Science Fiction Dreierband 3057 - Alfred Bekker - E-Book

Science Fiction Dreierband 3057 E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende SF-Romane: Die Feuerprobe im Weltraum (Mara Laue) Eine Kolonie füre Übermenschen (Alfred Bekker) Kampfzone Tau Ceti (Alfred Bekker) Im Jahr 2234 übernimmt Commander Willard J. Reilly das Kommando über die STERNENKRIEGER, ein Kampfschiff des Space Army Corps der Humanen Welten. Die Menschheit befindet sich im wenig später ausbrechenden ersten Krieg gegen die außerirdischen Qriid in einer Position hoffnungsloser Unterlegenheit. Dem ungehemmten Expansionsdrang des aggressiven Alien-Imperiums haben die Verteidiger der Menschheit wenig mehr entgegenzusetzen, als ihren Mut und ihre Entschlossenheit. Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, Jack Raymond, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Mara Laue, Alfred Bekker

Science Fiction Dreierband 3057

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Inhaltsverzeichnis

Science Fiction Dreierband 3057

Copyright

Mission Space Army Corps

Mission Space Army Corps 8: ​Die Feuerprobe im Weltraum

Der Roman

Übersicht Chronik der Sternenkrieger

Eine Kolonie für Übermenschen

Kampfzone Tau Ceti

Science Fiction Dreierband 3057

von Alfred Bekker, Mara Laue

Dieser Band enthält folgende SF-Romane:

Die Feuerprobe im Weltraum (Mara Laue)

Eine Kolonie füre Übermenschen (Alfred Bekker)

Kampfzone Tau Ceti (Alfred Bekker)

Im Jahr 2234 übernimmt Commander Willard J. Reilly das Kommando über die STERNENKRIEGER, ein Kampfschiff des Space Army Corps der Humanen Welten. Die Menschheit befindet sich im wenig später ausbrechenden ersten Krieg gegen die außerirdischen Qriid in einer Position hoffnungsloser Unterlegenheit. Dem ungehemmten Expansionsdrang des aggressiven Alien-Imperiums haben die Verteidiger der Menschheit wenig mehr entgegenzusetzen, als ihren Mut und ihre Entschlossenheit.

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, Jack Raymond, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER A. PANADERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

Mission Space Army Corps

Vier Science Fiction Romanserien - ein Kosmos!

CHRONIK DER STERNENKRIEGER - die kontinuierlich fortlaufende SF-Serie über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger. Bislang 47 Romane.

CHRONIK DER STERNENKRIEGER EXTRA - Extra-Romane und Stories aus dem Sternenkrieger-Universum. Bislang 4 Titel.

COMMANDER REILLY - das kontinuierlich fortlaufende Prequel über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger unter seinem ersten Kommandanten. Bislang 22 Romane.

MISSION SPACE ARMY CORPS - Romane aus dem Sternenkrieger Kosmos über die Abenteuer des Raumschiffs Sternenkrieger und anderer Schiffe des Space Army Corps der Humanen Welten in den Weiten der Galaxis. Mehr als 30 Titel in Vorbereitung.

Im Verlauf des 23.Jahrhunderts wird die Menschheit durch Angriffe aggressiver Alien-Zivilisationen bedroht. Die Raumschiffe des Space Army Corps stellen sich diesen Bedrohungen entgegen und erforschen die Weite des Alls.

Mission Space Army Corps 8: ​Die Feuerprobe im Weltraum

Mara Laue

Eine grelle Sonne bildete sich für einen Moment dort, wo gerade noch ein Kampfschiff gewesen war. Links davon explodierte ein weiteres und verging in einem letzten Aufflammen. KaraGai beobachtete auf dem Bildschirm den Verlauf der Schlacht. Ihr Gehirn analysierte ohne die Hilfe eines Computers das Geschehen und kam zu dem Schluss, dass die Gegner viel zu zahlreich waren. Und zu überlegen. KaraGai gab an alle Schiffe den Befehl zum sofortigen Rückzug. Wenn die Überlebenden sich nicht in Sicherheit brachten, würde ihr Volk aufhören zu existieren, vernichtet von einem Feind, den sie seit Jahrhunderten bekämpften und bis heute nicht besiegen konnten. Flucht war die einzige Möglichkeit, das Volk noch zu retten.
Denn sie waren die Letzten der Moondiv …

Der Roman

»Alle Schiffe steuern die Schrecklichen Zwerge an!«, befahl KaraGai der Flotte. »Fliegt so tief hinein, wie Ihr könnt und verbergt Euch dort!«

