Segen voraus - Christian Löhr - E-Book

Segen voraus E-Book

Christian Löhr

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Beschreibung

Wo andere Ihren Traumurlaub verbringen, ist Christian Löhr als Seelsorger im Dienst, und er bemerkt schnell: Wenn der Ballast des Alltags abfällt, sind seine Mit-Passagiere bereit, wortwörtlich über "Gott und die Welt" zu sprechen, über ihre Sehnsüchte und Enttäuschungen. Spannend und abwechslungsreich erzählt Christian Löhr seine Erlebnisse und was das "Schifflein Petri" auf dem Festland von seinen Erfahrungen lernen kann. Für ihn ist klar: So nimmt die Kirche wieder Fahrt auf!

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Christian Löhr

Segen voraus

Als Pfarrer auf hoher See

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2021

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Die Bibelverse wurden, soweit nicht anders angegeben, folgender Ausgabe entnommen:

Die Bibel. Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Bundes. Vollständige deutsche Ausgabe

© Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2005

Umschlagkonzeption: Verlag Herder

Umschlagmotiv: ©Marco_Piunti / iStock / GettyImages

E-Book-Konvertierung: ZeroSoft SRL, Timisoara

ISBN E-Book 978-3-451-82212-4

ISBN Print 978-3-451-38958-0

Inhalt

Vorwort

PräludiumAusfahrt mit Hindernissen oder Angst vor Pandemie

1. KapitelEinmal um die ganze Welt oder Fernweh und die Sehnsucht nach Mehr

2. KapitelMöchte ich tauschen? oder Leinen los

3. KapitelMotivator Bordpfarrer oder An Bord

4. KapitelSchluss mit Langeweile oder Leben mit den Elementen

5. KapitelÜberfall am helllichten Tage oder Ausgesetzt in der Weite des Ozeans

6. KapitelSonntagsmesse an Bord oder Seekrank

7. KapitelKann ich bei Ihnen beichten? oder Über den Abgründen

8. Kapitel»Ich möchte getauft werden!« oder Der Wind, der Wind, das ...

9. KapitelBeichte im Wasser oder Unter den Sternen

10. KapitelHochzeit an Bord oder Endlich da

PostludiumAnkunft oder Neuer Aufbruch

Über den Autor

Vorwort

Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön …« Wer hätte keine Freude daran, an einer Seefahrt teilzunehmen, vor allem wenn sie Freizeit und Arbeit organisch miteinander verbinden kann? Als jungen Priester in den ersten Jahren nach der Priesterweihe hat mich ein Bekannter darauf aufmerksam gemacht, dass das Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Bordseelsorger für Kreuzfahrtschiffe suchte. Damals bewarb ich mich bei dieser Stelle in Bonn, was damals noch einfacher und unkomplizierter war als heute. Es gab keine Auswahlverfahren, sondern man stellte sich beim Jahrestreffen der Bordseelsorger einfach vor und bekam die erste Reisebegleitung zugeteilt.

Das war der Beginn einer interessanten und beglückenden Nebenbeschäftigung für mich als katholischen Priester. Ich konnte den Seelsorgeradius meiner Pfarrei, in der ich damals arbeitete, weiten, ja aufsprengen auf große Ziele hin. Nachdem ich in der ehemaligen DDR aufgewachsen bin, also hinter dem Eisernen Vorhang, ohne die Möglichkeit, ins westliche Ausland zu reisen, trage ich seit Kindesbeinen eine tiefe Sehnsucht und Leidenschaft nach unbekannten Weiten in mir.

