Sehnsucht und Erwachen - Mario Stenz - E-Book

Sehnsucht und Erwachen E-Book

Mario Stenz

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Beschreibung

Der Gedichtband "Sehnsucht und Erwachen" artikuliert das gesammelte Schweigen und die leisen Töne aus einer ausschweifenden und erfahrungsreichen Zeit. Es bringt das Flüstern und die bisweilen zurückgehaltenen Beobachtungen eines introvertierten Menschen zum Ausdruck. Denn obgleich das Leben in der hier umschriebenen Sucher- und Versucherphase objektiv gesehen wild, maßlos und weltoffen, schwermütig und doch bejahend, selbstzerstörerisch und rauschhaft war, der Geist der Neugierde und Unruhe mich umhertrieb, kein Fest ausgelassen wurde und kein Exzess ausgedehnt genug sein konnte, die Nächte und Reisen immer zu kurz waren und fast jede Erfahrung meinem Lebenshunger willkommen war, so blieb ich auf der subjektiven Seite dennoch ein empfindsamer, verletzlicher, verschlossener, nachdenklicher und kreativer Mensch, den nur die Freundschaft und ein Notizbuch vor der Vereinsamung schützte. Und um diese andere Seite ausleben zu können, gewährte mir neben der Freundschaft auch die Dichtung eine Möglichkeit des geistigen Überlebens. In dieser Kunstform fand ich eine Zuflucht für die vielfältigen Erlebnisse, Augenblicke und Gedanken, um so das eigene Innenleben auszudrücken und die Erfahrungen zu konservieren. Und die Gedichte, die das Schweigen brechen, bringen die Erfahrung der Liebe in ihren vielen Facetten, der Sehnsucht und des Verlusts, des Umbruchs und der Erprobung zum Ausdruck. Ebenso wie sie den Erlebnissen des Aufbruchs, der Abgrenzung, der Kritik und des Spotts, des Idealismus und der Reise, des Rausches und der Euphorie, der Einsamkeit und des Schwermuts, des gottlosen Gebets, der Andacht und philosophisch-spirituellen Suche nach eigenen Antworten, Zielen und postmateriellen Werten zu einer poetischen Sprache verhelfen. Die Formen der Gedichte reichen dabei von Gedanken- über Erlebnis- bis hin zur Liebeslyrik. Der Gedichtband mag darum für jene LeserInnen von besonderem Interesse sein, die diese klassischen Gedichtformen schätzen und den genannten Erfahrungen etwas abgewinnen können.

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Widmung und Danksagung:

Ich widme dieses Buch allen Menschen, Orten und Anlässen durch deren Begegnungen ich zu diesen Gedichten inspiriert wurde, vor allen I. S.

„Jeder von uns ist (…) das Bruchstück eines Menschen, da er aus einem Teil in zwei zerschnitten ist wie die Schollen. So also sucht immer ein jeder das zu ihm gehörende Bruchstück.“

(Platon)

„Das Unbeschreibliche,

Hier ist's getan;

Das Ewig-Weibliche

Zieht uns hinan.“

(Johann W. Goethe)

„Die Jugend kennzeichnet nicht einen Lebensabschnitt, sondern eine Geisteshaltung; sie ist Ausdruck des Willens, der Vorstellungskraft und der Gefühlsintensität. Sie bedeutet Sieg des Mutes über die Mutlosigkeit, Sieg der Abenteuerlust über den Hang zur Bequemlichkeit. Man wird nicht alt, weil man eine gewisse Anzahl Jahre gelebt hat: Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt. Die Jahre zeichnen zwar die Haut - Ideale aufgeben aber zeichnet die Seele.“

(Marc Aurel)

„Also entrinnst du

Dem Menschengebuhl

Dem Allerwelts-Elan!

Du fliegst deine Bahn…“

(Arthur Rimbaud)

"Die Straße des Exzesses führt zum Palast der Weisheit."

