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Dieser Band enthält folgende SF-Romane: Hinter dem Wurmloch (Alfred Bekker) Im Labyrinth der Alten Götter (Luc Bahl) Lennox jenseits der Dämmerung (Lloyd Cooper) Er befand sich schräg über ihr, als sie durch das Blitzen eines Uniformknopfs auf ihn aufmerksam wurde. Rena Sunfrost riss die Waffe hoch und feuerte, ohne zu überlegen. Die wahrhaft unmenschlichen Schmerzensschreie des Getroffenen vermischten sich mit dem satten Aufschlag seines Körpers, dem sie nur durch einen Sprung zur Seite entgehen konnte. Dieser Satz rettete ihr Leben, denn schon war ein neuer Gegner unmittelbar vor ihr aufgetaucht und seine Geschosssalven durchpflügten den schlammigen Boden unmittelbar dort, wo sie nur Bruchteile einer Sekunde zuvor gestanden hatte. Im Abrollen feuerte sie halb blind vor hochspritzendem Dreck in seine Richtung, federte gleichzeitig weiter zur Seite, wobei sie in der Drehung den dritten Gegner links von sich unter Beschuss nahm. Gutturale Geräusche, die ihr durch Mark und Bein gingen, sagten Rena, dass sie auch die beiden anderen Gegner getroffen und wahrscheinlich aufs Widerwärtigste verletzt hatte – aber nicht außer Gefecht gesetzt …
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Science Fiction Dreierband 3054
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Die Mission
Hinter dem Wurmloch
Mission Space Army Corps 28: Im Labyrinth der Alten Götter: Chronik der Sternenkrieger
Übersicht Chronik der Sternenkrieger
Lennox jenseits der Dämmerung
Dieser Band enthält folgende SF-Romane:
Hinter dem Wurmloch (Alfred Bekker)
Im Labyrinth der Alten Götter (Luc Bahl)
Lennox jenseits der Dämmerung (Lloyd Cooper)
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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CHRONIK DER STERNENKRIEGER - die kontinuierlich fortlaufende SF-Serie über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger. Bislang 47 Romane.
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MISSION SPACE ARMY CORPS - Romane aus dem Sternenkrieger Kosmos über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger und anderer Schiffe des Space Army Corps der Humanen Welten in den Weiten der Galaxis. Mehr als 30 Titel in Vorbereitung.
Im Verlauf des 23.Jahrhunderts wird die Menschheit durch Angriffe aggressiver Alien-Zivilisationen bedroht. Die Raumschiffe des Space Army Corps stellen sich diesen Bedrohungen entgegen und erforschen die Weite des Alls.
Chronik der Sternenkrieger 12
von Alfred Bekker
Ein CassiopeiaPress E-Book
Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Jenseits des Wurmlochs“.
© 2005,2008,2013 by Alfred Bekker
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)
www.AlfredBekker.de
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Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...
Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.
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Die L-1, eine der drei Landefähren des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER, setzte zur Landung auf Darkness 334 an, einem unregelmäßig geformten Himmelskörper von anderthalbfacher Mondgröße.
Konzentriert blickte Yakuf Bogdan auf die Anzeigen der Steuerkonsole. Neben ihm hatte Lieutenant David Kronstein, der Ortungsoffizier der STERNENKRIEGER, Platz genommen.
»Das Signal, das wir anmessen konnten, ist sehr schwach«, erklärte er. »Aber jetzt, denke ich, haben wir die exakten Koordinaten.«
Auf dem Hauptbildschirm der L-1 erschien jetzt eine Vergrößerung jenes Gebietes, das Kronstein zur Landung vorgesehen hatte. Es war sehr uneben und zerklüftet.
»Sie hätten mir sagen sollen, dass das eine unangemeldete Überprüfung meiner Pilotenlizenz ist«,
meinte Bogdan. »Müssen wir wirklich dort hinunter?«
Kronstein nickte. »Wenn wir wissen wollen, was diese charakteristischen Signaturen abstrahlt, dann ja.«
»Ich glaube, ich kann dazu jetzt etwas mehr sagen«, meldete sich nun Lieutenant Simon E. Erixon zu Wort, der bisher geschwiegen hatte. »Es ist mir gelungen, die Signatur virtuell zu verstärken. Das Ergebnis ist eindeutig, auch wenn sich jemand große Mühe gegeben hat, die spezifischen Merkmale zu verbergen!« Erixon wandte den Kopf. Die Facettenaugen des Genetic ließen ihn nichtmenschlich aussehen. »Ich brauche eine Verbindung zur STERNENKRIEGER. Sofort!«
*
Bogdans Finger glitten über die Sensorfelder des Touchscreens, mit dessen Hilfe er den Kurs der L-1 steuerte.
Auf dem Bildschirm wurde jetzt ein kanzleiförmiges Plateau herangezoomt, das sich mit messerscharfen Kanten aus einem steilen, fast senkrechten Felsabbruch herausschälte. Dort lenkte Bogdan die Fähre hin und ließ sie mit Hilfe ihres Antigravs dicht über dem Boden schweben.
»Ich habe eine Funkverbindung zur STERNENKRIEGER hergestellt«, wandte sich Kronstein an Erixon. »Sie können sprechen.«
Auf einem Nebenbildschirm erschien das Gesicht von Commander Rena Sunfrost, der Kommandantin des Leichten Kreuzers im Dienst des Space Army Corps. Ihr Gesicht war fein geschnitten, das dunkle Haar kurz.
»Haben Sie etwas herausgefunden?«, fragte sie.
»Ja, Captain«, sagte Erixon. »Meine Untersuchungen lassen eigentlich keinen Zweifel mehr daran, dass es sich bei dem technischem Objekt auf Darkness 334 um eine Hinterlassenschaft der Fulirr handelt.«
»Haben Sie eine Vermutung, was genau es sein könnte?«
»Es könnte sich um Spionagetechnik handeln.«
»Ein Horchposten der Fulirr?«, fragte der Captain nach. »Fast ein Lichtjahr hinter der Grenze?«
»Es sieht so aus, Ma'am.«
»Nach ihrem letzten Vorstoß auf das Gebiet der Humanen Welten wurden die Patrouillenflüge verdoppelt. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die Fulirr es danach noch geschafft haben können, unbemerkt in unserem Territorium zu operieren.«
»Vielleicht haben Sie das gar nicht, Captain.«
Rena Sunfrost hob die Augenbrauen. »Sie haben einen Verdacht, L.I.?«
Der Leitende Ingenieur der STERNENKRIEGER zuckte die Schultern. »Wäre es nicht möglich, dass sie diesen Horchposten bereits eingerichtet hatten, bevor sie das Bündnis mit uns aufgekündigt und die Verfügungsgewalt über Wurmloch Alpha gefordert haben?«
»Finden Sie es heraus, Lieutenant.«
»Aye, aye, Captain.«
»Es wäre sicher sinnvoll, wenn Sie so viel wie möglich von der auf Darkness 334 installierten Spionagetechnik bergen können, damit unsere Spezialisten von der GalAb sie unter die Lupe nehmen können.«
»Wir werden tun, was wir können, Captain«, versprach Erixon.
Die Verbindung wurde unterbrochen.
Lieutenant Kronstein erhob sich aus seinem Schalensitz.
Er war der Kommandant dieser Mission. Kronstein ließ den Blick durch den Innenraum der L-1 schweifen. Abgesehen von Bogdan, Erixon und ihm selbst befanden sich noch sieben Marineinfanteristen in schweren, raumtauglichen Kampfanzügen unter dem Kommando von Corporal Kelleney an Bord der Fähre.
Aber was das Aufspüren und die Auswertung feindlicher Spionagetechnik betraf, so gehörte diese ebenso zu ihrem Ausbildungsplan wie dies bei den regulären Angehörigen der Raumstreitkräfte der Fall war.