Ihr war bewusst, dass die Chancen schlecht standen, das tödliche Asteroidenfeld zu erreichen, das die Moondiv »die Schrecklichen Zwerge« nannten. Es gehörte schon ein außergewöhnliches navigatorisches Talent dazu, auch nur die Ausläufer unbeschadet zu passieren. Von allen Schiffen, die sich – freiwillig oder nicht – jemals hineingewagt hatten, war kaum eins wieder herausgekommen. Doch die Moondiv waren ausnahmslos der Überzeugung, dass es besser war, von den Schrecklichen Zwergen zermalmt zu werden, als dem Feind in die Hände zu fallen, der in ihre Körper eindrang, sie veränderte und ihnen die Persönlichkeit raubte.
Ein Funkspruch kam vom Hauptschiff der Wachflotte herein. »Bringt Ihr Euch in Sicherheit, KaraGai«, schlug dessen Kommandant SorTak vor. »Ihr müsst an die Fracht denken! Wir decken Euren Rückzug!«
»Das werdet Ihr nicht überleben, SorTak!«
»Natürlich nicht!«, bestätigte der Wachkommandant so fröhlich, wie es nur ein Moondiv sein konnte, der den Tod vor Augen und ihn akzeptiert hatte. »Aber wir werden eine Menge Feinde mit in den Tod nehmen. Ihr dagegen seid der letzte Garant dafür, dass unser Volk überlebt. Flieht und überlasst den Feind uns.«
SorTak wartete KaraGais Antwort nicht ab, sondern sammelte seine Schiffe und stürzte sich mit ihnen selbstmörderisch jedem Feind entgegen, der Kurs auf KaraGais Schiff nahm oder Anstalten machte, es zu beschießen. Die Kommandantin zögerte nicht und nahm Kurs auf die Schrecklichen Zwerge mit der höchsten Beschleunigung, die ihr Schiff, das den bezeichnenden Namen FREIHEIT trug, erreichen konnte.
Doch der Feind hatte nicht die Absicht, sie entkommen zu lassen. Die Götter mochten wissen, weshalb sie ausgerechnet die Moondiv so vehement verfolgten und ausrotten wollten, nachdem es ihnen nicht gelungen war, sie zu übernehmen. Denn obwohl alle verfügbaren Wissenschaftler der Moondiv an dem Problem arbeiteten, war es ihnen nicht einmal im Ansatz gelungen, eine wirksame Methode zur Bekämpfung des furchtbaren Feindes zu entwickeln. Deshalb blieb ihnen in Situationen wie dieser nur der Kampf mit militärischen Mitteln. Und den führten beide Seiten mit aller Vehemenz. Die Moondiv kämpften um ihre Freiheit; die anderen darum, auch noch den letzten Moondiv zu versklaven oder zu vernichten.
Es hieß zwar, dass die Feinde denjenigen, die sie übernahmen, ein hohes technisches Wissen gaben und eine verlängerte Existenz. Doch der Preis dafür war der Verlust von Freiheit und – noch schlimmer! – der eigenen Persönlichkeit. Und die Moondiv würden weder das eine noch das andere jemals freiwillig zulassen. Also hatten die Feinde beschlossen, die Moondiv vollständig zu vernichten – und sie waren dabei gründlich vorgegangen.
Sie hatten die Moondiv-Welten angegriffen und die Bevölkerung ausgelöscht, sofern die nicht rechtzeitig hatte fliehen können. Schiffe der Versorgungsklasse wie die FREIHEIT waren in aller Eile umfunktioniert worden zu Flüchtlingsschiffen, mit denen die Moondiv versuchten, ihre Welten zu evakuieren, bevor die feindliche Angriffswelle sie erreichte. Hunderten Schiffen war die Flucht gelungen.
Aber die Feinde hatten sie verfolgt und dezimiert, bis nur noch die FREIHEIT und die sie begleitenden Wachschiffe übrig waren. Kommandant SorTak hatte Recht, dass KaraGais Verpflichtung in erster Linie ihrer »Fracht« galt: 1863 Frauen, Männern und Kindern, die die letzte Hoffnung des fast ausgerotteten Volkes auf Überleben waren. Falls es KaraGai gelang, sie an einem Ort in Sicherheit zu bringen, den die Feinde nicht finden konnten, und an dem sie in Ruhe lange genug leben konnten, bis sich ihre Zahl wieder so weit erhöht hatte, dass sie aufs Neue der Bezeichnung »Volk« gerecht wurden.
Doch dazu mussten sie die Schrecklichen Zwerge erreichen – und sie überleben! – bevor die Feinde sie erwischten oder aufhielten.
Acht Feindschiffe nahmen Kurs auf die FREIHEIT und eröffneten das Feuer. Das Schiff wurde von mehreren Treffern geschüttelt, aber die Ablenkschirme verhinderten das Schlimmste.
»Feuer frei aus allen Geschützen!«, befahl KaraGai ihrem Waffen-Sek. Und dem Navigations-Sek: »Ausweichmanöver!«
Die Navigatorin sperrte ihren rüsselartigen Mund auf und ließ eine Reihe von klickenden Lauten hören, während ihre Finger mit den zurzeit inaktiven Saugnäpfen an den Enden in rasender Geschwindigkeit über die Kontrollen flogen. LuniMar fand die Situation trotz der Gefahr aufregend und erheiternd. KaraGai wünschte sich manchmal, ein ebenso unerschrockenes und unverwüstliches Gemüt zu haben wie ihre Navigatorin. Doch oft genug ging ihr deren Draufgängertum und ihr vorlauter Rüssel gewaltig auf die Nerven.
Jetzt allerdings war gerade diese draufgängerische Unerschrockenheit die einzige Chance, die den Moondiv noch zum Überleben blieb. LuniMar zwang die FREIHEIT zu Manövern, die jedes andere Schiff aufgrund der Materialbelastung in Stücke gerissen hätte. Doch die FREIHEIT war in den letzten Jahren immer wieder verbessert, verstärkt, modifiziert und nachgerüstet worden, bis es kein widerstandsfähigeres, schnelleres, leistungsstärkeres und besser bewaffnetes Schiff gab.
Und keine bessere Crew. KaraGai war unglaublich stolz darauf, die Elite ihres Volkes zu befehligen. Gleichzeitig erfüllte die damit verbundene Verantwortung mit der beständigen Furcht, in ihrer Aufgabe zu versagen, sie oft genug mit Unsicherheit. Doch für solche Gedanken war jetzt nicht die richtige Zeit.
SorTaks Schiff vernichtete zwei Angreifer, und die Geschütze der FREIHEIT zwei weitere. Drei Wachschiffe warfen sich den Feinden in den Weg und kollidierten mit ihnen. Die Anzeigen auf dem Bildschirm zeigten, dass nur noch sieben Wachschiffe der Moondiv übrig waren. Und auf die stürzte sich das Gros der Feinde. Stumm sahen KaraGai und ihre Leute der Vernichtung zu.
