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Dass der Mensch Selbstheilungskräfte besitzt, ist unbestreitbar. Unser ganzer Körper ist darauf ausgerichtet. Konsultieren wir also den besten Arzt der Welt: unseren Körper, unseren Geist - denn der Doktor in uns hat erstaunliche Fähigkeiten zur Selbstheilung. Schwächelnde Immunsysteme, Herz- Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Krebs, Infarkte, Diabetes und Übergewicht töten die Menschen rund um den Erdball. Zivilisationskrankheiten nehmen überhand. Die körperliche und geistige Gesundheit ist aus dem Lot. Erfahrene Mediziner zeigen, wie wir den besten Arzt der Welt konsultieren: unseren Körper, unseren Geist. Der Doktor in uns hat erstaunliche Fähigkeiten zur Selbstheilung. Erfahrene Ärzte, Psychologen und Soziologen analysieren das Phänomen. - Kompetente und seriöse Auseinandersetzung mit der Kraft der Selbstheilung – in einer Zeit in der die Kluft zwischen Gegnern und Befürwortern von Medizin und Wissenschaft immer größer wird - Alles über die Psychologie der Intuition - Wie uns das soziale Umfeld helfen kann - Unglaubliche Fallbeispiele - Anleitung zur Selbstheilung: 50 Tipps wie man die eigenen Heilkräfte aktiviert Aus dem Inhalt: - So heilt der Geist – die Spiritualität - Der innere Arzt hört immer zu - Die zivilisationskranke Gesellschaft - Wie man für sein Schicksal kämpft – und gewinnt - Heilung einst und jetzt: Von wundersam bis Scharlatan - Von Fall zu Fall geheilt: Kunst und Kreativität - Die unglaubliche Kraft der Intuition - Glaube und Genuss: So schmeckt das Leben - Die Medizin in Zeiten der Digitalisierung
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Seitenzahl: 232
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Über dieses Buch
Ärzte verraten den Schlüssel zur Selbstheilung
Es gibt noch andere Krankheiten abseits von Corona. Schwächelnde Immunsysteme, Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Krebs, Infarkte, Diabetes und Übergewicht töten die Menschen rund um den Erdball.
Zivilisationskrankheiten nehmen überhand. Die körperliche und geistige Gesundheit ist aus dem Lot. Erfahrene Mediziner zeigen, wie wir den besten Arzt der Welt konsultieren: unseren Körper, unseren Geist. Der Doktor in uns hat erstaunliche Fähigkeiten zur Selbstheilung.
Selbstheilung erklärt das Wunder Mensch auf neue Weise. Das Buch zeigt auch, wo die Heilkunst endet und die Scharlatanerie beginnt.
Ein Buch, das unsere Gesundheit in neuem Licht erscheinen lässt.
Klappentext
Das einfachste und einprägsamste Warnsignal, das der Körper aussendet, ist der Schmerz. Wenn irgendwo etwas nicht in Ordnung ist, führt der Schmerz uns dazu, dass wir unser Verhalten ändern. Deswegen berühren wir die heiße Herdplatte kein zweites Mal.
Das Gleiche gilt für Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Stimmungsschwankungen oder vielleicht auch Übelkeit. Viele Symptome zeigen uns, dass im Körper etwas nicht funktioniert. Das ist nicht unbedingt die innere Stimme. Aber dass der Mensch Selbstheilungskräfte besitzt, ist unbestreitbar. Unser ganzer Körper ist auf Selbstheilung ausgerichtet.
Eine Entzündung beispielsweise ist nichts anderes als eine Abwehrreaktion des Menschen etwa auf pathogene Keime, chemische, physikalische oder sonstige Ursachen. Die Entzündung per se ist nichts Krankhaftes, sondern nur eine Reaktion auf einen schädigenden Reiz.
Dieses Buch widmen wir Sissy Hirschheiter,einer herzensguten Frau aus Velden.Du warst so tapfer auf Deinem Weg,hast nur den Frohsinn gesehen.Mach’s gut dort, wo Du jetzt bist.Im lichtweißen Schoß der Ewigkeit.
Es will mir scheinen, als ob ein Krankerleichtsinniger sei, wenn er einen Arzt hat,als wenn er selber seine Gesundheit besorgt.
Friedrich Nietzsche
Es gibt viele Wege zum Glück.Einer davon ist aufhören zu jammern.
Albert Einstein
Die Autoren
VorwortSo heilt der Geist – die Spiritualität
Überlebenschance: Fünf Prozent
Der innere Arzt hört immer zu
Die zivilisationskranke Gesellschaft
Wie man für sein Schicksal kämpft – und gewinnt
Heilung einst und jetzt: Von wundersam bis Scharlatan
Von Fall zu Fall geheilt: Kunst und Kreativität
Die unglaubliche Kraft der Intuition
Glaube und Genuss: So schmeckt das Leben
Die Medizin in Zeiten der Digitalisierung
Anleitung zur Selbstheilung: 50 Tipps
Epilog mit Evie
Anmerkung: In dem vorliegenden Buch wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Übersichtlichkeit auf gegenderte Formulierungen verzichtet. Selbstverständlich ist immer die weibliche und männliche Form gemeint. Alle namentlich erwähnten Interviewpartner haben sich mit der Veröffentlichung einverstanden erklärt.