So jung, wie ich damals war, war mir die Aufgabenbezeichnung »Bordpfarrer« zu viel und zu hoch. In meiner Pfarrei war ich ja damals gerade einmal Kaplan, das heißt, ich konnte zwar schon als Seelsorger arbeiten und die Sakramente feiern, hatte aber noch nicht die volle Verantwortung für eine Pfarrei. Ich erinnere mich noch gut, dass man der Reederei im Vorfeld der Reise ein Foto und einen Lebenslauf zuschicken sollte, die für eine Vorstellung im Schaukasten des Schiffes Verwendung finden würden. Ich stellte mich damals nicht als Bordpfarrer vor, sondern als Bordkaplan. Das schien mir näher an meiner heimischen Aufgabe zu sein, die ich in meiner Gemeinde wahrzunehmen hatte. Weil das Publikum auf den großen Kreuzfahrtschiffen, wenn es sich nicht gerade um Clubschiffe handelt, altersmäßig eher gesetzt ist, begegneten mir viele Passagiere mit großer Sympathie und Dankbarkeit, wahrscheinlich gerade deshalb, weil sie einem jüngeren Crewmitglied begegneten. Als Anfänger war es mir recht, an Bord einen Vertrauensvorschuss zu genießen.

Als ich dann das erste Mal an Bord ging, staunte ich nicht wenig, dass die meisten Mitreisenden schon oft und oft auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs gewesen sind und von Reisen in entfernteste Regionen dieser Welt berichten konnten. Ich erwartete in meiner Unbedarftheit, dass man sich eine Kreuzfahrt nur einmal im Leben leisten würde. Das war eine meiner ersten Erfahrungen, an die ich mich noch heute erinnern kann, dass der Mikrokosmos Schiff aus Menschen besteht, von denen viele immer wieder eine Kreuzfahrt buchen und geradezu an Bord zu Hause sind. So hatte ich vor allem auf meiner ersten Reisebegleitung als Bordkaplan viel zu lernen. Es eröffneten sich mir ganz neue Erfahrungen von Menschen, für die es kaum Grenzen gibt. Es war für mich ebenso spannend wie bereichernd, von den Reiseerlebnissen dieser Menschen zu hören und mich von ihrer Begeisterung anstecken zu lassen.

Vor meiner letzten Reise als Bordpfarrer empfahlen mir Freunde, doch etwas von meinen Erlebnissen niederzuschreiben, weil sie meine Berichte im kleinen Kreis als interessant und spannend gelesen hatten. So bin ich im letzten Jahr mit dem festen Vorsatz an Bord gegangen, mir unterwegs immer wieder Notizen zu machen über Begegnungen und Erlebnisse, die es mir wert schienen, weitererzählt zu werden.

Das Resultat halten Sie nun in Händen. Dieses Büchlein sammelt die Anekdoten, die ich auf meiner letzten Reise als Bordpfarrer erfahren und niedergeschrieben habe. Der Herder-Verlag ermutigte mich, dieses Rohmaterial wie einen Diamanten zu schleifen und zu bearbeiten, damit daraus ein Büchlein werden kann. Es möchte auf der einen Seite Anregungen geben, selbst Wege zu gehen, die tiefe Spuren in unserem Leben hinterlassen, und andererseits auf diese Erfahrungen reflektieren und die Wege Gottes mit uns Menschen darin entdecken.

So lade ich Sie auf den kommenden Seiten ein, mit mir an Bord zu gehen und mich als Bordpfarrer zu begleiten. Ich erzähle Ihnen manche Begebenheiten, die ich erfahren habe – keine außergewöhnlichen Dinge, aber Begegnungen mit Menschen, die für mich bereichernd und anregend waren. Ich habe im Leben immer wieder erfahren dürfen, dass es sich lohnt, auch den kleinen, unscheinbaren Erfahrungen Aufmerksamkeit zu schenken, weil sich in ihnen und durch sie Gottes Wirken, seine Liebe, seine Aufmerksamkeit uns Menschen gegenüber zeigt und manifestiert. So wird die Erfahrung einer Schiffsfahrt zur Erfahrung des Lebens auf den Meeren der Zeit, zum Impuls, selbst aufzubrechen, um zur Liebesgabe für andere zu werden, die sich in ein Geschenk für einen selbst verwandeln.

