungen zu treffen, deren Reichweite Sie kaum abschätzen können, wird sich Bruder Sabanos umgehend auf den Weg machen.“
„Haben Sie ein Shuttle in Ihrem Camp?“, fragte Tulane.
„Nicht nur eins, Commander. Und im Gegensatz zu den Raumbooten der lokalen Raumverteidigung sind unsere Shuttles sogar mit einem Sandström-Aggregat ausgestattet. Bruder Sabanos wird innerhalb einer Viertelstunde starten.“
„Wir übersenden Ihnen die Rendezvous-Koordinaten.“
„Danke. Sollte es in nächster Zeit noch etwas zu besprechen geben, so kontaktieren Sie mich bitte umgehend. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, Commander Tulane.“
Wenig später unterbrach Bruder Theramenes den Kontakt zur SURVIVOR: Auf dem Panorama-Schirm waren wieder funkelnde Sterne und das immer größerer werdende Zentralgestirn des D Dambanor-Systems zu sehen.
„Berechnen Sie einen Rendezvouspunkt für das Olvanorer-Shuttle“, verlangte Tulane vom Ruderoffizier.
„Schon geschehen, Sir“, meldete Lieutenant Enarom. „Bruder Sabanos wird in genau fünf Stunden an Bord kommen, falls er sich an unsere Kursvorgaben hält. Danach brauchen wir noch fast drei Stunden bis ins Orbit von Planet II.“
Tulane nickte leicht. „Ich möchte eine Konferenz der Offiziere und der Teilnehmer des Außenteams für diesen Zeitpunkt einberufen“, erklärte er. Dann wandte er sich an Sunfrost. „Sie werden das Außenteam leiten, I.O. Stellen Sie es sich so zusammen, wie es Ihnen passend erscheint, nur nehmen Sie mir den Waffenoffizier nicht mit, da die Wahrscheinlichkeit durchaus gegeben ist, dass wir in Gefechte verwickelt werden.“
„Aye, aye, Sir!“, beeilte sich Sunfrost.
„Noch etwas: Vor zehn Jahren hatte der Leichte Kreuzer STERNENKRIEGER unter Commander Willard J. Reilly hier eine Mission zu erfüllen.“
„Davon habe ich gehört“, bekannte Sunfrost.
„Vor Antritt der Reise habe ich einen Datenträger mit dem damaligen Logbuch der STERNENKRIEGER bekommen. Die Daten sind verschlüsselt. Sie lassen sich erst jetzt - nach unserem Austritt aus dem Sandströmraum – ablesen, wenn wir beide unsere Autorisationscodes eingeben.“
Sunfrost hob die Augenbrauen.
„So geheim?“
„Ja, das hat mich auch stutzig gemacht, I.O. Aber lassen Sie uns keine Zeit verlieren. Wir sollten uns das Material ansehen.“
„Ja, Sir.“
Tulane wandte sich in Richtung des Ruderoffiziers. „Mister Enarom?“
„Captain?“
„Sie übernehmen das Kommando. Lassen Sie sich beim Anflug auf Dambanor II von Fähnrich Mandagor vertreten.“
„So weit ich weiß, hat Fähnrich Mandagor noch nie ein Kriegsschiff gesteuert“, wandte Lieutenant Enarom ein.
„Er hat allerdings lange genug im Simulator trainiert, Mister Enarom. Davon abgesehen ist der Flug nach Dambanor II eine Routineaufgabe, wie Sie sicher zugeben werden.“
„Sicher.“
„Etwas, das kein besonderes fliegerisches Können verlangt. Sollte sich die Lage durch das Auftauchen fremder Schiffe verschärfen, können Sie Mandagor ja jederzeit die Steuerung abnehmen und selbst in das Geschehen eingreifen.“
Lieutenant Enarom atmete tief durch. Es war ihm anzumerken, dass er mit der Entscheidung seines Captains nicht einverstanden war, aber er unterdrückte jeden bissigen Kommentar, der ihm vielleicht auf der Zunge lag.
Rena Sunfrost kannte Enarom inzwischen längst gut genug, um beurteilen zu können, was der eigentliche Grund für Spannungen war, die manchmal zwischen ihm und seinem Captain sichtbar wurden.
Er kann es einfach nicht ertragen, dass ein Musterschüler der Ganymed-Akademie von einem ehemaligen Frachtfahrer Befehle annehmen soll, überlegte Rena. Aber das wird er wohl akzeptieren müssen, wenn er im Space Army Corps auf Dauer glücklich werden will. Dazu gibt es nämlich viel zu viele Seiteneinsteiger, die ihr Handwerk nicht von der Pike auf gelernt haben, wie es eigentlich wünschenswert wäre.
Sunfrost und Tulane begaben sich in den Raum des Captains, der gleichzeitig als Konferenzraum für die Lagebesprechungen der Offiziere diente.