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar ist Facharzt für Anästhesiologie und allgemeine Intensivmedizin, außerdem Spezialisierung auf den Gebieten der Schmerztherapie und Palliativmedizin. Er ist Vorstand der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Klinikum Klagenfurt und Vorstand der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin am LKH Wolfsberg. Lehrstuhl für Palliativmedizin an der SFU Wien. Gerichtssachverständiger für Anästhesiologie, allgemeine Intensivmedizin und Palliativmedizin. Präsident der Österr. Palliativgesellschaft (OPG). Past Präsident ÖGARI, Generalsekretär der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG).
Dr. Georg Pinter ist Vorstand des Zentrums für Altersmedizin am Klinikum Klagenfurt, Facharzt für Innere Medizin/Geriatrie, außerdem Sektionsleiter für Klinische Geriatrie der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG). Weiters ist er Referent für Geriatrie der Ärztekammer Kärnten und Co-Referent für Geriatrie der Österreichischen Ärztekammer.
Univ.-Prof. Dr. Herbert Janig ist Klinischer und Gesundheitspsychologe, Prof. i. R. an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Ehem. Leitung des Studienbereichs »Gesundheit und Pflege« an der FH Kärnten. Arbeitsschwerpunkte: Projektbegleitung im Gesundheitsbereich.
Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Kolland ist Sozial- und Gesundheitsforscher. Seit 2019 ist er Universitätsprofessor für Gerontologie an der Karl Landsteiner Universität für Gesundheitswissenschaften in Krems. Er ist Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie und Träger des Goldenen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst der Republik Österreich. In seiner Forschungs- und Vortragstätigkeit beschäftigt er sich mit den sozialen und gesundheitlichen Veränderungen im Lebenslauf.
Selbstheilungen sind in der Schulmedizin nicht immer gern gesehen. Wir Ärzte neigen mitunter dazu, vieles oder alles besser wissen zu wollen, und gerade Spontanheilungen lassen sich nicht professionell erklären. Sie sind Schimären des Schicksals. Unerklärliche Phänomene wie Ufos oder Mysterien im Quantenbereich.
Ungeachtet dessen berichtete Bert Vogelstein, einer der berühmtesten Krebsforscher der Welt, über einen außergewöhnlichen Vorfall, der sogar ihm den Mund offenstehen ließ.
Die Geschichte ereignete sich in einem amerikanischen Krankenhaus, wo Bert Vogelstein als Oberarzt arbeitete. Eines Tages wurde er in den Operationssaal gerufen, wo ein Patient auf dem OP-Tisch lag. Der Chirurg entfernte dem Mann den Blinddarm und Bert Vogelstein überwachte als diensthabender Oberarzt, ob die jungen Assistenzärzte ihre Arbeit gut machten. Während er bei der Operation über die Tücher und Tupfer schaute und jeden Handgriff mit dem Skalpell kontrollierte, sagte die Anästhesistin: »Dieser Patient war schon vor 30 Jahren da.«
Bert Vogelstein fragte: »Ach, und was hat er gehabt?«
»Pankreaskarzinom«, sagte sie.
Vogelstein legte die Stirn in Falten. »Sind Sie sicher?«
»Ja«, sagte die Anästhesistin. Und alle schwiegen. Es blieb nur ein: »Aha.«
Vor drei Dekaden hatte man den Mann, der jetzt wieder auf dem OP-Tisch lag, laparotomiert, das heißt: Seine Bauchhöhle war geöffnet worden, um die Organe zu begutachten. Das Ärzteteam hatte sofort erkannt, dass überall Metastasen waren. Der Krebs hatte sich flächendeckend ausgebreitet. Der Chirurg hatte routinemäßig eine Probe entnommen und den Mann sofort wieder »zugemacht«, wie Operateure das nennen. Dann hatte sich die Spur des Patienten verloren.
Was die Anästhesistin Bert Vogelstein noch erzählte: Der todgeweihte Mann hatte damals im Krankenhaus eine Stationsschwester kennengelernt und sie geheiratet. »Willst du meine Frau werden?«, war der magische Satz und sie fiel ihm um den Hals: »Ja!« Und das, obwohl ihm die Ärzte höchstens ein paar Monate gegeben hatten. Pankreaskrebs ist aus medizinischer Sicht häufig ein Todesurteil.
Nach 30 Jahren kam dieser Patient nun wieder. Auf den OP-Tisch, in dasselbe Krankenhaus, mit einem beleidigten Blinddarm. Der Eingriff war ein Kinderspiel und der Mann konnte bald wieder heim zu seiner Familie gehen. Der Bauchspeicheldrüsenkrebs war längst geheilt. Er hatte sich verflüchtigt wie ein abgeblühter Löwenzahn, eine Pusteblume, die jemand in den Wind schickt. Wie und warum, konnte kein Arzt sagen. Es gab keine Erklärung dafür.