»Außer Bogdan werden gleich alle die L-1 verlassen. Die Koordinaten der von uns angemessenen Anlage werden Ihnen auf die internen Rechner Ihrer Anzüge überspielt. Das Gelände ist etwas… nun ja… sagen wir mal: uneben. Überprüfen Sie daher Ihre Antigrav-Paks. Die Schwerkraft da draußen beträgt 0,8 G. Das bedeutet, Sie können beinahe normal laufen und brauchen gar nicht erst versuchen, sich hüpfenderweise fortzubewegen wie auf Luna oder Mars…«
»0,8 G?«, fragte Corporal Ray Kelleney stirnrunzelnd. »Ganz schön viel für eine Kartoffel von anderthalbfachem Mondvolumen.«
»Diese Kartoffel, wie Sie sich auszudrücken pflegen, Corporal, enthält in ihrem Inneren ziemlich viel Eisen, Blei und ein paar noch schwerere Elemente. Fragen Sie mich nicht, wie so etwas zu Stande kommt. Sie wissen so gut wie ich, dass die Entstehung des Darkness-Systems zu den bisher ungelösten Rätseln des Picus-Sektors gehört.« Kronstein machte eine kurze Pause, ehe er schließlich fortfuhr: »Die Anlage befindet sich in einer Tiefe von etwa zwei Metern unter der Oberfläche. Wir können noch nicht zweifelsfrei sagen, woraus sie besteht. Die Daten deuten auf einen Gas gefüllten Hohlraum hin. Es könnte also sein, dass wir hineinsteigen können und dort vielleicht sogar auf eine kleine Besatzung treffen. Ich nehme allerdings an, dass die Anlage unbemannt ist und der Raum nur zu Wartungszwecken existiert.«
Kronstein nickte Kelleney zu.
Für den Corporal war dies das Zeichen, seinen Männern die notwendigen Befehle zu geben.
Die ersten drei Marines ließ er die Außenschleuse passieren und die Umgebung sichern. Mit kurzer Verzögerung folgte der Rest der Truppe. Erst danach traten Erixon und Kronstein ins Freie.
Bogdan erhielt die Anweisung, die Fähre startklar zu halten.
Während die Marines ihre raumtauglichen Ganzkörperkampfanzüge trugen, die über eine Servoverstärkung dafür sorgten, dass die Körperkraft des Betroffenen potenziert wurde, stand den normalen Raumsoldaten Erixon und Kronstein nur jeweils ein Standardraumanzug mit leichter Panzerung zur Verfügung.
Der Grund dafür war einfach: Die Handhabung eines Kampfanzugs der Marines erforderte ein jahrelanges Training.
Durch leichten Druck auf bestimmte Sensorpunkte innerhalb des Anzugs wurde die Servoverstärkung ausgelöst. Jemand, der damit allerdings nicht auf das Engste vertraut war, war für sich und seine Umgebung eine Gefahr.
Die Handhabung der Anzüge war für die Marines innerhalb des Space Army Corps neben der Bedienung ihrer Waffen und einer taktischen Schulung die Hauptelemente ihrer Ausbildung, während der Ausbildungsschwerpunkt der gewöhnlichen Space Army Corps Angehörigen eher bei der perfekten Bedienung der Bordsysteme von Kampfschiffen lag.
Kronstein und Erixon traten auf das Felsplateau hinaus.
Genau wie die Marines trugen auch sie aufschnallbare Antigrav-Paks, mit deren Hilfe sie in die Tiefe der Schlucht schweben konnten, an deren Hängen sich die Felsenkanzel und der Eingang zur Anlage befanden.
Einige von Kelleneys Marines hatten sich bereits ein Stück vorgearbeitet. Die Zielkoordinaten, die nun jeder der Beteiligten auf dem internen Rechner seines Anzugs hatte, lagen etwa zweihundert Meter unterhalb des Landeplatzes der L-1.
»Bis jetzt ist keine Veränderung des energetischen Niveaus zu erkennen«, meinte Erixon, der mit seinen Facettenaugen ausschließlich in der Lage war, innerhalb des Infrarot-Spektrums zu sehen und daher mit den Anzeigen normaler Displays nichts anzufangen wusste.
Er benutzte einen Handheld-Rechner mit speziellem Display, das die Helligkeits- und Farbwerte einer normalen Anzeige für ihn in Temperaturunterschiede von bis zu einem zehntausendstel Grad übertrug.
Inzwischen besaß Erixon allerdings auch einen Raumanzug mit speziell auf ihn ausgerichteter Anzeige im Helmvisier.
Kronstein und Erixon traten an die Felsenkante.
Mindestens einen Kilometer tief ging es dort hinunter, wenn der Boden auch in der Dunkelheit verschwand. An dem atmosphärelosen Himmel von Darkness 334 blinkten die Sterne. Besonders hell leuchtete die nur etwa anderthalb Lichtjahre entfernte Sonne Picus Major.
Aber auch das Licht des mit Abstand hellsten Objekts am Nachthimmel reichte natürlich nicht aus, um die Oberfläche von Darkness 334 wirklich zu erhellen, sodass die Mitglieder der STERNENKRIEGER-Crew auf ihre eigenen Scheinwerfer angewiesen waren. Ansonsten verfügten die Helme sowohl der Marines als auch der regulären Space Army Corps über Infrarotsicht und Restlichtverstärkung, sodass sie sich notfalls auch in völliger Dunkelheit orientieren konnten.
Kronstein und Erixon waren die letzten der Gruppe, die sich mit ihren Antigrav-Paks in die Tiefe gleiten ließen.
Ihre Zielposition befand sich etwa vierzig Meter tiefer, auf einem weiteren kanzelartigen Felsvorsprung, der allerdings für eine Landung der L-1 nicht geeignet gewesen wäre. Die Kante war so scharf, dass man davon ausgehen konnte, dass vor nicht allzu langer Zeit ein weiteres Stück des Vorsprungs in die Tiefe gerissen worden war.
»Die geologische Situation ist instabil«, stellte Kronstein nach einem Blick auf die Ortungsanzeigen fest, die er sich in sein Helmvisier projizieren ließ.
»Dann kann ich nur empfehlen, die Antigrav-Paks im Bereitschaftsmodus zu lassen!«, meldete sich Corporal Kelleney zu Wort.
Unterdessen war Erixon bereits damit beschäftigt, einen Scan der vermuteten Anlage durchzuführen. Allerdings gestaltete sich das schwieriger, als er ursprünglich gedacht hatte.
»Hier scheint eine besonders wirksame Abschirmung verwendet worden zu sein«, erklärte er über Helmfunk. »Abgesehen von der schwachen Signatur, die wir schon bisher aufzeichnen konnten, dringt aus dem Inneren der Anlage nichts bis zu den Sensoren unserer Messgeräte.«
»Könnte das mit der besonderen chemischen Beschaffenheit des Gesteins von Darkness 334 zusammenhängen?«, fragte Kronstein. »Uns fehlt jetzt die Zeit für eine eingehende chemische Analyse, aber die Werte erinnern mich an Kar'assano…«
Kar'assano, der Palast des verlorenen Wissens. Es handelte sich um die Residenz des Fürstgouverneurs der K'aradan-Welt Assano, in dessen Mauern uralte Datenspeicher aus einer Zeit überdauert hatten, in der ein im Zusammenhang mit Wurmloch Alpha stehender Outburst fünfdimensionaler Strahlung für Jahrhunderte die interstellare Kommunikation verhindert hatte.
Die Mauern von Kar'assano wiederum waren aus Gestein errichtet worden, das aus dem Picus Sektor stammte und vermutlich durch die Dauerbelastung mit fünfdimensionalen Strahlungskomponenten chemisch so verändert worden war, dass es eine stark abschirmende Wirkung aufwies.
»Ich war immer davon ausgegangen, dass das Gestein, aus dem die Mauern von Kar'assano errichtet wurden, nur auf Picus Major II vorkommt!«, meinte Kronstein.
»Wie gesagt, die chemischen Veränderungen erscheinen mir ähnlich zu sein«, sagte Erixon, »aber nicht identisch. Ich halte es zum Beispiel für möglich, dass der Brocken, auf dem wir stehen, mal eine Passage durch Wurmloch Alpha mitgemacht hat.« Er streckte die Hand aus. »Jedenfalls müsste sich hier der Eingang der Anlage befinden. Der mit Gas gefüllte Hohlraum ist nur etwa zehn Quadratmeter groß. Ich würde also schon von daher nicht damit rechnen, dass sich hier tatsächlich ein Sauroide auf Dauer einquartiert hat. Es handelt sich vermutlich eher um eine Art Wartungszentrale oder dergleichen.«
»Versuchen wir, die Außenschleuse zu öffnen!«, entschied Lieutenant Kronstein.