Schönstatt, im Frühjahr 2021

Präludium

Ausfahrt mit Hindernissen oder Angst vor Pandemie

»Leinen los!« Alle Passagiere stehen auf den Außendecks und winken den im Hafen stehenden Menschen zu. Die Schiffsmelodie tönt aus allen Lautsprechern über und unter Deck. Das tiefe Schiffssignal trötet und geht durch Mark und Bein. Wie wird die Reise werden? Welche Erlebnisse warten auf uns? Wird alles gut gehen?

Diese Gedanken beschäftigen mich, als wir in unsere Kreuzfahrt starten, die ich als Bordpfarrer begleite. Ich blicke in viele gespannte Gesichter von Mitreisenden, die sich sichtbar freuen, dass es nun losgeht und wir in See stechen. Die Abendsonne hüllt uns in ein rotes Licht und der Wind frischt auf, je weiter wir uns vom Land entfernen. Es wird Zeit, sich für das erste Abendessen im Restaurant zu rüsten und dafür nach unten in die Kabine zu gehen.

Beim Betreten des Restaurants fällt mir auf, dass die Stewards uns nicht wie gewohnt die Hand reichen, sondern auffordern, uns die Hände mit Desinfektionsspray zu reinigen. Treu und brav folgen wir alle dieser Anweisung. Ich muss einmal den ganzen Saal durchschreiten, um zum großen Tisch der Künstler am Saalende in der Mitte zu kommen – die Bordpfarrer werden nämlich auch zu den Künstlern gerechnet. Die beliebtesten Tische sind im Restaurant immer die außen, an den Fenstern gelegenen. Deshalb ist der Künstlertisch immer in der Mitte, wo ohnehin niemand gern sitzen möchte. Einige meiner Kollegen habe ich schon beim Einschiffen kennengelernt, mit den anderen mache ich mich jetzt bekannt. Wir sind wieder ein munteres fahrendes Völkchen an Musikern, Lektoren, Sportanimateuren und eben mir, dem Bordpfarrer. Wenn wir auf dieser Reise auch nicht direkt zusammenarbeiten werden – jeder hat ja sein Ressort –, so müssen wir die Zeiten unserer Angebote doch gut aufeinander abstimmen, damit wir uns nicht ins Gehege kommen, vor allem aber, damit uns nicht Kritik der Passagiere entgegenschallt, wenn unterschiedliche Angebote zur selben Zeit angesetzt sind. Aber wie immer können wir uns schnell über diese Dinge verständigen. Alle sind kreuzfahrterfahren und wissen, wie der Hase hier läuft.

Auf dem Tisch stehen Menükarten. Die Mahlzeiten an Bord sind immer opulent-mehrgängig. Die Servierdamen nehmen unsere Bestellungen auf. Zu jedem Gang gibt es mehrere Auswahlmöglichkeiten. Die Bedienungen haben Blätter, auf denen sie die Bestellungen nur ankreuzen müssen, um sie dann an die Küche weiterzumelden. Die Küche weiß aufgrund von Erfahrungswerten schon im Vorfeld recht gut, wie viele Portionen von welchem Gang in etwa bestellt werden. Von daher dauert es nicht lange, bis der erste Gang, meist eine Suppe, aufgetragen wird.

Heute Abend tritt, entgegen sonstiger Gepflogenheiten, ein Vertreter der Kreuzfahrtleitung nach der Vorsuppe mit einem Mikrofon in der Hand auf. Nach einem weiteren Willkommen und dem Wunsch »Guten Appetit« wird uns mitgeteilt, dass einige Passagiere, die noch von der letzten Reise an Bord sind, von einem längeren Ausflug ins Hochgebirge mit einem Virus an Bord zurückgekommen und jetzt auf ihren Kabinen in Quarantäne sind. Damit sich das Virus nicht auch unter den neu an Bord gekommenen Gästen verbreitet, werden wir um Beachtung besonderer Schutzmaßnahmen gebeten: Öfter, vor allem vor Tisch, sollen wir unsere Hände desinfizieren, und am Buffet gibt es bis auf Weiteres keine Selbstbedienung. Es sollte dann eine knappe Woche dauern, bis uns mitgeteilt wurde, dass alle Gäste wieder genesen sind und die hygienischen Einschränkungen wieder aufgehoben wurden.