Das erzählt Bert Vogelstein, Professor für Onkologie an der Johns Hopkins University in Baltimore. Kein Träumer, kein Fantast. Ein Realist.
Man muss berücksichtigen, dass Geist und Seele einen Einfluss auf die Genesung haben, selbst wenn der Spezialist das molekularbiologisch nicht beschreiben kann.
Aber offensichtlich war da etwas gewesen, das sich über die schulmedizinische Prophezeiung, dass der Patient nicht länger als ein paar Monate leben würde, hinweggesetzt hat. Etwas viel Größeres.
Selbstheilung, gestützt durch die Wirkkraft der Liebe seiner Frau.
Das Gegenteil von Selbstheilung ist Selbstzerstörung. Was sich vor Kurzem bei einem Amoklauf in Uvalde, Texas, ereignet hat, bezeichnen wir als das sogenannte Broken-Heart-Syndrom: eine plötzlich auftretende Funktionsstörung der linken Herzkammer, die durch extremen Stress oder tiefe Trauer ausgelöst werden kann.
Irma, eine der beiden Lehrerinnen, die an der Schule unterrichtet hatten, war von dem Attentäter zusammen mit den Kindern erschossen worden. Ihr Mann Joe, der sie abgöttisch geliebt hatte, ein völlig gesunder Sportler, starb drei Tage später. Einfach so. Kein Selbstmord, keine Krankheit, sein Herz war gebrochen und gab auf.
Da muss man schon sagen, dass der Geist einen gewissen Einfluss hat, den man nicht leugnen kann. Er kann einen Menschen, der fast tot ist, gesund machen oder einen gesunden Menschen töten. Kummer, Leid oder auch Hass sind starke Gefühle. Sie erzeugen eine Energie, die sich wie ein schwarzer Bumerang gegen einen selbst richtet.
Werfen wir kurz einen Blick hinüber ins Silicon Valley. Am Nabel der Technologiewelt passiert gerade etwas Eigentümliches: Hightechgiganten stellen buddhistische Mönche ein. Die Weisen mit den kahl rasierten Köpfen, ihren orangefarbenen Kāsayā-Kutten und dem zufriedenen Lächeln im Gesicht sollen die Nerds, die dort arbeiten, dazu bewegen, während der Arbeit zu meditieren. Das klingt nach dem Feuchttraum einer Sekte oder nach Konkurrenz zu den Religionen. In Wahrheit sind es pseudoreligiöse Praktiken, die im Silicon Valley der Stressreduktion, der Beruhigung dienen sollen. Es ist ein Achtsamkeitstraining, das letzten Endes nicht nur das Glück des Einzelnen vermehren, sondern die Produktivität steigern soll. Spirituelles Coaching nennen sie es. Auf diese Art schafft Buddha Effizienz. Die katholische Kirche hat dieses Geschäftsmodell noch nicht für sich entdeckt.
Die Idee dahinter ist bestechend einfach: Mönche und Schamanen kommen zu den Firmen und lehren innere Ruhe. Die Angestellten dort arbeiten 60, 80 Stunden und mehr. Sie haben nichts außer der Company, dem Computer, dem Netz, dem Smartphone, dem Projekt und der Vision vom eigenen Start-up. Der einzige Lichtblick ist Spiritualität, bis zu einem gewissen Grad der Buddhismus. Ausgeglichenheit ist immer willkommen – wie Fast Food für die Seele. Und das kommt der Firma zugute: Die Menschen befinden sich in ihrer Mitte und die Aktionäre sind glücklich. Ein Zeichen, wie wichtig diese Kräfte offensichtlich sind.
Wenn Mitarbeiter sich von ihrem Umfeld verstanden fühlen, wenn sie dank der Meditation in sich ruhen, wenn sie durch das Mantra alles besser einschätzen, dann leben sie nicht nur gesünder, sondern sind letzten Endes auch bessere Mitarbeiter.
Im Silicon Valley sind auch viele Nichtamerikaner tätig. Sie arbeiten dort hart rund um die Uhr, und das sechs, vielleicht sieben Tage die Woche, alles freiwillig und easy. Und dafür bekommen sie von der Firmenleitung ein besonderes Zuckerl, nämlich Spiritualität, die Gnade der Erkenntnis.
Bei uns gibt es Homeoffice, einen kargen Bonus oder Zeitausgleich – im Santa Clara County bekommen Mitarbeiter eine Erleuchtung und ein aufpoliertes Karma als Booster.
Diese Denkungsart hat Tradition. In den Fünfzigerjahren war Kalifornien das Epizentrum einer Gegenkultur, einer Counterculture – der Hippies. Die Menschen lebten schon damals ihre eigene Spiritualität, aus der es im wahrsten Sinn des Wortes nur so herausgeraucht hat. Joints statt Joint Ventures. Gras statt en gros. Peace statt Plackerei.