(William Blake)

Inhalt

Einleitende Worte

Zuneigung

Eingang in ein paar Zeilen

Episoden des Erwachens

Entfremdung

Lächeln

Autorität

Werden

Neuzeit

Müdigkeit

Teilhabe

Trost

Rausch

Geleit

Ungewissheit

Maß

Schuld

Neuanfang

Sonnenschein

Geschmack

Traum

Brücke

Zeichen der Sehnsucht

Sehnsucht

Feuer

Augenblick

Herbstmorgen

Sternenbild

Nackt

Glut

Heimweg

Flüstern

Morgen

Tugend

Idiot

Einheit

Geschwister

Licht

Kälte

Unterwegs in Afrika und anderswo

Abschied

Stadtnachtgedanken

Müßiggang

Leben

Geschenk

Sehnsucht

Wüste

Easy

Vertrauen

Muschel

Bekenntnis

Abschied

Suche

Eine

Wochenende

Komfort

Heimweh

Jenseits

Hindernis

Bòheme

Gesang

Erfahrung aus Indien und ähnliches

Väter

Fortgang

Gebet

Lachen

Einer

Frieden

Zwiegespräch

Besserung

Shiva

Leidgesang

Schwermut

Ekel

Abrechnung

Einsamkeit

Dichtung

Anmaßung

Weggefährten

Wellenberge

Gipfelmusik

Stadtpalastdschungel

Eins

Schrei

Ikonen

Ausblick

Prinzessinnen

Fortsetzungen der Suche

Sonne

Genügsamkeit

Entzweifelung

Wiedersehen

Postulat

Überwindung

Flug

Weg

Schweigen

Aura

Regen

Welttraum

Bürde

Schönheit

Liebe

Triumph

Platz

Gebt

Du

Antwort

Selbstsein

Tristesslicht

Abschied

König

Passagen der Stille

Pflicht

Unterwegs

Namenlose

Gesang

Schweigen

Rauchschwaden

Anteile

Gebrochen

Bedürfnis

Reifejahre

Lärm

Schauspiel

Eigenheit

Stolz

Hypnose

Nenner

Verkopft

Dankbarkeit

Chemie

Zwiegespräch II

Herbstlicht

Palast

Kavalier

Abgeschieden

Gast

Treibstoff

Freude

Glück

Fragmente der Heimkehr

Musik

Anruf

Schatten

Treiben

Neubeginn

Muse

Fund

Singen

Geduld

Erinnerung

Dank

Eröffnung

Gedanken

Hoffnung

Augen

Aufgabe

Gabe

Worte

Bereitschaft

Ohnmacht

Traum

Freudenhaus

Wissen

Atem

Gang

Ende

Blick

Lichtung

Verzeihung

Zerrissenheit

Zuflucht

Obdachlos

Ergänzung

Sperrstunde

Vergangen

Umbruch

Epilog

Gewissheit

Einleitende Worte

Der vorliegende Gedichtband artikuliert das gesammelte Schweigen und die leisen Töne aus einer ausschweifenden und erfahrungsreichen Zeit. Es bringt das Flüstern und die bisweilen zurückgehaltenen Beobachtungen eines introvertierten Charakters zum Ausdruck. Denn obgleich das Leben in der hier umschriebenen „Sucher- und Versucherphase“ objektiv gesehen wild, maßlos und anmaßend, weitläufig und weltoffen, schwermütig und doch bejahend, rauschhaft und selbstzerstörerisch war, der Geist der Neugierde und Unruhe mich umhertrieb, kein Fest ausgelassen wurde, kein Exzess ausgedehnt genug sein konnte, die Nächte und Reisen immer zu kurz waren und fast jede Erfahrung meinem Lebenshunger willkommen war, so blieb ich auf der subjektiven Seite dennoch ein empfindsamer, verletzlicher, verschlossener, nachdenklicher und kreativer Mensch, den nur die Freundschaft und ein Notizbuch vor dem Gefühl der Vereinsamung schützte. Und um diese andere Seite ausleben zu können, gewährte mir neben der Freundschaft auch die Dichtung eine Möglichkeit des geistigen Überlebens. In dieser Kunstform fand ich eine Zuflucht für die vielfältigen Erlebnisse, Augenblicke und Gedanken, um so das eigene Innenleben auszudrücken und die Erfahrungen zu konservieren.

Die hier abgedruckten Gedichte entstammen dieser Phase des lauten, des suchenden und versuchende, des sehnsüchtigen und aus- und umherschweifenden Lebens. Und wer das Vorwort bisher gelesen hat, der wird geahnt haben, dass der Gedichtband kein Alterswerk ist. Er entstammt der letzten Phase des Erwachsenwerdens.1 Und die Zeit des Erwachsenwerdens ist oft auch eine Zeit des zweiten Erwachens, dann wenn man seine Sozialisation hinter sich lässt: des Erwachens von wesentlichen Lebensfragen und der Suche nach einem tragfähigen Lebensentwurf und der damit verbundenen Sehnsucht nach Verwirklichung.