LuniMar holte den letzten Rest aus den Triebwerken heraus, und die FREIHEIT schoss den Schrecklichen Zwerge entgegen. Durch geschickte Zuschaltung der Hilfstriebwerke gelang es ihr, genug Abstand zwischen sich und die Feindschiffe zu bringen, dass deren Beschuss wirkungslos wurde. Aber die Verfolger gaben nicht auf. Sie wussten genau, dass die FREIHEIT die letzten überlebenden Moondiv in sich trug. Wenn es ihnen gelang, dieses eine Schiff noch zu vernichten, waren die Moondiv Geschichte. Also hefteten sie sich an die Fersen des fliehenden Schiffes.
Die FREIHEIT raste auf die Schrecklichen Zwerge zu und in ihre Ausläufer hinein. Erst im letzten Moment schaltete LuniMar die Haupttriebwerke aus, ging auf Gegenschub, dass die Hülle der FREIHEIT gequält aufkreischte und KaraGai fast sicher war, dass das Schiff dieser Belastung nicht standhalten würde.
Doch es hielt und sie konnten hinter einem der größeren Gesteinsbrocken in Deckung gehen.
»Manöver 173!«, befahl KaraGai.
Der Waffen-Sek reagierte sofort. DolKan stieß ein extra zu diesem Zweck präpariertes und längst unbrauchbares Beiboot aus und brachte es zur Explosion. Durch Sprengstoffladungen und Metallschrott an Bord simulierte das Boot die Masse der FREIHEIT. Im Schutze der Explosion schaltete LuniMar die Spiegelgeneratoren ein.
Diese Technologie, die sie von den Yagari gekauft hatten, ermöglichte die Erzeugung eines Hologramms, das die Umgebung nicht nur optisch perfekt nachbildete, sondern auch deren Energiestruktur. Bisher hatten die Feinde noch keine Möglichkeit gefunden, ein solches Hologramm als das zu erkennen, was es war. Außerdem bot es einen elektronischen Ortungsschutz, der die Energieemissionen der Lebenshaltungssysteme und des Stand-by-Modus der Triebwerke verdeckte. Solange die FREIHEIT die Triebwerke nicht aktivierte, blieb sie unsichtbar.
Allerdings gab es dabei einen gravierenden Nachteil. Die Spiegelgeneratoren fraßen eine enorme Menge Energie, sodass das Hologramm nur wenige Stunden lang aufrecht erhalten werden konnte. Doch mit etwas Glück würde die so gewonnene Zeit ausreichen.
LuniMar schaltete die Triebwerke aus und intonierte ein jubilierendes Trillern. »Fresst Feuer, ihr Fikiti!«, schleuderte sie den Verfolgern entgegen, obwohl die sie nicht hören konnten.
»Reißt Euch ein bisschen zusammen, LuniMar«, rügte KaraGai sanft, denn sie konnte die Gefühle ihrer Navigatorin nur zu gut verstehen. »DolKan, wie ist der Zustand der Waffen?«
»Energie auf 43 Prozent, aber es reicht noch aus, um einige Feindschiffe in das Ewige Flammenmeer zu blasen. Und einen Teil davon dürften ohnehin die Schrecklichen Zwerge für uns erledigen«, fügte er amüsiert klickend hinzu.
»Schadensmeldung!«, forderte KaraGai von den übrigen Sektionen des Schiffes.
Zu ihrer Erleichterung gab es nur minimale Schäden, die innerhalb kurzer Zeit behoben sein würden. KaraGai ordnete an, dass alle nicht lebensnotwendigen Energiequellen abgeschaltet wurden. Danach gab es nichts weiter zu tun als abzuwarten und zu beobachten, was die Feinde taten. Einige Feindschiffe waren vernichtet worden, weil sie sich zu weit in die Schrecklichen Zwerge vorgewagt hatten.
Doch sie gaben nicht so schnell auf. Offenbar misstrauten sie der Explosion, die die Vernichtung der FREIHEIT vorgetäuscht hatte und scannten die Umgebung unablässig.
Zum Glück hatte LuniMar einen Asteroiden wählen können, der innerhalb des Asteroidenfeldes eine stabile Bahn besaß und groß genug war, Zusammenstöße mit kleineren Brocken unbeschadet zu überstehen. Außerdem hielt sie die Triebwerke in ständiger Bereitschaft für einen Notstart. Doch die Hauptabwehr oblag den Waffen, falls es notwendig war, einige Brocken zu sprengen.
KaraGai hoffte allerdings inständig, dass das erst nötig wurde, wenn die Feinde abgezogen waren. Sonst würde das Geschützfeuer sie verraten. Das Gleiche galt auch für den Ablenkschirm.
O Ihr Zwei Einen, die Ihr über uns wacht, betete KaraGai stumm zur Göttin und dem Gott der Moondiv. Beschützt uns! Lasst die Feinde nicht den Sieg davontragen! Helft uns! Steht uns bei, Ihr Gütigen.
Offenbar erhörten die Zwei Einen das Gebet, denn die Moondiv hatten doppeltes Glück. Zwar suchten die Feinde die Schrecklichen Zwerge gründlich ab, so weit ihre Scanner reichten, doch sie akzeptierten schließlich die Trümmer des gesprengten Beiboots als Beweis für die Zerstörung der FREIHEIT. Und in der Zeit, während die Feinde noch in Scannerreichweite waren, bedrohten keine Asteroiden oder Meteoriten das Schiff unmittelbar, obwohl ein paar nicht gerade kleine Brocken die FREIHEIT näher passierten, als es KaraGai lieb war.
Die Feinde zogen schließlich ab. Nachdem sie die Reichweite der Scanner – auch ihrer eigenen – verlassen hatten, ließ KaraGai die Spiegelgeneratoren abschalten. Die Energiezellen würden jetzt einen halben Tag brauchen, bis sie wieder voll aufgeladen waren. Und die FREIHEIT war noch lange nicht in Sicherheit.
Sicherheit, erkannte KaraGai, würde es hier ohnehin nicht mehr geben, weil sich der Feind rasend schnell vermehrte.
Sie betätigte die Rundsprechanlage. »Alle Seki finden sich sofort im Besprechungsraum ein«, ordnete sie an. Es musste eine Entscheidung getroffen werden. Doch die besaß eine Tragweite, dass KaraGai sie nicht allein treffen konnte.
Als die Seki vollzählig versammelt waren, ehrten sie zuerst die Toten mit einem lang gezogenen Triller. Danach folgte ein Moment des ehrfurchtsvollen Schweigens. Schließlich ergriff KaraGai das Wort.
»Wir können hier nicht bleiben.« Und jeder wusste, dass sie damit nicht das Asteroidenfeld meinte. »Wir brauchen eine Zuflucht, wo wir sicher sind.«