Die Cleveren entdeckten Höheres für sich und machten etwas aus ihrem Leben. Steve Jobs, Lichtgestalt von Apple, und Larry Ellison, Gründer von Oracle, folgten buddhistischen Traditionen. Interessant ist, dass sich der Buddhismus sehr früh der Wissenschaft geöffnet hat, und zwar wurde untersucht, inwieweit das vegetative Nervensystem durch buddhistische Meditation optimiert werden kann. Dazu gab es Magnetresonanzuntersuchungen, die zeigten, dass sich die Hirnströme tatsächlich verbesserten.
Die heutigen Hightechgiganten haben die Spiritualität nicht entdeckt, sie bedienen sich lediglich ihrer Wirkung. Altes Wissen, neuer Nutzen. Go for it!
Diesen Weg hätte auch das Christentum einschlagen können, aber die buddhistischen Mönche waren schon immer offener als der Vatikan. Spiritualität als Mittel zum Zweck hat einen gewissen Chic. Bei uns im deutschsprachigen Raum haben wir einen Betriebsarzt und vielleicht auch einen Psychotherapeuten, der Mitarbeitern in komplizierten Seelenfragen zur Seite steht, die digitalisierten Weltkonzerne hingegen haben Mönche auf der Payroll. Was für ein Kontrast!
Zu diesem Thema wurde die sogenannte Mantra-Studie durchgeführt, erschienen im hoch angesehenen Medizinjournal The Lancet. Wissenschaftler untersuchten dabei den Einfluss von transzendentalen Übungen, Musik, Berühren und Meditation, aber auch Gedanken an Gott auf Herzinfarktpatienten.
Wenn jemand einmal einen Herzinfarkt hatte, ist das Risiko hoch, einen zweiten zu bekommen. Tritt dieses Ereignis erneut auf, spricht man von einem Rezidiv. Die Forscher entdeckten, dass die Rezidivrate bei der Meditationsgruppe deutlich geringer war. Das Mantra verhinderte den nächsten Infarkt. Glaube und Transzendenz wirkten wie ein Schild gegen den Sensenmann. Unfassbar für die Welt der Medizin!
Diese Studie schickte ich Kardinal Schönborn, der sich damals in Rom aufhielt. Er schrieb mir eine wunderschöne Karte zurück: Ja, es freue ihn, dass die Wissenschaft dies nun auch erkennt.
Als die bahnbrechende Lancet-Studie veröffentlicht wurde und in den Medien für Aufsehen sorgte, arbeitete ich als Arzt im AKH. Bei der Morgenbesprechung um 7.30 Uhr fragte der damalige Oberarzt der gynäkologischen Abteilung in die Runde: »Die Zeitungen schreiben: ›Können Gebete heilen?‹ Ich frage euch: Ist es entscheidend, dass jemand gebetet hat oder dass für jemanden gebetet wurde?« Alle überlegten. Wir einigten uns schließlich auf die erste Variante: Die Perspektive des Betenden, so fanden wir, sei wichtiger. Heute bin ich der Ansicht, man kann beides gelten lassen.
Interessant, auch für einen Schulmediziner, ist, dass man das, was früher als Seele angesehen wurde, heute, ich würde nicht sagen, messen, aber benennen kann. Dadurch wird die Bedeutung des Spirituellen freilich nicht reduziert. Es zeigt sich vielmehr, wie die spirituelle Kraft tatsächlich in den Körper eingreifen kann. Man kann mehr oder weniger nachzeichnen, wie unser Geist sich in die Körperdimension einbringt. Dies ist ja nichts Schlechtes, sondern vielmehr eine Bestätigung, wie wichtig die Spiritualität ist, die uns wie ein leiser Chauffeur steuert.
Dennoch darf man den Körper nicht vergessen. Wir machen Vorsorgeuntersuchungen, sammeln Laborwerte, analysieren das Greifbare. Prävention ist sehr wichtig. Angenommen, die Vorsorgemedizin entdeckt bei einer Frau einen Knoten in der Brust und der Knoten wird entfernt. Dann ist das gelungene Vorsorgemedizin: Problem erkannt und beseitigt.
Wenn man aber weiß, dass sich ebendieser Brustkrebs über Jahrzehnte entwickelt hat, könnte man daraus lernen und noch früher ansetzen. Aus Vorsorgemedizin wird dann Selbstheilungsmedizin. Das heißt, man setzt an, noch bevor der Brustkrebs überhaupt da ist. Jeder trägt irgendwelche malignen, also bösen Zellen in sich, aber wir können versuchen, die psychogenen Immunkräfte unseres Körpers anzuregen, um zu verhindern, dass später überhaupt eine schwere Krankheit auftritt.
Das wäre eine neue Schattierung der Prävention. Vorsorgemedizin bedeutet: Man schaut, ob irgendein Unheil da ist, und wenn ja, ergreift man Gegenmaßnahmen, eventuell wird operiert. Selbstheilungsmedizin bedeutet: Man lässt es gar nicht so weit kommen, dass Krebszellen im Körper wachsen.