Ein Positionsanzeiger in Pseudo-3-D-Qualität veranschaulichte die astronomischen Gegebenheiten im Dambanor-System.
Das System war kein eigenständiges und im Humanen Rat stimmberechtigtes Mitglied der Humanen Welten, sondern ein Bundesterritorium.
Es gab drei Planeten. Dambanor I war eine heiße, vulkanisch recht aktive Welt, die seit den Ereignissen nach der Schlacht um Triple Sun im Jahre 2236 den flüchtenden Xabo zur Verfügung gestellt worden war.
Die ersten Menschen waren bereits um das Jahr 2150 im Dambanor-System angekommen – noch mit primitiven Vorformen des modernen Sandström-Antriebs ausgestattet. Auf allen drei Planeten hatte man Siedlungen errichtet und das System war lange Zeit fast völlig auf sich allein gestellt gewesen. Erst die Einführung des Sandström-Raumantriebs hatte dafür gesorgt, dass es wieder Anschluss an den von Menschen besiedelten Raumsektor gewann. Die Niederlassungen auf Dambanor I waren zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben worden. Die Hoffnungen auf Rohstoffe hatten sich einfach nicht erfüllt.
Kleinere Bergwerkssiedlungen existierten bis heute auf dem marsähnlichen dritten Planeten des Dambanor-Systems. Zusammengenommen lebten aber gerade 50 000 Menschen dort. Zwar gab es keine Sauerstoffatmosphäre, aber der Handel mit einigen Mineralien, die die für die Weltraumtechnik wichtig waren, hatte die Siedlungen auf Nummer III bis heute erhalten.
Der Großteil der Dambanor-Siedler lebte jedoch auf Nummer II. Sie hatten sich auf der klimatisch angenehmen Nordinsel niedergelassen. Jeweils eine Viertelmillion Einwohner hatten Island City und Port Dambanor, die beiden größten Siedlungen.
Als die ersten Siedler unter der Führung eines Raumkapitäns namens Charles Dambanor das System erreichten, störte man sich nicht weiter daran, dass es bereits eine intelligente Spezies auf Dambanor II gab, deren Entwicklungsstufe in etwa der irdischen Renaissance entsprach. Man vertrieb die echsenartigen, etwa einen Meter großen Eingeborenen kurzerhand von der Nordinsel, überließ ihnen den Rest des Planeten und begann nach und nach Handel mit ihnen zu treiben.
„Mit dem Entwicklungsrecht fremder Völker ist man damals nicht gerade zimperlich umgegangen“, stellte Tulane fest. „Und als Dambanor schließlich Bundesterritorium der Humanen Welten wurde, waren Fakten gesetzt worden, die nicht einfach wieder rückgängig zu machen waren.“
„Man hätte damals vielleicht die Lage nicht dadurch verkomplizieren sollen, dass man die Xabo hier ansiedelte“, warf Rena Sunfrost ein.
Tulane zuckte mit den Schultern.
„Dambanor I – heute Neu Xaboa – war frei. Niemand interessierte sich für diese Welt und für die Führung der Humanen Welten bot sich wohl die Möglichkeit, an ihrer Grenze ein Bollwerk gegen die Qriid zu errichten.“
„So wie das Römische Reich die Goten an seiner Grenze ansiedelte.“
Theo Tulane lächelte. „Lernt man so etwas auf der Ganymed-Akademie?“
„Ich interessiere mich für Militärgeschichte.“
„Ich stamme aus dem New Hope-System. Da interessiert sich niemand besonders für das Römische Reich oder anderes antikes Zeug.“
„Vielleicht ein Fehler.“
„Inwiefern?“
„Weil die Führung der Humanen Welten etwas versucht hat, was schon in der Vergangenheit nicht funktionierte. Man hätte daraus lernen können…“
„Dazu ist es zu spät. Aber wenn wir nach den Angaben in den Logbüchern der STERNENKRIEGER gehen, dann waren es die Xabo, die unbedingt im Dambanor-System angesiedelt werden wollten.“
„Über die wahren Hintergründe der Krise wurde nie etwas bekannt…“
„Ich möchte zu gerne wissen, wer damals die Strippen gezogen hat“, meinte Tulane.
Rena tippte auf den Sensorfeldern eines in den Konferenztisch eingelassenen Touchscreens herum, wodurch der Zoomfaktor der Systemübersicht verändert wurde.
Der Focus war jetzt auf Dambanor II ausgerichtet.
Die Zahl der Monde fiel als Erstes ins Auge. Es waren insgesamt sechs. Die Dambanor-Siedler hatten sie allesamt mit Stationen und Verteidigungsanlagen besetzt. Da keiner dieser Monde eine Atmosphäre besaß, ließen sich von dort aus auch Gauss-Geschütze abfeuern.