Erixon legte ein Modul an die verhältnismäßig glatte Stelle an, wo er den Eingang vermutete. Die Außenschleuse war so verkleidet worden, dass sie sich perfekt der sonstigen Umgebung auf Darkness 334 anpasste. Der leitende Ingenieur der STERNENKRIEGER versuchte, über sein Modul in das Innere Rechnersystem der Schleuse zu gelangen und sie zumindest für wenige Augenblicke in Betrieb nehmen zu können. Durch gezielte Abgabe eines Energieimpulses war das selbst dann möglich, wenn die Energieversorgung vollkommen abgeschaltet war. Aber das konnte hier nicht der Fall sein, da nach wie vor eine Signatur aus dem Inneren der Anlage angemessen werden konnte.
Aber schon nach kurzer Zeit erkannte Erixon, dass er bei dem speziellen System, das diese Außenschleuse steuerte, auf Granit biss.
»Es scheint hier einen besonderen Sicherheitsmechanismus zu geben«, erklärte er schließlich resigniert über Helmfunk. »Die Wirkungsweise scheint darauf hinauszulaufen, dass nach einem irregulären Öffnungsversuch, es überhaupt nicht mehr möglich ist, die Schleuse zu passieren. Es sei denn, mit Hilfsmitteln, über die die Fulirr vielleicht verfügen – wir aber nicht.«
»Wirklich keine Chance?«, vergewisserte sich Kronstein.
»Nein.«
Erixon hatte im Verlauf seiner Ausbildung im Space Army Corps einen Zusatzkurs in Exotechnologie absolviert und sich an Bord der STERNENKRIEGER inzwischen bei verschiedenen Einsätzen zum Experten für das Eindringen in Rechnersysteme anderer Spezies entwickelt.
Wenn der L.I. schon keine Chance mehr sieht, die Schleuse zu passieren, dann gibt es wahrscheinlich auch keinen Weg!, dachte Kronstein. Abgesehen natürlich vom Weg der puren Gewalt!
Kronstein wandte sich an Kelleney. »Corporal, sehen Sie zu, dass wir dort hineinkommen, ohne allzu viel kaputt zu machen.«
»Jawohl, Lieutenant.«
*
Über sechsunddreißigtausend Gesteinsbrocken, die mitten im interstellaren Raum schweben, ging es Rena Sunfrost durch den Kopf, während ihr Blick gedankenverloren auf den Hauptbildschirm in der Zentrale der STERNENKRIEGER gerichtet war. Das Darkness-System war eines der eigenartigsten Objekte innerhalb des Territoriums der Humanen Welten. Selbst für den an Anomalien nun wirklich nicht gerade armen Picus Sektor um die Sonnen Picus Major und Alpha Picus sowie die auf der ontidischen Seite der Grenze gelegenen Sonne Beta Picus stellte das Darkness-System etwas Besonderes dar.
Zunächst einmal war es kein Sternensystem, sondern ein Haufen dunkler, abgekühlter Gesteinsbrocken, deren Herkunft unklar war und zu den zahllosen astronomischen Rätseln dieses Sektors gehörte. Die größten dieser teils sehr dichten Objekte hatten eine Masse, die dem fünffachen der Erdmasse entsprach.
Bei den kleinsten Brocken handelte es sich um Asteroiden von wenigen hundert Metern Durchmesser. Die Tatsache, dass selbst einige der größeren Objekte eine sehr unregelmäßige Form aufwiesen, sprach dafür, dass es sich um Bruchstücke eines weitaus größeren Objekts handelte, die jetzt als dunkle, schattenhafte Trümmer durch das All geisterten. Dabei zogen sich die einzelnen Objekte gegenseitig an und umkreisten einander in komplizierten Bahnen, die noch kein irdischer Astronom vollständig erfasst und kartographiert hatte.
Zusammen mit der NEPTUN unter Captain Wong und den Schwesterschiffen WEGA FIGHTER I und II war die STERNENKRIEGER von Commodore Thorbjörn Soldo, dem gegenwärtigen Kommandanten der Raumstreitkräfte im Picus Sektor zum Patrouillenflug rund um das Darkness-System abgeordnet worden.
Seit sich in der Nähe von Alpha Picus ein offenbar seit Jahrtausenden immer wiederkehrendes Wurmloch nach zehn Jahren wieder manifestiert hatte, war die außenpolitische Lage der Humanen Welten prekär geworden. Die ehemals verbündeten sauroiden Fulirr waren zu gefährlichen Konkurrenten geworden, die bereits mit Gewalt versucht hatten, sich das Wurmloch und die damit verbundene Passage in einen weit entfernten Raumsektor unter den Nagel zu reißen. Sie lauerten noch immer im Grenzgebiet, obwohl sie wussten, dass sie im Augenblick die Verbände der verbündeten Ontiden und Menschen nur unter größten eigenen Verlusten hätten verdrängen können. Und das trotz der unbestrittenen technologischen Überlegenheit der Fulirr. Aber sie waren klug genug, auf ihre Chance zu warten, anstatt in wildem Eifer gegen die jetzigen Besitzer des Wurmlochs zu Felde zu ziehen.
Schließlich hatten sie ja auch einen Zweifrontenkrieg zu führen, denn der sich bereits über Jahrzehnte hinziehende Konflikt der Fulirr mit dem Reich der menschenähnlichen K'aradan war ja keineswegs beendet worden.
Im Grenzgebiet zwischen dem Reich der insektoiden Ontiden, dem Nalhsara, der Fulirr und den Humanen Welten herrschte gespannte Ruhe, nur unterbrochen von gelegentlichen Geplänkeln an der Grenze.
Die große Auseinandersetzung um Wurmloch Alpha stand noch bevor. Dessen waren sich alle Beteiligten bewusst.
Für Rena Sunfrost lag es auf der Hand, dass die Fulirr diesen Kampf in dem Moment anzetteln würden, in dem sie ihre eigene Verlustquote deutlich günstiger einschätzten. Die andere Möglichkeit war, dass sich innerhalb des Nalhsaras – was sowohl das Staatsgebiet der Fulirr als auch ihre »Konsensgemeinschaft« bezeichnete – die Stimmung dahingehend änderte, dass die Sauroiden bereit waren, größere Verluste in Kauf zu nehmen.
Das Nalhsara war ein System direkter Radikaldemokratie.
Jede Entscheidung wurde von der Gesamtheit aller Fulirr, der Konsensgemeinschaft, per Abstimmung getroffen, wofür die Fulirr die besten Ferndatenübertragungssysteme der bekannten Galaxis verwendeten.
Die Stimmung im Nalhsara konnte sich jederzeit ändern und war für menschliche Beobachter im Grunde genommen unberechenbar. Man musste also ständig auf der Hut sein und damit rechnen, dass die Sauroiden mit ihren Keilschiffen plötzlich einen weiteren Invasionsversuch starteten.
Einmal hatte das Space Army Corps sie blutig zurückgeschlagen, aber es war anzunehmen, dass die Fulirr aus ihren Fehlern lernen würden.
Zum Beispiel, indem sie ein Mittel gegen die Ortung ihrer Schiffe durch unsere Sandström-Sonden finden, überlegte die Kommandantin der STERNENKRIEGER. Andererseits stammte die Technologie dieser Sonden von den K'aradan, mit denen sich die Humanen Welten in jüngster Zeit außenpolitisch verständigt hatten, und in all den Jahrzehnten ihres Kampfs gegen das Reich von Aradan hatten es die Fulirr ja auch nicht geschafft, die Sandström-Sonden wirkungslos zu machen.
Diesen Sonden hatten in der letzten Schlacht um den Picus Sektor die Entscheidung gebracht. Durch sie war es den Menschen möglich, im Sandström-Raum herannahende Fulirr Schiffe frühzeitig zu orten und bei ihrem Austritt aus diesem Zwischenkontinuum sofort mit Salven von Gauss-Geschossen zu erwarten. Die Fulirr waren zu einem Großteil direkt in das Feuer der Verteidiger geflogen und hatten dementsprechend hohe Verluste zu verzeichnen gehabt.