Selbstheilung kann das Drehbuch des Lebens umschreiben. Zur Selbstheilungsmedizin wollen sich nur wenige Kollegen äußern, geschweige denn exponieren; zu groß ist die Angst vor dem Gegenwind der Rationalisten.
Die seelische Dimension spielt sowohl bei der Prävention als auch bei der Selbstheilung einer Erkrankung, die zwar schon vorhanden ist, möglicherweise aber noch nicht bemerkt wurde, eine große Rolle. Nehmen wir als Beispiel Brustkrebs bei einer Frau oder Prostatakrebs bei einem Mann. In beiden kann der Krebs schlummern und sich erst nach Jahrzehnten melden. Oft wissen die Betroffenen gar nicht, dass sie an einem Karzinom leiden. Das ist natürlich nicht gegen Früherkennungsmaßnahmen oder die Reparaturmedizin gerichtet, es soll hier kein falscher Eindruck entstehen. Aber wenn wir davon ausgehen, dass jeder Mensch irgendwann einmal ein Malignom in sich trägt, so ist es legitim, sich Gedanken zu machen: Kann ich, obwohl ich das noch gar nicht weiß und vielleicht auch nicht wissen möchte, Kräfte mobilisieren, um nicht nur eine Anti-Aging-Strategie zu entwickeln, sondern eine Art Anti-Disease-Strategie zur Selbstheilung einzuleiten, wenn sich in mir etwas anbahnt, das nicht in Ordnung ist?
Wir alle tragen Arteriosklerose in uns, wir alle tragen bösartige Zellen in uns, wir alle tragen eine Degeneration im Gehirn in uns – sollten wir nicht versuchen, dagegen bis zu einem gewissen Grad selbstheilend vorzugehen?
Wir wissen zum Beispiel, dass der Alzheimerkrankheit in vielen Fällen eine jahrelange depressive Verstimmung vorausgeht. Hier könnten wir ansetzen. Wer ständig zu depressiven Verstimmungen neigt, ist deutlich gefährdeter, die Alzheimerkrankheit zu entwickeln. In diesem Fall können wir in Abwandlung des berühmten Spruches der alten Griechen Mens sana pro futuro sano – ein gesunder Geist für eine gesunde Zukunft – selbst etwas tun.
Die körpereigene Reparatur wirkt über das Immunsystem und hängt natürlich davon ab, in welcher Situation man sich momentan befindet. Daher könnte man so etwas wie Selbstheilung von im Ansatz befindlichen malignen Zellen, die noch nicht manifestiert oder diagnostiziert sind, ins Auge fassen. Gleiches gilt für die Zerstörung der Blutgefäße, die Arteriosklerose, die besonders von der Seele abhängt. Die Verkalkung ist oft eine Stressreaktion der Blutgefäße auf permanente Überforderungen und stetes Gewitter in unserem Gehirn.
Die Selbstheilung wird durch die Veränderung der elektrischen Ladung im Genom angeregt. Wenn das geschieht, ändert sich die Transkription der Gene, das heißt, die Ablesung der Gene kann aktiviert werden. Und je nachdem, in welchem Elektrizitätszustand sich das Genom befindet, wird das transkribiert oder eben nicht abgelesen.
Hier docken wir thematisch an der Epigenetik an. Mit Methyl- und Acetylresten können wir unser Genom präventiv mehr oder weniger verändern. Die Frage lautet natürlich: Wie geht das?
Antwort: durch die Gefahr.
In dem Moment, wo das Individuum – das kann auch eine Pflanze sein – in Gefahr gerät oder einer bestimmten Belastung ausgesetzt wird, hat es Angst zu sterben und aktiviert im Überlebensdrang unglaubliche Kräfte, die die elektrische Ladung des Genoms verändern und so eine Selbstheilung einleiten. Diese wunderbare Einrichtung reicht bis in die Steinzeit zurück, wo die Jäger und Sammler hinter jeder Ecke ein Säbelzahntiger erwarten konnte. Dann musste man schnell sein und über eine kurze Zeitspanne Höchstleistungen erbringen – sonst war man im Schlund der Bestie. Die größte Gefahr des Steinzeitmenschen war allerdings nicht nur, gefressen zu werden, sondern die Furcht, nichts zu essen zu bekommen.
Das alte Lied Restriction of Calories greift hier insofern, als es tatsächlich eine Selbstheilung bedingt. Dazu gibt es jede Menge Studien. Fasten schützt vor Alzheimerkrankheit, nicht nur vor Neurodegeneration. Und auch das funktioniert nur, wenn man es wirklich regelmäßig zusammenbringt, den Körper kurzfristig in eine Notsituation zu versetzen, sodass er Angst hat zu verhungern. Wenn das klappt, spielt ein ganzes Konzert seine Symphonie von der Heilung; dasselbe gilt für Herz-Kreislauf und Gefäße. Sogar beim Blutdruck ist schon nach kurzer Zeit eine Verbesserung zu erkennen. Das ist das Geheimnis der Katharsis. Selbstheilung beginnt mit Selbstreinigung, mit der Autophagie, dem körpereigenen Putztrupp, der den ganzen Mist auf mikrozellulärer Ebene aufsammelt und entsorgt. Makrophagen kommen daher wie beim Retro-Game Pac-Man und mampfen den Müll weg.