Außerdem befanden sich da die Hangars für die Raumboote der lokalen Systemverteidigung. Eigentlich wäre es ausschließlich Sache des Space Army Corps gewesen die Verteidigung zu gewährleisten, da Dambanor ja ein Bundesterritorium war. Aber sowohl das Oberkommando als auch der Humane Rat waren ganz froh darüber, dass die Dambanor-Siedler aus der Zeit, in der sie auf sich allein gestellt gewesen waren, über eine recht schlagkräftige Systemverteidigung verfügten.
In den Daten des STERNENKRIEGER-Logbuchs gab es eine Simulation, die von Bruder Padraig erstellt worden war. Der wissenschaftliche Berater hatte dabei zu ermitteln versucht, wie es zu den exzentrischen Bahnen der Dambanor-Monde gekommen war.
Den Mythen der Eingeborenen nach hatte es einst einen siebten Mond gegeben, der vor etwa zweieinhalb tausend Jahren vom Himmel gestürzt war.
An den Mythen schien etwas dran zu sein.
Jedenfalls war Bruder Padraig zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ursprünglich sieben Monde um Dambanor II gedreht haben mussten.
„Es muss einen Grund geben, weshalb die Xabo auf einmal Anspruch auf das gesamte System erheben“, meinte Tulane.
In diesem Augenblick meldete sich die Brücke über Interkom.
„Hier Enarom! Mehrere Schiffe der Xabo befinden sich auf einem Abfangkurs.“
„Versuchen Sie Kontakt aufzunehmen und fordern Sie eine Erklärung“, befahl Tulane.
„Kontaktaufnahme wird verweigert. Die andere Seite bestätigt nicht einmal unser ID-Signal. Soll Lieutenant Wu eine Verbindung zum Oberkommando herstellen?“
Tulane wandte sich an Sunfrost. „Ihre Einschätzung, I.O.?“
Das erste Mal, dass er nach meiner Meinung fragt!, dachte Sunfrost. Ist das jetzt ein Anerkenntnis meiner Leistung oder eine wenig subtile Form der Testung?
„Ich denke, dass es einerseits wichtig ist, Rückendeckung von oben zu haben.“
„Und andererseits?“
Er wird mir nicht gestatten, dass ich ausweiche!, erkannte Sunfrost. Es ist also doch ein Test. Er will, dass ich Farbe bekenne. Es kommt ihm wohl gar nicht so sehr darauf an, was ich sage, sondern darauf, ob ich mich festlegen kann – was von jedem Kommandanten verlangt wird. Nur das ich nicht der Kommandant bin…
Rena zögerte einen Moment.
Tulanes ruhiger Blick musterte sie eingehend.
„Ich denke, dass die andere Seite unsere Nerven testen möchte“, erklärte sie schließlich. „Wenn Sie jetzt ein verschlüsseltes Sandström-Signal absenden, wissen die Xabo, dass Sie sich beim Oberkommando rückversichern wollen und sich Ihrer Sache unsicher sind. Und nach allem, was ich auf der Akademie über die Xabo gelernt habe, ist das demonstrieren von Dominanz bei denen ein sehr wichtiger Punkt.“
Tulane nickte. Er wandte sich dem kleinen Nebenbildschirm zu, auf dem Enaroms Gesicht zu sehen war.
„Kein Funkkontakt zum Oberkommando!“, befahl er.
„Wie Sie meinen, Sir.“
„Bis auf weiteres wird auch kein Gefechtsalarm gegeben. Das sparen wir uns für den Fall auf, dass wir tatsächlich attackiert werden.“
„Aye, aye.“
Die Verbindung wurde unterbrochen.
„Ich hoffe, Sie behalten Recht, Sunfrost“, sagte Tulane.
Ein Shuttle startete von der Oberfläche des zweiten Planeten und flog in einem Bogenkurs der STERNENKRIEGER entgegen. An der Rendezvous-Position gingen dann beide Schiffe auf einen synchronisierten Parallelkurs. Das Shuttle dockte an und Bruder Sabanos wechselte zur STERNENKRIEGER über. Anschließend flogen beide Schiffe weiter Richtung Dambanor II.
Sunfrost wurde abkommandiert, um Bruder Sabanos zu begrüßen.
Sie hatte schon viel von dem geheimnisumwitterten Wissenschaftler-Orden gehört, der 2204 durch Abt Mombo Uruwo gegründet worden war und sich der friedlichen Erforschung des Weltraums verschrieben hatte.
Aber es war das erste Mal, dass sie einem dieser legendären Forscher-Mönche tatsächlich begegnete, deren Stammsitz das Kloster Saint Arran auf Sirius III war. Mit der sogenannten Brüderschule verfügten sie über die anerkanntermaßen beste Universität der Humanen Welten, der allenfalls von der Akademie des Far Galaxy Konzerns auf Sedna noch Konkurrenz erwuchs.