»Da werden wir aber weit fliegen müssen«, warf DolKan ein. »Die Feinde breiten sich mit einer Geschwindigkeit aus, die unsere Reproduktionsrate übertrifft. Selbst wenn wir uns ans Ende der uns bekannten Gebiete zurückziehen, würde es nur wenige Jahrzehnte dauern, bis sie auch bis dorthin vorgedrungen sind und uns wieder das Leben schwer machen.«
»Außerdem ist die Frage«, ergänzte BuriRam, die Chefärztin, »ob es jenseits der uns bekannten Gebiete Welten gibt, auf denen wir uns ansiedeln können.«
»Die gibt es sicher«, beruhigte KaraGai sie, »auch wenn wir vielleicht lange nach einem geeigneten Planeten suchen müssen. Aber DolKan hat Recht, was die Tatsache betrifft, dass die Feinde uns bald wieder eingeholt haben würden.«
»Ihr habt eine andere Idee«, vermutete LuniMar und blickte ihre Kommandantin aufmerksam an.
»Ja«, bestätigte KaraGai und sah jeden Anwesenden der Reihe nach eindringlich an. »Wir gehen durch das Wurmloch.«
*
Captain Rena Sunfrost saß zurückgelehnt in ihrem Sessel und beobachtete auf dem Bildschirm die Annäherung an Raumdock 87. Dort parkte der neue Stolz der Space Army Corps Flotte: die STERNENKRIEGER II, Prototyp der neuen SEK-Klasse – Sondereinsatz-Kreuzer – speziell dafür konstruiert, immer dorthin geschickt zu werden, wo es »brannte«. Und natürlich für alle übrigen Sondereinsätze jedweder Art.
Captain Rena Sunfrost!, sagte sie sich innerlich. Endlich kein Commander mehr, der ein Schiff kommandiert und deshalb Captain genannt wird, sondern ein richtiger!
Sie war erfüllt von dem Stolz über die Beförderung, die ihr ihr letzter Einsatz eingebracht hatte.
Doch der Stolz, den sie darüber empfand, dass man gerade ihr und ihrer Crew dieses neue Wunderwerk der Raumfahrttechnik anvertraut hatte, überwog das leicht.
Die neue STERNENKRIEGER bot einen prachtvollen Anblick. Es war etwas kleiner als die Vorgängerin, die beim letzten Einsatz zerstört worden war. Genau genommen hatte Rena Sunfrost die Selbstzerstörungsanlage aktiviert, um durch die Explosion das Wurmloch zu destabilisieren.
Und es scheint ja funktioniert zu haben, dachte sie. Immerhin sind uns die Etnord nicht sofort gefolgt.
So hatte das Space Army Corps of Space Defence, der militärische Arm der Humanen Welten die Gelegenheit erhalten, sich auf die Verteidigung vorzubereiten.
Die neue STERNENKRIEGER hatte die Form einer zu einer Sichel gebogenen Walze, deren Enden spitz zuliefen. Von der Mitte aus stach ein langer »Schwanz« nach hinten, flankiert von den Haupttriebwerken. Von oben betrachtet besaß das Schiff deshalb eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Pfeilschwanzkrebs.
Rena rann ein Schauer über den Rücken. Ich habe noch nie ein Schiff gesehen, das derart offensichtlich wie ein Kriegsschiff wirkt. Und wir müssen uns dafür ganz neue Kampftaktiken erarbeiten.
Die alte STERNENKRIEGER hatte über eine Breitseiten-Bewaffnung verfügt, die die mangelhafte Zielelektronik durch die schiere Masse an Projektilen wettmachen sollte. Obwohl sie nur ein Leichter Kreuzer gewesen war, war sie mit 160 Gausskanonen bewaffnet gewesen.
Die neue besaß lediglich zehn – sechs nach vorne, vier nach hinten. Doch diese waren schwenkbar, sodass es keine toten Winkel gab. Außerdem war die Zielerfassung stark verbessert worden und übertraf jetzt sogar die der Qriid.
Rena erinnerte sich noch an die Besprechung, in der die Ingenieure ihr erklärt hatten, dass die neue Zielvorrichtung für die ungewöhnliche Form verantwortlich war. Sunfrost hatte nach den ersten Sätzen des Technikgeschwafels kaum noch etwas verstanden und nur zustimmend genickt.
Ich muss mir das alles noch mal in Ruhe von Lieutenant Erixon erläutern lassen, nahm sie sich vor und war dankbar, dass sie ihren Leitenden Ingenieur auch auf dem neuen Schiff zur Verfügung hatte.
Am wichtigsten war für sie als Captain der STERNENKRIEGER ohnehin, dass jedes Geschütz von einem Lieutenant einzeln angesteuert wurde.
Das wird wahrscheinlich ablaufen, wie auf einem Schießstand, dachte sie. Sie werden darum wetteifern, wer mehr Abschüsse zu verzeichnen hat.
Verbessert war auch die Triebwerksleistung im Einstein-Universum, und zwar enorm. Die herkömmlichen Triebwerke waren einem modernen Mesonenantrieb gewichen, der endlich auch für Schiffe dieser Größe zur Verfügung stand. Mit dem erreichte die STERNENKRIEGER die erforderliche Geschwindigkeit zum Eintritt in den Sandström-Raum in nur noch drei Stunden, statt wie bisher erst in acht.
Dazu war natürlich auch die Hüllenpanzerung verbessert worden und die Leistung der Plasmaschirme.
Wobei Letztere uns kaum noch nutzten werden, fuhr es Rena durch den Kopf.
Die Plasmaschirme waren speziell gegen die Traser der Qriid entwickelt worden, mit denen vor wenigen Monaten endlich Frieden geschlossen worden war. Gegen die Waffen der Etnord halfen sie nicht.
Ferner befand sich einer der neuen Jäger an Bord. Diese Kleinstraumschiffe waren im Grunde genommen nichts anderes als fliegenden Gausskanonen mit Antrieb und Pilotenkanzel, aber überaus effektiv, wie sie in ihrem ersten Großeinsatz im letzten Kampf mit den Qriid bei Konors Stern bewiesen hatten.
Der Pilot dieses Jägers war Titus Naderw, der früher als Beiboot-Pilot auf der STERNENKRIEGER I gewesen war. Rena war froh, diesen fähigen Mann wieder in ihrer Crew zu haben.
Die neue STERNENKRIEGER verfügte nur noch über zwei 15-Mann-Shuttles, und selbst die waren nur für den Schiff-zu-Schiff-Verkehr gedacht, auch wenn sie natürlich atmosphärentauglich waren. Die neue SEK-Klasse war dafür konstruiert, selbst in Planetenatmosphären einzudringen und auf Antigravfeldern schwebend zu »landen«.
Durch den Wegfall von 150 Gaussgeschützen gab es beinahe verschwenderisch viel Platz an Bord. Besonders weil die Führung des Schiffs nur noch 85 Crewmitglieder erforderte. Dafür befanden sich nun 30 voll ausgerüstete Marines an Bord.