»Wir haben soeben den Kontakt zu unserer Sandström-Sonde verloren«, meldete Fähnrich Wiley Riggs, der zurzeit den abwesenden Lieutenant Kronstein als Ortungsoffizier auf der Brücke der STERNENKRIEGER vertrat.
»Lieutenant Jamalkerim, sehen Sie eine Chance, durch eine Signalverstärkung wieder Kontakt zu bekommen?«, erkundigte sich Lieutenant Commander Steven Van Doren, der neue Erste Offizier an Bord der STERNENKRIEGER.
Van Doren war zuletzt Kommandant der DAEDALUS gewesen, aber degradiert worden, da er in einer bestimmten Situation die Humanität über den militärischen Gehorsam gestellt und damit einer Qriid-Besatzung das Leben gerettet hatte. Er war 47 Jahre alt – fünfzehn Jahre älter und erfahrener als seine derzeitige Kommandantin.
Er ist verdammt gut, und du kannst ihm noch nicht einmal vorwerfen, dass er dich das ab und zu spüren lässt, überlegte Rena. Immerhin war er bis vor kurzem ein selbstständiger Kommandant eines eigenen Schiffes, auf dem er Niemanden verantwortlich war.
»Signalverstärkung ohne Erfolg«, meldete Lieutenant Jamalkerim.
»Wir haben die Sonde verloren.«
»Das ist die dritte Sandström-Sonde, die wir während unseres Aufenthaltes im Darkness-System verlieren, I.O.«, wandte sich Renas Sunfrost jetzt an ihren Ersten Offizier.
Van Doren hob die Augenbrauen. »Irgendwann verlieren wir sie alle, Captain.«
»Ich weiß – aber nicht drei Stück innerhalb von 24 Stunden. Das ist entschieden zu viel.«
»Mir ist bewusst, wie knapp und kostbar diese Sonden bislang noch sind«, erklärte Van Doren mit einer Ruhe und Gelassenheit, die man in dieser Situation beinahe als provozierend empfand.
Bläh dich nicht auf wie die halb intelligenten Riesenlurche von Dambanor II!, wies sich Sunfrost selbst zurecht. Dafür war jetzt einfach nicht der richtige Augenblick.
»Bis jetzt ist unsere Industrie noch nicht in der Lage, die Sandström-Sonden-Technologie der K'aradan zu kopieren«, stellte Rena fest. »Und was unsere neuen Verbündeten angeht, so scheinen sie ziemlich spärlich zu liefern.«
Ein mattes Lächeln huschte über Van Dorens Züge. »Angebot und Nachfrage regulieren den Preis – und im Augenblick ist dieses Gesetz auf Seiten der K'aradan!«, gab der Erste Offizier zu bedenken. »Wie gesagt, mir ist bewusst, wie begrenzt unser Vorrat an Sonden ist, aber wenn ich mir den Subraumwellen-Scan und die Messungen von fünfdimensionalen Strahlungskomponenten so ansehe, dann scheint es im Zwischenraum irgendeine Art von Turbulenzen zu geben, die vielleicht
bisher keine Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit unserer Sandström-Aggregate hatten, aber sich sehr wohl auf die Kommunikation zu unseren Sonden auswirken könnten.«
»Mit andere Worten, Sie wissen es ausnahmsweise auch einmal nicht so genau, I.O.«, stellte Renas Sunfrost fest.
»Ich würde dringend empfehlen, eine weitere Sonde abzuschießen«, erklärte Van Doren. »Sonst sind wir blind einem Überraschungsvorstoß der Fulirr ausgesetzt.«
Es spricht charakterlich für ihn, dass er auf deine Spitze nicht eingegangen ist!, ging es Sunfrost durch den Kopf, die sich bereits über ihre vorherige Bemerkung ärgerte. Schließlich war diese Anspielung auf Van Dorens größere Erfahrung alles andere als ein Zeichen besonderer Souveränität gewesen. Rena atmete tief durch. Eigentlich sollte einem Van Dorens Haltung Respekt einflößen – und woher weißt du schon, ob du nicht irgendwann vor einem ähnliches Dilemma gestellt wirst, in dem du dich entscheiden musst, ob du Leben rettest oder den Befehlen gehorchst oder ob du das Leben deiner Crew und die Existenz deines Schiffes für einen Zweck aufs Spiel setzt, der dir eine höhere Priorität zu haben scheint, als sämtliche Direktiven aus dem Oberkommando des Space Army Corps oder die Vorgaben des Humanen Rates.
»Wir haben nur noch zwei Sonden an Bord«, mischte sich jetzt Lieutenant Robert Ukasi, Offizier für Waffen und Taktik in das Gespräch ein. »Die NEPTUN verfügt überhaupt nicht über dieses Ortungssensorium – und wir haben auf unserem Patrouillenflug noch ein paar Lichtjahre vor uns, in denen wir vielleicht darauf angewiesen sind, eine Sandström-Sonde abschießen zu können.«
»Das Risiko müssen wir in Kauf nehmen«, beharrte Steven Van Doren. »Wenn sich die Annahmen des Bodenteams bestätigen und wir es auf Darkness 334 tatsächlich mit einem Horchposten der Fulirr zu tun haben, ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel größer, dass hierher ein Vorstoß unternommen wird, als dass wir irgendwo im interstellaren Raum davon überrascht werden. Zudem müssen wir damit rechnen, dass die Fulirr mit Hilfe eines Sandström-Senders darüber informiert werden, dass unsere Leute sich ihrem Horchposten nähern.«
»Bis jetzt konnte kein von Darkness 334 ausgehendes Sandström-Funksignal angemessen werden«, stellte Lieutenant Jamalkerim klar.
»Trotzdem, Sie haben Recht mit Ihrer Einschätzung, I.O.«, entschied Sunfrost.
»Danke, Captain.«
Schwingt da Ironie mit?, fragte sich Rena. Aber man kann auch das Gras wachsen hören…
»Waffen?«, wandte sie sich an Lieutenant Ukasi.
»Ja, Ma'am?«
»Starten Sie eine Sonde!«
»Aye, Captain.«
Da die Sandström-Sonden über eines der Raketensilos abgefeuert wurden, fiel dies in das Ressort von Lieutenant Ukasi. Die Aufrechterhaltung des Kontakts war hingegen Aufgabe des
Kommunikationsoffiziers, während der Ortungsoffizier dafür zu sorgen hatte, dass die eingehenden Daten mit dem neu installierten und in seiner Leistungsfähigkeit erheblich optimierten Ortungssystem verarbeitet wurden.
So ganz optimal ist diese Verteilung noch nicht, überlegte Rena ironisch.
Ukasi zählte einen Countdown von zehn abwärts bis null.
Die Sandström-Sonde wurde gestartet.
Allerdings würde es ein paar Stunden dauern, bis sie auf mindestens 0,4 LG beschleunigt hatte und es damit für das Miniatur-Sandströmaggregat möglich war, sie in den Zwischenraum zu katapultieren. Dort zeichnete sie die Wellenmuster verschiedener im Zwischenraum auftretender Strahlungsarten auf, woraus der interne Rechner dann Rückschlüsse über herannahende Massen und deren voraussichtlichen Austrittspunkt aus dem Sandström-Raum ziehen konnte. Genau dieser Punkt – die interne Verarbeitung und Interpretation der gewonnenen Daten – war bislang noch eine Art Betriebsgeheimnis der K'aradan. Die verwendeten Rechnersysteme widersetzten sich jedem Versuch der Entschlüsselung und desintegrierten ihre Software in diesem Fall selbst, sodass die Sonde funktionsunfähig wurde. Mochte die Menschheit den K'aradan ansonsten auch technologisch gleichwertig und manchmal sogar überlegen sein – was die Interpretation von Wellenmustern aus dem Zwischenraum anging, schienen die Wissenschaftler der »Söhne Aradans« über einige grundlegende Erkenntnisse zu verfügen, die den Experten des Space Army Corps und der irdischen Konzerne bisher verborgen geblieben waren.