Patientinnen und Lesern empfehle ich, 16 Stunden am Stück nichts zu essen. Fünfmal pro Monat. Man muss das nicht jeden Tag praktizieren. Disziplinierte Menschen können sich sehr wohl eine Woche herausnehmen; sie halten in dieser Woche das 16-stündige Fasten ein und bleiben tagsüber unter 1000 Kalorien. Dabei Proteine, Kohlenhydrate und Fette in einem bestimmten Verhältnis aufnehmen. Eher mehr Fett und wenig Eiweiß, Proteinfasten also.
Auch der zweite Punkt nach dem Intervallfasten ist ein Tool der Neandertaler: Davonlaufen vor dem Feind, heute heißt es: Exercise. Bewegung jeder Art. Sport, Spazierengehen, was auch immer. Bewegen, bewegen, bewegen.
Der dritte Punkt sieht vor: Man hat nichts zum Heizen, es ist kalt und der Körper gerät unter Stress. Das lässt sich ganz leicht simulieren. Rein ins Kältebad! Der plötzliche Schock bringt den Körper auf Touren. Auf diese Weise wird der Sympathikotonus angeregt und langsam epigenetisch umgeformt.
Restriction of Calories. Exercise. Cryotherapy – fasten, laufen, ein Eisbad nehmen.
Drei einfache (und kostenlose) Mittel, wie man die Epigenetik zur Selbsterneuerung und Selbstheilung nutzen kann. Diese Maßnahmen können auch heilsam sein, wenn der Betroffene schon eine Neurodegeneration hat oder kardiovaskulär erkrankt ist; das geht sogar hin bis zu Parkinson. Liebe Grüße aus der Steinzeit!
Und dann die seelische Selbstheilung. Die Ebene des Kopfes, die Macht der Gedanken. Wir kennen die wissenschaftliche Bestätigung, dass die Rezidivrate bei Herzinfarkten durch Mantra und Meditation gesenkt wird. Und da fragt der Mediziner natürlich zu Recht: Was ist das für ein geheimnisvoller Mechanismus? Wie macht das Gehirn das?
Es schickt den Vagabunden – so heißt der zehnte Gehirnnerv – auf Reisen. Nervus vagus. Dieser verläuft durch den Hals, verästelt sich zu den Ohren hin und in den Kehlkopf, erstreckt sich im Brustraum und spaltet sich in den linken und rechten Vagus. Verästelungen führen zu Herz, Lunge, Magen, Bauchspeicheldrüse, Darm und weiteren Organen im Bauchraum.
Der Vagabund reist leutselig durch den Körper. Er vagabundiert mehr oder weniger in jedes Organ. Dort registriert er, ob eine Entzündung oder ein Krebs im Entstehen begriffen ist. Und meldet das der Zentrale. Nervus vagus an Hirn: »Irgendetwas stimmt da unten nicht.« Der Dialog funktioniert sinngemäß über zwei Standleitungen: den afferenten Arm des Nervus vagus – afferent heißt, zu einem Organ hinführend; und den efferenten Arm – bedeutet, von einem Organ herkommend. Über diese beiden Kanäle wird dual kommuniziert. Der Vagabund schickt Impulse und Befehle nach außen, wenn er zum Beispiel sieht, dass mit der Leber, den Nieren oder dem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Roter Alarm! Sofort schickt er einen Neurotransmitter namens Acetylcholin hin. Diese Ammoniumverbindung versucht, das Problem zu lösen. Zur Not wird die Kavallerie gerufen und das Immunsystem galoppiert los. Selbstheilung durch Biochemie.
Und genau das ist der Prototyp der Selbstheilung, quasi übers Gehirn, über den vagabundierenden Hirnnerv Nummer zehn. Er kontrolliert die Peripherie und kann bis zu einem gewissen Grad die Botschaften, die er von außen bekommt, im Gehirn dazu verwenden, dass neue Botschaften nach außen geschickt werden. Diese Kommandos leiten bestimmte Heilprozesse ein. Der Nervus vagus verändert den maroden Jetztzustand in dem Bestreben, den Idealzustand wiederherzustellen. Die Zentrale mobilisiert nur auf Geheiß alle molekularbiologischen Prozesse, die dazu führen, dass der Mensch genest.
Früher haben Mediziner bei Patienten mit einem Magengeschwür den Nervus vagus versuchsweise durchtrennt. In der Hoffnung, damit eine Besserung des Geschwürs zu erreichen, weil das Acetylcholin manchmal die Magensäure anregt. Ganz im Gegenteil. Die Patienten bekamen in einer höheren Rate Magenkrebs, weil der Vagabund die Selbstheilungskräfte nicht aktivieren konnte.