Daran erinnere ich mich, als ich dieses Buch im Frühjahr 2020 fertiggestellt und dem Herder-Verlag zugeschickt hatte. Es war die erste Zeit der Coronainfektionen in den meisten Ländern dieser Erde. Dieses Thema war denn auch das vorherrschende in meinen Gesprächen mit dem Lektor, der dieses Buchprojekt begleitet hatte. Wir waren beide überzeugt, dass das Thema Coronavirus, das die Welt aktuell so in Atem hält, auch vorkommen muss, das Buch aber nicht davon geprägt sein soll. Ich hoffe, dass die zweite Welle abgeebbt sein wird, wenn das Buch in den Handel kommt, und wir alle, wenn auch mit Beklemmungen und Schrecken, erleichtert an diese Zeit zurückdenken können.

Was hat sich doch alles verändert, seit die Coronapandemie die ganze Welt in ihren Griff genommen hat! Unsere Welt scheint wie angehalten. Wir alle machen Verlusterfahrungen, weil unsere Pläne durchkreuzt wurden, die wir uns für diese Zeit vorgenommen hatten. So konnte ich in dieser Fastenzeit 2020 keinen meiner bereits vorbereiteten Vorträge halten, nicht für die Schönstattbewegung in Südtirol, nicht bei Besinnungstagen am Canisiushof in meiner Heimatdiözese Eichstätt. Ich konnte vor Ostern nicht, wie geplant, in unser römisches Schönstattzentrum Belmonte fahren und auch meine Teilnahme am Treffen der Regio Nazareth in Burundi nach Ostern ist in diesem Jahr unmöglich. Es fällt mir nicht leicht, das anzunehmen. Psychisch nagt es an uns, was wir alles in dieser Zeit nicht mehr können und dürfen. Das Nichtstun fällt uns schwer.

Das Coronavirus hat für mich die diesjährige Fastenzeit zu einer geistlichen Intensivzeit verändert: Die geschenkte Zeit nutze ich unter anderem auch dafür, jeden Tag im Schönstattkapellchen auf Berg Moriah bei Koblenz, dem Hauptsitz des von mir geleiteten Schönstatt-Priesterverbandes, in den zahllosen Anliegen der Menschen Gott in der Eucharistie anzubeten. Wenn ich weniger nach draußen gehen kann, dann ist es jetzt an der Zeit, dass ich nach innen gehe. Ich möchte auch nicht nur ständig in einer unklaren Zukunft mit der Frage leben: »Wie lange noch? Wann werden (endlich) die Beschränkungen wieder aufgehoben?« Nein, ich möchte ganz im Hier und Jetzt leben! Das gelingt mir am besten in der Versenkung in Gott. Die Fastenzeit 2020 hat sich in gewisser Weise zu einer universalen Fastenzeit auch für nicht glaubende Menschen ausgeweitet. Sie ist wie ein großes Fasten, wie eine große, weltumspannende Abstinenz. Wenn wir uns im Moment keine körperliche Nähe schenken können, dann kommt es umso mehr auf seelische Nähe an. Ich habe es mir deshalb vorgenommen, während der Coronapandemie mehr Leute anzurufen, von denen ich eine Mail bekommen habe, anstatt nur kurz schriftlich zu antworten.

Das Tagungs- und Gästehaus Berg Moriah, in dem ich als Leiter des Schönstatt-Priesterverbandes meinen deutschen Wohnsitz habe, ist seit Langem geschlossen. Für die meisten von uns, also alle, die glimpflich ohne Infektion mit dem Coronavirus davonkommen, ist die Pandemie an sich gar nicht das Schlimmste, sondern die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, besonders die Wirtschaft. Erkranken wir zwar hoffentlich auch nicht selbst an Covid-19, so werden wir doch alle die wirtschaftlichen Konsequenzen des aktuellen Lockdowns spüren und tragen müssen.