Rena seufzte unhörbar, als sie an all die Veränderungen dachte, die in den letzten Wochen mit ihr, ihrer Crew und ihrem Schiff geschehen waren. Die Personaländerungen – so schmerzhaft sie waren – freuten sie im Grunde. Sergeant Rolfson, Kommandant der Marines an Bord der STERNENKRIEGER, hatte ein Stipendium erhalten und büffelte inzwischen an der Akademie für sein Offizierspatent. Und Lieutenant David Kronstein hatte nach seiner verdienten Beförderung zum Lieutenant Commander die STERNENKRIEGER verlassen, um als Erster Offizier auf der ALEXANDER unter dem Kommando von Captain Nina Singh zu dienen.
Rena warf einen Blick auf ihren Ersten Offizier. Steven Van Doren betrachtete ebenso wie sie das neue Schiff auf dem Bildschirm. Um seine Lippen spielte ein leises Lächeln, und er machte ein überaus zufriedenes Gesicht.
»Ich nehme an, das entschädigt Sie ein bisschen für die Versetzung auf die STERNENKRIEGER I«, sagte sie leise und spielte damit auf die Tatsache an, dass Van Doren, ehemaliger Captain des Schweren Kreuzers DAEDALOS, nach der Schlacht bei Konors Stern zum Lieutenant Commander degradiert und zur STERNENKRIEGER versetzt worden war.
»Oh ja!«, bestätigte Van Doren »Es ist fast ein Déjà-vu. Als ich mein erstes Kommando übernahm, war mein Schiff der neue Prototyp der Leichten Kreuzer, die JUPITER, der Zwilling der STERNENKRIEGER. Und jetzt komme ich wieder auf einen Prototyp, der das Beste an technischer Entwicklung ist, das die Humanen Welten zurzeit haben.«
»Leider sind Sie nicht der Captain.« Van Doren grinste. »Kommt noch«, prophezeite er augenzwinkernd. »Ich werde eines Tages wieder ein eigenes Kommando haben.«
»Ich gönne es Ihnen von Herzen.« Normalerweise wäre der Erste Offizier an Bord der STERNENKRIEGER II ein Commander gewesen und in der Hierarchie des Space Army Corps hatte man diesen herausragenden Posten auch sicher ursprünglich nicht mit einem degradierten und in Ungnade gefallenen Offizier besetzen wollen. Aber Rena hatte darauf bestanden, dass Van Doren ihrer neuen Crew zugeteilt wurde. Auf Grund seiner außerordentlichen Kommandoerfahrung wurde es ihm schließlich ausnahmsweise gestattet, trotz seines derzeitigen Ranges eines Lieutenant Commander als Erster Offizier des neuen Sondereinsatzkreuzers zu fungieren.
Eine Art kleiner Rehabilitierung, dachte Rena.
Immerhin war Van Dorens Degradierung recht fragwürdig gewesen. Sein einziges »Verbrechen« hatte in der Tatsache bestanden, dass er unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen mit den Qriid 73 von ihnen aus ihrem zerstörten Schiff gerettet hatte, wobei er allerdings die Sicherheit der DAEDALOS riskierte.
Obwohl der neue Regierungschef der Qriid sich persönlich bei ihm dafür bedankt und seinen Mut gelobt hatte, nahm man das im Space Army Corps zum Anlass, Van Doren zu degradieren. Nicht nur Rena hegte den begründeten Verdacht, dass ihm jemand in einflussreicher Position damit kräftig eins auswischen wollte. Aber das war nicht mehr zu ändern. Van Doren war ein ausgesprochen guter Erster Offizier, von dessen reichhaltiger Erfahrung Rena und die STERNENKRIEGER schon mehr als einmal profitiert hatten.
Nur manchmal musste sie ihn noch daran erinnern, dass sie die STERNENKRIEGER kommandierte und nicht er.
Das Shuttle dockte an, und der Rest der Crew, der noch nicht an Bord der STERNENKRIEGER II war, wechselte hinüber in ihr neues Schiff.
Van Doren atmete hörbar die Luft tief ein. »Ich liebe den Geruch eines neuen Schiffs«, schwärmte er. »Es duftet nach Energie und neuen Taten.«
Rena warf ihm einen belustigten Bück zu. »Jetzt sagen Sie nur noch ›nach Freiheit und Abenteuer‹!«
Obwohl sie sich weitgehend an Van Dorens manchmal schrägen und oft makabren Humor gewöhnt hatte, überraschte er sie hin und wieder immer noch mit seinen Bemerkungen. Er grinste.
»Aber es duftet tatsächlich nach Freiheit und Abenteuer«, stimmte er zu.
»Die Luft hier drinnen riecht nach gar nichts, Van Doren.«
Van Doren warf ihr einen mitleidigen Blick zu. »Ach Captain, Ihnen fehlt einfach die erforderliche Fantasie.«
Bevor Rena etwas darauf antworten konnte, wurden sie von der Bordcrew begrüßt.
Robert Ukasi, der gerade zum Lieutenant Commander befördert worden war, begrüßte sie. Als bislang ranghöchster Offizier an Bord hatte er bis eben das Kommando innegehabt. Als Taktik-Offizier hatte er das Kommando über die zehn Lieutenants, die die Gauss-Kanonen bedienten. Von denen befand sich keiner hier, aber Rena hatte sie alle bereits kennen gelernt.
»Willkommen an Bord, Ma’am!«, grüßte er. »Sir!«
»Danke, Lieutenant Commander. Wie ich sehe, brennen Sie förmlich darauf, mir Ihre Meinung über unser neues Schiff mitzuteilen.«
»Oh ja, Ma’am! Das Schiff ist eine Wucht! Anders kann ich es nicht bezeichnen.« Und er erging sich in einer detaillierten Beschreibung aller Vorzüge – besonders der neuen Bewaffnung und der Manövrierfähigkeit –, die das neue Schiff hatte.
Rena hob abwehrend die Hand, um seinen Redefluss zu unterbrechen. Sie hatte Ukasi noch nie so euphorisch erlebt. »Ich bin mir sicher, dass das alles äußerst interessant ist, Lieutenant Commander, aber lassen Sie mich doch erst mal an Bord kommen.«
Ukasi grinste ein wenig verlegen. »Natürlich, Ma’am, entschuldigen Sie. Jedenfalls hat mir der LI versichert, dass die STERNENKRIEGER II in bestem Zustand und einsatzbereit ist. Und ich kann es nicht erwarten, sie in Aktion zu erleben.«
»Ich auch nicht«, stimmte Rena zu. »Start in einer Stunde.«
»Jawohl, Ma’am!«
Ukasi jubelte seine Bestätigung beinahe und verschwand im Laufschritt Richtung Brücke, während Rena und die übrigen neu eingetroffenen Besatzungsmitglieder zunächst ihre Quartiere aufsuchten, um ihr Gepäck zu verstauen. Renas Kabine war fast doppelt so groß wie ihre bisherige. Und die unteren Mannschaftsränge mussten sich nur noch zu zweit eine Kabine teilen statt sich wie bisher in Quartieren zu viert zu stapeln.