„Herzlich willkommen an Bord, Bruder Sabanos“, sagte Sunfrost, nachdem sie sich vorgestellt hatte. „Wir sind sehr froh, dass Sie uns bis dieser Mission unterstützen werden.“
„Ich danke Ihnen.“
„Für die Dauer Ihres Aufenthalts wird unser L.I. Lieutenant Montalbán seine Kabine für Sie räumen.“
„Ich möchte keine Umstände machen.“
„Nun, das lässt sich nicht vermeiden. Wir sind inklusive der Marines-Truppe, die an Bord stationiert ist, 126 Personen an Bord der SURVIVOR. Da ist jeder Quadratzentimeter auf irgendeine Weise genutzt.“
Bruder Sabanos hielt Renas Hand einen Augenblick länger als nötig.
„Machen Sie sich keine Sorgen darüber, ob Sie Ihrer Aufgabe gewachsen sind“, riet er ihr.
Rena war vollkommen perplex.
Konnte dieser Mann Gedanken lesen? Man sagte den Olvanorern ein geradezu phänomenales Einfühlungsvermögen nach, dessen Ursache in dem besonderen Training gesehen wurde, dass die Mönche absolvierten.
Eine geistige Schulung, die hinter den Mauern des Klosters Saint Arran verborgen blieb.
Nie hatte einer der Brüder darüber öffentlich gesprochen, was die Spekulationen, die hier und da durch die Medien geisterten, nur noch mehr anheizte.
Rena fühlte einen Kloß im Hals. Sie war unfähig, auch nur einen einzigen Laut hervorzubringen. Er hat genau ins Schwarze getroffen!, ging es ihr durch den Kopf. Das Problem, das sie im Moment umtrieb, hatte Bruder Sabanos offenbar instinktiv erkannt. Und ich dachte, ich hätte alles gut unter Kontrolle. Was war es, das mich verraten hat? Ein Gesichtsausdruck, der für Sekunden vielleicht mehr verriet als er hätte verraten dürfen?
Rena hatte immer die Beste sein wollen. Immerhin hatte sie die Akademie auf Ganymed mit Auszeichnung bestanden und auch in ihrer Zeit als Fähnrich im Stab von Admiral Müller hatte sie sich nach Kräften hervorgetan. Dasselbe galt natürlich beim Antritt ihres ersten Kommandos auf einem Raumboot. Jetzt, da Sie zum ersten Mal Offizier an Bord eines Überlichtschiffes war, hängte sie sich schon deswegen voll in ihre Aufgabe hinein, weil es ihr half, über die Tatsache hinwegzukommen, dass sie Tony Morton sehr vermisste.
Alles lockerer sehen? Ist das die Botschaft, die dieser Mann Gottes mir übermitteln wollte?Vielleicht ist das nicht gerade der passende Ratschlag für den Ersten Offizier an Bord eines Space Army Corps Schiffes, der für den reibungslosen Ablauf an Bord zu sorgen hat und noch über sehr wenig Erfahrung dabei verfügt…
„Ich sehe, dass meine Worte Sie in Verwirrung gestürzt haben. Das war nicht meine Absicht.“
„Keine Sorge, Bruder Sabanos.“
Das Gedankenchaos, das sich in ihrem Inneren manifestiert hatte, begann sich langsam aufzulösen.
Ein Großteil dessen, was da kaleidoskopartig aufblitzte, versuchte sie schlicht und ergreifend fürs Erste aus ihren Gedanken zu verbannen.
Das war das Beste.
Die Zeiten, in denen der psychologische Prozess der Verdrängung nur negativ beurteilt wurde, waren schließlich vorbei. Die Erkenntnisse über die Mechanismen der menschlichen Seele hatten sich seit den Tagen Siegmund Freuds eben um einige weiterentwickelt.
„Ich schlage vor, wir begeben uns umgehend in den Konferenzraum, wo die Offiziere des Schiffes bereits auf Sie warten“, sagte Sunfrost. „Wir sind sehr gespannt auf Ihre Einschätzung.“
„In Ordnung.“
Sie gingen den Korridor entlang, der sich an den Bereich um die Außenschleuse anschloss.
Rena Sunfrost fühlte sich etwas unbehaglich in Gegenwart dieses Mannes, der einerseits einen fast naiven, unbekümmerten Eindruck machte und andererseits eine so messerscharfe Erkenntnisfähigkeit besaß, dass einem angst und bange werden konnte.