Und wer wach und sich seiner existenziellen Einmaligkeit wirklich bewusst wird, für den ist das Leben oft eine problematische Angelegenheit. Zumindest ist dies für jene so, die nicht den „gewöhnlichen Weg“ gehen wollen, jene, die den Ethos des Etablierten, die Haltung der Herde verneinen, die sensibel für sich und ihre Umwelt sind, die den Mut besitzen sich auch gegen Widerstände auszuleben, da sie vielleicht eine andere Lebensauffassung haben als die eigene Herkunft es erwarten lässt. Darum zeichnet sich diese Phase auch durch die Kollision von eigenen Ansprüchen, Prinzipien und Idealen mit den gesellschaftlichen Erwartungen und Verpflichtungen aus. Zudem ist man gerade in der heutigen Zeit in besonderem Maße einer reiz-, möglichkeits- und informationsüberladenen „Multioptionsgesellschaft“ (P. Gross) ausgesetzt, wodurch die Zeit des Erwachsenswerdens vor allem durch Infragestellung, Orientierungssuche, Sehnsüchten und Ängsten geprägt ist.

Dieser Lyrikband schildert in vielfältigen Gedichten diese suchende und versuchende Phase des „zu sich und zur Welt-kommens“. Es ist das poetische Dokument einer persönlichen „Sattelzeit“ (R. Koselleck), da in dieser Phase grundlegende persönliche Werte für das weitere Leben gefunden wurden. Ferner schildert es die inneren Kämpfe und die Intensität der erstmaligen Erfahrungen, die autosuggestiven, lyrischen Monologe und Auseinandersetzungen mit sich und der Welt, in die man ungefragt hineingesetzt wurde. Somit zielt es darauf ab, einer eigenen Geschichte des Erwachens und Erwachsenwerdens Ausdruck zu verleihen. Und dieses das Schweigen brechende Wachwerden kennzeichnet im Einzelnen die Erfahrung der Liebe in ihren vielen Facetten, Sehnsucht und Verlust, Umbruch und Erprobung, es ist Aufbruch, Abgrenzung, Kritik und Spott, es ist Idealismus und Reise, Rausch und Euphorie, Einsamkeit und Schwermut, Gebet, Andacht und philosophisch-spirituelle Suche nach eigenen Antworten, Zielen und postmateriellen Werten. Zumindest nahm ich die Phase meines Erwachsenwerdens und die damit verbundenen Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen so wahr.2

Einen besonderen Stellenwert nimmt im Gedichtband ein menschliches, ewig aktuelles Grundbedürfnis und Gefühl ein, das nicht nur dem Erwachsenwerden zuzuschreiben ist, sondern das in allen Lebensaltern mehr oder weniger präsent ist und ersehnt wird: die Liebe. Und die Liebe wird in ihren Nuancen und ihren Höhen und Tiefen umschrieben: Die Sehnsucht danach, ihre Idealisierung, Verliebtsein, Angst vor Zurückweisung, Verlust und versuchter Neuanfang…

Wenn mich jemand früge, welches Lebensgefühl im Gedichtband durchklingt, dann würde ich antworten, dass eine Art romantischer Existenzialismus dem Gedichtband die Grundstimmung gibt. Denn was zählt ist das bewegte, einsame Erlebnis der Innerlichkeit, die Liebe in ihren verschiedenen Farben, „die Natur“ als Ursprung und Spiegel3 und das ambivalente Gefühl vom „Schwindel der Freiheit“ (Kierkegaard), das sich in der oft beängstigenden Auseinandersetzung mit dem individuellen Lebensentwurf und den eigenen zu beantwortenden Lebensfragen zeigt.

Die Chronologie der Entstehung der ausgewählten und überarbeiteten Gedichte wurde weitestgehend beibehalten4, da sie – dies sei vorweggenommen - einer gewissen Dramaturgie nicht entbehren. Dies bedeutet aber nicht, dass die Gedichte nicht einzeln gelesen werden könnten. Sie sind auch in der Lage allein und ohne Kontextualisierung zu bestehen, denn sie sind m. E. in weiten Teilen allgemein genug gehalten, dass sich für viele LeserInnen anschlussfähig und unterhaltend sind.