Interessant ist auch Folgendes. Die Prostata ist von einem dichten Nervengeflecht umgeben, weshalb eine Operation dort nicht so einfach ist und was mitunter zu neuronalen Beschwerden führt. Das Konvolut besteht aus sympathischen Nerven, also jenen Nerven, die den Stress letzten Endes weitertransportieren.
Ein solcher sympathischer Nerv ist außerdem dafür verantwortlich, dass der Blutdruck steigt und irgendwann ein Stressfaktor dazukommt. Studien ergaben, dass bei Männern, die einen Betablocker gegen den hohen Blutdruck – also gegen den Sympathikotonus – genommen hatten, die Wahrscheinlichkeit, an einem Prostatakarzinom zu erkranken, geringer war. Das sympathische Nervensystem hüllt die Prostata praktisch ein und die Prostata ist offensichtlich so etwas wie ein Stressorgan. Der Sympathikotonus feuert und er feuert immer dann, wenn Stress oder eine Belastung da sind. Dann wird die Prostata derart stimuliert, dass sie mit der Zeit entarten kann. Manche Betablocker senken also nicht nur den Blutdruck, sie mindern auch die Hektik in den Zellen. Man kann sie, wenn der Hausarzt zustimmt, präventiv nehmen.
Und dann gibt es natürlich noch das Noradrenalin, das vom Gehirn freigesetzt wird. Das Noradrenalin stimuliert die Lymphbahnen. Steht der Mensch sehr unter Druck, werden die Lymphbahnen vor allem dort, wo etwas nicht in Ordnung ist, erweitert. Diese Erweiterung führt letzten Endes zur Metastasierung eines Malignoms, sprich: Der Krebs breitet sich aus.
Das Cortisol macht desgleichen mächtig Stress. Es wäre logisch, auch gegen dieses Hormon einen Betablocker einzusetzen. Allerdings überlegt man sich das beim Cortisol. Es gibt dazu laufende wissenschaftliche Arbeiten, in denen sich Forscher und Ärzte mit der Frage beschäftigen, ob man das Oxytocin nicht besser als Nasenspray anwenden soll.
Das Oxytocin ist das Bindungshormon, das heißt, der Mensch wird ruhiger und geht auf den anderen zu. Ein einfaches Beispiel: Wenn wir einen Feind haben, der mit einem roten Volkswagen durch die Gegend fährt, dann bekommen wir bei jedem roten Volkswagen, den wir im Verkehr sehen – egal, ob der Feind drinnen sitzt oder nicht –, sofort eine Schnappatmung. Hier müsste man sich des Oxytocins bedienen. Es senkt die Unruhe, also das latente Gefühl, gehetzt und verfolgt, gejagt und vertrieben zu werden.
Es handelt sich dabei, wie gesagt, um laufende Studien, um Versuche, die allerdings eines zeigen: Die Medizin nimmt die Psyche sehr ernst, um selbstheilende Mechanismen zu erkunden und pharmakologisch zu aktivieren.
Zudem gibt es Forschungen, die nachweisen, dass es bei chronischem Stress und Depression zu einer Veränderung der DNA kommt. Die Erbmasse baut sich um. Um dem vorzubeugen, überlegt man aktuell in Studien, Antioxidativa zu verwenden, Radikalfänger. Die Akribie in der Forschung spiegelt die Bemühungen der Pharmaindustrie wider, alle Bereiche mit neuen Medikamenten abzudecken: Selbstheilung ist ein unentdecktes Land, in dem Goldminen liegen.
Am Schluss noch ein Wort zum Dopamin. Zustimmung und Ablehnung, Freude und Leid, die großen Glücksgefühle sind durch das Dopamin geregelt. Wenn wir Freude empfinden, wird Dopamin freigesetzt. Wenn wir enttäuscht sind, geht das Dopamin zurück. Und heute wissen wir, dass die elektrische Ladung vor allem durch drei Ladungsträger beeinflusst wird, nämlich durch Methyl-, Acetyl- und Phosphatgruppen. Die Methylgruppen ziehen sich gegenseitig an, wodurch die DNA dichter wird und nicht abgelesen werden kann. Das Acetyl stößt sie ab, womit die beiden DNA-Stränge auseinandergehen. Die Transkriptionsmaschinerie kann drüberfahren. Die elektrische Ladung entscheidet also über die Aktivitätsmöglichkeit an der DNA. Jetzt ist die Wissenschaft auf eines draufgekommen: Nicht nur das Methyl, das Phosphat und das Acetyl sind Ladungsträger, sondern auch das Dopamin. Dieses kann direkt an der DNA andocken und etwas am Erbgut verändern. Das bedeutet für uns: Wenn wir daran sind, wird die Epigenetik direkt an der DNA gekitzelt.