„Ich wolle Ihnen eben nicht zu nahe treten“, versicherte Bruder Sabanos. „Sehen Sie, das Camp auf Dambanor II existiert seit 11 Jahren – und genauso lange lebe ich dort bereits. Und das bedeutet leider, dass man fast nur Kontakt zu den Mitbrüdern hat, die natürlich dieselbe Schulung durchlaufen haben und deswegen anders reagieren, wenn man ihnen einfach sagt, was doch offensichtlich ist.“
Was soll das denn jetzt? Hält er mich für ein unmündiges Kind, dem man nicht alles zumuten kann, was man zu erkennen glaubt? Jemand, dem man unangenehme Wahrheiten vorenthalten sollte? Genau in diese Richtung schienen die Worte des Olvanorers zu gehen. Wie ich diese Rücksichtname hasse! Du kannst froh sein, dass ich es nicht bin, zu dem du diplomatischen Kontakt aufnehmen musst, denn ich wäre durch diese falsche Rücksichtnahme schon so sauer, dass ich wohl kaum noch in der Lage wäre, sachlich auf irgendwelche Vorschläge zu reagieren.
Rena reagierte kühl.
Wie das sprichwörtliche Eisbiest, das manche Besatzungsmitglieder der SURVIVOR in ihr sahen.
„Es ist keineswegs notwendig, dass Sie mich schonen, Bruder Sabanos. Wenn Sie glauben, sich äußern zu müssen, dann tun Sie das bitte.“
„Wie Sie meinen, Lieutenant Commander Sunfrost.“
„Schließlich bin ich Raumsoldatin und man hätte mich auf der Space Army Corps Akademie auf Ganymed nicht angenommen, wenn ich den Test zur psychischen Stabilität nicht bestanden hätte.“
„Dann haben wir ja etwas gemeinsam“, sagte er. „Wir Olvanorer werden nämlich auch sehr eingehend beobachtet, bevor man uns den Beitritt zum Orden gestattet.“
Einige Augenblicke schwiegen sie.
Dann fragte Rena: „Sie erwähnten gerade, dass Sie fast ausschließlich Kontakt zu Ihren Ordensbrüdern hätten.“
„Das ist richtig – abgesehen natürlich von den Kontakten zu den Gheroor.“
„Bitte?“
„So nennen die Dambanorianer sich selbst.“
„Es soll auch menschliche Siedler auf Nummer II geben – abgesehen von Ihren Olvanorer Brüdern natürlich.“
Bruder Sabanos nickte. „Richtig und sie sind leider ein wesentlicher Teil des Problems.“
„Inzwischen gibt es Bundesgesetze, die in der Regel verhindern, dass ein Planet auf dem bereits eine intelligente Spezies existiert, durch menschliche Kolonisten besiedelt wird, weil das immer nur Konflikte nach sich zieht.“
„Ja, aber die ersten Menschen landeten auf Dambanor, bevor es diese Gesetze gab.“ Bruder Sabanos seufzte. „Aber die gegenwärtige Zuspitzung der Situation hat ihre Ursache vor zehn Jahren.“
„Man hätte den Xabo nicht Dambanor I überlassen dürfen“, stellte Sunfrost fest.
Bruder Sabanos hob die Augenbrauen. „Ah, ich sehe, Sie sind gut informiert.“
„Ich habe mir die Logbücher des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER zu Gemüte geführt, der hier seinerzeit operierte. Die Daten waren bis jetzt der Geheimhaltung unterworfen.“
„Und das mit gutem Grund“, erwiderte Bruder Sabanos. „Ja, an Commander Reilly und die STERNENKRIEGER kann ich mich noch gut erinnern…“
In diesem Moment ertönte ein Alarmsignal.
„Was bedeutet das?“, fragte der Olvanorer.
„Das ist Gefechtsalarm!“, gab Sunfrost Auskunft. „Ich fürchte, unsere Lagebesprechung werden wir verschieben müssen. Wir werden nämlich angegriffen!“
Jahr 2236, System Triple Sun 2244
Wie Billardkugeln waren die Planeten des Triple Sun-System durcheinander geraten, angestoßen von der enormen Kraft eines instabilen Black Hole, in dass sich der Große Quader verwandelt hatte, jenes Artefakt einer bisher unbekannten und rätselhaften außerirdischen Rasse, die vor Äonen weite Teile der Galaxis herrscht haben musste und auch unter dem Namen die Erhabenen bekannt war.
Andere nannten sie Herren der Herren.
Die Explosion dieses Artefakts, ausgelöst durch einen Selbstzerstörungsmechanismus, hatte dafür gesorgt, dass die Schlacht um das Triple Sun-System zu Gunsten der Verteidiger ausgegangen war.
Die Flotte der Qriid hatte sich zurückgezogen, soweit ihre Schiffe dazu noch in der Lage gewesen waren.
Commander Willard J. Reilly, Kommandant des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER im Dienst des Space Army Corps blickte kurz zum Panorama-Bildschirm hinüber.