Doch Rena hielt sich nicht lange damit auf, in diesem Luxus zu schwelgen, sondern eilte auf die Brücke, wo sie feststellen musste, dass Van Doren schneller gewesen war und bereits im Sessel des Ersten Offiziers zur Linken des Captains saß. Er erhob sich, als sie eintrat und ging zum Ortungspult hinüber, wo der frisch beförderte Lieutenant Wiley Riggs saß, der nun David Kronsteins Platz einnahm. Scheinbar konzentriert prüfte Van Doren irgendwelche Anzeigen auf dem Display und gab Rena so die Gelegenheit, für ein paar Minuten vollkommen ungestört ihren Platz in der Mitte zu genießen.
Was sie ausgiebig tat und als Erstes feststellte, dass auch der Kommandosessel besser war als der vorherige. Er war nicht nur bequemer, sondern besaß auch ein erweitertes Display, auf dem die aktuellen Meldungen aller Sektionen ständig in einem aus kleinen Sichtfenstern bestehenden Band am oberen Rand verfügbar waren.
Doch Renas Aufmerksamkeit galt in erster Linie dem Gefühl, auf diesem Platz in der Mitte zu sitzen, auf diesem Schiff, dessen Kommandantin sie war. Es war ein herrliches Gefühl, und sie musste sich gewaltsam wieder davon losreißen.
Van Doren setzte sich wieder in seinen Sessel und grinste sie breit an.
Rena konnte nicht anders und lächelte zurück. »Ich möchte in 15 Minuten starten.«
Ihr Erster Offizier nickte und wandte sich an Lieutenant Susan Jamalkerim, die Kommunikationsoffizierin. »Ich nehme an, wir haben bereits Startfreigabe.«
»Ja, Sir, ist soeben reingekommen.«
Die Zentrale füllte sich. Lieutenant John Taranos nahm seinen Platz am Navigationspult ein und Lieutenant Commander Robert Ukasi den am Taktikdisplay. Rena fand es beruhigend, die vertrauten Leute um sich zu haben. Von allen Stationen kamen in kurzer Reihenfolge die Klarmeldungen.
»Lieutenant Taranos, bringen Sie uns aus dem Dock und anschließend aus dem System. Danach fliegen wir ein paar Manöver zum Test.«
»Aye, Ma’am.«
Captain Rena Sunfrost lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Und dann, Lieutenant Commander Ukasi, werden wir mal schauen, ob Ihre neuen Geschütze das halten, was die Konstrukteure versprochen haben.«
Zwar hatte die gesamte Besatzung ein intensives Training im Simulator absolviert, sodass jeder mit der neuen STERNENKRIEGER vertraut war. Aber jedes Schiff hatte eine eigene Disposition, ein Verhalten, das sich selbst im besten Simulator nicht nachbilden ließ. Rena neigte inzwischen nach entsprechend langer Erfahrung dazu, ihrem früheren Ausbilder Recht zu geben, der immer behauptet hatte, jedes Schiff habe seine eigene Seele, ähnlich wie ein Mensch.
Zwar wollte sie nicht so weit gehen und von einer Seele sprechen, aber eine gewisse Persönlichkeit hatte ein Schiff durchaus. Auch wenn die vorwiegend aus technischen Schaltkreisen und den dadurch bedingen »Verhaltensweisen« bestand, reagierte doch kein Schiff genau so wie ein anderes des gleichen Typs und Bauart.
Die Triebwerke nahmen ihre Arbeit auf, und Rena verspürte das vertraute und doch neue Vibrieren unter sich, das kaum merklich auf ihren Körper übergriff und unterschwellig ständig da sein würde, solange das Schiff beschleunigte.
Sie aktivierte ihr Hauptdisplay und nahm Zugriff auf die Übertragungskameras des Docks. So konnte sie beobachten, wie der Start der STERNENKRIEGER II aus der Sicht eines Beobachters aussah. Es war ein beeindruckender Anblick, den Rena bis zur letzten Sekunde genoss. Als sie den Blick wieder nach vorne auf den Hauptbildschirm wandte, bemerkte sie, dass Van Doren sie mit einem verständnisvollen Lächeln beobachtete.
»Es ist immer wieder erhebend, nicht wahr?«, sagte er leise. »So oft ich das schon erlebt habe, ist es doch jedes Mal wieder etwas ganz Besonderes und absolut unvergleichlich.«
»Ja«, stimmte Rena inbrünstig zu. »Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.«
»Dann wollen wir uns mal in unser nächstes Abenteuer stürzen. Egal welches das sein wird.«
»Ehrlich gesagt, ist mein Bedarf an Abenteuern fürs Erste gedeckt. Und ich kann es sehr wohl erwarten, dass das nächste auftaucht.«
Van Doren warf theatralisch die Arme in die Luft. »Ach, Captain«, sagte er mit betrübtem Kopfschütteln, »Sie haben einfach keinen Sinn für die schönen Dinge des Lebens!«
Rena verkniff sich ein Lachen und konzentrierte sich wieder auf das Geschehen auf den Bildschirm.
»Lieutenant Taranos, sobald Sie so weit sind, beginnen Sie mit Manöver Alpha 27 …«
*
Aufgeregtes Klackern folgte auf KaraGais Ankündigung, gemischt mit verblüfftem Zischen und hier und da einem unmutigen Trommeln.
»Ich halte das Wurmloch für keine gute Idee«, widersprach HonTir, der Erste Versorger. »Wir wissen nicht, was uns dort erwartet.«
»Das wissen wir auch nicht, wenn wir auf dieser Seite des Wurmlochs in unbekanntes Gebiet vorstoßen«, erinnerte ihn LuniMar.
»Dafür wissen wir, dass auf der anderen Seite Wesen leben, die keine Freunde unserer Feinde sind«, fügte KaraGai hinzu.
»Und Ihr glaubt, dass die deswegen unsere Freunde sein müssen?«, höhnte BuriRam.
»Natürlich nicht«, widersprach KaraGai ruhig. »Wir würden natürlich erst die Lage sondieren, genau beobachten und danach erst abwägen, ob und wem wir dort drüben trauen können.«
»Wenn ich Euch richtig verstehe, schlagt Ihr vor, dass wir uns dort eine neue Heimat suchen«, vergewisserte sich die Chefärztin.
»Ja. Falls sich die dort lebenden Völker nicht als ebenso große Feinde entpuppen wie die Fikiti hier, haben wir da viel größere Chancen zu überleben und unsere Zahl wieder auf ein Level zu bringen, dass man uns ein Volk nennen kann.«