»Die Sonde ist in der Beschleunigungsphase!«, erklärte Ukasi. »Wir müssen leider in Kauf nehmen, jetzt für die nächsten Stunden ohne Sandström-Ortung zu sein.«
»Kommunikation«, verlangte Sunfrost Aufmerksamkeit.
»Ja, Captain?«, meldete sich Lieutenant Susan Jamalkerim, die zuvor bereits als Fähnrich an Bord der STERNENKRIEGER ausgebildet und nun vor kurzem zum Kommunikationsoffizier befördert worden war.
»Stellen Sie eine Konferenzschaltung zu den anderen Schiffen her.«
Wenig später erschienen die Gesichter der drei anderen Kommandanten auf Nebenbildschirmen. Commander Raphael Wong, der vor kurzem mit dem Kommando über die NEPTUN betraute ehemalige Erste Offizier der STERNENKRIEGER meldete sich als Erster. Dann folgten kurz hintereinander die Kommandanten Astley Chong und Mbojo Mbenda von den Schwesterschiffen WEGA FIGHTER I und II.
Die anderen Kommandanten dieses Patrouillenverbandes waren jünger als Rena – nicht nur an Lebens- sondern auch an Dienstjahren. Diesem Umstand war es zu verdanken, dass Sunfrost während ihres gemeinsamen Einsatzes weisungsbefugt war.
Knapp fasste Rena die Situation zusammen.
»Ich möchte Sie und Ihre Crews um besondere Achtsamkeit für den Fall eines überraschenden Vorstoßes ins Darkness-System bitten«, endete sie. »Sie wissen, dass es in den letzten Wochen immer wieder einzelne kleinere Gefechte an der Grenze gegeben hat, die uns insgesamt vier Leichte und zwei Schwere Kreuzer gekostet haben. Seien Sie also wachsam.«
»Ich schlage vor, eine Verteidigungsformation zu bilden«, sagte Commander Raphael Wong von der NEPTUN.
»Ein guter Vorschlag, Raphael. Mein Waffenoffizier wird Ihnen die Koordinaten für Ihre Positionen in der Formation mit dem Datenstrom übermitteln«, antwortete Rena.
Wong hatte Recht. Die Taktik zur Vorbereitung auf einen Angriff musste komplett geändert werden. Lief diese bei Verwendung der Sandström-Sonden darauf hinaus, möglichst schnell die voraussichtliche Austrittsposition der Fulirr-Schiffe zu erreichen und dort bereits schon vor deren Eintritt ins Einsteinuniversum das Feuer zu eröffnen, sodass die ankommenden Keilschiffe in einen Hagel von Gauss-Geschossen flogen, so musste sich der Verband für die nächste Zeit auf die klassische Strategie der Space Army Corps Schiffe besinnen, nach der eine feste Formation gebildet wurde, die so angeordnet sein musste, dass die daran beteiligten Schiffe sich mit dem Feuer ihrer Breitseiten nicht gegenseitig gefährdeten.
»Was glauben Sie, wie lange Ihr Außenteam noch zur Erforschung von Darkness 334 brauchen wird?«, erkundigte sich Mbojo Mbenda. Die Gesichtsfarbe des Captains der WEGA FIGHTER II war so tief schwarz, dass die Kontrasteinstellung des Minibildschirms damit ihre Schwierigkeiten hatte. Vom Gesicht des Afrikaners war kaum mehr als ein dunkler Umriss zu sehen, der von der Hintergrundbeleuchtung überstrahlt wurde.
»Das lässt sich noch nicht absehen, Commander«, erwiderte Sunfrost.
Die Konferenzschaltung wurde beendet.
*
Corporal Kelleney trug das Gauss-Gewehr an einem Riemen über den Rücken, um die Hände frei zu haben. Er nahm den etwa dreißig Zentimeter langen Thermostrahler von der Magnethalterung seines Anzugs.
»Jetzt wollen wir mal sehen, ob diese Dinger auch halten, was man uns versprochen hat!«, verkündete er, während die beiden Marineinfanteristen Terrifor und Levoiseur dem Beispiel des Corporals folgten und ebenfalls ihre Strahler zur Hand nahmen.
Neben der Nadlerpistole und dem Gauss-Gewehr war der Thermostrahler die dritte Waffe, die seit neuestem zur Standardausrüstung der Marines gehörten. Der Thermostrahler war sowohl Werkzeug als auch Waffe. Sein konzentrierter Plasmastrahl sorgte dafür, dass das Ziel verdampfte oder eingeschmolzen wurde. Auf zirka 200 Meter waren Treffsicherheit und Wirksamkeit sehr hoch.
Kelleney und die beiden anderen Marines justierten die Zielvorrichtungen der Thermostrahler und drückten den Auslöser. Innerhalb von wenigen Augenblicken hatten sie ein Loch in die gut getarnte Außenverkleidung der Schleuse gebrannt, das groß genug war, um ins Innere zu gelangen.
Der Corporal war der Erste, der sich ins Innere begab, Levoiseur folgte ihm.
Anschließend wurden die Ortungsanzeigen noch einmal aktualisiert. Es konnten keinerlei Hinweise darauf gefunden werden, dass sich im Inneren der angemessenen Gasblase irgendwelche Lebensformen befanden. So wurde mit Hilfe der Thermostrahler auch das innere Schleusentor gewaltsam geöffnet. Eine Gasfontäne sprühte nach draußen. Der Stickstoff gefror angesichts der Kälte von unter -200 Grad Celsius sofort.
Wie Kronsteins Messinstrumente anzeigten, hatte die Gasblase fast ausschließlich aus Stickstoff und nur zu 9 Prozent aus Sauerstoff bestanden. Für einen Fulirr reichte dieser Prozentsatz aus.
Die Marines Terrifor und Levoiseur drangen als Erste in den hinter dem zweiten Schleusenschott liegenden Raum vor.
Es handelte sich – wie vermutet – um einen Kontrollraum.
Kronstein und Erixon folgten als Nächste und versuchten, der angemessenen Signatur auf die Spur zu kommen und in das Rechnersystem der Anlage hineinzugelangen.
»Ich habe das Signal, das wir anmessen konnten«, stellte Kronstein fest.
»Ja«, murmelte Erixon, während er an eine der quaderförmigen Konsolen ein Modul anlegte. »Und es scheint sich hier tatsächlich um einen Horchposten zu handeln. Einen derart starken Sender für Sandström-Funk habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen. Das ist eigentlich überflüssig.«
»Ich glaube, ich habe es geschafft, in das Rechnersystem hineinzugelangen«, erklärte nun Kronstein ziemlich optimistisch.
»Den Daten nach, die ich hier hereinbekomme, spricht einiges dafür, dass es diesen Horchposten schon seit längerer Zeit gibt.«
»Das heißt, die Echsenköpfe haben uns schon ausspioniert, als wir noch Verbündete waren«, stellte Corporal Ray Kelleney fest.
»Kann das einen mit allen Wassern gewaschenen Marine wie Sie wirklich noch wundern?«, fragte Erixon sarkastisch.
Bevor Kelleney zu antworten vermochte, meldete sich Kronstein zu Wort. »Jedenfalls wissen wir jetzt, weshalb die Fulirr so frühzeitig über die Remanifestation von Wurmloch Alpha informiert waren. Vielleicht ist dieser Horchposten sogar in erster Linie aus diesem Grund eingerichtet worden!«
»Gut möglich«, murmelte Erixon.
Der Leitende Ingenieur der STERNENKRIEGER stutzte auf einmal. Unter all den Signaturen, die von den Ortungsgeräten jetzt aufgezeichnet wurden, war eine, die Erixon bekannt vorkam. Er nahm einen Abgleich vor und hatte Sekunden später Gewissheit.