Das eigentlich erschütternde war jedoch der Anblick der Positionsübersicht, die im linken Drittel des Schirms eingeblendet wurde. Sie bot eine Pseudo-3-D-Qualität und zeigte auf dramatische Weise die Auswirkungen, die die Entstehung des Black Hole hatte, das im Übrigen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch eine ganze Weile existieren und mit seinen enormen Gravitationskräften die Materie des Systems in sich hineinsaugen würde.
Bruder Padraig, ein Olvanorer, der als wissenschaftlicher Berater an Bord der STERNENKRIEGER tätig war, hatte im Kontrollraum D des Maschinentrakts ein provisorisches Labor eingerichtet. Zusammen mit Fähnrich Robert Ukasi und Lieutenant Morton Gorescu, dem Leitenden Ingenieur der STERNENKRIEGER, führte er dort Berechnungen durch, mit deren Hilfe sich die zukünftige Entwicklung des Systems absehen ließ.
Diese Berechnungen waren sowohl den Xabo als auch den Pshagir zugänglich gemacht worden, sodass die beide derzeit im System Triple Sun 2244 siedelnden Völker entscheiden konnten, was sie tun sollten.
Es gibt objektiv betrachtetet keine Zukunft hier!, dachte Commander Reilly. D ie Qriid werden zurückkehren und zum tödlichen Schlag ausholen. Und es ist fraglich, ob sich dann sowohl die Xabo als auch de Pshagir noch einmal davon erholen können…
Beide Völker waren Flüchtlinge.
Geflohen vor dem Expansionsdrang der Qriid, die diesen Sektor der Galaxis mit ihrem religiös motivierten Heiligen Krieg überzogen.
Das sogenannte Niemandsland zwischen dem Territorium der Humanen Welten und dem Heiligen Imperium, wie die Qriid ihr Staatsgebilde zu nennen pflegten, wurde ständig schmaler. Immer wieder wurde ein weiters System dem Großreich der vogelartigen Invasoren einverleibt.
Und es gab keine Macht, die dazu in der Lage gewesen wäre, sich diesem eroberungswütigen Reich entgegenzustellen. Viele Systeme des Niemandslandes hatten noch nicht einmal eine eigenständige interstellare Raumfahrt entwickelt. Andere Staatsgebilde beschränkten sich auf den Einfluss über lediglich ein einziges System und waren gerade dabei, die ersten Schritte in die Weiten des Weltalls zu unternehmen.
Dieser blutigen Flut waren sie ebenso wenig gewachsen, wie die Flüchtlinge, die es geschafft hatten, vor der Einverleibung ins Heilige Imperium zu fliehen, um dann irgendwo eine neue Rückzugsbasis zu errichten.
Schon den arachnoiden Wsssarrr, denen Commander Reilly und seine Crew vor zwei Jahren begegnet waren, war das nicht gut bekommen. Was genau mit ihnen damals geschehen war, wusste niemand genau. Jedenfalls stand fest, dass ihr vorübergehender Rückzugsort, das Spider-System, inzwischen Teil des Imperiums war. Einigen ihrer Raumschiffe musste die Flucht gelungen sein, denn die STERNENKRIEGER war erst vor kurzem einigen von ihnen begegnet.
Aber es konnten allenfalls kümmerliche Reste ihres Volkes sein, denen es gelungen war, irgendwo einen neuen Rückzugsort zu finden.
Und Ähnliches galt auch für die geflügelten Gorillas ähnelnden Xabo, die den politischen Mord als einzig legitime Methode des Machtwechsels ansahen sowie die dreiarmigen Pshagir, über die man auf Seiten der Humanen Welten nur sehr wenig wusste.
Eine Gruppe von Kriegern und Wissenschaftlern aus den Reihen dieses – zumindest physisch - außergewöhnlich widerstandsfähigen Volkes war zusammen mit Admiral Gregor Raimondo und Lieutenant Commander Brabak Gossan aus dem Inneren des Großen Quader evakuiert worden, bevor dieser explodierte.
Jetzt befand sich die STERNENKRIEGER auf dem Weg zu einem Rendezvous-Punkt, um die Pshagir an ihre eigenen Leute zu übergeben.
„Wir erreichen den Rendezvous-Punkt in genau anderthalb Stunden“, meldete Clifford Ramirez, der Ruderoffizier. „Die Geschwindigkeit beträgt 0,12 LG.“
„Was ist mit dem Black Hole?“, fragte Commander Reilly an Jessica Wu gerichtet. Sie war der für Ortung und Kommunikation zuständige Brückenoffizier.
„Die Werte sind verwirrend, Captain. Da im Moment nicht einmal Bruder Padraig eine Vorhersage wagt, möchte ich das auch nicht tun“, erklärte Wu. „Mir scheint aber, dass wir mit einem schnellen Kollaps eher nicht rechnen können. Dazu hat das Black Hole einfach schon zuviel Masse aufgenommen.“
„Können Sie einen Kontakt zur Regierung auf Xaboa herstellen?“, fragte Reilly.