Die ausgewählten Gedichte sind weitestgehend in Reimform verfasst, da die Reimschemata mir - rückblickend betrachtet - zu diesem Zeitpunkt eine Struktur und kognitive Stütze gaben, Gefühle, Gedanken und die vielfältigen Erfahrungen für mich selbst in dieser Art zu ordnen und sie gleichzeitig in eine klassische, kunstvolle Form zu kleiden – ohne hoffentlich allzu künstlich, pathetisch, gestelzt und kitschig zu klingen. Aber bei Lyrik geht es m. E. nicht so sehr um die Form, sondern um den Inhalt. Denn es ist einerlei, ob ein Gedicht in freier Rhythmik oder in einer klassischer Reimform verfasst ist; oder ob es dithyrambischen, trochäischen, jambischen oder bacchischen Versmaßen entspricht: Ein Gedicht berührt oder es berührt nicht. Wenn es dem Leser oder der Leserin „etwas gibt“, die Einstellung und den Geschmack trifft, die Vorstellungskraft und das Gefühlsleben in Bewegung bringt, zur Meditation einlädt, zum Denken anregt, so ist ein Gedicht im ästhetischen Sinne als gut zu bezeichnen. Und wenn hinzu noch die Form passt und sie eine gestalterische Anmut ausstrahlt bzw. die Form dem Inhalt neue Denkmöglichkeiten und hermeneutische Erlebnisse eröffnet, dann ist es sogar „gelungen“ zu nennen. Mehr braucht und kann ein Gedicht m. E. nicht leisten. Der Rest ist Literaturwissenschaft. Am besten überzeugt sich der Leser und die Leserin selbst, ob man Gedichte findet, der er/sie für sich im oben genannten Sinne „gut“ oder sogar als „gelungen“ bezeichnet.

Wer demnach an Lyrik im Allgemeinen interessiert ist und bei den Worten „Herz“ und „Seele“ nicht direkt reflexartig und ablehnend an ein Pumporgan zum Zweck des Bluttransports bzw. eine metaphysisch nicht beweisbare Substanz oder ein christlich eingefärbtes Ewigkeitsphantasma denkt, sondern mit diesen Metaphern Bedeutungen wie Haltung, Integrität, Mut, Emotionalität, Empfindsamkeit, Inner- und Verletzlichkeit assoziiert, dem kann die Lektüre dieser Gedichte als Anregung und Unterhaltung empfohlen werden. Ferner könnten auch jene, die den tragenden Klang des Reimes, die Musik des Metrischen, nicht als antiquiert und unzeitgemäß betrachtet, an diesem Gedichtband vielleicht eine ästhetische Freude finden.

Wem im Speziellen die Erfahrungen von Liebe, Sehnsucht, Zeitkritik, melancholisch bis heiterer spöttelnder Nachdenklichkeit, Idealismus, des sich Bewusstwerdens und das Gefühl des Andersseins anschlussfähig erscheinen, wer sich noch nicht alt, „erwachsen“ und innerlich angepasst fühlt, der wird vielleicht auch das eine oder andere Gedicht finden, das er/sie wie einen neuen Freund begrüßt, so dass man sich bereichert und getragen weiß und merkt, dass man vielleicht doch nicht ganz alleine ist, mit dem was man erlebt, erleidet, denkt und fühlt.

1 Dies bedeutet aber nicht, dass die Gedichte nur für LeserInnen in dieser Altersstufe von Interesse sein könnten. Denn die Gedichte behandeln, da ich früh begann mich mit Philosophie und Religion zu beschäftigen, wesentliche Aspekte des menschlichen Lebens, was sie für einen größeren Leserkreis attraktiv machen könnten.

2 Dennoch: auch wenn ich diese Gedichte einige Jahre später nach dem Studium der Erwachsenenbildung veröffentliche: was Erwachsensein aus juristischer und biologischer Perspektive zu sein scheint, ist mir bekannt. Was Erwachsensein im pädagogisch-anthropologischen und damit einem normativen Sinn bedeutet, weiß ich aber noch immer nicht! Wenn es u.a. Verantwortungsübernahme und das bewusste Tragen der Konsequenzen für sein Handeln und Leben bedeutet, dann war ich schon mit zwanzig Jahren erwachsen, da ich vor mir und anderen rechtfertigen konnte, was ich tat. Wenn Erwachsensein aber bedeutet angepasst zu leben und nicht mehr wachsen, sich nicht mehr entwickeln und verändern, nicht mehr experimentieren zu dürfen, steif und „spießig“ zu werden, dann bin ich froh auch heute noch nicht erwachsen zu sein, da dies Stagnation bedeutete. Wenn aber Erwachsensein als „Sachlichkeit und Mitmenschlichkeit“ (Th. Ballauff) verstanden wird, dann war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erwachsen, da eher die eigene Selbstverwirklichung und eine individualistisch-ästhetische Lebenshaltung im Vordergrund stand. Mit Kierkegaard gesprochen schildert der Gedichtband in weiten Teile die Existenzweise des „ästhetischen Stadiums“.