Ich kann der Krise aber auch Positives abgewinnen: die vielen Initiativen, in denen sich Menschen gegenseitig helfen, das Gebet so vieler füreinander, die Ideen für Nähe trotz körperlicher Isolation. Es ist beeindruckend, wie viel Zusammenhalt und Solidarität die Coronapandemie weckt. Sie führt auch zu nicht geahnter politischer Einigkeit der Parteien. Nach vielen Jahren, in denen der Staat immer weiter zurückgedrängt wurde und in denen der Individualismus die Oberhand gewann, wächst der Gemeinsinn nun wieder. Das Ich, das zu lange im Mittelpunkt stand, wird nun heilsam an den Rand gedrängt. Wir alle lernen neu, dass niemand allein seines Glückes Schmied ist. Niemand ist allein verantwortlich, erst recht nicht für seine Gesundheitsabsicherung, seine Vorsorge, sein berufliches Auskommen, seine Zukunft. Jeder von uns muss in diesen Tagen sein Verhalten ändern, um die Allgemeinheit zu schützen. Nur wenn wir uns gegenseitig solidarisch helfen, überleben wir, nicht wenn wir nur an uns selbst denken und zu hamstern beginnen. Die Verbreitung des Virus kennt keine nationalen Grenzen. Es wird schon heute deutlich, dass wir künftig viele Dinge nicht mehr nur national organisieren können.

Nicht nur das Virus, gottlob auch die Solidarität kann ansteckend sein: Menschen helfen einander, kaufen für andere ein, melden sich als freiwillige Reservisten bei der Bundeswehr, nutzen die freie Zeit, um als Erntehelfer mitzuwirken, musizieren sich auf den Balkonen gegenseitig Mut zu. Wir lernen neu, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Das sind wahrhaft großartige Erfahrungen, die Menschen jetzt machen dürfen und die unser Gemeinwesen hoffentlich auch nach Corona nachhaltig bestimmen werden.

Die ungewollten Einschränkungen bergen aber auch die Chance in sich, dass wir in uns gehen und unser Leben mit seinen üblichen Abläufen auf den Prüfstand stellen. Papst Franziskus erinnerte bei seinem außerordentlichen Segen Urbi et Orbi auf dem leeren Petersplatz am 27. März 2020 an die Sünden unserer Zeit und rief einmal mehr zur Umkehr auf: »Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?« Herr, dein Wort heute Abend trifft und betrifft uns alle. In unserer Welt, die du noch mehr liebst als wir, sind wir mit voller Geschwindigkeit weitergerast und hatten dabei das Gefühl, stark zu sein und alles zu vermögen. In unserer Gewinnsucht haben wir uns ganz von den materiellen Dingen in Anspruch nehmen und von der Eile betäuben lassen. Wir haben vor deinen Mahnrufen nicht angehalten, wir haben uns von Kriegen und weltweiter Ungerechtigkeit nicht aufrütteln lassen, wir haben nicht auf den Schrei der Armen und unseres schwer kranken Planeten gehört. Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden. Jetzt, auf dem stürmischen Meer, bitten wir dich: »Wach auf, Herr!«

Krise bedeutet auch Chance. Die Coronakrise birgt die Chance in sich, ein Wendepunkt in den Lebensbereichen zu sein, in denen wir uns ungesund entwickelt haben. Vielleicht ist der momentane Stillstand der Beginn für eine Regeneration. Überlegen wir: Was braucht es wirklich und was braucht es nicht?

Die Krise weitet aber auch unseren Horizont. Es geht uns im Moment nicht gut, aber es gibt viele Völker, die schon lange darben: am Horn von Afrika wegen einer vernichtenden Heuschreckenplage, Tausende Migranten und Flüchtlinge in Griechenland, in einem Lager, das denselben Namen trägt wie unser Berg Moriah hier in Schönstatt, die Menschen im Krieg in Syrien und im ganzen Mittleren Osten …