„Das versuche ich schon die ganze Zeit, Sir.“
„Und?“
„Dort scheint man gerade damit beschäftigt zu sein, festzustellen, wer zum neuen Alpha-Dominanten avanciert.“
„Ich dachte, der hätte erst vor wenigen Stunden gewechselt!“, mischte sich Waffenoffizier Lieutenant Chip Barus ein.
Jessica Wu drehte sich zu ihm um. „Die Verhältnisse scheinen ungeklärt zu sein. Im Moment ist dort jedenfalls niemand bereit, eine Stellungnahme abzugeben.“
„Nicht zu fassen“, murmelte Thorbjörn Soldo, der Erste Offizier. „Die haben doch tatsächlich nichts anderes zu tun, als um die Macht zu kämpfen! Gerade jetzt!“
Reilly zuckte mit den Schultern. „Andere Völker würden vielleicht darüber abstimmen, was der richtige Weg für die Zukunft ist, aber die Xabo gehen davon aus, dass sich die Meinung des Stärksten durchsetzen sollte.“
In diesem Moment öffnete sich eine Schiebetür und Admiral Raimondo betrat die Brücke der STERNENKRIEGER.
In seinem Schlepptau befand sich Lieutenant Commander Gossan, der ehemalige Erste Offizier des Zerstörers MERRITT.
Raimondo und Gossan waren die einzigen Überlebenden, die den Abschuss des Zerstörers durch die Qriid überlebt hatten.
Auf einem Mond, der innerhalb eines Gasriesen seine Bahn zog, waren sie auf in quaderförmiges Artefakt gestoßen, das jenem ähnelte, dass sich im Triple Sun-System später in ein Black Hole verwandelte. Mit Hilfe einer Transmitterverbindung, über deren Funktionsweise nicht das Geringste bekannt war, waren Raimondo und Gossan an Bord des Großen Quaders gelangt.
Der kleine Quader im nur wenige Lichtjahre entfernten Rendezvous-System war nach wie vor unversehrt.
Zumindest gab es keinerlei Messergebnisse, die etwas Gegenteiliges hätte feststellen können.
„Wir haben noch keinen Kontakt mit der Xabo-Regierung“, berichtete Commander Reilly. „Wahrscheinlich herrscht dort gerade ein Interregnum.“
„Commander, ich möchte, dass Sie unseren Flug verzögern.“
„Wir müssen einen Rendezvous-Punkt mit einem Pshagir-Schiff erreichen!“, hielt Reilly dem Admiral entgegen.
„Ja, das mag sein. Aber ich brauche mehr Zeit, um mit den beiden Wissenschaftlern zu sprechen, die wir im Inneren des Großen Quaders getroffen haben. Ich habe außerdem Bruder Padraig um Unterstützung gebeten. Sie wissen ja vom sprichwörtliche Einfühlungsvermögen der Olvanorer.“
„Allerdings.“
„Nachdem wir das Treffen mit den Pshagir hinter uns haben, werden wir das System verlassen.“
„Was wird unser Ziel sein, Admiral?“
Ein mattes, verhaltenes Lächeln spielte um seine dünnen Lippen. Die Strapazen der letzten Zeit waren nicht spurlos an dem jüngsten Admiral in der Geschichte des Space Army Corps vorübergegangen. Nur mit knapper Not waren er und Gossan nach dem Ende der MERRIT mit dem Leben davongekommen.
„Ich möchte, dass wir den zweiten Quader im Rendezvous-System genauer unter die Lupe nehmen.“
„Wird man nicht erwarten, dass wir hier im Triple Sun-System bleiben?“
„Es bleiben genügend Einheiten hier, Commander Reilly. Aber die Untersuchung dieses Artefakts hat absolute Priorität. Welcher Mechanismus letztlich dafür sorgte, dass sich der Große Quader in ein Black Hole verwandelte, wissen wir nicht. Noch nicht. Aber wir müssen mehr darüber herausfinden. Wenn wir es nicht tun, werden andere danach suchen.“
„Die Qriid?“
„Warum nicht! Ich nehme an, dass auch die Qriid in der Lage sind, fünfdimensionale Resonanzen zu orten.“
Reilly nickte und wandte sich an den Rudergänger der STERNENKRIEGER. „Lieutenant Ramirez, maximalen Bremsschub. Wir wollen den Rendezvous-Punkt mit einer möglichst großen Verzögerung erreichen.“
„Aye, aye, Sir.“
Ich hoffe nur, dass Raimondo der anderen Seite auch einen halbwegs plausiblen Grund dafür nennt!, ging es Reilly durch den Kopf.