»Raus hier!«, rief er über Helmfunk. »Sofort!«
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Rena Sunfrost hörte mit regungslosem Gesicht zu, während ihr Lieutenant Erixon über Funk die Situation schilderte. »Wir haben es geschafft, in das System der Horchstation einzudringen und
müssen dadurch einen Selbstzerstörungsmechanismus ausgelöst haben«, erklärte der Leitende
Ingenieur. »In dieser Anlage tickt eine Antimateriebombe.«
Antimateriewaffen waren die Spezialität der Fulirr. Die Menschheit hatte vergeblich versucht, eine Waffe auf dieser Basis zu entwickeln, aber sie waren nicht über das Stadium von Prototypen hinausgekommen. Antimaterie hatte sich bislang für die Wissenschaftler der Humanen Welten als nicht beherrschbar erwiesen und die Fulirr waren während der Zeit, in der sie mit der Menschheit verbündet waren, nicht dazu bereit gewesen, die entscheidenden Bausteine ihres Wissens mit den Alliierten zu teilen.
»Was glauben Sie, wie viel Zeit wir haben, bis es zum großen Knall kommt?«, verlangte Sunfrost zu wissen.
»Können wir leider überhaupt nicht einschätzen«, bekannte Erixon. »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, Captain, dann würde ich jetzt schon beschleunigen, ohne Rücksicht auf uns! Dadurch können Sie Ihre Chancen, dem Inferno zu entgehen zumindest etwas verbessern!«
Die Verbindung wurde unterbrochen.
Im nächsten Moment nahm Rena mit den Kommandanten der anderen Schiffe des Patrouillenverbandes Kontakt auf und wies sie an, sich sofort mit maximaler Beschleunigung von Darkness 334 zu entfernen.
Parallel dazu meldete Fähnrich Riggs den Start der Fähre L-1 von der Oberfläche des kartoffelförmigen Himmelskörpers aus, dessen Infrarotbild im Augenblick den Großteil des Panoramabildschirms einnahm.
Der Start der L-1 war vom Weltraum aus auf dem Infrarotbild zu sehen.
Sie haben keine Chance, ging es Sunfrost durch den Kopf, während sie sich von ihrem Kommandantensitz erhob und einen Schritt auf den Bildschirm zuging. Erixon hat Recht, als Captain der STERNENKRIEGER müsste ich sofort den Befehl geben, auf maximale Beschleunigung zu gehen, um das Schiff und seine Mannschaft zu schützen…
Aber wenn die STERNENKRIEGER jetzt aus dem Orbit ausscherte und zu beschleunigen begann, hatte die L-1 keinerlei Chance mehr, ihr Mutterschiff einzuholen.
Lieutenant John Taranos, der junge Ruderoffizier der STERNENKRIEGER, drehte sich in seinen Schalensitz herum. Er erwartete offensichtlich genau diesen Befehl seines Captains.
Aber Rena zögerte. Vielleicht solltest du Van Doren fragen, überlegte sie. Er hat schließlich vor kurzem erst in einer ähnlichen Zwickmühle gesteckt und dadurch sein Kommando verloren…
Einen Augenblick lang fragte sich Rena, ob man es ihr wohl eher durchgehen lassen würde, wenn sie das Schiff aufs Spiel setzte, um Lieutenant Kronstein und das Außenteam zu retten.
Schließlich geht es um unsere eigenen Leute – Van Doren hat dasselbe getan, um Qriid zu retten!
Rena scheuchte diese Gedanken davon.
Sie erkannte, dass sie zu nichts anderem dienten, als sich vor der Entscheidung zu drücken.
»Ortung? Wie lange wird die L-1 brauchen, um uns zu erreichen?«
»Mindestens eine Dreiviertelstunde«, gab Fähnrich Riggs Auskunft.
Zu lang. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst, es geht einfach nicht. Und wenn diese Riesenkartoffel erst einmal durch eine Antimaterieexplosion auseinander fliegt und sich in ein Mini Black Hole verwandelt, kannst du auch in einem Abstand von ein oder zwei astronomischen Einheiten noch froh sein, wenn die STERNENKRIEGER nicht in den Schlund hineingezogen wird.
»Ruder?«, sagte sie.
»Ja, Captain?«
»Gehen Sie auf maximale Beschleunigung.«
Ihr Finger kratzte über das Projektil, das sie als Talisman um den Hals trug. Wir haben keine andere Wahl, dachte sie, während sie dem kleinen, sich bewegenden hellen Punkt auf dem Panoramaschirm zusah, von dem sie wusste, dass es sich um die L-1 handelte.
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Im Grenzgebiet des Nalhsara, vier Lichtjahre entfernt…
Gator, der kommandierende Handelsherr des Hauses Algorar, beendete die Zwiesprache mit dem Verborgenen Gott.
Tief sog der Naarahs die Methanatmosphäre ein, die das Innere seines Flaggschiffs ausfüllte. Die LASGARAN war eine der wenigen Einheiten, die den ersten Angriffsversuch seiner Flotte auf die menschlichen Besitzer des Wurmlochs einigermaßen unbeschadet überstanden hatte.
Gemeinsam mit ihren ontidischen Verbündeten war es den Menschen gelungen, die Naarahs zurückzuschlagen, sodass Letztere sogar die Raumstation Lerols Auge bei Beta Picus wieder räumen mussten.
Doch nun waren sie zurückgekehrt.
Stärker als zuvor, denn Gator war es gelungen, weitere Händlergruppen der Naarahs für den Plan zu gewinnen, die Kontrolle über das MATANG'AR zu erringen – jenes Tor, hinter dem sich den Mythen der Religion des Verborgenen Gottes nach möglicherweise das Land der Verklärten Ordnung befand, worunter das Naarahs-Pendant des Paradieses zu verstehen war.
Die meisten Angehörigen der Methanatmer waren innerhalb des Heiligen Imperiums der vogelartigen Qriid als Händler und Transporteure tätig. In Jahrhunderten des permanenten Krieges, den die Qriid mit kurzen Unterbrechungen geführt hatten, waren viele Naarahs-Handelshäuser zu einem unverzichtbaren Teil des Imperiums geworden und hatten sich teilweise so stark angepasst, dass sie sogar bereit waren, Namen zu tragen, die dem Namenskodex des Imperiums entsprachen. Aber nun hatte das Heilige Imperium Frieden gefunden, sodass sich viele Naarahs-Händler nach neuen Betätigungsfeldern und Märkten umsahen.
Die Zeiten waren günstig für Gator gewesen, um viele von ihnen um sich zu scharen.
Das sich öffnende Tor mit dem Namen MATANG'AR war wie ein Versprechen für Wohlstand und Prosperität in der Zukunft. Und trotz der empfindlichen Niederlage, die seinem Handelshaus zugefügt worden war, sah Gator nicht den geringsten Anlass dafür, das Wurmloch den Sauerstoffvölkern zu überlassen, die in dieser Region der Galaxis vorherrschten.
Schamlose Gesichterzeiger waren sie allesamt. Sie pflegten Ihre Antlitze über audiovisuelle Übertragungssysteme untereinander zu funken, da eine Gemeinsamkeit dieser Völker offensichtlich darin bestand, dass sie das Zeigen des Gesichts als eine Art Vertrauensbeweis ansahen.
Für einen Naarahs war es das glatte Gegenteil.
Jeder Naarahs war ein Abbild des Verborgenen Gottes. Er hätte niemandem sein Gesicht gezeigt. Dünne Tücher bedeckten Gators Antlitz, von dem nur die Augen zu sehen waren. Die Form des Kopfes war unter diesen Tüchern lediglich zu erahnen. Wenn sich Naarahs auf Sauerstoffwelten bewegten, dann nur in Schutzanzügen mit undurchsichtigen Helmvisieren.
Gator war nicht mehr so vermessen zu glauben, dass er es schaffen konnte, MATANG'AR allein durch die von ihm bisher mobilisierten Naarahs-Einheiten erobern und halten zu können. Für eine gewisse Zeit würde er sich mit einer der Sauerstoff-Spezies zusammentun müssen.
Die Fulirr boten sich in dieser Beziehung geradezu an. Sie sammelten ihre Schiffe in der Nähe der Territorialgrenze zum Gebiet der Humanen Welten, wie die Menschheit ihr Staatsgebilde nannte. Auch sie hatten trotz ihrer technologischen Überlegenheit eine empfindliche Niederlage einstecken müssen.