»Wir sind ein Volk!«, fuhr LuniMar hitzig auf. »Solange nur noch ein einziger Moondiv lebt, ist unser Volk nicht tot!«
KaraGai legte zustimmend den Kopf schief und verschränkte für einen Moment ihre vier Arme. »Aber ein einziger Moondiv kann sich nicht mehr fortpflanzen. Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Wenn wir hier bleiben, ist unsere Chance zu überleben gering. Wir wissen zwar nicht, was uns jenseits des Wurmlochs erwartet, aber es kann auf keinen Fall schlimmer sein als die Situation hier. Doch vielleicht gelingt es uns, auf der anderen Seite Verbündete zu gewinnen.«
»Wofür?«, fragte HonTir interessiert.
»Zunächst einmal für den Kampf gegen den Feind. Und langfristig vielleicht dafür, unsere Heimatwelt eines Tages zurückzuerobern.«
KaraGai erkannte an dem inhaltsvollen Schweigen, dass sie mit diesem Argument alle Seki auf ihre Seite gebracht hatte. Als sie die Abstimmung durchführte, gab es keine einzige Stimme gegen ihren Plan.
»Da es nun entschieden ist, machen wir uns also auf den Weg«, entschied sie.
»Das wird interessant!«, war LuniMar mit einem aufgeregten Klicken überzeugt.
KaraGai seufzte. »Euer Wagemut wird eines Tages noch Euer Verderben sein, LuniMar.«
»Oder uns wieder einmal unser aller Leben retten«, entgegnete die Navigatorin unbekümmert und klapperte amüsiert mit den Hornplatten in ihrem Rüsselmund.
»Euer Selbstvertrauen möchte ich haben! Ich glaube, davon könnten wir alle eine gute Portion brauchen.«
Sie kehrten auf ihre Stationen zurück, und KaraGai ließ die FREIHEIT starten. LuniMar setzte erneut ihr gesamtes Können ein, um das Schiff unbeschadet aus den Schrecklichen Zwerge hinaus zu manövrieren. KaraGai musste wieder einmal zugeben, dass LuniMars navigatorisches Können außergewöhnlich war.
Trotzdem blieb es ein riskantes Unterfangen, denn der Asteroid, hinter dem sie sich versteckt hatten, hatte sich inzwischen tiefer in das Asteroidenfeld bewegt. Doch LuniMar schaffte es, die FREIHEIT unbeschadet wieder in den freien Raum zu bringen.
KaraGai atmete ebenso wie alle anderen unhörbar auf und ließ Kurs auf das Wurmloch setzen. Als sie sich ihrem Ziel näherten, ordnete KaraGai an, dass die Spiegelgeneratoren ständig in Betrieb blieben. In unmittelbarer Nähe hielten sich etliche feindliche Schiffe auf.
LuniMar übertraf sich selbst. Im antriebslosen Schleichflug navigierte sie die FREIHEIT unbemerkt an ihnen vorbei ins rettende Wurmloch …
*
Thorbjörn Soldo, Kommandant der im Picus-Sektor stationierten Space Army Corps-Schiffe, schob zur Abwechslung eine ruhige Kugel mit der Bewachung des Wurmlochs. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, äußerst wachsam zu sein. Das »Wurmloch Alpha« schien zunächst ein Geschenk Gottes zu sein, das den Weg ans andere Ende der Galaxis und damit ungeahnte Möglichkeiten eröffnete. Doch wie so oft hatte der Schein getrogen.
Jenseits des Wurmlochs lauerte ein Feind, der schrecklicher war, als alle Feinde, mit denen es die Humanen Welten bisher zu tun gehabt hatten. Sie nannten sich Etnord und waren Parasiten, faustgroße Schmarotzer, die sich in einem Wirtskörper festsetzten und ihn seines freien Willens beraubten. Sie hatten die Körper der Kolonisten übernommen, die jenseits des Wurmlochs geblieben waren, als es sich zum ersten Mal geöffnet hatte.
Jedem Menschen lief jetzt ein kalter Schauer über den Rücken bei dem Gedanken, den eigenen freien Willen innerhalb von wenigen Stunden nach der Übernahme seines Körpers durch einen Etnord vollständig zu verlieren.
Außerdem fielen offenbar sämtliche Haare aus, die der Wirt bis dahin gehabt hatte. Immerhin war Letzteres ein gutes Merkmal, an dem man die Besessenen identifizieren konnte. Das Problem mit ihnen war außerdem, dass sie sich überaus schnell vermehrten. Laut den Erkenntnissen der Expedition, die erst vor kurzem aus dem Wurmloch zurückgekehrt war, war der gesamte Sektor auf der anderen Seite von den Etnord besetzt. Und nun trafen diese Vorbereitungen, auch das Gebiet der Humanen Welten heimzusuchen.
Deshalb saß Soldo mit den besten Schiffen des Space Army Corps und einer Wachstation wie die Katze vor dem Mauseloch und hoffte, etwaige Etnord-Schiffe rechtzeitig unschädlich machen zu können, bevor sie die Blockade durchbrachen und die Humanen Welten angriffen.
Doch Commodore Soldo graute davor, dass es so weit kam. Die fortgeschrittene Technologie der Etnord machte es möglich, dass ihre Schiffe ungefähr 50 Prozent schneller beschleunigten als die des Space Army Corps. Sie verfügten über eine Laserbewaffnung, die den Plasmaschirm der STERNENKRIEGER weggebrannt hatte, als sei sie nicht vorhanden.
Fast am schlimmsten war, dass die Etnord eine Möglichkeit der Verteidigung gegen die Gaussgeschütze des Space Army Corps gefunden hatten. Ihre Gravitationsschirme lenkten die Gaussgeschosse ab, sodass nur noch direkte Treffer den üblichen durchschlagenden Erfolg hatten.
Und wir haben noch immer nicht genügend Raumminen, um das Wurmloch effektiv zu sperren!, ging es Soldo durch den Kopf. Und nur dem Opfer der STERNENKRIEGER ist es zu verdanken, dass wir etwas Zeit zur Vorbereitung hatten.
Inzwischen war das Wurmloch wieder stabil, und alle warteten darauf, das eine Invasionsflotte hindurchkam.
Zwar arbeiteten sämtliche Wissenschaftler fieberhaft an der Lösung des Problems, doch es würde noch dauern, bis sie eine gefunden hatten. Was nicht zuletzt daran lag, dass noch sehr wenig über die Etnord, ihre Fähigkeiten und ihre Physiologie bekannt war.
Soldos düstere Gedanken wurden unterbrochen.
»Sir, im Wurmloch tut sich was!«, meldete seine Ortungsoffizierin, Lieutenant Joline Pranavindraman.