Die Stunden gingen dahin. Der Rendezvous-Punkt musste aufgrund des rapiden Geschwindigkeitsverlustes der STERNENKRIEGER mehrfach neu festgelegt werden, was auf Seiten der Pshagir nicht gerade erfreut zur Kenntnis genommen wurde.
Aber Raimondo schien der Ansicht zu sein, dass die Diplomatie in diesem Fall zurückstehen musste.
Großartige Bündnisleistungen waren sowohl von den Pshagir, als auch von den Xabo in Zukunft wohl nicht mehr zu erwarten. Ihre Flotten waren stark dezimiert. In nächster Zeit würden sie sich vor allem damit beschäftigen müssen, ihr eigenes Überleben zu sichern – auf welche Weise auch immer.
Andererseits waren die Humanen Welten auf jeden auch noch so schwachen Verbündeten angewiesen. Denn eins stand fest: Die Qriid verschoben beständig die Grenzen ihres Imperiums in das sogenannte Niemandsland hinein.
Wie eine Lawine rückten sie näher und näher. Jede eroberte Welt wurde umgehend in die Kriegsmaschinerie eingegliedert. Industriekomplexe auf den Eroberten Welten funktionierte man nach Möglichkeit um und selbst die in den Augen der Qriid spirituell minderwertige Bevölkerung der jeweiligen Welten wurde gegebenenfalls als Arbeitskräfte eingesetzt. Vorausgesetzt, das technische Verständnis reichte dazu aus, um Produkte herstellen zu können, die für die Kriegswirtschaft der Qriid wichtig waren.
Zumindest war dies die Essenz, die man aus Millionen von Funkbotschaften und Datentransmissionen gewonnen hatte, die von Schiffen des Space Army Corps bisher abgehört worden waren. Die enorme Expansionsgeschwindigkeit des Imperiums wäre anders auch gar nicht zu erklären gewesen.
Die Gefahr der Überdehnung hatten die Qriid jedenfalls bisher erfolgreich zu vermeiden gewusst, was sie allen Erobern der irdischen Geschichte von Alexander bis Napoleon voraushatten.
Raimondo blieb auf der Brücke. Dasselbe für Gossan.
Die Befragung der pshagirischen Wissenschaftler überließen sie vollständig Bruder Padraig, was wohl seinen Grund darin hatte, dass die Beiden sich bereits die Zähne an den Pshagir ausgebissen hatten.
Dass der Admiral auf der Brücke blieb, dafür hatte Reilly Verständnis, als ranghöherem Offizier und Flottillenkommandant stand ihm dieses Recht auch zu.
Aber dass Gossan auf der Brücke blieb, störte den Kommandanten der STERNENKRIEGER schon ein wenig.
Der ehemalige Erste Offizier der STERNENKRIEGER hatte hier nichts zu suchen. Der Platz war ohnehin schon sehr beengt.
Reilly wechselte einen kurzen Blick mit Thorbjörn Soldo, aber dieser schüttelte nur leicht den Kopf. Mit dem Ersten Offizier verstand sich Reilly blind. Und in diesem Fall entschloss sich der Captain dazu, Soldos unausgesprochener Empfehlung zu folgen und sich nicht über Gossans Anwesenheit zu beschweren.
Raimondo wirkte nervös.
Schließlich traf eine Transmission des Oberkommandos ein. Außerdem Daten und Schadensberichte der anderen im Triple Sun-System operierenden Space Army Corps Einheiten.
Zur Entgegennahme dieser Botschaften stellte Reilly seinem Admiral den an die Brücke angrenzenden Konferenzraum zur Verfügung, der gerade einmal allen Offizieren an Bord der STERNENKRIEGER Platz bot und ansonsten auch noch als Büro des Captains dienen musste.
Raimondo verschwand durch die Nebentür.
„Glauben Sie, wir haben überhaupt eine Chance, an dieses Artefakt heranzukommen?“, wandte sich Reilly an Gossan. „Immerhin soll es sich doch innerhalb der Atmosphäre eines Gasriesen befinden. Der Druck, der dort herrscht…“
„Immerhin haben unsere Rettungskapseln diesem Druck standgehalten“, wandte Gossan ein. „Und bis wir irgendwelches Spezialgerät hier her geliefert bekommen, haben sich längst die Qriid über dieses Artefakt hergemacht. Das Wissen der Erhabenen ist schließlich eine Verlockung, der wohl keine raumfahrende Macht widerstehen könnte.“
„Das stimmt allerdings.“
„Ich messe jetzt Veränderungen in den Gravitationsmesskonstanten des Black Hole“, meldete Lieutenant Wu. Die zierlich gebaute Frau mit den unverkennbar asiatisch geprägten Gesichtszügen ließ die Finger in einem geradezu rasenden Tempo über die Sensorfelder ihres Touch Screens huschen. „Der Mason-Faktor liegt bei 3,57.“