3 Die romantisch-ästhetische Naturverbundenheit ist keine akademisch aufgesetzte Attitüde, (- ehrlich gesagt mag ich die deutschen Romantiker bis auf Eichendorff und Bonaventura nicht-), sondern das Resultat und Glück einer Sozialisation in einer ländlichen Region und der dort zum Teil noch intakten Natur mit ihrer nicht mehr unberührten, aber immer noch berührenden Schönheit. Man kann diese Lyrik darum auch etwas abschätzig als provinzielle Poesie bezeichnen. Diese Bezeichnung wird ihr aber nicht gerecht, da in ihr Wesentliches zur Sprache kommt, das sich nicht mit aktuellen, ephemeren und den urbanen Akzidenzien wie Lebensstilen, Medien, Moden, (Technik-)Trends usw. beschäftigt. („Existenzpoesie“ träfe es als Etikettierung vielleicht besser.) Diese Lyrik ist bewusst unzeitgemäß, weil sie überzeitlich ausgerichtet ist und sie wirft den Blick auch auf das Ganze. Und zum Ganzen gehörte schon von jeher das, was man als „Natur“ bezeichnete.

4 Die Sinngedichte im „Eingang in ein paar Zeilen“ sind aus den verschiedenen Jahren und Phasen zusammengestellt.

Zuneigung

Oder

Poetisches Programm

Ich im Zentrum der Nacht auf dem Berg beim Mond,

Der schon Äonen im Universum bei der Erde wohnt,

Sterne, die in der schwarzen Unendlichkeit funkeln,

Aber in keinem Satz ihr letztes Geheimnis entdunkeln,

Und den Wolken, die vor dieser Weite vorüber ziehen,

Wurde wie allem einmalig etwas Raum und Zeit gelieh`n…

Und das vielfältige und allbewegte Leben darunter

In dem Menschen mal melancholisch, mal munter,

In engen Dörfern und den einsam, geschäftigen Städten

Arbeiten, verkehren, leiden und auf Hoffnung wetten,

Gibt den Stoff für die kleine und große Geschichte,

In die uns ohne Zustimmung das Unbekannte mischte.

Diese schönheitsreiche und auch abgründliche Welt,

In deren Helle hinein uns die Nacht des Lebens hält,

Mit der ich im Feuer wacher Sinne tief verwoben bin:

In Ehrfurcht, Neugierde und Mut gebe ich mich ihr hin,

Und fühle mich geneigt, in off`nen Bildern und Gedichten,

Etwas von meinem Verhältnis im Ganzen zu berichten.

Eingang in ein paar Zeilen

Sprache

Sprache, ein Mantel, der Nackte kleidet,

Sprache, ein Messer, das in Tiefen schneidet.

Sprache, ein Streicheln, ein Wirken der Kraft,

Sprache ist was mich, dich und Welt schafft.

Lebensdrang

Neben dem rauschhaft und allem Wilden,

Lebt in mir ein gestaltender Drang,

Schaffend Körper und Geist zu bilden,

Die Jahre hindurch, ein Leben lang!

Philosophie

Mit Hingabe hinter allem Schein

Nach Erkenntnis und Wahrheit streben,

Dies sind die hohen Augenblicke

Die die Suchenden je nach Geschicke

In den Fängen der Zeit vergeben,

Um mit Begehren zum Licht, dies Dasein

Zu etwas Heiligem zu erheben.

Gesetz

Alles Leben spricht – Verletz!

Selbst am entlegensten Orte auf Erden,

Denn die Vergänglichkeit ist Gesetz:

Keiner kommt drum verletzt zu werden.

Sehnsucht

Die Seele bewohnt weite Räume,

Sie liebt das Schöne und zu schweben,

Und hätte sie nicht Kunst und Träume,

So wäre wohl der Tod ihr Leben.

Wider der Schönheit

Um sich am schönen Schein zu rächen,

Um reinen Auges die Eine zu finden,

Solltest du im Dunkeln sprechen,

Oder besser noch – erblinden.

Verse der Freien

In Freude tief, im Schmerze schwerer

Und eindringlicher ist das Dasein derer,

Die empfindsam wie ein empfängliches Kind

Entbundenen Blickes und frei im Geiste sind.

Trost

Fünf Dinge schenken heilsames Vergessen,