Das Unglaubliche ist: Man kann diesen Vorgang durch gewisse Prozesse arretieren. Das heißt, die Reaktion auf etwas bleibt quasi erhalten. Ist es Zustimmung oder Ablehnung? Und diese Vorgänge lassen vermuten, dass es so etwas wie ein kollektives Bewusstsein gibt. Denn die kollektive Zustimmung, die Begeisterung für manche Dinge – auch wenn es nicht die besten, sondern oft die schlechtesten Dinge sind – fasziniert. Sie werden offensichtlich durch Veränderungen in unserer DNA, wo das Dopamin, also das Zustimmungs- oder Ablehnungshormon, eine Rolle spielt, moduliert und geändert.
Deshalb ist es nicht nur wichtig, eine Selbstheilung für den Einzelnen ins Auge zu fassen, sondern auch eine Selbstheilung für das Kollektiv. Die Gesellschaft sollte versuchen, sich selbst zu heilen.
Permanente Erregung, die Lust am Skandal, Social Media, Mobbing, die Wirkungsbreite eines Shitstorms, jedes Hassposting, jeder Streit und jeder Krieg, im Schrebergarten oder auf dem Kontinent, legt sich wie ein Pesthauch auf die Erbmasse, verändert die Anlagen, und das nicht zum Guten.
Schwarmintelligenz ist nicht unbedingt intelligent. Angenommen, ein Mann wird verdächtigt, ein Kinderschänder zu sein. Lassen Sie die Masse im Internet abstimmen, ob er getötet werden soll oder nicht, so tippt die Mehrheit impulsiv auf Ja. JA. JA!!! Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass der Mann unschuldig war, kümmert das den Hornissenschwarm des Hasses nicht mehr; er ist längst weitergeschwirrt.
Der republikanische Triumph hat den Nachteil, dass sich die Masse oft als Richter aufspielt und (im übertragenen Sinn) Todesurteile ausspricht, ohne die Kompetenz dafür zu haben.
Dazu eine Geschichte aus Jerusalem. Heute steht an dem Ort eine Polizeistation, dahinter befindet sich das Kloster der Armenier. Interessanterweise wird hier nicht gegraben, obwohl man ganz genau weiß, dass dort drunter das Haus von Pilatus liegt. Würde man einen Spaten in die Erde rammen und ein Loch graben, stieße man bald auf alte Mauern. Dann allerdings wäre der Platz Sperrzone und keiner dürfte mehr hier wohnen. Der Boden ist geschichtsträchtig, hat sich dort doch eine berühmte Szene aus der Bibel abgespielt.
Pilatus verhörte Jesus und erfuhr nichts Schändliches. Jesus blieb ruhig, stand Rede und Antwort. Pilatus dachte: Was wollt ihr von ihm? Er ging zur draußen wartenden Masse hinaus, stellte sich vor sie hin und erhob die Stimme: »Ich habe mit Jesus geredet. Ich finde keine Schuld an ihm.« Was brüllte die Masse?
»Kreuzige ihn, kreuzige ihn!«
Pilatus ging noch einmal hinein, redete wieder mit Jesus und trat erneut vor das aufgewühlte Volk. Er erklärte noch einmal: »Ich bin der Meinung, dieser Mann ist unschuldig.« Die Masse buhte, brüllte erneut und noch lauter.
»KREUZIGE IHN! KREUZIGE IHN!«
So kam Jesus zu seinem Todesurteil.
Wenn heute ein Medium eine Befragung startet, ist die Glut der Strafe wieder heiß, vor allem bei den Kommentaren in den Foren. Was soll man mit den Ungeimpften machen – delogieren? Die Masse schreibt: delogieren! Sollen wir sie kündigen? Die Masse schreibt: kündigen!
Da fühle ich mich immer wieder zurückversetzt an die Polizeistation in Jerusalem, wo ich Zeuge der Verurteilung Jesu, der Kreuzigung aus Wüterei werde.
Selbstheilung beginnt im guten Glauben. Und dieses Buch soll Hoffnung geben, dass der Mensch mehr ist als die Summe seiner in Mitleidenschaft gezogenen Organe. Und noch etwas: Das Göttliche ist kein weißer alter Mann mit Bart. Es steckt in jedem von uns.
Johannes Huber, Juni 2022
Ist doch wunderbar, dachte ich mir, als zwei alte Frauen mit ihren Angehörigen das Zimmer verließen, in das ich gerade hineingeschoben wurde. Die beiden sind unheilbar und dürfen zu Hause im eigenen Bett sterben. »Sie sind jetzt im Palliativraum und bleiben dort«, sagte die Krankenschwester. Palliativ klingt irgendwie fremdartig, dachte ich. Das kann doch nur ein Irrtum sein, keiner in der Familie hatte jemals Krebs. Schon gar nicht Blutkrebs.
Aber ich hatte schon so etwas wie eine Vorahnung. Es war beim Silvesterfeuerwerk. Ich stand am Balkon, schaute in den vom Feuerwerk bunt glitzernden Nachthimmel. Ich hatte ein ungutes Gefühl, sagte es sogar laut vor mich hin: »Gabi, das wird kein gutes Jahr.«