Nach Gators militärstrategischer Analyse lag das einfach daran, dass sie erstens ihren Konflikt mit
den menschenähnlichen K'aradan noch nicht beendet hatten und zweitens ohnehin das Handicap besaßen, nicht allzu zahlreich zu sein. Im Augenblick waren sie offensichtlich nicht in der Lage, eine Flotte zu mobilisieren, die zahlenmäßig stark genug war, die derzeitigen Besitzer des MATANG'AR zu vertreiben, ohne dabei allzu große eigene Verluste in Kauf nehmen zu müssen – und dazu herrschte auf Seiten der Fulirr bislang keine Bereitschaft.
Die LASGARAN war aus dem Zwischenraum materialisiert und flog nun auf das Samtran-System zu. Auf Samtran VIII gab es einen der wichtigsten Vorposten der Flotte des Nalhsara, wie sich das Staatsgebilde der Fulirr nannte.
Marrashtuorr residierte hier, der erst kürzlich von der Konsensgemeinschaft gewählte Kommandant jener Truppen, die auf ihre Chance zur Eroberung des Wurmlochs warteten.
Die LASGARAN kam allein, ohne eine Eskorte ihrer Begleitschiffe. Gators Absicht war es Vertrauen zu erwecken – nicht Furcht. Zumindest nicht im Hinblick auf die Fulirr.
»Wir bekommen eine audiovisuelle Botschaft«, meldete jetzt der Funker an Bord des Flaggschiffs der Flotte des Hauses Algorar.
»Übersehen wir diese Schamlosigkeit und antworten auf einem reinen Audiokanal«, befahl Gator.
»Sie können sprechen, Kommandierender Handelsherr!«
»Hier spricht Gator, der vom Kapitänsrat des Handelshauses Algorar gewählte Kommandierende Handelsherr. Ich wende mich an den Kommandanten Marrashtuorr und biete ihm unsere Unterstützung bei der Eroberung des Tores an, das in die unsagbare Ferne führt…«
Während er sprach, umfasste Gators sechsfingrige Hand sein fluoreszierendes Rangabzeichen. Es hing ihm an einer Kette um den Hals und stellte eine strahlende Sonne dar. Das Symbol der verklärten Ordnung, von dem die Heiligen in ihren Prophezeiungen gesprochen hatten.
Gespannt wartete Gator auf eine Antwort.
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»Captain, wir können auf die Besatzung der L-1 warten!«, rief Wiley Riggs in das gespannte Schweigen hinein, das auf Sunfrosts Befehl zur Beschleunigung gefolgt war.
»Erläutern Sie das, Fähnrich!«, forderte Sunfrost.
Riggs drehte sich herum. »Ich kann die Impulse, die von der scharf geschalteten Antimateriewaffe ausgehen, deutlich orten und habe einen Schnellvergleich mit den bisher aufgezeichneten Impulsen von Antimateriewaffen der Fulirr durchgeführt. Auch die STERNENKRIEGER hatte schon verschiedentlich Begegnungen mit den Waffen der Fulirr…«
»Kommen Sie zur Sache, Fähnrich!«
»Die Impulsfrequenz erhöht sich bis zur Zündung der Waffen«, erklärte er. »Aber bei den Zündungen, die von unseren Instrumenten bisher aufgezeichnet worden sind, war die Frequenz wesentlich höher. Es scheint eine Art Mindestwert zu geben. Wenn diese Hypothese stimmt, dann haben wir nach meinen Berechnungen durchaus noch Zeit genug, um auf die L-1 zu warten.«
Rena Sunfrost atmete tief durch. Ihr Blick begegnete für einen kurzen Moment dem des Fähnrichs.
»Was ist Ihre Meinung, I.O.?«, fragte sie dann Lieutenant Commander Steven Van Doren ohne sich dabei zu ihrem Ersten Offizier umzudrehen.
Van Dorens Finge glitten über das Terminal.
Schließlich sagte er: »Soweit ich das auf die Schnelle beurteilen kann, stimmen die Berechnungen des Fähnrichs. Geht man von dem zu Grunde gelegten Mindestwert der zur Zündung nötigen Impulsfrequenz aus, dann könnte es tatsächlich hinkommen. Vielleicht wird es knapp, aber es besteht eine vernünftige Chance.«
»Lieutenant Taranos, keine Beschleunigung. Wir warten«, entschied Sunfrost. Anschließend wandte sie sich an Wiley Riggs. »Wenn Sie Recht behalten sollten, Fähnrich, haben Sie Ihre Beförderung in der Tasche.«
Und falls nicht, erübrigt sich ohnehin alles Weitere und die Karriere von uns allen wird auf Ehrentafeln im Datennetz enden!
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Auf der Brücke der STERNENKRIEGER wartete man ungeduldig darauf, dass die L-1 sich weiter dem Mutterschiff näherte. Die Impulsfrequenz beschleunigte sich. Es wurde ein Funkkanal zum Beiboot permanent freigeschaltet. Erixon und Kronstein hatten die elektromagnetischen Impulse ebenfalls angemessen und ihre Frequenz registriert. Sie stieg stetig.
Erixon vertrat die Ansicht, dass diese Impulse mit dem Zündmechanismus des Sprengsatzes in Zusammenhang standen.
»Die Energieversorgung der Station ist vollkommen heruntergefahren worden«, erklärte er. »Wahrscheinlich dauert es deswegen so lange.«
»War dieser Horchposten denn nicht mehr in Betrieb?«, wunderte sich Rena.
»Ich nehme an, dass er seine Hauptaufgabe bereits erfüllt hat«, meinte Erixon. »Die Aufzeichnung aller relevanten Daten zur Remanifestation von Wurmloch Alpha nämlich. Ich könnte mir denken, dass der Horchposten danach auf Tauchstation geschickt und so gut wie stillgelegt wurde.
Schließlich wollte man sicher im Fall einer Invasion auf ihn zurückgreifen und musste daher die Gefahr minimieren, dass er vorzeitig entdeckt wurde.«
»Ich kann nicht sagen, dass es mir wirklich Leid tut, diese Rechnung unserer ehemaligen Verbündeten durchkreuzt zu haben«, erwiderte Rena mit einem müden Lächeln.
Eine dreiviertel Stunde später erreichte die L-1 endlich ihr Mutterschiff. Yakuf Bogdan flog die L-1 mit gewohnter Routine durch das Außenschott und landete die Fähre in ihrem Hangar.
Rena gab sofort, nachdem ihr die Hangarcrew das Eintreffen des Beibootes gemeldet hatte, den Befehl zu beschleunigen.
Die NEPTUN sowie WEGA FIGHTER I und II waren längst außerhalb der unmittelbaren Gefahrenzone, auch wenn sie immer noch damit rechnen mussten, dass sie von Gesteinsbrocken getroffen wurden, wenn Darkness 334 auseinander platzte.
Gesteinsbrocken, die dann mit unvorstellbarer Wucht ins All geschleudert wurden.
Die STERNENKRIEGER flog mit einer Geschwindigkeit von 0,07 LG, als Fähnrich Riggs das Erreichen der kritischen Impulsfrequenz meldete.
Wenig später registrierten die Sensoren des Leichten Kreuzers eine Explosion unter der Oberfläche von Darkness 334. Aber diese Explosion war nur der Beginn. Die Antimaterieexplosion ließ den unregelmäßig geformten Himmelskörper regelrecht auseinander platzen. Einzelne Gesteinsbrocken wurden auf bis zu 0,3 LG beschleunigt. Die STERNENKRIEGER bekam einige dieser Brocken ab. Es gab Schäden in der Außenpanzerung. Mehrere Decks mussten evakuiert werden, doch niemand starb oder wurde ernsthaft verletzt.