Soldo hatte keine Zeit mehr, Alarm zu geben oder anderweitig zu reagieren. Aus dem Wurmloch heraus schoss ein riesiges Schiff. Es hatte die Form einer Keule – vorne rund mit einem Durchmesser von über 2500 Metern, wie die Ortung anzeigte, und verjüngte sich nach hinten zu einem walzenförmigen »Schweif« von 1875 Metern Länge und 113 Metern Durchmesser am Ende. Das Schiff brach mit großer Geschwindigkeit aus dem Wurmloch heraus und machte keine Anstalten, sie zu verringern.
»Identifizierung?«, verlangte Soldo zu wissen.
»Unbekannt, Sir.«
»Rufen Sie es!«, wies Soldo seinen Kommunikationsoffizier Seiichi Ishikawa an.
»Keine Antwort, Sir!«, kam gleich darauf die Meldung.
»Das Schiff tritt in den Sandström-Raum ein«, meldete Pranavindraman.
»Schicken Sie eine Sonde hinterher!«
Die von den K'aradan überlassenen Sandström-Sonden drangen selbst in dieses übergeordnete Kontinuum ein und sandten von dort ihre Daten. Auf diese Weise erfuhr Soldo immerhin den Kurs, den das fremde Schiff einschlug.
»Was war denn das?«, entfuhr es dem Waffenoffizier, der die Finger an seiner Konsole gehabt und nur auf Soldos Feuerbefehl gewartet hatte.
»Das wüsste ich auch zu gern«, antwortete der Commodore.
»Wenn das Schiff den Kurs beibehält«, meldete Pranavindraman, »landet es direkt im Gebiet der K'aradan.«
»Geben Sie mir eine Verbindung mit dem Hauptquartier«, forderte Soldo und überließ es Pranavindraman, die Anfragen der übrigen Schiffe zu beantworten, die jetzt ununterbrochen eintrafen …
*
»Gut gemacht«, lobte KaraGai ihre Navigatorin, nachdem die FREIHEIT unbeschadet und unbehelligt das Wurmloch passiert hatte und auf Überlichtgeschwindigkeit gegangen war, ohne von den Wachschiffen auf beiden Seiten aufgehalten worden zu sein. »Behaltet den Kurs vorläufig bei, LuniMar. Ortung, Ihr sucht nach unbewohnten Welten, die für unsere Bedürfnisse passend sind, sobald wir weit genug vom Wurmloch weg sind.«
»Ich halte es für einen Fehler, dass wir uns nicht den Wachschiffen vor dem Wurmloch zu erkennen gegeben haben«, wandte KaraGais Stellvertreter KaluNor ein. »Schließlich ist es unser Bestreben, auf dieser Seite Freunde und Verbündete zu gewinnen und nicht, uns Feinde zu machen.«
»Da habt Ihr Recht, KaluNor. Aber könnt Ihr dafür garantieren, dass die Besatzung dieser Schiffe nicht schon zu den Feinden gehört, denen wir zu entkommen trachten? Solange wir das nicht zuverlässig wissen, ist ein Kontakt zu riskant. Zumindest wenn hunderte Schiffe gegen unser einzelnes stehen.«
»Da habt Ihr Recht, Kommandantin«, gab der Moondiv zu. »Aber ich bin besorgt, wie ich zugeben muss. Wir können es uns nicht leisten, uns zusätzliche neue Feinde zu schaffen.«
KaraGai seufzte. »Ich weiß. – Behaltet Kurs und Geschwindigkeit noch bei, LuniMar. Später werden wir den Kurs ändern und anschließend ein Versteck für die FREIHEIT suchen. Wer weiß, ob sie uns orten können. Wir müssen uns vergewissern, dass wir nicht verfolgt werden, ehe wir uns auf die Suche nach einem passenden Standort für eine Basis machen können.«
»Verstanden«, bestätigte die Navigatorin.
Die Tür zur Zentrale glitt auf, und BuriRam trat ein. Normalerweise hatte die Chefärztin dort nichts zu suchen, wenn sie nicht zu einem Notfall gerufen wurde. Doch KaraGai sah es ihr an, dass sie wichtige Neuigkeiten hatte.
»Sprecht«, forderte sie sie daher auf, noch ehe BuriRam etwas sagen konnte.
»Kommandantin, Die Zwei Einen haben uns ein Zeichen gegeben«, verkündete die Ärztin atemlos und benutzte die ehrfurchtsvolle Bezeichnung für die einzige Gottheit, die die Moondiv verehrten. »Soeben ist eine No’isala geschlüpft!«
KaraGai brauchte einen Moment, ehe sie die Tragweite dieser Worte begriff. Die letzte No’isala war ebenso wie der Rest des Volkes der Moondiv, der nicht rechtzeitig hatte fliehen können, von den Feinden übernommen worden. Damit hatte sie ihre göttliche Stellung als religiöses Oberhaupt des Volkes verloren. Dass jetzt eine neue No’isala geboren war, gab allen Überlebenden Hoffnung.
Doch bevor diese Tatsache öffentlich allen verkündet werden konnte, musste die Identität der No’isala zweifelsfrei bestätigt werden, und zwar traditionsgemäß von jemandem aus der Priesterschaft und jemandem aus dem weltlichen Regierungsbereich. Da die gesamte Regierung nicht mehr existierte, musste KaraGai als Kommandantin diese Aufgabe übernehmen.
Sie folgte BuriRam, die sie in die Unterkünfte der überlebenden Zivilisten und die dortige Brutkammer führte. Dort sah sie das Wunder mit ihren eigenen Augen. In einer warmen Wabe lag das frisch geschlüpfte Junge, dessen blausilberner Panzer keinen Zweifel daran ließ, dass es sich um eine echte No’isala handelte. Diese waren die einzigen Moondiv, die jemals mit einer solchen Farbe geboren wurden.
Neben der Wabe standen alle Priesterinnen und Priester, die sich auf die FREIHEIT hatten retten können.
»Wir bestätigen, dass die Panzerfarbe hundertprozentig den Merkmalen entspricht, die nur die No’isalas haben«, sagte der Älteste von ihnen.
KaraGai kannte ihre Pflicht, auch wenn sie diese noch nie zuvor ausgeübt hatte. Sie nahm das Junge in die Hände und betrachtete es von allen Seiten, untersuchte vor allem den Panzer und suchte nach Fehlbildungen. Wie die Priesterschaft bestätigt hatte, war der Panzer komplett von der blausilbernen Farbe, die den Anspruch einer No’isala auf den Titel und die damit einhergehende Position zu bestätigen.
»Auch ich bestätige, dass dieses Kind alle Merkmale der No’isala trägt«, sagte KaraGai und legte das kleine Wesen zurück in seine Wabe. »Aus welcher Familie stammt sie?«
»Aus der Familie Dan.«
»Ich werde die Geburt der No’isala NoiDan ins Logbuch eintragen und allen verkünden«, sagte KaraGai feierlich. »Ich wage kaum zu hoffen, dass wir wenigstens einen Kunar an Bord haben?«
»Sogar zwei«, antwortete der älteste Priester mit einem amüsierten Klicken und winkte die beiden Kunari nach vorn.