Dort, wo sich Darkness 334 befunden hatte, bildete sich kurzzeitig ein künstliches Black Hole, das die durch die Explosion abgestoßene Materie wieder an sich zog. Die Gravitation war dermaßen stark, dass ihr die STERNENKRIEGER nur unter Aufbietung ihrer gesamten Beschleunigungskräfte entrinnen konnte. Die Unterlichttriebwerke liefen auf Hochtouren und schafften es nach Stunden, den Leichten Kreuzer aus dem Gefahrenbereich herauszubringen. Als die Mindestgeschwindigkeit zum Eintritt in den Sandström-Raum erreicht wurde, verschwand die STERNENKRIEGER als letzter der vier Leichten Kreuzer in diesem Kontinuum…
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Eine Woche später, Spacedock 112, im Orbit von Picus Major III…
Commodore Thorbjörn Soldo betrat als Letzter Konferenzraum C2. Sein Flaggschiff, der Dreadnought LIBERTY lag im Augenblick ebenso wie die STERNENKRIEGER am Spacedock 112, einer frisch eingerichteten Orbitalstation zur Reparatur und Wartung von Raumschiffen. Im Schnellverfahren war Spacedock 112 im Orbit von Picus Major III, der am dichtesten besiedelten Hauptwelt dieses Grenzgebietes, errichtet worden. Gewaltige Transportschiffe hatten die einzelnen Bauelemente durch den Sandström-Raum geschleppt und fertig hierher gebracht, wo sie dann nur noch zusammengesetzt werden mussten. Die zahlreicher werdenden Kampfhandlungen im Zusammenhang mit den außenpolitischen Begehrlichkeiten, die durch die Remanifestation von Wurmloch Alpha geweckt worden waren, machten es notwendig, entsprechende Wartungs- und Reparaturkapazitäten für die Schiffe des Space Army Corps vorzuhalten.
Commodore Soldo war ein Hüne mit hellblonden Haaren und einem flachsgelben Bart, was ihn wie einen Wikinger erscheinen ließ, dem zufälligerweise jemand die Uniform des Space Army Corps übergezogen hatte.
Außer Soldo waren noch Rena Sunfrost, Lieutenant Commander Steven Van Doren und Commander Raphael Wong anwesend.
Rena hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb der Commodore diese Zusammenkunft angeordnet hatte, aber er musste einen guten Grund dafür haben.
»Setzen Sie sich«, bat der Commodore, woraufhin alle ihre Plätze einnahmen.
Soldo ließ den Blick schweifen.
Schließlich wandte er sich an Rena Sunfrost.
»Ihren Vorschlag, Fähnrich Wiley Riggs wegen seines Verhaltens im Darkness-System vorzeitig zum Lieutenant zu befördern, werde ich zur wohlwollenden Prüfung weiterleiten«, erklärte er. »Vielleicht bekomme ich noch Gelegenheit dazu, den jungen Mann persönlich zu beglückwünschen. Abgesehen davon sehe ich gute Chancen, dass er in Kürze Lieutenant wird.
Dadurch verlieren Sie natürlich einen guten Offizier.«
»Danke, Sir«, sagte Sunfrost.
»An Ihre Adresse gerichtet möchte ich bemerken, dass Ihre Handlungsweise äußerst riskant war. Aber ich bin weit davon entfernt, Sie in diesem Fall dafür zu kritisieren. Sie haben in einer schwierigen Situation eine Abwägung vorgenommen und eine Entscheidung getroffen. Niemand von uns hat die Garantie, dass sich diese Entscheidungen dann später auch als richtig herausstellen. So ist das nun mal. Nennen Sie es ein Berufsrisiko.«
Commodore Soldo machte eine Pause.
Er lehnte sich in seinem Schalensitz etwas zurück und wirkte sehr nachdenklich.
Auf jeden Fall hat er uns in dieser Zusammensetzung nicht deswegen herbeordert, um die Beförderungschancen eines begabten Fähnrichs zu diskutieren, ging es Rena durch den Kopf.
»Ich habe mich nach dem Reparaturstatus der STERNENKRIEGER erkundigt«, fuhr Soldo schließlich fort. »So, wie man mich informiert hat, kann Ihr Schiff schon bald wieder in den Einsatz gehen, Commander Sunfrost.«
»Ja, das ist richtig, Sir. Noch zwei oder drei Tage Dockaufenthalt, dann sind wir wieder startklar.«
»Erfreulicherweise hat sich die strukturelle Integrität von Wurmloch Alpha deutlich stabilisiert. Es wurden bereits mehrere Sonden durch den Schlund geschickt. Sie kehrten in funktionstüchtigem Zustand zurück und so wissen wir, dass der Ausgang der Passage tatsächlich auch diesmal im so genannten Sektor Trans-Alpha liegt, einem Raumgebiet, dass sich auf der anderen Seite des galaktischen Zentrums befindet – etwa 50000 Lichtjahre von unserer gegenwärtigen Position entfernt. Wir möchten noch ein paar Tests abwarten, die das Wissenschaftlerteam um Professor Metz auf der Station Space Army Corps Base 567 durchführen wird, aber es spricht alles dafür, dass Wurmloch Alpha in Kürze frei für eine erste Passage ist. Für die Aufgabe einer ersten Erkundungsfahrt in den Trans-Alpha-Sektor nach zehn Jahren habe ich die STERNENKRIEGER und die NEPTUN bestimmt.«
Nun ist es also heraus, dachte Rena. Es geht um die nächste Mission. Ich hätte es mir ja eigentlich denken können…
Ein Lächeln glitt über Soldos Gesicht. »Ich nehme an, Commander Sunfrost, dass Sie im Laufe der Zeit, die Sie Ihr Schiff nun schon kommandieren, vielleicht hin und wieder mal die Gelegenheit hatten, in die Logbücher Ihres Vorgängers zu sehen.«
»Selbstverständlich«, erwiderte Rena. »Allerdings bin ich da auf ein paar Schwierigkeiten gestoßen. Die Aufzeichnungen meines Vorgängers sind nicht im vollen Umfang zugänglich. Selbst mit der Sicherheitsautorisierung des Captains nicht!«
»Diese Einschränkungen betreffen nicht zufällig eine Mission, die Ihren Vorgänger Commander Willard Reilly vor zehn Jahren durch das damals für anderthalb Jahre geöffnete Wurmloch Alpha geführt hat?«
»Der zeitliche Rahmen kommt etwa hin«, bestätigte Rena.
»Sie bekommen die zusätzliche Autorisierung, die notwendig ist, um diese Daten abzurufen, Commander. Allerdings wird es noch etwa einen halben Tag dauern, bis ich von der GalAb eine offizielle Bestätigung für die Aufhebung der Beschränkungen habe. Dass ich Ihnen die Codes früher überlasse, nehme ich auf meine Kappe, aber ich denke, Sie und Ihre Leute sollte die Zeit nutzen, um sich optimal vorzubereiten.«
»Danke, Sir.«
»Dasselbe gilt übrigens für alle anderen Anwesenden hier. Sie sind dringend aufgerufen, sich genauestens über die damalige Mission der STERNENKRIEGER, die sie zusammen mit einem weiteren Leichten Kreuzer – der PLUTO – unternahm, zu informieren. Ich erwarte das auch von Ihren Brückenoffizieren, die ebenfalls das damalige Aufzeichnungsmaterial zur Vorbereitung auf die Mission nutzen sollten. Gestalten Sie die Dienstpläne so, dass dafür genug Zeit bleibt. Die damals archivierten Daten enthalten sehr wichtige Hinweise für Ihre jetzige Aufgabe.« Soldo machte erneut eine Pause. Er beugte sich vor und warf Van Doren einen verschwörerischen Blick zu. »Ich nehme an, Sie wissen, wovon ich spreche, Lieutenant Commander.«
»Ja, Sir«, erwiderte Van Doren zurückhaltend.
Rena warf ihm einen fragenden Blick zu, aber es war an Soldo die Unklarheiten zu beseitigen.
»Lieutenant Commander Van Doren war damals Captain auf der PLUTO«, erklärte der Commodore, »während ich als Erster Offizier an Bord der STERNENKRIEGER unter Commander Willard Reilly diente. Sie sehen also, Commander Sunfrost, dass ich die STERNENKRIEGER nicht von ungefähr für diese Mission ausgesucht habe. Und was die NEPTUN angeht, so gehe ich davon aus, dass die Zusammenarbeit zwischen den Kommandanten beider Schiffe besonders reibungslos von statten geht.«
»Wie ist unsere genaue Aufgabenstellung, sobald wir Trans-Alpha erreicht haben?«, erkundigte sich jetzt Commander Wong, der bisher geschwiegen hatte.